Katodna in univerzitBtna Knjižnica v Ljubljani JM t k; 40958 IR BALKAN H ALBINSEL. BEOBACHTUNGEN. 1EGEBEN VON DR. CARL PAT S C H, KUSTOS AM BOSNISCH - HERCEGOVIN. LANDESMUSEUM IN SARAJEVO. HEFT 1. EINE REISE DURCH DIE HO CHLAN DERGAU E OBERALBANIENS. VON INGENIEUR KARL STEINMETZ. MIT 13 ABBILDUNGEN UND EINER ROUTENKARTE. WIEN UND LEIPZIG. A. HARTLEBENS VERLAG. EINE REISE DURCH DIE HOCHLANDERGAUE OBERALBANIENS. ZUR KUNDE DER BALKAN HALBIN SEL REISEN UND BEOBACHTUNGEN. HERAUSGEGEBEN" VON DR. CARL PATSCH, KUSTOS Ali BOSN.-HERCEG. LANDESMUSEUM IN SARAJEVO. HEFT 1: ftJGENIEUR KARL STEINMETZ, EINE REISE DURCH DIE HOCHLANDERGAUE OBERALBANIENS. MIT 13 ABBILDUNGEN UND EINER ROUTENKARTE. WIEN UND LEIPZIG. A. HARTLEBEN'S VERLAG. 1904. ALLE RECHTE VORBEHALTEN. EINE REISE DURCH DIE HOCHLANDERGAUE OBERALBANIENS. VON INGENIEUR KARL STEINMETZ. MIT 13 ABBILDUNGEN UND EINER ROUTENKARTE. WIEN UND LEIPZIG. A. HARTLEBEN'8 VERLAG. 1904. ALLE RECHTE YORBEHALTEX. • 40058 / L]ill|m (Jt i) šlo A°\(ob DRUCK VON RUDOLF M. ROHRER IN BRUNN. Die Tatsache, dafi einerseits kleinere Beitrage zur Kenntnis der Lander und Volker der Balkanhalbinsel einzeln oft \venig beachtet verschwinden, andererseits gar mancher durch diese Wahrnehmung oder auch durch seine Isoliertheit von der Mit-teilung beachtenswerter Beobachtungen und Erfahrungen ab-gehalten wird, zeitigte in mir den Entschlufi, die Krafte zu gemeinsamer Arbeit zu sammeln und das Gewonnene zusammen-gefafit weiteren Kreisen zur Priifung vorzulegen. Autopsie, Ernst und Aufrichtigkeit diirfen wir versprechen; fiir Mannig-faltigkeit biirgt die Vielgestaltigkeit des Arbeitsfeldes; im ubrigen wissen wir sehr wohl, dafi wir lediglich Material zu einem kunftigen Bau herbeischaffen. In Aussicht genommen sind einstweilen fristlose Hefte, von denen jedes selbstandig sein soli. Ob eine Ausgestaltung des bescheidenen Beginnens moglich sein wird, hangt von dem Anklange ab, den es sich erringt. C. Patsch. VORWORT. IDer Lust, entlegene Lander allein zu durchwandern, gab ich mich in frohem Behagen seit friiher Jugend hin. Nach einer Durchquerung Siidamerikas wandte ich mich dem ottomanischen Reiche zu; auf mehreren Fahrten lernte ich den noch immer machtigen Landerkomplex in seinen disparaten Teilen kennen. Einer der interessantesten fehlte noch in meinem Itinerar: West-albanien. Bei der Wahl, ob ich dem Vilajet Scutari oder der Provinz Janina die Ferien widmen solle, \var ich nicht lange unschliissig; die Frage nach der Urspriinglichkeit und Reinheit albanischer Eigenart entschied sie. Von Scutari wandte ich mich ostwarts durch das Gebiet der katholischen und moham-medanischen Hochlander nach Djakova und hierauf siidlich nach Prizren und Kalkandele. Verhindert, von hier aus die Stamme siidlich des Drin zu besuchen, kehrte ich durch das Agaische und Jonische Meer wieder nach Scutari zuriick und konnte dann auf einer Rundtour diesem Wunsche Geniige leisten. Die Unterbrechung des Planeš bestimmte die Gliederung der nach-folgenden Notizen. Es wiirde mich mit aufrichtiger Genugtuung erfiillen, wenn sie bei Sachkundigen Anwert fanden. Fiir die freundliche Forderung meiner Ziele drangt es mich, den Herren k. u. k. Generalkonsul Th. Ippen in Scutari, Konsul G. Par a in Uskiib und Vizekonsul E. Muthsam in Prizren meinen herzlichsten Dank abzustatten. In verpflichtender Weise stand mir auch der allen deutschen Besuchern von Scutari wohl bekannte einheimische Kaufmann, Herr Luigi Jakovič bei. . I. Von S čutari durch die Malcija nach Djakova, Prizren und Kalkandele. Als ich am 8. August 1903 in Scutari ankam, herrschte hier eine so au6ergewohnlich grofie Hitze, dafi ich meine Reisevorbereitungen tunlichst beschleunigte, um sobald wie moglich die Stadt zu verlassen. Die Vorbereitungen waren iibrigens sehr gering, denn mein ganzes Reisegepack bestand, wie es sich fur einen Touristen ziemt, nur aus einem Rucksacke. Proviant konnte ich unterwegs iiberall erhalten; blofi an Tabak und Zigarettenpapier wurde ein reichlicher Vorrat mit-genommen, denn davon verbraucht man auf einer Reise im Inneren sehr viel, da es ublich ist, jedem, den man anspricht oder bei dem man einkehrt, Zigaretten anzubieten. Auch mit der Kleidung wurden keine Umstande gemacht. Zu einem gewohnlichen Anzuge wahlte ich nur eine englische Mutze. Von derMitnahme eines Fes, den viele Reisende aus Sicherheits-griinden oder um popular zu werden,1) aufsetzen zu miissen vermeinen, ist hier dringend abzuraten, da in der katholischen Malcija2) eine europaische Kopfbedeckung welcher Art immer 1) In einer gar seltsamen, fur den Erfolg nutzlosen Maske gefiel sich G Stranskv auf seiner „zum Zwecke geographischer Forschungen und zoologrscher Aufsammlungen" unternommenen „Reise durch das ostliche Albanien und emen Teil von Makedonien". Vgl. Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in Wien 1903 S.^370- das Bergland> HocHand. MalBerg. Bei der Wiedergabe der albanischen Namen wird die auf den vom k. u. k. miHtar-geographischen Inst.tute herausgegebenen Karten ubliche Transskription angewendet. Vgl. J. Levadc, Mitteilungen des k. u. k. militar-geographischen Institutes XVII S. 64 ff-; A. Penck, Geographische Zeitschrift X9oo S. 333 Anm. 2; Levačic, Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft. Wien 1900 S. 391 ff. Steinmetz, Hochlandergaue Oberalbaniens. 1 weit mehr Schutz gewahrt als der Fes, das Zeichen des Tiirkentums. Was die Begleitung anbelangt, so hielt ich, abweichend von der Gepflogenheit anderer Albanienreisender, welche stets eine grofiere Bedeckung als notvvendig erachten, unter normalen Umstanden einen Begleiter fur ausreichend. Doch mufite er der personlichen Sicherheit wegen in der Regel dem Stamme angehoren, durch dessen Gebiet ich gerade zog, so dafi ich mich fast taglich in anderer Gesellschaft befand. Allerdings wurde mir diese einfache Art des Reisens nur dadurch er-moglicht, dafi ich der albanischen Sprache in ausreichendem Mafie machtig bin, mit den Eingeborenen also unmittelbar verkehren konnte. Dank der Vermittlung des Herrn General-konsuls Ippen fand ich schon am zweiten Tage nach meiner Ankunft einen Mann, welcher mich bis Duš man i1), zwei Tag-marsche weit, begleiten solite. So trat ich denn am n. August die Reise an. Mein Beschiitzer, Kol mit Namen, ging zu Fufi, ich ritt sein Pferd. Charakteristisch fur die verworrenen tiirkischen Verhaltnisse ist es, dafi mir an der am Ausgange der Stadt gelegenen Karaula (Wachthaus) die Passage verweigert wurde, wiewohl ich einen von der Behorde ordnungsmafiig vidierten Pafi vorzeigte. Ich mufite noch einmal in die Stadt zuriickreiten und mir von der Polizei einen Mann mitgeben lassen, auf dessen Intervention man mich dann ziehen liefi. Von nun an hatte ich aber weder mit den Zivilbehorden noch mit dem Militar etwas zu tun, denn bis Djakova2) traf ich keinen Beamten und keinen Soldaten, iiberhaupt keinen Tiirken mehr. Mit der Stadtgrenze horte die Macht des Padischah auf und es begann das Gebiet der autonomen Stamme. * Das vollkommen ausgetrocknete Bett des Kiri unterhalb Muselimi3) (nordostlich von Scutari) uberschreitend, folgte ich dem Wege durch eine ode Hiigellandschaft, die erst freundlicher ') Duschmani. 2) Dschak6wa. 3) Musselimi. \vurde, als wir das Tal der Nerfuša1) erreichten. Hier begann der Aufstieg auf den machtigen Gebirgsstock des Cukali.2) Am siidlichen Gehange desselben sich dahinziehend, klomm der Pfad ununterbrochen hinan bald durch Gebiisch, bald iiber karstiges, mit niedrigen Eichen besetztes Gelande. Von einer hoch oben entspringenden Quelle bot sich eine prachtvolle Aussicht dar auf S čutar i und die Z a dr i m a,3) auf den ge-wundenen Lauf des Drin und die Gebirge der Merdita.4) Nur wenigen Menschen waren wir begegnet; meist waren es Mad-chen und Frauen, welche schwere Lasten auf dem Riicken in die stundenweit entfernte Stadt trugen, wahrend die Manner nur ihre Martinigewehre umgehiingt hatten. Mit diesem Gewehr-modelle sind die Nordalbanen fast durchwegs bewaffnet; ich sah auf der ganzen Reise nur ein einziges Mal einen Vorder-lader. Die Wohlhabenderen besitzen auflerdem Revolver, bei Armeren trifft man noch die grofien tiirkischen Pistolen an. Endlich begann sich der Weg, nachdem wir eine be-deutende Hohe erstiegen und langst das Gebiet des Stammes Šlaku5) betreten hatten, wieder zu senken. Es war eine wilde, zerkliiftete Gegend; steile Schluchten reifien hier den Abhang des Cukali auf und Gestriipp wechselt mit Felsen ab. Zu alledem gestand Kol, dafi er den Weg verloren habe. Die Sonne stand schon nahe dem Horizonte, wir durften nicht mehr lange herumirren; so erstieg mein Gefahrte, um sich zu orientieren, einen Abhang der Schlucht, in welcher wir uns gerade befanden, wahrend ich den Weg langsam fortsetzte. Bei einer Biegung des Pfades erblickte ich zwei bewaffnete Manner vor mir, welche mir durch ihre reichere Kleidung auf-fielen. In die Nahe gekommen, griifite ich; die beiden dankten, und dann begann mich der eine, welcher der Angesehenere zu sein schien, iiber das Woher und Wohin auszufragen. Nachdem 4) Nerfuscha. 2) Zukali. Einen Ausflug in dieses Gebirge skizziert K. Hassert, Yer-handlungen der Gesellschaft fiir Erdkunde zu Berlin 1897 s- 533 und Mitt- d- Geogr. Ges. in Wien 1898 S. 357 f. 3) Sadrima. Ebene am linlcen Ufer des unteren Drin. 4) Merdita. 5) Schlaku. ich seine Neugier befriedigt hatte, erkundigte er sich, ob ich ihn kenne. Als ich verneinte, bemerkte er nur, er sei Kin Matija. Nun war ich allerdings orientiert, denn ich hatte bereits in Scutari von diesem beriichtigten Rauber gehort, auf dessen Kopf von der tiirkischen Regierung zweihundert Goldpfund1) aus-gesetzt worden waren. Doch trotz dieser Eroffnung fuhlte ich mich nicht sonderlich beunruhigt, obwohl er, meine Mutze fur eine Maskierung haltend, im ferneren Verlaufe des Gespraches offen den Verdacht aufierte, ich sei ein Turke. Mein Vertrauen triigte auch nicht, denn er wurde, als ich ihn, von dem inzivischen her- Kula in Vukjakaj. beigekommenen Kol unterstutzt, von der Grundlosigkeit dieses Verdachtes iiberzeugt hatte, ganz freundlich und lud mich schliefilich ein, mit ihm in einer nahegelegenen, zur Gemeinde Vukjakaj2) gehorigen Kula zu ubernachten, deren Besitzer ihm befreundet war. Ich nahm die Einladung an, und eine Viertel-stunde spater safien wir in dem bezeichneten Gebaude um das flackernde Feuer, an welchem der Hausherr den Begriif3ungs-kafFee kochte. Die Kula bildete ein massiver Steinbau von quadratischem Grundrisse mit einem einzigen Raume. Der Ca. 4400 Kronen. 2) Vukjakaj. Eingang war in einer Hohe von etwa vier Metern iiber dem auSeren Erdboden angebracht, eine steinerne Stiege fiihrte zu ihm empor. Statt der Fenster besafi der Raum mehrere Schiefl-scharten. In dieser Weise sind die meisten Hauser im Inneren Nordalbaniens gebaut, was durch die bestandigen blutigen Streitigkeiten begriindet ist. Die Wohlhabenderen haben, wie dies auch hier der Fall \var, an die Kula noch ein niedriges Gebaude angesetzt, welches fiir die Frauen und Kinder reserviert ist, sowie als Stali dient. Nun hatte ich erst Gelegenheit, Kin Matija naher zu be-trachten. Er war, man konnte beinahe sagen, ein schoner Mann von etwa dreifiig Jahren, dem die kleidsame, enganliegende albanische Tracht1) vorteilhaft stand. Um den Leib trug er den glitzernden, dichtgefiillten Patronengiirtel, \vahrend sein Martini-gewehr bereits an einem Haken an der Wand hing. Sein Gefahrte \var ein unbedeutend aussehender Mann mit einem so gutmiitigen Gesicht, dafi niemand in ihm einen Rauber ver-mutet hatte. Kin Matija \var ein Scutariner, der infolge eines Zwistes zwei Tiirken erschossen hatte und deshalb in die Berge von Šlak u geflohen war, wo er sich in volliger Sicherheit befand, denn in die Malcija wagt sich, wie bereits envahnt wurde, kein Wachter des Gesetzes. Um sich den Lebensunterhalt zu ver-schaffen, stieg er nachtlichervveile mit seinem Genossen in die Scutariner Ebene hinab und brach dort in die Hauser ein. DaS es dabei zu erbitterten Kampfen zwischen ihnen und den Haus- ') Die oberalbanische Mannerkleidung setzt sich zusammen aus einem lang-armeligen Leinwandhemd, leinenen Unterliosen, einer armellosen, vorne iiber-greifenden Jaclce, einem kurzen, vorne offenen Ročke mit langen Armeln und langen, enganliegenden, an den Knocheln geschlitzten Beinkleidern. Die Oberkleider bestehen aus grobem, selbstgewebtem weiSen (ungefarbten) Wollstoffe und sind mit schwarzen Borten verziert. Um den Leib wird eine rote Binde mehrmals ge-wunden und dariiber ein Patronengiirtel geschnallt. Als Kopfbedeckung dient durchwegs eine kleine, weii3e, schildlose Kappe. — Die Frauen tragen iiber dem Hemd und den Unterhosen einen unten befransten Ročk aus grobem Wollstoff und ein armel-loses, vorne geschlossenes Leibchen. Den Kopf bedeckt ein vorne geknotetes Tuch. Als FuBbekleidung werden von beiden Geschlechtern kurze dicke Wollstriimpfe und selbstverfertigte Opanken (Bundschuhe) verwendet. bewohnern kam, ist selbstverstandlich. Oft wurden sie auch vom Militar verfolgt, und mehr als einmal gelang es ihnen nur mit harter Muhe \vieder die schutzenden Berge zu erreichen. Hier traten sie niemandem nahe, wovon ich ja selbst den besten Beweis erhalten hatte. Es war ein entbehrungsreiches Leben, welches die beiden Geachteten fiihrten, denn sie nachtigten, wie mir Kin Matija selbst erzahlte, sehr selten unter einem Dache, zumeist schliefen sie unter freiem Himmel. Dort waren sie am sichersten, denn schliefllich sind zweihundert Goldpfund eine grofie Summe und die Malcoren1) sind arm. Wahrend der freien Aussprache kam die Zeit des Abend-essens heran. Es wurde ein Mahi von spartanischer Einfachheit aufgetragen, bestehend aus Kase, Maisbrot und stark mit Wasser verdiinnter saurer Milch. Zuvor gonnte man sich nach nord-albanischer Sitte einige Glaschen Branntwein, welcher hier nicht schlecht ist, da er den Vorzug hat, unverfalscht zu sein. Bald nach dem Essen legten wir uns nieder, zu welchem Zwecke auf dem Boden Farrenkrauter ausgebreitet wurden; es ist dies das gewohnliche Lager der Malcoren. Ich schlief mit dem an-genehmen Gefiihle ein, gleich am ersten Reisetage an der Quelle albanischer Rauberromantik gewesen zu sein. Bevor noch der Tag graute, safien wir wieder um das Feuer herum, den dampfenden Kaffee schliirfend. Ich bewog noch Kin Matija und seinen Gefahrten, sich von mir photo-graphieren zu lassen; dann brachen wir auf. Da es eine Be-leidigung gewesen ware, dem Hausherrn selbst fiir die Auf-nahme eine Entschadigung zu geben, rief ich eines seiner Kinder herbei und gab ihm einen entsprechenden Geldbetrag. So hielt ich es auf der ganzen Reise, nur dal3 zuweilen die Frau an die Stelle des Kindes trat. Nach kraftiger Verabschiedung von den beiden friedlosen Gesellen stiegen wir dem Kamme des Cukali zu. Wir waren jetzt drei Personen, denn ich hatte, da es offenbar geworden war, da6 Kol den weiteren Weg nicht kannte, den Hausherrn, Hil Deda, ersucht, uns nach Dušmani zu begleiten. Der Weg Malzoren, Hochlander. So, nicht Malsoren, Maljsoren, Malissoren u. dgl., nennen sich die Bergstamme selbst. fiihrte in einer wilden Schlucht steil hinauf bis auf den Kamm, wo wir einen stundenweit sich hinziehenden prachtigen Buchen-hochwald betraten. Eine Abwechslung brachte in denselben ein zwischen den beiden hochsten Spitzen des Cukaligebirges idyllisch gelegener Bergkessel, die Fuša Ličen i t1), dessenSohle eine prachtvolle Wiese bildet, wahrend die Hange ringsum d ich t bewaldet sind. Bald hinter dieser Einsattlung begann der Abstieg in das Gebiet des Stammes Dušmani, und hier wurde der Weg so schlecht, dafi an ein Weiterkommen mit dem Pferde nicht zu denken war. Ich sandte also Kol nach Scutari zuriick und ging mit Hil Deda zu Fuft weiter. Nachdem wir in einer steilen Schlucht tief hinabgestiegen waren, horte der Wald auf, das Gelande wurde karstig, und kurz darauf er-reichten wir das aus einem halben Dutzend Hauser bestehende Dorf Brusa2), wo wir im Hause eines Freundes meines Begleiters einkehrten. Wenn ich sage Dorf, so darf man sich darunter nicht einen zusammenhangenden Komplex von Hausern vor-stellen; geschlossene Dorfer gibt es in ganz Oberalbanien bei-nahe gar nicht, denn die Hauser liegen zerstreut, oft sehr weit voneinander entfernt. Nach freundlicher Bewirtung mit Schnaps und KafFee setzten wir unseren Weg fort. Die Rast war von grofiem Vorteil fiir unsere personliche Sicherheit auf der ferneren Wanderung. Wir befanden uns namlich in dem Gebiete der Dušmani, und da mein Begleiter nicht diesem Stamme, sondern dem der Šlaku an-gehorte, ware bei einer Begegnung mit einem Angehorigen des ersterwahnten Stammes ein Zwischenfall nicht ausgeschlossen gewesen, denn es kommen zwischen den benachbarten Stammen immer Reibungen vor. Da wir jedoch in einem zu Dušmani gehorigen Hause gerastet hatten, standen wir nun nach den Gesetzen der albanischen Gastfreundschaft unter dem Schutze dieses Hauses, u. zw. bis zu dem Hause, in welches wir zunachst einkehrten. Die Gastfreundschaft, die unerreicht dasteht, kann als die schonste Eigenschaft des nordalbanischen Volks-charakters — die Siidalbanen kennen sie in solcher Aus- ') Fuscha Litschžnit. Fuša die Ebene; Liceni der See. 2) Bruscha. dehnung nicht — gepriesen werden, und sie allein geniigt, um das oft sehr harte Urteil anderer Reisenden uber die Albanen bedeutend zu mildern. Sie beschrankt sich nicht darauf, dafi der Fremde iiberall bewirtet wird, dafi eine Be-zahlung als Beleidigung angesehen wiirde, sie geht, \vie wir eben sahen, noch viel weiter. Sowie ich in einem Hause ein Stiick Brot esse, eine Schale Kaffee oder auch nur ein Glas Wasser trinke, werde ich ein „Freund" (Mik) des Hauses, und wenn ich dann auf dem weiteren Wege, bevor ich in ein anderes Haus einkehre, beraubt oder gar getotet werde, so ruht die ganze Familie nicht eher, als bis sie die Tat geracht, das heiftt den Tater erschossen hat. Und unerbittlicher wird in diesem Falle der Tater verfolgt, als wenn er ein Mitglied der Familie selbst umgebracht hatte. Bei der Ermordung des Vaters oder des Bruders gelingt es den bei den katholischen Hoch-landern wirkenden Missionaren manchmal, eine Versohnung herbeizufiihren und der Blutrache Einhalt zu tun, bei der Untat an einem „Freunde" aber niemals.1) Tritt der seltene Fall ein, daft sich ein Haus fur den innerhalb seiner Gemarkung ge-toteten „Mik" nicht einsetzt, so verfallt es der Blutrache der Familie des Ermordeten.2) Dieser Umstand erklart es, dafi ich, obivohl fast immer nur von einem Manne begleitet, durch die rauhesten Stamme ungefahrdet hindurchkam, denn ein etwaiger Angreifer, der mich hatte berauben oder toten wollen, wufite, dai3 er sich dadurch der zahesten Verfolgung seitens des Hauses, in welchem ich zuletzt gewesen, aussetzte. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, mufi die Blutrache iiberhaupt viel milder beurteilt werden, denn sie bildet ein wichtiges Ab- ') Vgl. L. Mjedia, Verliandlungen der Berliner Anthropologischen Gesellschaft 1901 S. 355 f. 2) Ein interessanter Beleg hiezu findet sich aus der Umgebung von Puka (an dem Wege Scutari—Prizren) bei Hassert, Mitt. d. Geogr. Ges. in Wien 1898 S. 375. DaB auch die Kirchen, wie dort S. 376 (vgl. Verhandl. d. Ges. f. Erdk. zu Berlin 1897 S. 540) bemerkt wird, nicht immer „eine unantastbare Freistatt" gewahren, zeigt der graBliche Vorfall, den J. Koetscliet, Erinnerungen aus dem Leben des Serdar Ekrem Omer Pascha (Sarajevo 1885) S. 185 f. erzahlt. Vgl. auch das blutige Renkontre vor der Kirche in Šlaku bei P. Trager, Zeitschrift fiir Ethno-logie 1900 S. 50. schreckungsmittel gegen Raub und Mord. Was fur Zustande wiirden in einem Lande herrschen, wo alles bewaffnet ist, wo es keine abendlandische Gerichtsbarkeit und keine Polizei gibt und wo jedermann machen kann, was er will, wenn die Furcht vor der Blutrache nichtware! Mich frug man auf meiner Reise oft, ob ich Familie habe, und auf meine Antwort, ich hatte mehrere Briider, meinte man: „Nun, da seid Ihr ja ein starkes Haus, da kannst Du ohne Besorgnis hier herumreisen! Die Malcoren haben wohl auch ungeschriebene Gesetze, die teils uberliefert sind und Kanuni Lek Dukagjinit1) (das Gesetz des Alexander Dukagjin) heitfen, teils nach Bedarf in offent-lichen Volksversammlungen beschlossen werden, und nach welchen Vergehen gegen die Person oder das Eigentum vom ganzen Stamme geahndet werden; iiber ihre Handhabung werde ich spater noch zu berichten haben. Von Brusa ging es durch karstiges Terrain den Abhang des Cukali in das Tal des Drin hinab. Langs des Weges bemerkte ich oft etwa einen Fu8 hohe, zugespitzte Steine an Felsen, Baume u. dgl. gelehnt. Auf meine Frage nach der Bedeutung dieser Malsteine erklarte mir mein Begleiter, jeder Stein bedeute einen auf der betreffenden Stelle erschossenen Menschen, und der Stein bleibe dort solange, bis die Tat gesiihnt, das heifit, bis der Blutrache Geniige geleistet sei. Ist dies geschehen, so werde der Stein entfernt. Als wir auf einem einladenden Platze rasteten, um eine Zigarette zu rauchen, kam von der entgegengesetzten Seite e;n Mann. Sobald er unser ansichtig wurde, blieb er stehen und rief uns an. Erst als wir ihm Auskunft gegeben, wer wir seien und wohin wir gingen, trat er naher. Es ist dies bezeich-nend fiir die Zustande in diesem Lande, \vo man bei einer Begegnung immer darauf gefafit sein mu6, einen Feind zu treffen, sei es, daft er einem feindlichen Stamme angehort, sei es, dafi er Mitglied einer Familie ist, mit der man in Blutrache lebt. Deswegen geht niemand von seinem Hause weg, ohne das Gewehr mitzunehmen, in welches gleich beim Abgange eine Patrone gesteckt wird, um jederzeit schufibereit zu sein. ') Kaniini Lek Dukadschinit. An Abgriinden voriiber, auf einem Wege, den nur schwindel-freie Menschen passieren konnen, gelangten wir endlich spat am Nachmittage zu der Kirche von Duš mani. Sie liegt auf einer Terrasse, die steil zum Dr in abfallt, undbildetein einfaches, mit einem holzernen Glockentiirmchen versehenes Gebiiude aus Bruchstein, von dem ein Teil dem Missionar als armliche Wohnung dient. Dieser empfing mich freundlich und bewirtete mich, so gut es seine bescheidenen Verhaltnisse erlaubten. Die Missionare in Nordalbanien sind jetzt zum groflten Teile Einheimische, welche erst in Scutari und dann auswarts, meist in Tirol, zu Priestern ausgebildet werden. Sie erhalten von der osterreichisch-ungarischen Regierung, unter deren Pro-tektorat bekanntlich die albanischen Katholiken stehen, eine kleine Subvention, denn die Bevolkerung, die selbst sehr arm ist, gibt ihnen wenig und dies nur in natura. Fiir den Reisenden sind die Missionen von grofiem Werte, denn man ist in ihnen nicht nur besser aufgehoben als in einem Privathause, sondern es ist infolge des Ansehens, welches sie geniefien, auch die Sicher-heit des Fremden grofler, wenn die Leute \vissen, dafi er von einem Missionar kommt oder zu einem solchen geht. Infolge-dessen trachtete ich auf meiner Reise die einzelnen Tagesetappen nach Tunlichkeit so einzuteilen, dafl ich bei einem Missionar iibernachtete. Dies tat ich auch gleich am folgenden Tage, indem ich als nachste Nachtstation das nur eine halbe Tagreise entfernte Toplana1) wahlte, woselbst ebenfalls ein Franziskaner wirkt. Nachdem ich am nachsten Morgen meinen bisherigen Fiihrer vom Stamme Šlaku entlohnt hatte, brach ich mit einem neuen Begleiter auf. Ich bemerke hier, dafi mich meine Be-gleiter nie frugen, ob sie eine Entlohnung oder wieviel sie erhalten werden. Sie nahmen auch die Entschadigung, die ich ihnen bei der Verabschiedung gab, mehr als Geschenk denn als Vergutung an. Der Weg fiihrte nach Durchwatung des Šalab acnes -) kurze Zeit hart am Drin in einer Enge,3) in welcher die himmel- Toplana. 2) Scliala. 3) Vgl. J. G. v. Hahn, Reise durch die Gebiete des Drin und Wardar. Denkschriften der lcais. Akademie der Wissenschaften. XV S. 60. hohen Wande beinahe senkrecht in den Strom abstiirzen, dann wieder, rasch ansteigend, hoch oben am rechten Ab-hange des Drintales zur Kirche von Toplana, welche auf einer mehrere hundert Meter hoch iiber dem Flusse befind-lichen Terrasse erbaut ist. Es ist iiberhaupt ein Charakteristikon nicht nur des Drintales, sondern beinahe aller oberalbanischen Taler, dafi ihre Sohle so eng ist, dal3 sie nur dem Wasserlaufe Raum bietet. Infolgedessen sind sowohl die Ortschaften als auch die Wege beinahe durch wegs hoch iiber dem Flufibette an den Hangen angelegt. Der Drin-Canon bei Dušmani. Toplana ist der Name sowohl des ganzen Stammes und dessen Gebietes als auch des Ortes, in welchem sich die Kirche befindet; die namlichen Bedeutungen hat auch die Bezeichnung Dušmani. Da ich am nachsten Tage das Gebiet der beiden gewalt-tatigsten Stamme der Malcoren, das der Nikaj und der Merturi,1) betreten solite, gab mir der Missionar seinen eigenen Diener als Begleiter mit, der zwar den Toplana angehorte, dessen Schwester aber in Merturi verheiratet war. Miihsam war der Weg und wild die Gegend, die an diesem Tage durch- ') Nikaj, Merturi. zogen wurde, denn zwei tiefeingeschnittene, steil zum Drin ab-fallende Schluchten mufiten durchquert werden, bis wir den Kamm erstiegen, der die Grenze zwischen den Territorien der Toplana und der Merturi bildet. Hier befanden wir uns hoch oben im Gebirge, bereits in der Almenregion, und bald erreichten wir auch einige aus Zweigen errichtete Sommerhiitten der Merturi, die zu dem tiefer gelegenen Dorfe Briza1) gehorten. Die Malcorenstamme liegen namlich vorwiegend der Vieh-zucht ob und ziehen im Sommer mit den Herden in die Gebirge, wo sich ausgezeichnete Weiden vorfinden. Dort leben sie den Sommer iiber mit Kind und Kegel, so dafi wahrend dieser Zeit mancheOrtschaften, welche ungiinstiger Bodenverhaltnisse wegen nur wenige Felder besitzen, beinahe ganz ausgestorben sind. In einer der Hiitten, auf die wir stieflen, wohnte der Schwager meines Begleiters mit seiner Familie; wir hielten bei ihm Mittagsrast. Die primitive Behausung war reizend gelegen. Entziickt schweifte das Auge iiber die wilden Gebirge von Nikaj und Merturi, die im Norden am blauen Firmament von den schneeweif3en Spitzen der nordalbanischen Alpenkette iiberhoht werden. Diese Gebirgskette, welche in den Karten als „Prokletija-Gebirge" bezeichnet wird, obwohl die Albanen diesen Namen, der slawisch ist und „Verfluchtes Gebirge" be-deutet, nicht kennen, iibt auf den Beschauer infolge ihrer furchterlichen Kahlheit und schneeweifien Farbe einen un-ausloschlichen Eindruck aus. Schon Hahn2) gedenkt dieses auffallenden Colorits, welches er sich nicht recht erklaren konnte. In Wirklichkeit ist es der Kalkstein, aus dem das Gebirge besteht, dem diese allerdings ungewohnliche weifle Farbe eigen ist. Merkwiirdigerweise weist der ostlich davon gelegene Skiilsen8), obwohl er auch aus vollkommen kahlen Felsen besteht, diese weifie Farbung nicht mehr auf. Die erwahnte Hutte ist mir auch deswegen in Erinnerung geblieben, weil ich dort in die Notwendigkeit versetzt wurde, den Arzt zu spielen. Bekanntlich halten die meisten Orient- Brisa. 2) A. a. O. S. 74. 3) Skiilssen. volker jeden Europaer fur einen Jiinger Askulaps, und so brachte mir denn die Frau, nachdem wir mit Milch und Brot bewirtet worden waren, ihr jiingstes Kind mit der Bitte, ihm zu helfen, da es krank sei. Der Kleine war in der Tat krank, wie ich dies auch als Laie sehen konnte, aber wo es ihm fehlte, \vufite ich natiirlich nicht. Um jedoch mein Ansehen als all-wissender Europaer zu wahren, fragte ich mit ernster Miene die Frau uber die Krankheitssymptome aus und gab ihr dann fiir das Kind einige unschadliche Pillen, die ich eigens fur solche Zwecke mitgenommen hatte. Nachdem ich noch einem jungen Manne auf eine Schnittwunde Vaseline gestrichen hatte, war meine arztliche Tatigkeit hier zu Ende, ich kam aber auf der Weiterreise noch ofters in die Lage, arztliche Ordinationen er-teilen zu miissen. Der Weg, der nun durch eine karstige, meist mit Gebiisch bewachsene Gegend langsam bergab fiihrte, war bedeutend besser als vorher. Der Charakter der Gegend wurde sanfter, infolgedessen traten auch kultivierte Strecken, meist Maisfelder, haufiger auf. Wenn wir, was ofters geschah, Leute trafen, wurden wir regelmafiig angerufen und nach Herkunft und Ziel aus-geforscht. Die Malcoren wollen wissen, was der Fremde auf ihrem Gebiete suche, und wir antworteten auch sofort, denn sonst hatten wir uns unliebsamen Weiterungen ausgesetzt, wie dies im Jahre 1897 von Seiten der Šala1) auf der Čafa e Bogšit2) den Herren A. Baldacci und K. Hassert passierte. Professor Baldacci war hier seinen Reisegenossen etwas vorausgegangen und wurde plotzlich von mehreren Šala angerufen. Da er der Landessprache nicht machtig war — ich gebe den Vorfall nach den an Ort und Stelle eingezogenen Erkundigungen an — antwortete er nicht, und nun gaben die Neugierigen, um ihrer Frage Nachdruck zu verleihen, einige Schusse in die Luft ab. Als daraufhin die albanische Bedeckung herbeieilte, klarte sich der Sachverhalt auf, und die Reisenden konnten unge-hindert ihren Weg in das Šalatal fortsetzen. Wenn man, wie von den Betroffenen angenommen wurde, einen rauberischen Vgl. u. S. 62. 2) Tschafa e Bogschit. Vgl. u. S. 63. Čafa der Pass. Uberfall beabsichtigt hatte, ware, so erklarte man, bei der grofien Treffsicherheit der Malcoren zum mindesten Baldacci er-schossen und der ganzen Expedition der Abstieg in das Tal unbedingt unmoglich gemacht worden. Die harten Worte, die iiber diese Begebenheit in italienischen Tagesblattern geschrieben wurden1) und die auf diesem Wege und durch auslandische albanische Zeitschriften in Oberalbanien bekannt geworden sind, haben hier, wie ich aus mehrfachen AuBerungen gesehen habe, gegen die beiden Forscher eine sehr feindliche Stimmung-hervorgerufen. Es ware im Interesse der Wissenschaft, wenn Die Kirche von Gjonpepaj. sich die beiderseitige Animositat legen und den genannten Gelehrten die Fortsetzung ihrer Arbeiten nicht erschwert wiirde. Erst gegen Abend erreichten wir Gjonpepaj2), wo sich das Pfarrhaus von Ni kaj befindet. Dasselbe bildet einen rohen, zweigeschossigen Steinbau, dessen ErdgeschoG zvvei Raume enthalt. Der eine dient als Stali, der andere als Kirche, wofern man mit diesem Namen einen finsteren Raum Vgl. Hassert, Mitt. d. Geogr. Ges. in Wien 1898 S. 369 ff.; Baldacci, Bollettino della Societi Geografica Italiana 1897 S. 3 (des S.-A.) und Memorie della R. Accademia delle Scienze deli' Istituto di Bologna 1901'S. 3f. (des S.-A.). J) Dschonpepaj. bezeichnen darf, der nur einen rohen Altar und einige auf die Wande aufgeklebte Heiligenbilder aufvveist. Im Oberstock wohnt in gottergebener Armut der Missionar. Hier befand ich mich nun im Herzen des Malcoren-landes, im Gebiete der iibel beleumdeten Nikaj und Mer tur i. Fiirchterliche Gebirge hegen diese schwer zugangliche Land-schaft ein; nur wenige Passe fiihren in sie, und so ist es kein Wunder, dafi deren Bewohner von der iibrigen Welt fast gar nichts wissen und noch ganz so leben, wie es schon vor Jahr-hunderten Sitte und Brauch war. Es ist ein Tal mit schmaler, steiniger Sohle, im Siiden durch die unpassierbare Drinschlucht, auf den iibrigen Seiten durch hohe Gebirge mit senkrechten Felskammen eingeschlossen, in welchem die beiden Stamme hausen, auf dem rechten Talhang die Nikaj, auf dem linken die Merturi. Die Nikaj zahlen etwa 2445 Seelen undbewohnen 24 Dorfer, von welchen Mseri mit 210, Palkolaj oder Peraj und Curaj poster1) mit je 190 Einwohnern die groflten sind.2) Der Bajraktar, der Chef des Stammes3) — der jetzige heifit Baš Bajrami4) — wohnt in Peraj, eine halbe Stunde oberhalb Gjonpepaj. Ihre Abstammung leiten die Nikaj von ') Msseri, Palk61aj, Peraj, Ziiraj poschter. Poster Unter-. 2) Die anderen Dorfer sind: Nikbibaj (161 Einwohner), Kapiti (155), Pre-bibaj (152), Srevalaj (150), Čokaj (143), Gjonpepaj (134), Slakaj (117), Nergjuš (116). Unter 100 Einwohner zahlen: Rešpia, Vrana, Valgarve, Vuga, Vargu, Skofra, Paplekaj, Bušati, Curaj eper, Mbrišaj, Servagnaj, Čereči, Kuči. Danach sind die Angaben, die Sp. Gopčevič, Oberalbanien und seine Liga S. 249 f. in Scutari er-halten hat, richtig zu stellen. 3) Diese Wurde ist erblich; sie geht vom Vater auf den altesten Sohn iiber. Ist dieser unmiindig, so fungiert der nachste volljahrige Anverwandte als Yerweser. Der Bajraktar fiihrt den Befehl im Kriege sowie den Vorsitz in dem aus den Hauptern der angesehensten Familien bestehenden Rate, in der Plečenija (Pletschenija), und im Kuven, der alljalirlich ein- oder zweimal stattfindenden Stammesversammlung, an der zum mindesten je ein Reprasentant einer jeden Familie teilnehmen muB. Die Bescbliisse hier wie dort sind fur ihn bindend. Ein Abzeichen seiner Wurde fiihrt er nicht. Von den eingezogenen Strafen fallt ihm ein Teil zu, vgl. u. S. 59. Uber die Befugnisse des Bajraktars vgl. auch N. Aschta, Verhandl. d. Beri. Anthropol. Ges. 1901 S. 358 f. 4) Basch Bajrami. einem Hirten namens Nik ab, der mit seiner Herde hier ein-gewandert sei. Dessen Solin Bib habe wieder drei Sohne ge-habt: Kol, Lek und Mark, welche die drei groflen Familien begriindeten, in welche die Nikaj noch jetzt zerfallen, namlich Kol Bibaj (750 Seelen), Lek Bibaj (480 S.) und Mark Bibaj oder Curaj eper1) (870 S.).2) Zu diesen kamen spater noch die Gemeinden Curaj poster (igo S.) und Kapiti3) (155 S.). Der letztgenannte Ort ist deshalb bemerkenswert, weil in ihm die Nachkommen der friiheren Bewohner dieser Talschaft, der Vaj uši,4) leben, welche von den sich rasch vermehrenden Nikaj nach langvvierigen Kampfen aus ihren "VVohnsitzen vertrieben wurden, sich jetzt aber in nichts von ihren ehe-maligen Feinden unterscheiden. Die Nikaj betreiben Viehzucht und Ackerbau, doch geniigt der Ertrag kaum, das Leben zu fristen, denn das Stamm-gebiet ist infolge seiner Karstnatur sehr steril. Zur Berieselung der Felder auf den kleinen Terrassen der Gehange — die Tal-sohle bietet keinen Acker- oder Weideflachen Raum — mufi das Wasser von weither zugeleitet werden; aber trotz allem Bemiihen treten Mifiernten und Hungersnot nicht selten ein. Man begegnet dort auf Schritt und Tritt abgezehrten Gestalten. Ich sah manche, die nicht einmal ein Hemd auf dem Leibe hatten; ein Gewehr und einen Patronengiirtel hatte aber ein jeder. Letz-teres ist, wie sich aus dem folgenden ergibt, auch begreiflich. Ich nahm namlich hier die Gelegenheit wahr, der Frage naher-zutreten, ob wirklich ein so bedeutender Prozentsatz der Manner eines gewaltsamen Todes sterbe oder ob die dariiber ver-breiteten Angaben iibertrieben seien.5) Es kam mir hierbei zu *) Eper Ober-. 2) Analoge genealogische Staramsagen berichten Hahn, Albanesische Studien I S. 183 ff. von den Klementi, Hotti und Kastrati; B .. . ., Das Ausland 1891 S. 435 von den Mirditen; Appian, 'D.Xt>pi>oj 2 von den alten Illyriern. Vgl. C. Jireček, Die Romanen in den Stadten Dalmatiens wahrend des Mittelalters I S. 41 f. 3) Kapiti. *) Wajuschi. 5) Vgl. Hassert, Verhandl. d. Ges. f. Erdlc. zu Berlin 1897 S. 540 und Mitt. d. Geogr. Ges. in Wien 1898 S. 374 f.; Trager, Zeitschr. f. Ethnologie 1900 S. 50. statten, dafi der Missionar in Gjonpepaj einen Ausweis iiber die im ganzen Gebiete von Nikaj vorkommenden Todesfalle fiihrte. Dieser Zusammenstellung zufolge starben im Jahre 1902 im ganzen 13 Manner, davon nur 3 eines natiirlichen Todes; 10 wurden erschossen. Letztere Zahl ist freilich nicht jedes Jahr so hoch, immerhin kann man aber sagen, dafi mindestens die Halfte der Manner gewaltsam aus dem Leben scheidet. Es sei jedoch gleich bemerkt, dafi dies nur von den vier kriegerische-sten Stammen der Malcija, namlich den Nikaj, Merturi, Šala und Šoši1) gilt; die iibrigen Stamme Nordalbaniens weisen einen bedeutend geringeren Prozentsatz auf. Die Hauptursache des Blutvergiefiens ist natiirlich die Blutrache, welche von den genannten vier Stammen mit riick-sichtsloser Konsequenz geiibt wird. Es ist unglaublich, mit welcher Zahigkeit bei ihnen der Blutracher sein Opfer verfolgt. \ Sehr oft verlafit derjenige, auf dem die Blutschuld lastet, seinen Stamm, um der Siihne zu entgehen, aber der Racher ruht und rastet nicht, bis er seiner friiher oder spater irgendwo habhaft wird. Es ist ofters vorgekommen, dafi ein Sala quer iiber die Gebirge, durch feindliche Stamme hindurch bis nach Djakova oder Ipek ging, um an seinem Gegner, der sich dorthin ge-fliichtet hatte, Rache zu nehmen. Als erste Veranlassung der meisten Blutfehden ist die eheliche Untreue der Erau anzusehen. Wenn friihere Reisende die in der Malcija herrschende Sittlichkeit hervorhoben, ja sie geradezu als musterhaft priesen, so beruht dies auf einer nur oberflachlichen Bekanntschaft mit dem Tatsachlichen. Es soli aber damit durchaus nicht gesagt werden, dafi bei den Malcoren allgemeine Unsittlichkeit herrscht. Sie haben im Gegenteil, wie die Orientalen iiberhaupt, sehr strenge Anschauungen iiber das weibliche Geschlecht, und ein Madchen darf es kaum wagen, mit einem Manne ein Wort zu wechseln. Anders steht es hin-gegen mit den Frauen; unter ihnen kommen Ehebrecherinnen nicht selten vor. Doch kann zur Erklarung dieses Umstandes angefiihrt werden, dafi die Albanen Liebe in unserem Sinne gar nicht kennen; selbst ihre Sprache hat keinen eigenen l) Sch6scM. Steinmetz, Hochlandergaue Oberalbaniens. 2 Ausdruck fur Liebe und lieben.1) Die Frau lernt ihren Mann gewohnlich erst bei der Hochzeit kennen. Die Verlobungen werden durchweg\s von den Eltern vereinbart;2) dazu kommt noch, dači bei den meisten Stammen Heiraten innerhalb des Stammes verpont sind. Die Eheleute miissen verschiedenen Stammen angehoren, da sich die Mitglieder eines Stammes als Sprofilinge eines Ahns fur blutsverwandt halten und jede, wenn auch noch so entfernte Blutsverwandtschaft als Ehehindernis aufgefafit wird. Z ur Illustrierung des Dargelegten moge folgender Vorfall dienen, welcher sich kurz vor meiner Ankunft in Ni kaj zugetragen hat. Ein Nikaj war mit einem Šoši-Madchen verlobt, doch kurz vor der Hochzeit entfloh die Braut zu ihrer in Šala ver-heirateten Schwester. Ihr Bruder befand sich nun als Familien-oberhaupt in einer sehr unangenehmen Lage, denn derBrautigam forderte die Braut und die Nichteinhaltung des Eheversprechens hat die Blutrache zur Folge. Um der Verlegenheit ein Ende zu machen, ergriff er die verheiratete Schwester aus Šala, die zum Besuche ihrer Familie gekommen war, und fiihrte sie kurzerhand dem Nikaj an Stelle der entflohenen jiingeren Schwester zu. Dieser war damit zufrieden, hatte er doch weder die eine noch die andere friiher je gesehen. Die Angelegenheit war damit erledigt. Doch spater entfloh die Frau wieder zu ihrem ersten Manne, und der Nikaj wurde bei dem Versuche, sie zuriickzuholen, von dem Šala erschossen. Hier sei auch des Kennzeichens gedacht, an welchem selbst der Fremde ein Madchen von einer Frau unterscheiden kann. Nichtverheiratete diirfen bei sonst vollig gleicher Kleidung nicht das mindeste von roter Farbe an sich haben. ') Fur letzteres wendet man „me dašt (dascht) wollenu an. 2) Von dieser riicksichtslosen Behandlung sind nur die Madchen befreit, die offentlich und feierlich den bestimmten "VVillen, nie zu heiraten, zur allgemeinen Kenntnis bringen. Sie werden von dem Momente des Verzichtes an gewissermaBen als Manner betrachtet; sie diirfen sogar das Gewehr tragen. DaB diese eigenartige Institution auch bei den Katlioliken des Erzbistums Durazzo - Delbiništi besteht, zeigen die Ausfiihrungen Hahns, Reise durch die Gebiete des Drin und Wardar S. 31 f. Ein zweites Motiv, welches zur Vermehrung der gewalt-samen Todesfalle bei den Nikaj beitragt, ist die seit unvor-denklichen Zeiten zwischen ihnen und den Sala herrschende blutriinstige Fehde. Beide sind unmittelbare Nachbarn gegen Westen zu. Es trennt sie der iiber 2000 m hohe Gebirgszug Mali Šals,1) welcher nur an einer einzigen Stelle, der 1707 m hohen Čafa Nermanjs,2) passierbar ist. Und dieser Weg ist auch allein durch gegenseitiges Ubereinkommen vor Mord Zwei Nikaj, im Hintergrunde der Westabfall der Korja Merturit. gesichert; es ist ihm die Bessa zuteil geworden, d. h. ein auf diesem Wege Gehender darf nicht angegriffen \verden. Diese Vereinbarung wurde durch die Notwendigkeit der Wechsel-heiraten — die Nikaj sind auf die Šala und Šoši im Westen und die Merturi im Osten angewiesen — erzwungen. Abseits Mali Schals. 2) Tschafa Nermanjs. des Weges waltet wieder volle Vogelfreiheit,1) und aufierdem gilt die Bessa nur von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Wenn hernach oder \vo sonst immer ein Nikaj und ein Šala einander gewahr werden, tritt das Gewehr in skrupellose Aktion. Freudenschiisse krachen in wilder Lust, wenn sich die Kunde verbreitet, dafi wieder ein Angehoriger des gegnerischen Stammes ins Jenseits befordert worden sei. Schier schauerlich ist es und die alten Erzahlungen von den Rothauten leben wieder auf, wenn man hort, dafi bei Anbruch der Nacht Šala und Nikaj iiber den Gebirgspafi schleichen und auf den Tod-feind lauern. Oft bleiben sie zwei Tage lang im feindlichen Gebiete, nur mit einem Stuck Brot und Kase versehen. Tags-iiber halten sie sich in den Felsen oder im Gebiisch versteckt, bis es ihnen gelingt, zum Schusse zu kommen. So lernte ich am zweiten Tage meines Aufenthaltes in Gjonpepaj einen Nikaj kennen, von dem mir der Missionar erzahlte, dafi er bereits zwanzig Šala erschossen habe. Die Šala wiirden, wie sie mir spater selbst versicherten, alles darum geben, wenn sie dieses Mannes habhaft werden konnten. Und als ich in der Abenddammerung vor der Ture meines Quartiers eine Zigarette rauchend safi, forderte mich der Missionar auf, in das Haus zu gehen, denn es brache die Nacht herein und es sei nun nicht mehr geraten, draufien zu verweilen; sei doch schon hier im Hause des Missionars selbst ein Nikaj von einem Šala durch das Fenster erschossen worden. Als wir dann beim Abendessen safien, horte man in der Ferne einen Schufi fallen. Auf meine Frage, was dies bedeute, gab der Frater gleichmiitig zur Antwort: „Es wird wohl irgend ein Šala sein!" Verdienen die Hochlander auf Grund des Vorstehenden unter die „Wilden" eingereiht zu werden, so iibertreffen sie in ') Auf diesen Weg bezieht sich ohne Zweifel die Notiz bei Hassert, Mitt. d. Geogr. Ges. in Wien 1898 S. 374: „Gerade am Abend (22. Juli 1897) unserer Ankunft (in Abata) wurden von den Leuten des Nachbarstammes vier Šala erschossen, die an einer vom freigegebenen Wege abliegenden Quelle eingeschlafen warenu und Verhandl. d. Ges. f. Erdk. zu Berlin 1897 S. 540: „Denn die wild zerrissene Kalkmauer bildet die Grenze zwischen den Leuten von Nikaj und Sala, und die ersteren hatten nachts vorlier vier Šala erschossen, die an einer vom freigegebenen Weg abliegenden Quelle eingeschlafen waren". mancher Hinsicht, was Zuvorkommenheit und Anstand an-belangt, jedenfalls unsere Bauern. Erhalt ein Malcore eine Zigarette oder eine Tasse Kaffee, so wird er es nie unterlassen mit „Mir se t'džeta!" oder „Tu rit nera!" zu danken; mit eben-solcher Hoflichkeit stellt er die geleerte Tasse wieder zuriick. Wenn jemand in einen Raum tritt, in welchem sich bereits mehrere Personen befinden, bleibt niemand sitzen, sondern alle stehen auf, um den Neuankommling zu begriifien. Ich sah auch nie Ausbriiche von Roheit und iiber ihr Benehmen gegen mich habe ich keinen Anlafi zur Klage. An Unwissenheit ubertreffen sie die Erwartungen um ein erkleckliches Stiick. Wie sollten auch Nachrichten von dem Weltgetriebe in diese Weltabgeschiedenheit gelangen? So frug man mich, ob das damals bei Djakova operierende Militar — es war gerade die bekannte Aktion gegen die Albanen im Zuge — tiirkisches oder osterreichisches sei. Osterreich ist aufier der Tiirkei die einzige fremde Macht, die wenigstens dem Namen nach bekannt ist und die bei den Malcoren in hohem Ansehen steht. Ganz naiv ersuchte mich ein alter Mann, dem sein Haus abgebrannt war, ich mochte doch nach meiner Riickkehr den „Krail" (Kaiser)1) um eine Unterstiitzung fur ihn bitten. Bevor ich in der Schilderung der Reise fortfahre, sei noch des in Oberalbanien bei Begegnungen iiblichen Grufies Er-wahnung getan, weil er fiir die Wehrhaftigkeit der Stamme charakteristisch ist. Man begriifit sich namlich mit „A ije bur?" (Bist du ein Mann?) oder „A ije bar i fort?" (Bist du ein starker Mann?). Ein „Guten Tag" oder dgl. kennt man nicht. Statt der eben erwahnten Formel wird sehr viel, insbesondere unter Bekannten, der GruG „A ije, si ije?" (Bist du, wie bist du?) gebraucht. Auf beide Griifie wird durchwegs, auch bei den katholischen Stammen, die von den Tiirken ubernommene Antwort „Allah ras ola!" gegeben, woran sich gewohnlich die Gegenfrage „Čuš ije, si ije?" (Wie bist du, wie bist du?) — im Distrikte von Djakova „Ku ije, si ije?" (Wo bist du, wie bist du?) — anschlieflt. Der Sultan wird „Mreti" genannt. Nach zweitagigem Aufenthalte in Gjonpepaj traf ich meine Vorbereitungen zur Weiterreise. Es muflte mit beson-derer Sorgfalt vorgegangen werden, denn die Gaue, welche ich nun betreten solite, waren vollig verschieden von den bisher be-ruhrten. "VVahrend die Nikaj und die Merturi sowie alle weiter westlich wohnenden Stamme katholisch sind, beginnt jenseits des das Tal von Nikaj-Merturi ostlich abschliefienden Ge-birgskammes das Gebiet der mohammedanischen Hochlander, das Land der Krasniči und Gaši, die zusammen mit den Bitiiči2) die sogenannte Malcija Djakovs3) bilden. Sie war von der Grenze der Merturi an bis Djakova bis jetzt vollig unerschlossen, denn keinem Europaer war es noch gelungen, hier einzudringen. Bei meinem Vorhaben stand mir der Missionar mit Rat und Tat zur Seite. Pater Nue, wie er bei seinen Pfarr-kindern heitit, hatte — als Heilkiinstler weit und breit bekannt — auch einem angesehenen Krasnič jenseits des Gebirges schon mehrere Male mit seinem arztlichen Wissen Dienste geleistet und sich so dessenFreundschaft erworben.4) Diesen Mann wollten wir ersuchen, mich bis Djakova zu begleiten, und Pater Nue erklarte, mich selbst nach Gegusenj,5) dem ersten Dorfe der Krasniči jenseits des Gebirges, in welchem jener wohnte, bringen zu wollen. Aufier dem Krasnič sollten noch zwei Nikaj meine Begleitung bilden. ') Auch sie waren noch vor wenigen Generationen katholisch; vgl. dazu auch die Stammsage bei Hahn, Reise durch die Gebiete des Drin und des Wardar S. 75. Die Merturi sind nur durch die rechtzeitige Errichtung der Mission in Raja (s. u. S. 53) beim alten Glauben erhalten worden. 2) Krasnitschi, Gaschi, Bitiitschi. 3) Dschakows. Streng genommen, gehoren auch die Nikaj und Merturi zu ihr, da deren Markt Djakova ist. Der auch noch von Baldacci, Bolletino della Societa Geografica Italiana 1900 S. 9 (des S.-A.) angefiihrte Staram Tropopoj existiert nicht; Tropoja (sic!) ist blofi eine Gemeinde. Gači (statt Gaši), Ranka und Ranki (statt Ranča = Ranza), Šlaki (statt Slaku) sind ebenda S. 9 f. wohl nur Druckversehen. 4) Es sei auch die bemerkensvverte Tatsache notiert, dafi die mohammedanischen Krasniči die katholischen Pfarrer von Gjonpepaj und Raja oft um Amulette (Hamajli) angelien, wenn sich die von ihren eigenen mohammedanischen Geistlichen ausgestellten als unwirksam erweisen. Die Amulette bestehen aus einem mit einem frommen Spruche beschriebenen Stiickchen Papier. 5) Gegussenj. So brachen wir zu viert, Pater Nue, zwei Nikaj und ich, am Nachmittag des 16. August nach Krasniči auf. Wir iiber-setzten auf einem holzernen Stege den Wildbach Ljumi z i,1) passierten das Dorf Curaj poster und betraten nach Uber-schreitung des in einer wilden Schlucht dahinfliefienden Ljumi Merturit das Gebiet der Merturi, wobei auch gleich der Aufstieg zu dem nach Krasniči fiihrenden Passe, der Čafa Kolšit,2) begann. Ununterbrochen ging es meist durch Gebusch bergauf und an den Hausern des Ortes Šgjerč3) voruber, bis nach drei Stunden die Pafthohe erreicht war. Da stand ich nun Čafa Kolšit Korja Merturit Korja Merturit mit der Čafa Kolšit von SW aus. oben an der Pforte des unbekannten Landes, an der beruhmten Čafa Kolšit, der Scheide zwischen den katholischen und den mohammedanischen Stammen! Westlich lag zu meinen FiiBen, an der gegenuberliegenden Seite durch den machtigen Fels-kamm des Mali Šal s abgeschlossen, das felsige, unwirtliche Tal der Nikaj und Merturi. Im Suden stieg unmittelbar der kahle Gipfel der massigen Korja Merturit auf. Gegen ') Ljumi si. Ljumi der FluS. 2) Tschafa K61schit. 3) Schdschertsch, aus Šen Gjerč (St. Georg). Osten ist leider der Blick durch den Wald, der den Ostabfall des Gebirges in den oberen Partien bedeckt, so behindert, dafl es mir vorlaufig nicht vergonnt war, einen allgemeinen Uber-blick iiber die Konfiguration des Landes zu gewinnen. Da der Abend herannahte, stiegen wir ohne langen Aufenthalt durch den Wald talwarts und erreichten bereits nach einer halben Stunde die ersten Wohnstatten von Gegusenj und bald darauf unser heutiges Ziel, das Haus des gesuchten Krasnič. Es war ein fiir die dortigen Verhaltnisse ansehnliches Ge-baude, aus dessen Aufierem man sofort auf die Wohlhabenheit des Besitzers schlieften konnte. Ebenerdig befanden sich die Stallungen, im Oberstock ein Vorraum und daran anschliefiend die fiir die Manner und die Gaste bestimmte grofle Halle, welche in keinem besseren mohammedanisch-albanischen Hause fehlt. In ihr ist dem Eingange gegeniiber die offene Feuerstelle an-gebracht, wahrend langs der beiden Seitenwande Teppiche und Decken ausgebreitet sind, auf denen man sitzt und des Nachts schlaft. Die Frauen und Kinder bewohnten, nach moham-medanischem Brauch vollkommen isoliert, ein anstofiendes Nebengebaude. Als wir, vor dem Hause angelangt, dasselbe anriefen, erschien ein Mann und teilte uns auf die Frage nach Kadri Sokol, dem Hausherrn, mit, er sei auf dem Felde und werde bald kommen. Darauf wurden wir wieder allein gelassen; wir setzten uns vor dem Hause nieder und warteten, denn es steht aufier dem Hausherrn niemand das Recht zu, Gaste aufzu-nehmen. Endlich kam Kadri, ein stattlicher Mann bereits in den Fiinfzigern. Elr begriifite seinen Freund Pater Nue und reichte dann auch uns die Hand. Nachdem die iiblichen Begriifiungs-formeln ausgetauscht waren, ergriff er die an der Wand lehnenden Gewehre der beiden Nikaj und trug sie ins Haus. Jetzt erst waren wir beruhigt; denn dies war das Zeichen, da(3 wir von nun an Gaste des Hauses seien, dafi von jetzt an Kadri unseren Schutz iibernehme. Kurz darauf kam er wieder und lud uns ein, einzutreten. In der grofien Halle machten wir es uns bequem, ich erhielt den Ehrenplatz neben dem Feuer, und dann wurde der Begriifiungskaffee gereicht. Der Missionar stellte mich dem Hausherrn als einen Kaufman aus Scutari vor, der in Geschaften nach Djakova gehe, und ersuchte ihn, mir einen Mann seiner Familie als Begleiter mitzugeben. Kadri erklarte zu meiner nicht geringen Freude ohne Zogern, mich per-sonlich dahin geleiten zu wollen; dadurch wurde die Gefahrlich-keit der Reise bedeutend herabgemindert, denn unser Gastfreund stand, wie bereits friiher erwahnt wurde, unter seinen Stammes-genossen in hohem Ansehen. Aufierdem kamen mir noch zwei Umstande zustatten. Den Markt fiir die ganze Malcija Djakovs und auch fiir die Nikaj und M e r t u r i bildet Djakova1); hierher bringen die Bergbewohner ihre Produkte und hier besorgen sie die Einkaufe. Da es aber fiir die Nikaj und Merturi, welche mit den Krasniči eben-falls oft blutige Kampfe ausfechten, gefahrlich ist, das Gebiet der letzteren einzeln zu passieren, so versammeln sich jeden Freitag friih alle diejenigen von ihnen, die in die Stadt gehen wollen, und machen den Weg gemeinsam; in ebenso geschlossener Schar kehren sie Montag zuriick. Da es gerade ein Montag war, an dem wir das Gebiet der Krasniči durch-queren sollten, so befanden wir uns gleichzeitig mit den Nikaj und Merturi unterwegs und hatten — meine Begleitung bildeten ja aufier dem Krasnič zwei Nikaj — an ihnen einen starken Ruckhalt. Der zweite giinstige Umstand bestand darin, dafi sich ein grofier Teil der Krasniči mit den Herden auf den Hoch-weiden im Gebirge befand, und wir infolgedessen auf dem Wege nur wenige Manner antrafen. Am nachsten Morgen kehrte Pater Nue heim, und wir traten die reizvolle Wanderung an. Der Weg fiihrte am Abhange des Gebirges entlang teils durch Gebiisch, teils an Feldern voriiber, indem er sich langsam in das Tal der Valbona hinabsenkte. Nun erst hatte ich Gelegenheit, das vor mir sich ausbreitende Gebiet zu iiberblicken. Es war vollig verschieden von dem westlich der Čafa Kolšit gelegenen; dort ein wildes, felsiges, versperrtes Terrain mit hohen Gebirgszugen, hier *) Vgl. o. S. 22 Anm. 3. ein nach allen Richtungen hin passierbares Land, das im Siiden mittelhohe Erhebungen auf\veist, sich nach Norden zu verflacht und schliefllich am Fufie des 2386 m hohen Skulsen endet. Dieser bildet in seinem oberen Teile eine imposante, unersteigliche, glatte Felsmauer, indefi der untere Teil flach und langsam in das Hiigelland abfallt. Dieser Abhang, sowie iiberhaupt der nordliche, flachere Teil der Malcija Djakovs sind ziemlich gut bebaut und mit Feldern und Wiesen bedeckt. Infolgedessen sind auch die hier sefihaften Krasniči, Gasi und Bit uči viel wohlhabender als die westlich wohnenden katholischen Stamme. Die Krasniči nehmen den ganzen west-lichen Teil ein und zahlen etwa 800 Hauser; die ungefa.hr gleich starken Gaši bewohnen den Nordosten und der Siidosten gehort den Bitiiči, welche etwa 300 Hauser ausmachen. Auf dem Wege stieflen wir bald auf die von Djakova zuruckkehrenden Nikaj und Merturi. Die Frauen und Madchen, welcheuberhaupt bei denMalcoren,wiejaauch inMontenegro, wie Saumtiere verwendet werden, waren durchgehends hart belastet, zumeist mit Mehi- und Salzsacken; von den Mannern zog es auch hier ein Teil vor, blofi die Waffen zu tragen. Anderthalb Tage weit miissen die Bedauernswerten Lasten von 35 bis 40 Kilogramm transportieren, wobei sie aufier der hohen Čafa Kolšit noch zwei andere, wenn auch bedeutend niedrigere Sattel zu ersteigen haben. Die Nacht bringen sie im Freien zu. Ab und zu kamen uns auch Maultiere entgegen, die ihres vielsichererenTritteswegenin der Malcija die Pferde ersetzen. Doch findet man in Nikaj, Merturi, Šala und Šoši infolge des unwegsamen Gelandes nur wenige Maultiere, in Toplana und Duš man i gar keine. Wir passierten die Hauser von Bunjaj,1) woselbst der Bajraktar der Krasniči, Šaban Binaku,2) wohnt, und erreichten nach zweieinhalbstiindigem Marsche die von Norden in einem breiten Tale dahinfliefiende Valbona, den Hauptflufi der Malcija Djakovs, der seinen Namen noch aus der romischen Zeit bewahrt Bunjaj. 2) Schaban Binalcu. hat.1) Nachdem wir ihn durchfurtet hatten, hielten wir am Ufer Rast. Hier hatte ich abermals Gelegenheit, Einblick in den Charakter der Albanen zu g-ewinnen. Dem einen meiner beiden Nikaj \var vierzehn Tage vorher der Oheim erschossen worden, und als der nachste Anverwandte hatte er die Blut-rache zu iiben. Bei einer eine Woche spater stattgefundenen Be-gegnung mit dem Morder, der selbst ein Nikaj war, hatte er denn auch auf ihn geschossen, ihn jedoch nur leicht verwundet. Wie staunte ich nun, als ich bei der Rast an der Valbonafurt erfuhr, wir waren heute in der Nahe von Bunjaj mit dem Ver-folgten zusammengetroffen und hatten mit ihm auch Grufi und einige Worte harmlos gewechselt! Auf meine Frage, warum der Blutracher nicht habe sein Gewehr sprechen lassen, erwiderte er, er hatte es mir, dem Gaste zu Ehren nicht getan! Ebenso ware er auch vorgegangen, wenn sich die beiden im Hause eines Dritten getroffen hatten. Sie hatten anstandslos Zigaretten geraucht und Kaffee getrunken, sie hatten auch ruhig mit-einander gesprochen, aber eine Viertelstunde spater hatten drautien bei einem eventuellen Zusammentreffen unvermeidlich die Gewehre geknallt. So wird der Gast bei den Albanen geehrt! So hoch wird das Gastrecht geschatzt, dafl selbst die Blutrache vor ihm Halt macht! Von der Valbona fiihrte uns der Weg durch ein breites, fruchtbares Nebental, dessen karstige Hange mit Gestriipp be-wachsen sind, an dem bedeutenderen Orte Luž2) voriiber aufwarts zu der den Talabschlufi bildenden Čafa Lužs3). Jenseits der Čafa erblickte ich vor mir eine schone, kleine Ebene, ringsum von niedrigen, mit Gebiisch besetzten Bergen eingeschlossen. Ihr Boden ist durchwegs mit griinen Wiesen und Feldern be-deckt; an den Hangen liegen iiberall Hauser zerstreut; hie und da weideten Viehherden und ein kleiner, von Baumen umsaumter Wasserlauf schlangelte sich durch das anmutende Bild. Es war *) Vgl. Jireček, Die Romanen in den Stadten Dalmatiens wahrend des Mittel-alters I S. 59. 2) Hier zweigt nordlich der nach der Čafa Morins leitende Weg ab, auf welchem man in das Gebiet von Reka und Beriša gelangt. 3) ž = j in Journal. das Bscken von Bitiič, der reichste Strich der Malcija, welches da vor mir lag. Die Bitiiči sind wohl, wie bereits ervvahnt wurde, bedeutend schwacher als die Krasniči und Gasi, aber nichtsdestoweniger geniefien sie bei den beiden Stammen sowohl wegen ihrer Wohlhabenheit als auch \vegen ihrer Tapferkeit ein grofies Ansehen. Wir durchschritten das Becken seiner ganzen Lange nach und stiegen dann zum letzten Sattel, der uns noch von der Ebene von Djakova trennte, empor. An diesem Sattel, Čafa Škols1) genannt, begann ein langes, schluchtartiges, mit Gebiisch und niedrigen Baumen bewachsenes Tal, an dessen Ausgang noch in bedeutender Entfernung das Flachland von Djakova sicht-bar wurde. Langsam senkte sich der Weg zu ihm, und es war schon die Dammerung eingebrochen, als wir das am Rande der Ebene liegende Dorf Babaj Boks2) erreichten, in welchem wir bei einem Freunde Kadris einkehrten. Dieses Dorf besteht nicht mehr, wie die Dorfer der Malcija, aus weit zerstreuten Hausern, es bildet vielmehr eine geschlossene Gruppe von durchwegs verteidigungsfahigen Steingebauden. Im Erdgeschosse der meist einen quadratischen Grundrifi aufweisenden „Kula" befindet sich der Stali, im ersten Stocke, zu welchem eine an der Aufien-seite angebrachte Treppe emporfiihrt, der Vorratsraum und im zweiten das Wohngelafi, in welchem die Stelle der Fenster ge-raumige Schiefischarten einnehmen. Nachdem wir in einer solchen Kula iibernachtet hatten, brachen wir am nachsten Morgen auf, um das letzte Stiick Weges bis Djakova zuruckzulegen. In einer ungefa.hr in der Mitte der Strecke liegenden Muhle lieflen meine Begleiter ihre Waffen zuriick, denn es war verboten, die Stadt bewaffnet zu betreten. Die militarischen Operationen gegen die oppositionellen Albanen waren noch nicht beendet, in Djakova sowohl wie in der Umgegend standen noch turkische Truppen und diese nahmen naturlich jedem die Waffen ab. Das letzte Drittel des Weges zieht sich durch eine \veite, offene, unbebaute Ebene, an deren Ende wir hinter einer kleinen 1) Schkols. 2) Babaj. Bodenerhebung zwischen Baumen ein Minaret erblickten. Es war Djakova, das man wegen der Terrainwelle erst sieht, wenn man es betreten hat. Auf einer Bogenbriicke iiberschritten wir die Erenike1) und fiinf Minuten spater erreichten wir den unmittelbar am Eingange der Stadt liegenden katholischen Pfarrhof, in welchem ich abstieg. Djakova liegt am Siidende eines von Norden streichenden niedrigen Hugelriickens und unterscheidet sich in seinem Aus-sehen durch nichts von anderen tiirkischen Stadten. Im Norden wird es von einer auf dem Riicken situierten Kaserne iiber-ragt; im Siiden und Osten dehnen sich Felder aus; im Westen flieflt die trage Erenike, der mitten durch den Ort in griiner Einfassung die Krena8) zueilt. Djakova diirfte 20.000 Einwohner zahlen, welche sich aus Angehorigen der angrenzenden Bergstamme, also aus Krasniči, Bitiiči, Gasi und H as i zusammensetzen. Das mohammedanische Element uberwiegt bedeutend. An Christen zahlt man etwa 2500 Seelen; die Katholiken bilden die Majoritat, sie sind zum groi3ten Teil Albanen und besitzen die oben erwahnte Pfarre. Die Umgebung der Stadt ist grofitenteils katholisch und besteht meist aus Angehorigen des Mirditenstammes Fani, die wegen Blutrache hierher ausgewandert sind. Uber den Namen der Stadt geht die Sage, der erste An-siedler habe zum Zeichen der Besitznahme seinen Handschar in die Erde gestofien, der, als er wieder herausgezogen wurde, blutig gewesen sei. Deswegen sei die Stadt Djakova, „die Blutige", genannt worden, denn djak (dschak) bedeutet im Albanischen Blut. Beriichtigt ist die Stadt wegen ihres Fremdenhasses, weswegen sich nur wenige Europaer riihmen konnen, sie betreten zu haben. So hat sich denn auch vor mir seit drei Jahren kein Abendlander hierher gewagt. Den letzten, einen Abenteurer, hatten die Albanen gefangen genommen, und nur *) Erenike. 2) Nach K. Oestreich, Abhandl. d. Geogr. Ges. in Wien 1899 S. 348 (vgl. S. 349 und 350) durchflieBt Djakova im Gegensatze zu der richtigen Angabe der Karte „der Proni". Proni heiBt bekanntlich im Gegischen einfach „der Bach". der energischen Intervention der Konsuln in Prizren und Ueskub1) war es gelungen, ihn nach drei Wochen wieder zu befreien.2) Die Albanen von Djakova sind weit und breit gefiirchtet; ihr Einflufi auf die umwohnenden Stamme ist ungeheuer. Die ganze Malcija Djakovs richtet sich nach ihnen und mu8 sich nach ihnen richten, denn Djakova bildet den Markt fiir einen weiten Umkreis.3) Bis zu dem Zeitpunkte, da im Verlaufe der militarischen Operationen gegen die oppositionellen Albanen im Sommer 1903 die Stadt von Truppen iiberschwemmt wurde, ging hier jedermann bewaffnet herum, und Tag fiir Tag knallten in den Straflen Revolver und Gewehre, denn der Djakovaner macht bei der geringsten Veranlassung von seinen Waffen Ge-brauch. Die Militarbehorden untersagten das Tragen von Waffen, und man mučite sich der Ubermacht notgedrungen fiigen. Als ich in Djakova ankam, war zwar ein grofier Teil der Truppen schon nach Makedonien disloziert worden, doch hielt man die Stadt noch immer stark besetzt, da selbst die unmittelbare Nachbarschaft im Widerstande verharrte. So auch das oben erwahnte Dorf Bab a j Boks; es wurde#in der auf meine Einkehr folgenden Nacht vom Militar umzingelt, und dreiundsechszig Ortseinwohner kamen als Gefangene nach Djakova. Die da-maligen Berichte der Tagesblatter iiber die allgemeine Ent-waffnung der Albanen waren vollig unzutreffend, denn die ganze Tatigkeit und der ganze Zweck der tiirkischen MaCnahmen bestanden lediglich in einer Zahlung der Bevolkerung, die teil- Prisren, Uskiib. 2) Am 17. Oktober 1898 hat hier auf einer eiligen Tour unter sehr starker Gendarmeriebedeckung Oestreich iibernachtet, vgl. a. a. O. S. 348 f. und Verhandl. d. Ges. f. Erdk. zu Berlin 1899 S. 315. Bemerken mochten wir, daB solche Parforceritte auch dem Nachfolger wenig Nutzen bringen; sie regen die Bevolkerung, mit der man zudem in gar keinen Kontakt kommt, nur auf. Das Flunkern mit dem Revolver (vgl. S. 311 u. 317) macht auf sie zum mindesten nicht den Eindruck, den man erwartet. Eine Reise in Albanien ist, wie man auch aus den Schriften des Altmeisters Hahn sieht, gewiB kein Praterspaziergang, aber auch nicht das, was aus ihr in neuerer Zeit oft selbstgefallig gemacht wird. Ein gutes Urteil hat iiber die Zustande bei den Ščiiptaren Trager, Zeitschr. f. Ethno-logie 1900 S. 49 ff. abgegeben. ») Vgl. o. S. 25. weise auf Widerstand stiefl. Tiirkische Offiziere waren hiebei, allerdings unter dem Schutze einheimischer Chefs, bis nach Nikaj vorgedrungen; die erzielten Resultate sind jedoch voll-kommen unzuverlassig, da die Einwohner als Bevolkerungs-zahlen der einzelnen Orte angaben, was ihnen beliebte. Der tiefwurzelnde Fremdenhafi hat aber auch in Djakova die Tugend der Gastfreundschaft nicht auszujaten vermocht, sie steht hier im Gegenteil in weit bekannter Blute. Die Stadt besitzt denn auch trotz ihrer Grofie nur einen einzigen kleinen Han (Einkehrhaus) — das viel kleinere Ipek hat deren ein halbes Dutzend —, da jeder Fremde bei irgend einem Bekannten einkehrt. Hat er keinen, so geniigt eine Empfehlung, um ihm Aufnahme zu sichern. Ich selbst wurde am ersten Abend von einem angesehenen Manne, den ich erst bei einem Rundgange durch die Stadt kennen gelernt hatte, zum Abendessen eingeladen. An den beiden Tagen, die ich in Djakova zubrachte, machte ich wiederholt Spaziergange durch die Stadt und ins-besondere durch den Bazar, doch immer in Begleitung, denn selbst mein eben erwahnter Gastfreund riet mir entschieden ab, allein herumzugehen. Hierbei kam ich auch zu einem groflen, fiir die dortigen Verhaltnisse sehr schonen Gebaude, das, von einem hochummauerten Hofe umgeben, einer Burg vergleichbar ist. Es war die Kula des Rizabeg,1) des machtigsten Bey von Djakova. Er gehort dem Stamme der Bitiiči an und steht in bestandiger Fehde mit seinem Rivalen um Macht und Ansehen, Bajrambeg Zuri2) vom Stamme der Krasniči. Vor zwei Jahren kam es sogar mitten in der Stadt zu grofien Kampfen zwischen den beiderseitigen Gefolgschaften; der Bazar blieb einen ganzen Monat geschlossen, und in den Strafien sah man nur Krasniči und Bitiiči in unablassigem Geplankel. Dafi die tiirkische Regierung selbst jetzt, nach der groflen Operation gegen die Albanen, nicht gern in dieses Wespennest hineinsticht, beweist auch der Umstand, dafi bei der wegen des makedonischen Aufstandes erfolgten Mobilisierung des ganzen Vilajets Kosovo nur derDistrikt von Djakova von dieser Mafiregel ausgenommen ') Risabeg. 2) Bajrambeg Suri. wurde, wahrend beispielsweise Ipek zwei Bataillone stellen muftte. Am 20. August verliefl ich mittags Djakova, um mich nach Prizren zu begeben. Ich legte die Strecke in der landes-iiblichen Weise mit einem der Kiradschi zuriick, die mit ihren Tragtieren in der ganzen Tiirkei den Transport von Reisenden und Lasten von einem Ort zum andern besorgen. Der Weg, der bis auf zwei kleine Steigungen durchvvegs eben und fur Fuhrwerke passierbar ist, fiihrt zumeist zwischen Feldern, die bei K ruše mit beinahe einen Meter hohen Erdwallen um-friedet sind. Bei dem Orte Rugovo1) durchfurteten wir den Wei8en Dr in, iiber den eine halbe Stunde flufiaufwarts auch eine steinerne Brucke, die Ura Fšajt,2) fiihrt. Kurz vor Rugovo hatten wir ein kleines Abenteuer, indem ein junger Albane, der Sohn eines Begs, der uns trunken entgegengeritten kam, einen RevolverschuB auf mich abfeuerte; an der Wiederholung der Schiefiiibung \vurde er von seinem Begleiter verhindert. Bald nach der Uberschreitung des Dr in iiberraschte uns ein starkes Gewitter mit Platzregen, was besonders deswegen unangenehm war, weil sich der beiderseits von Dammen ein-geschlossene Weg in einen Bach vervvandelte, in welchem wir nur langsam vorwartskommen konnten. Viele landesiibliche Fuhrwerke kamen uns entgegen, die, durchvvegs von Ochsen gezogen und ausschliefilich aus Holz gebaut, die Aufmerk-samkeit schon von weitem durch das entsetzliche Gekreisch der Achsen auf sich lenken. Endlich dehnte sich nach Ersteigung einer kleinen Anhohe die weite Ebene von Prizren vor uns aus. Am jenseitigen Rande ragt unvermittelt die machtige Kette des Šar3) zum Himmel empor; an sie schmiegt sich, dominiert von einer Citadelle, am Ausgange einer tiefen Schlucht Prizren, die alte Residenz serbischer Konige, an. Die Stadt, zum grofiten Teile als ein Gewirr von auf- und absteigenden, vvinkeligen Krusche, Riigowo. 2) tTra Fschajt. Ura die Brucke. 3) Schar. Gassen auf den steilen Gehangen des Svilen,1) einer Stufe des Šar, gelegen, bietet von auflen einen sehr freundlichen Anblick dar und ist beriihmt wegen ihres ausgezeichneten Wassers, das vom Šar als Bistrica2) herunterkommt. Wahrend die Umgebung fast durchwegs albanisch ist, bewohnen die Stadt zumeist mohammedanische und orthodoxe Serben sowie wenige Osmanen. Als ich ankam, herrschte lebhaftes kriegeri-sches Treiben in den Strafien, denn die Mobilisierung war in vollem Gange. Ununterbrochen riickten Albanen aus der Umgebung ein. Insbesondere stellten die wilden Bewohner der Ljuma3) ein starkes Kontingent, denn wahrend sie den regularen Militardienst perhorreszieren, waren sie jetzt, wo sich ihnen Aussicht auf Raub und Pliinderung bot, sofort bereit, in den Krieg zu ziehen. In der Stadt knallten sie aus ihren Martinigewehren so ungeniert herum, dafi alles aufatmete, als sie nach einigen Tagen endlich nach Makedonien abzogen. Nach dreitagigem Aufenthalte verliefl ich am 24. August bei Tagesanbruch Prizren,4) um iiber den Šar nach Kalkan-dele zu gehen. Ich hatte wieder einen Kiradschi aufgenommen, dessen Pferd ich ritt. Doch waren wir nicht allein. Es ist ja all-gemein bekannt, dafl die tiirkischen Behorden fremden Reisenden oft Schwierigkeiten bereiten, da ihnen Vergniigungs- oder For-schungsreisen unfafibar sind und jeder Fremde daher verdachtig erscheint. Bei mir steigerten sich noch dazu die Verdachts-momente, da in dem bereisten Gebiete der Kriegsgott waltete und der gewohnliche Weg von Prizren nach Ueskiib nicht iiber Kalkandele, sondern iiber Ferizovič,5) an der Bahn-linie Ueskiib—Mitrovica, fiihrt. Ich war also gar nicht erstaunt, als sich mir ein berittener Polizeileutnant unter dem Vorwande ') Swilen. J) Bistriza. 3) Gebirgslandschaft zwisclien dem Schwarzen und WeiBen Drin. Vgl. Hassert, Mitt. d. Geogr. Ges. in Wien 1898 S. 362 f. 4) Ich habe mich hier kurz gefaBt, da die Stadt in der letzten Zeit wieder-holt, so von Hassert a. a. O. S. 363 f. und Verhandl. d. Ges. f. Erdk. zu Berlin 1897 S- 535 ^ un(l von Oestreich, Verhandl. d. Ges. f. Erdk. zu Berlin 1899 s- 3'4 geschildert vvorden ist und meine Beobachtungen nichts wesentlich Neues bieten. 5) Ferisowitsch. Steinmetz, Hocbliindergaue Oberalbaniens. 3 anschlofi, er hatte in Kalkandele zu tun und es ware ihm an-genehm, auf dem etvvas unsicheren Wege iiber das Gebirge Gesellschaft zu haben. Ich erwiderte natiirlich, dafi es mir „ein ganz besonderes Vergniigen" sein werde, die Reise „in so angenehmer Gesellschaft" zu machen, und so stiegen wir zu dritt, uns augurenhaft anblinzelnd, den sehr steilen Abhang des Svilen oberhalb der Stadt empor. Det Weg zog sich auf ihm teils zwischen Farnkraut, teils zwischen sparlichem Ge-busch hoch oben iiber dem kahlen, felsigen Tale der Prizrenska Dušangrad Das Tal der Bistrica mit dem Dušangrad. Bistrica dahin, in welchem man auf einem Felskegel die Ruine der mittelalterlichen Burg Dušangrad, von den Tiirken Kyz-Kalesi (Madchenburg) genannt, erblickt. Wir passierten, ununterbrochen steigend, nacheinander zwei kurze Quertaler, in deren erstem das stattliche Dorf Jablanica1) liegt, wahrend sich am Abhange des zweiten das Dorf Struža2) ausbreitet. Der Weg war durchwegs ein Saumweg und teilweise sehr schlecht, doch trafen wir noch ab und zu Uberbleibsel der alten Kaldyrym, des friiheren gepflasterten ') Prisrenska Bistriza, Duschangrad, Kys-Kalessi, Jablaniza. 2) Vgl. o. S. 27 Anm. 3. Weges an. Oberhalb Struža verlafit die Route den Abhang des Bistricatales, welches sich hier nach Osten wendet, und ersteigt einen Riicken, von welchem man einen pracht-vollen Ausblick geniefit. Im Osten schweift das Auge das tief eingeschnittene, zerkliiftete Bistricatal aufvvarts, im Westen hinab in das Gebiet von Gora und O p olje1) sowie aut den gerade gegeniiberliegenden 2381 m hohen Gebirgsstock des Koritnik.*) Von hier an andert sich zum Teil die Physiognomie der Landschaft. An die Stelle der kahlen oder mit sparlichem Ge-biisch bewachsenen, steilen Hange treten runde, sanft geboschte Riicken mit iippigen Wiesen und Alpenweiden; doch wechseln sie streckenweise noch mit Karstterrain ab. Auf einem Abhange liegt die Kula Karataš3), die, mit drei Mann besetzt, zur Sicherung des Weges bestimmt ist. Nachdem wir uns daselbst an einem Kaffee gelabt hatten, erreichten wir endlich nach etwa vierstiindigem Ritte — von Prizren aus — den Kamm des Gebirges. Rechts und links ragen felsige Kuppen in die Hohe, nach Norden dehnt sich der Blick bis zu den Gebirgen von Ipek, im Siiden wird man in weiter Ferne des vollkommen ebenen, von den bewaldeten Bergen der Suha Gora begrenzten Beckens von Tetovo4) gewahr. Ein weifler Streifen zieht sich schnurgerade durch die Ebene, es ist die Strafie von Kal-kandele nach Ueskiib. — Unmittelbar unter dem Kamme liegt ein aufierordentlich steiles, tiefes Tal mit dem Orte Ve šal, jenseits desselben aber tiirmt sich der zackige Felskamm der Rudo k a planina5) empor. Wahrend der eine Weg nach Kalkandele vom Kamme in dieses Tal hinabsteigt, fiihrt der andere sanfter auf dem Riicken eines mit prachtvollem, vviirzigem Grase be-deckten Gebirgsauslaufers in das Tal der Sarska Rjeka hinab, wo er sich bei dem Orte Brodeč6) mit der erstgenannten Route vereinigt. ') Gora, Opolje. 2) Koritnik. 3) Karatasch. 4) Ssucha g6ra, Tžtowo. 5) Weschal, Rudoka planina. 6) Scharska rjeka, Br6dez. Auf dem Abstiege, zu welchem wir den letztnotierten Weg benutzten, hatte ich Gelegenheit, eine auf dem Šar sehr haufige Erscheinung zu beobachten, durch welche dieses schone Gebirge bei den Reisenden beriichtigt ist. Wir hatten kaum vor einer Stunde den Kamm verlassen, als sich iiber ihm auf dem bisher wolkenlosen Himmel ein Wolkchen bildete, das mit Blitzesschnelle wuchs. Eine Viertelstunde spater konnten wir auf dem Kamme, und nur auf diesem, ein furchtbares Hagehvetter niedergehen sehen, wahrend iiber uns die Sonne hell und freundlich schien. So manchem Reisenden, der sich in dem kritischen Momente gerade auf dem Kamme befand, hat dieses plotzlich auftretende Unwetter schon Verderben gebracht, denn kein Baum und kein Strauch ist dort oben zu finden, der gegen den Hagel einen notdiirftigen Schutz gewahren konnte. Auf dem ganzen Wege begegneten wir nur wenigen Leuten, meist Tiirken oder Serben, wie denn der Šar iiberhaupt weit mehr von Serben als von Albanen bewohnt ist. Ich nenne sie, obwohl die slawischen Bewohner der Siidseite viel-fach als Bulgaren bezeichnet werden, Serben, denn sie sprechen tatsachlich serbisch und nicht bulgarisch.1) Nachdem wir auf einer holzernen Brucke die Šarska Rjeka passiert hatten, leitete uns der Weg bis Kalkandele auf dem rechten, meist mit Feldern bedeckten Abhange des Tales hoch iiber dem tiefeingeschnittenen Fluflbette. Er war stellemveise sehr schlecht, felsig und mit Geroll bedeckt; aufier-dem war Wasser hier nur sehr sparlich zu finden im Gegensatz zum Nordhange des Šar, auf welchem ausgezeichnetes Wasser in geniigender Menge vorkommt. Unmittelbar iiber Kalkandele senkt sich der Weg steil in die Ebene hinab. Wir hatten von ') Slawisch waren noch vor zwei Generationen auch die jetzt zum groBten Teil albanisierten Landschaften Gora und Opolje zwischen dem Sar und Koritnik. Auch der Glaubenswechsel ist in diesen Gegenden jungen Datums, so in Ljuma und Lurja. Uber den Fortschritt des Islam in dem letztgenannten Gebiete vgl. Hahn, Reise durch die Gebiete des Drin und Wardar S. 85. Uber die Volkermischung am Ostsaume des albanischen Gebietes vgl. Jireček, Die Romanen in den Stadten Dalmatiens wahrend des Mittelalters I S. 42 und die Bemerkungen von Trager, Zeit-schr. f. Ethnologie 1900 S. 38 ff.; uber die Volkerfolge in Mittelalbanien siehe C. Patsch, Das Sandschak Berat in Albanien Sp. 25 ff. Prizren bis hierher, die Aufenthalte abgerechnet, acht Stunden gebraucht. Das freundliche Stadtchen liegt am Austritte der Šarska Rjeka in das fruchtbare Becken von Te to v o. Es zahlt etwa 15.000 grofitenteils slawische Einwohner und mutet infolge der baumreichen Umgebung, seiner vielen Garten und verhaltnis-mafiig breiten, reinlich gehaltenen Strafien den Fremden viel mehr an als Prizren.1) Es wird von einer ausgedehnten, sehr hoch gelegenen Citadelle beherrscht, die das Tal der Rjeka sperrt; doch sind die Festungswerkeseiteinigenjahren aufgelassen. Ich stieg im Han des Selim Aga, dem grofiten Einkehrhause der Stadt, ab und sicherte mir gleich einen Wagen, um am nachsten Tage nach Ueskiib zu fahren. Auch hier wurde ich nicht allein gelassen. Als ich von einem Rundgange durch die Stadt zuriickkehrte, fand ich wieder einen Polizeileutnant vor, welcher mich in der hofiichsten Weise um die Erlaubnis bat, den gleichen Wagen benutzen zu diirfen, da er ebenfalls nach Ueskiib reisen miisse und sich dadurch die Fahrt fur jeden von uns verbilligen wiirde. Wir fuhren also zusammen ab. Die breite, schnurgerade Strafie ist durchaus europaisch gebaut, wird jedoch schlecht in Stand gehalten. Nach Uber-schreitung des Vardar auf einer steinernen Brucke verlafit sie die Ebene und fuhrt erst uber eine ganz niedrige Wasser-scheide und dann ununterbrochen in einem freundlichen Tale, welches sich kurz vor der Vereinigung mit der Treskaschlucht zu einem romantischen Defile verengt. Bald darauf treten die Berge zuriick, der Vardar wird auf einer breiten, holzernen Brucke passiert und die Minarets und die Citadelle von Ueskiib kommen in Sicht. Genau zu Mittag, nach fiinfstiindiger Fahrt, hielt der Wagen vor dem Hotel Turati. Lebhaftes kriegerisches Treiben herrschte auch hier. Uberall sah man Ilavehs, taglich wurden grofi e Transporte derselben auf der Bahn nach Makedonien instradiert, ringsum schim-merten auf den Bergen die weifien Zelte der regularen Truppen. 4) Uber Kalkandele vgl. auch Oestreich, Verhandl.d. Ges. f.Erdk. zu Berlin 1899 S. 312 f. und Abhandl. d. Geogr. Ges. in Wien 1899 S. 342 f. Meine Absicht war, von hier wieder nach Prizren zuriick-zukehren und dann durch das mich in jeglicher Hinsicht an-ziehende Gebiet der Mirditen nach Scutari zu gehen. Das iibergrofie Mifitrauen der Behorden, das mein Tun und Lassen schon in den letzten Tagen beengt hatte, und die begriindete Voraussicht, dafi man mir in Anbetracht der kriegerischen Stimmung der Bevolkerung die Erlaubnis zur Riickkehr dezidiert verweigern wiirde, zwangen mich aber, da ich meinem Wunsche doch gerecht werden wollte, zu einem weiten Umwege. Ich beschlofi, iiber Saloniki, Athen und Korfu wieder Scutari aufzusuchen, um von dort aus mein Gliick zu versuchen. Von eigenartigem Reize war auf dieser Rundtour diesmal nur die Bahnfahrt von Ueskiib nach Saloniki. Ich konnte wahrend ihrer siebenstiindigen Dauer in aller Bequemlichkeit die Wirkungen der makedonischen Insurrektion, soweit sie diesen wichtigen Verkehrsvveg betrafen, beobachten. Bei jeder Station kampierte unter Zelten Militar; langs der ganzen Bahn-linie sah man Patrouillen; an den Enden eines jeden Tunnels und jeder Brucke standen starke Wachtposten. Dabei fuhr der Zug an versengten Feldern voriiber oder durchschnitt Flachen mit iiberreifer Frucht, die, da sich die Besitzer verzogen hatten und Maher und Drescher fehlten, unter der gliihenden Sonne verdarb. II. Durch Merdita, Dukagjin und die Marken der katholischen Hochlander nach Scutari. In S. Giovanni di Medua am 12. September bei Tages-anbruch wieder auf albanischem Boden, eilte ich sofort in Begleitung des tiirkischen, von einem berittenen Gendarmen eskortierten Posttataren auf der gewohnlichen Routenach Scutari. Nach siebenstiindigem scharfen Ritte zogen wir um 2 Uhr nachmittags in der Metropole Nordalbaniens ein. Am 15. September brach ich, wieder nur von einem Manne begleitet, nach Merdita2) auf. Wir durchwateten bei Vaudenjs3) den Drin und betraten eine Stunde spater, im Tale des Gjadri,4) eines linken Zuflusses des Drin, aufwarts gehend, das Gebiet der Mirditen. Die Mirditen sind der angesehenste und machtigste Stamm Nordalbaniens. Sie sind durchwegs Katholiken und teilen sich in die folgenden fiinf Bajraks mit insgesamt 1900 Familien:5) Dibri (600 Familien), Kušneni (110), Oroši (120), Spači (650) und Fani (420).6) ') Vgl. Hassert, Mitt. d. Geogr. Ges. in Wien 1898 S. 352 ff. 2) Merdita. So nennen die Eingeborenen ihr Land, sich selbst heiBen sie Mirditen. 3) Waudenjs. 4) Spr. wie geschrieben. ») Nach G. von Gyurlcovics, Albanien (1881) S. 21 zahlen sie 19.000, nach Baldacci, Bolletino della Societž. Geografica Italiana 1900 S. 10 (des S.-A.) 21.000 Seelen. Nach B...... Das Ausland 1891 [S. 436 »fassen sie 1600 Familien mit einer BevSlkerung von rund 13.000 Seelen, worunter kaum mehr als 1800 streitbare Manner". A. Degrand, Souvenirs de la Haute-Albanie S. 168 gegeniiber wurden sie auf 25.OOO Seelen geschatzt. 6) Dibri, Kuschneni, Oroschi, Spatschi, Fani. — Den oft gebrauchten Namen Fandi kennen die Autochthonen nicht. Da iiber den Begriff Bajrak vielfach unrichtige Ansichten herrschen, sei hier dariiber eine kurze Bemerkung gestattet. Bajrak (Banner) ist keine Unterabteilung des Stammes (Fis); beide Bezeichnungen stehen hochstens in einer zufalligen Beziehung zu einander. Der Stamm ist ein Komplex von Familien, welche ihre Abkunft auf denselben Stammvater zuriickfiihren; die Grundlage des Fis bildet demnach die wenn auch noch so ent-fernte Verwandtschaft, und diese schliefit wechselseitige Heiraten aus. Der Bajrak hingegen ist eine Gemeinschaft von Familien, welche dasselbe Gebiet bewohnen; er haftet also dem Terri-torium an. Diese allgemeine Definition erleidet jedoch zuweilen Modifikationen. So sind z. B. die Mirditen wohl nach auflen hin ein Stamm, als miteinander verwandt betrachten sich aber nur die drei Bajraks Oroši, Spači und Kušneni, da die beiden anderen erst spater hinzugetreten sind. Deswegen heiraten die drei ersteren untereinander nicht, sondern nehmen sich ihre Frauen aus den Fani und Dibri. Ferner bilden — der Uber-lieferung zufolge — die Pulti, Šala-Š osi, Dušmani, Toplana, Nikaj und Merturi den Stamm der Dukagjini1) und nennen sich deswegen gemeinschaftlich „fis i džašt bajrakut" (Stamm der sechs Bajraks), heiraten jedoch untereinander. Der Hauptort der Mirditen ist das Dorf Oroši, woselbst ihr angestammter Chef, der Kapetan,2) residiert oder vielmehr residierte, denn das gegenwartige Oberhaupt Prenk Bib Doda lebt bereits seit 23 Jahren als Verbannter in Kastamuni, der Hauptstadt des gleichnamigen Vilajets im Norden Kleinasiens.a) Solange er im Lande war, herrschten verhaltnismaflig geordnete Verhaltnisse; seit seinem Abgange befindet sich aber das Land in fast vollstandiger Anarchie. Wohl hat die tiirkische Re-gierung nach der Entfernung des Fiirsten einen Kaimakam fiir die Merdita ernannt; doch welchen Wert dieses Amt hat, zeigt am besten der Umstand, dafi der jetzige Kaimakam in Vaudenjs am Drin, also noch auf unmittelbar tiirkischem Gebiete seinen Sitz aufgeschlagen und es noch nie gewagt hat, die Mer- ') Dukadschini. 2) Kapetan. 3; Vgl. G. Hirschfeld, Aus dem Orient 2 S. 98 ff. dita zu besuchen. Der Oheim des verbannten Fiirsten, Marka Gjon1) beansprucht zwar die Kapetanswurde fiir sich, er wird jedoch von vielen Hauptern der Mirditen nicht anerkannt. Nimmt man zu dieser Desorganisation der Regierung noch hinzu, dafl das Land infolge seiner Gebirgsnatur und der Sterilitat des Bodens sehr arm ist, so kann es nicht wunder-nehmen, dafl in der Merdita das Brigantaggio bliiht und die Mirditen als Rauber beriichtigt sind. Sie beunruhigen die an ihrer Nordgrenze fuhrende Handelsroute Scutari-Prizren, sperren sie oft wochenlang fiir jeden Verkehr, berauben sich untereinander, mit Vorliebe aber suchen sie die Ki\stenebene als Viehrauber heim. Im Han von Kalivači,2) den wir vom Gjadritale aus erreichten, sah ich einen kaum funfzehnjahrigen Knaben, der eine Woche vorher mit zwei Altersgenossen in die Ebene auf Viehraub gestiegen war und hiebei den Eigen-tiimer erschossen hatte. Natiirlich gehen solche Taten voll-kommen straflos aus, denn die Bewohner des Flachlandes getrauen sich nicht in die Berge und die Tiirken diirfen die Merdita iiberhaupt nicht betreten. In Kalivači konnte ich, wie spater in Kalori3) und Oroši, gleich auch die Beobachtung machen, dafl der Tausch-handel noch in ausgedehntem Mafle zu Recht besteht. Der Besitzer eines kleinen Ladens nahm fiir Salz, Kaffee, Tuch usw. Felle von Haus- und Raubtieren4), Mais u. dgl. an Zahlungs Statt. Von Kalivači fiihrte uns der Weg im karstigen Tale der Vom a5) nach dem von Eichenwald umgebenen, auf der Wasserscheide zwischen dem Drin und dem Mati liegenden Kačinjeti6), der Pfarrkirche von Dibri, wo ich bei dem Pfarrer, einem siebzigjahrigen Greise, iibernachtete. Am nachsten Tage wurde die Gegend freundlicher. Es ging fast ununter-brochen durch Wald oder Gebiisch an dem Orte Kalori vor- ') Marka Dschon. 2) Kaliwatschi. 3) Kal6ri. 4) Insbesondere ist der Norden der Merdita reicli an Baren und Wolfen. 5) Woma. 6) Katschinjeti. iiber in das Tal des Fani maz1), des Grofien Fani, welchen wir durchwateten, um auf der anderen Seite zu der Kirche von Nerfana, meiner nachsten Nachtstation, emporzusteigen. Der Ort liegt prachtvoll auf dem Kamme des die beiden Fani, Fani maz und Fani vogel, trennenden Gebirgsriickens und bietet eine weite Aussicht nach Siiden iiber das ganze Gebiet von Ksela2) bis nach Matja hinein. Die erstgenannte Landschaft, deren nordlichen Teil ein freundliches, ziemlich fruchtbares, von hohen Gebirgen umgebenes Hiigelland bildet, wurde im vergangenen Jahre ofters in Tagesblattern erwahnt, da die Tiirken ein Expeditionskorps von mehreren Hundert Mann dorthin gesandt hatten, um die als Viehrauber beriichtigten Bewohner zu strafen. Man berichtete nicht nur von einem voll-kommenen Frfolge der Truppen, sondern auch von Beschwerden der Kselaner iiber harte Ubergriffe der Tiirken. In Wirklich-keit verhielt sich die Sache, wie ich in Erfahrung bringen konnte, anders. Die Tiirken drangen wohl in Ksela ein; die Kselaner sperrten ihnen aber den Riickweg ab, und es ware ihnen sehr schlecht ergangen, wenn sienichtvon den Mirditen dieErlaubnis erhalten hatten, durch deren Gebiet in die Ebene zuriickkehren zu diirfen.3) Von Nerfana begleitete mich der Diener des Pfarrers nach Oroši. Der Weg fiihrte anfangs durch einen Peuce-Kiefern-4) und *) Fani math. Z wie vveiches englisches th. 2) S wie scharfes englisches th. 3) Zu Ksela vgl. auch Gyurkovics Albanien, S. 81 ff. 4) Die Kiefern (vgl. auch unten S. 43) entsprechen vollstandig den in dem Landschaftsbilde „Paysage mirdite 4 Orosch" bei Degrand, Souvenirs de la Haute-Albanie S. 141 abgebildeten, und diese bat Kustos O. Reiser mit voller Sicherheit als Pinus peuce Griseb. erkannt. „Namentlich der links hervortretende Stamm zeigt unverkennbar die Eigentiimlichkeiten der Zweigbildung und des Zapfenansatzes dieses sehr interessanten Nadelholzes. Wenngleich der Originalfundort Grisebachs, der Peristeri bei Monastir, sehr weit entfernt ist, so ist doch dieser neue Standort, auch vom geologisch-pflanzengeographischen Standpunkte beurteilt, ganz gut an-nehmbar, da er sich an die neuerdings bekannt gewordenen Fundstellen bei Andrijevica (Sekularslca Rijeka etc.) in Montenegro und in dem gegeniiberliegenden albanischen Grenzgebiete (vgl. Reiser, Materialien zu einer Ornis balcanica. IV Montenegro S. 28) anreiht." Die Beobachtung Baldaccis, Considerazioni preliminari sulla fitogeo-grafia deli' Albania settentrionale (Bollettino della Societi Geografica Italiana 1898 Buchenhochwald auf dem Kamme des die beiden Fani scheidenden Gebirges, so dafi man bald in das Tal des Kleinen, bald in das des Grofien Fani hinabblicken konnte. Es sind dies enge, schluchten-artige Taler, deren steile Hange mit dichtem Wald oder Gebiisch bedeckt sind. Bei der kleinen Kirche von Š e n P a 1'), welche dadurch bemerkenswert ist, dafi bei ihr die jahrlichen grofien Volksver-sammlungen der Mirditen abgehalten werden, senkt sich der Pfad zum Fani vogel hinab, den wir durch eine Furt passierten. Hier andert sich das Landschaftsbild; die Hange werden kahl und felsig, so dafi sich der Weg stellenweise sehr verschlechtert. Nach Durchwatung eines von Siiden kommenden Baches ging es durch schiittern Peuce-Kiefernwald einen steilen Riicken hinauf, und Mittag war nicht lange voriiber, als wir vor der Kirche von Oroši anlangten. An das hiibsche, St. Alexander geweihte Gotteshaus schliefit sich die Residenz des geistlichen Oberhauptes der Mirditen, eines infulierten Abtes, an. Kirche2) und Haus waren ebenso wie die daneben befindliche Schule3) erst kurze Zeit vorher neu erbaut4) und vollkommen europaisch einge-richtet worden. Sie stehen auf einer Terrasse und sind durch ein steilgeboschtes Tal von den gegeniiberliegenden Hausern des Ortes Oroši getrennt, welcher sich unter den abschiissigen S. 6 [des S.-A.]): „Non ho veduto traccie di Pinus Peuce, quantunque gli indigeni dicano di conoscere questa elegante e importante Conifera, che forse e posseduta dalle foreste di Lurija comprese entro la sua linea di distribuzione" ist also darnach richtig zu steilen. 1) Schen Pal, auch Spal. St. Paul. 2) Die von Jireček, Die Romanen in den Stadten Dalmatiens wahrend des Mittelalters I S. 52 zusammengestellten Nachrichten, darunter die iiber die „fra-ternita de Santo Allexandro del Monte" beziehen sich wobl nicht auf diese Kirche, sondern auf die Ruinen des Alexanderklosters auf dem Mali Šenjt („Heiliger Berg"). Ygl. Das Ausland 1891 S. 436; Degrand a. a. O. S. I42f. 3) Sonst befinden sich in der Merdita nur noch zwei Volksschulen, in Kačinjeti und Spači. An diesen fungieren die Ortspfarrer als Lehrer, wahrend in Oroši ein eigener Lehrer angestellt ist. Der Erfolg des Unterrichtes ist bis jetzt ein geringer, da der Schulbesuch ein sehr ungleichmafiiger ist. 4) Die Maurerarbeiten besorgen in ganz Nordalbanien die Dibrioten, welche wie etwa die Italiener und die Bewohner des hercegovinischen Popovo polje als geschickte Maurer bekannt sind. Felsen des machtigen Mali Šenjt1) in teilweise iibergriinter Bergumfassung ausbreitet. Der Abt, Monsignore Don Primo Dochi, war auf einem Ausfluge abwesend und kehrte erst gegen Abend heim. Er ist selbst Mirdite, etwa in den Fiinfzigern und ein hochgebildeter, welterfahrener Mann, der in Rom studiert und weite, auch aufiereuropaische Reisen gemacht hat. Seine allgemein bekannte Liebenswiirdigkeit und einnehmende Herzensgiite nahmen auch mich gefangen. Nach einem iiberaus freundlichen Empfange ward ich sein Gast. An der Abendtafel, an welcher aufier ihm und Die Kirche von Oroši, im Hintergrunde das Dorf Oroš. mir noch sein Sekretar und sein Kaplan sowie zwei in Oroši zu Besuch weilende Mirditengeistliche teilnahmen, war das italienisch gefuhrte Gesprach so anregend und belehrend, dafi ich erst spat an Ruhe dachte. Da man iiber Oroši schon durch andere Reisende geniigend unterrichtet ist,2) brach ich gleich am nachsten Morgen vor Tagesanbruch auf, um in Begleitung eines Dieners des Abtes das hochste Gebirge der Merdita zu besteigen, die iiber 2000 m hohe Munela,3) deren Gipfel noch vonkeinem Europaer erklettert x) Mali Schenjt. 2) Vgl. z. B. Degrand a. a. O. S. 135 ff. ') Munela, nicht Monella oder Mnela. worden war. Wohl hat am 30. Juni 1897 Baldacci die Munela iiberstiegen,r) er \var jedoch, wie mir die Leute erzahlten, dabei nicht bis auf die Spitze gekommen. Wir eilten auf einem sehr guten, vom Abte angelegten Wege in das Tal des Fani vogel hinab, durchwateten den kristallklaren Flufi, nahmen in dem am rechten Ufer gelegenen Orte Sen Mreja2) einen Mann mit, welcher meinen Rucksack sowie den uns von Monsignore Dochi mitgegebenen Proviant tragen solite, und begannen den Aufstieg. Nach einer Stunde erreichten wir das bereits ziemlich hoch gelegene Dorf Spači,3) , Mali Šenjt Mali Šenjt mit Oroši. in welchem sich eine kleine Kirche befindet, bei deren Pfarrer wir rasteten. Hier hatte ich wieder einmal Gelegenheit, zu sehen, wie hoch bei den oberalbanischen Hochlandern die Gastfreund-schaft gehalten wird. Der Geistliche erzahlte mir namlich folgende Begebenheit, die sich \venige Tage vorher in dem drei Stunden entfernten Orte Fani zugetragenhatte. ZweiManner lebten hier in Blutfehde. Der Racher konnte, da sich der ') Vgl. Bollettino della Societi Geografica Italiana 1897 S. 3 (des S,-A.). 2) Sehen Mreja, St. Maria; diirfte identiseh sein mit Zojs der Karte, das „Herrinu d. i. hI. Jungfrau bedeutet. 3) Spatschi. Verfolgte sehr in Acht nahm, nicht zum Schusse kommen; um endlich die Angelegenheit zum Abschlusse zu bringen, versprach er — was dort ofters geschieht — einem dritten Inwohner des Dorfes eine Summe Geldes, falls dieser seinen Gegner erschiefie. Der nichts Ahnende kam nun kurz darauf in das Haus des gedungenen Helfers, und dieser schofi ihn, die Gelegenheit benutzend, nieder. Kaum war die unerhorte Verletzung des Gastrechtes ruchbar ge\vorden, als sich schon die Ortsinsassen sammelten. Der Tater wurde ergriffen und sofort zum Tode verurteilt, nicht etwa deswegen, weil er einen Der Gipfel der Munela. Mord begangen, sondern weil er sich dazu in se in e m Hause hatte verleiten lassen. Da jedoch ein Einzelner die Todes-strafe nicht vollstrecken konnte, weil er der Blutrache seitens der Familie des Gerichteten verfallen ware, wurde beschlossen, dafi alle auf ihn schiefien sollten; und die erste Kugel jagte dem Delinquenten der eigene Bruder durchs Herz!1) Nachdem sich in Spači unsere kleine Kolonne noch durch einen Mann vermehrt hatte, der uns den Weg auf den Gipfel ') Dieser Fall ist ein konkreter Beleg fur die von Mjedia, Verhandl. der Beri. Anthropol. Ges. 1901 S. 355 mitgeteilten Bestimmungen „Uber Schutz. und Geleite" des „Gewohnheitsrechtes der Hocblander in Albanien". weisen solite, ging es am Abhange einer tiefen Schlucht weiter aufwarts bis auf den Kamm, der zugleich die "VVasserscheide zwischen dem Kleinen und dem Grofien Fani bildet. Den Kamm bedecken, von felsigen Schluchten unterbrochen, prachtige Tannenwalder, aus welchen, von Wolken umhullt, der Felsen-gipfel der Munela in die Liifte ragt. Nach einer weiteren Stunde hatten wir seinen FuG erreicht und begannen die Felsen emporzuklimmen. Der langgestreckte Gipfel fallt namlich nach allen Seiten in senkrechten "VVanden in die ihn umgebenden Walder ab, wahrend ihm oben eine Anzahl ganz flacher und kahler, gleich hoher Kuppen aufgesetzt ist. Eine Stunde angestrengten Kletterns noch und das Ziel war erreicht, wir befanden uns auf einer der Kuppen. Und die Aussicht war der aufgewendeten Muhe wert! Ganz Merdita lag vor uns in machtigem, engem Gewoge von Kammen und Gipfeln, von Felsen und Waldern, von schmalen, tiefen Talern und jahen Hangen. Im Osten hoben sich der Baštriku und der machtige Gjaliča Ljums,1) im Siiden die unwirtlichen Berge der Matja scharf vom Horizonte ab, wahrend im Westen der ferne Spiegel des Adriatischen Meeres heriiberglanzte. Leider hatte ich kein Aneroid mit, um die Hohe des Gipfels zu messen; doch konnte ich wenigstens nach dem tief unter mir liegenden Gebirgszuge des Mali Šenjt, dessen Hohen mit 1300, 1500 und 1590 m bekannt sind, eine Schatzung anstellen, der zufolge der Gipfel der Munela etwa 2100 m hoch sein diirfte. Da sich unsere Warte mit Wolken zu umziehen begann, kletterten wir bald auf einer andern Stelle die Felswande hinab zu der Quelle des sich in den Groflen Fani ergiefienden Proni Kalivarit.2) In seinem steil abfallenden Tale eilt der Weg rasch abwarts. Von Interesse war ein Meiler, in welchem aus Kiefernholz Teer erzeugt wird, der in weiter Runde Absatz findet. In einem Hause, dessen Bewohner uns natiirlich mit Kaffee bewirteten, warteten wir das Ende eines rasch voriibergehenden Regengusses ab, dann ging es weiter tal-abwarts, bis wir mit Anbruch der Dammerung eine Viertel- 1) Basclitriku, Dschalitscha. 2) Proni Kalivvarit. stunde vor der Miindung des Baches in den Fani die Kirche von K al i vari erreichten. Ich war erstaunt, in dieser Wildnis in dem Pfarrer einen Doctor theologiae zu begriiflen, dessen schadhaftes Kleid mit dem akademischen Grade ebenfalls nicht harmonierte. Der hochwiirdige Herr — ein Albane — machte mir auch die Mitteilung, dafl vor mir nur noch ein Europaer, Baldacci, hier gewesen sei. Es sei bemerkt, dafl in Merdita nicht, wie in den iibrigen Gebieten, Franziskaner, sondern Weltgeistliche das schwere Seelsorgeamt ausiiben. Am nachsten Morgen wanderte ich nach Uberschreitung des Fani hoch oben am rechten Abhang-e des Fanitales zunachst nach Šmija, wo sich die Kirche des Pfarrsprengels Čafamalit1) befindet. Wahrend der linke Hang steil und un-passierbar ist, fallt der rechte in kultivierten Terrassen zu der engen Sohle ab, welche sich erst bei Smija erweitert. Hier setzt der Weg wieder auf das linke Ufer des Fani iiber, schneidet einen Bogen des Flusses ab und stoflt endlich nach abermaliger Passierung des Fani auf den von Scutari nach Prizren fiihrenden Hauptverkehrsweg. Von Smija, wo wir gerastet hatten, begleiteten uns bis hierher zvvei junge Manner, Briider aus Spači, welche der Blutrache wegen aus dem Lande fliichteten. Wenn eine Bluttat vorkommt, verfallt namlich der Rache nicht nur der Tater selbst, sondern auch alle mannlichen Mitglieder seiner Familie. Um der Verfolgung zu entgehen, bis eventuell eine Regelung der Angelegenheit stattfindet, verlassen die Bedrangten meist das Stammesgebiet und gehen in die Fremde. Erlischt die Blutrache nicht, so bleiben sie oft dauernd auswarts. Auf diese Weise entstanden die groflen Ansiedlungen der Fani bei Djakova,-') ebenso wie auch das Gebiet von Reka und Beriša, nordwestlich von Djakova, fast nur von Nach-kommen solcher Fliichtlinge aus Dukagjin3) und teilweise aus Merturi bevolkert ist Uberhaupt diirfte bei der groflen Liebe, mit welcher der Albane an seiner Heimat hangt, die Haupt- 1) Šmija, St. Euphemia. Tschafamalit. 2) Vgl. o. S. 29. 3) Die kleine Landschaft Beriša fiihrt diesen Namen, weil die meisten An-siedler aus dem Bajrak Beriša des Stammes Dukagjin (s. u. S. 49 Anin. 2) stammen. ursache der Invasion Altserbiens durch die Albanen nicht allein in dem Umstande zu suchen sein, dafi das sterile Gebirgsland die stetig wachsende Bevolkerung nicht mehr zu ernahren ver-mochte, sondern zu einem betrachtlichen Teile auch in der eben erwahnten Flucht vor der Blutrache. Mit der letztenUberschreitung desFan i hatte ichgleichzeitig Merdita verlassen und die Landschaft Dukagjin1) betreten, wie das Land zwischen Merdita und dem Drin heiflt. Es wird von den vier Stammen Dukagjin,2) Kabaši,3) Sači4) und Malizi5) bewohnt, welche zum Unterschiede von den rein katholischen Mirditen teils katholisch, teils mohammedanisch sind. Der Weg fiihrte nun in dem flachen, bebauten Tale Fuša Ar si t aufwars bis Brdeti, woselbst sich die beiden Quell-arme des Grofien Fani, die Mihajna und der Kruezi,6) ver-einigen. Hier verlieB ich wieder die Route Scutari-Prizren, indem ich in das freundliche Tal des Kriiezi einbog. Eine halbe Stunde aufwarts gehend, erreichte ich die Kula, in welcher ich zu iibernachten beschlossen hatte. Es war die Behausung des Mustaf-Aga, des ehemaligen Chefs von Dukagjin, das wie Merdita unter einheitlicher Fiihrung steht. Ich wahlte sie zur Nachtstation, da mir mein Beschiitzer durch das Gebiet der Krasniči, Kadri (vgl. o. S. 24 f.), geraten hatte, falls ich nach Dukagjin kžime, unter Berufung auf ihn die Gastfreundschaft des ihm befreundeten, sehr angesehenen Mannes in Anspruch zu nehmen. Dieser war friiher, wie ervvahnt, das Oberhaupt der Landschaft, hatte jedoch vor zwei Jahren infolge ge-ringer Willfahrigkeit den Unwillen der tiirkischen Regierung erregt, welche seine nunmehr wieder hergestellte Kula durch eine Strafexpedition zusammenschieflen liefi und einen Tiirken zum Kaimakam von Dukagjin bestellte, ohne jedoch da-durch dem Ansehen Mustaf-Agas irgendwie zu schaden. Er ') Uber die Bedeutung des Namens Dukagjini nordlich des Drin vgl. o. S. 40. 2) Mit den Bajraks Čereti, Beriša und Kruezi. 3) Kabaschi mit den Bajraks Puka und Čeleza. 4) Thatschi (iiber th vgl. o. S. 42 Anm. 2) mit den Bajraks Sači und Ibalja. 5) Malisi, nur ein Bajrak. 6) Fuscha Arssit, Brdeti, Mihajna, Kriiesi'. Steinmetz, Hochlandergaue Oberalbaniens. 4 wird von der Bevolkerung nach wie vor als ihre oberste Instanz angesehen. Der Kaimakam hat seinen Amtssitz in Puka. Hier befindet sich zum Schutze des Weges Scutari-Prizren, der ja zugleich die einzige Landverbindung der erstgenannten Stadt mit der ubrigen Tiirkei bildet, auch eine tiirkische Garnison, die einzige im Innern Nordalbaniens. Als ich vor der Kula, einem stattlichen, von mehreren Nebengebauden umschlossenen Hause, ankam, empfing mich ein Verwandter des Aga und lud mich ein, vor dem Hause auf einem rasch herbeigeholten Teppiche Platz zu nehmen. Ich richtete ihm den Grufi Kadris aus, erwahnte jedoch gar nicht, dafi ich hier ubernachten mochte, denn das verstand sich von selbst. Er teilte mir mit, Mustaf-Aga sei abwesend, sein Bruder jedoch, Mehmed-Aga, der ihn als Hausherr vertrete, werde bald kommen. Erst als dieser erschien, bewirtete man mich mit Kaifee, worauf wir in das Haus eintraten. In dem grofien Gastzimmer traf ich einen zweiten Gast an, einen alteren Mann aus Kabaši, der sich wegen Blutrache gefliichtet hatte. Das Abendessen war sehr gut, es bestand aus Hammelbraten mit Reis, von welchem der Hausherr den beiden Fremden die besten Stiicke eigenhandig vorsetzte. Messer und Gabel gab es natiirlich, wie iiberhaupt im ganzen Oriente, nicht; man speiste mit den Fingern, welche man sich jedoch vor und nach dem Essen \vusch, zu welchem Zwecke ein Diener ein Becken und eine Wasserkanne herumtrug. Mehmed-Aga sovvie die ubrigen Mitglieder der Familie kamen mir mit grofier Freund-lichkeit entgegen, wie ich iiberhaupt bemerken mufi, dafi die mohammedanischen Albanen viel sympathischer sind als die katholischen. Sie sind ebenso gastfreundlich wie diese, dabei aber viel offener und ehrlicher. Am grellsten tritt dieser Unter-schied in der Stadt Scutari hervor, deren mohammedanische Bevolkerung als sehr ehrenhaft und charaktervoll bezeichnet wird, wahrend die katholischen Scutariner ihrer schlechten Eigenschaften wegen verrufen sind, und von ihnen gesagt wird, dafi sie sogar die Griechen iibertreffen. Ich horte zu wiederholten Malen selbst Katholiken dieses abtragliche Urteil fallen. Der Weg von Kriiezi nach Ibalja1), den ich am nachsten * Tage machte, war der schonste der ganzen Reise, denn er fuhrte ununterbrochen durch prachtige Nadelholz- und Buchen-walder, welche hier das ganze Gebirge bis nach D ar z a2) hin bedecken. Von letzterem Orte werden auch von einer Scutariner Gesellschaft Stamme den Dr in hinabgeschwemmt, doch rentiert sich das Geschaft des unokonomischen Betriebes wegen nicht. Sicher wird aber spater einmal bei einer geregelten Verwaltung Holz ein Hauptexportartikel Nordalbaniens sein, denn das Land verfiigt iiber riesige Bestande an Nadelholz, Eichen und Buchen.3) In Ksela werden schon jetzt von einer italienischen Gesellschaft, allerdings in kleinem Mafistabe, Fafi-dauben erzeugt, wahrend in Scutari seit kurzer Zeit ein Kauf-mann Buchsbaumholz zum Export bringt. Damit ist aber auch die ganze Tatigkeit auf dem Gebiete des Holzhandels gegen-wartig erschopft; es findet sich in ganz Oberalbanien keine einzige Sagemiihle, so dafi das ganze Schnittholz — aufier dem wenigen, was mit der Hand geschnitten wird — aus Osterreich, beziehungsweise aus Bosnien eingefiihrt werden mufi.4) Aufier Holz diirfte Nordalbanien auch Erz-5) und Kohlenlager6) besitzen. ") Ibalja. 2) Dartha, vgl. o. S. 42 Anm. I. 3) Uber den groBen Holzreichtum dieses Teiles von Dukagjin vgl. auch Hahn, Reise durch die Gebiete des Drin und Wardar. Denkschriften der kais. Akademie der Wissenschaften XV S. 71 f. und 75. 4) Vgl. V. Meneghelli, Notizie sulle condizioni economiche e sul raovi-mento commerciale dei Vilayet di Scutari e Giannina S. 41. 5) In einer venetianischen Urkunde aus dem Jahre 1595 werden im Bereiche des Drin drei Silbergruben erwahnt: „nel paese de' Ducagini a Fanda, Bulgari e sopra Alesso", eine von ihnen enthalte auch Gold. Im Altertum sind zahlreiche Angehorige des im Drinbogen seBhaften Stammes der Pirustae wegen ihrer Er-fahrung im Bergbau vom Kaiser Trajan in dem Golddistrikte von Dacien-Sieben-biirgen (Verespatak, Abrudbanya) angesiedelt worden. Vgl. S. Ljubic, Rad jugoslavenske akademije XXXIV S. 100 Anm. 1; Jirecek, Die HandelsstraBen und Bergwerke von Serbien und Bosnien wahrend des Mittelalters S. 42 f.; W. Toma-schek, Mitt. d. Geogr. Ges. in Wien 1880 S. 551; J. Jung, Fasten der Provinz Dacien S. l62;Patscli, "VVissenschaftliche Mitt. aus Bosnien und HercegovinaVIS.265. 6) Hahn, Denkschriften d. kais. Akad. XVI S. 145: In Mireditta sollen sich groBe Kohlenlager befinden (vermutlich Braunkohlen), aber die Einwohner ver- schweigen ihre Fundorte aus Furcht vor Behelligungen von seiten der Regierung. 4* Ich selbst sah auf mehreren Stellen Eisenerz zutage treten, so auf der Munela Brauneisenstein, auf dem Sučeli1) unterhalb Kalivari Schwefelkies; grofle Schlackenmengen fand ich am Mali Krabi oberhalb Kriiezi. Auf der Lokalitat Ljumi Škomit2) der Munela bemerkte ich Wasser aus der Erde sickern, welches das umliegende Gestein mit Eisensinter iiber-zog, der einer Kieslagerstatte entstammen diirfte. Ibalja, das ich gegen Mittag erreichte, ist ein iiber 900 m hoch gelegener, kreisrunder Kessel, dessen Hohen im Siiden bewaldet, an den iibrigen Seiten aber vollkommen kahl und verkarstet sind. Die Sohle ist mit Feldern und Wiesen be-deckt, welche im Verein mit den iiberall zerstreuten Hausern dem Becken ein sehr freundliches Aussehen verleihen.3) In ganz Nordalbanien, insbesondere aber in Merdita, sehen die Hauser iiberhaupt viel gefalliger als in Bosnien oder gar in Montenegro aus, weil sie fast durchwegs weifi getiincht sind. In Ibalja, das auch eine Moschee besitzt, fand ich wieder einen Franziskaner vor, welcher erklarte, mich nach Fjerza4) begleiten zu wollen, da er dort zu tun habe. Charakteristisch fiir die Verhaltnisse ist es, dafi er sich beim Aufbruche einen langen Revolver hinter das die Kutte zusammenhaltende Cingulum steckte. Man darf iiberhaupt nicht glauben, dafi das Ansehen der Missionare so vollkommen gegriindet ist, dafi sie ohne jede Gefahr herumgehen konnten. Im Gegenteil mufi jeder Missionar, der ja als Gottesmann eine ihm angetane Unbill nicht selbst rachen kann und der auch nicht eine Familie hat, die ihn rachen konnte, eine Anzahl Biirgen haben, die notigenfalls fiir ihn wie fiir ein Familienmitglied einstehen.5) Die Biirgen gehoren den angesehensten Familien der Gegend an und nur sie, nicht aber seine Eigenschaft als Missionar, bieten ihm die Moglichkeit, in dem ihm anvertrauten Bezirke relativ sicher herumzugehen. Dafi auch damit die Sicherheit 4) Ssutschčli. 2) Ljumi Schkomit. 3) Vgl. auch Hahn, Denkschriften XV S. 73. 4) Fjertha. 5) Uber die Pflichten solcher Biirgen vgl. auch Mjedia, Verhandl. d. Beri. Anthropol. Ges. 1901 S. 356. des Missionars nicht gevvalirleistet ist, bewies mir der Umstand,. dafi sich der Pater noch einen seiner Beschutzer auf unseren Weg mitnahm, und zwar den Bruder des Bajraktars selbst. Nach Uberschreitung eines niedrigen, breiten Kammes ging es ununterbrochen bergab in das Tal des Dr in. Eine pracht-volle Fernsicht bot sich mir von diesem Wege gegen Norden hin. Gerade vor uns stand die massige Kuppe der Korja Merturit,1) links von ihr zog sich das Tal der Nikaj und Merturi aufwarts und rechts dehnte sich das Gebiet der Gasi und Krasniči aus. Daruber ruhte in ihrer ganzen wilden Majestat die Kette der Nordalbanischen Alpen, deren kahle Felsenhaupter sich iiber- und nebeneinander auftiirmen. Wir passierten den Ort Bugjoni,2) wo wir Gelegen-heit hatten, uns bis zum Uberdrufi an Weintrauben gutlich zu tun. Es war gerade Weinlese — im ganzen Drintale wird Wein gebaut —, und als wir an einem Weingarten voriiber-gingen, wurden wir angerufen und eingeladen, den Ertrag zu prufen. Mit der Abenddammerung erreichten wir Fjerza3), eine etwa 150 m iiber dem Drin gelegene kultivierte Terrasse, auf der sich ebenfalls eine kleine Kirche befindet. Gerade gegenuber, aber etwas hoher als Fjerza liegt auf dem rechten Ufer des Drin auf einem steilen Felsvorsprunge die Kirche von Raja, die Pfarrkirche der Merturi, wie alle Gotteshauser dieser Gegenden ein simpler Bau, der sich von den anderen Behausungen nur durch ein auf dem Firste angebrachtes holzernes Kreuz unterscheidet. Die „Kirche" dient auch hier demMissionar als Wohnung.4) Die Entfernung zwischen Fjerza und Raja betriigt in der Luftlinie kaum anderthalb Kilometer, und doch brauchte ich am nachsten Morgen beinahe eine Stunde, um hiniiberzu-kommen, denn dazwischen liegt die tiefe Drinschlucht mit dem breiten Strome. Begleitet von dem Missionar und dem Bruder des Bajraktars, stieg ich den steilen Abhang zum 1) Vgl. o. S. 23. 2) Budsclioni. 3) Vgl. Hahn a. a. O. S. 69 f. 4) Vgl. o. S. 14 f. Flusse hinab; im Vorbeigehen holten wir aus einem Hause einen Mann heraus, der sich mit dem Transporte von Personen, Tieren und Waren iiber den Drin befaiBt. Friiher befand sich an dieser Stelle eine Art Boot, doch ist es schon seit langem zerbrochen und von den Fluten weggeschwemmt worden, so dafi man jetzt hier den Flufi nur schwimmend passieren kann. Eine eigentliche Fahre gibt es am ganzen Drinlaufe zwischen Spaš1) und Vaudenjs iiberhaupt nicht. Zwei verbundene Einbaume vermitteln den Verkehr bei Ko mana2); sonst besitzen einige Orte ein flofiartiges Fahrzeug, das aus Asten besteht, die mit Die Drinschlucht bei Fjerza. Stricken zusammengebunden sind und von luftgefullten Ziegen-hauten getragen werden.3) In Fjerza war jedoch auch eine solche Vorrichtung nicht vorhanden, und so legte mein Ferge die Kleider ab, brachte sie, in ein Biindel gebunden, hin-iiber und schwamm dann, einen Ochsen, der fur das dies-seitige Ufer bestimmt war, mit sich ziehend, wieder zuriick. ') Spasch. 2) Komana, vgl. Trager, Zeitschrift f. Ethnologie 1900 S. 43; Degrand, Souvenirs de la Haute-Albanie S. 252. 3) Nach Hahn a. a. O. S. 62 werden auf dem Drin solche Schlauche auch einzeln beim Schwimmen verwendet. Nun trug er auch meinen Rucksack samt den Kleidern, die „ ich inzwischen zusammengeschniirt hatte, iiber den Flufi, wahrend ich gleichzeitig hinuberschvvamm. Der Flufi fuhrte des aus-nehmend trockenen Sommers wegen so wenig Wasser, dafi es uns nur bis an die Brust reichte, was, wie mir die Leute sagten, schon seit vielen Jahren nicht der Fall war. Als wir den Fufl an das jenseitige Ufer setzten, krachten von driiben einige Revolverschiisse als Abschiedsgrufi meiner beiden dort zuriickgebliebenen Begleiter, worauf wir aus unseren Revolvern antworteten. Das Wasser war eisigkalt gewesen, dazu wehte vom Skiilsen ein kiihler Wind heriiber, wir eilten also, nach-dem wir uns rasch angekleidet hatten, den steilen Abhang zum Hause des Missionars hinauf, um uns zu erwarmen. Nun befand ich mich wieder im Gebiete der Merturi, und zwar am aufiersten ostlichen Punkte desselben, denn eine Viertelstunde weiter begann bereits das Land der Krasniči. Das Haus des Missionars ist unmittelbar an der Miindung der Valbona in den Drin situiert, so dafi man von hier aus so-wohl das Drintal stromaufwarts wie den Unterlauf der Valbona iiberblicken kann.1) Das erstere bildet eine enge ») Vgl. Hahn a. a. O. S. 69. Das Tal der Valbona von Raja aus. Schlucht, deren Abhange mit Gebiisch bewachsen sind; das Tal derValbona erweitert sich hingegen oberhalb der engen Ausmiindung zu einer kleinen, freundlichen Ebene mit Frucht-feldern und zerstreuten Hausern. Uber den Hiigeln, welche den weiteren Einblick benehmen, sieht man im Norden die machtige Felsmauer des Skiilsen mit einem Teile des an seinem Fufle gelegenen Gebietes der Gasi. Ich blieb den ganzen Tag in Raja und brach am nachsten Morgen in Begleitung des Missionars, der die Gelegenheit zu einem Besuche des dortigen Pfarrers benutzen wollte, nach Nikaj auf. Wir zogen zuerst durch die Drinschlucht nach Tetaj; diese Tour war die romantischeste, aber auch die beschwerlichste meiner ganzen Reise. Beide Hange fallen aus einer Hohe von mehr als tausend Metern sehr steil zu dem sich zwischen ihnen durchzwangenden Flusse ab und bilden mit ihren ab und zu vorspringenden, senkrecht abstiirzenden Felsgraten eine Schlucht von fiirchterlicher Wildheit. Der Pfad zieht sich mehrere hundert Meter hoch iiber dem Flusse dahin, und oft mufiten wir, unter uns den grauenhaften Abgrund, langere Strecken kletternd zuriicklegen. Bald nachdem wir Raja verlassen hatten, kamen wir an der Ruine einer kleinen Kirche voriiber, wie man denn iiberhaupt im ganzen Drintale eine grofte Anzahl von Kirchen-resten findet. Ungefahr auf halbem Wege versperrte uns ein senkrecht abstiirzender Felsvorsprung die Passage; auf seiner Spitze stehen Mauerreste als Uberbleibsel einer Burg. Die Bevolkerung nennt sie Kalaja Lek Dukagjinit, die Burg des Alexander Dukagjin, des einstigen Beherrschers und Gesetz-gebers dieser Gegenden. Der gleiche Name wird auch einer weiter drinaufwarts gegeniiber von S paš gelegenen Ruine beigelegt.1) Alle diese alten Statten bezeugen, dafl im Drintale einst ein viel regeres Leben geherrscht hat als jetzt. Es fehlt in dem durchwanderten Gebiete, namentlich in Nikaj und Šala, auch nicht an Funden aus der romischen Zeit; mir selbst iibergab der Missionar von Nikaj einen abgenutzten Sesterz des Kaisers Marc Aurel, den er bei den niedrigen, mit Gestriipp ver- ') Vgl. Halin a. a. O. S. 76. \vachsenen Mauerresten der Kisa Vargut1), etwa eine Stunde siidlich von Gjonpepaj, gefunden hatte. Gleich unterhalb der Burgruine kamen wir zu einer grofien Hohle, die sich nach dem Hintergrunde verengt, und in der ich drei Tropfsteinsaulen sah. Nachdem wir noch einen Felsgrat, von welchem sich ein prachtvoller Blick auf das Tal von Nikaj und auf den machtigen Felskamm des Mali Šal s eroffnete, iiberstiegen hatten, verlor das Gehange seine bisherige Steil-heit; wir bogen rechts in das Tal von Nikaj-Merturi ein und erreichten bald die ersten Hauser von Te t a j.2) Tet a j ist der groftte Ort der Merturi, welche im ganzen etwa 2000 Seelen zahlen, worin jedoch der siidlich des Drin um den Čelumi Merturit3) wohnende Teil des Stammes nicht mitinbegriffen ist. Die beiden nachstgrofiten Orte sind Betoša4) und Raja, wahrend der Bajraktar, Beg Delija mit Namen, in Šgjerč wohnt. Die Hauser haben auch hier, wie bei den Nikaj, durchwegs die Form der Kula. Als wir in Tetaj an einer solchen voriibergingen, erblickte uns der Besitzer und ruhte nicht eher, bis wir seiner Einladung, einzutreten und einen Kaffee zu trinken, Folge leisteten. Hier bot sich mir die Gelegenheit, die Justizpflegebei den Malcoren kennen zulernen. Es ist bereits o. S. 9 erwahnt worden, dafl die Malcoren, genauer die sechs Bajraks der Dukagjini (vgl. o. S. 40), miindlich uberlieferte Gesetze haben, die der Tradition zufolge von dem sagenhaften5) Herrn dieserGegenden,LekDukagjin, stammen und danach Kanuni Lek Dukagjinit genannt werden.6) Nach diesem ') Kischa "VVargut. Kisa die Kirche. 2) Es sei bemerkt, daB unterhalb des von mir begangenen Pfades noch ein zweiter, besserer Weg durch die Drinschlucht fiihrt. Der beste, jedoch etwas liingere Weg von Raja nach Nikaj fiihrt iiber Gegusenj und die Cafa Kolšit. 3) Tschelumi Merturit. 4) Betoscha. 5) Vgl. Hahn a. a. O. S. 76. 6) Die Merdita und die von ihr siidlich und siidostlich gelegenen Landschaften Matja und Dibra haben ein ahnliches, Georg Kastriota-Skanderbeg zugeschriebenes Volksrecht, den Kanuni Skanderbegut, welches jetzt jedoch bei den Mirditen, weil das Oberhaupt fehlt und die Stammaltesten in Zwist leben, meist nicht zur Anwendung gelangt. Vgl. Hahn. a. a. O. S. 21 f. und Denlcschriften XVI S. 150 ff. Gewohnheitsrechte werden die dort vornehmlich vorkommenden Vergehen und Verbrechen, also vor allem Diebstahl und Mord, vom ganzen Bajrak bestraft. Ich gebe hier einige Satzungen an, die nach den Angaben des Pfarrers von Gjonpepaj bei den Nikaj zu Recht bestehen.1) Wenn jemand einen Stammesgenossen totet, so wird ihm, ohne Ansehung des Geschlechtes und Alters des Getoteten und unbeschadet der Blutrache, sein Haus verbrannt, seine Felder werden devastiert, er mufi mit der ganzen Familie das Stamm-gebiet verlassen und aufierdem der Familie des Ermordeten 12 Čese2) und dem Bajrak i Čese zahlen. Kann oder will er diese Multen nicht bezahlen, so werden ihm seine Grundstiicke abgenommen und der geschadigten Familie iibergeben. Fntrichtet er sie, so darf die Familie beim Fortbestande der Blutrache auf das Gehoft zuriickkehren. DieBlutfehde dauert im allgemeinen so lange, bis die gegnerischen Familien die gleiche Anzahl Getoteter aufweisen. Verzichtet der Blutracher unter dem Ein-flusse von Freunden oder des Missionars auf die Ausiibung der Blutrache, so zahlt ihm der Morder 6 Čese. Der Blutracher wird von diesen Strafen nicht betroffen, da die Ausiibung der Blutrache nicht nur sein Recht, sondern sogar seine Pflicht ist. Wenn jemand eine Kuh oder einen Ochsen stiehlt, so wird er verhalten, den Schaden dadurch gutzumachen, dafi er dem Bajrak ein Martinigewehr oder dessen Wert und dem Eigentumer das Doppelte entrichtet. iooo Piaster erhalt der erstere, 2000 Piaster der letztere von einem iiberwiesenen Ein-brecher; 500, beziehungsweise 1000 Piaster sind auf die Ver-wustung eines Feldes und auf den Diebstahl von Kleinvieh gesetzt. Wer von einer Almhutte ein Brett entwendet, zahlt dem Eigentumer eine Ziege usw. Die Bezahlung erfolgt selten in Geld, zumeist in Vieh, da die Malcoren sehr wenig Bargeld besitzen. ') Sie bilden im einzelnen eine lokale Variante zu dem von L. Mjedia und N. Aschta bei Trager, Verhandl. der Beri. Anthropol. Ges. 1901 S. 352 ff. zusammengestellten „Gewohnheitsrechte der Hochlander in Albaniena. 2) Tschesse, tiirkisch kese Beutel, in iibertragener Bedeutung 500 Piaster = 100 Kronen. Die Vollziehung der Strafen besorgt die Djelmnija,1) d. h. die Jugend des Bajraks, welche eine solche Gelegenheit stets mit Freude ergreift, denn die dem Bajrak zu zahlende Strafe wird zwischen ihr und dem Bajraktar geteilt. Bei manchen Stammen wird mit dieser Aufgabe der sogenannte Gjobar2) betraut; als solcher fungiert gewohnlich der gefiirchtetste und tapferste Mann des Stammes. Als ich nun mit Pater Gjon, dem Pfarrer von Raja, in der erwahnten Kula in Tetaj sa6, h orte n wir plotzlich in der Ferne einen Schufi fallen. Der Hausherr trat ans Fenster. Ein zweiter Schufi ertonte in groflerer Nahe, und Rufe schallten von der nachsten Kula heriiber. Nachdem der Hausherr einen Augenblick gelauscht hatte, ergriff er seinen Revolver und feuerte ebenfalls einen Schufi durch das Fenster ab. Neugierig frug ich ihn, was dies zu bedeuten habe, und er erzahlte mir folgendes. In Briza, jenem Orte der Merturi, oberhalb dessen ich, wie o. S. 12 f. erzahlt wurde, auf der ersten Tour als „Arzt" fungiert hatte, war ein Eimvohner wegen einer mir leider unbekannt gebliebenen Tat verurteilt worden, die vom Gesetze bestimmte Strafe zu entrichten. Da er sich hiezu nicht verstand, wollte man ihn dadurch zwingen, dafi man ihn an der Bestellung seiner Felder hinderte. Dariiber aufgebracht, ziindete der Unbotmafiige in der Nacht vor meiner Ankunft in Tetaj einige den anderen Bewohnern von Briza gehorige Heuschober an. Am nachsten Morgen verbreitete sich die Nachricht hievon durch von Berg zu Berg weitergegebene Rufe in ganz Merturi, und sofort ordnete der Bajraktar eine Expedition nach Briza an, um den Tater zu ziichtigen. Durch die von mir gehorten Schiisse und Rufe wurden nun alle Orte der Merturi von diesem Vor-haben verstandigt und zur Teilnahme an der Expedition auf-gefordert. Wie man mir sagte, wollte man die Kula pliindern und verbrennen, die Felder verwiisten und den Tater samt seiner Familie aus dem Orte verjagen. Solite er sich, was moglich war, zur Wehr setzen, war beabsichtigt, die Kula mit Sturm zu nehmen. ') Spr. wie geschrieben mit der Betonung auf i. Djelra ist der Plural von djal Knabe, Jiingling. 2) Spr. wie geschrieben. Gjobe Strafe, serbokroat. Globa. Da sich unser Wirt auch an der Strafausiibung beteiligen wollte, brachen wir auf und fanden unten vor dem Hause bereits mehrere Manner versammelt, welche den Weg nach Briza gemeinsam zu machen beabsichtigten. Alle waren guter Laune, als ginge es zu einem Feste, denn die Exkursion war nicht blofi eine willkommene Abwechslung, sondern es solite auch das gesamte bewegliche Hab und Gut des Ubeltaters unter die Teilnehmer an ihr verteilt werden. Leider war es mir nicht vergonnt, dem interessanten Schauspiele beizuwohnen. Wir trennten uns bald von den Frohgemuten und stiegen zu dem Merturi von Nikaj trennenden Bache hinab. Am Ufer desselben kamen wir gleichzeitig mit einigen jungen Leuten an, die sich ebenfalls auf dem Wege nach Briza befanden. Ich wollte mich der Schuhe entledigen, als mir einer von ihnen sagte, ich moge sie anbehalten, er werde mich hiniibertragen. Rasch hatte er seine Opanken ausgezogen, nahm mich auf die Schultern und trug mich auf das andere Ufer, wo er mit seinen Gefahrten so rasch im Gebiisch verschwand, dafi ich ihm fiir die Gefalligkeit nicht einmal eine Zigarette anbieten konnte. Eine halbe Stunde spater befand ich mich wieder (vgl. o. S. 14) im Missionshause zu Gjonpepaj. Der Weg von N i kaj nach Scutari fiihrt durch das Gebiet der Šala; ich schlug ihn schon am nachsten Tage ein, um auch diesen Stamm kennen zu lernen. Wiewohl der Ubergang von Nikaj nach Šala, wie o. S. 19 erwahnt \vurde, die Bessa hat, war bei der Todfeindschaft der beiden Gaue ein Attentat auf uns doch nicht ganz ausgeschlossen. Zur grofieren Sicherheit nahm daher der mich fiihrende Nikaj — den Regenschirm des Missionars mit als Zeichen, dafi wir aus dem Pfarrhause kommen, denn ganz Nikaj besitztkein zweites derartiges Ausstattungsstiick. Zum besseren Verstandnis der Bessa sei hier eine kurze Bemerkung gestattet. Ein Weg, *) eine Ortlichkeit2) oder eine Person hat die Bessa, heifit, der Weg, die Ortlichkeit oder die Person steht unter dem Schutze des ganzen Stammes. Wird 1) Vgl. Degrand, Souvenirs de la Haute-Albanie S. 165. 2) Asylrecht hat nach Hahn, Denkschriften XV S. 66 f.; 68 auch eine Einode an der Drinbeuge im Gebiete der Merturi bei Apripa. jemand auf dem Wege oder der Ortlichkeit angegriffen oder wird die Person getotet, so ahndet der ganze Stamm die Tat. Erschieflt z. B. auf dem von uns gerade betretenen Wege iiber die Čafa Nermanjs ein Nikaj einen Sala, so wird der Nikaj von seinem eigenen Stamme zur Strafe gezogen. Diese besteht nach dem zwischen den beiden Stammen bestehenden Uber-einkommen darin, dafi dem Malefizianten das Haus verbrannt und die Felder devastiert werden, und er iiberdies 20 Čese Entschadigung zahlen mufi. Natiirlich verfallt er nebstdem der Blutrache seitens der Familie des Getoteten. Č. Nermanjs Die Čafa Nermanjs von W aus. Nach der Vereinbarung haben die Bessa auch die Hirten und die Maher. Je nach Bedarf werden die Bestimmungen in offentlichen Volksversammlungen modifiziert oder erweitert. Von der Kirche in Gjonpepaj stieg der Weg ununter-brochen aufwarts,zuerst an einzelnenHausern undFeldernvoriiber, dann durch Gebiisch, schliefilich durch prachtigen Buchenhoch-wald. Nach vierstiindigem Marsche betraten wir eine wilde, tief in den Felsgrat des Mali Šals eingeschnittene Schlucht. Mit durcheinandergekollerten Felsblocken bedeckt und da-zwischen mit Gebiisch bewachsen, konnte diese beiderseits von hoch emporragenden, weiflen Felswanden eingeschlossene Po-sition von einem kleinen Hauflein gegen eine ganze Armee verteidigt werden. Es war die beriichtigte Čafa Nermanjs. Am Ende des uber i Kilometer langen und 1707 m hohen Passes stand eines der holzernen Kreuze, mit denen die pro-minenten Punkte der ganzen katholischen Malcija gezeichnet sind, und von ihm eroffnete sich uns eine fesselnde Aussicht auf den gegeniiberliegenden Abhang des Šalatales. Dieses ist von der Natur bedeutend besser bedacht als das Territorium der Nikaj und Me rt ur i, infolgedessen sind auch die Šala wohl-habender als die letzteren. Die Talhange sind mit Feldern und prachtigen Weiden bedeckt, zwischen vvelchen die durchwegs als Kula gebauten Hauser zerstreut liegen. Die Šala sind der starkste und angesehenste Stamm des katholischen Hochlandes, denn sie zahlen etwa 500 Hauser mit rund 4500 Seelen1). Sie halten am strengsten an der Blutrache und an den iiberkommenen Brauchen fest, wovon die vielen zerstorten Gebaude, die ich auf meinem Wege durch ihr Gebiet sah, das augenfalligste Zeugnis ablegen. Mit den den siidlichen Teil des Tales bewohnenden Šoši sind sie eng verbiindet. Im ganzen Tale wirken drei Missionare, einer in Abata, einer in Šoši und einer, erst seit dem vergangenen Jahre, in Se si. Der Bajraktar der Šala wohnt in Pečaj 2), oberhalb Abata. Von der Čafa Nermanjs fiihrte der Weg an saftigen Alpenvveiden voriiber steil zur Kirche von Abata3), meinerNacht-station, hinab. "VVahrend ich bis hierher zu Fufi gegangen war, mietete ich in Abata ein Maultier bis Scutari. Der Begleiter, den ich hier aufnahm, ging ebenfalls bis Scutari mit, wiewohl wir noch das Gebiet der Pulti zu durchqueren hatten; doch schien der Šala wegen des grofien Ansehens, in dem sein Stamm bei den Nachbarn steht, geniigende Sicherheit zu bieten. Bemerkenswert ist, dafi mein Beschiitzer, wiewohl er ein Katholik war, den 1) Nach Baldacci, Bollettino della Societi Geogr. Italiana 1900 S. 9 (des S.-A.) sind sie 3200 Seelen stark. 2) Thethi, vgl. o. S. 42, Anm. 2. Pezaj. 3) Vgl. Hassert, Verhandl. d. Ges. f. Erdk. zu Berlin 1897 S. 539 f. und Mitt. der Geogr. Ges. in Wien 1898 S. 374 ff. mohammedanischen Namen Mehmed fiihrte, eine Sitte, der man bei den Stammen der Malcija ofters begegnet1). Von Abata stiegen wir am nachsten Tage den sehr steilen Pfad zum Šala -Bache hinunter, iiberschritten ihn auf einem Reitstege und klommen dann teils durch Gebiisch, teils iiber kleine angebaute Terrassen auf felsigem, teilweise sehr schlechtem Wege den rechten Talhang wieder hinauf. Nachdem wir an einer hoch oben gelegenen Quelle gerastet, erreichten wir nach beinahe dreistundigem Steigen den Kamm des Ge-birges, die Čafa e Bogšit2) Dieser Pai3 ist sanft eingesattelt, Č. e Bogšit Die Čafa e Bogšit von W aus. mit Gebiisch und vereinzelten Fichtenbaumen bestockt und bietet nach beiden Seiten hin eine weite Fernsicht. Im Osten steigt die machtige Felsmauer des Mali Šals mit der Čafa Nermanjs empor, daran schlieBen sich im Nordosten an die kahlen Haupter der Nordalbanischen Alpen mit der Cafa Pejs, die den Verkehr mitGusinje3) vermittelt. Im Westen nahm das auf der Gegenseite durch einen hohen, sageartigen Fels- ') Vgl. z. B. den Namen des Bajraktars der Nikaj, Baš Bajrami o. S. 15. 2) Vgl. o. S. 13. ') Gussinje. kamm, die Maja e maze1) abgeschlossene Gebiet der Pulti meine Aufmerksamkeit ganz in Anspruch. Es ist ein ungemein wildes, schwer passierbares Tal. Seine Hauptwasserader, der Kiri, fiielBt in einer fast unzuganglichen, engen Schlucht, zu welcher die Gehange aufierordentlich schroff abfallen. Das felsige Terrain ist grofitenteils mit Gebiisch bewachsen; Feldparzellen hat man nur relativ sanfteren Lehnen abringen konnen. Die Hauser und Ortschaften liegen durchwegs hoch oben auf den Hangen, und auch der das Gebiet durchziehende Weg fiihrt, zu weiten Umwegen gezwungen, hoch iiber dem Talgrunde. Von der Čafa aus sah ich ziemlich nahe vor mir die Kirche von Planti liegen, und doch dauerte es zwei Stunden, bis \vir sie erreichten. Schon an ihr konnte ich wahrnehmen, dafi ich mich wieder Scutari naherte, denn sie ist bedeutend grofier und schoner als die von Gjonpepaj oder Raja und bildet ein eigenes Gebaude fiir sich. Die Hauser des Dorfes sind iiber eine sehr steil zum Kiri abfallende Lehne zerstreut; dazwischen senken sich von Brombeer-hecken umfriedete Maisfelder herab. Des Ortes schonster Schmuck sind aber \vahrhaft riesige Kastanienbaume, die bei den Hausern und am Wege von \veitem auffallen. Hier ruhte ich aus und setzte die Reise erst gegen Mittag des nachsten Tages fort. Wir zogen immer unter dem wild-gezackten Kamme der Maja e maze dahin. Unterwegserfuhren wir von einigen aus Scutari heimkehrenden Šala, dafi am vergangenen Abend auf diesem Wege einer ihrer Stammes-genossen einen Pulti im Streite verwundet habe. Die Nach-richt war fiir meinen Begleiter und damit auch fiir mich sehr unangenehm, denn die Pulti konnten an uns Repressalien iiben. Gliicklicherweise holten wir eine Frau ein, welche den gleichen Weg verfolgte, und schlossen uns ihr an. Hiedurch waren wir vor jeder Gefahr geschiitzt, denn bei den Malcoren bildet die Frau die sicherste Begleitung, da sie es als eine unausloschliche Schande ansehen, eine in der Gesellschaft einer Frau befindliche Person anzugreifen. Wir erreichten also ohne jeden Zwischenfall Suma.2) Hier befindet sich ebenfalls eine ') Maja e mathe. Maja der Gipfel. 2) Ssuma. Kirche, und hier horte ich sogar deutsche Laute \vieder, denn der Missionar, Don Ernesto Cozzi, ist ein Tiroler. Er kam mir aufierordentlich freundlich entgegen und bevvirtete mich, so gut es nur seine Kiiche und sein Keller erlaubten. Am nachsten Morgen gab er uns zur Sicherheit seinen Diener mit, der uns bis zur Čafa e Sans,1) der Grenze von Pulti, das Geleite gab. Auf dem Passe lachten mir wieder die Ebene und der See von Scutari entgegen. Freudig \veitete sich die Brust; ohne Unfall und mit reicher Belehrung \var Stamm um Stamm durchwandert worden. Einen Freundesgrufi sandte ich noch ins Hochland zuriick und eilte befliigelt auf felsigem, von Gebiisch umsaumtem Wege hinab. In den ersten Nachmittagsstunden des 26. September erreichte ich Scutari und damit das Endziel der Reise.2) Tschafa e Thans. 2) Die nicht unerheblichen kartographischen Ergebnisse der Reise wurden dem k. u. k. militar-geographischen Institute zur Verfiigung gestellt. Die grofie Arbeitshaufung daselbst erlaubte jedoch nicht die Herstellung einer Karte zu der Reiseschilderung. In der beigeschlossenen Skizze habe ich mich bemiiht, die Stamm-gebiete zum erstenmal scharfer auseinander zu halten. Steinmetz, HochlUndergaue Oberalbaniens. 5 Anhang. Ortsentfernungen. Von Nach Gehstunden (i Stunde = ca. 4 km) L I. Gjonpepaj Merturi-Briicke Čafa Kolšit Gegusenj Bunjaj Valbona-Furt Luž Čafa Lužs Bituč Čafa Škols Babaj Boks Dj akova Ura re Rogova Kruše Prizren Jablanica Struža Karataš Kammhohe des Šar Brodeč Merturi-Briicke Čafa Kolšit Gegusenj Bunjaj Valbona-Furt Luž Čafa Lužs Bitiič Čafa Škols Babaj Boks Dj akova Ura re Rogova Kruše Prizren Jablanica Struža Kula Karataš Kammhohe des Šar Brodeč Kalkandele %U 2l/4 v» 1V4 l/2 1 1 1 1V2 2 2 1% 1 V, 8 1 4 3 l1/* 1 IV4 3/ /4 IV, 2 Nerfana Skala maze Šen Pal' Fani-Furt (Vau vogel) Maštrokol Kirche von Oroši Fani-Furt Spači Pljaks Čafa Šenjtit Spitze der Munela Mesuli Kalivari Fani-Furt Gojani Škoza Šmija Brdeti Kriiezi Sattel Ibalja Bugjoni Gralište Fjerza Raja Kalaja Lek Dukagjinit Tetaj Ljumi Merturit Gjonpepaj Čafa Nermanjs Abata Šala-Bach Čafa e Bogšit Planti Čafa e Mguls Škala maze Šen Pal' Fani-Furt (Vau vogel) Maštrokol Kirche von Oroši Fani-Furt Spači Pljaks Čafa Šenjtit Spitze der Munela Mesuli Kalivari Fani-Furt Gojani Škoza Šmija Brdeti Kriiezi Sattel Ibalja Bugjoni Gralište F j e r z a Raja Kalaja Lek Dukagjinit Tetaj Ljumi Merturit Gjonpepaj Čafa Nermanjs Abata Šala-Bach Čafa e Bogšit Planti Čafa e Mguls Suma Hauptrouten. Seite I. Von Scutari durch die Malcija nach Djakova, Prizren und Kalkandele . . . i II. Durch Merdita, Dukagjin und die Marken der katholischen Hochlander nach Scutari ....................... Verzeichnis der Abbildungen. Seite 1. Kula in Vukjakaj ... .....................4 2. Der Drin-Canon bei Dušmani....................XI 3. Die Kirche in Gjonpepaj......................14 4. Z\vei Nikaj, im Hintergrunde der Westabfall der Korja Merturit.....19 5. Die Korja Merturit mit der Čafa Kolšit von SW aus..........23 6. Das Tal der Bistrica mit dem Dušangrad...............34 7. Die Kirche von Oroši, im Hintergrunde das Dorf Oroši........44 8. Mali Senjt mit Oroši........................45 9. Der Gipfel der Munela.......................46 10. Die Drinschlucht bei Fjerza.....................54 IT. Das Tal der Valbona von Raja aus..................55 12. Die Čafa Nermanjs von SO aus...................61 13. Die Čafa e Bogšit von W aus....................63 LJrtlJaas A.Hartleben's Ver-lag Reiserouten in Bosnien und der Hercegovina. Illustrierter Fiihrer. Mit 82 Abbildungen, einem Plane von Sarajevo, einer Kartenskizze und einer grofien Ubersichtskarte. Dritte, berichtigte und wesentlich vermehrte Auflage. 12 Bogen. Oktav. Gebunden 2 K = 1 M. 80 Pf. In wenigen Jahren nach dem Erscheinen der ersten Auflage der „Reiserouten in Bosnien und der Hercegovina" ist die Veranstaltung zweier neuer Auflagen notig geworden. Es darf dies wohl einerseits als ein Beweis der Brauchbarkeit dieses Buches, anderseits als ein sprechendes Zeugnis angesehen werden, dafi das Interesse des reisenden Publikums fur die schonen Lander Bosniens und der Hercegovina fort-wahrend im Zunehmen begriffen ist. In den neuen Auflagen wurde der ursprungliche Text gewissenhaft berichtigt und erheblich vermehrt durch Aufnahme mehrerer neuer Routen. Das Buch hat neben reizvoller, illustrativ sogar imponierender Ausstattung einen reichen Inhalt. Illustrierter Fiihrer durch Bosnien und die Hercegovina. Von Dr. C. A. Neufeld-Munchen. Mit 31 Abbildungen und einer Karte. 7 Bogen. Oktav. Baedeker-Einband. 2 K 20 h = 2 M. Mit vorliegendem reichhaltigen und schon ausgestatteten „Fuhrer durch Bosnien und die Hercegovina" verfolgt Verfasser den Zweck, diese noch vvenig besuchten und doch so reich mit Natur-schonheiten ausgestatteten Lander dem Touristen wie dem reisenden Publikum bekannt zu machen und ihnen Winke riicksichtlich der Reiserouten nach diesen wahrhaft paradiesischen Liindern diesseits der Schwarzen Berge zu geben. Illustrierter Fuhrer durch Dalmatien (Abbazia — Lussinpiccolo) langs der Kiiste von Albanien bis Korfu und nach den Jonischen Inseln. Mit 70 Abbildungen und 11 farbigen Karten. Funfte, giinzlich umgearbeitete und vermehrte Auflage. 12 Bogen, Oktav. Baedeker-Einband. A K —Z M. 60 Pf. Die Notvvendigkeit einer funften Auflage des bewahrten „Illustrierten Fuhrer durch Dalmatien" innerhalb kurzer Zeit bevveist, dafi dieses Reisehandbuch einem Bedurfnisse abhilft. Es hangt dies wohl mit dem Umstande zusammen, dafi Reisen nach Dalmatien durch die in den letzten Jahren geschaffenen Erleichterungen im Verkehre nicht mehr zu den Ausnahmsfiillen gehoren, wie dies in halbvergangener Zeit der Fall war. Desgleichen hat die zunehmende Frequenz in Bosnien-Hercegovina ganz wesentlich dazu beigetragen, dem reisenden Publikum Dalmatien naher zu riicken. Durch die neue Bahnverbindung ist die Moglichkeit geboten, nunmehr auch zu Land das siidliche Dalmatien zu erreichen und somit See- und Landreise in entsprechender Weise zu kombinieren. Dalmatien und seine Inselwelt nebst Wanderungen durch die Schwarzen Berge. Von Heinrich Noe. 30 Bogen. Oktav. Geh. 6 K = 5 M. Gebdn. 8 K = 7 M. 20 Pf. Wenn auch schon vor langeren Jahren erschienen, behalt dieses Buch doch seinen dauernden Wert, da Heinrich Noe einer der griind-lichsten Kenner von Land und Leuten in Dalmatien war. Die Natur ist inzwischen dort gleich geblieben, die Menschen auch; das Werk hat also an seiner Frische und Wahrheit nichts verloren und wer sich mit Dalmatien gut vertraut machen will, moge nach ihm greifen. Reise durch Montenegro nebst Bemerkungen iiber Land und Leute. Von Dr. Kurt Hassert. Mit 30 Abbildungen nach den Aufnahmen des Verfassers und einer Karte. 17 Bogen. Gr.-Oktav. Geh. 5 K 50 h = 5 M. Obwohl die Balkan-Halbinsel in der Politik und den verschiedensten Zweigen der Wissenschaft eine Hauptrolle spielt, gehOrt ein guter Teil derselben zu den unbekannten LSndern nicht blofi Europas, sondern der ganzen Welt, und erst nach dem russisch-turkischen Kriege von 1877—1878 hat sich das Dunkel einigermafien gelichtet, welches Jahrhunderte lang die Provinzen und einstigen Tributarstaaten des Tiirkischen Reiches umgab. Bosnien und die Hercegovina sind unter Osterreichischer Verwaltung zu einer hohen Bliite gelangt, Serbien und Bulgarien haben nicht minder anerkennenswerte Fortschritte gemacht und es gibt zahlreiche Biicher und Kartenwerke, aus denen man sich mit hinreichender Genauigkeit iiber jene LSnder orientieren kann. Nicht so mit Montenegro, dem viel-genannten und vielverkannten Lande der Schwarzen Berge. Zwar ist die Literatur iiber das kleine Fiirstentum nicht arm zu nennen, aber die meisten Biicher sind vergessen oder veraltet. Auch die neueren Arbeiten von B. Schvvarz, P. Rowinski, O. Baumann und A. Baldacci lassen noch manche Lučke. Dieselbe auszufiillen soli der Zvveck des vorliegenden Werkes sein, das in populSrer Form die Erlebnisse des Verfassers auf einer nahezu fiinfmonatlichen Fufiwanderung durch Montenegro und die angrenzenden Teile der Hercegovina, nach Siidost-Bosnien (Foča), durch die Krivošije, nach Scutari d'Albania und Berani (Sandšak Novibazar) schildert. \Vissenschaftliche Fragen — der Verfasser beschaftigte sich in erster Linie mit der physikalischen Geographie, Geologie und Topographie jener Gebiete — sind natiirlich nicht ausgeschlossen. In 20 Kapiteln vverden im Rahmen der Erzahlung ohne Parteilichkeit und vorgefafite Meinung die wirtschaftlichen Verhaltnisse des Landes, der Volkscharakter, die staatlichen Einrichtungen usw. beriihrt. Dem Buche sind 30 Abbildungen nach den photographischen Aufnahmen des Verfassers beigegeben; aufierdem enthalt dasselbe eine vom k. u. k. militar-geographischen Institut zu Wien ausgefuhrte Karte, die trotz des kleinen Mafistabes wohl als die genaueste aller bisher veroffentlichten Karten gelten kann, da in ihr eine Menge nicht publizierten Materials verarbeitet ist. A. Hartleben's Bibliothek der Sprachenkunde. In eleg. Leinenbanden a Band 2 K 20 h = 2 M. Franzosisch. Von L. Sclimidt - Beauchez. 4. Aufl. Eiigliscli. Von R. Clairbrook. 6. Aufl. Italieuisch. Von L. Fornasari. 7. Aufl. Spanisch. Von Jose Miguel Avalos de Lima. 4. Aufl. Hebritisch. Von B. Manassewitsch. 2. Aufl. Lateinisch. Von Dr. H. Verner. 3. Aufl. Ungariscli. Von Ferd. Gorg. 5. Aufl. Poinisch. Von B. Manassewitsch. 3. Aufl. Bohmlscli. Von Prof. K. Kunz. 6. Aufl. BalgarlNcH. Von F. Vymazal. 2. Aufl. Portugiesiscli. Von Dr. F. Boocli-Arkossy. 2. Aufl. Humani seli. Von Th. Wechsler. 3. Aufl. Japanische U m g a n g ssprache. Von A. Seidel. 2. Aufl. Slovakisch. Von G. Maršali. Serbisch-Kroatisch. Von M. E. Muza. 3. Aufl. Neugriechisch. Von K. Wied. 3. Aufl. Tiirkiscli. Von K. Wied. 3. Aufl. Hindustani. Von A. Seidel Klelnrussisch (Rutlienisch). Von M. Mitro- fanowicz. Hollandisch. Von D. Haek. 3 Aufl. Mittelhochdeufsch. Von Kari Kainz. Annainitiscli. Von A. Dirr. Franzosisch fiir Post- und Telegraphenbeamte. Von R. v. Ziilo\v. 4. Aufl. Diinisch. Von J. C. Poestion. 2. Aufl. Russlsch. Von B. Manassewitsch. f>. Aufl. Langue Kusse, Methode theorique et pratique de. Von L. Lemonnier. Siamesisch. Von J. E. AVershoven. Sclnvedisch. Von J. C. Poestion. 2. Aufl. Deutsch fiir Auslander. Von K. Wied. Arabisch. Von B. Manassewitsch. 3. Aufl. Senpersisch. Von A. Seidel. Altgrlechiscil. Von W. Schroiber. Nonregisch. Von J. C. Poestion. 2. Aufl. Suaheli-Spraclie. Von A. Seidel. Chineslftch. Von K. Kainz. 2. Aufl. Fintiiscli. Von M. Wellewill. Slovenisch. Von C. J. Pečnik. 2. Aufl Sanskrit-Sprache. Von Dr. R. Fick. 2. Aufl. Volapiik. Von J. Lott. 3Ialayisch. Von A. Seidel. Armenisch. Von K. Kainz. Javanisch. Von Dr. H. Bohatta. Vulgar-Arabisch. Von A. Dirr. Hauptspraclien Deutsch - Siidwest - Afrikas. I. Nama. II. Otyiherero. III. Oshindonga. Von A. Seidel. Englisch. Speziell fiir die Bediirfnisse des Handelsstandes. Von A. Seidel. 2. Aufl. Franzosisch. Speziell fiir die Bediirfnisse des Handelsstandes. Von A. Seidel. 2. Aufl. Kroatisch. Von M. E. Muza. 2. Aufl. Italienischc Grammatik f. d. Selbstnnterr., besond. f. Kaufleute. Von J. Otierosler. Syrisch-Arabisch. Von A. Seidel. Engl. Chrestomathic. Von Dr. H. Bohatta. Neugriech. Chrestomathie. Von A. Seidel. Ungarisclie Grammatik zum Selbstunterr. fiir Kaufleute. Von Ferd. Gorg. Spanische Konversations-Spraclie. Von J. L. Garcia da Luna u. Dr. Erwin Honncher. Grammatica tedesca. Von S. Peroch. Deutsch - sclnvedische Brief- und Konver- sationsschule. Von K. Wied. Kussisch - deutsclie Handelskorrespondenz. Von L. A. Hauff. Prakt. Lehrbucli d. moderuen franzosischen, deutscheu und rumiinischen Konversation. Von A. Frank. Lehrbucli d. deutschen Sprache f. Ungara. Von Ferd. Gorg. Hebraische Konversations-Grammatik. Von J. Rosenberg. Magjarhche Sprachlchre. Von E. Krebsz. Altfranzosisch. Von Dr. E. Nonnenmacher. Grammatica francese. Franz. fiir Italiener. Von S. Peroch. (■rammatik der dentschen Sprache fiir Russen. Von W. Szczavvinski. Fran/.osisch»»r Briefsteiler fiir den Auslands-verkehr der Postiimter (Briefsendungen). Von R. v. Zlilow. Kroatisch-deutsches IVorterbuch. Von Janko Marak. Assyrische Sprachlehre u. Keilschriftkunde. Von .T. Rosenberg. Deutsch-serhisches Konversationsbuch. Von .T. V. Popovic. 2. Aufl. Deutsch-kroatisches Worterbuch. Von Janko Marak. Altenglisch (Angelsiiclisisch). Von Ed. Sokoli. Deutsch - russisches Worterbuc:t. Von K. Andrejew. Kussisch - deutsches Worterbuch. Von K An