Cur- und Hausordnung der Naturheilanstalt ^lALLNER BRUNN mn See, Oberkrain. Dirigent und Besitzer Arnold Rikli. ki Laibach Blichdruckerei Ir. v. Klcinnl;\y i 1 iv Fcd. Bamberg. 1SS6. m r ' r . w»' V Cur- und Hausordnung der Naturheilanstalt MALLNER H RUN N am Veldeser See, Oberkrain. AeVztlicher Dirigent und Resitzer Arnold Rikli. 9T Laibach l!uchesser ist, solche sofort zu riigen und zu bestrafen. 32. Nachdem die Curtaxe so gestellt ist, dass die Diener von mir eines Tagarbeiters Lohn beziehen, so ist denselben nur bei eventueller Zufriedenheit Trinkgeld zu geben. Um auch hierin cin geuisses Mittel ein- zuhalten und die Diener nicht riicksichtslos gegen minder bemittelte Giiste zu machen, ersuclie drin- i6 gend, \vochentlich den Hauptdiener mit nicht mehr als i fl., den Hilfsdiener mit 50 kr. oder beide zusammen, je nach Gutdunken vertheilt, mit nicht mehr als 1 fl. 50 kr. zu betheilen. Es ist auch dies niclit absolute Schuldigkeit, sondern gentigt auch tveniger, und soli bei lassiger Bedienung ganz unterbleiben. Ist jemand besonders zufrieden mit seinem Diener, und will er sich demselben hieftir erkenntlich zeigen, so ersuche dies nur bei Schluss der Cur zu thun, indem zu grosse Beschenkung \vahrend der Cur die Diener leicht Ubermiithig und anmassend macht. Diener, welche nicht der Abtheilung des betreffenden Gastes zugetheilt sind und nur aus- hilfs\veise andere Giiste bedienen, sollten hieftir nicht beschenkt \verden. 33 . Es ist notlnvendig, dass der Curgast zuweilen selbst von der Temperatur des Bade- wassers sich uberzeuge, resp. den Thermometer- stand desselben von seinem Diener direct sich vorzeigen lasse. Wem es ernstlich um seine Cur zu thun ist, dem empfehle ich, seine jeiveilige Ordination formlich austvendig zu lernen oder doch Tag ftir Tag die Curvorschrift sich fest einzupragen zivecks Controlirung des Dieners, \velcher ebenso leicht aus Irrthum \vie aus Lassigkeit fehlen kalin. Hochst fehlerhaft ist es, wenn sogar das umgekehrte Verhaltnis stattfindet, indem der 7 Curgast total von seineni Diener sich leiten lasst, statt selbst genau iiber seine Curvorschrift in- formirt zu sein. 34. Fiir alle Stundenbezeichnungen ist allein die Anstaltsuhr inassgebend, da die Veldeser Kirchenuhr sehr unregelmassig geht. Diep.t. Gaste \verden hoflichst ersucht, an keiner Anstaltsuhr die Zeiger zu ubersehieben; bei vorkommender Abweichung der Uhren ersuche ich, den Haupt- diener darauf aufmerksam zu machen. Die dies- fallige Bestimmung 'ist, dass die Anstaltsuhren der Bahnuhr fiinf Minuten vorgehend gestellt werden. 35. Im Auftrage der politischen Behorde -habe ich allen p. l. Curgasten bekanntzugeben, dass das Lichtbaden in ecliter l'raxis nur auf den dazu bestimmten Platzen, eventuell in ganz abgelegenen VVald- und VVeidegegenden, in deren Nahe weder Fuss- nocli Fahrwege bestehen, er- laubt ist. Zlim Ausmarsch ins I.ichtbad und noch mehr beim Ruckmarsch ist in der Nahe des dflentlichen Verkehrs eine massige Entblossung einzuhalten. Zmviderhandelnde ziehen sicli und mir Unan- nehmlichkeiten zu. Um den grossen Vortheil des permanenten I .ichtluflbadens in der Lufthuttencolonie moglichst auszuniitzen, milssen die Herren daselbst im Mi¬ nimum mit Filetjacke und kurzer Kniehose be- IS kleidet sein, Damen mit ausgeschnittenem Unter- rock, Uber die Hruste reichend. 36. Die Aufschrift «Discretionsgrenze» an den Lufthutten bedeutet, dass niemand auf dem \Vcge, ivelcher unmittelbar vor der Vorder- seite der betreffenden LufthUtte sicli belindet, vor- beigelien darf, der nicht die Erlaubnis dazu von der imvohnenden Dame erhalten bat. 37. Das Lesen in jedem Bade, besonders aber im Sonnenbade, ist entschieden cunvidrig, indem die geistige Anstrengung die peripherische (bei Localbadern die locale) Nervenreaction ab- lenkt, bez\v. absorbirt, tiBerdies im Sonnenbade durch den intensiven Lichtreiz das Gehirn mittelst der Augennerven uberreizt. 38. Die p. t. Gaste werden dringend er- sucht, nie mit Lederscbuhen auf den Betten zu liegen, wodurch letztere arg verunreinigt und ver- dorben werden. — Bei Bediirfnis des Nieder- legens in den Kleidern lege man sicli nicht di- rect auf die gesteppte Bettdecke, sondern auf die Oberdecke (Filzteppich oder NVollteppich), um die erstere moglichst zu schonen. IV. Aerztliche Ordination. 39. /ur arztlichen Berathung und ruhigen Besprechung aller Curverhiiltnisse halte ich taglich Ordinationsstunden: '9 1. ) in meiner VVohnung vorniiltags von 9 bis lialb 1 1 Uhr, wozu man sicli jedoch um 9 Uhr anmelden niuss, ansonst ich mich ins Bade- haus begebe; nachmittags von 2 bis halb 4 Uhr. I)ie Vormeldung oder die personliche Priisenz um 2 Uhr ist nothig, da ich andernfalls spazieren- gehe. Diese Stunden sollten namentlich die Damen benutzen, indem sie in der Anstalt \veniger giinstige Gelegenheit zu einer Be- sprechung mit mir finden, als die Herren; 2. ) in der Anstalt stets, solange ich dort prasent bin, indem der Zweck meines Dortseins vvesentlich der ist, neben der personlichen Dirigirung der Hauptapplicationen Gelegen¬ heit zur Berathung zu bieten. Diejenigen Damen, welche mich im Badehause zu berathen \viinschen , diirfen mich dort zu jeder Zeit herausrufen. 40 . Nach geptlogener erster griindlicher Besprechung liber den Leidenszustand erhiilt der betreffende Client oder die Clientin eine schrift- • liche Ordination, enttveder im sogenannten Dienst- buch, \velches stets im Badehaus aufliegt, oder auf einem eigenen Ordinationsblatte. Je nach Mass- gabe meiner Kenntnis der Individualitat wird eine Curvorschrift von 1 bis zu 15 Tagen ertheilt. VVo man mich auch berathen will, so bringe man immer sein Ordinationsblatt mit, indem ich ohne Einsicht in dasselbe den bei 20 der Abfassung der Ordination gestellten Curplan mir nicht vergegemvartigen kann, um eine bessere Modification oder Alteration desselben /,u treffen; oder mit anderen VVorten: es ist hiiulig unstatt- haft, mir eine einzelne Vorschrift zu andern oh ne Beurtheilung des Zusammenhanges mit den andern vorgesehriebenen Applicationen. Da das Ordi- nationsblatt stets zu meiner und der Diener Einsicht im Badehause aufliegen soli, von den p. t. Curgasten aber gar oft zu Hause ver- gessen wird, so tviinsche ich sehr, dass man sicli stets eine Copie von der Ordination nehme, wozti die' Formulare bei mir zu haben sind. 41. Da ich in der Regel tviihrend der Cursaison stark angestrengt bin, bedarf ich auch der regelmassigcn Ruhe und Erholung, um mit erneuter Schivungkraft allen Anforderungen zu entsprechen. Ich ersuche daher freundlichst, ausser in dringenden Fiillen mich auf der Strasse und bei Tische mit iirztlichen Fragen und Lamen- tationen zu verschonen, sondern — da alles seine Zeit bat — hiezu die festgesetzten Stunden in der Wolmung, in der Anstalt oder im Kranken- zimmer zu bentitzen. Ueberhaupt ivolle jedermann priifen, ob seine Quastionirung notlnvendig sei, und bedenken, je mehr der Arzt Itir Lappalien in Anspruch ge- nonnnen vvird, desto weniger bleibt ihm ruhige has- sung und Urtheilskraft ftir \virklicli ernste Fragen. Ohnehin zcigen chronische Leiden in der Regel von einem Tage z um andern wenig oder gar keine Besserung, ja ofters Verschlimmerung, bis nicht Krišen durchgemacht worden sind. Nicht genug kann icli dalier empfehlen, in den allgemeinen Curregeln die Capitel: «I)ie Heilungs- vorgange chronischer Leiden bei physiatrischer Behandlung*, S. 90 , sowie jenes iiber 'die Begrifle Gesundheit — VVohlsein und Ungesundheit — Kranksein«, S. 86 , mit Nachdenken ofters durch- z.ulesen, damit man sich den allgemeinen Verlauf der Cunvirkung gehorig einprage. 42. Andererseits mochte ich ebensoivenig, dass man zu scheu und zu zuriickhaltend sei und die iviederholte Steigerung eines Leidens- zustandes oder irgend eines Uebelstandes, seien sie nun durch getvisse Curapplicationen oder als Folge der ganzen Cur hervorgcbracht, ver- schiveige. Jedermann trachte hierin nach einem juste miUeu; ich habe nicht nur die redliche Absicht, sondern auch Lust und Freude, allen verniinftigen Anforderungen zu entsprechen — solange ich \vahrnehme, dass man auch getvissenhaft meinen Anordnungen nachkommt. Wird dies hingegen auf die leichte Achsel genommen, so verliere ich einen guten Theil Lust und Sinil (zum Nach¬ denken), dem betreflenden individuum mit Rath und That ivirklich zu helfen. 22 In nothivendigen, dringenden Fallen bin ich jede Stunde bei Naclit wie bei Tag mit Ver- gniigen z« helfen bereit. 43. F.bensoivenig wird aber eine Selbst- behandlung, d. i. eine eigenmachtige Abanderung von der Curvorschrift, gestattet. Die Diener sind angeiviesen, Anforderungen in dieser Richtung abzmveisen; \vem das Vertrauen zu mir als Arzt mangelt, der zielie in Gottes Namen iveiter. Amvesende Collegen, sotvohl Naturarzte als Medicinarzte, ersuche freundlichst, ohne meine Aufforderung sicli aller Rathschlage an die Kranken zu enthalten. bei der Melirzahl derart vor- gekommener Falle wurde nur Misstrauen, Klein- muth und Ziveifel gestiftet. Wer auf medicin- arztlichen Rath melir halt als auf das Naturheilver- fahren, resp. als auf meine naturarztliche Ordi- nation und Durchfuhrung, der bleibe von vorn- herein ferne von meiner Anstalt! 44. Hinsichtlich Krankenbesuches halte icli micli verpflichtet, nur die Bettlagrigen sowie jene, die sonst unfahig sind, in die Badeanstalt zu gelangen, aufzusuchen. Von solchen unenvartet eingetretenen Fallen \volle man micli bald avisiren. 45. Unter curmassigem Dursttag ist folgen- des Regime verstanden: i.) Durclt 24 Stunden \vird gar keine Flussig- keit getrunken. 23 2. ) Das erste und z\veite Friihstiick darf bloss aus trockenen Semmeln oder VVeissbrot be- stehen. 3. ) Bei der Hauptmahl/.eit ist entweder die Suppe oder das Compot auszulassen. Stark Durst Leidenden ist zu rathen, auch wenig oder keine Mehlspeise zu essen. 4. ) Naeh abgelaufenem Dursttag, d. i. erzielter Concentrirung und Erhitzung des Magens, darf nur mit Vorsicht, namlich auf den nuchternen Magen nur laue Flussigkeit getrunken werden; um kaltes Getrank zu geniessen, muss zuvor der Magen genugend mit Speise gefiillt sein.