kolitiseliv 8ekolieii von F F. Hoffmann 1863. Politische Scholien »on Julins t863. Villach. Gedruckt und in Commission bei F. F. Hoffmann. /M 0 Li 140058 I dtationttlitäten Keine Freiheit ist möglich, so lange eS Nationen gibt. Was die Völker trennt, vereiniget die Fürsten, der wechsel¬ seitige Haß, der die Einen trennt und schwach läßt, verbin¬ det die Andern zu wechselseitiger Liebe, und macht sie stark. Ludwig Börne. Eben war ich um eine Form verlegen, um, waS schon hundertmal gesagt wurde, aus's Neue zu wiederholen, weil es nicht oft gehört, nicht tief genug eingeprägt wer¬ de» kann. Aber wozu auf neue Rednerfiguren sinnen, wo Börne sprach! O könnte ich seine Worte jedem Einzelnen in die Ohren schreien, Jedem in ihrem ganzen Umfange verstehen machen! Auseinandergestäubt wäre dann die dü¬ stere Wolke des Nationalitäts-RivaliSmus, welche wie ein Alp an der Brust unseres Vaterlandes lagert. Ist es denn nicht möglich, daß man sich unter einem Dache eini¬ gen könne; ist es denn nicht möglich, daß^das Morgen, roth der Freiheit alle Nationen Österreichs mit ihrem Strahle durchdringt? Der Zwiespalt ist ein unsinniger. Sollen denn wirklich noch Generationen kommen, ehe der thorichte Nationalitäteustreit aufgegeben wird, und sich die Rationen mit Liebe umschlingen? ES bliebe ein herrliches Denkmal des geistigen Sieges unserer Zeit, wenn die verschiedenen Nationen Österreichs, die bis jetzt nur zur Eifersucht, zu gegenseitigem Mißtrau¬ en erzogen wurden, durch ein Band der Liebe und des Vertrauens geeiniget würden. Man kann nicht verkennen, welche Menge von Hindernissen einer Einiguna in den Weg treten, besonders wenn man den Gegenstand von der praktischen Seite der Ausführbarkeit betrachtet. Wie groß auch die Hindernisse seien, die Zeit scheint berufen zum Ungewöhnlichen und der Einzelne ermmhiget aus seinen engen Schranken zu treten und sich zur Mitwirkung am Großen zu begeistern. Jeder der sich umsieht in seiner Umgebung, muß ergriffen werden von dem wehenden Odem, der durch die Zeit geht und Achtung muß ihn erfüllen vor dem erhabenen Geiste, der die Geschichte der Völker leitet, und uns ergriffen sieht von der Liebe zur Freiheit und menschlichen Gleichberechtigung. Wir hoffen, daß die Größe dieser Idee ein sittlich- reinigendes Element in die Gemüther stoßen und jeden fernen Gedanken an Nationalilätenhaß entfernen werde. Wir haben die bloßen politischen Ideologen ebenso zu fürch¬ ten, als die trockenen Karrenschieber der Politik. Wir haben Grund sie zu fürchten, weil wir in unserm neu er¬ wachten politischen Leben bis jetzt Gelegenheit genug hatten, sie sprechen zu hören. Sie meinen, die Berge und Flüsse, weil sie früher da gewesen als die Menschen, ließen sich leicht versetzen, uiederreißen und neu bauen, wie die Karten¬ häuser der Kinder. Wir meinen es anders; wir meinen, die Natur hat ihre Berge und Flüsse den Menschen als Gränzmarken bestimmt und ihnen damit Fingerzeige gege¬ ben, wie man sich einigen und trennen soll. Die schärfsten Gegensätze haben sich versöhnt, die verschiedenen Nationali¬ täten haben sich vereiniget zu einem Staate, zu einem Staaten- oder Völkerbunde, je nachdem es die materielle Nothwendigkeit forderte; und Staaten, welche eine Diplo¬ matie künstlich aneinander gestückelt oder die Harle Hand eines Despoten zusammengeknettet hat, sind auscinander- gefallen, und werden immer auseinander fallen, sobald die Natur der Dinge es anders will und die materiellen Bedürfnisse gehemmt werden. Der Mensch soll daher nicht der Macht der Natur vorgreifen, sondern diese beachten und nicht einseitig einer Richtung, sondern allseitig harmonisch wirken, damit das neue Gebäude des Slaatensystems wie ein Kunstwerk des Geistes allseitig befriedigend, eine harmonische Stimmung in den vereinten Völkern Hervorrufe. Die Hauptgesichts- punkte, auf welche es hiebei vorzugsweise ankommt, dürsten folgende sein: 1) Die internationalen und gemeinsamen Divergenzen müssen von den Grundsätzen einer reinsten Verfassung ausgeglichen werden. 2) Die vollste Gleichberechtigung aller Nationalitäten muß Platz greifen, welche Gleichberechtigung aber ohnehin der Ausfluß einer reinen Verfassung ist. Wir können uns daher mit der Thesis des Herrn Schuselka in einer seiner ersten Hefte der „Reform" nicht einverstanden erklären, welcher 6 sagt, daß die Nation alstätsberechtigung über der politischen Freiheit steht; ist eine politische, wahre politische Freiheit einmal errungen, so folgert sich die Gleichberechtigung der Nationalitäten von selbst, die politische Freiheit repräfentirl die Mutter aller andern Freiheiten. Die Ausgabe der Männer am Staatsruder vereint mit dem Reichsrathe ist: 1. das freiheitschützende Prinzip der Verfassung im österreichischen Staatsleben durchzuführen; 2. Oesterreich zu stärken, groß und mächtig, blühend und glücklich zu machen. Diese Aufgabe ist die schwierigste, die je Staatsmänner gehabt, denn ihrer zusammenfassenden, verbindenden, syn¬ thetischen Tendenz steht schnurgerade die trennende, zer¬ reißende, absondernde, analytische Bestrebung der Nationen entgegen. An der Verfassung müssen wir halten; für alle Nationalitäten Oesterreichs muß sie eine Wahrheit werden. — Es gibt nur eine Art von Güter, auf welche jeder Mensch zu jeder Zeit gleiche Rechte hat, und die der Staat jedem zugänglich machen muß; es sind dies die Güter des Geistes. Erfüllt der Staat diese seine höchste Pflicht, bereitet er, seinen höchsten Zweck erkennend die Mittel, daß, was der Wille jedes wahren Freundes der Menschheit ist, jene geistigen Güter derselben Gemeingut Aller werden, — dann ist der herrlichste Communismus erreicht: der Communismus des Geistes. In diesem Com¬ munismus liegt das Heil der Welt. Er erzieht ein geistig- freies, zu jedem materiellen wie geistigen Streben reifes 7 Volk, und alle Nationen reichen sich auf der Höhe dieses geistigen Kommunismus brüderlich die Hand. Oesterreich hat sich den Zweck zu setzen: In freier Entwicklung seiner Völker, allen Nachbarstaaten voranzueilen. Wenn die Regierung Oesterreichs ihren Stolz darin setzte, allen an¬ dern Regierungen an Freistnnigkeit und Anerkennung — faktischer Anerkennung der ewigen Menschenrechte, — es voranzuthun, daun aber, auch nur dann wird Oesterreich trotz der bunten Mischung der verschiedenen Völkerftämme — unbeschadet fortbestehen neben dem don¬ nernden Rufe der Zeit: „Einiget euch Nationalitäten." Sollen rohe Gewalt, Verbreitung knechtischer Furcht sollen Hetzung der Nationalitäten gegen Nationalitäten, Theilung der Interessen und Aufstachlung der Leiden¬ schaften gegeneinander — die Mittel sein, brüderlich unter einem Dache zu wohnen? Sollen dies vielmehr nicht die Hebel sein, die die gähnende Kluft noch mehr erweitern, indem sie das ohnehin noch schwanke Vertrauen vernichten und die abstoßenden Elemente sich noch mehr abstoßen machen? Nicht mehr ist es die Zeit, um die heterogene Masse durch Terrorismus zu halten; die Hochbootsleute des in den politischen Wogen schaukelnden Staatsschiffes mögen erkennen, daß die Brandung der Verfassung noch lange nicht umschifft werden wird, sie mögen aber auch erkennen, daß nur ein vereintes, versöhnendes Streben zum sichern endlichen Ziele führt und nur jene Beharrlichkeit, welche Schritt für Schritt besonnen vorwärts geht und die Frei¬ heit auf den: Boden der Verfassung sich entfalten läßt, 8 jenes herrliche Ziel erreichen wird trotz der heterogenen Elemente der Nationalitäten. Ja aber wie kommt es, fragen sich die politischen Muckernaturen, daß vor dem Jahre 18-18 diese Nationali- tätsstreitigkenen nie statt hatten. Ja das verstehen die Herren Mucker mit ihrem sieb¬ artigen Verstände freilich nicht, daß von dem Jahre 1848 dis Nationalitäten Oesterreichs durch Absolutismus zu- sammengehalten wurden, von einer Landes- oder Gemeinde- Autonomie keine Rede sein konnte; jetzt, da durch die Verfassung die Gleichberechtigung entkeimte, da entkeimt auch das Nationalgefühl im raschen Wachsthum und die Staats¬ gärtner haben zu sehen, daß oiese Blume gleich den an¬ dern im Garten der Verfassung gleichmäßig gepflegt werde. Das Ariom der Natioualitätsfrage ist das Landes- Idiom. Herr Minister Schmerling erklärte auf die T h o- man'sche Interpellation, „daß die Regierung zwar bestrebt sein wird, den gerechten Ansprüchen der Nationalität Rech¬ nung zu tragen, daß ihr jedoch als oberster Zweck bei dem Unterrichte die Hebung der Kultur vor Augen schweben werde. Der Unterricht in der Landessprache werde nur dort stattfinden können, wo selbe bereits hinlänglich aus¬ gebildet sei um einen wissenschaftlichen Unterricht zu er¬ möglichen, und wenn die Lehrkräfte es erlauben." Wir haben aus neuerer Zeit weiter die Erfahrung, daß auch die Amtssprache der verschiedenen Länder anpaffend gemacht wird, und die Beamten nach ihrer Sprachkenntniß da und dorthin versetzt werden, es liegt uns deshalb der Ministerialerlaß vor, welcher auch normirt, baß Eingaben von 9 nichtdeurfchen Partien von den Aemtern in jener Spracht! zu erledigen seien, welche die Eingabe an sich trägt. ES ist sonach daraus wohl zu schließen, daß man den Weg der Gleichberechtigung der Nationalitäten einmal betreten und man gesonnen sei auf demselben auch sortzuwandeln. Doch alle diese ministeriellen Ergüsse, alle diese Introduk¬ tionen zur Gleichberechtigung scheinen die Ultra-Nationalen mit höhnischen Blicken zu begrüßen und ihnen kein Ge¬ wicht beizulegen. Wenn ein redliches verfassungsmässiges Streben so gelohnt wird, dann freilich sind wir noch weit vom wahren Standpunkte der Verfassung. Ueberall treten die Ultra-Nationalen dem Aufschwung einer Verfassung hemmend entgegen. Wohin soll das führen? zum Besten des Gejammt- Vaterlandes gewiß nicht- Einheit macht stark, Zerspaltung überliefert uns einem unsicher« Geschicke. Wohin würde» sich die Ultra-Nationalen denn schlagen, wenn ein Eroberer in's Herz von Oesterreich zöge, welchem es dann ein leich¬ tes sein wird, eine Nation nach der andern zu verschlingen. An dem Ultra-Nationalismus zerschellt der Geist des Libe¬ ralismus und des Patriotismus. Das ist kein Liberalis¬ mus, kein Patriotismus mehr, wen» er in Egoismus und Partikularismus ausartet und das Reich gefährdet; das ist auch kein Nationalismus mehr, wenn der Ungar, der Pole, der Czeche, der Italiener mit verächtlichen Blicken auf den nach der Zahl weniger zählenden Deutschen her¬ abschaut; das ist kein Nationalismus mehr, wenn die Deutschen in Ungarn, in Böhmen, in Italien und auch in unfern deutsch-slavischen Ländern als Pariahs behandelt, verfolgt und zur Auswanderung gezwungen werden; ist 10 daS vielleicht die von den Nichtdeutschen stets so hochge- tragene Gleichberechtigung? Sie allein verlangen Gleichbe¬ rechtigung, allein den Deutschen wollen sie nicht derselben theilhastig werden lassen. Wir kennen diese alten Floskeln und Tiraden, wir kennen den Schmerzensschrei wohl, wel¬ chen die Nichtdeutschen und besonders die Slaven unauf¬ hörlich ertönen lassen: daß selbe als Pariahs stets behan¬ delt werden. Wenn die Nichtdeutschen auch bisher hin¬ sichtlich ihrer Landessprache nicht volle Gleichberechtigung hatten, so waren wahrlich nicht die Deutschen Schuld daran, sondern das Staatssystem, der Absolutismus; nachdem nun aber dieser gebrochen und der Geist einer Verfassung ins Vaterland gezogen, so war in ihrem Geleite auch die Gleichberechtigung der Nationen. Man habe daher Ver¬ trauen zum gegenwärtigen Stande der Dinge, denn ohne Vertrauen ist es den leitenden Männern der Verfassung nur Sisiphusarbeit. Kein Nationalitätenhader mehr und das Verfaffungswerk wird und muß sich rasch entfalten! II Das Deutschthum und Slaventhum 2^. Oktober 18^i8 erklärte der damalige Ban Jellach ich in einem Schreiben an seine Landsleute, indem er sagte: „Theure Genossen, liebe Brüder! Meine bisherigen Thaten zeigen euch, wohin mein Bestreben geht, und was ich wünsche. So wie ich Von Liebe zum Slaventhum beseelt bin, so bin ich auch im Innersten meines Herzens überzeugt, daß das Slaventhum die festeste Stütze Oesterreichs, daß aber auch Oesterreich für das Slaventhum eine nothwendige Be¬ dingung ist; wenn es kein Oesterreich gäbe, so müßten wir eines schaffen. Es gibt gewiß keinen vernünftigen Menschen, der nicht wüßte, daß das Bestehen Oesterreichs mit dem Be¬ stehen des Slaventhums, und dieses mit jenem am innigsten verknüpft ist. Es war demnach meine, als eines treuen Slaven Pflicht, die anti-österreichische Partei, die sich feind¬ lich gegen das Slaventhum erhob, in Pest zu demüthigen und zu vernichten. Als ich aber gegen Pest, das Nest der magyarischen Aristokratie zog, da erhoben unsere gemeinsamen Feinde ihr Haupt, und wenn sie in Wien gesiegt hätten, wäre mein Sieg in Pest nur halb, und die Stütze unserer Feinde nach Wien verrückt. Ich wandte mich demnach mit meinem Heere gegen Wien, damit ich den Feind der Slaven in der Hauptstadt Oesterreichs bändige. Groß war meine Freude, als ich sah, wie die böhmischen Brüder, von dersel- 12 ben Ueberzeugung geleitet, die siegreichen Banner vor Wien brachten, Daß sie mir nnd meinen Kriegern die Bruderhand reichen, um dort entweder heldenmüthig zu siegen oder ruhm¬ voll zu fallen. Nur die Ueberzeugung, daß ich gegen den Feind des Slaventhums ziehe, führte mich vor Wien, und ich hege die Hoffnung, daß ihr Männer nicht nur meine That versteht sondern auch unterstützen werdet. Gegeben im Hauptquartier des kroatisch-slavonischen Heeres in Zölfrinq den 22. Oktober 1848. Meinen Gruß! Jellachich, Ban m. p. Ohne unö weiter in die strategische Beurteilung des damaligen Flankenzuges und in die Intentionen des ge¬ waltigen Ban einzulassen, worüber die Geschichte richten wird, so leuchtet doch die'Absicht des Slavenführers in diesem Schreiben so klar hervor, daß dem einfachsten Haus- verstande die Ursache deutlich sein muß, welche der Be¬ lagerung Wiens zu Grunde lag. Das Slaventhum ist die festeste Stütze Oesterreichs. Das Slaventbum soll also die Suprematie haben in österreichischen Ländern, die deutsch-österreichischen Nationen sollen darum von ihren Brüdern im Westen gerissen wer¬ den, weil Oesterreich für das Slaventhum eine nothwen- dige Bedingung ist. Ungarn, Italiener und die Deutschen müssen in einen Staat zusammengestellt werden, weil das Slaventhum ein starkes Oesterreich braucht. Wir deutschen Oesterreicher haben aber bereits die slavische Herrschaft kennen gelernt. Saß nicht Sedlnizky oben — der Böhme, und leitete die Geistesinquisition; und kennen wir Skrebensky nicht, den Bedienten Metternich's, und wissen wir nicht, daß wenigstens zwei Driltheile nnserer Bureaukratcn Czechen sind? 13 Die Einrede, daß die slavischen Völkerschaften von der alten Regierung, welche dem Namen nach eine deutsche — in der Wirklichkeit nach eine böhmische war — ebenfalls un¬ terdrückt wurden, daß jene böhmische Regierung die Slaven zu germaiüsireu strebte, ist nur eine grundlose. Die Slaven bilden eine zahlreiche Nation, eine Nation mit allen Talenten und FLHigkeiren, um groß dazustehe» in den Reihen der Völker Europa's, und unverantwortlich war es von einer beschränkten kurzsichtigen Regierung, den Entwicklungsgang eines solchen Volkes hemmen zu wollen! Was mögen die Literatur, die Künste und Gewerbe da¬ durch an Förderung verloren haben! Der slavischen Nation steht eine große Zukunft bevor, man müßte blind sein, um dieses nicht einzusehen; wir theilen ebenfalls nicht die Ansicht Derer, welche ein panslavisches Reich für eine ewige Ehimäre halten; — die Zeit ist vielleicht nicht mehr so ferne, wo das kräftige Slaventhum den Osten Europa'S beherrschen wird, ja wir müssen als echter Freund der Verfassung wünschen, daß die slavische Nation baldigst als eine frei selbständige eintrete in die Völkerschaften deS sittlichen Europa's, wir wollen alles dieses zugeben; aber das wir Deutsche ihnen zum Fußschemmel dienen sollen, aus welchem sie zur Höhe ihrer Macht emporsteigeu wollen, das dürfte denn doch selbst für die Schafsgeduld der Deut¬ schen zu viel werden und der schlaue Slave hat vielleicht die Rechnung ohne den Wirkh gemacht. Wir haben bei allen Gelegenheiten das tiefgefühlte Bedürf- niß der Vereinbarung aller Nationalitäten zur Bildung eines großen freien Oesterreichs ausgesprochen. Wer die Freiheit will, wer Oesterreich will, muß einsehen, daß jetzt allen Nationalitäten 14 unserer nach Freiheit strebenden Regierung vor Allein Ein¬ tracht Noth thue. Was also die czechischen und andere Blätter damit bezwecken wollen, daß sie gerade jetzt den Zwietrachtsaamen in die Herzen ihrer undeutschen Leser streuen und eine gewaltsame Entfernung des deutschen Idioms und der Personen selbst von Amt und Würde in den slavischen Provinzen hervorheben, — das dürfte wohl jedem Blinden klar sein. Wir wollen nicht die trübe Ver¬ gangenheit wecken und veraltete Leidenschaften vor das Forum der öffentlichen Beurtheilung schleppen, doch nur en passant zum Beweise meines Gesagten erinnern wir an die bekannte Broschüre in Böhmen im Jahre 18-48 unter dem Titel: Aufruf an die Slaven von dem russischen Patrioten Michael Bakunin, damaliges Mitglied des Slaven-Kongresses in Prag, welcher nun seinem nordischen Erile entronnen, in London sein altes Handwerk übt. Er¬ innern wir uns noch an jene Stelle der „Narodny Nowiny" im Jahre 1848, worin der Stempel der offenen Empörung zu Markte getragen und damit geprunkt wurde. Eine zweite Auflage nur sind die slavischen Blätter jetzt, nur mit Uebertünchung einer scheuen reservirten Gewalttendenz, in welcher der Ultranationalismus verkappt die rothe Fackel hält. Als vor nicht langer Zeit der Concordia-Verein zu Wien beim StaatSministec und Reichstag Fürsprache erhob gegen die Aburtheilung mehrerer czechischen Blätter, da erklärte der Staalsminister offen, daß es nicht eine Oppo¬ sition ist, welche wir da zu bekämpfen haben, sondern daß es Parteien, versassungsfeindliche Parteien sind, die uns hier gegenüber stehen und er eine Begnadigung in dieser 15 Richtung beim Staats-Oberhaupte nicht bevorworten könne. Obgleich wir für volle Begnadigung auch unser schwaches Votum im Prinzipe erschallen lassen, können wir aber die obige vom Staatsminister gesprochenen Worte keiner Kritik unterwerfen, da selbe der Ausfluß einer gelauterten Wahr¬ heit sind, und unsere junge Verfassung nicht mit einer Opposition im offenen Visir, sondern mit freiheitsfeindlichen Kobolden zu kämpfen hat. Bei jenen Blattern gilt der Satz: „Opposition um jeden Preis;" o nein, jenes Blatt trägt den Stempel einer nationellen Opposition nicht an der Stirn, welches die Parteien zerklüftet und die Ver¬ fassung perhorreszirt, das Blatt ist ein feindliches Organ von reaktionärer oder Ultra-Parteifärbung und muß in die Schranken gewiesen werden. In dem folgenreichen Jahre 1848 gründete sich in Wien ein Verein zur Wahrung der deutschen Volksrechte gegen das Andrängen des Slaventhums. Von Wien aus leitete man Verbindungen mit Deutschböhmen ein, feierte Verbrüderungsfeste mit Deutschen aus Böhmen, suchte die deutschen Brüder im eigenen Lande auf in ihren Vereinen und Versammlungen, rief sie zur Wahl von Abgeordneten nach Frankfurt auf und begrüßte jubelnd den Oefterreicher, der zur deutschen National-Versammlung zog, und jeder sandte seinen Glückwunsch hin nach Wien, der blühenden Großstadt des Vaterlandes. Prag war eine deutsche Stadt, kein Fußbreit deut¬ schen Bodens sollte vom Reiche getrennt, von den Slaven beansprucht werden. Die deutschen Vereine waren es im Allgemeinen, die diesen innigen Anschluß Oesterreichs an Deutschland 16 förderten. Wer sich damals unterstanden hätte zu sagen: Ihr werdet die Ersten sein, die Oesterreich fallen lassen, die Ersten, die den großen Bund zerreißen; mit Entrüstung würde er zurückgewiesen worden sein, denn nichts als Nationalität und Einheit floß von ihren Lippen. Und ja sie waren die Ersten, die Oesterreich Preis gaben, die es ruhig aus dem engen Verbände ausscheiden sahen, ja hin» auSsroßen halfen. Ein anderes Evangelium haben sie sich auserkoren, das „königlich preußische Kaiser- thum", und aus Liebe zu ihm lassen sie Oesterreich; nen¬ nen es „Freiheit" daß sieben Millionen Deutsche vom Herzen Deutschlands gerissen werden, kümmern sich nicht darum, ob losgelöst von Deutschland das Deutschthnm in Oesterreich aufgeht, und befördern dieses Aufgehen durch ihre slavischen Ränke. „Auf nach Frankfurt!" brüllte der Czechenlührer Rieger im Jahre 1849 und das Ezechenvolk brüllte ihm nach. Und als die Frankfurter Episode tragisch endete, was wäre natürlicher gewesen, als daß die Czechen im wohlverstandenen Interesse ihrer selbst und ihres Volks- s ammes den Prozeß der Natur, der in Frankfurt zur Ent¬ wicklung kommen sollte, nicht nur nicht gestört sondern un¬ terstützt hätten? Anstalt dessen waren sie kleinherzig, punisch wendeten sie sich gegen die Deutschen als ihre eingebildeten Feinde und wechselten so Fahne auf Fahne und Farbe auf Farbe. Was ist von solchen Wetterhähnen denn zu halten? Und nun, seit dem 26. Februar 1861 wie geber¬ deten sich die Ezechen und Polen, ganz so wie im Jahre 1849, eine zweite Auflage nur in etwas moderirter Weise. 17 Mit tiefer Entrüstung erblicken wir den Vertagungs¬ antrag jener slavischen Fraktion im Reichsrathe im vor¬ vergangenen Jahre, womit der Reichsrath und auch die ganze Verfassung — vertagt werde soll. Das ist sie, jene Fraktion mit den inkarnirten historischen Nationalitäts- Phantasmagorien, welche den Neubau Oesterreichs in Frage zu stellen bestrebt ist. Wie das Gespenst einer Schattenwelt schleppte sich dieser Vertagungsantrag durch die sonst so lichtvollen Räume des österreichischen Parlaments' doch es verschwand, als sein trugvvlles Wesen erkannt wurde, es verschwand vor der Phalanr der echten Freiheils¬ männer, doch diese Spuren verwischen sich nicht so leicht, für lange bleibt dieses Schandmahl jener Fraktion aus die Stirne gebrannt. Dann blasen sie wieder Fanfaren mit dem Motto der Inkompetenz des Reichsrathes. Wenn es von dieser Fraktion abhinge, wäre natürlich die Kompetenz des ReichsratheS schon lange in jeder Beziehung in Frage ge¬ stellt, ja bloß in ihren Landtagen wollen sie herrschen jene slavischen Bramarbase und erwägen nicht, daß ohne Grund¬ rechte einer Verfassung die Eristenz eines Landtags ein politisches Unding repräsentirt. Bon Feudalismus schwärmen sie und von verrosteten Königskronen und träumen süß von einem großen slavischen Reiche, unbekümmert ob Oesterreich dabei zu Grunde geht. Es brüllt der Rieger und Genossen denselben Akkord wie im Jahre 1849, und würdig schließen sich die sarmati- schen Vertreter und die Vertreter Tomauiens an. Sobald im Reichsrathe ein Gegenstand zur Verhand, lung kömmt, welcher nicht in ihren Kramm paßt, verlassen 2 18 sie fammt und sonders den Reichsrathssaal, um so die Beschlußfähigkeit des ReichsratheS zu gefährden. Ja, säßen Goluchovsky's und andere ähnliche Ge¬ stalten am Ruder! da wäre ihrem Partikularismus Rech¬ nung getragen, aber ein deutsches Ministerium, welches redlich die Verfassungsbahn verfolgt, das hassen sie. — Wir hegen die moralische Ueberzeugung, daß sie oft tiefe Reue fühlen mögen, den Reichsralh beschickt und sich mit den Nationalitätsideen der Magyaren und Kroaten nicht indentifizirt zu haben. Aus Amt und Wurden werden die Deutschen ge¬ drängt, welche, wenn sie auch des slavischen Idioms mäch¬ tig, doch nimmer geduldet werden können, weil sie nicht geborene Slaven sind, das ist die von ihnen so hoch ge¬ priesene Gleichberechtigung! Wir fragen uns, — wenn die Deutschen in dieser Richtung die vollste Reciprozität üben würden, wenn alle jene slavischen Beamten, wenn sie auch des deutschen Idioms mächtig, aber keine geborne Deutschen sind, wenn alle diese in ihre slavischen Marken gewiesen würden, wir fragen uns, wer dann übler daran wäre? O diese slavischen Bureaukraten befinden sich doch ganz heimisch auf deutscher Erde, sie lieben es zwar, sla- vische CliqueS zu bilden und ihr Idiom zu verwerthen, allein Niemand tritt ihren Nationalitätsgefühlen hemmend in den Weg, man läßt sie ruhig gewähren und lächelt zu ihrem kindischen Spiele. Ja aber die verruchten Deutschen, die¬ ses Pestvolk, das leider unter slavischen Stämmen leben muß, mit dem verfährt man in den slavischen Kreisen ganz anders. Man entfernt sie, man drängt sie, dem slavischen Götzen zu huldigen, und es fehlt nicht viel, daß eine 19 slavische Inquisition ihr Schaugerüst in Städte» und Märk¬ ten aufschlägt, um so das Slavenreich zur Blüthe zu drän¬ gen. Ja meine Herren! Das sind die Mittel nicht, wodurch Sie auf die Höhe des geistigen Communismus gelangen; das sind die Mittel nicht, um unter den europäischen Na¬ tionen einen hohen Standpunkt zu fassen, aus diese Art und Weise wird ihr Stoppelfeld nicht in den urbaren Stand versetzt; die Natur läßt sich nicht drängen, sie hat ihren regelmäßigen Lauf im Wachslhum; — wenn Sie meine Herren! mit solchem Dünger arbeiten, bleibt ihr Feld ein ewig Stoppelfeld, und nur unter Stoppeln wer¬ den sie auch in Hinkunft wandeln. Was den Nordslaven gilt, das gilt auch von den Südslaveu. Wir erinnern uns auch jener Broschüre vom Jahre I8ä8, beu'telt: „Rufende Worte der serbischen und kroati¬ schen Nation an ihre Sohne, die Gränzer überhaupt, und an die Kämpfenden in Italien insbesondere." In dieser Broschüre heißt es: „Es ist eine unbestreitbare Thatsache, daß an der Donau, Save, Drawe, Drina, Bodna, Morava u. s. w. unsere serbische und illyrische Nation ihre Sitze hat. Sie bewohnt: Serbien, Bosnien, Kroatien, Slavonien, Syr- mien, Banat, Bacska, Herzegowina, Montenegro, Dal¬ matien, die Hälfte von Albanien, Trassen, Makedonien, Untersteiermark, Krain, Kärnten, Istrien, Friaul, demnach einen Flächenraum von mehr als 8000 Quadratmeilen. Man kann bis nach Konstantinopel durch slavisch-serbische Bevölkerung gelangen. Ja in Konstantinopel selbst sind die Arbeiter lauter Slaven." 2* 20 Also „ganz Kärnten" sagt diese Broschüre ist von Slaven bewohnt, der Hr. Broschürer hat jedenfalls die Prü¬ fung über Statistik schlecht bestanden, obgleich wir Kärnt¬ ner uns einerseits wieder hoch geehrt fühlen sollen, uns mit dem Volke der schwarzen Berge auf gleiches Niveau gestellt zu sehen. Wenn ein Slave, ein Nichtkäriuner solche faltenreiche Ideen entwickelt, nu, dem wollen wir schon etwas zu Gute halten, aber wenn ein slavischer Kärntner seine inner¬ österreichische Stimme ertonnen läßt, und Kärnten zu einer windischen Mark stempelt, der trägt doch offenbar den Stempel einer hohen idiosynkrasinischen Begabung; — wir werden im Verfolg darauf gelangen. Der Broschürec sagt weiter: „Ferner reden wir eine und dieselbe slavische Haupt¬ mundart mit geringen Abweichungen, ein Be¬ weis davon ist, daß wir uns in allen bekannten Ländern wohl verstehen, ohne daß wir vorerst durch eine Grammatik und ein Wörterbuch dazu eingeschult werden." Also blos kleine Abweichungen gibt es im Idiom der Südslaven nach der Ansicht des Herrn Broschürers, der hat die Sprachforschung weg, also die serbische Sprache, die Sprache der Montenegriner ist identisch mit der von Untersteiermark und Kärnten. Gut gebrüllt südslavischer Löwe. „Die Slaven, sagt der Broschürer, bilden die Grund¬ macht der Monarchie, welche den Namen von dem kleinen Erzherzogthume Oesterreich führt. Ihre Kriegsmacht be¬ steht ans drei Viertel Slaven, denn die industriellen und kropfhalsigen deutschen Gebiete sind die schlechtesten Werb- 21 bezirke, daher muß man das Fehlende aus den Slaven rekrutiren." Darauf erwidern wir: Ja der Zahl nach sind die Slaven die Macht der Monarchie, aber keine Grundmacht. Nicht in den zwanzig Millionen liegt die Grundmacht unserer Monarchie, die Grundmacht ist anderswo, sie ist in dem geistigen Fort¬ schritt zu suchen, das Geistige ist die Macht, Wissenschaft ist Macht, wie der Herr Staatsminister in seinem Ver¬ fassungs-Programme glanzend andeulete, nur auf ihren Schultern erklimmt ein Volk die Höhe einer politischen Freiheit, die Höhe einer politischen Selbständigkeit. Die kropfhalsigen deutschen und industriellen Gebiete, sagt der slavische Broschürer sind die schlechtesten Werb¬ bezirke für die Rekrutirung in Oesterreich. Obgleich der Herr Broschürer durch den Ausdruck „kropfhalsig" so eine Art Schmähung darzulegen beliebt, welche ihm selbst zu Gute kommt, so müssen wir Deutsche den Beisatz: „die industriellen deutschen Gebiete" doch wie¬ der als ein großes Kompliment hinnehmeu. Also in den deutschen Gebieten herrscht Industrie, das erkennt der Slave, und wir meinen, wo Industrie herrscht, das Volk glücklich ist, weil seine materiellen Ver¬ hältnisse geordnet sind. Dadurch hat der Broschürer aber seiner Nation durchaus kein Kompliment gemacht. Ja die Kriegsmacht, sagt der Broschürer, besteht in Oesterreich aus drei Viertel Slaven. Da mag er Recht haben, denn wäre die Kriegsmacht Oesterreichs drei Viertel Deutsche, so würde selbe aus drei Vierlheilen Deutschen bestehen. Der Broschürer rechnet esffonach seiner Nation zum hohen Ver- 22 dienste an, daß die Mehrzahl der Bevölkerung in Oester¬ reich aus Slaven besteht. Also wieder ein marerielles Verdienst, mit welchem die geistige Potenz der Deutschen niemals konkurriren kann. Weiter- heißt es in der Broschüre, daß unsere Mon¬ archie nichts Angelegentlicheres sich zur Ausgabe gemacht hat, als die Slaven zu germanisiren, durch deutsche Schulen zu verdummen. Wenn es in dein Bereich des Absolutismus lag, bisher die Nationalitätsgleichberechtigung nicht anzuerkennen, so trägt das deutsche Element daran wahrlich keine Schuld, daß aber die Deutschen bestrebt seien, die Slaven zu ger¬ manisiren, ist nur eine hohle sentimentale Waffe, welche wir nur gegen den Angreiser selbst wenden, indem die Bestrebungen der Slaven in neuerer Zeit dahin zielen, das Deutschthum zu slavisiren, wie wir es in Böhmen, in Untersteiermark und Kärnten schon vielseitig erfahren haben, wo Slaven mit Deutschen unter einem Dache wohnen; daß aber die Slaven nach dem Ausspruche des Broschürers durch die deutschen Schulen nur verdummt werden, über diesen Verdummungssatz können wir nur mitleidsvoll eine Verdammungs-Zähre weinen, um mit selber das sla- vische Gehirn des Broschürers zu befeuchten. Die deutsche Amtssprache in den slavischen Länder::, sagt der Broschürer, hat wieder das Gute und Vorteilhafte für den Deutschen, daß er in den slavischen Ländern sehr leicht Beamter wird, wahrend.es dem Slaven durch die deutsche Sprache ungemein erschwert worden ist. Da führen wir de» Herrn Broschürer nach Wien in die Ministerien, in die Kontrolsbehörden, in die Ober- 23 und LandeSgerichte; überall wird er Slaven finden in Hülle und Fülle, und es scheint sonach dem Slaven nicht so er¬ schwert zu sein auch bis in die hohen Regionen der Bu- rcaukratie sich zu versteigen. Wir finden in den slavi- schen Kreisen auch viele geborne Deutsche, welche das slavische Idiom ganz ferm sprechen, man möge ihnen aber nicht den üblen Umstand Nachträge», daß die Schöpfung sie auf deutschen Boden werden ließ. Der Broschürer geht dann auf die verschiedenen Adelssorten über, indem er sagt: Ein Dheil des serbischen, kroatischen und slavonischm Adels hofirt den Magyaren, der andere Theil kümmert sich in seiner Stupidität um die slavische Nationalität und um die National-Ehre wenig oder gar nicht. Der slovakische Adel, sagt er, ist ein elender, gemeiner Magyaron. Der Adel in Böhmen, Mähren, Schlesien ist ein Deutschthümler. Der polnische Adel französisirt. Der Adel in Kärnten, Krain, Steiermark ist deutscher Michl, und in Dalmatien italienisirt er. Demnach zieht er de» Schluß: ist der slavische Adel in Oesterreich eine verrätherische, antinationale Kaste, ein Hemmschuh der slavische» Völker. Diese Adelsphotographieen hat der Broschürer bei trübem Sonnenlichte an's Blatt gemalt. Der serbische-kroatische und slavonische Adel hofirt nichtsdestoweniger den Magyaren, er ist vielmehr bestrebt die Autonomie seiner Länder nach allen Richtungen zu entfalten. 24 Der Adel in Böhmen, Mahren und Schlesien, wenn auch mit Deutschthümlern gewürzt, verficht mit Emphase das Czechenthum und die Krone des h. Wenzel. Der polnische Adel französisirt, weil er vom Westen seinen französischen Heiland hofft zur Wiederherstellung seines Königthumes. Der Adel von Kärnten und Steiermark, welche beide Provinzen der Broschürer nolons volen« wiederholt zu sla- vischen Provinzen stempelt, dieser Adel, salva venia, kann doch nicht anders als dem deutschen Michel huldigen, da er aus deutschem Blute sproßt, während der Adel in Kraiu zwar vorwiegend, wozu er seine guten Gründe haben mag, auch dem Deutschthum huldigt. ES ist also der Adel in den slavischen Ländern nicht so verrätherisch und antinatioual, wie der Herr Broschürer sich ausdrückt. Er geht dann auf den Klerus und sagt: Die katho¬ lischen Bischöfe unter den Slaven sind servile Kriecherund Hofschranzen, die nur nach dem Kardinalshut und nach einer einträglichen Diözese streben. Die Domherren, Erz¬ priester, Vikäre, Dechante, obwohl slavische Bauernsöhne, möchten gerne Bischöfe werden, arten darum auch in Deutschthümler aus. Zeigt sich Jemand unter dem Adel oder in der hohem Geistlichkeit als slavisch Gesinnter, so thut er es um sich populär zu machen, das Vertrauen des Volkes zu seiner Absicht auszubeuten. Von dem hohen Klerus scheint sonach der Herr Broschürer kein großes Stück auf Nationalität halten zu wollen, in dieser Richtung muß der Broschürer höhere Er¬ fahrungen gemacht haben. Es liegen uns aber neuerer 25 Zeil andere Beweise vor, wo die czechischen, polnischen, südslavischen und die ungarischen Bischöfe ganz tüchtige Proben von Nationalitätsanwandlungen lieferten und ihre Insuls hoch über die Verfassung tragen; — daß sich Mancher nur darum slavisch gesinnt zeigt, um sich populär zu machen, in diesem Punkte können wir dem Herrn Bro- schürer nicht ganz Unrecht geben, nur hätte er den Beisatz machen sollen, „um mit dem Nationalitäts-Hebel die Hierarchie auf der Blüthenhöhe zu erhalten und den reli¬ giösen Freiheilsbestrebungen einen mächtigen Damm ent¬ gegenzusetzen." Indem der Broschürer dennoch über ein Panger- manenthum und Deutschthümlerei seine Sarkasmen los- läßt, fordert er die slavischen Soldaten zum Treubruch aus- Obgleich wir diesen Broschürer von den Sturmjahren eine überschwengliche Leidenschaft nicht versagen können und selbe nur als eine Sturmgeburt des Jahres 1818 betrach¬ ten, so finden wir doch darin den Grundgedanken des Pan- slavismus, welcher sich auch in das Jahr 1861 et 1862 übertragen läßt. Die jetzigen slavischen Elemente, welche damals offen dieser Broschüre Beifall klatschten, spenden diesen Applaus nun auch im Geheimen und theilweise auch öffentlich in Wort und Schrift. Die czechischen Blätter, die novios, und wie die südslavischen Zeitungen alle heißen, geriren sich so ziemlich im gleichen Maße wie die bekannten Broschüren vom Jahre 18-18. Sie haben sonich aus dem Jahre 1818 nichts gelernt, was sie jetzt zu einer soliden Praris anwenden; immer im Sturmschritte wollen sie die Gleichberechtigung 26 erobern, ste brauchen selbe nicht zu erobern, sie wird ihnen ohnehin zu Theil werden durch die Verfassung. Die un¬ veräußerlichen Menschenrechte liegen in dem Schooße einer Verfassung, die Verfassung aber kömmt nicht über Nacht; — sie wollen erwägen, daß der Uebergang vom starren Ab¬ solutismus zu einer freien Konstitution nicht in Monaten auch nicht in ein paar Jahren bewerkstelliget werden kann, daß wir Deutsche mit dem Versassungswerke ebenso Geduld tragen müssen, wenn wir nur sehen, daß daS Streben ein ehrliches ist. Freilich werden die Slaven einwenden und uns zurufen: „Ihr deutschen Micheln ihr habt eine Schafs¬ geduld, die wir nicht haben; ihr habt ja Silles was ihr braucht." Ja eine Schafsgeduld haben wir Deutsche wohl, das ist eine naturgemäße Eigenschaft der Deutschen, aber wir können auch den Slaven zurusen: „Ihr slavische Brü¬ der! wenn der Faden unserer Geduld einmal bricht, dann ist der Riß ein verderblicher; — o wir haben nicht Alles was wir brauchen, die deutsche Sprache haben wir wohl, das ist aber auch das Alles, was ihr meint. Euch, ihr Slaven! wird auch eure Landessprache, wird auch die volle Landesautonomie werden, wenn ihr nicht Kopf über in den Zeitstrudel stürzt. Wir Deutsche tragen keinen Theil an eurer Verkommenheit, ihr wüßt es, wo der Grund zu suck'en. Warum also gegen Eure deutschen Brüder ein so feindliches Auftreten? Erwäget wohl, daß wir mit Na- tionalilälenkämpfen niemals die Sonnenhöhe der politischen Freiheit erklimmen, während mit dem Motto: „Einig im Ziele und besonnen in der That" wir uns brüderlich umarmen und uns in den grünen Mattender Freiheit lagern werden. III Volk und Volkesrechte Ane Rechte des Volkes entstehen aus seinen Bedürfnissen. Diese sind nach der historischen Entwicklungsstufe der Menschheit im Allgemeinen und dem Kullurzustande deS Volkes insbesondere verschieden. Für unsere Zeit und unser Volk gelten zwei einander entgegengesetzte aber den¬ noch gleich zu beachtende Bedürfnisse: das der Besitzen¬ den nach Sicherung ihres Besitzes und das der Arbei¬ tenden nach fortwährender Arbeit und lohnenden Entgelt) derselben. Beiden Bedürfnissen gleiche Rechnung zu tragen, ihren Widerstreit zu sühnen, das ist die gegenwärtige Auf¬ gabe des Staates und aller Privatorgane, die den Staat in seiner Wirksamkeit unterstützen wollen. Wir enthalten uns vorläufig aller weitläufigen Bemerkungen darüber, in wie ferne öffentliche oder Privatorgane sich dieser Aufgabe klar bewußt sind, und was sie zur Lösung derselben gethan haben, deuten nur beiläufig hin, daß das Interesse der Besitzenden mit dem Interesse der Arbeitenden in Vereinbarung zu bringen sei. Aber gerade diese Vermittlung ist es, in 28 welcher die Lesung der vorliegenden Aufgabe liegt. Es ist ganz rein unmöglich — und die kurze Erfahrung unserer reformirenden Versuche zeigt es deutlich, daß es unmöglich ist — den Bedürfnissen dec Arbeitenden abzuhelfen, wenn nicht zugleich auch die Rechte der Beschenden geachtet wer¬ den. Denn wer soll den Arbeiter zahlen, als der Be¬ sitzende? Und wie soll dieser zahlen, wenn ihm das Seinige nicht gesichert ist? Aber auf der andern Seite ist es wieder klar, daß von einer Verbesserung der Zustände des Arbeitenden keine Rede sein kann, wenn es ganz der Willkühr des Be¬ sitzenden überlassen bleibt, was und wieviel er den Ar¬ beitenden zahlen will. Es ergiebt sich also die gesuchte Vermittlung darin, daß zwar jedem Besitzer der Bestand seines Besitzes vom Staate vollkommen gewährleistet, in der Verfügung über den Besitz aber dem Staate insoweit ein Einfluß gestattet werden müsse, als die Bedürfnisse des Arbeitenden es erfordern. Wir glauben hiemit den An¬ gelpunkt aufgedeckt zu haben, um welchen sich nach unserer Meinung der Staatsorganismus und alle sich aus die all¬ gemeine beziehende Thätigkeit der Privaten drehen muß. Wenden wir uns nun nach Außen und betrachten wir den Staatsorganismus, wie er faktisch besteht. Wir finden da Beamten-Heere, beendete und beginnende Kriege, Deputirlenwahlen und Reichsrath, Naiionalitä'töstreit, Sol¬ daten und Minister, die Frage ob der Verfassung, Steuern und Prioatausgaben um diese Maschinerie zu erhalten. Allerdings gibt es ein Bedenken, das die Erhaltung dieser kostspieligen Maschinerie rechtfertiget, aber auch nur momen¬ tan rechtfertiget, ja das Recht der Besitzenden, das mit dieser Maschinerie in vielfacher Beziehung verflochten, wird bei unbesonnener Zertrümmerung vernichtet und mit ihr auch die Hilfsquelle der Arbeitenden verstopft. Allein es ist auch klar, daß das Streben Aller, denen das allgemeine Wohl am Herzen liegi, dahin gerichtet sein muß, diese auf uns drückende, komplizirte Staalsmaschine nach und nach, so viel es ohne gewaltsame Veränderung mit dieser stets verbundenen Verletzung der Privatrechte geschehen kann, aufzulösen, ein Rad nach dem andern zu entfernen und so die künstliche Maschine auf die einfachsten Triebräder zurückzuführen. Lassen wir uns in diesem Bestreben nicht durch das Phantom einer äußern politischen Macht stören. Nicht in Geld und Waffenmacht, sondern in der Bildung und Kraft des Einzelnen liegt die Bedeutung eines Volkes. Stellen wir nun die Frage, wie die dringend ge¬ botene Vereinfachung des SlaatsorganiSmus realisirt wer¬ den kann, ohne daß dadurch an den Forderungen, welche der Bürger an den Staat stellt etwas aufgeopfert wird — so wird es kaum eine andere Antwort geben, als diese, daß die Staatsgewalt so viel als möglich in die Ge¬ meinde konzentrirt werde. Es ist klar, daß jede Ge¬ meinde sich sehr wohlfeil regieren kann, wenn ihr die Macht dazu eingeräumt wird. Aber freilich muß diese Regierung auf einem ganz andern Fuße geschehen als es nach dem gegenwärtigen kostspieligen Cencralisationssystem der Fall ist. Daß die Kostspieligkeit unserer gegenwärtigen Ver¬ waltung nur in der Centralisation liegt, läßt sich an den Fingern herzählen, daß aber die Wirkungslosigkeit und Verkehrtheit unserer Verwaltung denselben Grund hat, M ist eben so klar. Warum sollen wir also eine kostspielige und schlechte Verwaltung uns von Ferne hohlen, da wir eine gute und wohlfeile bei der Hand haben? Die Re¬ gierung innerhalb jeder Gemeinde bedarf nur einer Be¬ dingung, um in jeder Rücksicht die trefflichste zu sein, Bil¬ dung der Gemeindeglieder. lind ist diese nicht auch in jeder andern Rücksicht das erste und wichtigste, was Staat und Private ansireben sollen? Wie aber kann die Bil¬ dung am sichersten und wirksamsten in die großen Maßen des Volkes ins Leben gerufen werden? Was ist Bildung? — Das Ueberwiegen der geistigen Potenz des Menschen üb.r der physischen — die Obmacht des Verstandes und des Herzens über materielle Kraft. Dieses Ziel fordert vor Allem Entfernung oder Verringe¬ rung jeder Gewalt von Außen über den Einzelnen bis auf daS möglichst kleinste Maß. Dies ist aber eben der Zu¬ stand der Freiheit und es bleibt ein unumstößlicher Grund¬ satz: so lange die Gewalt voran ist, sie möge nun vom Volke oder von einem Fürsten ausgehen, kann von Freiheit und von einer Möglichkeit wahrer Bildung des Volkes keine Rede sein. Man kann also dem Volke in Masse eben sowenig ein Recht des Zwingens zugestehen, alö dem Einzelnen. Das Recht des Volkes zur Gewalt ist nur das der Nothwehr. Es ist ein Recht des Volkes jeder Gewalt von Außen zu widerstehen. Es ist dies ein Recht, das auch jedem Einzelnen zusteht — und nichts als die thalsachliche Erklärung der Freiheit ist. — Nach diesem praktisch schon häufig geübten aber kaum irgendwo theoretisch klar ausgesprochenen Rechte muß der Staatsverband sich auf ganz andere Grundlagen, als die bisherigen sind, neu erbauen. Die Selbstregierung nach einzelnen Körpern und Gemeinden ist eine nothwendige Folge davon. In dieser Selbstregierung liegt aber auch zugleich dw einzig mögliche nachhalige Heilung aller sozialen Uebel der Zeit. Das Gesetz wird in diesem Zustande überall nur auf einem Vertrage beruhen, der nur durch die ausdrückliche und persönliche Erklärung der Annahme Giltigkeit erlangt. Es versteht sich sonach, daß von einer gesetzgebenden Gewalt der Majorität keine Rede sein kann, und daß die Gesetz¬ gebenden Körper nur die Bestimmung haben können, zweckmäßige allgemeine Gesetze zu entwerfen und sie zur Annahme der einzelnen Korporationen vorzulegen. Was den Menschen vorzüglich gegen sein Geschick erbittert, ist nicht, daß er neben sich Macht und Reichthum sieht, und diese Güler nicht erreichen kann; denn anzu¬ staunen und zu gehorchen liegt in seiner Natur und er¬ niedriget ihn weder, noch kostet es ihm Uebenvindung. Jene Erbitterung stammt vielmehr aus dem Mißverhält¬ nisse zwischen seinen geistigen Fähigkeiten und seinem Lose, auS der Unmöglichkeit in der er sich oft befindet, zu seinem und seiner Mitmenschen Besten die Kräfte in's Weck zu setzen, die er von der Natur empfangen hat. Wenn wir es doch verständen, ohne auf eine chimä¬ rische Gleichheit auszugehen, das Reich der Gerechtigkeit unter den Menschen zu gründen, welches einem Jedem so viel Wissen, Arbeit und Besitz zutheilt als es seinen Bedürf¬ nissen angemessen ist. Ohne diese wesentliche Ueberein- stimmung zwischen dem innern und dem äußern Leben, 32 die eines TageS zu ihrem Rechte kommen muß, werden alle Bemühungen unserer Nolkserzieher und Staats¬ ökonomen erfolglos bleiben. Das Volk verlangt nicht, wie man gerne behauptet, in Ueberfluß und Müßigang zu leben; es verlangt den Wohlstand nur als Lohn für seine Arbeit, und wenn sich auch bei ihm jetzt Trägheit, Mangel an Sorge für die Zukunst vorfiuden — womit manche oberflächliche Beob¬ achter seine traurige Lage erklären und rechtfertigen wollen, — so rührt dies daher, daß seine angestrengteste Arbeit ungenügend bleibt und unheilbaren Leiden nur eine vor¬ übergehende fast unmerkliche Besserung bringt. Was hilft sich einen Tag besser zu befinden, dem, der ein ganzes Leben voll Leiden vor sich steht. Vielleicht macht der Arme die Schlußfolgerung nicht, aber sicher treibt ihn sein In¬ stinkt ins Wirthshaus: „Vergessenheit seines Kummers zu trinken." Wollen wir dem Volke den Reiz des häuslichen HerdeS schildern, fange man damit an, Holz auf den Herd zu legen. Wollen wir ihm die Süßigkeit des Familienlebens rühmen, bringe man Brod mit für seine Kinder. Wollen wir ihm die gemüthlichen Freuden ausmalen, die das traute Leben im Hause vor dem wilden Leben in Schenken vor¬ aus hat, so lasse man vorerst Glas in die Fenster und Oefen in die Stube setzen. Die Klugen sagen, und der große Hause spricht es nach, daß man des Volkes niedrigen Neigungen schmeicheln müsse, um es zu gewinnen, und daß hierin das Geheimuiß derer liege, die über den Geist der Menge gebieten. 33 Diese schlaue» Leute haben nur Eines vergessen, nämlich die Geschichte zu befragen, die gerade das Gegen- theil bestätiget. Die meiste» Volksbewegungen, von denen sie spricht, waren aus einer edlen Regung her¬ vorgegangen. Ein Wort der Gerechtigkeit ertönte und tausend Ruse begeisterter Zustimmung antworteten ihm. Und wenn die Reinheit des ersten Anstoßes in der längern Dauer des Kampfes oder im Rausche des Sieges ver¬ loren ging, so geschah dies, weil die Leidenschaften des Volkes ebensogut, als all unsere gelehrte Slaalskunst der Unvollkommenheit unterliegt, die alles menschliche Thun beherrschet. Glücklicher als wir ist das Volk einer Glut der Begeisterung fähig. Es gibt sich ganz dem, der es bewundert, zu eigen; es liebt und haßt von ganzem Herzen, indeß wir grübelnde Seelen nur bruchstückweise zu hassen und zu lieben vermögen. Die Emancipation des Proletariats ist zwar kein leichtes Unternehmen. Sie verletzt viele alte Gewohnheiten und widerstrebt wenigstens scheinbar so vielen Interessen, daß sie sicherlich nicht durch isolirte oder theilweise Be¬ strebungen ermöglicht werden kann; dazu gehört die ganze Staatsgewa t. Sie sorge für einen zweckmässigen Volksunterricht, ohne welchen sich der menschliche Geist nicht entwickeln und veredeln kann und für gehörige Organisirung der Arbeit, ohne welche die Thätigkeit der Mensche» gehemmt ist. Die Lösung der sozialen Prob¬ leme auf ruhigem und friedlichem Wege erfordert jeden¬ falls bedeutende Opfer und Ausdauer, allein sie ist eine conältlo sine gus non. Der Mensch im Naturzustande hat das Recht aus 3 34 Alles, was er zur Befriedigung seiner natürlichen Bedürf¬ nisse braucht; dieses Recht kann er soweit geltend machen, als seine Kraft reicht, und nicht an dem gleichen Rechte eines Andern einen Widerstand findet. Im Naturzustände gilt das Recht des Startern, das unsicherste Recht aller Rechte, weil Niemand ist, der nicht einen Startern über sich findet. Kampf und Noch sind die Folgen eines solchen Zustandes; sie haben die Men¬ schen dahin gebracht, sich in Gesellschaften zu vereinen. Jeder brachte in die Gesellschaft seine Kräfte, seine Be¬ dürfnisse mit, um die Uebung der Erstern zur gemein schaftlichen Befriedigung der Letzter» ohne Kampf und Noch zu sichern. Auf welche Weife dieses in der Gesellschaft möglich werde, darüber sprach sich der allgemeine Wille aus. Recht und Freiheit inner den Grcknzen des allgemeinen Willens war der Ersatz, den die Gesellschaft für die ungeregelte Freiheit im Naturzustände bot. Das Recht des Stärker» fand seinen Endpunkt in in dem gemeinschaftlichen Gesetze. Derselbe Zustand aber, in dem früher die Individuen sich gegenüberstanden, trat nun auch unter den verschiedenen Gesellschaften, (welche bei größerer Ausdehnung „Staaten" heißen), ein. Das gegenwärtige Interesse wurde oft und fast immer nach dem Rechte deö Stärkern — also mit Gewalt ver¬ folgt. Daher lange Jahrhunderte Kriege und Kämpfe unter den Völkerschaften, welche theils der Nationalität wegen, theils aus Herrschsucht, manchmal auch aus Noch geführt wurden. 35 Das Christenthum entwickelte eine Idee, deren Sieg über die Welt — Versöhnung und Friede bringen würde, wenn die reine Idee nicht mit so vielen Schuürkeln ent¬ stellt, selbst zur Brandfackel geworden wäre. Der allge¬ meine Wille der Gesellschaft blieb nicht lange unverkümmert. List und Gewalt bemühten sich die Vortheile des gesell¬ schaftlichen Vereines für Einige oder gar nur für ein Mitglied auszubeuten, den Uebrigen die Pflichten des ge. sellschaftlichen Verbandes zu überlassen, und deren Erfül¬ lung nöthigenfalls zu erzwingen. So trat jene unheilvolle Spaltung der Gesellschaft ein, die durch alle Länder verbreitet ist. Die natürliche Ungleichheit der Menschen an körperlichen und geistigen Kräften wurde noch erhöht durch eine künstliche Ungleichheit an Rechten und Pflichten. Bald gab es nur Herrschende und Beherrschte, Berechtigte und Verpflichtete, Unterdrücker und Unterdrückte. Die Gesetze waren jetzt nicht mehr der Ausdruck des allgemeinen Willens, sondern Beschlüsse eines Theiles der Gesellschaft; sie hatten nicht mehr die allgemeine Wohlfahrt, sondern nur die Einzelner zum Ziele; die Macht diente nur Ersterem, nicht der Gesammtheit. Trostlos wäre so die Lage der Menschen, wenn nicht von Zeit zu Zeit im Reiche oes Geistes irgend ein Gestirn auf¬ ginge, verheißend eine bessere Zeit, und wenn von Jahr¬ hundert zu Jahrhundert in immer kürzeren Räumen die Gedrückten sich um ihre Freiheit und ihr Recht nicht rühren würden. Soll in Europa die Revolution nicht permanent 3* 36 bleiben, so muß in allen Staaten eine Verfassung aner¬ kannt werden. Wir sehen es an der jüngsten Revolution in Frank¬ reich, welche sich sogar zu einer Republik die Bahn ge¬ brochen. Es wußte aber Einer diese Revolution für sich auszubeuten; — unter dem goldenen Schilde einer Frei¬ heit wußte er sich zur obersten Staatsgewalt emporzuraffen, er wurde Präsident. Im Besitze dieser Macht gelang es ihm den 2. Dezember durchzuführen, die Freiheit zu zer¬ stören und das Kaiserthum zu entfalten. Niemand doch wird glauben, daß dieses Kaiserthum auf festen Fußen steht, es ist nur eine Macht durch Terrorismus zusammenge¬ halten, während unter dec Asche das Volksrecht unv die Freiheit glimmt und beim nächsten Anstoße wieder in lich¬ terlohe Flammen schlägt. Wohl spricht dieser gallische Macht¬ haber von Freiheit, von Civilisation, allein das Volk glaubt nicht mehr an diese glatten Pseudo-Theorien, es will reelle Freiheit, es will Verfassung. Wir sehen es an dem nordischen Kolosse, welcher mit der Freiheit gewaltig zu kokettsten anfäugt. Es ließ der bzaar einen Liberalismus blicken, ober¬ es war nur Scheiuliberaliömus. Er wollte durch Auf¬ hebung der Leibeigenschaft dem Schreckensbild einer Re¬ volution begegnen, welche früher oder später sich in Ru߬ land doch Bahn brechen muß; allein mit Scheiutendenzeu wird der böse Geist nicht gebahnt, man will reelle Freiheit War es nicht ein großes Zeichen der Zeit, daß der russische Adel und Volk offene Petitionen wegen einer Verfassung zu Markte trugen. Statt, daß man diese Pe- 37 titionen, statt daß man den Geist der Zeit zu würdigen verstand, antworte man mit Entlassungen, mit Sibirien. Blicken wir nach dem polnischen Aufstande, welcher vielleicht in seinen Folgen der russischen Regierung gefähr¬ licher werden dürfte, als man glaubt, denn auch rus¬ sische Elemente werden vom Strudel der Revolution er¬ faßt und fortgerissen, und stände dieser Aufstand bei einem allfällig gegenwärtigen orientalischen Kriege im Rücken von Rußland, schwer würde der nordische Autokrat büßen. Blicken wir nach Preußen, wo die Reaktion in voller Blüthe steht, aber dennoch vor dem Fruchttragen abgestreift werden muß. Wir begegnen hier wirklich einem Minister von höhern politischen Blödsinn, wenn er glaubt, den alten Absolutismus wieder heranzuschlcppen. Das sind die fluch¬ würdigen Räthe der Krone, welche die Fürsten durch Lug und Trug hindanzuhalten und die Wahrheit, das Wollen des Volkes zu verschließen streben. Nur zwei Ausgänge hat nun Preußen; entweder der König dankt ab zu Gunsten seines Soleies und das Ministerium „Blut und Eisen" fällt, oder dec König kehrt um und entläßt das Ministerium. Es gilt nicht mehr hinter dem Schein einer Ver¬ fassung sich zu bergen, es kann nur eine kurze Zeit wäh¬ ren, die Karten werden erkannt und das Volk spielt — Trumpf. Das Streben des Volkes nach Selbstregierung, nach Erlangung seiner unveräußerlichen Rechte tritt immer mehr 38 und mehr hervor, es ist ein billiges Streben, welches sich nicht mehr in den Rahmen einer Utopie zurückdrangeu laßt. Wenn nun dieses Einheitsstreben nach einem Ver< sassungsleben alle Völker, alle Nationen begeistert, so ist es von jenen Nationen ein Verrath an der Freiheit, welche durch Ultra-Nationalismus dieses Einheitsstreben zerklüften. IV Deutsche Politik esterreich hat ein treues, deutsches, biederes Volk, ein Volk, auf das es stolz sein kann, weil eö, wie noch keines mit der großen, ruhmvollen, reichen Vergangenheit eine ungleich größere, unübersehbare Zukunft hat, weil es die Mission hat im Vaterlande Licht zu verbreiten, weil es in sich die volle Kraft trägt zu civilisiren, zu belehren, zu er¬ leuchten. Oesterreich hat acht Millionen deutsche Herzen. Oesterreich hat dreizehn Millionen Slaven, treue Stützen des Staates, ihr Gut und Blut haben sie mit vollen Händen hingegeben, wo es jemals galt die Krone zu retten. Jahrhunderte hindurch sind sie genannt die „Wachter Oester¬ reichs" im Süden, und die „Perle in der Krone" sind sie genannt im Norden. So lebten diese beiden Nationen im Frieden und Eintracht zusammen und schlossen sich auch theilweise dem deutschen Bunde an. Im Jahre 1848 wurde dieses schöne Band durch M Kabale zerrissen und keine Hand hat es bisher wieder zusammen gewebt. Man hat die Herzen zerrissen, man hat sie tödllich verletzt und mit Verdächtigung überhäuft. Lassen wir die trübe Vergangenheit und einigen wir uns Deutsche und Slaven wieder zum alten Bunde, der uns früher in Oesterreich umschlungen, und Oesterreich wird und muß wieder erstarken. Ihr Slaven sagt freilich: „Eure deutsche Einheit ist auch nicht weit her." Ja wir fühle» es, daß uns die Einheit fehlt, doch nicht an uns liegt der Fehler, nicht in den acht Millionen Deutschen Oesterreichs, nicht in den Süddeutschen, sondern in Norddeutschland liegt der Schwerpunkt der deutschen Uneiuheit. Als die Vertreter des deutschen Volkes in der alten Reichsstadt Frankfurt vor vierzehn Jahren tagten, war ihre Aufgabe eine deutsche Reichsverfassung, durch welche an die Stelle des aufgelösten deutschen Fürstenbundes die innige Vereinigung aller deutschen Bruderstämme treten und so endlich die untrennbare Einheit und festbegründete Freiheit des ganzen deutschen Volkes zu verjüngtem herr¬ lichem Leben erblühen sollte. Damals stimmten die Ab¬ geordneten von Oesterreich in Frankfurt, daß diejenigen Länder Oesterreichs, welche schon von den ältesten Zeiten her zu Deutschland gehörten, auch in alle Zukunst ebenso zu Deutschland gehören sollen, wie die übrigen deutschen Stämme und Länder. Diese Abgeordneten mußten so stimmen, da ihnen die Kunde ward, daß die deutsche Frei^ heit in Oesterreich bedroht war. Sie mußten dafür besorgt 4t sei», daß durch den innigsten Anschluß unseres österrelchisch- deutschen Vaterlandes an das gesammte deutsche Reich unsere deutsche Volksthümlichkeit und unsere Freiheit ebenso gewahrt und gesichert bleibe, wie bei dem übrigen deutschen Volke. Die Abgeordneten sprachen sich aus, daß wir Deutsche nicht über andere Völker herrschen wollen, daß der deutsche Oesterreicher aber auch nicht von andern Völkern beherrscht werde. Sie wollten, daß der Slave, der Ungar, der Ita¬ liener und der Deutsche in Oesterreich gleich srei sein solle. So wie sie daher dafür gestimmt haben, daß die deutschen Stamme und Lander in Oesterreich hinsort für sich ein untrennbarer Theil des ganzen deutschen Volkes und Lan¬ des sein sollten, so mögen auch die Slaven, die Ungarn, die Italiener in Oesterreich von uns Deutschen ganz un¬ abhängig und frei sein. So handelten die deutschen Ab¬ geordneten im Sinne und im Interesse nicht nur der Deutschen, sondern auch der Gesammtbevölkerung Oesterreichs. Die Abgeordneten sagten ferner: daß in jenen Lan¬ dern, welche von Alters her zu dem deutschen Reiche ge¬ hören, gemeinschaftlich auch nichtdeutsche Brüder leben, deren Wohl und Wehe, deren Volksthümlichkeit und Freiheit ihnen (den Abgeordneten) eben so sehr am Herzen liege, wie die der Deutschen selbst. Ferner hatte das deutsche Reichsparlamenl auch schon damals den unabänderliche» Grundsatz ausgesprochen, daß den nichtdeutschen Stämmen in deutschen Ländern ihre Stammeseigenthümlichkeit, ihre Sprache und ihre Freiheit vollkommen, ebenso wie den Deutschen selbst, gewährleistet, und verbürgt seien. Es streben unsere nichtdeutschen Brüder in Böhmen und Mähren schon in ihren Industrie- und HandelSbe- Ziehungen, ebenso wie die übrigen deutschen Provinzen Oesterreichs, eine Vereinigung mit dem gesummten Deutsch¬ land zu erzielen. Deutschland und Oesterreich werden und müssen Hand in Hand gehen. Es beurkundete Deutschland sein Vertrauen schon damals aus eine erhebende Wehe durch die Wahl des Erzherzogs Johann zum deutschen Reichs¬ verweser. Dieses Vertrauen müssen die österreichische» Staaten erwidern, und die gemeinsame Macht Deutschlands und Oesterreichs wird weltgebietenv hervorgehen. Und was vor vierzehn Jahren das deutsche Par¬ lament sprach, das findet seinen Widerhall auch in der Jetztzeit. Dor damalige deutsche Reichsminister Schmerling leitet nun die Geschicke Oesterreichs. Was er vor vierzehn Jahren sprach, er spricht es noch. Gleichberechtigung aller Nationen Oesterreichs und Gewährleistung ihrer Sprache und Eigenthümlichkeiten war die Antwort des Ministers auf die Interpellation des Dr. Tom an. Sehen wir nicht täglich in den slavischen Gerichts¬ verhandlungen das angestrebte Motto zur Wahrheit werden? Sehen wir nicht bei Ausschreibungen von Dienststellen in slavischen Gegenden die slavische Sprache bedingt? Sehen wir nicht täglich das redliche Streben der Minister auf dem Wege der Verfassung fortzuwandeln? Warum also noch eine feindliche Haltung der slavischen Abgeordneten? Warum noch ein feindliches Auftreten der Slaven 43 gegen die Deutschen? Ein deutsches Parlament wurde in Frankfurt wieder angeregt; möge es bald zu Stande kom¬ men, um die deutsche Einheit auch mit dem natürlichen Mitten Preußen zu bewerkstelligen, um unter dem Fittig des deutschen Parlaments die Nationen zu vereinen, ehe die Ereignisse uns über den Kopf lodernd zusammen¬ schlagen v. Die freie Gemeinde und der Landtag Motto: DaS Recht ist ein gemeines Gut, Es liegt in jedem Erdensohne, Es quillt in uns wie Herzensblut; Und wann sieb Männer frei erheben, Und treulich schlagen Hand in Hand, Dann tritt das innere Recht in s Leben Und der Vertrag gibt ihm Bestand. Uhland. Ale freie Gemeinde ist die Stützsäule des Staates. Worin bestehen die Bediiignisse einer freien Ge¬ meinde? Sie liegen in den Worten: „Gleiches Recht für Alle!" freie unabhängige Verwaltung der materiellen In¬ teressen nach Innen, geschützt vor den Uebergriffen Ein¬ zelner durch die politischen Gesetze des Landes, und innig¬ nahe Verbindung nach Außen mit dem gesetzgebende» Körper. Das sind die Grundsätze, nach denen ein frei¬ sinniges Gemeindegesetz abgefaßt werden soll, das sind die Normen, welche einem konstitutionellen Staate -usagen. Einen Unterschied zwischen den Bewohnern und Mitglie- 45 der» einer Gemeinde zu machen, den Namen „Bürger, Insassen, Fremden und Geduldeten strickte Geltung ver¬ schaffen wollen, das verträgt sich nimmermehr mit dem Grundsätze: Gleiches Recht für Alle," ja dann wer¬ den Einzelne wieder die Untergebenen von Andern, und die Willkühr gibt zu maßlosen Uebergriffen Anlaß. Ein Jeder, der sich durch ein Gewerbe, irgend eine Kunst oder Wissenschaft zu ernähren vermag, — gleichviel, sei er nur eine kurze Zeit oder schon durch mehrere Jahre hindurch im Orte ansässig, wenn er sich über seine Sittlichkeit aus¬ weisen kann, — sei Bürger einer Gemeinde, ohne Unter¬ schied des Glaubens oder sonstigen Standes. Das ist es nun, wo die Schranken des verrotteten Spießbürgerthums fallen müssen. Alle sind Staatsbürger, Glieder der großen Staatsgesellschaft!, alle sind Bürger der Gemeinde, alle haben das gleiche Recht am öffentlichen Leben Theil zu nehmen, da sie auch verhältnißmaßig gleiche Lasten zu tragen haben. Wo eine gewisse Anzahl von Jahren, eine Classifikation der Steuer oder sonst ein Census eintritt, um ein ordentliches Mitglied der Gemeinde werden zu können — da ist keine Gleichberechtigung und sonach auch keine wahre Verfassung. Aber, wird man einwendeu, dadurch wird ein Proletariat gezogen. Blicken wir auf die jetzigen Gemeinden, finden wir da kein Proletariat? Wie viele arbeitsscheue Män¬ ner und Weiber sitzen nicht in den Keuschen herum und er¬ nähren sich entweder durch Taglohn oder Diebstahl, es konvenirt diesen Leuten mehr dem Taglohn nachzugehen als in einen ordentlichen Dienst zu treten, und im vorgerückten Alter, fallen sie der Gemeinde zur Last. Wie wenig Gemeinden nehmen nun in dieser Richtung Jugerenz, und die politi- 46 scheu Behörden fühlen keinen Beruf, sich in solche rein gemeindliche Sachen einzumengen. Wenn aber die Ge¬ meinden sich selbst regieren, wenn sich große Gemeinden gebildet haben werden, wenn die innere Polizei dec Ge¬ meinde übertragen sein wird, dann wird es auch in ihrem Interesse liegen, Bagabunden auszumärzen und Arbeits¬ scheue zum ordentlichen Dienste zu verhalten, was jetzt im Zwitlerregimente nicht der Fall ist, da die politischen Be¬ hörden über der Gemeinde noch eine Suprematie üben. Für wirklich Verarmte und Arbeitsunfähige bestehen aber wohl in jedem größer» geschlossenen Orte Pfründen und Spitäler, welche in Hinkunft durch die Konstituirung von großen Gemeinden erweitert werden können, was die Gemeindeglieder bei großen Gemeinden nicht zu sehr in Anspruch nehmen und dabei auch der Zweck des Hindanhal- tenS der Bettler im Auge behalten wird. Aber nicht minder wichtiger als diese Skizze der innern Ordnung einer freien Gemeinde, ist die Beziehung derselben nach Außen zum gesetzgebenden Körper selbst, es mögen dieselben Landtage oder Reichskammern sein. Nach den wahren Begriffen einer Verfassung haben die freien Ge¬ meinden in erster Linie den Landtagen und in zweiter Linie der Reichskammer zu unterstehen, die Regie rung soll mit den einzelnen Gemeinden in gar keiner oder sehr schwacher Verbindung stehen, da der Staat im Verfassungswege nur durch die Kammern und die Landtage regiert wird, und diese allein nur die sogenannten Verfassungsbehörden der Gemeinden sind. Denn wie wir schon im vorigen Artikel berührten, nur jenes Volk, somit auch nur jene Gemeinde ist srei, auf welche keine oder nur schwache Gewalt geübt ^7 wird, und nur durch materielle Freiheit entsattet sich Bil¬ dung und geistige Freiheit. Es erheben sich Stimme», welche sagen: »ja das ist recht schön gesagt, am Papiere lassen sich die freien Theorien herrlich geben, allein im praktischen Leben sind sie unausführbar, und überhaupt wir sind für solche Theorien noch nicht reif." Das ist die Sprache von Jenen, welche für eine freie Gemeinde gerade am wenigsten reif sind, es ist die Sprache des Muckerthums, die Sprache einer verfassungö- feindlichen Pariei. Ja wir sind nicht reis, diese Sprache muß man leiser so ost hören, sogar im Munde Gebildeter. Wan sollen wir denn reif werden? Nach den Begriffen dieser politischen und engbrüstigen Mucker soll unsere Reife über Nacht kommen, oder sie würden es lieber sehen, daß wir gar nicht reif werden, und daß die liebe alte Zeit mit ihren Schatten der Verdummung wie¬ der am politischen Horizont heraufzöge, um im Finstern das Volk wieder in Geistesbanden zu schlagen. Wo kein Anfang, ist auch kein Ende abzusehen. Da wir aber be¬ reits mit einer Verfassung angesangen, redlich angefangen, so muß selbe in allen ihren Nuancen redlich durchgeführt werden, und hiezu gehört auch eine freie Gemeinde. Man lasse die Gemeinde frei, und sie wird schon schwimmen lernen ohne Lehrer oder mit Hilfe der Verfassungsfaktoren, mit dem Reichsrathe und dem Landtage und mit Hilfe anderer getreuen Verfassungsfreunde. Die bereits stehende, dem Reichsrathe entsprungene organische General-Normirung über Gemeinde-Verfassung hat uns nicht völlig befriediget. Es handelt sich bei Er- lassung eines solchen Gesetzes darum, waS für Rechte, war für eine Macht der Gemeinde vom Staate übertragen wird, Dieser eigentliche Kern ist aber nicht so recht zu- sammengefaßt, obgleich die Gegenstände berührt werden, welche der Gemeinde zur Besorgung zugewiesen sind. Da¬ gegen ist die Art der Geschäftsführung mit einer Prelerität behandelt, daß man wohl sieht, daß das Formenwesen über das wahre Wesen theilweise die Oberhand hat. Wir be¬ streite» den Werth der Formen keineswegs, dieselben sind aber nur dann an ihrem Orte, und sollen nur dort eine ausgebreitetere Entwicklung und bestimmtere Normirung enthalten, wo es sich um die Ordnung größerer gesell¬ schaftlichen Maßen handelt, in Gemeinden aber, im Vereine einer geringem Anzahl sich naher kennender Personen kann und soll das Volksleben mehr der freien Bewegung überlassen bleiben, nur sehr einfache Formen sollen herr¬ schen und so viel als möglich sich von selbst gestalten, aber der Inhalt dieses Volkslebens, dieser Gemeindethätigkeit soll bestimmt zugemesseu und seine Richtung mit fester Hand geleitet werden. Im Geist, Leben und Wahrheit liegt die Kraft, eine Geschäftsordnung aber kann sie nicht geben, sie kann die bewegenden Potenzen nicht schaffen. Wo diese aber ein¬ mal erwacht sind, finden und nehme» sie schon von selbst ihren Weg, man braucht und soll ihnen denselben nicht vorschreiben. Allerdings läßt sich, wie schon oben ange¬ deutet worden, eine solche freie Entwicklung und Selbst- normirung sozialen Lebens nur in kleineren Kreisen ohne Gefahr für das Gesammtleben des Staates gestatten, aber hier muß sie auch stattfinden, wenn überhaupt Freiheit irgendwo im Slame eristiren soll. Eine Gemeinde, der jeder Schritt ihrer Bewegung durch einen .Gesetzespara¬ graphen vorgeschrieben wird, ist keine sreie Gemeinde mehr und wird bald zu einem lebenslosen Automaten herabsinken. Ich wiederhole es noch einmal: Die Regelung deS sozialen Lebens beruht in großen und in kleinen Kreisen aus wesentlich verschiedenen Bedingungen. Innerhalb der Granzen des Hauses, der Familie, des Privatgeschäflsver- kehrö wird Niemand weitläufige und strenge Geschäftsord¬ nungen und Disziplinar-Vorschriften an seinem Orte finden. Das Leben in der Gemeinde ist mit dem in der Familie sehr nahe und steht mit der letztem unter ganz ähnlichen Bedingungen einer gesunden Entwicklung. Es muß mehr freie, kräftige Bewegung als feste Form in derselben herr¬ schen. Je mehr man sich von der Gemeinde zu größeren sozialen Vereinen erhebt, desto strenger müssen die Zügel der Form und des Gesetzes angezogen werden. Das Leben des Staates ist sonach schon gänzlich im Gesetze absorbirt, die Bewegung dec individuellen Willkühr ist in ihm aus den kleinsten Spielraum beschränkt, während dieselbe inner¬ halb der kleinen Gesellschaft ohne Gefahr eine viel größere sich zuziehen kann und soll. Wir glauben, daß Niemand, der die menschliche Natur und die Geschichte, den Spiegel derselben, nur eini¬ germaßen kennt, und über die Bedingungen eines gedeih¬ lichen sozialen Lebens nachgedacht hat, in diesen Andeutun¬ gen eine bloße Phantasie erblicken wird. Man wird nun die Frage stellen, was soll denn den Gegenstand des Gemeindelebens auSmacbeu? L 50 Wir antworten: alles, was überhaupt ein gemein¬ schaftliches, gesellschaftliches Interesse sein kann, vor allem aber die Grundbedingungen der menschlichen Existenz, wovon die eine die materielle, in den VermögenSverhält- nissen und im Erwerb liegend, die andere die geistige, die dauernden Bedürfnisse der Gemeindeglieder, die die Hu- manilätsangelegenheiten in sich faßt. In ersterer Rücksicht hätte die Gemeinde das Ver- mög en, die Arbeitsfähigkeit, die Art der Gebahrung eines jeden Gemeindegliedes in Evidenz, und hierauf vorzüglich durch moralische Motive und soweit es, ohne der persön¬ lichen Freiheit zu nahe zu treten, geschehen kann, selbst durch fystsche Zwangsmittel belebend, ordnend und vorbeu¬ gend einzuwirken. In Rücksicht der Humanitären Sache sollte der hier¬ archische Einfluß entfernt werden, was über kurz oder lang ohnehin geschehen wird. Der Volksunterricht hat in das Ressort der freien Gemeinde zu fallen und der klerikale Einfluß ist nur durch den Religionsunterricht bedingt. Es hat sonach die Gemeinde ihre Lehrer selbst zu wählen, da selbe auch von der Gemeinde besoldet werden, die Ernen¬ nung der Lehrer durch die Ordinariate, durch die sogenann¬ ten geistlichen Schulräthe oder andere klerikale Organe entspricht nicht dem Wesen einer freien Gemeinde und auch nicht einer freien Verfassung. Wie weit wir mit dem jetzigen Volksunterrichte gekommen, darüber brauchen wir keine Erörterung, wie weit wir mit den Landlehrern diesen Unterricht gepflegt, darüber liegen uns täglich die unzwei¬ deutigsten Beispiele vor Augen. Wie lange schon wird nach Hebung des Volksunter- 51 richteS geschrieen, undwaS ist geschehen? Nicht S; — und warum ist nichts geschehen? west ein absoluter Staat lieber gehorsame als gescheidte Unterthanen sieht; west in einem absoluten Staate nur der Klerus die geistige Potenz ist. Nun wir die Bahn der Verfassung betreten, und der Absolutismus zu Grabe getragen, so müssen auch mit ihm alle Attribute, welche ihn aufrecht hielten, zu Grabe gehen und eine neue Aera muß hereinbrechen und zuerst in die Gemeinde, alS dem ersten Hauptfaktor einer freien Verfassung, was nur durch praktisch-gebildeten, vereint mit echt moralischen Volksunterricht erzielt werden kann; es muß der geistige und fysische Moment der Gemeinde-Gesellschaft ein sich selbst bewegendes Ganze bilden, der keine todteu Formen in sich leidet, sondern überall von lebenswarmen Pulsen bewegt wird. Man wird freilich über diese flüchtig hingeworfenen Andeutungan wieder bemerken, das Alles sei sehr schon, aber noch nicht an der Zeit. Und warum nicht au der Zeit? Es hängt ja nur von uns ab, es als zeitgemäß anzuerkennen und nach Möglichkeit zu realisiren. Wir sollten unS dazu umsomehr aufgefordert fühlen, als es durchweg kein anderes Mittel gibt, das kranke soziale Leben zu einer gesunden Bewegung zurückzuführen. Und warum strebt der Klerus beim Volksunterrichte Jngerenz zu nehmen ? er hat ja keine materiellen Vortheile, er trägt ja nur eine Last, und einer Last sich zu entledigen ist doch kein Nachtheil. Wir dürfen zwar nicht verkennen, daß mancher Seelsorger in Gebirgsgegenden zugleich die Lehrerstelle vertritt; obgleich wir dieses anerkennen, so 4* 52 müssen wir aber auch bemerken, daß ein paar Stunden Schulhalten des Tags doch keine so fysische Anstrengung erfordert im Verhältniß zu dem edlen Zwecke, der dadurch erreicht wird, und daß eine zeitweilige Beschäftigung mit den Kindern dem Herrn Pfarrer, der sonst kein gebildetes Wesen auf Stunden steht, nur die lange Weile kürzt. Es kann daher in dieser Richtung der klerikale Ein¬ fluß beim Volksunterrichte aieoerstanden sein. Der klerikale Einfluß beim Volksunterrichte reflektirt auf den Lehrer selbst, welcher derzeit nicht von der Gemeinde, die ihn zahlt, sondern vom Klerus abhängt; dieses Mißverhältniß muß ge¬ regelt und der VolkSunterricht dem Staate, in dessen Ressort er gehört, übergeben werden, und sohin einen Haupifaktor der freien Gemeinde bilden. Der Grund sonach, ivarum der Klerus von einer Jngerenz auf den Volksunterricht nicht so leicht lassen wird, ist anderswo zu suchen, er dedu- zirl sich aus jenen Zeiten des Mittelalters, wo der Klerus unter dem rohen unwissenden Volke als Meteor glänzte und sein Gewicht in die Wagschale der geistigen Potenz zu legen verstand, und nun von seinem anklebenden Rechte sich schwer zu trennen vermag. Da nun aber das Volk immer mehr dem Fortschritte einer geistigen Bildung ent¬ gegenreift, erscheint dieses Gewicht nicht mehr nothwendig, nicht mehr ausreichend, und es müssen sonach andere Po¬ tenzen in die Wagschale fallen, welche einzig und allein von der freien Gemeinde zu hohlen sind, da nur diese berufen ist, für ihr Geld sich den Volksunterricht unter der Aegide des Staates zu formen. Von dem Rechte der klerikalen Jngerenz in den Volksunterricht nicht zu lassen, wäre kleinlich und verstößt gegen das Prinzip einer freien Verfassung. 58 Fragen wir uns, wer zahlt die Steuern und Landesab¬ gaben, wer zahlt die Lehrer, wer stellt die Soldaten zum Schutze der Ordnung von Innen und zur Sicherheit nach Außen; wer besoldet die Seelsorger und Beamten, wer baur die Kirchen, — und wir finden, daß es immer und immer nur die Gemeinde ist; — wenn nun selbe alle Staats-und Ge¬ meindelasten zu tragen hat, so ist es wohl nicht nur billig¬ sondern auch im unveräußerlichen Menschen-Rechte gegrün¬ det, daß der Gemeinde auch Rechte zukommen, wodurch sie als freie Gemeinde dasteht, und wie schon früher gesagt, allen äußern Druck und Beeinflussung von ihr ferne bleibt, wenn anders in den Rahmen einer dämmernden Verfassung jemals das Licht der Wahrheit dringen soll. Nun sind die Landtage einberufen, um ihr Verfassungs¬ werk zu beginnen, ihre erste Aufgabe wird sein nach den gegebenen Generalnormen für die einzelnen Kronländer das Gemeindegeseß zu berathen und aufzustellen. Daß das Gemeinde-Gesetz jeden Kronlandes nach seinen verschiedenen Verhältnißen auch ein verschiedenes sein wird, versteht sich von selbst, doch als oberstes Princip mögen die Landtage die Autonomie der Gemeinde aner¬ kennen, durch welche nur eine freie Gemeinde geschaffen wird. Sie mögen erkennen, daß nur große Gemeinden zu konslitm'ren sind, da nur diese eine Lebensfähigkeit haben und die Lasten einer -großen Gemeinde sich unter die Gemeindeglieder mehr vertheilen. Bei der letzten Gemeinde-Organisation blieb es der Gemeinde überlaßen, sich an großem Gemeinden anzu¬ schließen oder eine selbständige Gemeinde zu bilden, wo¬ durch eS geschah, daß kleine Gemeinden sich als selbständig ö-4 konstituirten, indem sie ihre eigene Verwaltung haben wollten. Die Ursache dieser Sonderung lag theilS in der Eitelkeit, um als selbständige Gemeinde zu glänzen, theilS in dem Umstande, um mit den märklischen Gemeinden nicht verschmolzen zu werden, in der vorgefaßten irrige» Meinung, daß die Landgemeinden auch die Lasten der märktischen Gemeinde zu tragen haben werden. Dieser vorgefaßten Meinung begegnen wir durch nachstehende kurz gefaßte Erörterung: Die Lasten, welche eine Marktgemcinde als solche zu tragen hat, zerfallen in Lasten als Markt¬ gemeinde und in Lasten als Gemeinde überhaupt. Jed? Marktgemeinde besitzt ein eigenes Gemeindevermögen, welches eine eigene Verwaltung erheischt und wovon die Verwaltungskosten die Marktgemcinde allein treffen. Die Kosten aber, welche eine Landgemeinde als solche zu tra¬ gen hat, nun diese' verschmelzen sich mit den Kosten der Marktgemcinde respselivo Gemeinde überhaupt, aber mark- tische Lasten werden der Landgemeinde nie aufgebürdet werden können. Es würde uns zu weit führen, um die Gränzlinie zu ziehen, wo die Objekte der Landgemeinde mit den Objekten der Marktgemeinde kollidiren. Doch Beispielsweise angeführt, kann die Landgemeinde zur Her¬ stellung eines märktischen Gemeindehauses, zur Herstellung eines märktischen Brunnens nicht konferiren, da diese Ob¬ jekte rein märktischer Natur sind. So z. B. fällt aber die Erhaltung der Bezirkswege und Bezirksstraßen in gemein¬ schaftliches Gemeinde-Interesse. Es mögen daher die Landgemeinden keine Scheu an den Tag legen sich mit den Marktgemeinden zu vereinen, da übrigens auch von den Landgemeinden Ausschüsse zu Ö5 den Gemeinde-Sitzungen berufen werden, sie die Ge¬ genstände, die verhandelt werden, selbst anhören, und ihnen auch die jährliche Gemeinde-Rechnung zur Einsicht vorge¬ legt wird, worin sie allfällig sie nicht berührende Kosten beanständen können. Der erstlichgenannte Grund aber, um als selbständige Gemeinde zu glänzen, oder der Ehrgeiz eines Landgemeinde- Bürgermeisters, um als Bürgermeister zu fnngiren, diese Motive schlagen nur zum Nachtheile der Landgemeinde selbst aus, da die Landgemeinde als kleiner Körper die höhern Lasten und doch keine kleinere Verantwortung, als eine große Gemeinde, zu tragen hat. Also wiederholen wir: Innigen Anschluß der Gemeinden zu einem großen Körper, denn nur so wird sich die Lebensfähigkeit gestalten. Nachdem schon in dem absoluten Regime den Ge¬ meinden es überlassen war, sich zu vereinen oder nicht, so wird umsomehr in dieser Richtung den Gemeinden auch jetzt kein Zwang auferlegt, doch ist es die Aufgabe der Landtage und deren einzelner Glieder, für Vereinigung großer Gemeinden belehrend zu wirken. Die Einverleibung des Groß-Grundbesitzes in die Gemeinde, in welcher Richtung die Reichsraths-Normen einigen Spielraum ließen, dieser Einverleibung werde» die Landtage jedenfalls auch ihr Augenmerk zuzuwenden haben. Eine Ausscheidung des Groß-Grundbesitzes aus der Ge¬ meinde wäre an und für sich eine Verletzung der Gleich¬ berechtigung und dieses um so mehr, wenn der Groß- Grundbesitz mit der Gemeinde keine Lasten zu tragen hätte. Nachdem der Groß-Grundbesitzer in der Gemeinde wohnt, s>6 die Slraßeu benützt, den Schutz seines EigenthumS und die Gemeinde-Polizei anzusprechen Hal, und bisher auch zu den Gemeindekosten konferirte, so ist eS auch billig und im Rechte gegründet, daß er mir der Gemeinde die Lasten tragen Hilst. Der Nimbus, daß sein Gut ein laudtäflichcs ist, welcher Nimbus nun keine Bedeutung mehr hat, be¬ gründet nicht das Recht, sich von den Gemeindelasten los- zuzählen, und da die Gruudkomplere und sonach auch d^ Steuern dieser Groß-Grundbesitzer sich ost lehr bedeutend darstellen, oft einen großen Theil der Gemeinde selbst aus- machen, so erwüchse der Gemeinde dadurch ein großer Nachtheil, indem dieser Entgang auf die andern Gemeinde¬ glieder umlegt werden müßte, und da es nun gilt, durch das werdende Gcmeindegesetz die Gemeinde lebensfähig zu machen, und ihr nicht die reichlichsten Nerven abzuschneiden, so ist der Groß-Grundbesitz der Gemeinde einzuverleiben. Die Alternative, den Groß-Grundbesitz zwar auszuscheiden, ihn jedoch zur Gemeinde tributpflichtig zu machen, und daß er einen eigenen Körper bilde — den Grund hiezu wollen wir nicht einsehen, außer wenn er in einer Eitelkeit be¬ gründet ist. Es wäre sodann der Groß-Grundbesitz als selbständige Körperschaft gehalten, sich selbst zu verwalten, und sich sonach unnöthige doppelte Lasten aufzuerlegen, und so wie ein Staat im Staate ein politisches Unding ist, so ist auch eine selbständige Gemeinde in einer Gemeinde ein baarer Unsinn, und gibt nur zu vielseitigen Streitigkeiten Anlaß, welche vor das Forum des Landtages gebracht, denselben nur maltraitiren würden; — also volle Ein» verleibung des Groß-Grundbesitzes in die freie Gemeinde. 57 Der Finanzausschuß hat in einem seiner Berichie dem Finanz-Minister auch vorgelragen, daß den neu organisirt werdenden Gemeinden auch die Gebahrung der direkten Steuern übertragen werden soll, welchem Anträge der Herr Minister auch beipflichtete. Durch die Übertragung dieses Geschäftes an die Gemeinden wird der Staatsverwaltung eine bedeutende Last abgenommen, obgleich die Gebahrung der direkten Steuern durch die Gemeinden gegen ein Entgeld, gegen Einhebungsprozenle übernommen werden wird. Verfassungsengbrüstige Stimmen fürchten freilich, daß die Sleuergebahrung durch die Gemeinden sehr schwer sich wird realistren lassen, und daß die Regierung zu den Steuern dadurch auf viel langsamere Wege kommen wird. Wir geben zu, daß im Beginn der Gemeinde-Verwaltung selbe mit der Steuergebahrung viel wird zu kämpfen haben, doch — aller Anfang ist schwer; da aber die Verhältnisse deS Staates überhaupt es gebieten, daß die kostspielige Verwaltung zu Ende geführt wird, wenn überhaupt am Horizont unseres Vaterlandes ein besserer Genius je er¬ scheinen soll; — da es ferner im Geiste einer freien Ver¬ fassung gelegen, daß die Gemeinden sich als freie Gemein¬ den konstituiren, worunter nun auch offenbar die Steuer¬ gebahrung gehört, — so müssen und werden die Bedenken jener Bureaukraten und jener Pessimisten wohl mit der Zeit verschwinden, welche Leute sich in das alte System so hineingelebt haben, daß sie glauben, bei jeder Neuerung muß der Staat in Trümmer zerfallen, und nur sie seien seine Grundpfeiler. Unter der Leitung von tüchtigen und praktischen 58 Bürgermeistern, welche von der Verfassung beseelt find, werden die freien Gemeinden bald in's Staatsrad greifen, und zu dessen Umschwung daS Kräftigste beitragen. Es werden sich die Gemeinden auch mit praktischen und treuen Beamten zu versehen haben, welche aus den Staatsbeamten genommen werden, wo aber die Regierung im Einverständnisse mit den Landtagen denen zur Gemeinde übertretenden Beamten, welche jetzt schon in Staatsdiensten stehen, am Range und Dienstzeit nichts verkürzen darf und mit dem Uebertrilt zur Gemeinde die Dienstzeit fortzulaufen hat. Die Aufnahme dieser Beamten hätte von den Ge¬ meinden unter Bestätigung des Landtages zu geschehen, denn nachdem diese Beamten von der Gemeinde bezahlt werden, steht ihnen auch das Recht der Aufnahme zu, so wie auch deren Entlassung auf gleiche Wege zu effektuiren sei, wenn ein grobes Vergehen zu Grunde liegt. Hin¬ sichtlich der Pensionirung dieser Gemeindebeamte wäre zwischen der Regierung und den Gemeinden unter Ver¬ tretung des Landtages ein positives Uebereinkommen zu treffen, wo Regierung und Gemeinde nach Verhältnis; zu konkurriren hätten, da die Regierung hiebei nie sich loszählen kann, weil solche Beamte bisher in ihren Diensten gestanden. Es möge der Landtag bei Formirung des Gemeinde-Gesetzes darauf sein Augenmerk richten, daß dieses für einen Verfas¬ sungs-Staat so hochwichtige Gesetz sich als praktisch und positiv bewähren möge, daß selbes nicht durch eine Unzahl von Para¬ grafen zusammengewürfelt selbst dem Intelligenten unverständ¬ lich und zweifelhaft erscheint, denn wir haben in der Empirik schon so vielfältige Beispiele, daß manches Gesetz in seine» Theorien sich wunderschön gebärdet und in der Anwendung M auf große Hindernisse stoßt, welche wieder durch Komentare und Erläuterungen gelichtet und erörtert, und so lange ge¬ läutertwerden, bis man am Grundgesetz nicht einmal mehr das Skelet erkennt. Wenn der Landtag von dem innern Wesen einer freien Gemeinde durchdrungen ist, so wird er auch alles Unkomforme dem Reichsrathe zur nochmaligen Berathung und zur Abänderung im verfassungsmässigen Wege vor¬ legen und sein Recht als freier Landtag zum Wohle seines Landes und jedes Einzelnen zur Geltung zu bringen wissen. Es ist hier nicht die Aufgabe, umfassende Details über die werdende Gemeinde-Verfassung zu schreiben, son¬ dern nur einzelne Skizzen anzudeuten, wie man sich allfällig eine künftige Gemeinde vorstellen kann, wenn sie allen Anforderungen einer Verfassung entsprechen und in einer wahren politischen Freiheit wurzeln soll, doch müssen wir noch schließlich anfügen, daß die in Anregung gebrachten sogenannten Bezirks- oder Kreisgemeinden in Kärnten, so wie auch in andern Kronländern sich als unpraktisch nie bewähren würden, indem selbe das Gemeindestatut durch ihr komplizirtes Wesen nur beirren und die Einfachheit stören würden, daher bei der Berathung über das Gemeinde¬ statut von den sogenannten Bezirks- oder Kreisgemeinden ganz abzusehen wäre. Die Verfassung A'er Ausspruch Ludwig des XIV. als man ihm vom Staate sprach, „Ei was der Staat, der Staat bin ich", wurde lange als bedeutend angesehen; jetzt erregt er nur mehr mitleidiges Achselzucken. Ec ist der oberste Grundsatz des Absolutismus. Der Absolutismus liegt aber in den letzten Zügen, seitdem die Ueberzeugung in das Blut des Volkes gedrungen, es sei vernunftwidrig, daß ein einziges Individuum, eine einzige Familie Eigner des Landes, Herr von Millionen ist, diese nur ihretwillen, als ihre rechtlosen, auf ihre Gnaden angewiesenen Diener, vorhanden sind. Fragt man sich, wie es möglich war, daß sich eine so rechtslose Regierungssorm so lange Zeit halten konnte, so muffen wir hindeuten aus die Stützen des Absolutismus, einerseits auf die fysische Gewalt und die Beihilfe bevor¬ rechteter Stände, andererseits auf die politische Unmündig¬ keit der Völker, von Seite der Staatsgewalt erzweckt, und erhallen durch ein wohlgeordnetes Verdummungs-System. Man räumte dem Adel verschiedene Vorrechte ein; man wußte den Wehrstand als einen vom Volke verschie- til denen hinzustellen; man suchte den Klerus zu fesseln und den Unterricht in seine» Händen zu lassen, um durch das Bleigewicht bigotter Grundsätze jede Möglichkeit eines Auf¬ schwunges zu hemmen. Sobald irgendwo die Stutzen des Absolutismus wegfielen oder sich stark genug fühlten, eine selbstthätige Rolle zu übernehmen, stand es übel um ihn. Auf das eigene Recht zur Theilnahme an der Herrschaft sich beru¬ fend, stellten sich die einst bevorrechteten Klassen neben den Alleinherrscher, und so erblickten wir in früherer Zeit ständische Verfassungen und Konstitutionen. Dadurch war freilich schon die mittelalterliche Theorie der göttlichen Sen¬ dung des Herrschers und seiner Alleinberechtigung im Staate vernichtet, aber noch war die Herrschaft im Besitze des kleinern Theiles der Staatsbürger. Es konnte nicht ausbleibeu, daß das Volk mit dec zunehmenden politischen Bildung zur Einsicht gelangte, daß eS nicht minder zur Theilnahme an der Herrschaft berufen ist, als die bisher bevorrechteten Klassen. Worin lag aber der Titel der Regierungsgewalt der bevorrechteten Klassen: etwa in der Gewalt, durch welche sie hie und da zur Theilnahme an der Herrschaft gelang¬ ten, oder im großem Reichthume, in größerer Bildung? Die Gewalt ist ein gefährlicher Titel und führt zuletzt zum Kampfe Aller gegen Alle; größerer Reichthum kann nicht noch zu größerem politischen Einflüsse den Anspruch geben, denn es wäre ungerecht, den ohnehin schon materiell Begünstigten zunächst an die Quelle weiteren Wohlseins, an die Staatsgewalt zu setzen; die größere Bildung endlich kann nur dazu Veranlassung sein, auch die minder gebildeten 62 Klasse» möglichst zu heben und ihnen durch stattliche Gleichberechtigung die materiellen Güter als die Mittel gei¬ stiger Ausbildung zu verschaffen. So entstanden aus absoluten stufenweise die demo¬ kratischen Monarchien. In ihnen liegt die Herrschergewalt beim Volke, wor¬ unter aber nicht nur die sogenannten untern Schichten der Bevölkerung, sondern auch die einst bevorrechteten Klassen, die regierende Familie nicht ausgeschlossen, verbanden wer¬ den ; der Fürst ist in solchen Staaten der Träger der Erecutiv- gewalt, welche ihm vom Volke übertragen, was die gesetz¬ gebende Gewalt selbst und zwar durch seinen Vertreter irr der Kammer, im Parlamente, im Reichsrathe ausübt. Nach dem Gesagten kann es nicht zweifelhaft sein, wo in einem solchen Staate die eigentliche gesetzliche Macht sich befindet, wenn eine Spaltung zwischen der Volksvertretung und der Ereeutivgewalt eintritt. Sie liegt dort, wo die ungleich größere Mehrzahl der Berech¬ tigten, wo die Völker vertreten und wo der Urquell aller Gewalt, auch der Ereeutivgewalt im Staate zu suchen ist, also in der Volksvertretung, dem Reichsrathe. Alles dies gilt in nicht minderem, ja in noch höherem Maße daun, wenn die Ereeutivgewalt mit einer konstituiren« den Volksversammlung in Konflikt gerä'th. Ist ein solcher konstituirender Reichsrath nicht allein durch Gewalt vom Volke ertrotzt worden, sondern sein Zu ammentritt zum Theile freiwillig von der Herrschergewall verwilligt, so ist eine Vereinbarung allerdings wünschenswerth, so lange sie möglich ist. Kann aber der Bruch nur dadurch vermieden werden, daß eine dec beiden sich schroff entgegenstehenden 63 Berechtigungen jene der Erecutivgewcilt oder diejenige der Volksvertretung der andern nachgesetzt werden muß, dann müssen wir wieder auf die ursprüngliche Volksberechtigung des Volkes Hinweisen. Das wahrhafte Heil jedes Volkes und Staates liegt allein in einer vernünftig organistrten gesetzlich festgestellten Opposition. Privilegirte Klugheit giebt es nirgends und selbst die allewig schaffende Natur würde schon längst in Erschlaffung und endlich in Selbst¬ vernichtung untergegangen sein, wenn sie sich nicht allein durch stäten Widerstreit ihrer sich feindlich gegenüberstehen» den Kräfte, durch immerwährende Opposition erhielte. Jene Zeiten sind nicht mehr, wo man unter Opposition gerne Revolution zu verstehen beliebte. Aengstliches und klein¬ liches Mißtrauen der Regierungen gegen ihre Völker ist großrentheils der Hauptbeweggrund zu den meisten Re¬ volutionen. Jede redliche, auf eine gesetzlich freie, zeitgemäße Ver¬ fassung feslbasirte und konstituirte Staatsgewalt, welche sich eines ehrlichen, gemeinnützen Strebens bewußt ist, wird niemals Mißtrauen blicken lassen, wo hingegen jede Regierung, die sich eines solchen Strebens nicht bewußt ist, stets Verdacht selbst nähren, wie ingleichen beim Volke erwecken und den Beweis noihgedrungen liefern wird und muß, daß sie sich selbst nicht rein fühlt und Gründe hat den Volksgeist zu fürchten. Das Vertrauen ist ein edles Metall. Dieses ver¬ kriecht sich in unzugänglichen Verstecken, weil es Stürme in der politischen Athmvsphäre wittert. So ist's auch mit dem Vertrauen, es hat sich in die edlen Herzen der Ge¬ neration geflüchtet und harrt besserer Zeiten und erteuch- tick teter Manner, welche die Angelegenheit im Geiste einer wahren gesetzlichen Freiheit leiten werden. Der 26. Februar 1861 bleibt für Oesterreich stets ein großer Tag, denn an dem Tage tönte aus dem Munde unsers Fürsten das Wort: „Verfassung", und das österreichische Staatenschiff treibt nun wieder mit Kompaß auf den Sturmwogen der Zeit, und das Steuerruder ruht in der Hand eines für wahre Freiheit begeisterten Ministers und eines redlichen Ministeriums. Dessen Aufgabe vereint mit dem Reichsrathe ist es, das freiheitschützende Princip der Konstitution, die konstitutionelle Monarchie im österreichi¬ schen Slaatsleben durchzuführen und Oesterreich zu stärken, groß und mächtig, blühend und glücklich zu machen. Diese Aufgabe ist die schwierigste, die je Staats¬ männer gehabt, denn ihrer zusammenfassenden, verbinden¬ den, chnthetischen Tendenz steht schnurstraks die trennende, zerreißende, absondernde, analytische Bestrebung der Völker in ihren verschiedenen Nationalitäten entgegen. Die österrreichische Monarchie ist ein Agglomerat, sie ist anomaler, kein naturgewachsener Staat. Dynastie und historische Gewohnheit waren der Kitt, welcher die verschiedenen Theile uothdürftig verband, inneres Volks¬ zusammenleben war ja keines da; geistiger Druck und materielle Gewalt waren der Reifen, der sie festzusammen¬ hielt. Diesen Reifen, den Absolutismus hat die Zeit zersprengt. Es bleibt noch der Kitt, die Dynastie, die historische Gewohnheit; wie stark er ist, sehen wir an Un¬ garn, Kroatien, Italien, Böhmen un) Galizien. Dieses Chaos zu ordnen, ist keine leichte Arbeit. Die Liebe soll den Haß bezwingen, die Snulhese soll 65 die Analyse bewältigen. Trägt die Verfassung das Syn¬ thetische in sich? Unstreitig, denn sie enthält das Princip der Gleichberechtigung; wo der Absolutismus trennte, da vereinigte sie, wo er Unterschied machte, da gleicht sie aus; wo er bevorzugte und hindansetzte, da tritt sie für Alle ein. Aus politischer Nothwendigkeit müssen wir au der Verfassung festhalten, sie muß für Camarilla und Volk, für alle Nationalitäten Oesterreichs eine Wahrheit werden, ein Rückgeheu ist nimmer möglich. Diese logische Fol¬ gerung weist uns den Weg. Seien wir konstitutionell und scheiden wir antikonstitutionelle Elemente aus. Es muß auf Epuration der Camarilla und der Aemter das Augenmerk fallen. Wer eine starke Legirung will, der nimmt die Metalle rein, er mische sie nach gewissen Ver¬ hältnissen und da nur solche, welche sich wirklich legiren. Blei und Eisen werden nie eine Legirung geben. Diesen Legirungsproceß durchzuführe» ist die Auf¬ gabe des Reichsrathcs. Als das Patent vom 26. Februar 1861 erschien, wurde solches von Oesterreichs Völkern lau ausgenommen, weil man eine Verfassung schon lange erwartete und es hat seine volle Richtigkeit, daß der Effekt ein ganz anderer gewesen, wenn dieses Patent einige Jahre früher erschienen wäre. Dieser Umstand ist aber keineswegs ge¬ eignet, den Werth der Verfassung abzuschwächen, und wir begrüßen solche als eine erhabene kaiserliche Schöpfung. Das konstitutionelle Staatsoberhaupt, die Minister der Reichsrath, der Landtag und die freie Gemeinde sind die Hauptfaktoren einer Verfassung, welche die Aufgabe haben, harmonisch zum Wohle des Allgemeinen zu wirken. 5 66 Das Abgeordnetenhaus hat durch sein bisheriges Tagen manche glänzende Proben begeisterter Freiheilsideen geliefert, welche im Herrenhause freilich nie ein volles Echo gefunden haben. Mag auch das politische Philisterthum oder andere Obskuranten über das bisherige Wirken des Abgeordnetenhauses noch so die Nase rümpfen, wir verken¬ nen es keineswegs, mit welcher Aufopferung sich die Leiter des Unterhauses ihrem Geschäfte Hingaben. Wären nicht die Budgets und die Finanzfragen zur Lösung gekom¬ men, welche keinen Aufschub duldeten, und hätte die ob¬ stinate Opposition der slavischen Abgeordneten nicht so viele gehaltlose Stunden absorbirt, wir wären sicher am Ver- sassungswege weiter geschritten, und würden nicht mehr hören müssen: „wo ist denn die Verfassung, wir nehmen ja keine noch wahr." Es wird daher die erste Aufgabe der nächsten Reichs¬ rathssaison sein, die Grundrechte der Verfassung aufzustellen. Sobald in der nächsten Reichsrathssaison die Grund¬ rechte der Verfassung festgestellt sein werden, wäre vom hohen Haus der Antrag auf „Beeidigung" der Verfassung zu stellen. Es hat diesen Eid das konstitutionelle Staats- Oberhaupt, die Minister, die Staatsbeamten und Diener und die Armee zu leisten. Obgleich eine Beeidigung auf die Verfassung mehr ein Formbild trägt, so wird solche den Glauben und das Vertrauen zur Verfassung heben, und es werden jene reaktionären Stimmen verstummen, welche in bureau- kratischen Hallen vernommen werden: „Ei waS Verfassung! wir haben ja darauf noch nicht einmal geschworen." Der bis jetzt vorgezeichneten Eidesformel bei Erlan- 67 gung von Dienstesstellen ist das Wort „Verfassung" anpassend zu machen. Sobald das konstitutionelle Staats¬ oberhaupt als oberster Kriegsherr den Eid auf die Ver¬ fassung geleistet haben wird, wird auch die Armee diesem erhabenen Beispiele ohne Zagen folgen, obgleich manche alte Haudegen sich daran stoßen werden, welche aus ihrem inkarnirten Absolutismus schwer herauözubringen sind. Einen andern hohen Faktor einer wahren Verfassung bildet das „Geschwornengericht." Wir geben uns der Hoffnung hin, daß bei dem nächst eintretenden Staatsorganismus die Geschwornen- gerichte ohne Zögerung ins Leben gerufen werden, obgleich wir aus dem neuen Preßgesetze leider die traurige Erfah¬ rung gemacht, daß für Preßvergehen die Geschwornengerichte dermahlen noch nicht zu fungiren haben. Wenn über¬ haupt Geschwornengerichte ins Leben gerufen werden' was bei einer wahren Verfassung eonäitio sine gna non ist, so haben solche auch für die freie Presse in Anwendung zu kommen, da der freien Presse durch Verweigerung der Ge¬ schwornengerichte ein hohes Attribut entzogen, und ein Hauptmerkmahl einer wahren Verfassung verwischt erscheint. Geschwornengericht ist das Agens zum politischen Selbstbewußtsein; hätten wir diese Gerichte bisher beibe¬ halten, wir wären durch diese dreizehn Jahre her einer Verfassung viel näher gereift, da wir jetzt wieder beim Alpha beginnen müssen. O diese so frivol verlorne Zeit, sie lastet wie ein Alp auf unserm Vaterlande! Einen andern Faktor der Verfassung bilden die „Wahlen." Die Wahlen haben öffentlich und frei vor sich zu 68 gehen. Es haben bezüglich derselben die Bureauchefs auf ihre untergeordneten Beamten keinen Druck, vielweniger einen Terrorismus auszuüben. Jeder Wahlmann wählt frei nach seinem besten Wissen und Gewissen Jenen als Abgeordneten in den Landtag, welchen er vermöge seiner unabhängigen Stellung, seiner Intelligenz, seines Liberalis¬ mus und ehrenwerthen Charakters am Geeignetsten hält. Sind Wahlmänner wegen Mangel an Persönlichkeits- Kenntniß im Zweifel, so haben solche bei andern erfahrenen Männern sich Rath zu erholen. Als Wahlkandidat kann jeder schriftlich oder durch eine öffentliche Ansprache an die Wahlmänner auftreteu, der sich als Deputaten tauglich erachtet. Auf ein freimüthi- ges, politisches Glaubeusbekenntniß haben die Wähler ihr Augenmerk zu richten. Es liebten neuerer Zeit Kandidaten ihre Verdienste dadurch zur Geltung zu bringen, indem sie hervorhoben: da habe ich so viel beigetragen, dort so viel für öffentliche oder Gemeindezwecke, da für eine Glocke, dort für einen Kirchenbau oder für Elementarfälle, und nach solcher absur¬ den Auszählung aller Leistungen, welche in seinem ohnehin wohlgenährten Geldbeutel kein besonderes Loch machen, folgt der schwülstige Schluß: »Ihr müßt mich wählen." Wir haben aus dem Wege der Verfassung noch einen bedeutenden Schritt zu machen, bis wir Wahlen er¬ leben. werden, welche frank und frei, ohne Verwandrschafts- Jugerenz, ohne Jntrigue, ohne bureaukratischen oder rleri- kalen Einfluß, ohne Ehrgeiz, ohne Partikularismus, bloS vom Patriotisinus beseelt, statt haben werden. Wahlagitationen sind gestattet. Jeder der auch kein 69 Wahlman» ist, kann für seinen Kandidaten agilsten, wenn sein Kandidat nur auch entspricht. Soll die Verfaßung zur Wahrheit werden, so darf dem Beamten eine Wahlagita¬ tion nicht untersagt sein. Bei den Wahlen steht sich die Regie¬ rung und daS Volk als Partei gegenüber. So gut es der Regierung zugestanden ist, mit allen möglichen Triebfedern ihrer Regierungskandidaten durchzuführen, ebenso darf auch verändern Partei, dem Volke, das gleiche Recht nicht ver¬ sagt sein. Es ist freilich noch ein trauriges Zeichen der Zeit, daß der Unterschied zwischen Regierungs- und Volkskan¬ didaten heut zu Tage noch so marquirt auftritt, welcher Unterschied bei fortschreitender Verfassungsreife ganz ver¬ schwinden wird, da es nur Kandidaten einer wahren, freien Verfassung geben soll. Die positive Bemerkung des Blattes der „Stimmen für Jnnerösterreich" in einem der letzten Hefte, daß Beamte nicht zu wählen sind, ist in ihrem Verfassungsprincipe ver¬ werflich, und verräth Verfassungsmangel. Wir koncediren, daß jetzt beim Neubau des Verfassungswerkes Beamte allfällig nicht zu Abgeordneten zu wählen sind, da selbe durch eine Opposition gegen eine Regierungsvorlage mit der Regierung in kontroverse gerathen. Wenn aber die „Stimmen für Jnnerösterreich" gesagt hatten, daß die der¬ zeitige Stellung eines Beamten noch unfrei, noch nicht im Geiste der Verfassung sei, daß der Beamte noch gar keinen Eid auf die Verfassung geleistet, das wäre etwas gewesen, allein die Wahl eines Beamten überhaupt im Principe desavouiren, heißt einem ganzen Staude entweder ein Ar- muthszeugniß ausstellen, oder verräth schwachselige Ver- tasiungsbegriffe, welche noch heranzubilden wären. 70 In einem Verfassuugsstaate, welcher sich in die Ver¬ fassung hineingelebt, ist kein Stand ausgeschlossen, um im Parlamente oder im Landtage zu fungiren; ich sage kein Stand, auch nicht der geistliche Stand. Da sind wir schon liberaler als die liberal sein wollenden „Stimmen von Jnnerösterreich." Bis wir dahin gelangen werden, ist freilich noch ein weiter Weg, allein man wird dahin gelangen entweder durch selbständiges Streben oder durch moralischen Drang. ES giebt auch im Beamtenthum manche Köpfe, welche bei sonstiger freierer Bewegung als tüchtige Abge¬ ordnete glänzen, und auch gegenwärtig fungiren, daher dieses heimliche ArmuthSzeugniß für den Beamtenstand in der „Stimme von Jnnerösterreich" nur auf die „Stimme" und seinen Stand selbst den Schlagschatten rückwirst. Wir rufen sonach wiederholt den „Stimmen" zu: „In einem ordentlichen Verfaffungsstaate ist Jeder wählbar ohne Standesunterschied, wenn er die Begabung dazu hat." Bisher wurde das Princip der indirekten Wahlen befolgt. Nach den Begriffen einer wahrheitlichen Verfassung solle» die Wahlen aber direkt sein, was wohl in der Zukunft eine Aenderung erleiden dürfte, indem es ganz eine andere Wirkung hat, wenn der Vertrauensmann unmittelbar aus dem Volke hervorgeht. Obgleich das Jahr 18-48 in der Revolution groß gezogen wurde, so bildet selbes im Gegensatz zur Jetzt¬ zeit doch nur das Jahr der Theorie, jetzt aber leben wir in der Praris. Im Jahre 1848 haben wir gelernt, jetzt folgt die Anwendung. Es ist nicht unsere Aufgabe eine Abhandlung von der Verfassung zu schreiben, sondern nur einzelne Deutungen zu geben, woran unsere Verfassung noch leidet und worin eine wahre Verfassung bestehe. Geben wir uns keinem Wahne hin, daß eine Verfassung sich über Nacht einpuppt und am Morgen als strahlender Schmetterling sich in den politischen Lüsten wiegt; bei einem jo verrotteten Staatsorganismus wie in Oesterreich wird es eine Zeit währen, bis wir die äußerste Eiskruste abgestreift haben werden, wo dann noch compacre Rinden zum Vorscheine kommen, durch welch' alle die Spitze der Verfassung zu dringen hat. Vertrauen zur Verfassung befördert den Bau selbst' seien wir keine Pessimisten, vor der Hand auch keine Op¬ timisten, seien wir von diesen beiden ein Compositum, das ist die goldene Mitte. Was den Standpunkt der verschiedenen politischen Parteien zur Verfassung anbelangt, so unterscheiden wir nachstehende Färbungen: Jene liberale Partei, welche den Keim der politischen Freiheit schon vor dem Jahre 18^8 im Busen nährte, diese Partei ist die erste Partei der Ver¬ fassung, die festeste, weil ihr Liberalismus nicht in künst¬ lichen Mitteln, sondern in der Natur und in den unver¬ äußerlichen Menschenrechten wurzelt, obgleich diese Partei die kleinste in Oesterreich, ihrer Zahl nach, so sehen wir sie doch stark im Abgeordnetenhause vertreten, wo sie das¬ selbe leitet und meist Advokaten, Professoren und Schrift¬ steller zählt. Die zweite liberale Partei datirt sich von dem Jahre 18^l8, wo derselben erst das Licht angeznndet wurde, welches ihr bis dahin verborgen war, sie gelangte damals zur rich¬ tigen Erkenntnis) der Dinge und nährte den Funken der Freiheit im Busen, wenn derselbe auch durch das nachsol- 72 gende Dccenium wieder scheinbar verlösche», aber im Busen noch immer gepflegt wird. Diese Partei zählt den größer» Theil des Bürger- und einen schwachen Theil des Bauern¬ standes. Es theilt sich aber diese Partei auch wieder in den einen zweiten Theil, wo der Glaube auf eine politische Freiheit wieder gänzlich erloschen, weil man aus den ge¬ machten bittern Erfahrungen den Aufschwung zum politi¬ schen Glauben bisher gehemmt sah. Zu diesem zweiten Theile zählt man einen Theil des Bürger-, Bauern- und einen großen Theil des Beamtenstandes. Die dritte liberale Partei datirt sich seit dem 26. Februar 1861. Sie ist ihrer Zahl nach freilich die größte, allein ihr Liberalismus kam erst mit dem Patente; — ein Liberalismus, der nur durch die Zeit-Verhältnisse großge¬ zogen, den Angelpunkt zur Freiheit nur in der Gegenwart erblickt. Zu dieser Partei zählt ein kleiner Theil des Adels, der mindere Beamtenstand und der größere Theil des nie- dern Clerus, soweit die Religions- und Kirchenfreiheit nicht alterirt erscheint; auch ein Theil des mindern Officiers- standes kann füglich dazu s gerechnet werden, welcher die Zeit und Verhältnisse begriffen, unbeschadet seiner Stellung zum obersten Kriegsherrn. Dann eristirt eine Partei mit dem sogenannten Scheinliberalismus, welche zwar freudig die Verfassung begrüßt, welche in Gesellschaften und auf öffentliche» Plätzen viel von Liberalismus zu perroriren versteht, welche viel vom Zopfthum, von Bureaukratie zu sprechen weiß, allein im Innern nach den alten Brotkörben und Fleisch¬ töpfen seufzt und mit den Neuerungen sich nicht recht be¬ freunden kann, weil ihr Partikularismus darunter gelitten. 73 Das stud jene Freiheils-Hausirer, jene Strohmänner der Verfassung, jene Histrionen der politischen Freiheit und Sensale des Fortschrittes, welche nur dem Egoismus stöhnen und das Wohl und Wehe des Vaterlandes nur in dem Schooße deS lieben I ch erblicken. Zu dieser Par¬ tei zählt der größere Theil des hohen Adels und der höhern Bureaukratie und der größere Theil der andern höher» Aristokratien. Dann gibt es noch eine Partei, welche mit der Ver¬ fassung und mit allen ihren Sequenzen sich gar nicht be¬ freunden kann, weil selbe ihre absoluten Rechte verletzt sieht und sich dem Jrrwahne hingiebt, das Staatsoberhaupt habe durch die Verfassung seine höchste kaiserliche Würde und Majestät und alle derselben anklebenden Prärogative vergeben. Zu dieser Partei zählt der höchste Adel, das gejammte Episcopat mit den andern hohen geistliche» Würdenträgern und die andere höchste Aristokratie. Mit Rücksicht auf diese Parteifärbungen muß es wohl jedem Laien einleuchten, daß der weit größte Theil der Bevölkerung Oesterreichs nach Fortschritt, nach Ver¬ fassung strebt. Dem Bürger- und Bauernstände kommt die Ver¬ fassung zwar am meisten zu Gute, allein in der Zeitfolge wird selbe auch für alle Stände die gewünschten Früchte tragen, wenn man das kaiserliche Motto: „Viribus unitis" sich zum Brennpunkte gestellt haben wird. Der Scheinliberalismus wird verschwinden, er wird sich mit dem wahren Liberalismus verschmelzen, und selbst die der Verfassung abholde Partei wird successive in den Strom gezogen, um mit dem Volke und mit allen Ständen 7-1 den Strudel zu durchschwimmen und das grünende Ufer der Freiheit zu erreichen, wo das Wohl des Vaterlandes hoch seine Fahne trägt. WaS den Standpunkt der Nationalitäten zur Ver¬ fassung anbelangt, so liegt ja in dem Wesen einer wahren Verfassung die Nationalitäts-Gleichberechtigung. Warum sonach nach Phantomen jagen, welche das VerfassungSwerk hindern? Es ist unmöglich für jede Nation ein eigenes Ministerium zu bilden. Wir hätten dann ein ungarisches, ein kroatisches, ein polnisches, ein stebenbürgisches, ein ita¬ lienisches, ein böhmisches, ein deutsches und vielleicht auch noch ein speziell slavisches Ministerium. Eine solche Polyarchie wäre nicht nur der Einheit Oesterreichs gefährlich, sondern auch kostspielig. Nach dem Principe einer realen Verfassung wird die Autonomie der Länder ohnehin gewährt werden, in wie weit selbe der Staaiseinheit ungefährlich. Das starre Festhalten an dem historischen Rechte kann der Gesammtverfassung durchaus keinen Vorschub geben und ich glaube es auszusprechen, es wäre die geheime Pforte zur Rückkehr des Absolutis¬ mus. Durch die Verfassung hatte das historische Recht seine Gelrung verloren. Das schützende Princip der Nationen-Gleichberech¬ tigung, das ist das eigentliche historische Recht, das in dein unveräußerlichen Naturrechte wurzelt. Wir kennen zwar wohl die Abneigung der slavischen Länder gegen ein deutsches Ministerium, es ist aber diese Abneigung in keiner andern Quelle zu suchen, als nur einzig und allein in dem Umstande, daß es ein deutsches Ministerium ist, oder vielleicht auch in dem Grunde, weil die slavischen Länder, als dec größere Bestanbtheil Oesterreichs, sich ein slavisches Ministerium vindiciren. Wie weit wir mit den slavischen Ministerien es gebracht haben, davon geben die reichhaltigen Organistrungen, davon giebt die Centralisation, davon giebtOesterreichs Gesammtstellung die schlagendsten Beweise. Und wenn die slavischen Länder schon auf ihre Wehrkraft in Oesterreich pochen, warum beschicken sie nicht den Reichsrath, worin sie ja doch wieder in der Majorität glänzen könnten. Wir haben ja schon so viele Regieruugsversuche er¬ lebt, warum sollen die nichtdeutschen Länder nicht auch ver¬ suchen mit den deutschen Abgeordneten unter einem Dache zu berathen, die Gleichberechligung wird dadurch nicht zer¬ nichtet, wohl aber dürfte die bange Scheu gegen das so verhaßte Deutschthum einigermaßen besiegt werden. Ist eS vorteilhafter in einem Zwitterzustande, in einem Aus- nahmszustande dahin zu siechen, als an der freien Be¬ ratung im Reichsrathe theilzunehmen? Das deutsche Ministerium will Fortschritt, National-Gleichberechtigung, Gewährleistung der Sprache, Religionsfreiheit, es will den Staat zu einem Reichs-Staate erheben, es will Oesterreichs Wohl; was wollen die nichtdeutschen Länder, tragen sie nicht dieselben Tendenzen, oder verfolgen sie noch höhere? Worin wären die Merkmale dieser höhern Tendenzen? Vielleicht ein passiver Widerstand, ein Zuwarken bis die Zeitverhältnisse über uns hereinbrechen, um dann mit Ge¬ walt den Separatismus oder die gänzliche Trennung zu erzwingen? Ein solcher passiver Widerstand wirkt entner¬ vend und die Durchführung des Separatismus ist sehr problematisch und ein trauriges Zeichen von Civilisation. 7li Mit der Verfassung Hand in Hand gehen, mit einer reellen, keiner Scheiiwersassung, das ist unsere Ausgabe, denn mit der alten Zeit ist für immer gebrochen. Wenn wir ferner den Standpunkt der Hierarchie Oesterreichs zur Verfassung betrachten, so steht derselbe im schroffen Gegensätze. Die Religionsfreiheit, das Con- cordat und die Trennung der Schule von der Kirche, das sind die drei Berge, welche der Verfassung entgegenstehen. Ohne Religionsfreiheit ist eine wahre Verfassung nicht denkbar, eine Staatskirche soll eS nimmer geben, Freiheit im Glauben, im Gewissen ist das Urpriucip einer wahren Freiheit. Das Mittelalter mit seinem schwarzen Schatten ist zu Grabe getragen, der freie Glaube hat ge¬ siegt, es wird Licht. Die zahlreichen Petitionen gegen das Religionsedikt sind nicht der Ausdruck des Volkes, es ist das Erzeugm'ß von einzelnen Ultra-Clerikalen, welche unter der Vorspieglung von einen Angriff auf die Kirche und auf die Gottheit das Landvolk bethören, und mit den Schrecken der Ewigkeit zu Unterschriften zwingen, oder die Unterschriften selbst in Masse fmgiren. Wenn die Regierung mit dem Reichs- rathe an der Verfassung festhält, so wird sie diesen Monstrepeti- tionen keinen Glauben schenken, sie wird sich von der Frivolität derselben überzeugen, und das Religionsedikt zur Wahrheit gelangen lassen, denn der freie Glaube selbst ist die Wahr¬ heit und die Wahrheit wurzelt im göttlichen Rechte, da wir Alle Kinder eines Schöpfers sind. Das Concordat, eine Mißgeburt der absoluten Zeit kann neben einer Verfassung nicht eristiren, die absolute Zeit ist vorüber und auch das Concordat muß fallen- Wenn wir dasselbe auch als einen Staatsvertrag betrach- len, worüber die Gegenbeweise schon reichhaltig geliesert wurden, so war es ein Vertrag in der absoluten Zeit, ein Vertrag in schwacher Stunde, hervorgerufen von einigen Pietisten zum Nachtheile des Vaterlanves, denen das Jdoll des Concordates hoher stand als Patriotismus. Das war ja stets der Fluch der bösen That, daß die Räthe der Krone stets nur solche Allianzen schloßen, die uns nicht nur keinen Vortheil, sondern nur Nachtheil bringen, welche uns bei den Außenmächlen in ein schiefes Licht setzen statt unö auch nach Außen hin zu stärken. Es müssen nur alle Nachtheile, welche einer Verfassung und dem allge¬ meinen Wohle entgegensteheu weggeräumt werden, somit auch das Concordat. Stand die römisch-katholische Kirche in Österreich vor dem Concordate weniger glänzend da? das Concordat hat ihr sicher keinen höhern Glanz verliehen, den» die wahre Kirche bedarf eines solchen Hebels zu einem Glanze nicht, sie glänzt durch ihre eigene Schön¬ heit. Das Concordat hat mit der Kirche nichts gemein, wohl aber wurden den hohen Kirchendienern dadurch Rechte überantwortet, welche nur dem Staate angehören. Die Diener der Kirche sind aber nicht die Kirche selbst, sie haben nur die Aufgabe, der Liturgie vorzustehen, durch praktische Moral belehrend auf das Volk einzuwirken, und das Kirchenvermögen zu verwalten, ohne sich aber selbst als Besitzer desselben zu geriren. Rechte, die ihrem ganzen inneren und äußeren Wesen nach angestammte Erbtheile des Staates sind, können nicht verschenkt werden, und da solche nicht von der konstitutionellen, sondern von der absoluten Regierung leichtfertig hingegeben wurden, so löst sich der Vertrag von selbst, da nicht mehr gleiche Potenzen walten- 78 Wenn wir den niedern Clerus fragen, was er durch das Concordat gewonnen, so muß er offen gestehen, daß er nicht nur nichts gewonnen, sondern verloren, daß er durch das Concordat mehr unter die Präponderanz des Episeopats gestellt wurde, somit an seiner Freiheit Einbuße erlitten; da aber unter einer Verfassung die politische Frei¬ heit Allen, auch dem Clerus zugestanden wird, weil er nicht allein ein Diener der Kirche, sondern auch ein Glied des Staates ist, welcher ihn erhaltet und dem er Gehorsam schuldet, so ist daraus der Schlußsatz zu folgern, der nie¬ dere Clerus werde — frei. Daß der niedere Clerus ge¬ gen das Concordat nicht offen aufzutreten wagt, Hal dadurch nicht den Anschein, als ob er demselben hold sei, die Ursache der Passivität liegt in dem Umstande, weil der Bischof das materielle Wohl des niedern CleruS in gewaltiger Hand führt und auf solch' gottlosen Priester das stets gezükte Damoklesschwert fallen läßt, welcher am Concordate zu rüt¬ teln wagt. Wir lernten gewiegte klerikale kennen, welche das Concordat verwünschen, weil es, wie sie sagen zur Seligkeit nicht unumgänglich nöthig sei, was nun zur Seligkeit nicht frommet, hat mit dem Göttlichen nichts gemein und ist sonach wieder dem Weltlichen rück¬ zuerstatten. Von einer verhältnißmäßigen Gleichberechtigung des niedern mit dem hohen Clerus von der aber spricht man weislich nichts. Man möge lieber Sorge tragen, daß die Stellung manches armen Landkaplanö oder eines vereinsammten Pfar¬ rers eine würdigere, eine materiell bessere werde; sollte hierin das Episcopat nicht eine concordatliche Hand anlegen und allfällig hierin ein Concordat schließen, wie diesem 79 Uebelstande abgeholfen iverde, — oder von eigenem wohlbe¬ setzten Herde Dieses und Jenes abtreten? Da also ist das Maß der Gleichberechtigung nicht, welches der niedere Clerus aber nur durch den innigen Anschluß an die Ver¬ fassung erreichen kann. Fürchten Sie meine nieder» geistlichen Herren nicht den Angriff auf die todle Hand, man wird ihnen von ihrem Einkommen nichts nehmen, noch ist der Staat nicht in der Gefahr, wie Pessimisten meinen, aber fürchten Sie die Regung des Volkes, wenn Sie der Verfassung entgegen treten und Oesterreichs neuen Aufbau hemmen. In die Kirche greift die Verfassung nicht, auch nicht in ihr Kirchen¬ gut, aber jene Rechte die dem Staate gehören, die will sie sich revindiciren. Ein so starres Festhalten an dem Concordate und seinen Rechten übt nur Las Episcopat, wir wissen es, daß ihnen, meine nieder» geistlichen Herren! um derlei Rechte, die nur die Autorität des Episcopats höher begründen, nichts ist, und mögen Sie die Ueber- zeugung hinnehmen, daß das Concordat zum Falle kommt, den» es ist ein physisch nicht unterstützter Körper und nach den Regeln der Physik, wie Sie wohl selbst lernten, muß ein solcher Körper fallen; nehmen Sie aber auch die Ueberzeugung hin, daß der Lärm um daS Concordat viel großer ist als wirklich, daß man sich in das Unvermeidliche wird schmiegsam geben müssen, und daß der Strom wieder ruhig und in dem Versassungsbeete — auch ohne Con¬ cordat — seine lichten Wellen hinrollen wird, ohne die kirchlichen Fluren und die geistlichen Scheuern verunglimpf zu haben. Was die Trennung der Schule von der Kirche an- 80 belangt, darüber haben wir uns schon bei der „freien Ge¬ meinde" ausgesprochen, welche für sich dieses Recht unter der Oberaufsicht des Staates zu beanspruchen und zu pflegen hat, und nur der Religionsunterricht vom CleruS bedingt ist. Wenn wir nun noch einen Rückblick auf das ganze Wesen unserer Verfassung, auf die Parteiungen, auf die Nationalitäten, auf die verschiedenen Elemente — machen, so kommen wir zur Ueberzeugung, daß es ein Riesenwerk ist, aus diesem Chaos eine wahre Verfassung zu formen, da wir nun diese Ueberzeugung tragen, so sollen wir keine Zeit, keinen Umstand und keine Gelegenheit unbenützl vorübergehen lassen, ohne nach unfern geistigen und ma¬ teriellen Kräften zum Aufbau mitzuwirken, von welchen Motiven auch ursprünglich wir zu diesen „Scholien" ge¬ leitet wurden. Der 20. Februar 1861 bleibt für die Geschichte Oesterreichs ein denkwürdig hoher Tag. Historisch denk¬ würdige Tage wurde» von den Staaten und Völkern stets gefeiert. Es hat sonach Oesterreich die vollste Ursache den Tag, wo mit dem absolutistischen Regime gebrochen und eine Verfassung eingeführt wurde, feierlich zu begehen. Es wurde diese Feier nun zum zweitenmale feierlich begangen, sowohl durch kirchliche alö auch durch andere Festlichkeiten erhielt dieser Tag im Vaterlande die höhere Weihe. Wenn auch einzelne Kirchenfürsten und Pfarr-Vor¬ steher eine kirchliche Feier verweigerten oder dieselbe igno- Urten, so giebt das keinen Maßstab zur Abschwächung die¬ ser historischen Feier, indem diese Kirchenwürdenträger durch 81 ihre Passivität oder Renitenz nur sich selbst, nicht die Ver¬ fassung abgeschwächt haben. In Kärnten wurde diese Feier nur in zwei bezirks¬ ämtlichen Standorten unterlassen, da inan nicht einig war, wer zur Feier den Impuls geben solle, die politische Be¬ hörde oder die Gemeinde. Der Kaiser machte durch das Verfassungspatent seinen Völkern ein Geschenk, es kann daher der Geschenkgeber für sein eigenes Geschenk eine gesetzliche Feier nicht anordnen, somit liegt eS im Volke, dieser Allerhöchsten Munificenz Anerkennung zu zollen und durch eine Feier nicht nur den historisch denkwürdigen Tag zu fassen, sondern auch durch eine kirchliche Feier dem Allerhöchsten zu danken, daß er den Fürsten für eine Verfassung erleuchtete. Da aber das Volk durch seine Repräsentativ-Körper nur an der Gesetzgebung Theil nimmt, so sind der Land¬ tag und die Gemeinde die einzig und allein Berufenen, die Initiative zur Feier zu geben. Es haben sonach die Landtage und auch viele Ge¬ meinde-Vorstehungen die Kircheuvorstehungen eingeladen, ein feierliches Hochamt zu celebrireu, welchem Ansinnen die Kircheuvorstehungen auch größtentheils und willfährig entsprochen. Als Attribut eines feierlichen Hochamtes ist aber auch das Io veum, wodurch dem kirchlichen Akte die volle Weihe aufgedrückt wird. Wenn einzelne Kirchenvorstcher das le veum verweigerten, so liegt das mehr im Mangel einer richtigen Auffassung der Sache als in einer versaffungs- unholden Absicht, was im Laufe der Zeit und unter der fortschreitenden Verfassung sich jedenfalls begleichen wird. — ' 6 VI, Kärntens Journalistik. ^!>s ist nicht unsere Absicht Vergangenes wiederzukau- en, da zum Verfolg dieser Kritik es aber unerläßlich ist, ver¬ gangene Episoden wieder vorzulühren, und nachdem uns zu unserer Apologie der Weg vom heimischen Blatte abge- schnitten wurde, so glauben wir den Moment geeignet, um in dieser Broschüre zwei Zeitschriften zu besprechen. Wenn wir die einzelnen Hefte dec „Stimmen auS Jnnerösterreich" durchblättern, so finden wir den Faden des PanslavismuS durch alle Hefte sortgesponnen, in den letztem Heften zwar dünner als in den erstem, allein immer PanslavismuS. Wir finden Anomalien der Ten¬ denzen auf dem Gebiete der Verfassung, wir finden ein Radebrechen in dem Liberalismus selbst, und letzterer Zeit ein Haschen und Girren nach Popularität Wir wollen nun in Kürze einzelne Hefte passiren. (l —11 Heft.) Im ersten und zweiten Hefte wird die kcttholiche Sache in Tirol besprochen und gesagt, daß dieselbe vor dem Landtage gehört. Daö Blatt dessvouirt in der freien Religioussache den Reichsrath und die Ver- 83 fassung und anerkennt die Jntollerauz der Tiroler in der Religionssache. ES wird die Judensache vorgeführt und gedroht, daß sich die Vorfälle mit den Juden in den andern Ländern auch anderSwo (also auch in Kärnten?) ereignen können. Es wird in diesen Heften der Pansiavismus auf der Strickleiter der Nationalitäts-Gleichberechtigung in die Höhe gezogen und gesagt, daß die Gemeinden in Kärnten die Gesetze immer nur in deutscher Sprache wünschen, und dann gefragt, wer sind diese Gemeinden? „hie und da ein Bezirksvorstand, der seine hohen Ansichten den Gemeinden gefälligst und bedeutsam bekannt giebt, meistens der auto¬ kratische Bürgermeister oder Gemeinderath, oder endlich gar nur ein elender Gemeindeschreiber." Es wurde der Gegenstand schon vielseitig besprochen und dargethan, daß die Gemeinden in Kärnten die Gesetze nur in deutscher Sprache wünschen, diesen Ausspruch thate» sie nicht nur im Jahre 1850 sondern noch jetzt, und die Gesetze werden immer noch deutsch erfolgt. Wenn die Gemeinden die Gesetze in slavischer Sprache gewünscht« hätten, würde ihnen jetzt in der Verfassungszeit gewiß entsprochen worden sein, da sie es aber nicht wünschten so ist die Bemerkung deS Referenten der „Stimmen" eine egoistische, eine falsche, indem man den Gemeinden eine nicht gemachte Aeußerung in den Mund legt und einzelne Bezirks- oder Gemeindevorsteher als autokratisch darzustelleu bemüht. Was aber den Ausdruck „Elender Gemeinde¬ schreiber" anbelangt, wo der Zwischensatz: „So ein elender, miserabler Kerl von einem Gcmeinde- schreiber" zwischen den Zeilen zu lesen ist, dieser AuS- 6» 84 druck voll des höchsten CynismuS ist deS Blattes würdig, ungeachtet selbes so häufig von Journalisten-Courtoisie fabelt. Es freut sich weiter über die Petition der Slovenen, welche im vergangenen Jahre zusammengewürfelt wurde, und sagt, daß selbe hier große Freude erregte. Wo denn hier, in Kärnten? In Klagenfurt? wir wissen von einer Freude nichts, vielleicht nur in dem Bureau der „Stimmen" und seiner wenigen Nachbeter. (III. Heft) Da wird bemerkt; daß die deutschen Zeitungen das Slavische bekritteln und herabsetzen; daß die Beamten gegen den Slavismus arbeiten; daß sie sich scheuen für den Slavismus aufzutreten, daß sie unter Deut- schen die slavische Sprache meiden; daß sie sich unter Slaven übel berührt fühlen, daß die Slovene» indifferent seien unter Deutschen; daß den Deutschen es übel kommt ihre Suprematie über die Slaven zu verlieren, daß Klagen¬ furt und Kärnten, wo nur etwas deutsch gesprochen wird, darum noch nicht deutsch sei. Das ist die Fluth von Anwürfen, die in sich selbst zerfällt, da inan selbe nur auf den Gegentheil selbst zurück¬ schleudern kann. Fragen wir, wer den Nationalitätenkampf zuerst her¬ vorgerufen; fragen wir, ob die slavische» Journale nicht maßlos gegen das Deutschthum in Schimpf und Spott sich ergingen, die Beweise hiefür liegen auf der Hand. Blicken wir nach Ungarn, nach Kroatien, nach Böhmen; mußten die Deutschen nicht allen Verunglimpfungen aus¬ gesetzt sein und sich auS dem Lande entfernen, blos weil 8ö sie Deutsche sind, wie gerirte» sich die böhmischen und polnischen Abgeordneten im Reichsrathe; was forderte der ungarische Landtag, was der kroatische; Alles Agitation gegen die Deutschen, gegen ein deutsches Ministerium. Daß die slavischen Beamten eS meiden, die slavische Sprache zu sprechen, giebt ja selbst Zeugniß, daß sie mir der llaoischen Agitation entweder nicht einverstanden sind, oder sie ihres Joioms nicht mächtig sind, oder solches einer Cultivirung fähig erachten. Wenn man ferner weiß, wie der Slave gegen den Deutschen gesinnt ist, wird sich da der Deutsche in slavi¬ schen Kreisen heimisch fühlen? Worin liegt die Suprematie der Deutschen über die Slaven? Vielleicht weil die slavi¬ schen Ministerien den Absolutismus nicht blos für Slaven sondern auch für Deutsche im blüthenreichsten Stande be¬ wahrten? oder in dem Umstande, daß in allen Aem- tern und Branchen die Slaven zahlreich vertreten sind? oder in dem Umstande, daß die Slaven im Handel und Wandel vor den Deutschen begünstiget sind? — Das ist die Suprematie der Deutsche» über die Slaven! Eine hohle Phrase nur ist diese Suprematie, eine sentimentale Glosse, um durch Utopien den ungebildeten Slaven zum Nationalbewußtsein zu stacheln und ihn als Pariah hinzu- stellen. Referent versteigt sich im Panslavismus so weit, daß er behauptet, daß der, welcher windisch redet, wohlfeiler kauft. Da möchten wir die Landleute, welche ihre Erzeug¬ nisse zu Markte bringen, fragen, ob sie zu ihrem Nachtheile zwischen Deutschen und Slaven bei Absatz ihrer Waare einen Unterschied machen? Um die nothwendigsten Sachen 86 auf den Märkten in Klagenfurt oder Völkermarkt einzu- kaufen, braucht man keine Grammatik, der Hausherr, die Hausfrau oder der Dienstbote, jeder weiß sich in dieser Lage mit dem nothwendigsten Windischen" zu behelfen, da wären nun die Landleute in der vortheilhalteu Lage, allen Käufern günstige Preise zu machen. Referent widerspricht, daß das slaoifche Volk sich mit den deutschen Schulen zufrieden stellt. Die Rede ist nur von Kärnten. Daß aber viele Eltern in den windischen Gegenden Kärntens ihre Kinder nur deshalb in die Stadt schicken, damit sie deutsch lernen, da¬ von spricht Referent nichts. Wären deutsche Schulen, so wären die Eltern in der Lage, sich viele Unkosten zu er¬ sparen, da sie es aber vorziehen, sich Kosten zu machen, um ihren Kindern für ihr Leben fortzuhelsen, so liegt es wohl offen, daß man mit bloß windischen Schulen nicht zufrieden ist. Da prägt sich nun der Panslavismus deS Referenten wieder blühend aus, besonders, wenn er behauptet, in rein windischen Pfarren soll Predigt und Schule nur windisch sein, als ob die Predigt mit der Schule identisch wäre. Er will den Unterschied nicht kennen, daß eine Predigt für das herangereiste windische Volk und eine Schule nur für die Jugend. Er will den Unterschied nicht kennen, daß die Predigt christliche Moral für gereiftes Volk, die Schule aber die Pflanzstätte für die Zukunft der Jugend sei. Eine windische Predigt in rein windischen Gegenden ist geboten, der Schulunterricht aber soll windisch und deutsch sein, um so mehr in Gegenden von gemischter Nationalität, und wo die Bevölkerung vorherrschend deutsch, soll der Unterricht bloß deutsch sein. 87 Referent sagt: es sei albern, Einzelne Slaven als Aufwiegler und Ausstreuer deS Saamenö der Zwietracht zu nennen, daß selbe inkompetent, indem es Thalsache, daß bis nun jede gebildete Nation ihren Fortschritt in der Civilisation machen soll durch Kenntnisse, Erfahrungen und vielseitige Befähigung hervorragender, ihr angehöriger In¬ dividuen. Was den Ausdruck „Aufwiegler" anbelangt, so wäre derselbe gegen Referenten vergriffen, da derselbe Kärnten nur versuchsweise durch seinen llltra-Panslavismus aufzu¬ wiegeln trachtete, nicht mit der nakten Tendenz einer Auf¬ wieglung, als vielmehr um seiner hyperbolischen, slavischen Leidenschaft zu fröhnen. Nur bei den Herren Clerikalen von windischen Gegenden, aber auch nur beim kleineren Theile ist eö ihm gelungen, Bewunderung und Sym¬ pathien zu wecken, welche aber nur als Hiftrionen, als Hauslrer oder als Dumler das windische Evangelium nachbeien oder demselben nachhinken, ohne überhaupt das Maal einer Siaatsgefährlichkeit an der Stirne zu tragen. Den Saamen der Zwietracht zu streuen ist dem Referenten auch nicht gelungen, denn wir haben es er¬ fahren, wie die windischen Bauern mit den Deutschen immer noch in voller Eintracht leben. Es war also die Arbeit des Referenten zu sagen eine Sissifus-Arbeit. Er möge sich aber nicht dem Jrrwahne hingeben, daß die Spitzen seiner „Stimmen" das Mini¬ sterium gestochen und erschüttert haben, daß die Nationali- tätSberechligung ausgesprochen wurde, und daß bei Be¬ setzung von Beamtenstellen auf die Sprachkenntniß Rücksicht 88 genommen wird, und auch Gerichtsverhandlungen in slavi- scher Sprache nun stattfinden. Dieser Erfolg ist weder den „Stimmen von Jnnerösterreich" noch der novios, noch den luwollni listi, noch andern ultra-slavischen Blättern zuzuschreiben; dieser Erfolg ist der Verfassung, ist dem redlichen Streben eines deutschen Ministeriums allein zuzumessen; nur das wollen wir den „Stimmen von Jn¬ nerosterreich" zurufen: Kärnten ist eine deutsche Provinz, dem deutschen Bunde einverleibt und wird deutsch bleiben; man versuchte sie zu einer slavischen Provinz zu machen, allein — sie bleibt deutsch; und jene Panslavisten, welche sich in unserm deutschen Alpenlande nicht mehr heimisch suhlen, denen rufen wir zu: „Sattelt euren windischen Hippogryphen zum Ritt ins romantische Land der Irokesen." Im Vorsatze: von vielseitiger Befähigung hervor¬ ragender Nations-Individuen zählt Referent sich selbst natür¬ lich als solchen; ja Referent ragt hervor mit seinen slavi¬ schen Extremen, mit seiner urwüchsigen slavischen Exaltation! Er wollte den Bezirksvorsteher von Ferlach schnur- straks übersetzt wissen, weil er kein Windischer sei, sowie er überhaupt schnelle Entfernung und Uebersetzung der nicht windischen Beamten in Kärnten beansprucht, ganz nach Art eines Dictators in den Zeiten der Staatsgefahr, da nur darin dem Vaterlande Heil erblüht. (IV. Heft.) Da heißt es: Ein Soldat ist ein Sklave in Uniform, er glaubt die religiöse Reaktion wird kommen, wir werden sehen, wie dann der politische Thermometer fallen wird. Große Befürchtung, wenn der religiöse Ther¬ mometer fortwährend fällt. Was der Soldat mit dem religiösen Thermonieter 6!) gemein hat, das wollen wir nicht recht begreifen, da wir mit Orakeln nie was zu thun hatten. Wegen des Sinkens des politischen Thermometers bei einer religiösen Reaktion, darüber kann Referent sein slavisch-müdes Haupt ruhig legen, er wird weder ein Sinken des politischen Ther¬ mometers noch eine religiöse Reaktion erleben; natürlich eine religiöse Reaktion wäre dem Referenten Harfenklang. Das ist echter Liberalismus, der von Reaktion spricht. (V. Heft.) Da spricht das Blatt, daß das Opponiren und Agitiren gegen die slavische Sprache nicht in der nie¬ der» Bildungsstufe der Sprache liege, sondern in der man¬ gelhaften Sprachkenntniß der Beamten. Also die slovenische Sprache ist schon jetzt ausgebil¬ det? risum teneali« et planllite. Was die mangelhafte Sprachkenntniß der Beamten anbelangt, so würde es der Referent natürlich gerne sehen, wenn diese Sprachkenntniß über Nacht käme. Daß die windischen Bezirke in Kärnten nicht mit der gehörige» Anzahl von windischen Beamten besetzt seien, ist eine offene Lüge, entsprungen im Schooße einer panslavischen Klatschrose, was weiters keines Komen- tars bedarf. Es sagt weiter, daß die Beamten zu den heftigste» Gegnern der Nationalitäten zählen, das Lernen der Sprache sei schwer, es bleibt beim alten Schlendrian. Wir glauben einfach den Satz umzukehren, und sagen, daß Referent zu de» heftigsten Gegnern der Beamten zählt, was er schon so ost und trivial in seiner Zeitschrift be¬ wiesen. Was das Lernen der Sprache selbst anbelangt, so fragen wir ihn als Mentor der slavischen Sprache, welche hohen Erfolge er bei seinen Eleven schon erzielt und welche W Massen von Zöglingen seinen Unterricht befugen. Viel¬ leicht meint Referent, daß der Nürnbergertrichter hier ganz praklisch' wäre. Er schlägt weiter ein entsetzlich Gehen! , daß ein Finanzbeamter bei einer Verzehrungssteuer-Verhandlung daS Protokoll nicht schon in windischer Sprache eröffnete, spricht von Richtbefähigung und Nachlässigkeit der Beamten. Ist daS nicht PanslaviSmus? Wahrlich ein herrlicher schneller Organisator — der Referent. Alles will er in Kärnten schon windisch wissen, sogar die VerzehrungSsteuer- Verhandlungen, aber in Kärnten dürste es Referent schwer¬ lich erleben. Der Ausdruck: Nichtbesähigu ng und Nachlässigkeit der Beamten zeigt wieder deutlich die Nancune gegen die Beamten. Nur in der Kenntniß dec slavischen Sprache allein erblickt Referent die Befähigung eines Beamten, und daß die Beamten nicht Alle schon windisch sprechen, das heißt er Nachlässigkeit. Wahrlich eine nette Classification! für einen Professor der verloschenen Hofstudien-Commission konnte eine derlei Classification als Modell zu einem Zeugniß dienen. Daß der Bürgermeister von Hohenthurn die deutschen Prämienbücher für die Schulkinder zurücksandte und dafür slavische erhielt, darüber herrscht große Freude im slavischen Israel und wir glauben nicht zu viel zu sagen, daß dieser Bürgermeister nach dem Anträge des Referenten jedenfalls eine Sektionsrathstelle im künftigen slavischen Ministerium verdiene. Was diese slavischen Prämien selbst anbelangt, so möchten wir mit den Schulkinder» von Hohenthurn ein kleines Eramen abhallen, ob sie den Inhalt ihrer Prämien verstehen, oder ob sie selbe überhaupt erst richtig lesen? Daß der Redakteur der novico in Laibach Dr. Blei- weis zum Landeschef gerufen und ihm seine gehässigen Angriffe gegen die deutsche Nationalität ausgestellt wurden, das findet Referent ein crimen Isssae Najeslali« Llovcniae. Also ist Referent mit diesen gehässigen Angriffen einver¬ standen, wenn er auch ott so salbungsvoll von Eintracht der Nationen und von Wühlereien spricht. O wir kennen den slavischen Griffel der „Stimmen von Jnnerösterreich"! (VI. Heft.) Da tritt er der Trennung der Schule von der Kirche entgegen, welches ein Hauptfaktor einer freien Verfassung ist. Auch Referent und viele seiner Slandesgenossen betrachten sich als die Kirche, ähnlich dem autokratischen Ausspruche Ludwig des XIV. welcher sagte: „Der Staat bin ich." Kirche und wieder Kirche, das ist eine Lieblingsphrase im Munde der Klerikalen. Wir haben aber gelernt, daß die Kirche in der Ge¬ meinschaft der Gläubigen besteht, worunter das gejammte katholische Volk begriffen ist sammt den Regierungsorganen- Die Regierung mit dem Volke wird sorach nicht einen Angriff auf sich selbst bezwecken wollen; die Regie¬ rung im Geiste einer freien Verfassung will dem Staate nur jene Rechte revindiciren, die ihm vor Gott und der Welt gehören, daher auch das Concordat aufzuheben. Für das Concordat ist aber Referent selbst nicht ganz loyal, wie er es in einem Hefte dargelhan, wahrend er wieder in einem andern Hefte für dasselbe eine Lanze bricht. 92 DaS nennt man „politische Schwenkung," die keine beson¬ ders festen Grundsätze verräth. Wir verkennen zwar nicht, daß Referent als Cleri- kaler an dem Standpunkt seiner eingesogenen Lehre fest¬ halten muß, um nicht mit dem Episcopat zu brechen, allein diese Tendenzen passen nicht in das Gebiet der Verfassung und der politischen Freiheit, und was da nicht hineinpaßt, ist Jlliberalität, sohin ist auch Referent — illiberal. Wenn man auch dem Gedanken Raum giebt, Refe¬ rent sei in seinem Innern mit der Religions-Freiheit, mit der Trennung der Schule von der Kirche und mit Auf¬ hebung des Concordales so ziemlich einverstanden, sein Festhalten an diesen Grundsätzen sei mehr scheinbar, er schreibt anders als er denkt, diesem Gedanken sich vollends hinzugeben, wäre aber gewagt, daher wäre es für Referen¬ ten «»gezeigter, von diesen sogenannten Kirchengütern ganz zu schweigen, ansonst er sich nie dem Publikum als wahr¬ haft Liberaler hinaufoktroiren wird, ein halber Liberalismus ist gar keiner. Die in diesem Hefte an den Clerus und an die Bischöfe gerichtete Epistel zeigt wohl, offenen Freimuth und Rückhaltslosigkeit, allein der Nachsatz: „Die Presse soll eine Macht sein im Dienste der Kirche, — Juden- und Frei- maurerblälter streuen Gift, und nur kirchliche Blätter seien zu unterstützen; jede Zeile, jeder Groschen als Beitrag zu einem Judenblatte sei ein Beitrag zu einem neuen Schwerte, welches uns der undankbare Feind in daS Herz stößt, keine Zeile, keinen Groschen für ein solchtS Blatt, aber freudige Thätigkeit und aufopfernde Unterstützung für solide, kirchliche Blätter." Wer diese Tirade» der „Stimmen aus Inner- 93 österreich" liest, der kann sich nur mit Verachtung davon hinwegwcnden. Die Presse, eine Macht !m Dienste der Kirche, respek¬ tive im Dienste des Clerus und der slavischen Profiten, das wäre natürlich eine Götterpresse für Aufschwung zur Wahrheit! Der Staat natürlich bedarf keiner Presse, er ist nur ein Sklave der Kirche, andere freie Blätter, die für Recht und Wahrheit kämpfen, die sollen nicht bestehen, bloß die „Stimmen von Jnnerösterreich" das Vaterland, die Gegen¬ wart und oie slavischen Blätter sollen herrschen und den Geist der Zeit in Banden hallen, bloß diesen Blättern, vor allen aber den „Stimmen" soll die Abonnentenmasse zu¬ laufen und ihre Groschen unkerthänig zur Ehre der Hier¬ archie hinopfern. Das also ist der hohe Begriff des Referenten der „Stimmen aus Jnnerösterreich" das ist der hohe Begriff von Gleichberechtigung, das ist der hohe Begriff von einer politischen Freiheit, von der Referent so oft gefaselt. Der will ein freisinniger Mann sein, der die Keule des Geistes in solchem Bleigewicht und in freiheitsmörderi¬ schen Ideen auf die junge Verfassung fallen läßt??? Weiter spricht Referent von Volksmissionen, von kirch¬ lichen Vereinen, daß nur kirchlich gesinnte Männer bei de» Wahlen durchzusetzen seien. Welchen Anklang die Missionen beim CuratcleruS gefunden haben, davon geben zahlreiche Gegenstimmen den Beleg und charakteristisch ist die Aeußerung des gottseligen Bischofs Lidmansky, welcher sagte, „daß in seiner Diö- cese Missionen noch nicht nöthig seien, so lange der EleruS 94 seine Schuldigkeit thut." Referent stellt sonach dem CleruS das indirekte Zeugniß aus, baß er seine Schuldigkeit nicht thut, da er Missionen beantragt; der Curatclerus mag sich sonach dafür bei seinem Herrn Collega bedanken. Das wäre dem Referenten natürlich eine tsbuln i-szg, wenn der Reichsrath und der Landtag aus lauter Abon¬ nenten des „Vaterlands" und aus lauter klerikalen Elemen¬ ten zusammengesetzt wäre, da würde der politische Staat bald zu einem Zwerge zusammeuschrumpfen und nur die Hierarchie säße hoch am Throne, in der einen Hand die Hölle in der andern die Ewigkeit. Im weiteren Verfolg verdächtiget Referent die Be¬ richte der Bezirksvorsteher hinsichtlich ihres von der Re¬ gierung abgeheischien Berichtes wegen Einführen der jlavi- schen Sprache in den Aemtern. Ein solcher Mann a l o soll der Führer seiner Nation sein, die nach politischer Freiheit ringt! Das nennt er Befähig u n g, das nennt er Civil l- sation, das nennt er H ervo r ra g e n h e it! Da könnte die slavische Nation wohl ausrusen: „Herr! beschütze uns vor unfern Freunden!" Obgleich Referent in seinen spätem Hellen mildere Saiten anschlägt, so dröhnt der Eulenruf der erster» Hefte immer noch in schauerlichen Echorufen; wer einmal solches Gekrächze ertönen läßt, der wird nimmer eine Nachtigall der Freiheit, wenn er noch so sich in deren Federn zu hüllen strebt. — Referent glaubt vielleicht, daß die neu sich meh¬ rende Abonnentenzahl der Beleg seines liberalen Blattes sei, übersieht es aber zu erkennen, daß nur zufällig einzelne pikante Thatsachen in letzterer Zeil, welche er in seine Hefte 95 ausgenommen, den Anlaß zur Erweiterung deS Lesekreises geben, da er es wohl verstand das Publikum durch lokale Pikanterien zu kirren, ansonst die „Stimmen von Inner¬ österreich" bald ganz »Stimmen der Wüste" geworden wären. Pikanterien auf lokalem Gebiete mit Hinweis auf Individualitäten ist aber nicht der Hauptcharakter der Jour¬ nalistik, der freisinnigen Journalistik, dieser Hauptcharakter liegt anderswo, er liegt in dem freien Principe. Einzelne Schwächen und Mängel von Personen und Aemtern auf die Schaubude der Oeffentlichkeil zu zerren, heißt mit der Freiheit hausiren, wenn dieses nicht im Frei- heilsprincipe wurzelt. Das Publikum lechzt natürlich nach solchen journalistischen Tand, es will immer Neues, Pikan¬ tes, Salziges für den Gaumen, während aber das Geistige hiebei intakt bleibt. Schmähungen zu häufen, mit den Hornern zu stoßen, versteht auch das Geschlecht der Büffeln, darum gehört dieses Geschlecht noch »ich, zu dem Adel 0es Thierreichs. Traurig stände es um unsere Journalistik, wenn dieselbe auf diesem Niveau die Verfassung verfechten oder ihre Mängel bekämpfen sollte; — solche pikante Epi¬ soden dürfen nicht Zweck, sondern nur Mittel sein, nicht am objektiven, sondern am subjektiven Standpunkt sich geriren und wie gesagt, mit dem Freiheilsprincipe, mit der Ten¬ denz eines Blattes müssen sie im Einklang stehen. Princip! Herr Referent! das ist der Kern eines Journals; ohne freisinnigem Princip schleicht das Malt als Molch in der Finsterniß und wird als zweiraderiger Kar¬ ren durch Kolh und Pfützen geschoben. Wie sehr die Jünger des slavischen Evangeliums dec 66 „Summen vonJnnervsterreich" sich bemühen ihrem Führer nachzuahmen, möge auS nachstehendem Faktum entnommen werden: Als in einer Gesellschaft von Völkermarkt ein Be¬ amter einen in der Nähe von Völkermarkt fungirenden geistlichen Provisor fragte, warum denn gerade die Geist¬ lichen sich so des Slavismuö annehmen, entgegnete der klerikale: „Weil wir Geistliche die höchst kultivirte Kaste sind." Im weitern Verfolg des Gespräches bemerkte er: »Ihr Beamte steht unter uns, in den alten Zeiten gab eS keine Beamte, es gab nur Priester unter dem Volke, welche dasselbe ausklärten und leiteten." — Wir finden es zwar unter unserer Würde das Geklatsch dieses slavischen Bum- lers einer Erörterung zu unterziehen, allein es giebt spre¬ chendes Zeugniß von den Ansichten des slavischen Clerus, von der hohen Meinung von sich selbst, und von der Mei¬ nung gegen den Beamlenstand, und waö dieser slavische Buinler offen gesprochen, das denken sich viele seiner Con¬ sorten im Geheimen. Obgleich wir mit Präventiven gegen die Presse und sonach auch mit Verwarnungen uns nicht einverstanden erklären, so glauben wir aber doch die letzte Verwarnung des Redakteurs der „Stimmen" nicht als die Verwarnung eines absoluten Princips, sondern als die Verwarnung der freien Verfassung anzusehen. So wie in den Zeiten des Absolutismus eine freie Aeußerung illegal und beanständet wurde, so ist es auch folgerichtig, daß nur in den Zeiten der Verfassung un¬ freie und verfassungsfeindliche Tendenzen bekämpft werden müssen. Statt durch eine verfassungsfreundliche Presse den 97 Bau der Verfassung zu fördern, bemühen sich die slavischen Blätter demselben entgegen zu arbeiten und durch Ertra- vaganzen und Partikularismuö die Kluft der Nationen noch mehr zu erweitern. Die politische Bildung, den Freimulh und die Eigen¬ schaften eines Redakteurs müssen wir dem Redakteur der „Stimmen" lobend zuerkennen, allein der politische Takt fehlt, welcher sich vielleicht in der Folge geben wird, und wir glauben sogar unsere Meinung dahin auszuspre¬ chen, daß der Herr Redakteur der „Stimmen", wenn er einem andern Stande angehören würde, offen auch andere Principien träge. In Nr. 39 der verblichenen Zeitung für Kärnten vom vorigen Jahre unter der Rubrik „Korrespondenz von der untern Drau" erschien von uns ein Artikel, welcher dem Clerus und der windischen Agitation in Kärnten eine kurze Epistel hält; den Artikel hier wiederzugeben, halten wir für ermüdend, da derselbe erstens ohnehin schon be¬ kannt, und zweitens eine schon zu veraltete Sache ist. Auf diesen Artikel erschien im VI. Hefte der „Summen" unter der Rubrik „Zeitungsrevue" eine sogenannte Wider¬ legung, worin dargelhan wird, daß die „Presse" die ab¬ surdesten Lügen und Verleumdungen gegen ein slavisches Volk zu Tage fördert und die Einigung der Nationen zer¬ splittert. Es wird darin darzulegen sich bemüht, daß eine slavische Agitation beim Clerus nicht besteht und Alles nur Lüge und Verleumdung sei, und geht im Verfolg auf unseren Artikel in der Zeitung für Kärnten über, wie folgt: , „Diesen entehrenden öffentlichen Vorwurf muß 98 sich auch der Korrespondent 6 in der Zeitung für Kärnten Nr. 39 gefallen lassen. Nun, mit gemeinen Lügnern, Ver¬ leumdern und Demmcianten sich länger zu befaßen, dünkt unS entehrend, gemein und weit unter unserer Würde. Darum aus unserer Feder kein einziges Wort über den fraglichen Gegenstand, insolange die Gegner nicht mit Waf¬ fen kommen, welche sich für gebildete Männer schicken und mit Grund erwartet werden sollen. Allem Anscheine nach dürfte eS noch lange bis dorthin sein. Mögen die Gegner der Slovenen die Worte zweier deutscher Männer, aber wohlgemerkt: Ehrenmänner — studiren und beherzigen. Herr Reichsritter v. Jacomini im I. 1850 sagt; Jene sind Hetzer und Unruhestifter, welche die Forderung — wenn auch Einzelner — daß man das kaiserliche Wort auch den Wenden Kärntens unverkümmert in Erfüllung bringe, bestreiten, bekämpfen und in ein gehäßiges Licht zu stellen suchen. Vincenz Rizzi sagt, daß jene rohe Polemik gegen einen vereinzelten muthigen Vorkämpfer der Slovenen, wie sie von deutscher Seite stattfindet, die Rothe der Scham auf die Wangen treibt." Auf diese Replik sandten wir der weiland Zeitung für Kärnten eine Duplik zur gefälligen Insertion, welche aber in angestammter Loyalität für ihren Korrespondenten diese Duplik nicht aufzunehmen beliebte, worüber wir im Nachhange sprechen werden. Ist es eine Lüge, daß die clerikale czechische Agitation von einflußreichen Kirchenfürsten unterstützt wurde. Ist es nicht Thatsache, daß kirchlich-nationale Vereine in den 99 nordslavischeu Ländern wie Pilze auö dem Boden schoßen um unter dem Substrat von Religion den nationalen Fa¬ natismus der untern Volksschichten zu benützen, und katho¬ lischen Cultus mit dem Cultus der Nationalitäts-Theorie zu identifiziren? Ist es eine Lüge, daß der niedere slavische Clerus den Herrn v. Schmerling dem gemeinen Volke als „Antichrist", als Dämon des Monarchen, und die Regierung als revolutionär bezeichnete? Ist es eine Lüge, daß die Hirteuschreiben der böhmischen Bischöse, welche von den Kanzeln vorgeleseu wurden, officiell de» Deutschenhaß predigten? Mittelst dieser kirchlichen Vereine wurden ganze Massen czechischer Flugschriften durch daö Land' verbreitet. Geben die Tage zu Hostein und Wellehrad nicht das sprechende Zeugniß von einem clerikalen-nationalen Charak¬ ter? In Wellehrad wurde an der Festtafel triumphirend ein Toast aus die Bereitwilligkeit des Clerus ausgebracht, das Beispiel des heiligen Clemens als Märtyrer sür die Sache der Freiheit der Kirche und der Nationalität nach¬ zuahmen, und dabei der panslavische Gedanke höchlich illu- strirt. Ist es nicht gesehen worden, wie die Bildnisse Riegers und Palackys, ja auch des Prager Erzbischofs äu Hostein und Wellehrad unter den Heligenbildern hingen und verkauft wurden? warum hatte die Geistlichkeit in der blühendsten Concordalsperiode, die der kirchlichen Entwick¬ lung doch so schrankenlosen Spielraum bot, kein Bedürfniß nach Bildung kirchlich-nationaler Vereine? Die Tendenz zu dieser Vereinsbildung datirt von ü«»-Augenblicke au, als der Clerus einerseits zu fürchten MKll Lj 100 anfing, daß die den Völkern Oesterreichs verliehene Con¬ stitution den geistlichen Einstuß aus weltliche Dinge in die gebührenden Schranken zurückführen würde, und man an¬ derseits mit richtigem Instinkt in den ultra-nationalen Be¬ strebungen den erbittertsten Feind unseres jungen Versas- sungslebens erkannte. Was wir in Böhmen sahen, sahen wir auch in Un¬ garn, wo der Primas das erhabenste Beispiel lieferte und kirchliche Vereine unter dem Prcktert zur Errichtung von Erziehung?- und Unterrichtsanstallen im Orient in's Leben gerusen wurden. Das also seien Lügen und Verleumdun¬ gen nach den jesuitischen Ansichten des weiland Blattes „Ost und West" und seines einäugigen Trabanten' der „Stimmen von Jnnerösterreich?" Was die Agitation deS windischen Clerus in Kärn¬ ten anbelangt, so scheint der Herr Redakteur der „Stimmen von Jnnerösterreich" sich Selbst vorerst ganz übersehen zu haben. Das ist nicht Agitation, wenn man zwei Nationen, die in Kärnten so friedlich mitsammen leb¬ ten, zu entzweien, die Einheit zu untergraben strebt; das ist nicht Agitation, wenn man die Intoleranz in Tirol be- vorwortet, und durch mittelalterliche Insinuationen der Staatsverfasiung entgegen arbeitet; das ist nicht Agitation, wenn man mit dem Dreschschlägel einer kruden Polemik auf einen Stand und Persönlichkeiten zuschlägt; das ist nicht Agitation, wenn ein windischer Pfarrer die Kinder straft, wenn sie den Morgen- und Abendgruß in deutscher Sprache sagen, und ein anderer Pfarrer die Aushebung einer deutschen Schule beantragt, und wieder ein Anderer 10t den deutsche» Unterricht verbannt, und wieder ein Anderer das Landvolk zu Unterschriften einer Petition haranguirt, um in Antt und Schule die deutsche Sprache zu verbannen. Auf wen fallt der entehrende Vorwurf eines Lügners, eines Verläumders? Auf wen fallt der Vorwurf eines Denun- cianten, wenn man Privat- und Amtsgeheimnisse auf ge- haßige Art in die öffentliche Hechel zieht. Wahrlich! wo Thatsachen sprechen, braucht mau nimmer einen weitern Commentar! Wir könnten die Worte: Lugner, Verleumder und Denunciant dem Spender derselben zurück in's Ange¬ sicht schleudern, allein wir wissen besser die Courtoisie zu wahren, und was er uns zurief, daß es ihm entehrend dünkt mit gemeinen Lügnern, Verleumdern und Denun- cianten sich länger zu befassen, und eS unter seiner Würde hält mit solchen Waffen zu kämpfen, wir könn¬ ten dasselbe ihm wiederholen, wenn eS nicht unter unserer Würde wäre, solche Gegenwaffen zu gebrauchen; wir brauchen unfern Gegner nichterst zu richten, er hat sich selbst das Verdikt gesprochen, nur die Worte unseres Kirchenfnrsten rufen wir ihm zu, welcher sagte: „Dec Lugner vom Anbeginn hat an seine Fahne nur zwei Worte geschrieben: „Naüonalität und Konfession." Als die „Zeitung für Kärnten" gegründet wurde, erregte es freudiges Interesse im Publikum, und das Pro¬ gramm entsprach ganz dem Principe einer freien Verfas¬ sung. Man fand es angemessen, daß Kärnten ein Blatt besäße, welches seine Landes-Interessen zur Sprache bringt, welches mit dem Landtag Hand in Hand ginge und zu¬ gleich wieder als oppositionelles Blatt dastände, wenn der Landtag seine Aufgabe nicht zu lösen versteht, man erkannte, 102 daß ein Blatt gegründet wurde, im Geiste einer freien Verfassung, welches dem Ultra-Nationalismus uugescheut entgegentrete. Der Beginn dieses Blattes entsprach der Erwartung. Im Verfolge sahen wir uns aber traurig getäuscht, nur ein schwacher Schimmer des Programms klammerte sich noch zeitweise wie ein armes Johannes- Würmchen an das dunkle Haupt der Zeitung für Kärnten. Dem Freimuthe, der Wahrheit wurde die Schlafmütze über den Kopf gezogen, nur in einzelnen Hahnenkämpfen mit den „Stimmen von Jnnerösterreich" erkennt man noch die träge schlagenden Pulse einer traurigen Agonie. Der Grund der Verkümmerung liegt in dem Um¬ stande, daß man der Fahne deS Programms meineidig geworden ist, daß man sich nicht mit Kräften zu umgeben verstand, welche durch autonome Artikel und reelle Publi¬ cistik den Charakter des Blattes zu einem würdevollen ge¬ macht hätten. Wir verkennen zwar nicht den schweren Standpunkt der Gründung eines Blattes und besonders eines Blattes, das nur für 300,000 Seelen berechnet ist, allein wenn man ein zweimaliges Erscheinen desselben in der Woche in Anschlag bringt, so könnte dasselbe bei anders obwaltender Thätigkeit und Umsicht doch zweckmäßig ausgestattet sein. Nachdem man die Frivolität des Blattes allenthalben wahrnahm, nachdem man wahrnahm, daß es mehr in Diensten einer gewissen Partei sich bewegt, nachdem man wahrnahm, daß eS Freimuth und Wahrheit scheut, ver¬ krochen sich auch die Leser, und einmal auf diesen wüsten Standpunkt angelangt, fällt es schwer sich wieder auf blüthenreichen Grund eines größeren Lesekreises zu stellen. 103 Als wir den fraglichen Artikel in Nr. 39 der Zeitung für Kärnten abgefaßt hatten, trugen wir ihn selbst zum Herrn Dr. H ... als Redakteur des Blattes und er¬ suchten um Aufnahme. Der Herr Doktor las den Artikel theilweise durch und versprach die Aufnahme. Gegen besagten Artikel strengte eine in selbem berührte Persönlichkeit die Preßklage an. Wir fanden uns dadurch nicht im Mindesten alterirt, nachdem der Artikel eines Klage-Objektes völlig baar ist, indem weder eine Sünde gegen die Ehre noch ein Pre߬ vergehen anderer Art konstatirt werden konnte. Nicht so aber geriete sich der Herr Redakteur. Wir erhielten vom selben nachstehendes Schreiben: Klagenfurt, am 25. Novbr. 1861. Euer Wohlgeboren! Ihre Korrespondenz, welche ich leider, auf Ihren lau¬ tern Takt vertrauend, vor der Drucklegung fast gar nicht durchgelesen habe, hat mir arge Unannehmlichkeiten bereitet. Abgesehen davon, daß uns ein Preßproceß, bei dem wir wahrscheinlich sachfällig werden, bevorsteht, hat sich der ruhige und besonnene Leserkreis Klagenfurts einstimmig gegen den Ton erklärt, der in Ihrer Korrespondenz vorherrscht. Sie hätten ganz das Gleiche, aber mit andern Worten, sagen kön¬ nen und Sie hätten nicht eine Persönlichkeit, welche ohnehin gar keine Bedeutung hat, sondern von allen Seiten auSge- lacht wird, zum Märtyrer gestempelt. — Um den, wegen seiner Unüberlegtheit oon allen Seiten Desolirten nehmen sich nun von allen Seiten Leute an und die Nulle wurde dadurch künstlich zu einer Persönlichkeit gemacht. So viel ich er¬ fahren habe, ist zwar bis jetzt noch keine Klage beim Lan- 10'1 desgerichte anhängig, doch hat mir der Herr Canonicus die- selbe selbst angekündet. Da fast Jedermann Sie als den Autor des Artikels nennt, so würde von meiner Seite die Verschweigung des Autors zu nichts führen. Ich würde Ihnen daher rathen, direkt oder indirekt mit dem Canonicus stch zu vergleichen und ihn durch eine im ver¬ söhnlichen Tone geschriebene Korrespondenz wieder beruhigen. Indem ich hoffe, daß Sie auf meinen Vorschlag eingeben, verbleibe ich Ihr ergebener A. H. Wenn wir weiter erwägen, daß Herr A. H. annoch ein abbittliches Schreiben an den Herrn Canonicus rich¬ tete; daß er unsere Duplik in Folge des obberührten An¬ wurfes der „Stimmen von Jnnerösterreich" nicht in sein Blatt aufzunehmen beliebte — ein von uns an ihn ge¬ richtetes Schreiben unberührt ließ und sonach seinen Cor- respondenten ganz desavouirte und perhorrescirte, — so sind das jedenfalls traurige Criterien von RedaktiouSeigen- schaften. Daß der Herr Canonicus seine Preßklage rückge¬ zogen, ist weder dem flehentlichen Schreiben des Herrn Redakteurs noch weniger aber unserm Zuthun zuzumessen, da wir hierin keinen Finger regten. Daß die Preßklage zu¬ rückgenommen wurde, ist nur der später erlangten Einsicht des Herr Canonicus selbst zuzuschreiben, da er hierin wirk¬ lich ein Objekt einer Preßklage nicht erblickte, und auch ein Hirtenbrief vom 21. November 1861 unseres Kircheiifürsten bas Zurücknehmen der Klage forderte. Wenn sich ein Redakteur entschuldiget, daß er einen lttü in sein Blatt unter seiner Verantwortung aufgenommeneil Artikel nicht recht gelesen, so ist diese Erkuse wohl allen¬ falls in einer Preßverhandlung von etwas Beleg; allein wenn er seinen Korrespondenten bei noch nicht cingereichter Preßklage sagt, daß er den Artikel nicht gelesen, da er doch in unserem Ansein gelesen wurde, so giebt das nicht nur ein starkes Armuthszeugniß von einer Redaktionsfähigkeit, sondern auch ein Zeugniß von Perfidität. Da es nun nicht anzunehmen, daß Herr A. H. den Artikel nicht ge¬ lesen, sohin denselben sstr Aufnahme in'S Blatt geeignet hielt, so deutet dieser Umstand dahin, daß man den Artikel zuerst geeignet hielt, und ihn dann später nach dem Er¬ folge verdammt aus Neberfluß einer mangelhaften Auf¬ fassungsgabe; — somit wieder ein — Armuthszeugniß. Wenn ein Revakteur seinen Korrespondenten hinten- her sagt: „Sie hätten ja dasselbe mit andern Worten sagen können," das verrath einen hohen Grad von Taktlosigkeit- Wenn Herr A. H. sagt, daß der besonnenere Leserkreis sich einstimmig gegen den Ton erklärte, so möchten wir diesen besonneneren Leserkreis kennen, wahrscheinlich wird er nur aus ein paar klerikalen Persönlichkeiten bestehen, wo der Herr Redakteur seine freie Kunst übt, oder aus ein paar Persönlichkeiten, welche das Haupt der Kärntner-Zeitung mit starkem Aristokraten-Gezwitscher umflatterten. Daß der Herr Redakteur bedauert unfern Namen als Autor jenes Artikels nicht verschweigen zu können, ist ein höchst über¬ flüssiges Bedauern, obgleich wir darin eine zarte Weh- niuthsthräne nicht erblicken, wohl aber das stroffe Selbst¬ gefühl: der eigentliche Großthäter dieses Verbrechens nicht zu sein. 106 Die andern Eigenschaften als: Mattherzigkeit, Angst und Furcht vor dem Hochgerichte, Inkonsequenz, politische Prüderie mögen sich zwar nur subjektiv darstellen, da selbe theils durch aristokratischen Schimmer von Außen veran¬ laßt, theilS aber Attribute eines weichen Gemüthes sind, — allein sie spiegeln sich jedenfalls nicht,alS Eigenschaften einer hohen Redaktionsbegabuug. Nur Eines wollen wir noch dem gewesenen Herrn Redakteur der Zeitung für Kärnten-fragen, ob seine Hahnen- kämpse mit dem Redakteur der „Stimmen von Jnuer- österreich" vom besonnenen Leserkreise auch als plausibel agnoscirt wurden und warum er denn den slavischen Re¬ dakteur auch zu einer Persönlichkeit stempelte, nachdem er mir vorwirft, die Persönlichkeit meines Artikels zu einem Helden und Märtyrer gemacht zu haben. Wenn in den beiden Blättern weiland „Zeitung für Kärnten" und „Stimmen aus Jnnerösterreich" die Göttin der Wahrheit nimmer Sitzung hält und gehalten hat, so bleibt doch das eine allgemeine bekannte Wahrheit, daß die Herren Redakteure dieser beiden Blätter durch ihre sehr treffend gespendeten Prädikate — sich gegen festig die Wahrheit sagten. Die Metamorphose des Ueberganges der „Zeitung für Kärnten" in den Titel „Bote für Kärnten" hatten wir allfällig als gut erdachte journalistische Transaction begrüßt, wenn dadurch ein politischer Gewinn erwachsen wäre, allein es läßt sich nicht Hinwegräumen, daß die „Zeitung für Kärnten" doch eigentlich das Zeitliche geseg- 1N7 uet hat. Der Abschiedsgruß deö abgetretenen Redakteurs der „Zeitung für Kärnten" trägt den Stempel von Be¬ scheidenheit, indem er erklärt, daß er nur die Redaktion dieses Blattes einstweilen und nur über Andrang seiner Freunde übernommen habe, daß er die Redaktion in die Hände eines gewiegteren Publizisten lege. Den guten Willen können wir dem abgetretenen Redakteur nicht ab¬ sprechen. der Wille war gut, allein daS Fleisch war schwach. Wer die Warheit schreiben will, muß sie ohne reservirte Haltung schreiben, und sich nicht kümmern, wenn Einzelne die Warheit nicht hören wollen. Wer ein Programm auf¬ stellt, muß an demselben festhalten und sich darin nicht beirren lassen. Wir weinen also keine Zähre dem Ableben „der Zeitung für Kärnten" denn sie hat sich selbst gemor¬ det, und dem Selbstmörder folgt selten eine Thräne, daß aber müssen wir anregen, daß diese Selbstmörderin nicht außerhalb der Gränzmauer, sondern im rechtmäßigen Fried- Hofe dec Journalistik ihre Grabstätte finde. Aus der Asche der „Zeitung für Kärnten" glaubten wir, werde nun der „Bote für Kärnten als Phöuir empor¬ steigen, er flog aber nicht als Phönir empor, sondern ent¬ puppte sich als einfacher Abendfälter. DaS Programm des „Boten für Kärnten" war jedenfalls vielverheißend- und wenn nur die Hälfte darin zur Erfüllung reift, so können wir zufrieden sein. Jedenfalls hat der „Bote" an seiner dahingeschiedenen Schwester ein lebhaftes Beispiel erfahren, daß man nim¬ mer geneigt ist, die Wahrheit hinter Kotzen und Schleier zu erforschen, daß man nimmer geneigt ist mit der libe. 108 raten Idee Spi'elball treiben und sich als Kinder in einem Schiffe ohne Compaß herumgaukeln zu sehen. Während die „Zeitung für Kärnten,, sich als Weib gerirte, glaubten wir den „Boten" als Mann austreten zu sehen. Wir glaubten der „Bote" werde sich das Bild der Verfassung vor Augen und Gemülh führen und mit festem Kiel auf selbe zusteuern, Verfassungsmängel bespre¬ chen und für den Landtag vorarbeiten. Nichts von dem. Während über die so häufigen MandatSrücklegungen der kärnt. Landtagsabgeordneten andere Blätter berichten und dieses einer Kritik unterziehen, verfällt der „Bote" in schweigsame Lethargie und scheint mit diesem Verfassungs¬ spiele einverstanden zu sein. Nicht einen autonomen politischen Artikel hat er gebracht und für die nun so hochwichtigen Landtagsarbeiren legte er tiefe Bescheidenheit an den Tag. Der „Bote für Kärnten" trug ganz daS Kleid einer orthodoren Offiziosität und in der Phisiognomie mit der „Klagenfurterin" glauben wir keinen Unterschied zu bemer¬ ken, was zur Vermuthung berechtiget, daß auch der „Bote von Kärnten" unter einer und derselben Firma geboren wurde, und daher einem Vergleichsverfahren getrost schon vom Anfänge an entgegensetzen konnte. Wir verkennen zwar nicht, daß die Gründung eines Blattes in unserm kleinen Kärnten schwer erscheint, aber es ist in Erwägung zu ziehen, daß der „Bote" nur zwei¬ mal in der Woche erschien, daher kein besonderer Aufwand an materiellen und Geisteskräften erfordert wird, und man eine frei politische Ausstattung wohl beanspruchen kann; ja wir sagen, der „Bote" möge gar nur einmal in der Woche erscheinen, doch in einem anständigen, zeitgemäßen Verfaßungsklcide. Die bisherige Haltung dieses Blattes verscheuchte ja nur die Corresondenzen, welche sich sodann in auswärtigen Blattern Lust machten, indem man Porto, Zeit und Mühe mit einer Correspondenz für den „Boten" nicht ver¬ schwenden will, da man vorhinein die moralische Ueberzeu- gung hat, daß die fragliche Correspondenz entweder als zu lieberal nicht ausgenommen oder gehörig zugeschnitten wird. Korrespondenten sind eine unerläßliche Bedingung eines Blattes; man muß Korrespondenten werben und sie allfällig Honoraren, wenn man schon selbst die Hände in den Schoos legen will. Der „Bote" kam nicht zum Verständniß, daß mau nicht geneigt ist nach bis 5 Tagen den Abklatsch anderer Blätter wieder in dem „Boten" zu verdauen. Nachdem der „Bote" nur zweimal in der Woche erschien, so darf er nicht als Zeitungskrämmer mit Borfallenheiten handeln, außer jenen, welche von höherer politischer Wichtigkeit sind, er muß mehr sich aus das Niveau eines politischen Jour¬ nals zu schwingen trachten, und im politischen Selbstbe" wußtsein sein Urtheil entfalten. Obgleich wir dem gewesenen Herrn Redakteur deS „Boten" eine publizistische Fertigkeit vollends zuerkennen und ihm auch lieberale Ideen zumessen, wenn selbe durch die bisherige Redaktion der Klagenfurterin nicht in den offiziö¬ sen Fluthen untergegangen sind, so müssen wir doch den Standpunkt bedauern, aus welche» er nicht so sehr in ma- ' 110 terieller als geistiger Beziehung gebannt erschien, von welchem Standpunkte aus ein Aufschwung niemals möglich, da der moiivpolische Alp seine bleiernen Flügel darauf breitet. Und wirklich der „Bote" war ein Ephemeride, er entschlief eines leichten Todes, doch Genien umstanden kei¬ ne weinend seinen Sarg, er wird verscharrt außer der Friedhofs-Mauer der Journalistik ohne Leichenstein, und der Nordsturm heult über ihn weg. Dafür nun schwingen sich die „Stimmen von Jnuer- ö'sterreich hoch auf das Roß, wenn es nur nicht ein pansla- visches ist, und werden nun als Zeitung täglich erscheinen. Wir haben gesehen, daß der Redakteur alsLandrags-Abgeord- neler sein leidenschaftliches Steckenpferd auch im Landtage bereits zu tummeln anfing, schon bei dem Erltlingstum- meln herunterpurzelte, und es ihm nicht mehr gelingen dürfte, im Landtage seine slavischen Caprioleu zu machen, desto mehr aber fürchten wir, daß er seine ganze slavische Galle und Gift in seine Zeitung ergießen wird, und auch der Fall sich ereignen mag, daß der Redakteur mit dem Landtagsabgeordneten kollidiren dürfte, Lousgus tanäein — Unter solchen düstern Verhältnissen unserer Presse in Kärnten wäre es geboten, daß die Schaar der freisinni¬ gen Männer Kärntens zusammenstehe und ein zeitgemäßes Blatt aus Aktien gründe. Es dürfte dieses Projekt von guten Resultaten gekrönt werden und die Leitung würde sich finden, wenn sich das Blatt auch im Beginn erstlich nur als Wochenschrift gerireu sollte. F. F. Hoffmann, Buchhändler, Buchdrucker und Buch¬ binder in Villach, hält stets ein Lager von allen Gattungen Schreib- und Volks- Kalendern, Prämien, Bilderbüchern und Jugendschristen, Hei¬ ligenbildern, Lithografien, und von allen für die hochwürdige Geistlichkeit und für die löbl. Bürgermeister-Ämter zu be- uöthigenden, gewöhnlichen und periodisch einziireichendcn Aus¬ weisen und Druckplanketen so wie Büchern aus allen Lileratur- zweigen; nimmt Bestellung auf alle in- und ausländischen Zeitschriften, Journale, Werke, Mustkulien und Landkarten an. Übernimmt alle Aruckarbeiten, namentlich Werke, Gelegenheitsschriften und Programme, alle erforderlichen Tabellen und Handlungsbücher (roth und blau rastrirt,) Adressen, Circulare, FraLtbrife, Rechnungen, Facturen, Partezetteln, Ettikets für Weinhändler und Hutmacher, Preis- courants, Speisen- und Weintariffe, Beschälzetteln, Visitkar- ten im schwarzen und farbigen, als auch Gold und Silber¬ druck. 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