Elisabeth Schöggl-Ernst1 (Austria) APPRAISAL OF ELECTRONIC RECORDS – A CASE STUDY ABSTRACT ABSTRACT Since years, most of the Austrian Federal Administrations produce electronic re- cords. We have to make archival selection decisions before the creation of records (prospective appraisal). In this presentation, the author shows two solutions, which were found for prospective appraisal of electronic metadata and electron- ic records in the Styrian Federal Administration. To create a software with a work- flow including restricted access to the metadata, a tight cooperation between the IT-department, the department of organization and the archives is necessary. Key words: appraisal, records management, archival science, information manage- ment technologies VALUTAZIONE DEI DOCUMENTI ELETTRONICI – UN CASO DI STUDIO SINTESI Da anni, la maggior parte delle amministrazioni federali austriache produce documenti elettronici. Dobbiamo prendere decisioni per la selezione d’archivio prima della creazione dei documenti (valutazione in prospettiva). In questa presentazione, l’autore mostra due soluzioni, che sono state trovate per la valutazione in prospettiva dei metadati elettronici e dei documenti elettronici nell’Amministrazione federale della Stiria. Per creare un software con un flusso di lavoro che include un accesso limitato ai metadati, è necessaria una stretta collaborazione tra il reparto informatico, il reparto organizzativo e gli archivi. Parole chiave: valutazione, gestione documentale, archivistica, tecnologie di gestione informatica VREDNOTENJE ELEKTRONSKEGA GRADIVA - PRIMER ŠTUDIJE IZVLEČEK Večina avstrijskih zveznih uprav že leta ustvarja dokumente v elektronski obliki. Od- ločitve o arhivskem izboru moramo sprejeti pred ustvarjanjem dokumentov (predvi- deno vrednotenje). V tej predstavitvi avtor prikazuje dve rešitvi, ki sta bili najdeni za morebitno vrednotenje elektronskih metapodatkov in elektronskih zapisov v Štajer- ski zvezni upravi. Če želite ustvariti programsko opremo z delovnim tokom, vključno z omejenim dostopom do metapodatkov, je pri tem potrebno tesno sodelovanje med IT-oddelkom, organizacijskim oddelkom ter arhivi. Ključne besede: vrednotenje, dokumentologija, arhivistika, upravljanje informacijskih tehnologij 1 Elisabeth Schöggl-Ernst, Hon.-Prof. Mag. Dr. MAS, Bereichsleiterin im Steiermärkischen Landesarchiv und Lehrbeauftragte an der Universität Wien. E-mail: elisabeth.schoeggl-ernst@stmk.gv.at. 115APPRAISAL OF ELECTRONIC RECORDS – A CASE STUDY Elisabeth Schöggl-Ernst BEWERTUNG DIGITALER AKTEN – EINE FALLSTUDIE ABSTRACT Die Arbeit mit digitaler Protokollierung begann in Österreich bereits in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der elektronische Akt wurde im beginnenden 21. Jahrhun- dert in Österreichs Verwaltung ausgerollt. Die inhaltliche Bewertungsarbeit hat sich mit diesem Medienwandel nicht geändert. Wohl aber sind technische Standards und Work- flows zusätzlich zu berücksichtigen. Die Bewertungstätigkeit erfolgt nun weitgehend prospektiv. Im Beitrag werden zwei Lösungen präsentiert, die die Bewertung von di- gitalen Metadaten sowie des digitalen Aktes erleichtern und die Bewertungsentschei- dungen sichern. Key words: appraisal, records management, archival science, information manage- ment technologies 1 EINLEITUNG Die Verwaltung arbeitet heute international zunehmend mit dem elektronischen Akt. Eine Ausweitung der digitalen Verwaltung wird durch Digitalisierungsstrategien der Poli- tik gefördert. So wurde auch im Regierungsprogramm der Republik Österreich für die Pe- riode 2020 bis 2024 eine breit angelegte Digitalisierungsstrategie in Aussicht genommen, die verschiedene Bereiche umfassen soll. Neben der Förderung des digitalen Ausbaues in Bildung und Forschung setzt man auf die Digitalisierung der Verwaltung und forciert den Ausbau der dafür notwendigen Breitband-Infrastruktur. Darauf aufbauend soll die öffentliche Verwaltung durch die Digitalisierung einfacher werden – modern, effizient und bürgerorientiert – mit Fokus auf die Menschen und deren Lebenssituationen. Höchst- möglicher Datenschutz und vollumfängliche Kontrolle über die eigenen Daten sind dafür Grundvoraussetzungen. Open Data schafft neue Möglichkeiten für gesteigerte Transpa- renz von Politik und öffentlicher Verwaltung. Eine vorausschauende Netzpolitik sichert Grund- und Persönlichkeitsrechte im digitalen Raum. (Regierungsprogramm 2020, 219) Der Weg ist damit klar vorgegeben: Die Verwaltung wird noch größere Mengen an digita- len Daten produzieren, die schließlich den Archiven zur Übernahme angeboten werden. Dieser Beitrag widmet sich nicht der inhaltlichen Bewertung von digitalen Daten, son- dern beschreibt zwei Bewertungstools, die im Steiermärkischen Landesarchiv im Ein- satz sind, um die Bewertungsarbeit für digitale Metadaten sowie für den gesamten di- gitalen Verwaltungsakt zu systematisieren und zu erleichtern. 2 BEWERTUNG VON DIGITALEN METADATEN Beginnend in den 1980er-Jahren stieg die steirische Landesverwaltung auf ein elektro- nisches Kanzleiinformationssystem um, das den Namen „AKVE“ erhielt. Die Akteninhalte selbst blieben in analoger Form bestehen. Das Steiermärkische Landesarchiv ist daher bei der Übernahme dieser Akten mit einem Hybridsystem konfrontiert. Mit dieser Umstel- lung setzte ein gewisser Hype um die einfachere Suche nach Akten vom Schreibtisch aus ein, der allerdings einherging mit einem Verlust von Wissen über Schriftgutverwaltung. Die Einhaltung der Vorgaben einer Kanzleiordnung wurden zunehmend ignoriert, umso verbreiteter war die Meinung, mit Hilfe eines digitalen Kanzleimanagementsystems und dessen Suchfunktion alles finden zu können. War zuvor das Registraturpersonal einge- hend geschult worden, kamen nun gering entlohnte Kanzleikräfte in der digitalen Proto- 116 APPRAISAL OF ELECTRONIC RECORDS – A CASE STUDY Elisabeth Schöggl-Ernst kollierung zum Einsatz, für deren Einschulung mitunter die Zeit und auch das Verständnis fehlte. Die Qualität der Schriftgutverwaltung verschlechterte sich auch durch die Möglich- keit einer freieren Erstellung des Aktenplans. Musste zuvor der Aktenplan einer Abteilung von der Landesamtsdirektion genehmigt und auch eingehalten werden, so ermöglichte das Kanzleiinformationssystem ein eigenständiges Anlegen neuer Aktenplanabschnit- te. Zusätzlich wurden Metadaten unvollständig oder manchmal sinnentleert vergeben. Als die Funktionalitäten des Kanzleiinformationssystems ausgeweitet wurden und auch Digitalisate mit den Metadaten verknüpft werden konnten, erfolgte an manchen Stel- len die Vernichtung der Originale, obwohl in dieser Phase nur der analoge Akt rechtliche Gültigkeit hatte. Damit wurden, wie auch Markus Schmidgall für das Bundesland Vorarl- berg feststellte, die Kriterien der Authenticity, Reliability, Integrity und Usability, wie sie nach DIN ISO 15489-1 für die Schriftgutverwaltung definiert sind, ignoriert (Schmidgall 2019:143f. Lutz 2012. ISO 30301:2011-11 Information and documentation). Diesem Miss- stand versuchte man mit Methoden und Werkzeugen des Records Managements zu be- gegnen. Zusätzlich zu den Qualitätsmerkmalen definiert der Standard die Anforderungen für ein elektronisches Records Management System und den dafür notwendigen Work- flows und Geschäftsprozessen. (Schmidgall et al. 2018, 155–189) Diese Entwicklung hatte gravierende Auswirkungen auf die Bewertung der Verwaltungs- daten. Denn die Bewertung erfolgte üblicherweise auf der Grundlage des Aktenplans einer Dienststelle. Da dieser Aktenplan jedoch nicht mehr eindeutig festgelegt, sondern frei erweiterbar und damit fließend war, stießen die Archivar*innen bei der Bewertung auf Komplikationen und der Bewertungsaufwand erwies sich als ungleich höher. Als die steirische Landesverwaltung den Entschluss zum Umstieg auf den elektronischen Akt mit digitalen Metadaten und Contents fasste, wurden die Daten aus dem digitalen Kanzleiinformationssystem exportiert und in einem digitalen Zwischenarchiv gespei- chert. Dieses digitale Zwischenarchiv mit dem Namen ZAZA (Zentrales Akten-Zwischen- Archiv) wurde von der IT-Abteilung des Landes Steiermark in Zusammenarbeit mit dem Landesarchiv und der Organisationsabteilung programmiert und ein Metadatenset er- arbeitet für die Daten, die aus dem Kanzleiinformationssystem übernommen wurden. Dieses Zwischenarchiv ermöglicht einigen wenigen Personen in den Dienststellen den weiteren Zugriff auf die Metadaten und damit das Auffinden der Akten in den eigenen Aktenlagern. Das Berechtigungssystem wurde sehr restriktiv gehandhabt und den Dienststellen nur mehr lesender Zugriff vergeben. Das Steiermärkische Landesarchiv erhielt sowohl lesende als auch schreibende Berechtigung. Das Tool dient nämlich auch als Prüfmodul für die Bewertungsarbeit des Landesarchivs. Die aus der Zeit der analo- gen Verwaltungstätigkeit stammenden Bewertungsentscheidungen aus den Skartier- plänen waren mit den einzelnen Dienststellen erarbeitet worden und sind bereits in das Kanzleiinformationssystem eingeflossen. ZAZA bietet die Möglichkeit, die Bewer- tungsattribute anhand der Metadaten zu überprüfen, die Bewertungsentscheidungen zu ergänzen und endgültig festzulegen. Bei der Datenanalyse für das Mapping kamen weitere Unzulänglichkeiten in der Meta- datenerstellung im Kanzleiinformationssystem zutage. So wurden etwa Datums- felder willkürlich befüllt, wodurch der eindeutige Abschluss von Akten nicht ermit- telt werden kann. Als Konsequenzen daraus ergeben sich verlängerte Sperrfristen, da diese erst mit dem Einpflegen der Akten in das Zwischenarchiv zu laufen beginnen können, denn der tatsächliche Abschluss der Akten ist aus den Metadaten nicht zu er- mitteln. Bevor das Landesarchiv mit ZAZA eine endgültige Bewertungsentscheidung trifft, sind daher Datenanalysen notwendig. Diese betreffen auch die Eintragungen der aus den Skartierplänen übertragenen Bewertungsattribute. 117APPRAISAL OF ELECTRONIC RECORDS – A CASE STUDY Elisabeth Schöggl-Ernst Nach der Bewertung der in ZAZA zur Übernahme angebotenen Aktengruppen, erstellt das Tool einen Prüfbericht, welcher der aktenbildenden oder abgebenden Dienststelle übermittelt wird mit dem Auftrag, die archivwürdigen Aktengruppen zu übergeben und die nicht-archivwürdigen Akten zu vernichten. Die Metadaten werden hierauf in das Archivinformationssystem des Landesarchivs übertragen, sie bleiben aber auch in ZAZA erhalten, um den Dienststellen weiterhin die Suche zu ermöglichen. Auch Meta- daten von nicht-archivwürdigen Akten verbleiben in ZAZA, da grundsätzlich alle Meta- daten als archivwürdig gelten. Bis zur Implementierung eines digitalen Archivs für den elektronischen Akt werden somit alle Metadaten aus dem Kanzleiinformationssystem in diesem digitalen Zwischenarchiv gespeichert. Mit dem Umstieg auf den elektronischen Akt (ELAK) war die Programmierung einer Schnittstelle von ZAZA zum ELAK notwendig, da nicht alle Akten abgeschlossen werden konnten, sondern im ELAK zur weiteren Bearbeitung zur Verfügung stehen mussten. Dieser Medienbruch innerhalb von Akten wurde sowohl im ELAK als auch in ZAZA gek- ennzeichnet. 3 BEWERTUNG DIGITALER AKTEN Im Jahr 2013 begann die Steiermärkische Landesverwaltung den elektronischen Akt auf alle Dienststellen des Landes auszurollen. Die Bundesverwaltung war bereits eini- ge Jahre zuvor auf die digitale Verwaltung umgestiegen. Wie in der Bundesverwaltung und bei einer Reihe von anderen österreichischen Landesverwaltungen wird dafür die eGov-Suite der Firma Fabasoft verwendet. In der Steiermark konnte das Projekt 2017 weitgehend abgeschlossen werden. Einzelne Teilbereiche der Landesverwaltung wurden und werden erst zu einem späteren Zeitpunkt an die digitale Aktenführung angebunden. Zwischen dem Projektstart 2013 und der Fertigstellung 2017 wurden 39 Dienststellen mit dem ELAK ausgestattet. Täglich werden zwischen 6.000 und 8.000 Stücke im ELAK bearbeitet. Das Steiermärkische Landesarchiv war von Beginn an Teil des Projekts und implemen- tierte als eine der ersten Abteilungen den elektronischen Akt, um an den Vorgaben für die Erstellung von Metadaten mitzuwirken. Alle Beteiligten hatten aus den Erfahrungen der elektronischen Protokollierung gelernt. Daher wurden Richtlinien für die Erstellung von Metadaten erarbeitet und vermehrt Schulungen des Personals durchgeführt. In den Dienststellen mussten zum Zweck einer nachvollziehbaren, sinnvollen Strukturierung der Akten spezifische Arbeitsanweisungen erstellt werden, die laufend aktualisiert werden. Die Qualitätssicherung obliegt den Dienststellenleitungen und umfasst zumindest die re- gelmäßige Überprüfung der ordnungsgemäßen Aktenführung. (Büroordnung 2019) Die inhaltliche Bewertung von digitalen Akten unterscheidet sich grundsätzlich nicht von der Bewertung analoger Akten. Die Bewertungsentscheidungen werden unab- hängig von der Erscheinungsform der Daten getroffen. Für die inhaltliche Bewertung von Massenakten hat das Landesarchiv Baden-Württemberg ein automatisiertes Aus- wahlverfahren mit dem Namen Selesta programmiert, mit dem in der ersten Phase die Anklageschriften der Staatsanwaltschaft bewertet werden konnten. Auch hier handelt es sich um digitale Metadaten mit analogen Akten. Das System filtert die Akten nach verschiedenen Selektoren mit vordefinierten Kriterien. Unter anderem gleicht das Sys- tem die Daten mit jenen einer Personendatenbank ab, die aus Wikipedia mit Daten über Personen des öffentlichen Lebens befüllt wird. Mittlerweile wurde Selesta an andere deutsche Bundesländer abgegeben und soll auf andere Behördendaten ausgeweitet werden. Aber auch für dieses inhaltliche Bewertungstool gilt, dass es immer nur so gut sein kann wie die zugrundeliegenden Daten(Koch et al., 2017. Naumann 2020). 118 APPRAISAL OF ELECTRONIC RECORDS – A CASE STUDY Elisabeth Schöggl-Ernst In der steirischen Landesverwaltung hat sich etwa zeitgleich mit der Einführung der elektronischen Aktenführung die Verwaltungsstruktur grundlegend geändert. Damit verschoben sich Zuständigkeiten und dadurch mussten neue Aktenpläne für die neu- en Abteilungen ausgearbeitet werden. Anstelle der kleinteiligen Aktenplanabschnitte wurden größere Sachgebiete eingeführt, die das Verwaltungshandeln nach Aufgab- enbereichen gliedern. Die Sachgruppen der Dienststellen bilden die Grundlage für die Aktenführung. Thematisch orientieren sich die Sachgebietsdefinitionen an den Leis- tungsgruppen des Leistungskatalogs einer Abteilung, darüber hinaus werden ergän- zende, grundlegende Attribute wie Archivwürdigkeit, Skartierfrist, Schutzfrist und Transferfrist festgelegt; diese Attribute sind dienststellenübergreifend einheitlich. Die Verwaltung von Sachgebietsdefinitionen erfolgt durch die Organisationabteilung. Das Landesarchiv prüft die Festlegungen der Archivwürdigkeit und die Fristen. Jede Abteilung bearbeitet im ELAK ganz bestimmte Sachgebiete, die in ihren Zuständig- keitsbereich fallen. Ein Sachgebiet ist ein nach inhaltlichen Kriterien erstellter Teil des Aktenplans, basiert ausnahmslos auf einer Sachgebietsdefinition und ergänzt diese um dienststellenspezifische Eigenschaften. In diese Sachgebiete werden die Akten eingeg- liedert. Eine Ebene unterhalb der Akten befinden sich die Geschäftsstücke. Eine Zwis- chenstufe von Akt zu Geschäftsstück bildet der Geschäftsfall als Einheit mehrerer zusam- mengehöriger Stücke. Die Bewertung erfolgt auf der Ebene der Sachgebiete. Die Inhalte aller einer Organisationseinheit zugehörigen Sachgebiete wurden hinsichtlich deren Ar- chivwürdigkeit bewertet. Befinden sich in einem Sachgebiet Betreffe und darin Akten, die nicht archivwürdig sind, wird dennoch das gesamte Sachgebiet als archivwürdig bew- ertet. Eine Einzelaktenbewertung ist aufgrund der Aktenmasse sind durchführbar. Das Landesarchiv hat sich gemeinsam mit der Organisationsabteilung dazu entschlos- sen, grundsätzlich alle Metadaten zu bewahren. Die Bewertungsentscheidungen be- treffen daher die Akteninhalte, die Contents. Deshalb gibt es derzeit nur zwei Bewer- tungsattribute, nämlich „archivwürdig“ und „nicht archivwürdig“. Der ELAK kennt aber weitere Archivierungsattribute: Metadaten archivwürdig (M), Metadaten und Content archivwürdig (MC), Samplebildung, Metadaten nicht archivwürdig, Metadaten und Con- tent nicht archivwürdig, Bewertung ausständig. Für die Bewertung der elektronischen Akten wurde eine eigene Arbeitsgruppe gebil- det, an der Mitarbeiter des Landesarchivs, der IT-Abteilung und der Organisationsabtei- lung des Landes mitwirkten. Erfolgte die Bewertung von analogen Akten retrospektiv anhand von Skartierungsplänen für jede einzelne Materie einer Dienststelle, so müssen Bewertungsentscheidungen beim elektronischen Akt prospektiv getroffen werden. Die Bewertungstätigkeit erfolgt außerhalb des elektronischen Aktes. Für diese pros- pektive Bewertungsarbeit wurde von der IT-Abteilung eine eigene Software program- miert, die sogenannte ELAK-Administrationskonsole (ELAK-AK). 119APPRAISAL OF ELECTRONIC RECORDS – A CASE STUDY Elisabeth Schöggl-Ernst Die Landesverwaltung verfolgte mit diesem Tool die Ziele, • eine einheitliche organisatorische und technische Abbildung des landesweiten Ak- tenplans mit Hilfe eines geeigneten Instruments zu schaffen, • eine Vereinheitlichung der Umsetzung und Freigabe der Akten- und Fristenpläne in enger Abstimmung mit dem Landesarchiv, • die standardisierte Umsetzung von individuellen Rechten auf ELAK Geschäftsobjekte durch ein geeignetes Instrument, das an das steirische Rechteverwaltungssystem an- gebunden ist. Die ELAK-AK ist ein Werkzeug, das notwendige administrative Tätigkeiten, die vorher manuell, entsprechend aufwendig und fehleranfällig durchgeführt worden sind, un- terstützt. Dieses Tool ist ein eigenentwickeltes Werkzeug, dem eine Java basierte Web- anwendung zugrunde liegt. Da mehrere Dienststellen mit dieser Software arbeiten, ist ein dienststellenübergreifender Workflow integriert. Sachgebietsverwaltung mit der ELAK-AK In dieses Tool werden alle Sachgebiete mit den Sachgebietsdefinitionen nach Abtei- lungen gegliedert eingespielt. Das Landesarchiv erarbeitet mit den Abteilungen die rechtlichen und archivischen Bewertungsrichtlinien. Erst nachdem diese festgelegt sind, werden sie in die Software eingetragen und dem Landesarchiv noch einmal zur Überprüfung angezeigt. Nur Mitarbeiter*innen des Landesarchivs haben die schreiben- de Berechtigung für Bewertungsentscheidungen in dieser Software. Das Landesarchiv hat zu diesem Zeitpunkt noch die Möglichkeit, die Bewertungsentscheidung zu än- dern. Nach Abschluss des Prüfvorganges werden die Bewertungsentscheidungen über eine Schnittstelle von der ELAK-AK in den ELAK implementiert und sind somit bei den einzelnen Sachgebieten hinterlegt. Erst ab diesem Zeitpunkt stehen die Sachgruppen den Dienststellen im ELAK zur Bearbeitung zur Verfügung. Das bedeutet, dass im Pro- duktivsystem des ELAK die Bewertungsarttribute auf der Ebene der Sachgebiete ein- getragen sind und keine nachträglichen Bewertungsentscheidungen durch Mitarbeiter von Dienststellen getroffen werden können. Der ELAK bietet auch keine Möglichkeit, die Bewertungen im Produktivsystem des ELAK zu überschreiben. Denn auf das Bewer- tungsfeld im ELAK haben die Dienststellen nur lesende Berechtigung. Bewertungsent- scheidungen werden also prospektiv mit Hilfe dieses Tools und außerhalb des ELAK ge- troffen. 120 APPRAISAL OF ELECTRONIC RECORDS – A CASE STUDY Elisabeth Schöggl-Ernst Im ELAK hinterlegte Bewertungsentscheidungen Die Bewertungen wurden mittlerweile für alle Abteilungen durchgeführt, die den ELAK übernommen haben. Allerdings fallen bei jeder Umstrukturierung innerhalb der Lan- desverwaltung Änderungen in den diesen (neuen) Dienststellen zugeordneten Sach- gebieten an. Daher müssen immer wieder Neubewertungen durchgeführt werden. In der steirischen Landesverwaltung sind rund 700 Fachinformationssysteme (FIS) im Einsatz. Sofern die Ergebnisse und die wichtigen Eckdaten in den ELAK einfließen, kann von einer Bewertung dieser FIS Abstand genommen werden. Die Bewertung all jener FIS, die außerhalb des ELAK eingesetzt werden, steht noch bevor. Dieses Bewertungstool verhindert, dass individuelle Bewertungsentscheidungen in den Dienststellen getroffen werden können. Es erleichtert in der Folge das Aussonderungsver- fahren aus dem ELAK. Dieses Verfahren kann aber nur gelingen, wenn die einzelnen Sach- bearbeiter gut geschult sind, die Protokollierung entsprechend dem Aktenplan und der Bü- roordnung umsetzen und die Metadaten in der vorgegebenen Art und Weise anlegen. 4 ZUSAMMENFASSUNG In diesem Beitrag werden zwei Software-Programme vorgestellt, die dem Steiermärki- schen Landesarchiv die Bewertung von Akten mit digitalen Metadaten und von digitalen Verwaltungsakten erleichtern und einen Workflow zwischen den Dienststellen der Lan- desverwaltung, der Organisationsabteilung des Landes und des Landesarchivs festlegen. Die elektronische Protokollierung von analogen Akten, die seit den 1980er-Jahren in der steirischen Landesverwaltung im Einsatz war, wurde mit der Einführung des elek- tronischen Aktes eingestellt und die digitalen Metadaten in ein digitales Zwischen- archiv übertragen, das von der IT-Abteilung des Landes programmiert wurde und den Namen ZAZA (Zentrales Akten Zwischen-Archiv) erhielt. Mit diesem Tool können die Be- wertungsentscheidungen, die das Landesarchiv mit den einzelnen Abteilungen erstellt hatte und die in die elektronische Protokollierung eingeflossen sind, überprüft und endgültig festgelegt werden. Das Programm erstellt nach abgeschlossener Bewertung der Akten einer Dienststelle einen Prüfbericht, welcher an diese Stelle geschickt wird mit der Aufforderung, die archivwürdigen Akten dem Landesarchiv zu übergeben. Alle Metadaten verbleiben in ZAZA so lange, bis ein digitales Archivierungssystem für den digitalen Verwaltungsakt eingerichtet wird. 121APPRAISAL OF ELECTRONIC RECORDS – A CASE STUDY Elisabeth Schöggl-Ernst Der Ablösung des analogen Aktes durch eine vollständig digitale Verwaltung war eine Änderung der Verwaltungsstruktur vorangegangen, im Zuge derer die kleinteiligen Aktenplanabschnitte einer Abteilung durch größer angelegte Sachgebiete ersetzt wur- den. Jeder Dienststelle wurden entsprechend ihrer Funktion Sachgebiete zugewiesen, in denen ihre Behördenaufgaben schriftlichen Niederschlag finden. Für die Verwal- tung dieser Sachgebiete wurde eine eigene Software, die ELAK-Aktenkonsole (ELAK- AK) geschaffen. Mit der ELAK-AK werden die Sachgebiete der jeweiligen Dienststellen festgelegt und die prospektive Bewertung dieser Sachgebiete durch das Landesarchiv definiert. Erst wenn diese Bewertung abgeschlossen ist, werden die Sachgebiete für die Bearbeitung im ELAK freigeschaltet. Die Bewertungsentscheidungen sind damit bei jedem Sachgebiet fix hinterlegt. Eine nachträgliche Überschreibung der Bewertungs- entscheidungen durch Mitarbeiter der Dienststellen ist nicht möglich. Bei einer Aus- sonderung der Daten in ein digitales Archiv müssen daher die Bewertungen nicht mehr überprüft werden. QUELLEN- UND LITERATURNACHWEIS Aus Verantwortung für Österreich. Regierungsprogramm 2020–2024 (2020). https:// www.bundeskanzleramt.gv.at/bundeskanzleramt/die-bundesregierung/regi- erungsdokumente.html (accessed on 27.05.2020). (Regierungsprogramm 2020) Büroordnung für die steirische Landesverwaltung vom 1. August 2019. https://intra. stlrg.gv.at/cms/dokumente/11693049_74890748/ae93d4f5/B%C3%BCroord- nung_-_Hauptdokument_-_2.0_%282019%29.pdf (accessed on 4.06.2020). (Büro- ordnung 2019) ISO 30301:2011-11 Information and documentation – Management systems for records – Requirements. Koch, Elke et al. (2017). Bewertungsautomat statt Autopsie: Sind jetzt zehntausend Ak- ten in zehn Sekunden bewertet? Archivar 70, 173-177. (Koch et al. 2017) Naumann, Kai (2020). Neues vom Bewertungsautomaten. Workshop über Selesta in Stattgart und Ludwigsburg. Archivar 73. 63–64. (Naumann 2020) Lutz, Alexandra (ed.). (2012). Schriftgutverwaltung nach DIN ISO 15489-1. Ein Leitfaden zur qualitätssicheren Aktenführung (Berlin/Wien/Zürich). Schmidgall, Markus et al (2018). Leitfaden Records Management. Einsatz und Gebrauch für Archive in Österreich. Scrinium 72, 155–189. (Schmidgall et al. 2018) Schmidgall, Markus. (2019). Überlieferungsbildung und Erschließung im digitalen Bereich. Ein Arbeitsbericht aus dem Vorarlberger Landesarchiv. Elisabeth Schög- gl-Ernst/Thomas Stockinger/Jakob Wührer (ed.), Die Zukunft der Vergangenheit in der Gegenwart. Archive als Leuchtfeuer im Informationszeitalter (= Veröffen- tlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 71, Wien, 2019). 141–152. (Schmidgall 2019) 122 APPRAISAL OF ELECTRONIC RECORDS – A CASE STUDY Elisabeth Schöggl-Ernst SUMMARY The appraisal process comprises a number of types of analysis to achieve an understand- ing of the context in which the appraisal work is being conducted, including organiza- tional and technological features. In this paper, the author presents two software-pro- grams which are used by the Provincial Archives of Styria for the appraisal of electronic metadata and of electronic records. These softwares define also the workflow between the organization department, all other departments of the Styrian State Administration and the Styrian Provincial Archives. The Styrian State Administration introduced an elec- tronic data management system since the 1980th. In 2013, the administration switched to electronic records. The metadata from the period before were transferred into a dig- ital intermediate archive called ZAZA. In ZAZA the archives staff verify the appraisal de- cisions, which were done before. After this appraisal work, ZAZA creates a report, which is sent to the departments with the order to transfer the analogue records of archival worth to the archives. When the administration introduced electronic records, the Styrian Provincial Archives were part of the project from the very beginning and were one of the first departments to be involved in the creation of adequate metadata. In principle, content evaluation of digital records is not different to analogue records. However, the administrative struc- ture changed fundamentally in the Styrian state administration around the same time as the introduction of electronic record management. This shifted responsibilities. As a result, new record plans for new departments had to be drawn up. Instead of small- scale record plan sections, larger sections were introduced, which divided administra- tive activities by area of responsibility. A separate working group was set up for the ad- ministration and evaluation of electronic records, comprising of employees from the Styrian Provincial Archives, the IT Department and the Organization Department. For the prospective appraisal work, the IT department wrote an own software, ELAK-AK. Through this software, appraisal was made from department to department and from subject to subject. We do our appraisal work with the help of this software and before files can be logged in the new subject area. Our appraisal decisions are incorporated by an interface between ELAK-AK into ELAK. This means appraisal decisions can only be done via ELAK-AK. Only the Styrian Provincial Archives has authorization for appraisal in this software. Thus, the staff of other departments can make no arbitrary appraisal. There is no possibility to overwrite the appraisal decisions in ELAK’s production system. However, this procedure can only be successful if the individual clerks are well trained, implement data entry according to classification and given regulations, and create metadata in the prescribed manner. Typology: 1.02 Review Article 123APPRAISAL OF ELECTRONIC RECORDS – A CASE STUDY Elisabeth Schöggl-Ernst