tWolischMiKwnsAitschrist Rerausgegeben von der Kongregation: Missionäre 8Shne des heiligsten Redens flesu. preis ganzjährig: Österreich 2 SO 8, Deutschland 2 Mark. Italien 8 Lire, Ungarn 2-50 pengö, Tschechoslowakei 12 eK, Jugoslawien 25 Dinar, Schweiz 2*50 Franken, übriges Ausland 2 Soldmark. Unser Reiliger Vater pius XI. hat wie schon früher papst pius X. der "Redaktion, den Abonnenten und Wohltätern den Aposto-lischen Segen erteilt. Für Wohltäter werden täglich heilige Messen gelesen. Mit Empfehlung der hochwürdigsten Oberhirten von Srixen, Grünn, ©raz, Eieitmeritj, lüinz, Olmütz, Marburg, "Orient, Driest und Wien und Druckerlaubnis des ©eneralobern. Left 5. Mai 1930. XXXIII. Jahrgang. Der Sänger des Salve Regina. Salve Regina — „Gegrüßet seist du, Königin, Mutter der Barmherzigkeit . . Täglich spricht der Priester mit dem gläubigen Volke nach der heiligen Messe dieses schöne, tiefergreifende Gebet, in dem die laute Klage über das Elend der Kinder Evas sich verschmilzt mit dem zarten Lobpreis Marias, der Mutter der Erlösten. In unbegrenztem Vertrauen erheben wir unsere Hände und Herzen zu ihr und begrüßen sie als unser Leben, unsere Hoffnung, unsere Süßigkeit. Mit vermehrter Innigkeit und verdoppelten: Eifer sprechen die Marienkinder den Salve-Regina=$ntjg in dem der Himmelskönigin geweihten Frühlingsmonat Mai. Und da mag es sie interessieren, einmal von jenem frommen Grafensohn zu hören, der dieses wundersame Gebet vor neunhundert Jahren ersonnen und zum ersten Male gesungen hat. Hermann der Lahme heißt er in der Geschichte. Er wurde am 18. Juli 1013 auf dem Schlosse Altshausen in Württemberg geboren. Seine Eltern, Graf Wolverad und Gräfin Hiltrude, sahen aber das Kindlein mit sehr traurigen Augen an; denn es war gelähmt. Je mehr es heranwuchs, um so mißgestalteter wurden seine Gliederchen. Es konnte die Beinchen nicht strecken und die Ärmchen nicht heben. In dem ver- krüppelten Körperchen wohnte aber ein reich begabter Geist, eine kraftvolle Seele. Da nun die Eltern eines Tages die herrliche Veranlagung ihres Schmerzenskindes erkannten, entschlossen sie sich, den kleinen Kiraben mit den krummen Gliedmaßen in das Kloster Reichenau zu bringen, das auf einer Insel im Bodensee lag und damals hochberühmt war irrt Morgenland und Abendland. Dort fand der Siebenjährige in Abt Berno einen trefflichen Lehrer. Durch treueste Ausnützung der Zeit und fortgesetztes Studium erwarb sich Hermann erstaunliche Kenntnisse auf allen Gebieten menschlichen Wissens. Besonders in der Geschichte, Sternkunde und Mathematik. Darüber hinaus zeigte er außerordentliche Fähigkeiten für Musik und Dichtkunst. Das Kloster besaß eine sehr stattliche Büchersammlung, die alle hervorragenden Werke jener Zeit umfaßte. In diesem Büchersaal mag der Fahrstuhl des gelähmten Mönches oft gestanden haben. Er konnte sich ja nie ohne fremde Hilfe bewegen, nicht einmal von einer Seite auf die andere, und mußte den größten Teil seines Lebens in schmerzvoller, gekrümmter Haltung sitzend zubringen. Schon das Lesen verursachte ihm in dieser Stellung große Schwierigkeiten. Das richtige Schreiben aber war ihm überhaupt nicht möglich. Deshalb ritzte er seine No- tigert auf Wachstäfelchen. Dann diktierte er, was fein reicher Geist erarbeitet hatte. Aus diese Weise verfaßte er viele gelehrte Bücher und auch eine Weltgeschichte. In schlaflosen Nächten studierte er den Sternenhimmel, der sich weit und wunderbar über See und Land und die stolzen Berge ringsum ausbreitete. Er verfaßte auch erhebende Choräle und Gesänge für den Gottesdienst. Mit 30 Jahren hat er Pro-feß abgelegt. Er wurde zum Priester geweiht; ob er aber jemals das heilige Meßopfer dargebracht hat, wissen wir nicht. Sicher ist, daß er wegen seiner Frömmigkeit und Gelehrsamkeit iit höchstem Ansehen stand. Als er mit 41 Jahren starb, hinterließ er der christlichen Nachwelt noch ein kostbareres Erbe als seine gelehrten Bücher und Schriften. Es ist das Gebet: „Ge-grüßet seist du, Königin . . .!" An einem Tage, da der Himmel über der Reichenau und dem schönen Bodensee blaute, an einem seiner Tage voll Arbeit und Leid hat der gelähmte Mönch der Himmelskönigin jenen Gruß gesungen, der nimmer verklingen wird, so wenig wie das Ave-Marie verklingen kann. Da hat er das Salve Regina angestimmt, das im Gebet und Gesang der Kirche weiterklingt durch alle Jahrhunderte. Wie wunderbar sind die Wege der Vorsehung! Hermann der Lahme, das Sorgenkind seiner Eltern, ist der berühmteste seiner Adelsfamilie geworden. Er, der das menschliche Elend an sich selbst lebenslang so schwer empfunden, aber auch Marias mütterliche Hilfe so reichlich erfahren hatte, war der rechte Mann, das auserwählte Gefäß, um der Kirche das Salve Regina zu schenken. Wieviel Millionen- und milliardenmal ist dieses Gebet schon zur Mutter der Barmherzigkeit emporgestiegen, klagend, flehend, Trost und Hilfe heischend, wie einst aus dem Herzen des Gelähmten aus dem Insel-kloster im Bodensee. Und jemals umsonst?* * Vgl. „Heilige Zeit der Kindheit" von C. Siebert, Herder-Verlag, 1930. Bapedi-Post. Nun ist gerade ein Jahr verflossen seit Eröffnung der Missionsstation Glencowie unter dem Negerstamme der Bapedi tut Nordwesten der Präfektur Lydenburg. Über den Fortgang der schwierigen Gründungsarbeiten entnehmen wir dem Neujahrsbriefe des Stationsleiters Dr. P. Rafseiner an die Mitbrüder in Schrezheim folgende Einzelheiten: . . . Grüße von seiten lieber Mitbrüder lösen stets ein gewisses Wohlgefallen aus, und Segenswünsche, die vom Herzen kommen, sind ein teures Geschenk aus der Vorratskammer der göttlichen Allmacht . . . Zum Glück ist unsere Hochdruckwasserleitung zuerst gebaut worden, hat viel gekostet; aber das Wasser brauchen wir am allernotwendigsten. Bier, Wein und Most haben wir ohnehin nicht. Die Anbauarbeiten sind vor Neujahr abgeschlossen worden. In nicht ganz zwei Monaten haben die. Brüder über 40 Hektar angepflanzt, größtenteils Mais. Bisher hatten wir schönes Wetter und ausgiebigen Regen. An Abwechslung fehlt es nicht. Ab und zu gibt's eine Schlangentöterei; denn diese giftigen Bestien sind hier sehr zahlreich vorhanden. In der Gartenhecke trieb eine Baumschlange ihr Unwesen, deren Biß tödlich wirkt. Ich habe ihr mit dem Gewehr das Lebenslicht ausgeblasen. Nicht lange nachher brachte ein Engländer, der hier beschäftigt war, aus unserer Hütte eine verwundete Puffotter heraus. Sie hat furchtbare Giftzähne. Ihr Kopf und Gesicht ist eine rechte Teufelsfratze. Sie weicht nicht aus, wenn man in ihre Nähe kommt. Auch die Kobra oder Spuckschlange kann man häufig sehen. Ihr Gift ist hinreichend, um mehrere Menschen zu töten. Wir habetr auf einem Acker beim Anbauen gleich drei erschlagen. Von einer hängt die Haut in meiner Hütte. Diese Schlange richtet sich im Angriff halbmannshoch auf, bläht den Hals gut handbreit auseinander und speit einem das Gift in die Augen. Dann ist der Mensch blind. Die Mamba oder Königsschlange, die gleichfalls hier heimisch ist, haben wir bis jetzt noch nicht gesehen. Eine solche hat in Barberton ein Ochsengespann mit sechs Ochsen getötet. Ist sie gereizt, so heißt es siegen oder sterben. Ein Entrinnen ist wegen ihrer Blitzesschnelle kaum möglich. Die Feld- und Baumfrüchte haben viele i Feinde. Sobald die Maisreife naht, erscheinen die Affen auf der Farm, große Kerle, wie unser Milländer Argos selig (früherer Haushund). Sie richten viel Schaden an, da sie in Rudeln zu 20 bis 40 auftreten. Derzeit sind es die Käfer, die im Obstgarten die reifen Pflaumen, Pfirsiche, Trauben usw. wegfressen, ein elendes Ungeziefer, dessen man sich nicht erwehren kann. Feder-und Rotwild gibt es ziemlich viel, wenn man höheren oder tieferen Ton, mit dem man es ausspricht. Aber diesen Ton treffen, ist eine Hexerei. Das geht nur nach langer Übung und Erfahrung. Die Eingeborenen sind nicht unfreundlich, halten aber noch zähe an ihren heidnischen Sitten und sehr heidnischen Bräuchen fest. Da kann und muß schon ein langer und ausgiebiger Gna-denregen fallen, bis dieser Boden weich wird zur Aufnahme des Glaubenssamens. Indessen haben wir doch schon an einigen Orten Unser hochwürdigster Pater Generalsuperior mit Täuflingen, denen er auf seiner Afrika-Reise in LydenLurg die heilige Taufe gespendet hat. nur Zeit hätte, ihm nachzugeheir. Perlhühner, Tratten (wilde Truthähne), Hasen, Springböcke kommen bis in den Garten, wenn man gerade das Gewehr nicht bei der Hand hat. Dann finden sich hier noch Stachelschweine und Springhasen, die ebenfalls bent Mais arg zusetzen. Letztere sind eine Art riesiger Ratten, ömi der Größe und Farbe eines Feldhasen. Sie besitzen kurze, schwache Vorderbeine und lange, starke Hinterbeine und leben in Erdlöcherti, aus denen sie nur nachts sich herauswagen. Die größten Schwierigkeiten bereitet die Sprache. Dasselbe Wort hat vielfach eine ganz verschiedene Bedeutung, je nach deut mit dem Katechismusunterricht begonnen. Neulich kam gar ein schwarzer, protestantischer Sendling zum zweiten Male zu uns mit der Frage, wieviel wir ihm zahlen wollten, wenn er mit seiner ganzen schwarzen Anhängerschaft zu uns übertrete. Sonderbare Auffassungen in diesen Köpfen! Wir leben hier noch fern der Kultur und Zivilisation. Obschon uns die Bahn seit dem 1. Dezember 1929 um 45 Meilen nähergerückt ist, sind wir doch immerhin noch 46 Meilen davon entfernt. Es wurde auch an dem Endptlnkte der Strne kein Bahnhof gebaut. Das Bähnle schnauft zweimal in der Woche herauf und kehrt einfach wieder um. Das Postamt ist uns gleichfalls näher gekommen und nur mehr gut drei Meilen ent-feritt. Dort befindet sich auch die Polizei-station. Ich hoffe, daß Ihr unser im Gebet geden- ken werdet. Mitunter ereignen sich so kuriose Sachen, daß man fast aus der Haut fahren möchte, wenn man wüßte, wie wieder hineinschlüpfen. Die Erscheinungen in Fatima und deren Folgen. (Fortsetzung.) Während der Krankenmesse befindet sich das Gnadenbild auf der Evangelienseite des Altares, so daß die Tausende es sehen können. Wie in Lourdes, so wird auch in Fatima das Kredo, der '„Glaube an Gott", vom ganzen Volke gebetet, beziehungsweise gesungen. Denn der Glaube wirkt die Wuuder. Daran schließt sich der Rosenkranz. Zwischen die einzelnen Geheimnisse wird das kleine Gebetchen eingeschaltet, das die liebe Mutter Gottes die Hirtenkinder gelehrt und nach jedem Gesetzchen einzuschieben befohlen hatte: „O mein Jesus, verzeihe unsundretteunsvordem Feuer der Hölle! Befreie die Armen Seelen des Fegefeuers, besonders d i e a in m e i st e n V e r l a s s e-n e n." Nach der heiligen Wandlung stimmt die Priesterschaft ein herrliches Sakramentslied an, dessen Kehrvers etwa lautet: „Heil dir, Jesus, Gnadenspender! Heil dir, Jesus, unser Herr! Heil dir, unsrer Zukunft Vater! Heil dir, geliebter Liebender!" Sobald das heilige Opfer vollendet ist, beginnt die Segnung der Kranken mit dem Allerheiligsten. Den Einzelsegen empfangen indessen nur jene, die alle vorgeschriebenen Formalitäten erfüllt, sich der Untersuchung durch die Ärzte unterzogen und die auf der Brust zu tragende Krankenmarke erhalten haben. Es sind deren an den Hauptwallfahrtstagen jedesmal mehrere Hundert. Nach Tausenden aber zählen jene, die entweder keine Krankenscheine mehr erhielten oder sich überhaupt nicht darum bewarben. Im Verlaufe der Segnung werden am Mikrophon die Krankenanrufungen vorgebetet und von der vieltausendköpfigen Menge wiederholt: „Herr, wir lieben dich! Herr, wir vertrauen auf dich! Du bist die Auferstehung und das Leben! Herr, sprich nur ein Wort, und id)- bin gesund! Herr, mache, daß ick) sehe! Herr, mache, daß ich gehe! Herr, mache, daß ich höre! . . . Mutter des Erlösers, bekehre die Sünder! Heil der Kranken, bitte für uns! Rette uns!" . . . Ärzte begleiten den segnenden Bischof, um die unmittelbare Einwirkung des Segens auf die Kranken zu beobachten. Es ist klar, daß nicht alle wunderbar geheilt werden. Jeder gläubige Christ weiß, daß, wie alles, so auch Leben und Gesundheit dem Ratschlüsse der göttlichen Vorsehung unterworfen sind. Es ereignen sich aber so viele und so staunenswerte Heilungen, daß jeder vorurteilslose Arzt erklären muß, daß sie jedes menschliche Wissen und Können übersteigen. Manche Kranke fühlten schon beim Empfang des eucharistischen Segens, daß das Übel aus dem Körper weicht. Öfters tritt jedoch die Genesung mehr allmählich ein, so daß die Patienten erst mit dem Ende der Wallfahrt oder aus der Rückreise vollkommen gesunden. Nicht minder auffällig als die wunderbaren Heilungen von körperlichen Krankheiten und Gebrechen ersck)einen die zahlreichen Bekehrungen von Ungläubigen und Sündern, die Fätima bewirkt. In der Zeitung „Diario do Miuho", die in Lissabon erscheint, war kürzlich zu lesen: „Einer meiner Freunde, der von Jugend auf ungläubig war, hat Fätima besucht. Voll von Spott- und Zweifelsucht übte er eine vernichtende Kritik an allem Heiligen und Religiösen und suchte sämtliche Tatsachen der übernatürlichen Ordnung durch Neuralgie und Pathologie zu erklären. Bei seiner Rückkehr von Fätima war er gänzlick) umgewandelt. Dort sind ihm die Augen des Geistes geöffnet worden. Mit tränenerstickter Stimme hatte er einige Pilger gebeten, ihn ein Gebet zu lehren. Er hat gebeichtet und sich von Herzen bekehrt. Es handelt sick) um eine Persönlichkeit, die großes Ansehen genießt, eine hervorragende Stellung ein- nimmt und eine bedeutende Rolle gerade in jenen Kreisen gespielt hat, in denen man die katholische Weltanschauung bekämpft." Das große portugiesische Blatt „Standard" schreibt: „Im Kampfe gegen den Freisinn hat die vom Heiligtum der Gottesmutter in Fätima ausstrahlende religiöse Begeisterung die mächtigste Hilfe geleistet. An der Seite der Einfachsten und Ärmsten knien vor dem Bilde Marias Vertreter der höchsten Kreise und Männer der Politik. Damen der ersten Familien Lissabons besuchen die Gnadenstätte bloßfüßig In der Schatzkammer Den Priestern will ich die Gabe verleihen, die Sünderherzen, auch die unzugänglichsten, zu gewinnen. Eine Verheißung, die vor allein den Seelsorgern, den Priestern und Erziehern, hocherwünscht sein muß! Dampf und Elektrizität in unsern Dienst zu zwingen, Maschinen zu meistern, bis in die unzugänglichen Polarregionen vorzudringen, ist nicht allzu schwer; aber den Menschenwillen zu meistern, harte Sünderherzen zu rühren und in die dunkelsten Abgründe einer Seele vorzudringen, das ist eine Kunst über alle Künste. Denn sie fordert oft übermenschliche Klugheit, Seelenkenntnis und vor allem — Gnade. Diese seltenen und doch so wichtigen Gaben — wir bewundern sie so sehr an manchen Heiligen — benötigen in entsprechendem Ausmaß alle, die sich um die Seelen der Menschen bemühen, angefangen von der Mutter in der Kinderstube bis zum Seelsorger in der Großstadt, zum Missionär im fernen Heidenland. Den treuen Herz-Jesn-Verehrern werden sie laut der Verheißung zugesichert und gegeben. Davon mag uns überzeugen eine eigenartige Begebenheit aus dem Leben des eifrigen Herz-Jesu-Verehrers, des Priesters Dr. Breczay, wie sie uns in dem aufsehenerregenden Buche: „Nur eine Knabenseele"* erzählt wird. Ein wunderbarer Maitag liegt über dem polnischen Adelssitz Montana. Vier adelige * Jüngst erschienen bei Herder. und im Bußgewande. Mitglieder der Regierung, Generäle, Admiräle und Minister beten dort zusammen mit Bauern, Arbeitern und Fischern. In ganz Portugal ist kein Dorf mehr, wohin nicht der Ruhm von Fätima gedrungen wäre. Zehntausende haben durch die Fürsprache der Madonna (Gottesmutter) den Glauben wiedergefunden. Das alte Portugal hat sich verjüngt und neu gekräftigt. Es verdankt diese (religiöse) Wiedererweckung unserer Lieben Frau von Fätima..." des göttlichen Herzens. Knaben und ihr Erzieher, der junge Priester Dr. Breczay, bewohnen das reizend gelegene Schlößchen. Einer der Knaben, der 13jährige Hans Dym, hatte von Anfang die besondere Aufmerksamkeit des Priesters aus sich gezogen und durch sein einnehmendes Außere, sein verständiges Urteil und ritterliches Wesen sein Herz gewonnen. Doch dem seelenkundigen Erzieher entging es nicht, daß hinter dem Blitzen seiner blauen Knabenaugen und hinter seinem frohen Geplauder ein geheimes Weh sich barg. Ein Mißklang liegt über dem Mai dieses jungen Lebens. „Schuld lastet auf der Knabenseele", eine noch nie ausgesprochene Schuld. Eine Reihe von Tagen war dahingegangen. Hans saß gedrückt an seinem Studierpnlt. Freundlich trat Dr. Breczay zu ihm, strich ihm die Locken aus der Stirne und fragte: „Hans, warum bist du heute so traurig?" Eine Weile schaute der Knabe schweigend vor sich hin, schließlich sagte er kalt: „Das sind Sachen, die ich einem Fremden nicht sagen kann." Traurig sieht der Priester den Jungen an, ohne weiter in ihn zu dringen, und entfernt sich. Am Abend, als die Studenten schon längst zu Bette waren, machte Breczay noch einen Gang durch das Schlafzimmer. Alles in tiefster Ruhe; nur einer findet keinen Schlaf — Hans. Der Priester tritt an sein Bett und fragt flüsternd: „Hans, warum schläfst du denn noch nicht?" — „Ich weiß nicht, aber ich schlafe manchmal erst spät ein", war die Antwort. Der Priester macht dem Kleinen das Kreuzzeichen auf die heiße Stirne, spricht leise zu ihm: „Bleib immer so brav!" und entfernt sich. Auf dem Rückweg durch den Gang hört Dr. Breczay auf einmal leise Schritte. Er wendet sich um und sieht Hans im Weißen Nachthemd auf sich zukommen. Mit beiden Händen faßt seiner Schularbeit. Der Junge hatte eine ausgezeichnete Arbeit gemacht. „Das freut mich, Hans", lobt ihn der Erzieher. Kaum eine Viertelstunde vorbei, klopft es wieder. Hans fragt, ob er etwas lesen dürfe. Natür- SBenbelma, eine Neugetaufte in „Maria-Trost". er des Priesters Hand: „Verzeihen Sie, bitte, daß ich Sie heute nachmittag einen Fremden nannte. Aber ich konnte Ihnen das nicht sagen —" Einige Tage später klopft es an Doktor Breczays Türe. Es war Hans mit lich durfte er das, das wußte er doch selber. Der Priester merkte, daß ihm der Junge etwas hatte sagen wollen. Ach, er ahnt es ja schon lange, was den Knaben drückt. Scham war es, die den Mund des Kleinen verschloß. Der Winter war ins Land gezogen. Hans litt an einer Halsentzündung und mußte ins Krankenzimmer. Dr. Breczay wollte in den nächsten Tagen verreisen. Er kam mehrmals zu ihm. Unter den milden Worten seines treubesorgten Erziehers schien nun endlich das gepreßte Knabenherz sich zu eröffnen. Allein er ließ die schöne Gelegenheit, sich endlich vor dem Priester auszusprechen, abermals vorübergehen. „Ich habe es wieder vergessen", sagte Hans im entscheidenden Augenblick. Dr. Breczay reist ab; weinend vergräbt der Knabe sein Gesicht in das Kissen. Am Abend des andern Tages lag Hans in'unruhigem Schlaf. Da, was ist das? Eiu leichtes Geräusch an der Türe — das elektrische Licht wird angedreht — Doktor Breczay kommt herein —. Dem Kleinen will fast vor Schrecken das Herz stille stehen. Glaubte er doch den Priester viele hundert Meilen weit in der Ferne; und er war es auch. Die Gestalt setzte sich auf den Rand des Bettes und fragt zärtlich: „Hans, hast du Vertrauen zu mir?" — „Doch, ich habe Vertrauen zu Ihnen wie zu keinem andern", entrang es sich den Lippen des Knaben, „aber — ich kann es nicht sagen." -— „Höre, Hans, ich will dir eine Geschichte erzählen: Es war einmal ein Junge, der hatte ein Herz, so brav und rein, daß er kaum eine Ahnung hatte von der schlechten Welt. Da kam ein böser Tag. Ein älterer Kamerad, ein Verführer, wollte diese Blüte brechen, den reinen Kelch beschmutzen. Der Junge hat ihn entrüstet von sich gewiesen und ist davongelaufen. Doch die bösen Worte, die er gehört, waren wie ein Funke in sein reines Herz gefallen und entzündeten eine Leidenschaft, die die weiße Blüte welken ließ." — Eine Träne leuchtet in den Augen des kleinen Hans und rollt über die Wangen. Der Priester fährt fort: „Aber erst als die Lilie verdorrt war, schrie der Knabe nach Hilfe. Er hätte sich so gern die Schuld vom Herzen geredet. Doch unüberwindliche Scham verschloß ihm Herz und Mund." — „Hochwürden", fragt Hans mit plötzlichem Entschluß, „Hochwürden, könnte ich beichten?" Der kluge Seelenkenner riet ihm jedoch, bei einem fremden Beichtvater sich auszu-sprcchen. Dem Jungen war der Rat nicht gleich verständlich; trotzdem fühlte er sich erleichtert, er dankte dem Priester, der sich leise wieder entfernte. Die Weihnachtsferien waren vorüber, die Studenten wieder in Montana; nur Hans fehlte; zu Hause war er wieder erkrankt. Dr. Breczay saß inmitten seiner Zöglinge und ließ sich von ihnen ihre Ferienfreuden erzählen. Da auf einmal wird sein Gesicht blaß, er schließt die Augen und lauscht angestrengt in die Ferne. Von da hatte er ganz deutlich einen Hilferuf vernommen. Er kam von — Hans. Heiß gehen dem Priester die Gedanken durch den Kopf: Hans ist gefährlich krank und auf seiner Seele lastet noch eine unausgesprochene Schuld. Rasch entschlossen läutet er telephonisch ein Auto an. Schnell ist es zur Stelle. Mit einer Geschwindigkeit von 80 Kilometer in der Stunde rast es gegen Piowo. Kurz vor Mitternacht hält es vor dem Schlosse daselbst. Leise tritt der Priester ins Zimmer des Kranken. Hans liegt in wirren Fieber-phantasien. „Um 4 Uhr hat ihm unser Pfarrer die heiligen Sakramente gespendet"., erzählt die Gräfin, „seitdem hat sich sein Zustand noch verschlimmert." — Zur selben Stunde hatte Breczay auf Montana den Augstruf vernommen. — Dem Priester fällt ein, daß Hans ihm einmal erklärt hatte, zum Pfarrer könne er nicht beichten gehen, der komme oft zu seinem Papa und nenne ihn immer „kleiner Engel". Sollte der Junge . . .? Der Priester zittert um jede Minute. Da, um 3 Uhr erwacht Hans aus dem Delirium, er erkennt seinen Erzieher. „Hans, mein lieber Hans", flüstert dieser ihm zu und läßt dabei alle Quellen seiner Liebe in seine Worte strömen. „Ich weiß alles, komm, wir bringen die Sache wieder in Ordnung. Du weißt nicht, wie lange wir noch Zeit haben. Der Heiland hat dir ja sichtlich geholfen; du hast mich heute nachmittag doch gerufen." — „Ich habe gerufen, geschrien habe ich, Hochwürden." Der Priester zittert um die Seele des Kranken, er nimmt die Stola heraus und legt sie um die Schultern: „Hans, du bist in den Ferien schwach gewesen . . ." Schwach haucht der Kleine die Antwort. „Hast es heute in der Beicht aus Angst verschwiegen ..." — „Unwürdig gebeichtet und kommuniziert", gestand der Junge. „Ich wollte wirklich dem j aber nur einer drang der jungen Seele auf Pfarrer alles sagen, aber dann sagte : den Grund. Und dieser eine, Dr. Breczay, er: Nun, viel wirst du ja nicht auf dem : war ein eifriger Herz-Jesu-Verehrer. Wir Herzen haben, mein kleiner Engel . . . wissen das aus verläßlichster Quelle. Der Da konnte ich nicht mehr". — „Hans, ! in der Erzählung angeführte Versehruf be-hast du sonst noch etwas auf dem Herzen?" ruht auf Wahrheit und ist wohl als eine fuhr der Priester fort. „Keine schwere Sünde? Und es tut dir leid, Hans, mein lieber Hans?" — „O, es tut mir leid, so leid..." — „Ego te absolve", spricht der Priester mit unsagbarer Freude über den Kleinen. Die Knabenseele war wieder rein. Bald darauf stand das Herz des Kleinen still. Bei gar manchem Priester hat Hans Dym gebeichtet, mancher hat sich um ihn bemüht, besondere Begnadigung dieses Priesters anzusehen, als eine besonders wertvolle und seltene Gabe aus der Schatzkammer des gött-1 lichen Herzens. Vielleicht befindet sich auch in deinem Verwandtenkreis ein Hans Dym, eine in Sündenscham verschlossene Seele, wohlan, komm zur Schatzkammer des göttlichen Herzens und hol dir die Gottesmacht, auch die unzugänglichsten Sünderherzen zu gewinnen! Amschau. Nach dem im verflossenen Jahre von Karl Streit herausgegebenen katholischen Kirchenatlas beträgt die Gesamtkatholikenzahl der Erde 341,428.009, die sich auf die einzelnen Weltteile folgendermaßen verteilt: Europa 208,881.598, Amerika 109,096.603, Asien mit den Philippinen 16,535.812, Afrika 5,329.455, Australien mit Ozeanien 1,584.541. Die Gesamtzahl der Priester beläuft sich auf 319.284. Davon entfallen auf Europa 214.242 Weltpriester und 36.912 Ordenspriester, auf Amerika 35.921 Welt- und 15.342 Ordenspriester, auf Asien insgesamt 10.171, auf Afrika 4550, auf Australien mit Ozeanien 2146 Priester. Die kirchliche Einteilung des Erdkreises weist auf: 7 Patriarchate, 229 Erzbistümer, 898 Bistümer, 39 Prälaturen (nullius), 221 Apostolische Vikariate und 98 Apostolische Präfekturen. Davon befinden sich in Europa 121 Erzbistümer, 516 Bistümer, 21 Prälaturen, 9 Vikariate und 1 Präfektur; in Amerika 73 Erzbistümer, 275 Bistümer, 15 Prälaturen, 34 Vikariate und 17 Präfekturen; in Asien 7 Patriarchate, 26 Erzbistümer, 82 Bistümer, 91 Vikariate und 37 Präfekturen; in Afrika 2 Erzbistümer, 9 Bistümer, 2 Prälaturen, 70 Vikariate und 39 Präfekturen; in Australien mit Ozeanien 7 Erzbistümer, 16 Bistümer, 1 Prälatur, 17 Vikariate und 4 Präfekturen. Inzwischen sind eine Anzahl weiterer kirchlicher Einteilungen,erfolgt. Das Missionsministerium der katholischen Kirche, die römische Propagandakongregation, hat soeben ein Werk über die katholische W.eltmission veröffentlicht, dessen Zahlenangaben bis zum 30. Juni 1927 reichen. Danach standen im Dienst der katholischen Missionen 46.174 Personen, nämlich 12.952 Welt- und Ordenspriester, 5110 Brüder und 28.112 Schwestern, die sich auf 3 7 4 Missionssprengel in 81 Ländern verteilen und 51 verschiedenen Völkern angehören. Von den Priestern waren 8038 Ausländer und 4305 Eingeborene; von den Brüdern 1314 und von den Schwestern 11.399 Einheimische. Das eingeborene Hilfspersonal umfaßt weiterhin 51.507 Katechisten, 38.679 Lehrer (und 25.684 Täufer). Von den 45.826 Kirchen und Kapellen sind nur 6100 groß genug, um über 500 Personen fassen zu können. Der Priesterbildung dienten 103 Seminarien mit 2495 Alumnen und 206 Knabenseminarien mit 7476 Studenten. Die Zahl der Schulen einschließlich der Universitäten betrug 31.418 mit 1,521.700 Schülern. In den 691 Krankenhäusern wurden 283.503 Kranke und in den Armenapotheken 11,066.749 Patienten behandelt. Die 1525 Waisenhäuser beherbergten 81.240 Waisen, die Altersheime zählten 11.332 Insassen. Die Missionskaritas erstreckte sich außerdem auf 14.060 Aussätzige. 281 Bischöfe und 91 Apostol. Präfekten standen an der Spitze des Missionswerkes. Da der Stichtag fast drei Jahre zurückliegt, ist das Zahlenmaterial natürlich überholt; es gibt aber immerhin ein annäherndes Bild der Missionsgegenwart. Vom König der Tiere. (Fortsetzung.) Ein Löwenjäger in Rhodesien erzählte folgendes Erlebnis. „Mein Vater war auch ein Löwenjäger. Als ich 15 Jahre zählte, nahm er mich mit auf die Jagd. Wir begegneten einem Löwenpaare mit zwei Jungen. Es ist feststehende Regel, stets zuerst die Löwin mit den Jungen unschädlich zu machen, denn sie ist als Mutter die gefährlichste Gegnerin. Demzufolge erschoß mein Vater die Löwin. Im nachfolgenden Kampfe mit dem männlichen Tiere erlitt er jedoch schwere Verwundungen, an denen er starb. Von den beiden jungen Tieren wurde das eine im Kampfgetümmel getötet und das andere an der Schulter verwundet. Das letztere nahmen wir mit nach Hause und zogen es auf. Die Wunde verheilte schnell und hinterließ eine große Narbe. Das Tier, ein Männchen, war mein ständiger Spielgefährte und mir sehr zugetan. Auf einen Pfiff kam es herbei wie ein Hund. Im Laufe der Zeit trat seine Raubtiernatur immer mehr zutage, doch war es immer folgsam auf meinen Pfiff, wenngleich mit abnehmender Pünktlichkeit. Eines Spätnachmittags befand sich der junge Löwe am Saume des Buschwaldes. Er schien übler Laune zu sein, lag auf dem Boden, den Kopf zwischen den beiden Vordertatzen, und musterte mit den großen gelben Augen die Umgebung. Plötzlich spitzte er die Ohren. Aus dem Walde ließ sich fernes Gebrüll vernehmen. Der junge Löwe setzte sich aufrecht hin und lauschte gespannt, die Flanken mit der Schwanzguaste peitschend. Die ferne Stimme ließ sich wieder vernehmen. Ich bemerkte den inneren Kampf des gezähmten Löwen. Die Mähnenhaare standen aufrecht, der Kopf legte sich zurück und durch das fast geschlossene Maul erscholl langgezogenes, markerschütterndes Gebrüll, das aus tiefstem Bauche zu kommen schien und den ganzen Leib des Tieres hob und senkte. Ich pfiff dem Löwen; er hörte es nnd schien einen Augenblick zu überlegen. Dann glitt er lautlos davon, in den dämmernden Buschwald hinein, um nicht mehr zurückzukehren. Es war einige Jahre später. Ein wohlhabender Herr wollte sich die Aufregung einer Löwenjagd gönnen und warb mich als seinen Begleiter an. Bald trafen wir auf eine frische Löwenspur und nun war der Herr nicht mehr zu halten. Ehe ich mich dessen versah, war er verschwunden, und bald fiel ein Schuß. Ich eilte nach der Richtung und hatte bald ein aufregendes Bild vor mir. Der Herr hatte offenbar einen Löwen angeschossen, ihn aber nur gestreift. Das Tier hatte sich gegen ihn gewendet und ihn zu Boden geworfen, wo er nun be- wußtlos dalag. Der Löwe stand auf ihm. Schießen durfte ich nicht, da ich ebensogut den Herrn wie das Raubtier treffen konnte. Was soll ich tun? Als ich genauer hinsah, bemerkte ich auf der Schulter des Löwen eine große Narbe. Nun steckte ich sogleich zwei Finger in den Mund und erzeugte einen schrillen Pfiff, meinen Pfiff. Der Löwe stutzte. Triebmäßige Erinnerung schien in ihm zu arbeiten. Dann sah er zu mir herüber, verließ seine Beute und verschwand im Gebüsche. Es war mein alter Hauslöwe. Der Herr war glücklicherweise fast unverletzt und kam so mit dem Schrecken davon." Auf einer Farm in Transvaal ereignete sich folgender Fall, in dem ein Esel als Held erglänzt. Dieser wurde eines Tages mit großen Riß- und Kratzwunden, die fast den ganzen Rücken bedeckten, aufgefunden. Kurz darauf wurde ein junger männlicher, noch nicht voll erwachsener Löwe gefunden, dessen Kopf eingeschlagen war. Man konnte vermuten, daß das junge Tier ohne seine Mutter ausgegangen war und beim Anblick des Esels Jagd auf eigene Faust machen wollte. Ungeschickterweise, weil noch wenig erfahren, muß es, statt dem Haustier ins Genick, auf den Rücken gesprungen sein. Der Esel wird in seiner Todesangst erst ein ganz naturechtes „J-ah"-Geschrei von sich gegeben, dann aber wohl aus der gleichen Ursache kräftig mit den Hinterbeinen ausgeschlagen haben, wodurch er den auf ihm hangenden, scharftatzigen Angreifer von sich abschüttelte und ihm noch einen guten Denkzettel auf den leichtsinnigen Kopf mitgab, so daß der Löwe mit mehr als gewöhnlichem Kopfweh in den Busch kroch, um dort einen ganz unköniglichen und höchst schmählichen Tod zu erleiden. (Fortsetzung folgt.) Im Missionsgarten. — P. Raffeiner. Gold und Myrrhen. Geschichtlicher Missionsroman aus Ostafrika von Felix Nabor.* 1. Kapitel. Stille und Sturm. Pfeilschnell, mit geschwellten Segeln, flog der stolze Kutter über die blauen Wogen des Ozeans zur Küste Afrikas, zum Hafen von Mozambik. Auf den schaumigen Wogenkämmen blitzte die Tropensonne in gleißendem Goldgefunkel und der Himmel wölbte sich wie eine blaue Riesenkuppel über der schimmernden Flut. * Dieser spannende und ergreifende Roman wurde vom Missionsverlag St. Ottilien herausgegeben. Der Nachdruck erfolgt mit Zustimmung des Verlages. Eine wunderbare Stille lag über betn Meere, das sich ins Unermeßliche dehnte wie die Ewigkeit. Da aber wurde die Stille plötzlich unterbrochen — die portugiesischen Seeleute stimmten, froh der glücklichen Fahrt, ein Lied an, das frisch und hell über Deck klang: „Lustiger Matrosensang — hoiho! Schalle laut das Meer entlnng — hoiho!" Doch schon bei der folgenden Strophe verstummte der Matrosenchor und ein anderer Gesang klang ernst, feierlich und mahnend in die kecke, übermütige Weise hinein: „Media vita in morte sumus . . . Mitten wir im Leben sind vom Tod umfangen."' Dieser gewaltige Hymnus des St. Gal-lener Mönches Notker Balbulus tönte, von zwei kräftigen Stimmen, einer hohen und einer tiefen, gesungen, machtvoll übers Meer und pochte wie ein eherner Hammer nn die Herzen der Seeleute, daß sie erzittertet:. Heiliger Herr un!d Gott, Heiliger, Starker! — Kyrie eleison! Die beiden Sänger trugen das geistliche Gewand und saßen neben dem kleinen Zelt, auf dessen Spitze die Kreuzesflagge wehte. Es waren Gottesstreiter, Mitglieder der Gesellschaft Jesu, die auszogen, das Sens-körnlein des Glaubens in die heiße Erde Afrikas zu senken. Beide waren schon bei Jähret:, aber im Herzen voll junger, feuriger Gottesminne. Der eine, schlank und hager, mit grauem Haar, wqr Pater A n d r e Fern a n d e s, der andere, breit tmb schulterstark, Brüder C o st a, der sich als Soldat in Indien ausgezeichnet hatte, bis er der Welt Lebewohl sagte und in Christi Heerbann trat. - „Mitten in dem bittern Tod Nah':: wir dem Gerichte. Ach, wer ist's, der solche Not Uns zu Gnaden schlichte? O Herr, du bist's alleine!" Die Seeleute falteten die Hände und stimmten in den Gesang ein: „Voll Vertrauen befehlet: Wir dir unsere Seelen! — Kyrie eleison." Kapitän Miguel Cintra, ein alter Seebär, trat zu den beiden und sagte: „Ich danke euch, daß ihr meinen Seekatzen ans Gewissen pocht. Denn in diesen verdamm-ten Gewässern lauert der Tod hinter jeder Klippe. Ein Glück, wenn wir ohne Sturm durch die Brandung kommen." „Aber, Kapitän, das Wetter ist doch klar", warf Pater Andre ein. „Wartet erst den Abend ab", brummte der Kapitän und deutete auf das Zelt. „Wie geht's dem Pater Provinzial?^ „Er hat das Fieber und ruht ein Stündchen." Der Kapitän setzte sich und sagte mit gedämpfter Stimme: „Ihr seid seltsame Sente! Verlaßt das feste Land und ein geruhiges Leben und geht auf die schwanken Planken eines Schiffes, wo euch hundert Gefahren drohen. Und gar zu den Schwarzen wollt ihr, ins Innere von Afrika? Das verstehe ich nicht." „Wir stub Jünger des Herrn," belehrte ihn der Pater, „und der Herr hat seine:: Aposteln befohlen: Gehet hit: in alle Welt und lehret alle Völker! Darum bringen wir den Heiden das Evangelium, denn auch sie sind berufen zum Reiche Gottes." Der Kapitän schüttelte den Kopf. „Laßt mich mit euren Negern in Ruhe!" rief er. „Es ist faules, schmutziges Gesindel." „Nicht doch", sagte Pater Andre. „Man hat uns gerade die Bantu-Stämme als friedliebend und sehr empfänglich für die Lehre Christi geschildert." Der Kapitän rückte näher. „Was — zu diesen Kaffern wollt ihr?" fragte er. „Wie kommt ihr nur auf diesen Gedanken? Vor allem aber sagt mir, warum sich der Pater Provinzial, der doch ein vornehmer Herr ist, unter das schmutzige Negervolk mischen will?" „Aus Pflicht, Kapitän. Wenn einer Eurer Seeleute über Bord fällt, werdet Ihr ihn da versinken lassen? Nein. Ihr setzt Euer Leben ein und holt ihn auf Deck. So ist auch der Pater Provinzial ein Menschenfischer — er will Seelen retten. Daß er eh: vornehmer Herr ist, darin habt Ihr frei- lich recht. Sein Name ist G o n z a l o da S i l v e i r a da S o r t e l h a, und er ist der Sohn des edlen Grafen Louis da Sil-veira in Almeirim in Portugal, auf dessen Schloß er im Jahre 1526 geboren wurde." „Jetzt schreiben wir 1560", sagte der Kapitän. „Der hochwürdige Pater ist also 34 Jahre alt und schon Provinzial? Da muß er ein besonders Heller Kopf sein, ein Kirchenlicht." .„Ist er auch, Kapitän. In verschiedenen Klöstern und auf der Universität Coimbra erwarb er sich reiches Wissen und später den theologischen Doktorgrad. Als er mit 17 Jahren in den Orden eintrat, wurde er, von glühender Liebe zur Heidenmission erfüllt, ein Apostel, der von sich sagen konnte: ,Der Eifer für dein Haus verzehrt mich.' Durch strenge Aszese, Bußgeist und Wissenschaft ragte er unter allen seinen Genossen hervor und das flammende Schwert der Rede verstand er wie kein zweiter zu schwingen. Seine Predigten machten in ganz Portugal Aufsehen, und das gleiche war der Fall, als er nach Indien kam. Tausende drängten sich zu seiner Kanzel und zu seinem Beichtstuhl. Seine Predigten wirkten wie flammendes Feuer: sie entzündeten die Herzen und rissen sie hin zu Gott. Hunderte kamen und ließen sich taufen. Es war wie ein Wunder. Neben seiner Beredsamkeit war es besonders die Pracht des Gottesdienstes, die bei kirchlichen Festen und Prozessionen in Goa auf die Heiden wirkte. Mit Vorliebe pflegte er die heilige Musik, und wenn sich zum Gesänge der Menschenstimmen wundersam die Flöten und Geigen gesellten, glaubten die gelben Naturkinder die Chöre der Engel zu vernehmen: es war ihnen, als schauten sie ins Paradies hinein, das ihnen Pater Gonzalo auf die Erde herabholte. Ihre Verehrung für ihn war daher grenzenlos. Auch die Vizekönige von Indien schätzen ihn hoch und würdigen ihn ihrer Freundschaft. Mit kostbaren Geschenken für die schwarzen Könige kommt er nach Afrika und ins Land der mächtigen Bantu-Stämme, von denen man sich Wunderdinge erzählt." „Wirklich?" fragte der Kapitän und machte große Augen. „Ja", versetzte Pater Andre. „Denken Sie sich die Freude unserer Mission in Goa: E i n N e g e r f ü r st i n O st a s r i k a v e r-langt Missionäre! Der Kommandant von Mozambik, ein Verwandter unseres Herrn Provinzials, hat uns ebenso erstaunliche wie erfreuliche Mitteilungen gemacht. Danach ist bereits einer der schwarzen Prinzen zum Christentum übergetreten. Er ist der Sohn des Königs von I n-h a m b a n e. Als er zur Stadt der Weißen kam, gefiel es ihm dort so wohl, daß er lange Zeit blieb. Der Kommandant der Festung Mozambik, Sebastian de Saa, nahm sich des hohen Gastes liebevoll an, ließ ihn unterrichten und war Pate, als er getauft wurde. Königlich beschenkt zog der Prinz an den Königshof zurück und erzählte so viel Schönes und Herrliches von dem Leben und den Gebräuchen der Christen, daß der Erbprinz und alle Brüder des Neubekehrten nach Mozambik gehen wollten, um sich taufen zu lassen. Ihr Vater verbot es ihnen jedoch. Aber er sagte ihnen, sie sollten Missionäre ins Land holen. Seht, Kapitän, so öffnet sich dem Evangelium wie durch ein Wunder die Tür ins Innere Afrikas; wir brauchen bloß einzutreten und das Kreuz aufzupflanzen. Der Märchenprinz hat uns die Pforten geöffnet. Ein großes, weltgeschichtliches Werk beginnt: die erste Mission in Ostafrika." „Und welchen Zweck soll das haben?" fragte der ungläubige Thomas. „Das erkläre ich Euch vielleicht ein andermal", versetzte Pater Andre. „Für jetzt scheint das Schiff Euer zu bedürfen." In der Tat klangen laute Rufe über Deck. „Ahoi — Schiff in Sicht — mit Kurs auf den Kutter!" „Gottes Zorn über den frechen Kerl!" rief der Kapitän. „Er scheint uns in den Grund bohren zu wollen. Aber wart, dem will ich kommen!" Er gab seine Befehle und die Matrosen flogen flink wie Katzen auf ihre Posten. Aber da rauschte auch schon der feindliche Segler heran. „Beim Himmel, es ist der Korsar!" rief der Kapitän, „der frechste Räuber im Indischen Ozean. Ein Moslem! Er hat das Kreuz erspäht und haßt es wie der Satan. Kinder, gebt ihm eine Kugel,ins freche Maul!" Der Kuller machte eine blitzschnelle Wendung und entging so dem furchtbaren Stoße, der ihm zugedacht war. Dann begann ein kurzer, heißer Kampf. Pater Andre sah am Mastbaum des feindlichen Schiffes den Halbmond glänzen. An den Mast gelehnt stand ein untersetzter Maure, reich gekleidet, mit einer Habichtnase in dem braunen, listigen Gesicht. Ein großer, weißer Turban bedeckte sein Haupt, und sein edelsteinbesetzter Gürtel starrte von Waffen. Mit lauten, grimmigen Worten feuerte er die Mohammedaner zum Kampfe daß die Masten ächzten und sich bogen. Wie eine Nußschale wurde das Schiff hin und her geworfen, der Donner grollte und rote Blitze zuckten wie glühende Speere nieder. „Gott steh' uns bei!" rief der Kapitän. „Solch einen Sturm hab' ich noch nie erlebt. Wir sind verloren!" Sie taten alles, um das Schiff vor dem Untergang zu retten, aber es war vergeblich. Es schien mit Mann und Maus verloren. Bereits schlugen die Wogen über Deck. In dieser höchsten Not faltete Pater Andre die Hände und rief zum Himmel: Schwarze Mambaschlange. I an; aber die Christen waren nicht minder tapfer. Der Korsar gab sein Spiel verloren; er setzte alle Segel bei und verschwand ebenso rasch, .wie er gekommen war. Die Portugiesen erhoben ein Siegesgeschrei, in das der Kapitän aber nicht einstimmte. Er blickte zum Himmel empor, der sich rasch verfinsterte. „Sturm!" sagte er zu dem Pater. „Das ist schlimmer als.der vorige Kampf. Jetzt stehen wir dem Tode gegenüber. Betet, ehrwürdige Männer, betet!" Der Sturm war da und blies wild in die Wellen, daß sie sich zu Wogen türmten. Ein Sausen und Brausen ging durch die Luft, „Herr, hilf uns, sonst gehen wir zugrunde!" Da trat Gonzalo, noch fiebernd, aber festen Mutes, auf Deck, kniete nieder und betete mit lauter Stimme, voll heißer Inbrunst: „Aus der Tiefe rufe ich zu dir! Herr, erhöre meine Stimme! Die Wasser sind gedrungen bis au meine Seele und es ist da kein Grund. Ich bin geraten in die Tiefe des Meeres und der Sturm hat mich versenkt. . Laß nicht zuschanden werden, die auf dich' hoffen, o Herr, du Gott der Heerscharen!" Laut klang die Stimme des Betenden in das Toben der Elemente hinein, und es war, als besitze der fromme Pater Gonzalo die Macht, dem Sturm zu gebieten. Der Orkan legte sich und die Wogen glätteten sich. Ruhig zog das Schiff seine Bahn; es war mit allen Menschen, die es trug, gerettet. Voll Ehrfurcht blickten die Matrosen auf den Missionär, der mit Mast kniete und betete. „Es ist wie ein Wunder", flüsterten sie unter sich. „Ohne ihn wären wir verloren gewesen." Die ganze Nacht hindurch wachte und betete Pater Gonzalo. Am Morgen, als die Sonne mit goldenem Glanze das Meer überstrahlte, waren sie der Küste nahe. Eine Stadt mit weißen Häusern und vielen runden Negerhütten tauchte aus und sie sahen schlanke Palmen, die sich im Morgenwinde wiegten. Frohen Herzens über die wunderbare Rettung warfen sie Anker und gingen des Dankes voll gegen Gott, der sie so gnädig beschützt hatte, ans Land. Bruder Costa errichtete ein Kreuz. Pater Gonzalo stellte seinen Reisealtar davor auf und las eine Dankmesse. Wie ein Siegesruf erklang das Gloria in excelsis in das Land hinein, das für den Herrn erobert werden sollte. Am Schlüsse, als der Priester Lust und Wasser, Land und Meer, Christen und Heiden im Namen des allmächtigen Gottes segnete, stieg freudig und voll Dank der ambrosianische Lobgesang zum Himmel empor. „Te deum lau-damus! Großer Gott, wir loben dich!" klang es, und alle waren froh int Herzen. 2. Kapitel. „Ich suche das Reich Gottes." Der Kommandant von Mozambik, Pantaleon de Saa, bewohnte ein reizendes Landhaus, das auf einem kleinen Hügel lag und deutlich den Reichtum seines Besitzes verriet. Die Pfeiler der Veranda waren mit duftenden Rankengewächsen geschmückt, breite Sykomoren warfen ihren Schatten darüber und der ganze Hügel bildete einen blumenreichen Garten von tropischer Fülle und Pracht. Um den runden Tisch der großen Veranda saßen der Hausherr de Saa und seine Gäste, die Patres Gonzalo und Andre, Bruder Costa und der Kapitän. Sie sprachen von der Zukunft der Mission, ans die Herr de Saa, ein hochgebildeter Edelmann von feinen Umgangsformen und gewinnender Höflichkeit, große Hoffnungen setzte. Als echter Portugiese betrachtete er die ganze Angelegenheit von der praktischen Seite, während Pater Gonzalos Absichten durchaus unirdisch waren. Er wollte die Mission mit ihres großen, schönen und edlen Zweckes willen durchführen, während der Kommandant in erster Linie an die Vorteile dachte, die dabei dem König und dem Mutterlande Portugal erwuchsen. Diener und Sklaven, in die Farben Portugals, blau und weiß, gekleidet, eilten geschäftig hin und her, um den Gästen frischen Limonensaft, Wein, Quellwasser, Zucker und köstlich eingemachte Früchte anzubieten. Pater Gonzalo, der noch immer am Fieber litt und sehr blaß und leidend aussah, genoß nur wenig, war aber trotz seiner Schwäche bemüht, das Gespräch in Fluß zu erhalten; denn ihm lag alles daran, den mächtigen und >einflußreichen Kommandanten von Mosambik für sich und seine Pläne zu gewinnen. „Alles, was in meinen Kräften steht, soll geschehen, um euch den Weg zu den Königshöfen zu ebnen", versicherte Herr de Saa. „Als erste Aufgabe gilt es, in Jnhambane den königlichen Hof für die heilige Sache zu gewinnen." „Und sie alle zu taufen!" rief Gonzalo mit leuchtenden Augen. „All die armen Schwarzen, die noch in der Finsternis des Heidentums wandeln, verlangen ja sehnlichst nach dem heiligen Wasser und es gilt daher, die Früchte zu sammeln, die der Herr auf dürren Bäumen wachsen ließ. Wie mir ein Portugiese sagte, sind die Neger sehr empfänglich für die Annahme des Christentums. Sie haben ein wächsernes Herz, in das man mit dem Griffel der Liebe mit Leichtigkeit die Lehren des Heilands und die Gebote Gottes schreiben kann." „Liebwerter Vetter", entgegnete Herr de Saa, „vielleicht sind die Schwarzen doch ein wenig anders, als bit sie dir denkst. Überzeuge dich daher erst von ihrem Charakter — und dann handle. Nur das eine will ich dir sagen: Baue nicht auf das Wort eines Koffern! Er ist wie ein schwankendes Rohr tut Winde. Sei daher vorsichtig, lieber Gonzalo, und halte die Augen offen. Vor allem warne ich dich vor den Mauren. Sie sind falsch, hinterlistig, treulos und voll Bosheit, Neid und Rachsucht. Jeder Moslem ist ein Prophet seines Glaubens und haßt die Christen wie der Satan das Kreuz." „Gibt es ihrer denn so viele bei den Negern?" fragte Gonzalo erstaunt. „Das will ich meinen", erwiderte Herr de Saa. „Sie sind gar mächtig an allen Königshöfen und stehen in Gunst und Gnade bei den schwarzen Fürsten; denn in ihren Hän- kas; das eigentliche Ziel ist das Gebiet des mächtigen Kaffernfürsten von Monomotapa. Es grenzt an das Heimatland des christlichen Negerprinzen Makara, der euch ins Land rief. Es geht die Sage, dort liege das Land Ophir, von dem die Heilige Schrift erzählt, daß König Salomon dort sein Gold und Silber zum Tempelbau holte." Seine Gäste hörten ihm voll Staunen zu. Der Kapitän nickte und sagte: „Auch unter dem Schiffsvolk gehen ähnliche Sagen, es Zulu-Zauberer, eine Wunde behandelnd. den liegt fast der ganze Handel mit Gold, Elfenbein und auch mit Sklaven. Und da sie überdies sehr reich sind, haben sie großen Einfluß irrt Lande. Hüte dich vor ihnen!" „Ich danke für diesen guten Rat und werde ihn befolgen", sagte Pater Gonzalo. „Sobald ich mich wohler fühle, breche ich nach Jnhambane auf." „Laß dir Zeit", mahnte der Komman-dant. „Lerne erst Laitd und Leute kennen, ehe du die große Reise antrittst. Das wird dir nur von Vorteil sein. Die Mission in Jnhambane wird dir nicht genügen; dein Plan ist kühner, dein Ziel liegt weiter. Der Königshof von Jnhambane ist nur die Pforte zu beut großen Bantureiche Ostafri- muß daher ein Körnchen Wahrheit daran sein. Unermeßliche Schätze liegen dort begraben." „Ich suche andere Schätze", sagte Pater Gonzalo ernst. „Schätze des Herzens, die nicht Rost noch Motten verzehren." „Du bist noch immer der alte Schwärmer", sagte de Saa lächelnd. „Ich aber halte ntich mehr an die Wirklichkeit, an den äußeren politischen und wirtschaftlichen Erfolg. Der mächtige König von Monomotapa, der Goldkaiser, herrscht weit und breit über die Bantu-Stämme. Seine Untertanen sind sehr kriegerisch und sein Laitd hat etwas Geheimnisvolles und Märchenhaftes. Nur wenige Europäer gelangen bis dorthin, denn er hütet seine Schütze mit Eifersucht. Jetzt j aber heißt es, er verlange mit den Portu- ! giesen Handel zu treiben. Das wären glänzende Aussichten für das Mutterland." „Ich bin nicht hieher gekommen, um Handel zu treiben", warf Gonzalo ein, „sondern um Seelen zu retten. Wenn es mir gelingt, den Goldkaiser zu bekehren, ist mein Ziel erreicht." ■ „Gewiß", stimmte ihm de Saa bei. „Aber . sollte es nicht möglich sein, beide Absichten mit einem Schlage zu erreichen? Bedenke j doch die ungeheuren Vorteile, die uns aus her Bekehrung des Kaisers und aus der Erschließung des Goldlandes erwachsen würden. Freundschaftliche Beziehungen zu dem | Goldkaiser würden der Krone Portugals die ; Aussicht auf unermeßliche Reichtümer eröffnen, neue Landungsplätze könnten zwischen dem Kap und Mosambik angelegt werden, die Negerkönige müßten Tribut zahlen und würden abhängig von unserem allerchristlichen König. Schon der eine Umstand, daß wir ihnen das höchste Gut, den christlichen Glauben, vermitteln, muß sie zur Dankbarkeit verpflichten." „Dies letztere ist mir die Hauptsache", sagte Gonzalo. „Das andere überlasse ich getrost deiner Sorge, Vetter Saa. Ich suche das Reich Gottes — suche du das Land Ophir. Sammle du Schätze für deinen König, ich suche solche für den Himmel. Gott helfe uns beiden dabei!" Damit war die Unterredung beendet und alle zogen sich, da die Tropenhitze unerträglich wurde, in ihre Gemächer zurück. — Andern Tages ging Pater Gonzalo, obwohl er noch sehr matt und angegriffen war, durch die Stadt, in der eine böse Seuche herrschte, besuchte die Kranken, tröstete sie und spendete ihnen die heiligen Sakramente. Das ging so eine Woche lang, und sein Name wurde voll Liebe genannt. Sein Wirken war offenbar vom Himmel gesegnet, denn alle Herzen flogen ihm zu. Er betrachtete dies ' als gutes Vorzeichen für seine Missionstätig- keit und setzte nach herzlichem Abschied seine Reise fort. Aus einem unbequemen Zambuko, einem offenen, vierzehn Meter langen und vier Meter breiten Segelboote, ging die Fahrt wahrend der stürmischen Regenzeit der Küste von Mosambik entlang zu dem schönen Ha-fenplatz Jnhambane, wo Pater Gonzalo schwer krank ankam. . Das Fieber schüttelte ihn und es war ihm unmöglich, seine Reise zum König anzutreten, dessen Residenz Tongue noch dreißig Stunden entfernt im Innern des Landes lag. So sandte er den Pater Andre mit vier wegkundigen Kasfern voraus. Er sollte dem König seine bevorstehende Ankunft melden und zugleich die fürstliche Familie in die Lehren des Christentums einweihen. Sobald sich Gonzalo etwas erholt hatte, machte er, auf den starken Arm des treuen Bruders Costa gestützt, seine Besuche in den umliegenden Negerdörfern und unterrichtete die armen Heiden; allein er hatte anfangs wenig. Erfolg, bis ihm ein außerordentliches Ereignis zu Hilfe kam. Seeräuber überfielen nachts ein Dorf, raubten die Kaffernmädchen und schleppten sie als Sklavinnen weg. Der Scheik des Dorfes, der die Seinen verteidigte, lag in seinem Blute in der Hütte und im ganzen Dorfe herrschte Jammern und Wehklagen, als Gonzalo und Bruder Costa ankamen. Der Pater suchte die Trauernden zu trösten und versprach ihnen, den Kommandanten von Mosambik zu veranlassen, auf den Seeräuber Jagd zu machen. Darauf faßten die Neger Vertrauen zu dem gütigen Pater und führten ihn zu ihrem Vorsteher, der noch bewußtlos in seinem Blute lag. Ein alter Ne-> ger saß neben ihm auf dem Boden. Er war mit einem Schleier vermummt, murmelte Zaubersprüche und schwang zwei weiße Stäbchen über dem Kranken. Es war der Zauberer des Dorfes, der hier seine Künste versuchte. (Fortsetzung folgt.) -Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Kongregation der Missionäre Söhne des heiligsten Herzens Jesu. Verantwortlicher Redakteur für Österreich: F. Alois Wilslina F. S. C., Generalassistent, Missionshaus Graz; für Deutschland: F. Heinrich 'Wohnhaas, F. 8. C., Missionsseminar St. Joses, Ellwangen-Iagft, Württemberg. — Aniversttäts-Buchdruckerei „Styria", Graz