Zur Geochemie der ostalpinen Siderite P. Dolezel und E. Schroll Es wurden uber 150 Siderite, davon 98 aus dem Bereich der Ostalpen, auf ihre chemische Zusammensetzung und ihren Gehalt an Spurenele-menten untersucht. Die Hauptelemente Eisen, Magnesium, Mangan, Cal-cium und Zink (bei einem Teil der Proben) wurden mit Hilfe der Atomabsorptionssprektrometrie (AAS) bestimmt, die Spurenelemente mit der Kohlenbogenmethode der optischen Spektroskopie (OS). Es wurde jedoch der Siderit nicht direkt verdampft; Carbonate brennen bei der Kohlenbogenmethode schlecht ab und Sideriteichproben sind nicht leicht synthetisch herzustellen. Die Siderite wurden vielmehr durch Erhitzen im Sauerstoffstrom bei 550° C in eine Fe203-Matrix iibergefiihrt. Spek-tralreines Fe.O, diente zur Herstellung der entsprechenden Eichproben. Die Spektralaufnahmen wurden mit einem Jarel & Ash-3,4 m-Ebert-Gitterspektrographen (30.000 Linien/Zoll, 1. Ordnung) durchgefiihrt. Die mit den beiden analytischen Methoden erreichten Nachweisgrenzen sind in Tabelle 1 angegeben. In den Sideritproben wurden vor allem die tjbergangselemente Sc bis Zn analysiert. Die vorgefundenen Maximalgehalte in ostalpinen Sideriten sind in Tabelle 2 mitgeteilt. Wahrend fiir die zweiwertigen Elemente Mg, Mn, Ni, Co, Zn und Ca wohl kein Zweifel besteht, daB sie als kristallchemisch gebundene Bestand-teile im Siderit auftreten konnen, ist dies fiir die drei- und mehrwertigen Spurenelemente wegen des erforderlichen Valenzausgleiches nicht sicher-gestellt. Am ehesten ware dies noch bei dreiwertigen Elementen, wie Sc+3, Y+3, V+3 und Cr+3, vorstellbar. Ti+4 ist sicher an Fremdphasen, wie Rutil, gebunden. Beziiglich Sc+3 liegen verschiedene Hinweise vor, daB es tatsachlich das Fe+2 vertreten kann. Die Gehalte kommen an 100 ppm Sc (in einem Siderit aus der Slowakei 99 ppm!) heran. Das Scandium ist vveder an Losungsriickstande gebunden noch laBt es sich bevorzugt aus dem Siderit auslaugen. Wie schon Schroll (1955) gefunden hat, ist jedoch ein heterovalenter Ausgleich durch Ersatz des Kohlenstoffatoms durch Bor auszuschlieBen: Fe+2C+4Os — Sc+3B+303. Die Art des Valenzausgleiches, etwa durch ein einwertiges Kation, ware noch zu klaren. Beim Cr+3 sprechen die geringen Gehalte eher fiir die Bindung an Fremdphasen. Bernard (1961) gibt in Sideriten von Rudnany/Slowakei auf Grund spektralanalytischer Untersuchungen folgende »isominerale« (= kristall- Tabelle 1 Nachvveisgrenzen der angewandten analytischen Methoden (OS, A AS) in Sideriten: S, V, Ti, Cr, Ni, Co, (OS) 0,3 ppm Y (OS) 10 Zn (AAS) 30 Mg, Mn, Ca (AAS) 100 Tabelle 2 In ostalpinen Sideriten aufgefundene Maximalgehalte: Mg 11,8 % Sc 77 ppm Ti 942 ppm V 144 ppm Cr 28 ppm Mn 7,17 % Ni 408 ppm Co 67 ppm Zn bis 1 % Ca 5,16 °fo Y 115 ppm Tabelle 3 Mittelwerte der Gehalte von Spuren- und Nebenelementen in ostalpinen Sideriten Westl. Grau-wackenzone* Osti. Grau-wackenzone* (einschl. Erzberg) Erzberg Siidl. Gruppe Turrach-Hiittenberg Alle Siderite (51) (29) (14) (26) (98) Mg 4,3 % 2,1 % 1,6 % 2,0 % 2,7 % Sc 3,0 ppm 7,7 ppm 0,9 ppm 3,4 ppm 5,2 ppm Ti 68,6 99,0 198,0 139,0 99,8 V 13,2 13,8 9,2 12,2 13,3 Cr 2,7 2,9 5,3 4,7 3,4 Mn 1,5 % 2,1 °fo 2,2 % 3,0 % 2,2 % Fe203 47,4 51,9 — 49,4 5 0,0 Co 22,7 ppm 7,3 ppm 3,9 ppm 7,0 ppm 11,8 ppm Ni 65,6 30,2 34,5 29,1 40,4 Zn 199,0 314,0 n. b. 214,0 256,0 Y 3,8 10,3 n. b. 1,0 6,1 Ca 0,5 % 0,9 % 1,1 % 1,1 % 0,8 % * einschlieBlich des ostalpinen Altkristallins. chemisch gebundene) Elemente an: »Ni, der iiberwiegende Teil des Ca, Mg, Mn, Zn«. Der mittlere Nickelgehalt lage etwa bei 0,005 °/o. Zur statistischen Auswertung wurden die Sideritproben der Ostalpen in drei regionale Gruppen geteilt: Ostliche Grauwackenzone mit anschlie-Bendem Altkristallin, westliche Grauwackenzone und die siidliche Siderit-zone Turrach—Hiittenberg. Die Mittelwerte und Variationsspannen der drei regionalen arithmetischen Gruppen und aller ostalpinen Siderite sind in Tabelle 3 zusammengestellt. Die Aufstellung der Summenhaufigkeits-kurven fur die Elemente Mg, Mn, Sc, Ti, V, Cr, Ni und Co aus dem ostalpinen Gesamtkollektiv und den drei Teilkollektiven zeigt jedoch, daB fast durchwegs keine einfache Normverteilungen vorliegen, sondern he-terogene Kollektive (vgl. Abb. 1—8). Die drei regionale Gruppen zeigen markante Unterschiede. Es wurde versucht, die heterogen zusammengesetzten Kollektive in Normverteilungen aufzulosen, die in Abb. 1—8 in Form von Haufigkeits-kurven eingezeichnet sind. Bei jenen Elementen, die kristallchemisch ge-bunden sind, gelingt dies in mehr oder weniger einfacher Weise. Bei Elementen, die als Bestandteile von Fremdphasen anzusprechen sind, wie z. B. Ti, Cr, vielleicht auch V, liegen zuviele Haufigkeitsmaxima vor. Am auffalligsten ist in der Gruppe »Ostliche Grauwackenzone« die Zweiteilung in die westliche »Erzberggruppe« und in die ostliche Neuberg-Grillenberg-Gruppe«. Die geochemische Charakteristik der »Neuberg-Grillenberg-Gruppe« wiederholt sich auch in der Gruppe »Westliche Grauwackenzone«. Die Spurengehalte in diesen Sideriten sind typisch fiir Siderite, die in geologischen Formationen mit Griingesteinen vorkomrnen. Als charakteristische Elemente dieser Siderite sind zu bezeichnen: Mg, Mn, Sc, Ni und Co. Man kann mit diesen Elementen folgende drei Typen von ostalpinen Sideritvorkommen aufstellen: „ ,, ^ ,, „ _ „ »Diabastyp« (Neuberg-Grillenberg, 1. Mg > Mn, Sc, Ni/Co 3: WestUche Grauwackenzone). 2. Mn > Mn, Ni/Co 10: »Keratophyrtyp« (Erzberg). 3. Mn > Mg (Sc), Ni/Co 3—5: >,Typ Hiittenberg«. Siderite, die durch relativ hohe Ni, Co und auch Sc-Gehalte gekenn-zeichnet sind, werden auch von sulfidischen Eržen (vor allem mit Kupfer) und Gold reichlicher begleitet. Die Gegeniiberstellung des »Diabastyp« und ^;Keratophyrtyp« ist auch slowakischen Sideriten aus den beiden Erz-bezirken Rudnany (Kotterbach) und Rožnava (Rosenau) moglich. Toneisen-steine und Siderit in vulkanischen Gesteinen (Trachyandesit von Gleich-berg (Steiermark) zeichnen sich durch relativ hohe Gehalte an allen Ferriden (Sc—Ni) aus. Nach dem gegenwartigen Untersuchungsstand ist es wahrscheinlich, daB die Siderite vom »Diabastyp« ihren Stoffbestand, sowohl die Spuren-elemente als auch Elemente der Erzparagenese (Cu, Au, ete.) und mogli-cherweise auch das Eisen selbst, aus basisehem Gesteinsmaterial bezogen haben. Uber sedimentare Sideritausscheidungen liegt noch kein hinreichen-des Datenmaterial vor. Die Korrelationsdiagramme (Abb. 9 und 10) zeigen, daB das Sc/Co-Ver-haltnis, das in Magmatiten relativ ungestort ist, ausgenommen bei der Gruppe der extrem Sc-reichen Sideriten, weitgehend erhalten bleibt und daB Nickel gegeniiber Kobalt eindeutig bevorzugt wird. Eine Betrachtung von Abb. 11 beweist, daB nur das Mangan das Eisen ins Carbonat in aquivalenter Menge begleitet, wahrend Nickel und Kobalt im Vergleich zum Eisen stark diskriminiert werden. Text zu den Abbildungen 1—8 Lognormale Summenhaufigkeits- und Haufigkeitskurven fiir die Neben- und Spurenelemente Mg, Mn, Sc, Ni, Co, Ti, V und Cr in Sideriten, untergegliedert nach allen untersuchten Proben, bwz. nach den Proben aus der ostlichen Grau-vvackenzone, der westlichen Grauwackenzone und der Zone Turrach-Hiittenberg. Erlauterung Die Summenhaufigkeitskurven der meist heterogenen Gesamtkollektive (stark ausgezogen) sind in homogenere Teilkollektive aufgelost, die sowohl durch Summenhaufigkeitskurven als auch Haufigkeitskurven dargestellt worden sind. HAUFIGKEITSVERTEILUNG □ lle Proben g ( 98 Werte ) J50 C Ib E E 25 3 in 5 0,1 ostliche Grauvvackenzone (45 VVerte) vvestliche Grauvvackenzone (29 Werte) Zone Turrach-Hiittenberg (24 Werte) 0,1 S 95 alle Proben S, ( 98 Werte) J 50- ostliche Grauvvackenzone (45 Werte) westliche Grauwackenzone (29 VVerte) Zone Turrach-Huttenberg 124 VVerte) alle Proben (98 Werte) ostliche Grauwackeruone U5 Werte) vvestliche Grauwackenzone (29 VVerte) Zone Turroch-Hiittenberg (24 Werte) Ni alle Proberi (98Werte) °95-a i75 125 5- — / /; y y / / / / \ / 100 1000 ppm ostliche Grauwackenzone 145 Werte) vvestliche Grauwackenzone (29 Werte) Zone Turrach -Hiittenberg ( 24 Werte) 100 1000 ppm ostliche Grauvvackenzone (45 Werte) vvestliche Grauwackenzone (29 Werte) Zone Turrach-Huttenberg (24 Werte) alte Proben (98Werte) osttiche Grauwackenzone (45 VVerte) westliche Gfauvvackenzone (29 VVerte) Zone Turrach- Hiittenberg (24 Werte) alle Proben (98 Werte) 1000 ppm ostliche Grauvvackenzone U5Werte) vvestliche Grauwackenzone 129 Werte) Zone Turrach-Huttenberg (24 Werte) 23 — Geologija 15 Cr ostliche Grauwackenzone U5 Werte) westtiche Grauvvackenzone (29 Werte) Zon« Turrach-Hiittenberg ( 24 Werte) 100 r ► jPB ► .r ^ B ,UB o ► „ ^ o o o • • • * ° ►Cb o " • ... 0 . O ►o o o fr-" • ►"•t* • 0%». 6 •• & T *3 ^ D« ,1 ^____ (_) J 10 100 log C (Co)ppm Abb. 9. Variationsdiagramm Sc und Co Erlauterung zu Abb. 9 und 10 1. Siderite der osti. Grauwackenzone 2. Siderite der westlichen Grauwackenzone 3. Siderite der Zone Turrach-Hiittenberg 4. Andere Siderite der Ostalpen. Ferner sind in den Variationsdiagrammen Mittelwerte fiir Granite (G), Grano-diorite (Gd), Diorite (D), Basalte (B), ozeanische Basalte (OB), Ultrabasite (UB), Tongesteine (T), Sandsteine (Sst) und Karbonatgesteine (K) nach Angaben von Turekian/ Wedepohl (1961), Vinogradov (1961) und Engel/ Engel/Harvens (1965) eingetragen. 100 Log C ICaJppm Abb. 10. Variationsdiagramm Ni und Co Abb. 11. Sammelvariationsdiagramm von Fe zu Sc, Co, Ni und Mn. Eingetragen sind die erhaltenen Mittelwerte fiir Siderite einschliefilich des Maximalwertes fiir Sc und die Mittelwerte fiir Ultrabasite (UB), Basalte (B), Diorite (D), Tonschiefer (T), Granodiorite (Gd) und Granite (G) nach Turekian/Wedepohl (1961). u. o 1 000000 I>Sc OCo / 100 000 • Ni t Semax ia/ 1000 000 Ct> *D > O O O, v/ 100 ooo 10 000 0,1U 1000 10 100 ~7 10 000 ,000 100 □ Mn Siderite am UB O B D □ r Gd □ □ —I----I--------_ 1000 10 000 log C (ppm) 100 000 Literatur Bernard, J. H. 1961, Mineralogie und Geochemie der Siderit-Schwerspat-gange mit Sulfiden im Gebiet Rudnany (Tschechoslowakei). Geologicke Prace 58, 1—222. Schroll, E. 1955, Uber das Vorkommen einiger Spurenmetalle in Blei-Zink-Erzen der ostalpinen Metallprovinz, Tschermaks Min. Petr. Mitt. 5, 183—208. The Geochemistry of Siderites of the Eastern Alps P. Dolezel and E. Schroll S1IMM ARY Siderites and other iron containing carbonates of the Eastern Alps were analyzed for the elements Mn, Mg, Ni, Co, Cu, Zn, V, Sc ete. It is remarkable that siderites contain up to 80 ppm Sc. On the other side the iron carbonates are not intensive accumulator minerals for rare elements. However, follovving observations are made concerning the geochemistry of iron carbonates: 1. Small deposits of iron carbonates, such as those of the postmagmatic stage of volcanic rocks (andesite), show higher oontents of trace elements. 2. Sideritic ore deposits of ročk series containing greenstones are charac-terized by trace elements, which are typical for basic rocks, such as Sc. This relationship is confirmed by the paragenesis of minerals formed by the elements Cu, Au, Ni, Co, As, Sb ete. 3. Intensive iron carbonate deposits bounded on metasomatized carbonate rocks (such as the Erzberg type) are relatively poor in trace elements and ore minerals. Such iron deposits are far from a geologie milieu containing basic effusive rocks. Only acide effusive rocks charac-terize the geological environment. There is no doubt that in the first čase the iron originated from the country rocks itself. In the second čase a genetic relationship seem to be probable. The origin of the iron is problematic in the third čase. It is necessary to find an explication for the formation of ore solutions, which contain mainly iron and ore free of traces of minor elements. DISCUSSION Petrascheck: Ich glaube, daB die begonnene Arbeit von Herrn Schroll sehr interessante Aspekte eroffnen wird. Wohl scheint die Zahl der Proben noch etwas mager fiir eine statistisehe Auswertung, aber der Unterschied, den er in den Sideriten vom Typus Erzberg der nordlichen Grauwacken-zone schon gefunden hat, deekt sich mit der Vorstellung, daB es sich hier um zwei durchaus versehiedene Vererzungsphasen handelt. Es ware noch die Frage zu stellen, ob innerhalb der Siderite der nordlichen Grauwacken-zone ein Unterschied zwischen jenen Sideriten, die im Skyth liegen und jenen, die im Palaozoikum liegen, gefunden worden ist. Ob also ein EinfluB des Nebengesteins auf die Siderite beobachtet werden konnte? Schroll: Das Material ist in diesem Sinne noch nicht ausgewertet worden. Wir nehmen die Anregung gerne auf. Tufar: Da Wismutglanz in einigen ostalpinen Siderit-Lagerstatten als ein charakteristischer akzessorischer Gemengteil auftritt, moehte ich fra-gen, ob Sie Ihre Sideritproben auch auf Bi untersucht haben? Schroll: Nein, wir haben Wismut absichtlich aus den Untersuchungen ausgelassen. Die Spektralanalyse des leichtfliichtigen Wismuts wtirde eine spezielle analytische Methode benotigen. Bratter: Auf welche Weise wird fiir die untersuchten Spurenelemente, deren Ladungszustand von dem des Fe+2 versehieden ist, beim Einbau in das Sideritgitter Ladungsneutralitat erzielt? Konnten die streuenden Ana-lysenwerte mit der Art der Ladungsneutralisation bei der Mineralbildung zusammenhangen? Moglichenveise kann sie iiber den Einbau von Na+ erfolgen, und deshalb ware ein Vergleich der Na-Konzentration inte-ressant. Schroll: Der Valenzausgleich durch Na+1 ware gut vorstellbar. Der Nachweis konnte jedoch noch nicht erbracht werden. Bratter: In der Bestimmung von Haufigkeitsverteilungen von Elemen-ten zur Charakterisierung von Lagerstatten ist allgemein zu bemerken, daB sie auBer dem Hinweis auf eine moglichervveise gleichartige Genesis keine weitergehenden Schliisse erlauben. Um aber iiber die Lagerstatten-genese selbst Aussagen machen zu konnen, ist zunachst die Kenntnis der Verteilungskoeffizienten der Indikatorelemente notwendig, die z. B. aus Stoffbilanzen zu erhalten sind. Ihre Bestimmung solite deshalb meines Erachtens bevorzugte Zielsetzung zukiinftiger geoehemiseher Untersuchungen sein. Schroll: Die Bestimmung und Auswertung von Verteilungskoeffizienten ist zvveifellos die zukunftweisende Arbeitsrichtung der Geochemie bei der Losung genetiseher Probleme. Allerdings wird bei gekoppeltem Ersatz, wie z. B. (Na + 1, Sc+8, Fe+2) C+40:l, eine Aussage iiber thermodynamische Zustande bei der Kristallisation schwierig.