Mutzen unÄ Vergnügen. Freyrag den ic>. September 1624. ^ Matthäus Langus. !5ch glaube meinen lieben Landsleuten keinen unangenehmen Dienst zu erweisen, wenn ich sie auf einen Künstler aufmertsam mache, der aus den betriebsamen Thalern unsers freundlichen Obertrains entsprossen, im beständigen Kampfe der feindlichen Verhältnisse, es zu «ln«m Grade in feinem Fache brachte, der uns mil drn schönsten Hoffnungen berechtigt. Dem das Glück schon in der Wiege gelächelt, und mit hülfteichcr Hantz den steilen Pfad der Kunst hinange. leitethat, der kann leicht reden, wenn er nicht strauchelt, und bey mittelmäßigenTalenien eine gewisseHohe el, eichc, auf dec oft bemundert und deneidec wird. Aber nicht jeder ist in Arkadien geboren. Unserm braven Portrait-Mahler Langus ging es anders. Mit iL Jahren schmiedet« er noch Nägel. Das Geklämper der Hämmer und Geprassel der glühenden Kohlen war wahrlich wenig geeignet, daS Gefühl zum Schönen und Erhabenen anzufachen; wie Virgiln das Verfemachen, so verboth ma„ ihin das Zeichnen, und bewieS eö mli wohlbegreiflichen )lrgum"nlen »ä kuininem, daß derjenige Theil der Wände, den der ewige Rauch verschont hatte, auch mit seinen Figuren nicht betletfet werden dürfe. Doch Jean Paul sagt: das Genie gleicht einem Flusse, der sich selbst das Beer machl; dieß traf vollkommen bey Unserm Landsmanne ein. Von unersättlicher Begierde jur Kunst getrieben, encfiot) er nach Klagenfur«, wo »r im kunstreichen Atelier eines Zimmnmahlers, wie Ostab« d«n ehrenvollen Platz eines Farbenreibers ein-«shm, «btl auch iu diesem lmmen Wiltungstreise sich bald nicht mehr gefiel, und zu elnem andern Meiste» überging, wo er wenigstens die ersten Elemente del Zeiche,,kunst zu erlernen Gelegenheit hatte, und selbst barin seinen neuen Mentor in kurzer Zeit übertraf. Mil höherein Selbstgefühle und ein Paar Sparpfennige» kehrte er in sein Vaterland zurück, und tri«b in unserer H^upist^dt, wo uns nun so mancheS theure Bild, das wir seinem Pinsel verdanken, gemüthlich anlächelt, vor wenig Jahren ausschließlich noch die Zim-merm.ih!erey, entfernte sich selten aus den bescheidenen Schranken der Patronen, und nur Frugalitat mit rast« losem Eifer verbunden, setzien ihn in den Stand di« Residenz zu besuchen. Wie l er Potakuden-Indier, als er die kaiserlichen Redoutensäle das erste Mahl betrat, staunend vor den geschmückten BaUgasten stand, und was er nie geahndet, inWi, Nichten sah; so stand Langus vor den Meisterwerken eines Corregio, Tizian, Morillv/ Vandyk,Rubens!c.; jetzt erst sah er die ungeheureKluft zwischen einer Zimmerdordlire und der vollendeten Kunst ei,,es Bogenschützen, einer Io ic. ; aber statt den Muth sinken zu lassen, crwachie erst in ihm der brennend« Wunsch, das zu leisten, wozu er sich berufen fand. Mil der Sonne fand man ihn beym Zeichenbrett, und er wa» ungehalten, wenn ihn ter psiegmatische Schuldienermit dem kalcen Sprichwort?, daß Alles seine Z<>jt h.>be, au< dem Saale trieb. Wer seine zahlreichen Copien nach den besten Meistern in seiner Wohnung sah, der wird kaum begreifen, wie man nach anderthalb Jahren so Vieles und Braves liefern könne. Wäre nur diese für ihn gewiß blmhenreiche Zeit nicht so kurz gewesen, hatf« er sich mehrdei! EllMen dkr«ig«ntlichenZeichnung wi5< — »46 — men l5nnen, so würd« man noch einige Mangel an Torreccheit in seinen jetzigen Gemählden nicht beir.-rken ! Doch nun reiset er in das Land der Km'.sl. Rom, bie Mutter der Mahlerey wird ihren braven Eohn lieb-reich-aufnehm«n, vor Verirrungen schützen, u,id dem dankbaren Vaterlands in höherer Vollendung zurück^ senden. Dr. Baumgalten. Der verwünschte Prinz. (Fortsetzung). Jetzt endlich glaubte der Eine so gut wie den Stein Her Weisen in der Aütwort gefunden zu haben, ind?m er sagt«: „In dieser Laub«/ deren Schatten so köstliche Kühlung gewährt, hac sich ein? giftige Natter ange. ' siedelt.« «Ja, —> siel der Andere, die gefundene Ausrede ltcht von Herzen billigend, ein — ja, die wollten wir «rleg«n, und das weniger unsertwegen, als Euer Majestät halber. Ihr tömuel doch auch einmshl hi«r euch niederlassen ..." In demselben Augenblick« jedoch schrie der Laub» frosch aus der Haselsiaude, was er nuc schreyen konnt«: ,Lüi,eeiuerrather! Landesverrächer!" Der Kömg, sogleich auch in diesem Tone die geliebte Stimme seines Söhnleinil erkennend, tral nun zu dem Laubfrösche, der jehtganzfrey dasaß Und.wi« »r seine fische Hand hinhielt, so sprang der Frosch her-über auf sie. Die beyden Herren aber machten Miene, Hai Hasenpanier zu ergreifen. Wie män jedoch dort zu Lande gewöhnlich den Verschmitztesten zum Po!izeymi' nisier zu machen pflegt«, so hatt« des König« Beglei» ter immer nur das linke Auge dem Könige und dem Laubfrösche gewidmet, wahrend sein rechtes die beyden Herren festhielt. Daher ladete er diese höflichst ein, noch ein wenig zu verweilen, rief auch, als sie, sich mit Zeitmangel entschuldigend, davonspringen wollten, «imge handfeste Gartenarbeiter herzu, snner Einladung augenblicklich Nachdruck zu verleihen. Das ge« schah. Und die beyden Herren waren wirklich wackere Propheten an sich selbst gewesen; denn schon am folgenden Tage kostete das Leben de< LaubfroscheK ihnen d«< ihrige. Um so betrübter war ablr-derKonig darüber, daß er, wie gewöhnlich, den gucen GM seines Sohnes sich nicht erhalten tomne. Kaum erloschen nähmlich die letzten Glanzlichter der Sonne in den Feuül.'!«! und an den Thurmknöpfen, so that auch der Laubfrosch, det bis dahin seme Zärtlichkeit zwischen dem Älcerlipa/ire getheilt, einen mächtigen Satz von der H.md der Ko-niginn hinweg, nach dem Haselstrauche, bey welchem beyde hohe Häupter den ganzen Tc>g zugebracht, und sich an der Liebe des so grausam Verwlinschien erquickt hatten. 6. Als am folgenden Morgen die' beyden Herren aut bkr Buchenlaube, nach näherer Untersuchung, zeder a5 scuier Hausthür aufgehangen und neoen jede-n ein gv»^ ßer Zettel über die Veranlassung zu diesen zwey plötzii-chrn Todesfällen befestigt worden war, so trafen die Glückwünsche wegen der Rectung des gmen Kömgs vo»> allen Seiten «in. So aufrichtig diese aber auch sey« mochten, und so sehr man seine Hoheit, ven gewesen«« Laubfrosch, in diesem Pu^cle preiftn m^suc, so wurde doch das Schrecken über seine unaufhörliche Seelenwan< derung immer größer. Nirgend war ln^n ja sicher vor dem Auge des muthmaßlichen Thronerben, der diese?« halb gewiß der verwünschteste unier allen verwünschte» Prinzen genannt werden tonnte, und auch wohibiswei« len unter vier Augen genannt wurde. Übrigens war die Möglichkeil seiner Gegenwart a» allen Onen ein treffliches Palliativ für die gesunken« Moral deS KönigreichZ. Denn nichl einmahl die lln" wücdigleit des Aufenthalts gewahrte Bürgschaft für sei» Nichldaseyn. Hatte er doch schon ein Mahl in der schmu< hlgen Hütte eines Vettlers, als dieser die unter dew Mantel der Armuth erlisteten Reichthümer durchzählte, seinen Unmuth in der Gestalt einer Fledermaus zu »»" kennen gegeben. ?- Endlich war ein ganzes Jahr lang kein 3aut m»h< von dem Prinzen vernommen worden. Dem Könige/ immer mehr darüber in Sorgen, daß sein, auch unle» der schlechtesten Gestalt von ihm noch innig geliebtes Kind wohl gar mit Tode abgegangen seyn tönne, nagt« der Wurm des Harms schon am Herzen. Zuletzt setzte «« noch einen überaus hohen Preis auf den glaublichen — 'ä7 - beweis, daß der Prinz irgendwo seme Redekunst als Thier ober sonst ^l erkennen gegeben habe. Was auH der Gegenstand seiner Beredsamkeit, die gewöhnlich in eineni oder einigen Worten bestand, und die ihm in . der Negel nur Unmuth oder Zorn auspreßte, gewe-, sen, selbst bcadsichtlgterKönigsmord und Laüdesvevralh Nlcht abgenommen, so svlll« eS verziehen sey», wenn der Verbrecher üie Sache sogleich anzeige; ja es follie ihm sogar nicht caSMindlst« van dem ausgesetzten Prei. st einzogen werden. Leider aber blieb das alles ohne Erfolg, und schon ging man daranf aus, wegen feines Ablebens ein Pracht-»olles Train'rgerüst in derSchloßkilche errichten zu :.,ss,n, ^»s der Kummer d«n König selbst auf das Kranktnla. «er waif. Unc> noch am Abend de^elben Tagei wurde ein wunderschöner Jüngling mit goldenem Haar vor die Königinn gefühlt, den Jedermann an der außeror-bentlichell Ähnlichkeit nur dem kranken Königs für dessen, leiblichen Sohn erkanine. Die Königinn hegte mm vollends nicht den mindesten Zweifel, daß er es sey, Und siel ihm um den Hals, nannie ihn ihr innig geliebtes Kind, uiw vergas, darüber ganz, daß ihres Gemahls Znstand imme^ l>edent!icher wurde. Aber nur kurze Zeil vergaß sie oas. Denn gewiß überzeugt, daß er das de« ße Heilmittel für den Kranken seyn werd,, nahm sie, sobald si^ daran dachte, den schönen Jüngling a.n Arm, «no fühlce ihn zum ^ager des Königs. Wirklich bewohne sich auch ihre Erwartung auf der Stelle. Der Bllck au4 dem Auge des Iüngllngg sioß wie der köstlichste Lebensdalsam durch Mark und Bein b«> Kranken, und vor Freude und Glück würde gewiß lM ganzen Schlöffe kein Mer.fch daran gedacht häbei,, ^>en Plüfungsring an dem Jünglinge zl« velsuchen, «enn dieser m'chl selbst darauf angelrageil hücte. Uno der Ring, so enge er auch noch war, als die Königinn solchen von iyrem Finger zog, erweiterte sich doch wie elastisches Harz, sobald die Spitze am Goldfinger des Prinzen ihn nur berührte, so baß er ihn ohne alleAnstren-bung bis hinunter schieben konnte. Übrigens war das kaum geschehen, so dachte der Prinz auch an seinen falschen Stellvertreter, den Zwerg im Narrenhause, und Machte, daß er in Freyheit tam, ja in ziemlichen Wohl. stand gesetzt wurde, weil er, eingezogener Nachricht 5'.NolZe, durch die trit ihm vorgenommene Cur wirklich lim Vieles besser geworden» 3. Nie der Blitz lief die frohe Nachricht l?on des Printen Wiederkehr aus dem Schlosse dmch die ganze Slüdl. Keln Mensch in ihr wollte mehr leben, ohn« den liebenswürdigen Grazioso zu sehen, nie »hn dle Fee sich zu Ehren haue taufe» lassen. Die Lebehoch'ö unter dem Schloßbalcon nahmen Tag und I,acht kein Ende, mochte er auch dastehen oder »ichr. Kiin Mensch wollte von etwas hören ober sprechen, als vom PsMzen Gra» zioso, ^, !a Üi-Äii«5o hieß die Mode, welche plötzlich jede andere verdrängte, und wenn auch oie Zahl äußerst gering war, der es gelang 5 I2 Ql'Äxiugu auszusehen, so mußl« üch doch Iederwann so tleiden, «vollce er nicht ein Chor von Slraßenbrut hinter sich her haben, die seinen Mangel an patriottscher Gesinnung auf dat BoShaitest« ltcenfl'te. Das Alles gefiel niemand so wenig, als dnu Prin» zen fclhst. Desto besser genel aber auch «r den Verständigen/ als sein Verstand und Gefühl im »er mehr hev.» vocnar, und König und Königin» vev.^ße!' herzlich gern die große Betrübniß/ woveln s m Vi lu i s^e verfttzt halte, da Alle« einen so glüälichen Ausgang genommen. Drr Prinz hätte Sioff gehabt, immerfort une»« esfante Anekdoten aus felnem vergangenen, vielgestal» tigkN Lcbeu zu erzähln. Denn seit seinem achte» Hichre wurde er all« Tage mit Sonnenaufgang m einen le< bendigen oder auch leblosen Gegenstand verwünscht. Die Nacht aber brachte er im Kiystallschlosse der Fee Gra« ziosa zu. Konnte man von Jemand in der Welt sagen, daß er die Menschen kennen gelernt habe, so wsr es Gr^zioso. Er hane gesehen, wie eS zuging in ftomme» Klöstern und gottlosen Räuberhöhlen, iii Konigsschlösser« und in Beltlerhünen. Fast alle Stande und Professionen haite er persönlich durchgemacht. Dabey rühmte e« übrigens die Billigkeit seiner Frau Palhe Graziosa, daß, wenn er zum Beyspiel ei» Paar Tage hinterem« anoer, den einen als Straßenpflasti'/er »nd den andern als Lastträger sein« Kräfte erschöpft hatte, sie ihn ge. wohnlich am dritten als lebloses Wesen, wie ein Baun» oder Tisch, sich erhohlen ließ. Ein Tag aber seit dem achten Jahre, an dem er ganz unverwünschl geblieben, war nicht vorgekomm»!». Dabey halte ihm obgelegen. — !ä3 — fich ia den Geist oder die Art des Darzustellenden ganz hinein zu denken, und nur im Chararcer desselben zi, handeln. Selbst Strafen hatten Stattgefunden , wenn er zuweilen mit den Charakteren auch deren unlösliche Eigenheit!.?' -„genommen. So war er als vornehmer Herr im " ein Mahl so weit gegangen, einem bittenden ^ nichts, statt ihn bloß fort zu weisen , noch einen ,.n,l,citt auf den Weg zu geben. Dieser Fußtritt nun machce, daß er am folgenden Tage in den ange-schlossenen Stiefelknecht einer Dorfwirthsstube verwiesen wurde, dessen sich gegen zwanzig Iahrmarktsleuce bedienten, welche in der Stube übelNöchteien. Noch schlimmer war es ihm ergangen, wie er als Schildwa» che bey einem Pulvermagazine ein Pfeifchen Schwarzen und Gelben geraucht hatte. Um ihm das Brennen de« Feuers recht fühlbar zu machen, ward er am folgenden Tage als Schwefelfaden in die Küche armer Leute gelegt, und wahrend dieses einzigen Tages mehr als zwölf Mahl angebrannt. Bis ins vierzehnte Jahr war ihm bey den Verwünschungen das Bewußtseyn seiner Geburt und sei. nes Standes abgegangen. Dann aber wurde ihm solches geschenkt. Hiermit nun vermehrten sich die Schwie» »igkeiten seines Benehmens außerordentlich , denn durch Seufzer allein durfte er all