Zwölf FruMeiltc 18K3 Franz R.-Freih. v. Marenzi. t ryö'E'f über Geologie, oder Jelenchtung dieser Wissenschaft nach den Grundsätzen der Astronomie und der Physik, von Franz R.-Freih. v. Marenzi. Mit vier Figuren-Tafeln. Laibach. Druck von Igu. v. Kleinmayr und F. Bamberg. K«, M- K' 5. " > p n <» .r ^k«tn.< tzl,- - Hk.«rss- »t -NIK p'.L jMi.Ijk' UO^> §,».» P41 ZEtlLvnv»«?^ zlil«Pii«s -Ilitt K!i.I.l«i.P 1 u f,M 8emer k. K. Hoheit dem Durchlauchtigsten Prinzen und Herrn Erzherzoge krnest Ma llestereeivh, königl. Prinzen von Ungarn und Böhmen He. kr., Ritter des gotdenen Vließes, Großkreuz des österr. Kais. Leopold-Ordens, Bescher des Militär- Verdienst-Kreuzes -Ke. §ec. ^r., Inhaber des Infanterie-Regiments Nr. 48, und Vommandante» des ». Armee-(^orps, in tiefster Ehrfurcht gewidmet. sigisustssO nov tsgni3 üinik!i)^ üuu Mük-M Nft« .itzjnbij r-'k-r UttiAk Eure kaiserliche Hoheit! allgemeine Ruf, welcher der erlauchten Person Eurer iserlichen Hoheit als Beschützer und Förderer vou nst und Wissenschaft zur Seite steht, und wovon nament¬ lich die lebhafte Thcilnahme den sprechendsten Beweis gibt, welche Eure kaiserliche Hoheit in jüngster Zeit der Wcltumscg- lung zu Theil werden ließen, die von S r. Majestät Fregatte Novara zur Ehre und zum Nutzen des Reiches ansgcführt worden ist, macht mich so frei, Euer kaiserlichen Hoheit eine geringe Schrift in tiefster Ehrfurcht zu widmen, deren Inhalt einige in der Gegenwart noch offene geologische Fragen behandelt, und die demnach dem Programme dieser kaiserlichen Expedition nicht sehr ferne steht. Weil aus leicht erklärlichen Gründen von mir keine Entfal¬ tung tieferer wissenschaftlicher Gelehrsamkeit erwartet werden kann, so bezeichne ich selbst offen den Standpunkt meiner Schrift als jenen eines Laien, oder wie ein geistreicher Hohepriester der Astronomie sagt: als jenen eines Freiwilligen im Dienste der Naturwissenschaften. Als solcher gebe ich die Wahrnehmungen meiner Jugend so, wie ich sie an den österreichischen Gebirgen und vorzüglich an den Hochalpcn gemacht, und wie ich sie in späteren Tagen bestätiget gefunden habe. VI Diese hohen Gebirge sind sehr sprechende Zeugen der Ver¬ änderungen, welche die Erde in den Jahrtausenden ihrer Existenz durchgemacht hat, ehe sic schließlich zu den bleibenden gegen¬ wärtigen Formen gelangen konnte. Bei der Wahl eines geeigneten Standpunktes zur genaueren Beobachtung dieser Formen, und bei einer den Grundsätzen der Physik entsprechenden Analyse derselben, gelangt man zu so ein¬ fachen, und nach meinem Dafürhalten, auch zu so klaren Anschauungen über die wichtigsten Fragen der Geologie, daß wohl kein Zweifel über die Richtigkeit dieser Anschauungen obwalten kann. Der gegenwärtige Formcnbau der Erde, die dunklen Phäno¬ mene der Erdcrschüttcruugcn und der Vulkane, ja das ganze jetzige geologische Wissen, werden durch klare Grundsätze erläu¬ tert, welche um so verläßlicher oder mindestens um so bestechen¬ der sind, als selbe den gemeinschaftlichen Hauptcharaktcr aller Naturgesetze an sich tragen, jenen nämlich: der Einfachheit! Das Wagniß, welches für einen Laien mit der Behand¬ lung eines vorwiegend rein wissenschaftlichen Gegenstandes ver¬ bunden ist, geruhen Eure kaiserliche Hoheit durch den Hinblick auf die Thatsachc zu entschuldigen: daß Laien der beob¬ achtenden Naturwissenschaften schon manchen recht brauchbaren Beitrag zur Erweiterung derselben geliefert haben. Waren ja sogar einige dieser im unbesoldeten Dienste Uranicn'S stehenden Jünger, in unseren Tagen so glücklich, durch Entdeckung neuer Mitglieder unseres Sonnensystems, ihre Namen in die unvergänglichen Jahrbücher der Entfaltung des mensch¬ lichen Geistes cinznschrcibeu, und solcherweise neben den Gestirnen zu glänzen, welche sic zuerst der erstaunten Welt verführten. Euer Kaiser!. Hoheit unterthünigster Diener -er Verfasser. Inhalt der zwölf Fragmente Veranlassung Seite . 1 I. Fragment. Zusammenhang der Geologie mit der Astronomie II III. IV. V. VI. VII VIII IX X. XI. XII und mit der Physik. Die Petrefacten ... 3 Astronomische und physikalische Hypothesen der Erdbildung. Zeiteintheilnng ...... 12 Bildung der Himmelskörper unseres Sonnen¬ systems aus der Sonnen-Atmosphäre ... 15 Folgen des ursprünglich feuerflüssigen Zustandes der Erde auf die erste Ablagerung ihrer Bestandtheile 23 Einfluß der Bewegung der Erde im kalten Welt¬ räume, auf ihren Wärme- und Volumens-Verlust 27 Nähere Bestimmung des Wärme - und des Volu¬ mens-Verlustes der Erde.33 Ursachen der Niveau-Unterschiede auf der Erdober¬ fläche. Die Hohlräume im Innern der Erde . 37 Einfluß des Centralfeuers der Erde auf die Bewe¬ gungen und ans die Bildungen der Erdoberfläche 44 Bildung des festen Landes und der Gebirge. Einsturz-Hypothese. Vulkane. Erdbeben . . 49 Wirkungen der Volumens-Verminderung der Erde auf die Verbreitung der Meere.62 Die organische Schöpfung ....... 67 Epilog und Schluß. . 72 Berichtigung. Auf Seite 68, erste Zeile, muß cs heißen, statt: hülle — fülle. Verarrlaffurrg. «V>e Entstehung der Erde, die wir bewohnen; die Kenntniß der physikalischen Verhältnisse derselben in Zeitepochen, welche den unserigen vorangingen; die Erforschung der Gesetze, nach welchen in der Vorzeit die Materialien und Formen gebildet wurden, aus welchen die uns zugängliche Erdoberfläche besteht, und welche uns überall in zahlreichen wunderbaren Räthseln entgegentreten; die Erkenntniß der Gesetze, nach welchen die physikalischen Erschei¬ nungen und Veränderungen, sowohl auf der Scholle, welche das Feld unserer Nahrung und Thätigkeit ist, wie auch in den Tiefen unter unseren Füßen vor sich gehen; die Ergründung der gchcim- nißvollen Kräfte der Natur, welche durch Vulkane und Erdbeben das Menschcn-Geschlecht ängstigen und bedrohen; alle diese Gegen¬ stände haben für uns ein so leicht begreifliches Interesse, daß es uns nicht Wunder nehmen kann, wenn wir so viele Jünger der Wissenschaft mit denselben beschäftiget sehen. Die Thätigkeit des Astronomen, welcher seine nächtliche Ruhe der Beobachtung der Himmelsräume opfert; jene des Nordpol¬ fahrers, des Weltumseglers, des Reisenden in den Wüsten und Wildnissen ferner Welttheile; des Gletschcrforschers, des Geologen, des Meteorologen, des Physikers rc. re. ist im großen Ganzen nur der Berichtigung unserer naturwissenschaftlichen Anschauungen und den Entdeckungen gewidmet, welche auf den verschiedenen Feldern dieser unbegrenzten und unerschöpflichen Wissenschaft noch gemacht werden können. Vermehrte Land - und Wasscr-Communicationcn; die Fort¬ schritte der Chemie und Physik; das Mikroskop und die Photo- 1 2 graphie; die Vermehrung und Verbesserung der Kartenwerke rc. haben alle die Forschungen der Natur jetzt nach Feldern geleitet, welche den früheren Jahrhunderten noch'unbekannt, ja die ihnen ganz unzugänglich waren. Sic liefern gegenwärtig in ganz kurzen Zeiträumen solche Massen wohlbcstcllte» Materials zur Ordnung und Sichtung und zur besseren Auffassung der uns in der Natur umgebenden zahllosen Verschiedenheiten jeder Art, baß wir bereits die verwegene Hoffnung nähren können, das naturgemäße einfache Gesetz zu finden, nach welchen der Schöpfer sein großes wunder¬ bares Werk erschaffen und geregelt hat. Und je mehr die dichten Nebel fallen und jene finsteren Vorurtheilc verschwinden, welche unsere Vorfahren in Unwissen¬ heit und Aberglauben befangen hielten, desto näher stehen wir der Auffindung dieses jetzt noch verborgenen Gesetzes. Je bestimm¬ ter, klarer und zuverlässiger wir aber die Erdoberfläche kennen lernen und ergründen, desto üppiger werden auch die Früchte gedeihen, aus welchen der Mensch sein tägliches Brot bereitet; um so heiterer und inbrünstiger wird auch die dankbare mensch¬ liche Brust sich gegen den gütigen Vater im Himmel erheben, dessen gnädiges Füllhorn diese zahllosen Gaben unablässig hcrabscndet. Erstes Fragment. Zusammenhang der Geologie mit der Astronomie und mit -er Physik. Die Prtrefacten. Schon ältere Freunde der Naturwissenschaften und der Astronomie, wie z. B. der deutsche Kant im I. 1755 zu Königs¬ berg, haben über die Bildung der Planeten unseres Sonnensystems, oder über die s. g. Entstehung der Welt, eine Hypothese aufgestellt, welcher zu Folge alle Planeten nuferes Sonnensystems, und folglich auch die dazu gehörige Erde, unmittelbar aus der Sonnen-Atmo¬ sphäre hcrvorgegangcn sein, oder ans selber sich gebildet haben sollen. Sie begründeten diese Hypothese vorzüglich durch jene merkwürdige, jetzt allgemein bekannte, und mit höchster, d. h. mit einer auf Ziffern und auf mathematische Wahrheiten beru¬ henden Verläßlichkeit beobachteten Uebereinstimmungcu, welche die Bewegung der Planeten um die Sonne zeigen, und durch welche sie gezwungen worden sind, eine allen Planeten gemeinschaft¬ liche und gleiche Quelle dieser Uebereinstimmungcu auzunehmen. Daß alle Planeten, ohne irgend einer Ausnahme, und ebenso auch deren treue Begleiter, die Sateliten oder Monde, von Westen nach Osten und in Ebenen um die Sonne sich bewegen, welche nur wenig gegen den Sonnen-Aequator geneigt sind; daß die Rotation der Planeten um die eigene Axe, in gleichem Sinne wie die Rotation um die Sonne, und mit nur sehr wenig gegen die Sonnenbahn geneigten Axen vor sich geht; daß alle Planeten¬ bahnen beinahe kreisförmig sind; daß endlich die Dichten der Planeten im Allgemeinen zunehmcu, je näher sie der Sonne sich befinden; diese cigcnthümlichen Erscheinungen sind wahrlich ans fallend genug: um den Astronomen zu uöthigen, für dieselben eine allgemein gleiche Entstehnugs-Ursache vorauszusetzcn. Er 1* 4 wird zugleich veranlaßt, bei dieser Voraussetzung das Walten des Zufalls auszuschließcn, welches mit der bewunderungswürdigen Ordnung und Harmonie des Weltgebändes, die wir selbst in jedem kleinsten seiner Theile erblicken, als gänzlich unverträglich erscheint. Es kann in der That nicht das Walten des Zufalles gewesen sein, welches diese herrliche Ordnung und Harmonie unter allen Gliedern des Plancten-Systcms herstellte! Denn hiezu wäre, bei der großen Zahl der Planeten, welche wir bereits kennen, und bei der größeren Zahl derselben, die wir in Zukunft noch kennen zu lernen hoffen dürfen, eine so oftmalige Wiederholung dieses Zufalles erforderlich gewesen, daß solche Wiederholung an sich schon die Annahme derselben gänzlich ausschlicßt. Obschon nun, seitdem diese Hypothese zum ersten Male ausgestellt wurde, die Astronomie viele der wesentlichsten Ent¬ deckungen am gestirnten Himmel gemacht hat: wie jene so außer¬ ordentlich interessante des Neptuns, und jene nicht minder anzie¬ henden der zahlreichen Asteroiden; und ungeachtet in neuerer und in neuester Zeit die Beobachtungskunst der Astronomen durch verbesserte Methoden und Instrumente außerordentlich vervollkommt wurde, so stehen dieselben doch noch ungebrochen in ihrer ursprüng¬ lichen Fassung aufrecht. Ja selbst die riesenhaften Fortschritte, welche die Physik und die Erdkunde durch anhaltend fortgesetzte, genaueste Versuche und Erforschungen und mit Hilfeleistung ganz neu erfun¬ dener Instrumente gemacht haben, und wobei sie, sozusagen gleich¬ sam eine neue Welt (die mikroskopische Welt, das treue photo¬ graphische Naturbild, die Dampfkraft, die magnetische Zeichen¬ sprache und 1000 Anderes) entdeckten, so konnten sie an dieser Hypothese doch kein Unrecht finden. So erklärt uns diese jetzt noch, wie vor einem Jahrhunderte, ganz leicht und einfach die Wunder am gestirnten Himmel, welche wir sonst entweder gar nicht oder nur durch ungerechtfertigte und willkürliche Voraus¬ setzungen zu erklären im Stande wären. Wir müssen demnach diese Hypothesen jedenfalls zu den¬ jenigen rechnen, welche die harte Probe großer Fortschritte in der 5 Wissenschaft bereits überstanden haben, und die daher als mit der Wahrheit nahe übereinstimmend angesehen und ausgenommen werden dürfen. Es wird gewiß ein fernerer Prüfstein ihrer Richtigkeit sein, wenn die Folgerungen, welche wir in den gegenwärtigen Blättern zur näheren Beleuchtung einiger geologischen Hypothesen und zur Erklärung der gegenwärtigen Formen und einiger Phänomene unserer Erde aus ihr ableiten werden, und bei welcher wir streng in den Grenzen wissenschaftlicher Deduction bleiben wollen, uns in keinen Widerspruch mit den sicheren und genauen Beobach¬ tungen dieser Wissenschaft verwickelt. Denn der Anstand, in welchem sich gegenwärtig die Erde befindet, kann unseren Denkgesetzen zu Folge nur ans jenen Zuständen abgeleitet werden, in welchen sich dieselbe in früheren Epochen ihrer Existenz befunden hat. Und wie allgemein Ursache und Wirkung sich gegenseitig verbinden, so müssen auch alle Wandlungen des Lebens unserer Erde, von ihrer frühesten bis zu ihrer spätesten Zeit, eine Reihenfolge von Ergebnissen jener Verhältnisse und jener Naturgesetze sein, welche bei der ersten Bildung des großen Elypsoydcn, als welcher die Erde gegen¬ wärtig dastcht, bis jetzt thätig gewesen sind. Diese Verhältnisse und diese Naturgesetze wareu aber, sowohl für den Astronomen als auch für den Geologen die gleichen, und demnach müssen auch die in Rede stehenden Hypothesen über dieselben nicht nur die in den weiten Räumen des Himmels beobachteten Erscheinungen und Gesetze erklären, sondern sie müssen auch auf die Erklärung der auf der Erdoberfläche so zahlreich vorkommenden und sich überall aufdrängendcn Verschie¬ denheiten der Formen und der Bestandtheile, wie auch auf jene der häufig sich wiederholenden Thätigkeit der Vulkane, der Erd¬ beben, der neuen Bergbildungen rc. rc. Anwendung finden. Wäre dieses nicht der Fall, so würden die astronomischen Lehrsätze und Entdeckungen bei Weitem nicht jenen praktischen Werth besitzen, welchen sie ohne Zweifel erlangen, wenn sie uns 6 auch zu einer genaueren Erkcnntniß der nährenden Mutter Erde verhelfen. Denn, so wichtig auch für den Menschen die richtige Kenntnis; der Erscheinungen am Himmel, für seine Forschungen, für seinen Scehandcl, für seine Zeitrechnung und für viele andere Bedürf¬ nisse des Lebens immerhin sein mag, so ist demselben die ge¬ naueste Kcnntniß der Erscheinungen auf der Oberfläche der Erde selbst doch noch weitaus wichtiger. Und dich zwar nicht bloß bezüglich der obersten Erdschichte, auf welcher er wohnt und durch welche er seinen Pflug zieht, sondern lcichtbegrciflich auch bezüglich aller erreichbaren Tiefen unter derselben, als den Lagerstätten der darin verborgenen Schätze, der Salze, der Metalle, der Brennstoffe u. dgl. m. So geht denn auch das gegenwärtige rastlose Streben aller Natnrstudicn dahin, die in den Zweigen der bezüglichen Wissen¬ schaft noch bestehenden Lücken so vollkommen als möglich aus¬ zufüllen, und den wahren Zusammenhang aller jener Wunder und aller jenen Räthsel zu ergründen, in deren Mitte das Menschen - Geschlecht als die Krone, und als der Schlußstein einer grenzenlosen und einheitlichen Schöpfung sich befindet. Es darf nns nicht Wunder nehmen, wenn in unserer, wie gesagt, so vorgeschrittenen Zeit in keinem naturwissenschaftlichen Zweige die Lücken so bedeutend gefunden werden, als gerade in der Geologie! Denn diese Wissenschaft ist vergleichsweise noch eines ganz jugendlichen Alters, und umspannt einerseits mit ihrer Forschung die gesammtc Erdoberfläche, während sic andererseits zur Erleichterung dieser Forschungen sich, so zn sagen, gar keines Vermächtnisses der Vorzeit, wie andere Zweige der Naturwissen¬ schaft, erfreuet. Noch vor 200 Jahren wurden Amoniten und andere Pctre- factc» für Spnck böser Geister gehalten; die Erde war noch vor Kurzem in der menschlichen Anschauung keine Kugel, und sie stand still als einzige Welt, nm welche das ganze grenzenlose Firmament täglich rotirte! 7 Andererseits findet das Auge des Geologen, wohin es auch sich wenden mag, in dem auf der Erdoberfläche überall herr¬ schenden ungeheueren Chaos der Formen und der Materialien nur Trümmer der früheren Bildungs-Verhältnisse der Erdober¬ fläche vor. Selbst in den gewaltigsten und großartigsten Denk¬ mälern des durchlebten früheren Lebens der Erde, wie in den höchsten Gebirgsketten und in den ausgedehntesten Sandwüsten Asien's und Afrika's, treten den Geologen nirgends unveränderte größere Neste dieser früheren Verhältnisse oder der überstandenen Katastrophen entgegen. Die fortschreitende Zersetzung der Materialien, aus welchen die Erdrinde besteht, hat durch deu Einfluß der Atmospherilicn, welche den Granit mürbe machen und zerbröckeln, und durch die Wirkung der Wässer, welche Bergketten durchsägen und vernichten, und die das Material eines Landstriches in die Tiefen des anderen hinabführcn; sie haben überall nur ganz unbedeutende Bruchstücke zur Erkenntniß des früher Gewesenen zurückgelassen! Unter diesen Verhältnissen würden die in den geschichteten Steinlageu der Erdoberfläche verkommenden Petrefacten einen sehr willkommenen Leitfaden darbieten, um sowohl das in den Formen und in den Bestandtheilen derselben herrschende und oben angedcutete Chaos zu entwirren, wie auch, um leicht und verläßlich das Alter der verschiedenen Lagerschichtcn zu bestimmen, welche mit der Ausnützung der darin verborgenen Mineralien im nächsten Zusammenhänge stehen. Auch würden dieselben sehr viel zur näheren Erkenntniß der so höchst interessanten Physika¬ lischen Verhältnisse der Vorzeit unserer Erde beitragen. Denn, wenn es gelingen könnte, eine Alterskette unter den uns bekannten, jetzt pctrificirten, aber einstens lebendigen Orga¬ nismen der Thier- und Pflanzen-Welt aufzufindcn, so wäre damit auch unmittelbar die so gesuchte wirkliche Alterseinthciluug und die Bildungs-Folge der geschichteten s. g. Formationen und aller ihrer Unterabtheilungen gefunden. 8 Aus dem Vergleiche der Fundorte, an welchen die Verstei- ncrungcu getroffen werden, und der Functionen, welche den¬ selben im Leben nach ihrem erkennbaren Baue zugckommcn sein dürften, würden sich nicht nur die eben angedeutctcn Fragpuukte ziemlich verläßlich beantworten, sondern auch eine nähere physi¬ kalische Geschichte der früheren Epochen der Erde ergeben, welche für die Zwecke aller Forschungen im Gebiete der Natur im höchsten Grade lehrreich und nützlich wäre. Die Auffindung einer Alterskctte der Pctrcfacten kann aber nur dann wirklich gelingen, wenn 1. unumstößlich nachgewiesen würde, daß gewisse Versteine¬ rungen nur in gewissen, wenig zahlreichen Steinschichtcn vorkommen, keine der ersteren aber allen letzteren gemein¬ schaftlich eigen sind, und 2. wenn verläßliche Merkmale au den Versteinerungen selbst aufgcfundcu werden, welche ihre Alters Classificiruug min¬ destens einigermaßen möglich machen. Denn bei einem gchänftcn gemeinschaftlichen Vorkommen von Pctrcfacten in allen den bisher bekannten Steinschichtcn, oder aber beim Mangel charakteristischer Merkmale an den Pctre- facten selbst, wie soll da die gesuchte Alters-Classification der geschichteten Steinlagcr der Erde je ermöglichet werden? Leider ist die Pctrefactcn-Kunde gegenwärtig noch lange nicht im Stande, einer und geschweige den beiden eben gestellten Bedingungen zu entsprechen, und cs darf sogar leider nicht ver¬ schwiegen werden, daß bis jetzt nicht einmal die Hoffnung für eine zukünftige Lösung dieser Bedingungen durch sic vorhanden sei. Es ergibt sich dich schon aus den folgenden allgemeinen Bemerkungen: n) Daß bis jetzt in dieser Beziehung genauere Beobachtungen nur an einzelnen Punkten des festen Landes gemacht wurden, und daß ganze große Erdstriche noch jeder Forschung entbehren; b) daß die Meere mit ihren unerforschlichcn Tiefen sage Dreivicrtel der ganzen Erdoberfläche bedecken, und daß 9 selben solcherweise den bei Weitem größten Theil der festen Erdrinde, nämlich sämmtlichc Meeres-Unterlagen, jeder näheren sowohl, als auch einer nur ganz oberflächlichen Untersuchung entziehen. Dabei verdecken die Meere nicht bloß die Gebilde der in ihren Tiefen befindlichen festen Erdrinde, in welcher, aller Wahr¬ scheinlichkeit nach, noch gar viele wichtige und aufklärende Ent¬ deckungen zu machen wären; sie verbergen auch einen großen Theil der gegenwärtigen organischen Geschöpfe, welcher in diesen Tiefen lebt. So leuchtet es denn auch von selbst ein, daß, nachdem wir keine Hoffnung haben, in diesen Richtungen jemals große Entdeckungen zu machen, wir auch überzeugt sein dürfen, daß die in den Forschungen der Geologie vorkommenden Lücken und die argen Schwierigkeiten, in welchen sich diese Wissenschaft mit ihren widerspruchsvollen Hypothesen verwickelt sieht, wahrschein¬ lich für ewige Zeiten unausgefüllt und unaufgelöst bleiben werden. Sind nun schon diese wenigen allgemeinen Bemerkungen für jeden Unbefangenen genügend, um alle bisherigen geologischen Hypothesen als im höchsten Grade gewagt und als unverläßlich erscheinen zu lassen, so sind noch andere besondere Verhältnisse in der Wissenschaft vorhanden, durch welche die gänzliche Uuhalt- barkcit der jetzigen geologischen Systeme, und namentlich die Eintheilung der Gebilde nach den angenommenen Alters-Forma¬ tionen, gänzlich verworfen werden. Diese Verhältnisse liegen in den gemachten Wahrnehmungen der Pctrefactcn - Kunde selbst, welche cs nicht in Abrede stellen kann, daß viele gleiche generische Formen, sowohl der Thier- als der Pflanzen - Welt, wirklich in allen bis jetzt bekannten Schichten getroffen werden, und dieß zwar sowohl in jenen, welche man für die ältesten hält, wie die Grauwake und die Steinkohle, als auch in jenen, welche man mit Grund als die jüngsten erkennt. Ein Beispiel hievon sind die Nautilen, die Amouiten, die Echiniden, Stellenden, Encriniten re., die Palmen, 10 dic Coniferen, die Fucoidcn und vorzüglich aber die einst so räthsclhaften Trilobite», welche für die ältesten lebenden Geschöpfe der Thierwclt gehalten werden, nnd welche nun als noch lebend nachgewicsen sein sollen. Sicher ist es, daß, nachdem alles organische Leben stets an die gleichen unveränderlichen physikalischen Bedingungen der unorganischen Natnr, wie an Wärme, Feuchtigkeit, Licht rc. gebunden ist, schon das Vorkommen auch nur eines einzigen Geschlechtes der Petrefacten in mehreren der s. g. geologischen Gruppen oder Formationen die gänzliche Unhaltbarkeit dieser Unterscheidung erweisen muß. Denn diese Unterscheidung beruht ans der Annahme vieler großer und allgemeiner Katastrophen, welche in früheren Zeit- Epochen die Erde betroffen haben sollen, und wobei nicht nur alle bestandenen physikalischen Verhältnisse und Formen der Erd¬ oberfläche plötzlich verändert, sondern auch folgegemäß die ge¬ summte lebende Schöpfung vernichtet worden sein soll: nm neuen Formen, neuen physikalischen Verhältnissen und neuen Schöpfungen lebender Wesen Platz machen. Wenn daher Petrefacten gefunden werden, welche, wie eben bemerkt, durch alle oder durch viele der s. g. Formationen gelebt haben, so ist dieses der unwidcrsprechlichste Beweis: daß auch die physikalischen Verhältnisse der Erde bei der Bildung dieser Formationen unter sich nicht so bedeutend verschieden gewesen sein können, um dic gänzliche Vernichtung aller organischen Gebilde nothwendig herbeizuführen. Es entfällt aber hicmit auch die Nothwcndigkeit der Hypothesen von oft wiederholten großen und allgemeinen Zerstörungs - und Neubildungs-Katastrophen gleichsam von selbst, welche anlässig dieser Petrefacten bis jetzt mit Vorliebe festgehalten, jedoch keineswegs genauer begründet wurde. Weun aber von der Entstehungstheorie der jetzigen orga¬ nischen und unorganischen Gebilde der Erde dic Hypothese der wiederholten Zerstörungen und Neubildungen derselben beseitigt wird, so stellt sich die Gesammtheit aller in dieser Richtung 11 beobachtet werdenden Erscheinungen auf der Erde als das hin, was sie dem Menschen-Geschlechte schon in der Zeit der ältesten Ucberlicferungcn nnd Offenbarungen erschien: als das Werk eines großen einheitlichen Gedankens, einer göttlichen Schöpfung, deren einzelne Glieder die wohl verbundenen Theilc eines und des¬ selben harmonischen großen Ganzen sind. Die Formen dieser Schöpfung haben zwar im Laufe der Jahrtausende viele Wandlungen durchgcmacht; die Verbreitung der unorganischen wie der organischen Gebilde konnte in Folge dessen ans der Erde nicht immer die gleiche gewesen sein; mit dem zunehmenden Alter derselben änderten sich die physikalischen Verhältnisse ihres Lebens, sowie noch jetzt jene ihrer Bewohner¬ in! Alter sich verändern; einzelne Glieder und Geschlechter dieser letzteren konnten ganz von der Erde oder von einzelnen Strichen derselben verschwinden, wie dieß noch heutzutage geschieht; aber- alles Dieses erfolgte nur allmälig und nach den ewig unwandel¬ baren Gesetzen der Natur, welche ihre Zwecke vom Anfänge bis zum Ende durch Phänomene ohne Sprünge nnd ohne Ucber- stürzungen durchführt. Zweites Fragment. Astronomische und physikalische Hypothesen der Erdbildung. Zeiteintheilnng. Wir wenden uns nun zu dem eigentlichen Zwecke dieser Blätter: zu der Nachweisung jener Ursachen, welche die jetzt vorhandenen Gebirge der Erde hcrvorgebracht haben, nnd zu der Erklärung jener Kräfte dieser Erde, welche gegenwärtig bei den Erdbeben und bei den vnlkanischcn Ausbrüchen thätig sind. Unser Ausgangspunkt werden die eingangserwähnten astro¬ nomisch-physikalischen Hypothesen der Entstehung der Planeten aus der Sonnen-Atmosphäre sein, die wir nach unseren, über dieselbe bereits gemachten Bemerkungen, als dem heutigen Stande der Naturwissenschaften vollkommen entsprechend, acccptiren. Es soll unsere Aufgabe sein, aus denselben correct, und mit Weglassung jeder Weitschweifigkeit, alle jene Folgerungen zu ziehen, welche zu unserem ausgesprochenen Zwecke passen. Die erwähnten Hypothesen stellen bekanntlich folgende Sätze ans: 1. Die Erde bildete sich aus der Sonnen-Atmosphäre; 2. sie war im Anbeginne ihrer Bildung ganz im fcuerflüssigen Zustande; 3. in Folge dessen hatte sie ein viel größeres Volumen, als gegenwärtig; 4. zwischen ihrer Axe und dem Durchmesser des Acquators bestand ein viel größerer Unterschied, als jetzt, und 5. ihre Atmosphäre enthielt das gcsammtc Wasser unserer Meere, alle Salze, Schwefel und Schwefelmetalle nnd überhaupt viele andere Bestandtheile der jetzt festen Erd- 13 rinde aufgelöst in sich; daher sie bedeutender als heutzutage sein mußte. 6. Die Ursache der Abnahme der Erdwärme ist die Bewegung der Erde im kalten Welträume; 7. im Erdinnern befindet sich noch jetzt ei» mächtiges Central¬ feuer, und 8. die Abkühlung der Erde hat seit der historischen Zeit keine Fortschritte gemacht. Diese unumstößlichen Grundsätze bilden den festen Rahmen, innerhalb welchen eingeschlossen, die Erde ans der Hand des Astronomen und des Physikers in jene des Geologen übergeht. So eng dieser Rahmen im ersten Augenblicke auch erscheint, so ist er doch bei genauerer Analyse weit genug, um alle die zahlreichen Beobachtungen der Geologie, welche bis jetzt gemacht worden sind, in sich aufzunehmen, und um zugleich den Werth der verschiedenen Hypothesen zu prüfen, welche die Geologen in den verschiedenen Richtungen ihrer jungen Wissenschaft für diese Beobachtungen aufgestellt haben. Wenn die ganze Reihenfolge der Veränderungen, welche die Erde vom Anbeginne bis jetzt erlitten hat, der Zeit nach in Perioden eingetheilt wird, so ergeben sich drei wesentlich ver¬ schiedene Abschnitte ihres Entwicklungs-ZustandeS, und zwar: 1. Die Zeit, in welcher die Erde noch keine feste Oberfläche gehabt hat; 2. jene, in welcher die feste Oberfläche zwar schon gebildet, aber für eine organische Schöpfung noch nicht geeignet war (wegen allgemeiner Uebcrfluthung durch die Gewässer, wegen noch andauernder größerer Hitze, oder wegen sonstige» ungünstigen physikalischen Verhältnissen), und 3. die Zeit seit der Schöpfung des organischen Lebens. Wir werden Kürze halber die erste Epoche die Urzeit, die zweite die Uebergangs-Zeit und letztere die Schö¬ pfungs-Zeit nennen. 14 Diese letztere zerfällt in zwei wesentlich verschiedene Abschnitte, in jenen nämlich der vorhistorischen Zeit und in jenen der historischen, deren Abschluß die Gegenwart ist. Und nun gehen wir zu den Schlußfolgerungen der astro¬ nomischen Hypothesen mit möglichster Kürze über, indem wir, so viel cs nothwendig ist, jeden einzelnen der oberwähnten acht Sätze näher beleuchten. Drittes Fragment. Bildung der Himmelskörper nnseres Sonnensystems ans der Sonnen - Atmosphäre. Der ceste dieser Sätze lautet: „Die Erde bildete sich aus der Sonnen-Atmosphäre." In Folge dieser Entstehung der Erde ans der Sonnen- Atmosphäre kann die Conglobirung derselben zu dem großen Volumen, welches sie im fenerflüssigen Zustande gehabt haben muß, oder besser gesagt: zu ihrer gegenwärtigen Masse nicht in einem sehr kurzen Zeiträume vor sich gegangen sein. Denn, nm alle Elemente jener Zone der Sonnen-Atmosphäre aufzunehmcn, welche der Erde zu ihrer Bildung angewiesen waren, und von welcher wir wissen, daß der mittlere Durch¬ messer nicht weniger als 42 Millionen Meilen betragen haben kann, war mindestens die Zeit eines ganzen Umlaufes um die Sonne oder jene eines ganzen Jahres von 365 Tagen erforderlich. Wenn wir aber bedenken, daß die Erde diesen Bildungs¬ lauf mit einem ganz kleinen Volumen und Durchmesser begonnen haben muß, und daß ihr Volumen und ihre Masse erst nach Maßgabe ihrer Fortbewegung in der ihr zu Theil gewordenen Bahn durch die Ansichzichung der ans derselben gelegenen Elemente der Sonnen-Atmosphäre sich vermehrt haben kann, so dürfte dieß die Andeutung genügend begründen, daß sogar mehr als die einmalige Rotation nm die Sonne erforderlich gewesen, um alle in so weiten Fernen gelegenen Bildungs-Elemente zu sammeln. Denn die anfänglich kleine Flachkugel, als welche die Erde eine selbstständige Rotation um sich selbst und um die Sonne begann, konnte unmöglich schon beim Beginn dieser selbstständigen Bewegung die Kraft besitzen, die weitaus größere Masse des 16 ganzen Atmosphäre-Ringes an sich zu ziehen, der zu ihrer Bildung bestimmt war. Die Anziehungskraft steigerte sich erst mit dem zunehmenden Volumen, mit der fortschreitenden Bewe¬ gung und mit der längeren Dancrzcit derselben. Um dicß bildlich zu versinnlichen, sei das Rechteck a, b, c" d", Fig. I. die auf den Sonnen -Aequator senkrechte und abgerollte mittlere Durchschuittsfläche des der Erde zur Bildung angewiesenen Atmosphären-Ringes (den wir in Fig. II. darstellen). Die Linie m, n, o, p sei in beiden Figuren die Axe des Ringes und zugleich die Bahn der werdenden Erde. Beginnt nun die Erde L im Punkte in ihren Bildungslauf, so wird sie nach dem ersten Jahre am Ende ihrer Bahn ange¬ langt, in g das Volumen L' erlangt und den im kegelförmigen und elyptischeu Raume o, s, Ii enthaltenen Theil der Sonnen- Atmosphäre in sich ausgenommen haben. Alle übrigen Atmosphären- Theile aber in (Fig. l.) zwischen o, b, k und x, b, o, ü bleiben zur Absorbirung in den folgenden Jahren Vorbehalten, bis endlich nach einer gewissen Zahl Umläufe um die Sonne alle im Bereiche der progressiv wachsenden Erde befindlichen Thcile des zukommenden Atmosphären-Ringes ihr einverleibt sind. Dieser nämliche Bildungs-Prozeß muß in analoger Weise auch bei allen anderen zahlreichen Planeten vor sich gegangen sein, welche zu unserem Sonnensysteme gehören. Wir können aber unmöglich voraussetzen, daß die Störung, welche ein neu sich bildender Planet im ganzen ihm zukommenden Atmosphären-Ringe durch Erzeugung eines elyptisch kegelförmigen hohlen Raumes, durch seine Attractions - Kraft und durch den Stoß der Bewegung erzeugte, nicht auch weitere unmittelbare Folgen nach sich gezogen hätte. War die Planeten-Bildnng selbst die Folge einer im Gleich¬ gewichte der Sonnen-Atmosphäre eingctrctenen Störung, so konnte die fortgesetzte Störung dieses Gleichgewichtes auch keine anderen Folgen, als fortgesetzte Conglobirungen gehabt haben. Wo ein sich bildender Planet durch seine Fortbewegung leeren Raum 17 hinter sich zurückließ, da strömte die von selben nicht absorbirte Atmosphäre seiner Bildungs-Zone nach, und veranlaßte die Ent¬ stehung weiterer Himmelskörper. Jede Planeten-Bildung aber muß am regelmäßigsten vor sich gegangen sein, wenn der Ausgangspunkt der Bewegung des neuen Planeten entweder unmittelbar in der Axe des zukommen¬ den Atmosphären - Ringes oder aber zunächst derselben in einer zum ganzen Bildungsraume vcrhältnißinäßig kleinen Entfernung von derselben gewesen ist. Fand der Beginn der Bildung nicht in dieser angedeuteten Nähe Statt, sondern in größerer Entfernung von der Cylinder- Axe, oder gar in der Nähe der Seitcn-Oberfläche des Cylinders, so konnte die Planeten-Bildung selbst auch nicht so regelmäßig, wie im anderen Falle, vor sich gehen. In jenem mußte der nach seinem ersten Umlaufe am ursprüng¬ lichen Ausgangspunkte wieder angelangte Planet alle späteren Ge¬ bilde, welche auch nur auf seiner eigenen Bahn entstanden sein konnten, in sich anfnehmcn, und so allmälig bei den nachfolgenden Umläufen den ganzen znkominenden Atmosphären-Ring gleichsam absorbiren: wie dieß bei Mercur, Venus und Mars vielleicht der Fall war. Oder die späteren Bildungen blieben zwar besondere Körper, wurden aber in das Verhältnis; der Monde gebracht, welche mit selbstständigem Kreisläufe um den Hauptplaneten, dessen Wande¬ rungen um die Sonne zu folgen angewiesen sind: in der Weise, wie dieß bei der Erde, dem Jupiter, Saturn, Uranus rc. bezüglich ihrer Monde eingctreten ist. Im andern Falle, jenem der unregelmäßigen Bildung, mußte sich aber ein ganz anderer Erfolg ergeben. Der ferne vom Sonnen-Aequator L, Fig. IIU., und von der in selbem liegenden Axe R des Atmosphären - Cylinders 6, H, ö, I) entstandene Planet m erhielt, ans leicht erklärlichem Grunde, eine größere Neigung seiner UmlanfSbahn, als wenn er im Aequator ä, L entstanden wäre; die späteren Bildungen n, 2 18 o, p, q, r, welche nicht auf der gleichen Umlaufslime, sondern in anderen Punkten des Ringes entstanden waren, erhielten dem¬ nach jede eine andere Bahnneigung und eine andere Umlaufszcit um die Sonne; endlich konnte keine Vereinigung der im gleichen Ringe entstandenen mehreren kleinen Planeten erfolgen, weil die verschiedenen Bahnen gar keine Berührungspunkte hiefür darboten. So mußte der ganze Ring einer solchen unregelmäßigen Bildung gleichsam in Atome zerstäubt bleiben, und kein Planet desselben konnte eine größere Masse erhalten, als beiläufig jene, welche er im ersten Umlaufe um die Sonne zu erlangen im Stande war. Die Bildung der zahlreichen Asteroiden mit den so verschie¬ denen Bahnelemcnten, welche alle einem und demselben Bildungs- ringc angehören, dürfte wahrscheinlich hieher gehören. Diese letztere Vcrmuthung würde sehr bekräftiget werden, wenn es sich in der Folge zeigen sollte, daß jene dieser Asteroiden, welche eine minder geneigte Bahn haben, und welche daher im dichteren Theile der Sonnen-Atmosphäre entstanden sind, eine größere Masse besitzen, als jene mit geneigteren Bahnen, welche sich in der specifisch leichteren Atmosphäre- bildeten. Es gehört durchaus nicht in den Bereich dieser Blätter, eine Hypothese über die Veranlassung der in der Region der Asteroiden von der allgemeinen Regelmäßigkeit der übrigen Planeten- Bildungen herrschenden Anomalie aufzustellen. Ja, es ist gar nicht nothwendig, eine besondere hiezu anzu¬ nehmen, da die vorstehende Bemerkung und Dasjenige, was wir über die Bildung der Erde später sagen werden, hiefür eine genügende Erklärung gibt. Wir werden jedoch im Verlaufe dieser Blätter sehen, daß cs nur eines und desselben Naturgesetzes bedurfte, sowohl, um die Mannigfaltigkeit der Formenbildungen auf der Erde, wie auch in den Himmelsräumen unseres Sonnensystems zu erklären. Wir haben hier noch eine Betrachtung über Bildungen in der Sonnen-Atmosphäre anzufügcn, welche zu den unregelmäßigen 19 gehören, und welche, wenn unsere aufgestellte Ansicht über die Planctcn-Bildungcn richtig ist, sogar noch größere Unregelmäßig¬ keit aufweisen müssen, als jene der Asteroiden. Es sei 6, 6, Fig. IV., die Hälfte der auf ihren Aequator senkrecht durchschnittenen Sonnen-Atmosphäre; 8 sei die Sonne, 6 und 6, 8 seien die äußerste Begrenzung der Atmosphären und 0, 8 der Aequator derselben. In Analogie mit den Beobachtungen, welche wir an der Atmosphäre der Erde machen, müssen wir auch annehmen, daß diese Sonnen-Atmosphäre in größerer Entfernung von der Sonne, also in den Richtungen von 8 gegen L und von 8 gegen und 6 allmülig von geringerer Dichte, und demnach in der Art schichten¬ förmig unterschieden gewesen sei, daß am Aequator 0, 8 und in größerer Nähe der Sonne auch die größere Dichte des Stoffes sich befand. Wenn wir uns nun ini Aequator mehrere Punkte, wie m n, o, p, q und r, in verschiedener Entfernung von der Sonne denken, so ist es klar, daß m sich in einer verhältnißmäßig dich¬ teren Atmosphäre und n, o, p, g und r in einer successive minder dichten sich befinden müsse. Wären diese Punkte m, n, c>, p, q und r die Ausgangs¬ punkte von eben so vieler Planeten-Bildungen und die um selbe in Fig. V. gezogenen Elypsen, die Durchschnitte der diesen Bil¬ dungen (nach Fig. VI.) zukommendcn Atmosphären-Ringe, so ersehen wir auch, daß die Stoffe, aus welchen die verschiedenen Planeten entstanden, eine große Verschiedenheit hatten. Jener, aus welchen die entfernteren Planeten sich bildeten, war an sich unverhältnißmäßig minder dicht, als der Stoff, aus welchem die der Sonne näheren entstanden. Aber auch in jedem einzelnen Bildnngsringe war im Aequator desselben (im Aequator der Sonnen-Atmosphäre) eine größere Dichte vorhanden, als in den von diesem Aequator entfernteren und gegen die äußersten Grenzlinien der Sonnen-Atmosphäre 6 und 6, 6 liegenden Schichten. 2* 20 Sonach bestand eine doppelt abnehmende Scala der Dichte in der Sonnen-Atmosphäre, welche auf die Bildung der Planeten und bezüglich auch auf deren spccifischc Schwere ihren Einfluß ausüben mußte. Wir finden diesen Einfluß, soweit die Berech¬ nungen gegenwärtig reichen, bei allen älteren Planeten vorhanden, indem dieselben in ihren verschiedenen Entfernungen von der Sonne eine hinlängliche Regelmäßigkeit aufweisen. Ob die Asteroiden sich diesem Gesetze fügen, und ob nament¬ lich jene mit geneigteren Bahnen keine bedeutenden Anomalien aufweisen werden, wird die Zukunft zeigen, wenn hiezu ihre Berechnungen ausreichcn werden. Kehren wir wieder zu unseren Figuren IV. und V. zurück, so sehen wir, daß nach Bildung der Planeten m, n, o, p, q und r noch eine große Masse Sonnen-Atmosphäre übrig blieb, welche, wie uns diese Figuren zeigen, ganz ans dem Bereiche der Planeten- Bildungen geblieben ist. Diese Masse bestand größtentheils aus den äußeren, minder dichten Schichten der Sonnen-Atmosphäre, und nur in den Zwischenräumen a, s, a, » der verschiedenen Bildungsringe der Planeten aus dem dichteren Aequatorial - Stoffe derselben. Daß auch aus dieser Masse Himmelskörper gebildet wurden, dürfte kaum zu bezweifeln sein. Aber diese Bildungen konnten im Allgemeinen keine regelmäßigen werden, und selbst im Bezüge auf das über die unregelmäßigen Bildungen von uns bereits Erwähnte, mußten dieselben noch sehr bedeutende Unterschiede aufweisen. Nur in den Zwischenräumen a, u der Planetcnringe konnten selbstständige kleine Planeten, Asteroiden oder Acroliten-Schwärme mit mehr oder weniger geneigten Bahnen entstanden sein. In den vom Aequator der Sonnen-Atmosphäre entfern¬ teren Schichten (b) jedoch, deren geringere Dichte wir angedcutet haben, können nur Himmelskörper von sehr geringer Dichte und dabei nur mit Bahnen entstanden sein, deren Neigungen jene der Planeten und der Asteroiden bei Weitem übertrafen. 21 Daß wir hierunter nur die Kometen, mit ihren im Allgemeinen so verschiedenen und veränderlichen Formen und Bahnen meinen, braucht wohl in einer Zeit nicht näher angedcutet zu werden, welche kürzlich erst Gelegenheit hatte, einige der auffallendsten Erscheinungen dieser einst so gefürchteten und jetzt für so harmlos erkannten rätselhaften Himmelskörper durch den Anblick kennen zn lernen. Ist alles Dasjenige, was wir über die Bildungen von Körpern in unserem Sonnensysteme gesagt haben, nur einiger¬ maßen richtig, so würde die abenteuerliche Hypothese der Zer¬ sprengung eines großen Planeten, zur Bildung jener Cohortc kleiner Planeten oder Asteroiden von selbst entfallen, die zum Ruhme der Wissenschaft, in neuester Zeit entdeckt und in das Plancten- Systcm unserer Sonne eingcführt worden sind, da, wo früher eine Lücke nachgewiesen wurde. Auch würden wir eine gegründete Hoffnung erlangen zwischen Jupiter uud Saturu, und überhaupt zwischen allen älteren Planeten noch neue Asteroiden, sowie zwischen Mars und Erde zn entdecken; wir dürften hoffen, die Räthscl der Aeroliten-Schwärme zu lösen; endlich würde eine ganz einfache Ansicht über die Ringe des Saturns ausgestellt werden können, auf welche wir später zurückkommen wollen. Ehe wir von diesem Fragmente scheiden, sei noch die Be¬ merkung erlaubt: daß ein so großartiges und gewaltiges Ereigniß, wie die Bildung der so zahlreichen Mitglieder unseres Plancten- Systemes ans der Sonnen-Atmosphäre cs gewiß iu jeder Beziehung ist: schon beim Beginne dieser Bildungen, nicht ohne bedeutenden Störungen in der Schichten-Anordnung, und nament¬ lich in dem früher bestandenen Dichten-Verhältnisse dieser Schichten, vor sich gegangen sein könne. Solcherweise wurden jene schon ursprünglichen Störungen in der Sonnen-Atmosphäre, welche zu Planeten-Bildungen rc. Veranlassung gaben, durch diese Bildungen noch bedeutend ge¬ steigert. Es mußten Ueberwerfungen und Ortsveränderungcn aller Art in den Bestandtheilen der Sonnen-Atmosphäre eintreten, 22 welche cs mit sich bringen, daß zur Zeit der Planeten-Bildung die beiden durch den Sonnen - Aequator gcthcilten Hälften dieser Atmosphäre nicht mehr als vollkommen gleichartig angesehen werden können. Diese Unglcichartigkeit der Schichteu-Auordnung und des Stoffes, aus welchem sich die Planeten bildeten, dürfte aber, wie wir später näher andcuten werden, nicht ganz ohne Einfluß auf die ungleiche Verthcilung der festen und flüssigen Bestandtheilc nnd ihrer Formen geblieben sein, welche wir in den beiden, durch den Erdäquator getrennten Hälften der Erd¬ kugel sehr wohl beobachten. Viertes Fragment. Folgen des ursprünglich feuerflüsslgen Zustandes der Erde auf die erste Ablagerung ihrer Sestandtheile. Nach der vorgesendetcn zweiten astronomischen Hypothese, welche vom jetzigen Stande der Wissenschaft als unumstößlich angenommen wird, war die Erde beim Beginne ihrer Bildung im feuerslüssigcn Zustande. In Folge dieser Annahme muß der Hitze-Grad der Erde, während der Dauer dieses ganz feuerflüssigen Zustandes, ein ganz außerordentlich hoher gewesen sein, und wir können denselben annährcnd aus den pyrometrischen Graden beurthcilen, welchen die bis jetzt bekannten Schmelzversnchc einiger Erd - und Stein¬ arten unserer gegenwärtigen Erdoberfläche gegen die Sicdhitze des Wassers nachweisen. Dieser ganz feuerflüssige Zustand der Erde mußte cs auch mit sich bringen, daß die Bestandtheile derselben, welche bekanntlich eine sehr verschiedene spccifischc Schwere besitzen, nach Maßgabe dieser Unterschiede, näher oder entfernter vom allgemeinen Anzie- hungs- oder Mittelpunkte des Spheroiden abgelagert wurden, als welchen wir uns die sich bildende Erde vorstcllcn müssen. Mit Hinblick auf die Rotation der Erde uni ihre Axe mußten gleichsam concentrische Kugclschalen entstehen, deren dichtesten und specifisch-schwersten zunächst dem Mittelpunkte, die mindest dichten und specifisch-lcichtesten aber zunächst der Peripherie derselben zu liegen kamen. Es ist dieß die natürliche Folge der Vorstellung eines ganz fenerflüssigcn Körpers, mit selbstständiger Bewegung oder Rotation um die eigene Axe, dessen Bestandtheile in Bezug auf Schwere und Wärme - Capacität wesentliche Unterschiede zeigen. 24 Daß eine und dieselbe Kugclschale, oder daß die Lager- schichtcn von gleichen Entfernungen vom Mittelpunkte der Erde, sehr verschiedene Bestandtheilc enthalten konnten, bedarf insofcrne keiner Erläuterung, als bekanntlich die ungleichen Stoffe, aus welchen die Erde besteht, sehr häufig eine und dieselbe, oder eine beinahe ganz gleiche specifische Schwere besitzen. Weil jedoch nach den Grundsätzen der Physik, die Wärme- Lcitungsfähigkeit der Körper mit der spccifischen Schwere oder mit der Dichte derselben, höchst selten in gleichem Verhältnisse steht, so kamen während dem Bildungs-Prozesse der Erde im feuer- flüssigen Zustande, gute und schlechte Wärmeleiter neben einander zu stehen. Denn es lagerten sich, wie gesagt, die Stoffe einzig nach ihrer relativen spccifischen Schwere näher oder ferner vom Mittelpunkte der Erde ab, nicht aber nach der hiebei gar nicht maßgebenden größeren oder geringeren Wärmc-Lei tu n g ssä h ig- keit derselben. So kam z. B. Gold neben Platin, Blei neben Silber, Wismuth und Eisen neben Zinn und Zink zu liegen, welche die beinahe gleiche specifische Schwere aufweiscn. Und dieses augcdcutcte Lagcrungs - Vcrhältniß mußte nicht nur in den großen Tiefen mit den genannten nnd mit den noch unbekannten, daselbst verborgenen und wahrscheinlich noch viel schwerem Metalle des Erdkernes stattfindcn, sondern überall, in allen Entfernungen vom allgemeinen Schwerpunkte der werdenden Kugel, und daher auch auf jenen obersten Schichten, welche wir die Erdrinde nennen, cintreten. Um dieß durch Ziffern recht anschaulich zu machen, wurde die folgende Tabelle zusammengcstellt, in welcher bezüglich der spccifischen Schwere, der Wärmc-Leitungsfähigkeit, der Schmelz¬ barkeit nnd der Ausdehnung in der Wärme einiger bekannter Körper, die Ergebnisse der neuesten und nach dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft verläßlichsten Versuche angegeben werden. 25 Tabelle. Anmerkung: VV. bedeutet Wedgewod'scher Pyrometer. 0. „ Deprez. Diese Tabelle zeigt uns in ihrer ersten Colonnc die Stufen- folge der Schwere einiger, in dieser Beziehung mit großer Ver¬ läßlichkeit untersuchten Stoffe und daher die Seala ihrer gegen¬ seitigen Ueberlagerung. Die zweite Colonne gibt uns die Wärme-Leitungsfähigkeit der in dieser Beziehung bis jetzt leider nur wenig zahlreich gemach- 26 ten Wahrnehmungen an diesen Stoffen, und zeigt uns eine sehr wesentlich verschiedene Scala gegen jene der ersten Colonne. Die dritte Colonnc erweist, ihrer lückenhaften Unvollständig¬ keit ungeachtet, doch die gleiche Thatsachc an den genannten Stoffen. In der vierten Colonne endlich ersehen wir das bis jetzt leider auch noch wenig beachtete Verhalten dieser Stoffe bei gleichen Wärme-Unterschieden, und auch hier erblicken wir eine Scala, welche mit den beiden früheren gar keine Aehnlichkeit hat. Vergleichen wir diese vier Scalen mit einander, so sehen wir schon auf den ersten Blick, daß die regelmäßige Lagerung der Stoffe nach deren specifischen Gewichte nur insolange andauern konnte, als die Wärme-Verhältnisse derselben die gleichen blieben. Denn bei allmälig abnehmender Wärme auf der Erde mußte nach diesen Andeutungen unserer Tabelle bei den verschiedenen Stoffen eine sehr verschiedene Abnahme des Volumens derselben erfolgen, und hiedurch jene Erscheinungen hcrbeigeführt werden, welche wir gleich näher schildern wollen. Fünftes Fragment. Einfluß -rr Sewcguug der Erde im kalten Welträume, ans ihren Warme- und Volumens - Verlust. „Die Ursache der Abnahme der Erdwärme ist die Bewe¬ gung der Erde im kalten Welträume." Ehe wir ordnungsmäßig zu Punkt 3 und 4 unserer astro¬ nomischen Hypothesen übergehen, müssen wir hier einige Betrach¬ tungen über die Abnahme der Erdwärme vorausscnden, da diese mit den Phänomenen der Volumens-Verminderung wie Ursache und Wirkung so auf's innigste verbunden ist, daß letztere ohne erstere gar nicht gedacht werden können. Diese Voraussendung wird daher wesentlich zur Klarheit unserer Ansichten über Volumens- Verminderung, und über die damit eng verknüpften anderen Erscheinungen auf der Erde beitragen, da immer aus erklärten Ursachen sehr leicht die Schlußfolgere abgeleitet werden können. Angenommen daher, daß die Bewegung der Erde iin kalten Welträume die Ursache der Abnahme der Erdwärme sei, so müssen wir vor Allem auch annehmen: daß der kalte Weltraum, in welchem die Erde ihre Laufbahn um die Sonne noch gegenwärtig vollbringt, zu allen Zeiten von gleicher Temperatur gewesen sei. Jnsoferne wäre dessen Einwirkung auf die Abkühlung der Erde, auch als eine der Zeit ihrer Bewegung in derselben ganz ver- hältnißmäßige, zu denken. Nachdem uns jedoch bekannt ist, daß alle Körper bei höher« Wärme-Graden mehr Wärme ausstrahlen, als bei niedrigeren, und da wir zugleich wissen, daß größere Wärme-Grade die Körper verhältnißmäßig auch stärker ausdehnen, als niedrigere; so ersehen wir hieraus leicht, daß der Wärme-Verlust der Erde, mit der Zeit ihres Bestandes, keineswegs in gleichem Verhältnisse vor sich 28 gehen konnte; daß vielmehr selbe in der Urzeit viel bedeutender als in späteren Zeitcpochcn gewesen sein mußte. Der Wärme- Grad, welchen die Erde in der Urzeit hatte, in jener Epoche ihres Bestandes, in welcher der Granit noch flüssig war, brachte cs nämlich mit sich, daß das Volumen der ganzen Erde ein größeres sein mußte, als in späteren Epochen: in jenen, in welchen ein bedeutender Thcil der ursprünglichen großen Wärme, bereits an den kalten Weltraum abgegeben worden war. Bei größerem Volumen und bei daher größerer Oberfläche mußte aber eine vcrhältnißmäßig größere Wärme-Ausstrahlung als in der gleichen Zeit, bei später vermindertem Volumen und bei verminderter Oberfläche stattsindcn. Denn die Ausdehnung der Oberfläche, welche mit dem stets gleich kaltem Welträume in Berührung sich befindet, muß als in einem gleichen Verhältnisse, mit dem aus dieser Berührung hervor- gehenden Wärme-Verluste stehend, gedacht werden. Somit waren in der Urzeit zwei Elemente vorhanden, welche eine vcrhältnißmäßig größere Wärme-Abnahme der Erde als später veranlaßten; nämlich der größere Hitze-Grad der Kugel, welche an und für sich eine stärkere Wärme-Ausstrahlung herbeiführte, als bei später verminderter Wärme; dann das größere Volumen oder die größere Berührungsfläche der Erdkugel mit dem kalten Welträume. Es ist hiebei in der Natur der Sache gelegen, daß die Abkühlung der Erde, an den mit dem kalten Welträume in nächster Berührung stehenden höchsten Schichten ihrer Atmosphäre beginnen, von diesen successivc ans die tieferen Lagen derselben und dann erst ans die feuerflüssige Kugel übergehen mußte. Bei der feuer- flüssigen Kugel selbst, konnte die Abkühlung keinen andern als diesen gleichen Weg beobachten, und von der Oberfläche nach dem Innern fortschreiteu. So war es also die Atmosphäre der Erde, mit ihrem ganzen ursprünglichen Gehalte von Stoffen, welche jetzt feste Körper geworden sind, oder die nun in den Meeres-Gewässern aufgelöst 29 sich befinden, welche zuerst und verhältnißmäßig viel schneller als jene Bestandteile abgekühlt wurden, welche bei der ersten Bildung von der Peripherie entfernter abgelagert wurden, und welche die damals oberste, jetzt feste Schichte der Erde gebildet haben. So dürfte die Atmosphäre eine sehr lange Zeitepoche des Kampfes bestanden haben, ehe cs ihr gelang, ihre Gewässer auf der Erdoberfläche abzulagern, und wir dürfen uns vorstellcn: daß die Atmosphäre bis zu dieser Zeitepoche einen hochschwebendcn dichten Dunstkreis um die ganze Erde bildete, welcher derselben den Anblick der Sonne, des Mondes und überhaupt des ganzen Firmamentes verwehrte. Als die Abkühlung der Erde beim Beginne jener Periode ihrer Bildung, welche wir die Ucbergangs-Periode nannten, so weit fortgeschritten war, daß die Festbildung des scucrflüssigen Granits und so auch jene der andern Felsartcn beginnen konnte, gestalteten sich diese Festbildungen zu wahren Hindernissen der fernem regelmäßigen Wärme-Ausstrahlung der Erdkugel. Denn bekanntlich sind Fels- und Erdartcn, im Vergleiche mit den Metallen, sehr schlechte Leiter, und nachdem diese vermöge ihrer größeren Dichte von jenen überlagert wurden, so mußten sie durch die Erhärtung der Fclsschichtcn auch an der Wärme-Ausstrahlung bedeutend verhindert werden. Ja, wir müssen ein Maß der Mächtigkeit aunchmen, bei welcher die Felsschichten der Erdoberfläche, welche, wie gesagt, im Vergleiche mit Metallen als schlechte Leiter anzusehen sind, die Wärme des Innern der Erde nicht mehr an die Atmosphäre gelangen lassen. Wie bei Wasser - Leituugsröhren der Durchmesser derselben in einem nicht zu überschreitenden Verhältnisse zu deren Länge stehen muß: damit der Luftdruck und die Reibung des Wassers an den Wänden der Röhren den Ausfluß nicht hindere, ebenso muß auch zwischen der strahlenden Wärme einer Kugel und dem Widerstande, welchen eine steinerne Hülle der Wärme-Ausstrah¬ lung entgegensetzt, ein festes Vcrhältniß bestehen. Wir kennen 30 zwar dieses Verhältnis nicht, müssen aber nach Punkt 5 der astronomischen Hypothese annchmcn, daß seit dem Beginne der historischen Zeit, welche nun schon Jahrtausende zählt, die Mäch¬ tigkeit der felsigen Erdoberfläche bereits die Größe dieses Verhält¬ nisses erreicht habe, oder selben doch so nahe gekommen sei: daß die Erwärmung der Erdoberfläche durch die Sonue der innern Ausstrahlung der Erde nahezu das Gleichgewicht halte. Uud weil das organische Leben an eine solche Temperatur der Luft an ihrer untersten Schichte gebunden ist, in welcher das thierische Eiweiß nicht gerinnt, so kann anch in der vorhistorischen Schöpfungszeit, von welcher wir zahlreiche versteinerte, ehemals lebende Geschlechter kennen, keine bedeutend höhere Temperatur als die gegenwärtige unserer Tropen geherrscht haben. Denn obwohl die mittlere Jahres-Temperatur des Erdbodens daselbst 22° Rcaumur nicht übersteigt, so erglüht doch der Boden im Sommer häufig bis zu 48 und 50° Rcaumur, bei welchen Pflanzen und Thiere nicht mehr gedeihen, weil sie nahezu das Gerinnen des Eiweißes hervorbringen. Sonach kann auch in der ganzen Schöpfungszeit keine größere Abnahme der Erdwärmc an der Oberfläche als von höchstens 10 bis 15 Grade stattgcfundcn haben, während sie in der Uebcr- gangszeit von nahe an 1000 Graden anfänglicher Hitze bis unter jene 80 Grade, welche bei Annäherung der Schöpfungszcit herrsch¬ ten, abgenommcn haben muß. Die Wärme-Ausstrahlung der Erde erfolgte, in Ueberein- stimmung mit dem bekannten physikalischen Gesetze, nicht an allen Thcilen ihrer Oberfläche gleichmäßig, sondern, wie wir bereits bemerkt haben, insoferne sehr ungleich, als gute oder schlechte Wärmeleiter auf denselben nebeneinander abgelagert waren, oder als die Lager der verschiedenartigen Wärmeleiter in größere oder- geringere Tiefen hinabreichtcn. Demnach war auch die Abnahme der Wärme auf der Erd¬ oberfläche, welche von der Wärme-Leitungsfähigkeit ihrer Bestand- theile abhängt, nicht an allen Punkten derselben die gleiche, wodurch 31 sowohl auf der Erdoberfläche selbst, wie auch in größeren Tiefen die Festbildungcn einen sehr ungleichen Schritt eingehalten haben müssen. An jenen Stellen der Schichten, wo gute Wärmeleiter die Ausstrahlung der inneren Hitze begünstigten, erhärteten die schlechten Wärmeleiter bei ihrer Berührung mit dem kalten Welt¬ räume oder mit bereits erkalteten Schichten früher als die guten. Diese hingegen wurden durch das heftigere Zuströmen der Wärme aus dem Innern der Erde nach jenen Punkten der Oberfläche, welche die Wärme-Ausstrahlung beförderten, länger flüssig erhalten. Und so muß auch vor gänzlicher Erstarrung der Erdoberfläche eine Ueberlagerung von festen, halbfesten und von noch ganz flüs¬ sigen Theileu auf derselben stattgefunden haben, wie wir es durch Fig. VIl. darzustellen versuchten. Das gleiche Verhültniß des Verhaltens der verschiedenen Erdbestandtheilcn bei ihrer Erstar¬ rung dürfte in allen Tiefen stattgefuudcn haben, und als ein constantcs Gesetz angenommen werden können. Hiebei versteht es sich von selbst, daß die noch flüssigen Theile der einzelnen Schichten in Folge des aus selbe von Oben geübten Druckes alle erreich¬ baren leeren Räume der anliegenden Fcstbildungm ausfüllten. Solcherweise wurden Erzgänge das nesterweise Vorkommen gewisser Mineralien und die innige Verbindung von solchen zu Stande gebracht, welche vermög specifischer Schwere, Schmelzbarkeit und Wärme-Leitnngsvermögen weit getrennte Lagerstätten haben sollten. Die Bildung von Salzlagern im Innern der Erde findet hiedurch eine leichte Erklärung, da das Eindringen der salzigen Wässer der Meere in die Risse und Klüfte der noch heißen Erd¬ schichten einen Verdampfungs-Prozeß zur Folge haben mußte, in welchen die Wässer gezwungen wurden, ihren Gehalt an Salzen und an andern festen Stoffen, bis zur völligen Ausfüllung der Klüfte und Risse, daselbst zurückzulassen. Dahingegen bildet die Hypothese einer Eiszeit, welche in neuester Zeit durch Agassiz und dessen Jünger zur Erklärung gewisser Vorkommnisse auf der Erdoberfläche aufgestellt wurde, eine so große Anomalie im constauten Gesetze der Erdauskühlung, daß wir dafür keine Begründung zu finden vermögen. 32 Diese Eiszeit müßte jedenfalls in der vorhistorischen Zeit aus¬ getreten sein, welche jedoch heißer als die historische war; anderer¬ seits bedingt sie zugleich eine späther eingetretene Wiedcrzunahme der Wärme der Erde zu ihrer Beendigung, wofür jedoch kein Grund ersehen, und die daher auch nach gänzlich unerwiescncn Hypothesen nicht leicht begriffen werden kann. Vermeintliche Eisschliffe der Felsen, selbst in größten Höhen, können bei genauer Untersuchung als Wasserschliffc einstiger Ströme erkannt werden *), und für den Transport erotischer Blöcke, selbst in weiteste Fernen von ihren ursprünglichen Lagern, genügen wahrlich jene bewegenden Kräfte, über welche wir uns in diesen Fragmenten, als den Bildnerincn aller Formen der Gegenwart, näher verbreiten. Durch die ungleiche Erhärtung uebcnliegeudcr Thcile einer und derselben Schichte mußte nach Verschiedenheit der Physika¬ lischen Beschaffenheit dieser Theile auch das gleiche Niveau der¬ selben gestört werden. Entweder wurde der schlechte Wärmeleiter in größere Tiefe hinabgedrückt und vom besseren, noch flüssigeren Wärmeleiter überdeckt; oder aber umgekehrt, der schlechte Wärme¬ leiter wurde gleichsam schwimmend gehoben und dann vom guten Wärmeleiter an seinen Grundlagen wieder unterspült. In jedem Falle aber entstanden Unebenheiten und mehr oder minder bedeutende Höhen-Unterschiede in den einzelnen Schichten, welche vielleicht mit den jetzigen Eisbergen der Polarmcere ver¬ glichen werden können, und welche jedenfalls bei gänzlicher Erhär¬ tung dieser Schichten konstant verblieben. So war Höhe und Tiefe schon im Urbcginne der Festbildungen der Erde ein Charakter¬ zug derselben, und so darf es uns nicht Wunder nehmen, daß derselbe bei weiterer Entwicklung der Schichten-Erstarrung unserer Erdoberfläche die bedeutenden Dimensionen der Gegenwart ange¬ nommen hat, von 24.000 und mehr Wiener Fuß. *) Es verdient in dieser Beziehung ein Artikel der Blätter für Krain vom I. 1861, unter dem Titel: „Die vorhistorischen Seen Oberkrain's und die Wasserschlifse der Save," nähere Berücksichtigung, da in demselben sehr genaue Beobachtungen angegeben sind. —— Sechstes Fragment. Nähere Bestimmung des Wurme- und des Vslumens- Verlnstes der Grde. Das Prinzip, welches bei Verminderung des Volumens der Erde und der Ausmaße ihrer Axe und ihres Aequator - Durch¬ messers vorwaltete, kann kein anderes gewesen sein, als jenes Gesetz, nach welchem die verschiedenen Körper, ans welchen die Erde zusammengesetzt ist, sich bei Abnahme ihrer Wärme verhalten. Wenn wir auch dieses Gesetz noch sehr wenig kennen, so geht doch ans den Bemerkungen, welche wir über den Wärme- Verlust der Erde, in ihren früheren Zeitepochen, so eben gemacht haben, hervor: daß auch die Verminderung des Volumens der¬ selben, und so auch jene der zwei eben genannten und mit dem Volumen eng verbundenen Masse, in der Urzeit und im Anfänge der Ucbergangszeit, verhaltnißmäßig viel bedeutender als in der Folge gewesen sein müsse. Denn es findet auch hier die Be¬ merkung Anwendung, welche wir über die Abnahme der Wärme in den ersten Zeitepochen des Bestandes der Erde gemacht haben: daß die größeren Wärme-Grade ein größeres Volumen, und dieses einen größeren Wärme-Verlust, durch die größere Berührungs¬ fläche mit dem kalten Welträume, nothwendigerweise bedingen: daß ferner, Wärme-Verlust und Volumen-Veränderung niemals gleichen Schritt mit der Zeit gingen, und daß vielmehr erstere schon vom Anfänge des Erdbestandes an unregelmäßig, aber nach dem Fortschritte der Zeit, doch im Allgemeinen verhaltnißmäßig stets kleiner werden mußten. Als bei Annäherung der Schöpfungszeit, der Granit und andere Felsarten bereits erhärtet waren, mußten jedoch Volumen, Axe und Aequators-Durchmesser der Erde, bereits auf ihre gegen- 3 34 wärtigen Dimensionen herabgelangt sein, da bekanntlich der feste Granit nicht dichter als der flüssige ist, obwohl zwischen beiden ein Wärme-Unterschied von 1000 Graden liegt. Demnach konnten auch die theilweise aus flüssigem und theil- wcise aus schon erhärtetem Granite, oder aus ähnlichen krystalli- nischen Fclsarten, bestehende oberste Schichte der damaligen Erd¬ oberfläche, nicht ausgedehnter als zn jener Zeit gewesen sein, in welcher die Erhärtung der Erdoberfläche bereits an allen Orten derselben erfolgt war. In der Schöpfungszeit selbst kann die Abnahme des Volumens der Erde nur mehr als sehr gering angenommen werden, da, wie wir bereits erwähnt haben, die Wärme-Abnahme derselben, von welcher das jeweilige Volumen abhängt, in dieser Zeit ebenfalls nur sehr gering gewesen ist. Die höchste Temperatur, bei welcher ein organisches Leben noch gedacht werden kann, erreicht in keinem Falle 75" Rcaumur, bei welcher alles animalische Eiweiß gerinnt, und bei welcher auf einer Höhe von ungefähr 5400 Fuß, also schon auf dem Schnecbcrge bei Wieu, das reine Wasser den Sicdpunkt erreicht. Würden aber selbst diese 75" R. als die Temperatur angenommen werden, welche zu Anfang der SchöpfungS- zcit in den jetzigen gemüßigten Zonen der Erde im Sommer ge¬ herrscht hat, so würde für die ganze Wärme-Abnahme derselben, in der laugen vorhistorischen Zeit, nicht mehr als 45" R. betragen haben, da man mit der Gegenwart analog, die Sommer-Wärme um 28 bis 30" höher als die mittlere Jahrcswärme annehmen muß. Im Verhältnisse zu dieser Temperatur würden die Fels- bestandthcilc der Erdoberfläche, so viel sie uns bekannt sind, nur um (^sooo) ^'2000, und die Erde im Mittel, mit Berücksichti¬ gung ihrer Dichte linear, an ihre Axe, und am Aequators- Durchmesscr nur um V«««« oder gar nur nm sich zu- sammcngczogen haben. Bei den bekannten Dimensionen dieser 2 Linien mit 1713 und 1719 deutschen Meilen, und respective von 856'/, und 859'/, für deren Hälften, würden also, selbst unter Annahme einer 35 Temperatur der Erde von 75° R. bei Beginn der Schöpfung diese Masse nur uni oder höchstens V, Einer deutschen Meile, oder 400, höchstens 800 Klafter größer, als gegenwärtig gewesen sein. Wenn wir diese geringe Verminderung der Dimensionen der Erde, auf die vielen Jahrtausende vcrtheilcn, welche seit Beginn der Schöpfnngszeit, bis zum viel kürzeren historischen Abschnitte derselben, nothwcudig verflossen sein müssen, so erscheint uns die¬ selbe jedenfalls als sehr unbedeutend, ja als ganz verschwindend klein. Wir vermögen d a h e r uicht, dieselbe als die Veranlassung größerer Erdbewegungen anzu- s e h e n. Und doch fallen gerade in die Schöpfungs¬ zeit, in welcher eine bei 800 bis 1000 Grad Wärme-Unterschied sich fast nicht mehr zusam¬ menziehende Erdoberfläche schon gebildet war alle jene für das organische Leben nnd die für die jetzige Ober fläch en-Bildung der Erde so wichtigen Veränderungen, deren Spuren wir ge¬ genwärtig auf derselben beobachten. Denn in diese Zeit fällt die größte Thütigkcit der Vulkane, welche mit fcucrflüssigen Materialien belebte Erdstriche überzogen und zerstörten; die Bil¬ dung der Gebirgsketten und Hochplateaux; die häufigen Begrcn- zungs - Aendernugen der Meere; die theilweise noch unmeßbarcn Vertiefungen derselben; und endlich die Trockenlegung aller jetzigen Contiuentc und Inseln; mit einem Worte: die Bildung aller jenen Formen und Stoff-Verhältnisse der Erde, welche für die organische Schöpfung nnd für ihre jetzige herrliche Entfaltung so werthvoll geworden find. Nachdem zur Erklärung aller dieser Phänomene, die einfache Einwirkung der unbedeutenden Wärme-Abnahme und die eben- erwähnte geringe Volumens - Verminderung der Erde, welche sie seit der Annäherung der Schöpfnngszeit, und in der sehr langen vorhistorischen Epoche derselben erlitten hat, nicht mehr genügt; 3-,- 36 so müssen wir jetzt die Bcstandtheilc der Erdoberfläche selbst, und jene der darunter liegenden Schichten näher untersuchen, um in selben die Elemente der Erdbewegungen zu entdecken, welche in der Schöpfnngszcit so mächtig thätig waren. Denn nur in diesen unteren Schichten der Erdoberfläche, und in dem nockfi seuerflüssigen Innern der Erde selbst, können die Veranlassungen liegen und gesucht werden, welche alle genannten Erschei¬ nungen h erv o r g ebrach t haben. Wir finden diese Veranlassungen vor unseren Augen liegend, in der Verschiedenheit der Bestandthcile, aus welchen die einzelnen Schichten der Erde gebildet sind, und deren ursprüngliche Abla¬ gerung, wie wir im ersten Fragmente erwähnt haben, nach Verhältniß der größeren oder geringeren Dichte, näher oder ent¬ fernter vom Mittelpunkte der Erde erfolgte. Dem Menschen ist es zwar nicht vergönnt, mit seinen Blicken tief unter jene oberste Kruste der Erde zu dringen, welche ihm als sein fester Wohnsitz angewiesen wurde; den Forschungen seines Geistes jedoch, die der Unterstützung des materiellen Auges nicht immer bedürfen, ist es möglich, aus jener Kenntniß der Naturgesetze, welche er durch verläßliche Beobachtung erlangt hat, auch Ergänzungen oder Erweiterungen derselben abzuleitcn, und diese mit den bekannten Naturgesetzen und mit ihrer steten, so bewunderungswürdigen Einfachheit, in Einklang zn bringen. Siebentes Fragment. Ursache» der Niveau-Unterschiede auf der Erdoderstäche. Die Hohlräume im Innern der Erde. Wenn wir unsere Forschung nach den tieferen Schichten der Erdoberfläche, und nach dem feuerflüssigen Innern derselben richten, so finden wir zur Erklärung der oberwähnten Erschei¬ nungen, schon in der Verschiedenheit der Bestandtheile, ans welchen die einzelnen Schichten der Erde gebildet sind, und über deren ursprüngliche Ablagerung wir im ersten Fragmente des Näheren Erwähnung gemacht haben, genügende Anhaltspunkte. Wir wissen nämlich, daß die Ablagerung der verschiedenen Materialien, aus welchen die Erde gebildet wurde, nach Ber- hältniß ihrer specifischen Schwere, näher oder entfernter vom Mittelpunkte derselben erfolgte. Es lagerten sich ursprünglich die Metalle in größeren Tiefen der Erde, als die Fels- und Erdarten, und so lagen unter jenen Schichten der Erde, welche eine geringere Ausdehnbarkeit in der Wärme besitzen, andere Schichten, deren Ausdehnbarkeit, unter gleichen Verhältnissen, eine viel bedeutendere ist. Es war die natürliche Folge dieser sogestaltetcn ungleichartigen Ablagerung der Schichten, daß bei der" Wärme - Abnahme auf der Erde, die unteren Schichten mehr zusammengezogen wurden, als die oberen, und daß demnach Trennungen zwischen denselben entstehen mußten, so wie wir sie täglich beobachten können, wenn z. B. Metall in Glas zu einem Körper zusammeugcschmolzen wird. Diese Trennungen der sich überlagernden Schichten, können bei größerer Ausdehnung derselben sich nicht erhalten, und es müssen die oberen, entweder allmälig ans die tieferen sich hcrab- senken, oder dieselben stürzen plötzlich auf dieselben herab, im 38 Augenblicke nämlich, wenn die Trennnng größer als die Trag¬ fähigkeit der oberen Schichten wird. Nun war aber die Erde zur Zeit ihrer Uebergangs-Periode, in welcher diese Erhärtung der Schichten erfolgte, an der Ober¬ fläche von einer Temperatur, welche die gegenwärtige, mindestens um 1000 Grade des Wedgewod'schen Pyrometers übertraf. Demnach müssen auch diese in Rede stehenden Schichtcn- Trcnnungen, damals keineswegs sehr unbedeutend, und jedenfalls in Summe mindestens 4 bis 5 Mal größer, als jene Dimen¬ sionen gewesen sein, welche wir für die tieferen Temperaturen, als Verhältnißzahlcn des Celsius-Tcrmometcrs, für die verschie¬ denen Mineralien der Erde kennen. Herrscht nun schon in diesen Ziffern, zwischen Stein und Metall, im Minimum ein Unterschied von 1 zu 2, so muß dieser Unterschied, in den so viel höheren Temperaturen, mindestens wie 1 zu 5 angenommen werden. Dieses Nerhältniß mußte aber in der Schöpfungszeit, im feucrflüssigcn Innern der Erde bestanden haben, und reicht daher selbst in jenen Fällen aus, als man mit Berücksichtigung des Volumens der Erde von 2660 Millionen Cnbik-Meilen und der Dichte von 5 Mal jener des Wassers, nur 350 Meilen des Erdhalbmcsscrs, als den Halbmesser, der im Innern der Erde, noch im seuerflüssigcn Zustande befindlichen, ganz metallischen Kugel annehmen wollte, um das Minimum der Summe dieser innern Schichten-Trennungen, mit 1000 Klafter bei dem fel¬ sigen und mit 2800 Klafter bei dem metalli¬ schen T heile der Erde, also'zusammen mit 3800 Klafter festzusetzen. Diese Ziffer ist aber den höchsten Höhen der Erde nahezu gleich und genügt daher vollkommen, um nicht nur diese Höhen, sondern auch die durchschnittlich größten Tiefen des Ocenns zu erklären, die wir kennen oder vermnthcn. Außer diesen Schichten-Trennungen, deren Vorkommen im Allgemeinen als parallel znr Erdoberfläche anzunehmen ist, können jedoch auch jene Trennungen berücksichtiget werden, welche in jeder 39 besonder« Schichte der Erde, durch Nebenlagerung verschieden¬ artiger Wärmeleiter, durch die Abkühlung und Erhärtung der¬ selben entstanden sein müssen. Denn auch hier herrschen die nämlichen physikalischen Gesetze, zwischen den verschiedenartigen Bestandtheilen einer und derselben Schichte vor, wie sie zwischen den verschiedenen Bestandtheilen verschiedener Schichten, vorge¬ herrscht haben. Und so mußten auch die einzelnen Oberflächen - Schichten, innere Trennungen ihrer ungleich ausdehnbaren Bcstandthcile zeigen, welche bei einer Oberfläche von mehr als 9'/, Millionen Quadrat-Meilen, nahezu V? Million Quadrat-Meilen, oder von 8 000 Quadrat-Klafter auf jede Quadrat-Meile betragen haben dürsten. Diese inneren Trennungen der einzelnen Schichten-Bestand- thcilc hatten, im Gegensätze zu den früheren, ein nach der Tiefe gerichtetes Vorkommen; sie dürfen aber ebensowenig als regel¬ mäßig gedacht werden, als jene; denn es liegt in der Natur der Sache, daß Schichten - Trennungen alle möglichen Wellen¬ linien, Schichten - Zerklüftungen aber, die mannigfaltigst gebro¬ chenen Linien annehmen. Wir bemerken diesen Unterschied sehr genau an den vor¬ handenen Grotten und Höhlen, die heutzutage bekannt sind, und nennen nur die Adelsberger Grotte in Krain, die Mazoka in Mähren, die Kluft bei Friedrichshall in Norwegen, welche nach Littrow gar b'/z Meilen Tiefe haben soll (?); den unterirdischen Lauf der Recca in Krain, mit den St. Canzians Höhlen und mit dem Timavoslusse. Hier kommen beide Gattungen vereint und in beträchtlichen Dimensionen vor. Daß nach Ver¬ schiedenheit der Schichten - Bcstandtheile, die auf der Oberfläche sich zeigenden Zerklüftungen, auch lange gerade Linien, und mehr oder minder regelmäßige Kreise oder Elypscn re. zeigen konnten, versteht sich hiebei von selbst. Beide Gattungen von Trennun¬ gen können am besten versinnlichet werden, wenn eine in coucen- trischen Schichten, aus Porzellan-Erde, Töpferthon, Gyps, Lehm 40 und aus anderen erdigen Bestandtheilcn naßgeformte Kugel, bei mäßiger Wärme, altinühlig getrocknet und gehärtet wird. Netz¬ artige Zerklüftungen werden die Schichtcn-Oberflächcn überziehen, die einzelnen Schichten werden sich an großen Thcilcn von den Ober'- und Unterlagen trennen, und einzelne riesige Spalten, durch viele Schichten bis gegen den Kern der Kugel eindringcn, oder aus ihrem Innern sich bis an die Oberfläche fortsctzcn. Bei einer so ausgedehnten Oberfläche, wie jene der Erde von 9Vz Millionen Qnadrat-Mcilen, müssen auch die ursprüng¬ lichen Bcstandtheile derselben, als Körper von entsprechenden Dimensionen gedacht werden, und wenn z. B. ein Thon- nnd ein Kalk-, Quarz-, u. s. w. Lager neben einander bestanden, so müssen denselben keine geringeren Dimensionen, als Tausende von Qua¬ drat-Meilen gegeben werden. Kleinere Lager widerstreiten inso- fcrne dieser Bedingung nicht, wenn sie wie Jnselrcihen, oder wie die nordamerikanischcn Seen, in naher Bcrbindung zu einander stehen. Um sich eine lcichtfaßlichc Vorstellung von den hier bespro¬ chenen zweierlei Bildungen von Hvhlräumcn im Innern der Erde zu machen, sei Fig. V. cine Erdschichte aus der Ucbcrgangs- Periodc, welche kaum erhärtet, noch vollständig wie eine Decke ans ihre Unterlage 9, II ruht. Diese Unterlage Ik, ö sei eine im Ucbergangs-Stadium, der Auskühlung und Erhärtung befind¬ liche Schichte, während 0, 0 den noch fcnerflnssigcn Theil der Erde verstellt, welcher seinerseits mit lst Ik überall in Berüh¬ rung ist. Ein solcher Zustand der Schichtenlagcrung, wie der hier angegebene, kann jedoch in dieser von uns gleichsam sinnbildlich gemachten Darstellung niemals lange bestanden haben; denn durch die schon geschilderten Wirkungen der Wärme-Abnahme auf der Erde, mußten gar bald in der Schichte innere Trennungen oder Klüfte m , m, und zwar vorzüglich an den Grenzen ver¬ schiedenartiger Bestandtheilc einer und derselben Schichte, zwischen den sich überlagernden Schichten und k, Ik von verschie¬ dener Dichte, aber Hohlräume n, n entstehen. 41 Die Dimensionen dieser Klüfte und Hohlränme mußten sich mit der zunehmenden Erdauökühlung vergrößern, und gnr bald auch in der Schichte k, I>, Zerklüftungen, zwischen 6, II und 0, 0 aber, solche Hohlränme i», wie zwischen X, X und II, L erzeugen. Bei weiterer Ausbreitung des Abkühlungs-Prozesses der Erde, wurde diese geschilderte Bildung der vertikalen Klüfte und der horizontalen Hohlräume, so wie auch das Vorkommen der fcuerflüssigen Schichten, in immer tiefere Lagen der Erdrinde verlegt, dabei aber gleichzeitig Bewegungen der oberen Schichten erzeugt, welche bei gewissen Dimensionen der Hohlräume und Klüfte, uothwendigcrweisc in die leeren Räume der Tiefen allmälig nachsinkcn, oder aber plötzlich ciustürzen mußten. Hiebei ergaben sich, nach Maßgabe der Local-Verhältnisse, einige wesentliche Verschiedenheiten, welche wir durch die Figuren Vl. VII. VII!. und IX. bildlich darzustcllcn versucht haben, welche jedoch wahrscheinlich in jedem geologischen Werke getroffen wer¬ den dürften. Fig. VI. zeigt eine durch Bildung von Hohlräumen in den unteren Schichten 6, II und.6, v allmälige concavc Einscnkuug der oberen Schichte X, X, in welcher trichterförmige Zerklüftungen gebildet werden. Fig. VII. zeigt das gleiche Phänomen, wenn die Einsenkuug gleichzeitig nach mehreren Seiten oder convex erfolgt. Fig. VIII. zeigt den plötzlichen Einsturz der Schichte X, X in den Hohlraum m, wobei in der Schichte X, X domartigc Hohlränme entstehe», auf deren Grunde die Trümmer der cin- gcstürzten oberen Schichte liegen. Die übcrhängenden Wände stürzen allmälig nach, und nehmen trichterförmige Bildungen au. Fig. IX. stellt die gewöhnliche Art der Abrutschuugcn vor. Die in Figuren VI. VII. und IX. skizzirteu Einsenkuugen gehören im großen Ganzen mehr der Urzeit an, in welcher die Erdrinde noch wenig Mächtigkeit hatte; die in Fig. VIII. vorgc- stellten Erdbewegungen aber reichen bis in die Schöpfungszeit 42 herein, und sind die mächtigen Veranlassungen jenes großen Chaos von Höhen, Tiefen, Forme» und Bcstandtheilen, welche wir gegenwärtig an den zugänglichen Theitcn der Erdoberfläche, überall neben einander beobachten können. Um dieses cbenerwähntc Chaos genügend zn erklären, dürfen wir jedoch unseren Maßstab nicht nach jenen Grotten, Höhlen und Klüften nehmen, welche wir gegenwärtig unter der Erde treffen nnd bewundern. Diese sind nur die letzten Reste oder Zeugen, einer durch Jahrtausende fortgesetzten Ausfüllung der im Innern der Erde, durch ihren Abkühlungs - Prozeß entstandenen gewaltigen Bewegung. Die Einstürze der vorhistorischen Zeit müssen größtentheils als Katastrophen betrachtet werden, welche sich gleichzeitig über viele geographische Quadrat-Meilen, ja über Strecken von 50 bis 60 nnd mehr Meilen Durchmesser, oder Länge und Breite, ausdchntcn. Denn nur bei solchen Katastrophen konnten gleich¬ zeitig auch jene heftigen Erschütterungen des noch fcuerflüssigcn Innern der Erde erfolgen, von welchen wir jetzt auf der Ober¬ fläche derselben, die ersichtlichsten Spuren erblicken. Nur gewaltigste Stöße aus bedeutender Höhe herab waren im Stande, die halberhärteten, ober dem feuerflüssigen Erb¬ innen: ruhenden Lagen zu durchbrechen, und das fcuerflüssige Erdinnere selbst in jene Aufregung zu versetzen, die erforderlich war, um große Terrainstrecken in die Höhe zu werfen, lange Reihen von Vulkanen zu erzeugen, flüssige Steinmassen über große Strecken zn ergießen, und in Mitte einer großen Trümmer- Verwirrung jene häufig weitverbreitete Gleichförmigkeit zu erzeugen, welche wir zu beobachten viele Gelegenheit finden. Das einstige Eintreten von dergleichen großen Katastrophen können wir noch gegenwärtig auf der Erde nachweisen, wenn wir die Configurationen der Küsten unserer Meere, die Züge der Gebirge, die Linien der großen Flüsse, wie auch jene der trockenen Thälcr, die Lage der Vulkane und überhaupt alle Gebilde der jetzigen Erdoberfläche näher und unbefangen betrachten. 43 Oder soll cs immer nur Folge von Zufällen gewesen sein, daß fast alle Küsten von Bergen begrenzt werden; daß die gewal¬ tigsten Gebirgszüge in der Nähe der Meere, oder von sehr tief liegenden Ebenen, in die Hohe ragen; daß die ausgedehntesten und höchsten Gebirgszüge aller Wclttheilc, ans geschichteten Gesteinen oder an§ Granit bestehen, während vnlkanischc Formen und Gebilde, in denselben nur an sehr wenigen Punkten getroffen werden; daß zahlreiche Küsten unserer Meere die Form von Becken besitzen, in welche von allen Seiten Gebirge abfallen; daß so zahlreiche Parallelzüge von Gebirgen in großer gegen¬ seitiger Nähe sich befinden; daß die sogenannten Reihen-Vnlcane, in der Nähe tiefer Meeresgründe vorkommen, oder daß selbe große nnd tiefe Meeresbecken einschließen n. s. w. Alle diese so häufig auf der Erde vorkommenden Erschei¬ nungen können unmöglich dem bloßen Zufälle zngcschriebcn werden, sie müssen vielmehr dem konstanten Walten jenes von uns beschrie¬ benen physikalischen Gesetzes zugcschricben werden, dessen Wirkungen, unter gegebenen gleichen Verhältnissen, zu allen Zeiten die gleichen gewesen sein müssen. Uchtes Fragment. Einfluß des Central flurrs der Erde auf die Sruregungen und auf dir Bildungen der Erdoberfläche. Die siebente astronomische Hypothese lautet: Im Erd- inner» befindet sich noch jetzt ein mächtiges Centralfeucr. Die Vorstellung, welche wir uns in Folge dieser Hypothese zu machen gcnöthiget sind, ist keine andere: als daß die im Innern der Erde befindlichen Stoffe, welche wir als die specifisch schwersten erkannt haben, noch gegenwärtig sich in großer Glüh- und Schmelzhitze befinden. Ans dieser Vorstellung ergibt sich, daß das Erdinnere noch gegenwärtig flüssig oder mindestens sehr elastisch sein müsse, und daß es demnach die Eigenschaft habe-, in Bewegung gesetzt werden zu können, wenn hiezu genügende Kräfte anfgeboten werden. Stöße, durch Einstürze von Oben herab mit großer Gewalt ansgeführt, dürfen als solche Kräfte betrachtet werden, da bei der großen Ausdehnung der Erde für die Größe dieser Einstürze, gar keine Beschränkungen gedacht werden können. Das ganze Marmora-Meer, die Meerbusen von Lyon, von Genna, von Malaga-Tctuau, die ganze Westküste Süd- Amerika's, von Arica bis zum Cap Horn, können als durch je einen einzigen Einsturz : der Golf von Mexico durch zwei: das caraibische Meer durch drei oder vier Einstürze gebildet gedacht werden, und auch wirklich gebildet worden sein. Die mit solchen Einstürzen verbundenen gewaltigen Stöße, müssen auf das feuerflüssige und sehr elastische Erdinnere, eine ähnliche Wirkung ausgeübt haben, wie jene, welche dergleichen auf andere flüssige oder sehr elastische Körper hervorbringen, und welche aus der Lehre der Wellenbewegung solcher Körper bekannt sind. 45 Nach Demjenigen, was wir über Volumens-Verminderung der Erde und über die Bildung von Klüften und Hohlräumen in den erhärteten Schichten derselben, in den früheren Fragmenten gesagt haben, war dieses feucrflüssige Innere der Erde, zu allen Zeiten solchen gewaltigen Stößen durch Einstürze von Oben herab ausgesetzt. Es müssen demnach auch zu allen Zeiten die Wirkungen solcher Stöße, den Gesetzen der Wellenbewegung entsprechend, und analog wie bei andern flüssigen oder elastischen Körpern cinge- tretcn sein. Die herabstürzcnden Massen drangen bis auf eine gewisse Tiefe in die unteren fenerflüssigen ein, und wurden in Folge des Rückstoßes dieser letzteren mit großer Gewalt wieder in die Höhe geworfen und zertrümmert; das feuerflüssige Element im Erd- innern gerieth hiebei in eine mächtige Wellenbewegung, die ihre Schwingungen gerade so erweiterte und fortsetztc, wie dieß unter gleichen Verhältnissen, vom Stoße fester Körper auf flüssige oder elastische, überall stattfiudct. An jenen Stellen, wo den Schwingungen der Wellen feste Hindernisse entgegen standen, mußten diese eine heftige Brandung und gewaltige Würfe in die Höhe der wogenden Feuerwaffe, an den Gegenständen des Widerstandes erzeugen, und die Erschüt¬ terung dieser letzteren mußte um so verheerender sein, je stärker der ursprüngliche Stoß, durch die Sturzmasse gewesen ist. Hindernisse, welche dem Wogen der inneren Feuermasse Widerstand zu leisten im Stande waren, können aber keine andern gedacht werden, als jene Festbildungcn im Innern der Erde, welche aus den zunächst oberhalb liegenden erhärteten Schichten der Erdrinde, bis in die Feuer-Gluth des Erdinnern nach Fig. X. herabreichtcn, und welche daher im Zusammenhänge mit der festen Oberfläche der Erde gewesen sind. Je nach der Beschaffenheit und Lage dieser Hindernisse, und nach der Kraft und Richtung der dagegen gerichteten Wellcnstöße, muß auch die Erdoberfläche hievon gewaltsam erschüttert worden sein, und es ist leicht die Combination des Stoßes in der Art 46 sich zu denken, daß selber senkrecht von Unten nach Oben erfolgte. In diesen letzteren Fällen muß die unterste Schichte der festen Erdoberfläche, wie bei dem bekannten physikalischen Kugel-Expe¬ rimente des mitgctheilten Stoßes, in die Höhe geworfen und zertrümmert, oder auf die heftigste Weise erschüttert und umgc- staltet worden sein. Daß in Folge solcher Stöße von Oben, auf das fcnerflüs- sigc Erdinnere, und in Folge der dadurch erzeugten Wellenbewe¬ gungen und Brandungen desselben, die fcucrflüssigeu Stoffe dieses Erdinneru, wie wir bereits erwähnt haben, in alle erreichbaren Klüfte und Hohlräume der oberen Schichten eindraugcn, und dort auch zurückgehaltcn werden konnten, wird kaum gänzlich in Abrede zu stellen sein. Es würde aber die Richtigkeit dieser Voraus¬ setzung eine sehr einfache Erklärnng des Vorkommens mancher Erzgünge, mancher Kluft-Ausfüllung durch fremdartiges Mineral, und so auch der Wcchsellagcrnng von Schichten, welche nur durch gewaltige Katastrophen veranlaßt sein können, abgeben. Auch große Wasservcrdampfnngen müssen durch die Einsen- kungen oder Einstürze der oberen Schichten erfolgt sein, wenn die Gewässer der Meere bis zu den über 80 Grade R. erhitzten Schichten des Erdiunern eindriugen konnten. Dergleichen können sich, in Folge besonderer Verbindungen, der im Innern der Erde befindlichen Hohlränme und Klüfte, auch noch in der historischen Zeit ereignet haben, und eignen sich dann recht wohl zur Erklä¬ rung jener zeitweise eingetretcnen, besonders anhaltenden und weit verbreiteten Regengüsse und Ueberschwemmnngcn, von welchen die Neberlicfcrungen erzählen: „daß sie durch die geöffneten Wasser- schleußcn des Himmels hcrbeigeführt wurden." Selbst ans die in den Klüften und Hohlränmen der Erde befindliche warme Luft, müssen die in Rede stehenden Katastrophen jedesmal eine gewaltige Wirkung ansgeübt haben. Es mußten die verschiedenartigsten Strömungen und Explosionen dieser unter¬ irdischen heißen Luft, so wie Neubildungen und Erweiterungen der Klüfte und Risse in der festen Erdrinde erfolgt sein, welche 47 einesthcils Zerrüttungen im Innern der festen Schichten, andern- theils heftige Ausströmungen an der Erdoberfläche erzeugt haben müssen. Eine solche war der nach langer Ruhe erfolgte Ausbruch des Vesuvs, welcher Pompeji und Herculannm in unserer Zeit verschüttete. Diese durch Einstürze der oberen festen Schichten, auf das feuerflüssige Innere der Erde erzeugten Erschütterungen und son¬ stigen Phänomene, müssen keineswegs uothwendigerwcise immer unmittelbar ober dem Schauplatze der unterirdischen Einsturz- Katastrophen erfolgt sein. Sie konnten vielmehr auch in allen Entfernungen von diesen Stätten des Schreckens und der Zer¬ störung, aber daun immer nur da stattfinden, wo die Klüfte und Hohlräume, oder geringere Mächtigkeit der schon erhärteten Oberfläche, den wenigsten Widerstand leisteten. Bei dem Umstande, daß wir seit Beginn der historischen Zeit keine Abnahme der Erdwärmc an der Oberfläche der Erde mehr wahrzunehmeu vermögen, sind wir genöthigt, die Masse und daher auch das Volumen des Centralfeuers der Erde in dieser Zcitepochc als eine konstant gebliebene Größe anznnehmen. Wenn nicht gänzlich widersprochen werden kann, daß eine gewisse Mächtigkeit der festen Rinde der Erde, und ein gewisser Grad schlechter Wärmeleitung derselben im Stande sei, das Gleich¬ gewicht zwischen der jährlichen Erwärmung der Erde durch die Sonne, und den jährlichen Wärme-Verlust durch iuncre Ausstrah¬ lung herzustellcn; so sind wir auch zu der Hoffnung berechtigt, daß die seit der historischen Zeit konstante Größe des Ccntralfeucrs, auch für alle künftige Zeiten eine konstante Größe bleiben werde. Es ist uns dieß eine um so erfreulichere Schlußfolgerung, als wir aus den früheren Fragmenten ersehen haben, daß ohne Abnahme der Wärme keine Volumens-Veränderung und daher auch keine Neubildung von Klüften und Hohlrüumcn im Innern der Erde möglich sei. Bei der verhältnißmäßig großen Ruhe, welche die Erdober¬ fläche in der historischen Zeit gegen die heftigsten Erschütterungen 48 genießt, welche sic in der vorhistorischen Zeit betroffen haben, sind wir zu der Hoffnung berechtiget, daß die große Erbschaft an inneren Zerklüftungen und Hohlrünmcii, welche die Urzeit der vorhistorischen SchöpfungSzcit hinterließ: schon lange auf jenes Minimum rcdncirt sei, durch welches die Möglichkeit umfang¬ reicherer Ein- und Umstürze auf der Erdoberfläche gänzlich beseitiget ist. Calao 1746, Lissabon 1755, Brussa 1858 sind zwar noch in schrcckenvollcr Erinnerung; aber wie geringfügig erscheinen diese Katastrophen, gegen die Umwälzungen der vor¬ historischen Zeit, ja selbst gegen die der historischen Zeit ange¬ hörige Bildung des tobten Meeres in Syrien, welche das letzte, und nun doch schon 3 oder 4000 Jahre alte, größere Ercigniß dieser Art ist. Neuntes Fragment. Bildung des festen Landes und der Gebirge. Einstnr;- Hypochese. Vulkane. Erdbeben. Soll die bisherige geologische Hypothese der Hebung der Gebirge durch die Wirkung innerer Kräfte der Erde fester be¬ gründet werden, so müssen früher folgende Fragen näher und bejahend beantwortet werden: 1. Sind die bekannten Hochländer des Festlandes von Asien, Europa und Amerika auch in die Kategorie der Hebungen von Nuten zu rechnen? 2. Sollen die ungeheuer ausgedehnten Sandwüsten von Afrika und Asien, welche einstiger Meeresgrund waren, hiezu gezählt werden? 3. Können überhaupt alle Fcstbildnngen, an welchen die Spuren einstiger Meeres - Ucberspülung zu erkennen sind, als He¬ bungen angesehen werden? und 4. Wohin sind die Wässer geflossen, welche alle diese einstigen Meeresgründe überfluthcten? Die ersten drei Fragen können unmöglich bejahend beant¬ wortet werden, ohne den Bestand von ungeheueren Höhlungen als Aequivalent der Hebungen im Innern der Erde anzunchmcn, welche jedoch, kleine Ausnahmen abgerechnet, bis jetzt weder factisch noch wissenschaftlich nachgewicsen worden sind. Die schon früher erwähnten Grotten und Erdspalten gehören, ihrer ganz zwerghaften Dimensionen wegen, offenbar nicht hieher, ja selbst die St. Michaels-Grotte von Gibraltar und der meilen- ticfe Schacht von Friedrichshall in Norwegen nicht, welche bloße Klüfte sind. 4 so Dergleichen Widerstreiten auch absolut den bekannten Gesetzen der Volumens-Verminderung auskühlender fester Körper und setzen zu ihrer Erzeugung Kräfte voraus, welche wir weder kennen noch auch anuchmen dürfen. Denn sie müßten jedenfalls in der Feuerhitze des Erdinnern und iu den dieses Erdinnere bildenden Stoffen gesucht werden, von welchen wir gar keine geringste Kenntniß besitzen, um von selben anderes als die große Schwere zu vermuthen. Nachdem bekanntlich die größten Umwälzungen der Erdober¬ fläche, welche zu ihrer jetzigen Gestaltung führten, erst in der vorhistorischen Schöpfungszeit eingetrctcn sind, so müßte die Ent¬ wicklung der hebenden Kräfte im Innern der Erde bei einem schon sehr verminderten Wärme-Grade der Erde angenommen werden, was jedoch eben sowohl der Wissenschaft (erste astronomische Hypothese dieser Blätter), wie auch allen Erfahrungen widerspricht. Denn der Uebergang der Körper von einem kleineren zu einem größeren Volumen erfolgt im Allgemeinen nicht bei einem Wärme-Verluste, sondern bei einer Wärme-Vermehrung derselben. Eine Wärme-Vermehrung ans der Erde kann aber, wie schon bemerkt wurde, als dem constauten Gesetze der Auskühlung widersprechend, durchaus nicht angenommen werden. Auch widerspricht die im Vergleiche mit der vorhistorischen in der historischen Schöpfungszeit schon seit vielen Jahrtausenden auf der Erde herrschende Ruhe jeder Annahme von so immensen Höhlungen im Innern der Erde, wie sie sonst vorausgesetzt werden müßten. Die gleichsam schwebende Erdrinde würde ja bei jedem Erdbeben in gewaltigen Massen eiustürzen, was be¬ kanntlich nicht mehr der Fall ist. Bezüglich der vierten Frage ist gar keine andere Antwort möglich, als daß die Wässer, welche die jetzigen Festbildungen, die wir als ehemalige Meeresgründe erkennen, einstens über- fluthet haben, in tiefer liegende Theile der Erdoberfläche abge- slossen sind. Wir wollen gerne die bestandenen Meere als solche tiefere Theile gelten lassen. 51 Wenn aber eine gewaltige Kraft, welche Massen, wie die Pyrenäen, Alpen, Cordillercn, Anden, Himclaya rc. heben konnte, für einen Thcil der Erdoberfläche als bestanden angenommen wird; so mnß billigcrwcisc die gleiche Kraft auch am andern Theile derselben, als vorhanden und thätig angenommen werden. Die Meeresgründe müßten demnach auch ebenso gehoben worden sein, wie die Continente, und diese allgemeine Hebung würde einer Volumens-Vermehrung der Erde glcichkvmmen, welche aber der Wissenschaft und der Erfahrnng gänzlich widerspricht. Wir können uns allenfalls noch Kräfte vorstcllen, welche momentan eine Volumens-Vermehrung der Erde hcrbcizuführen im Staude wären; wir vermögen aber keine zu denken, welche das durch Hebung vergrößerte Volumen lange in ungestörter Rnhc gleichsam schwebend zu erhalten vermöchte. Wenn wir, um die Frage leichter zu beantworten, die Annahme machen wollten, daß die Meeresgründe gar nicht und nur die jetzigen Festländer gehoben worden seien, so widerstreitet dieß schon an und für sich jeder Wahrscheinlichkeit: weil wir nicht zu denken im Stande sind, welche Kraft es gewesen sein könnte, die den kleinen Thcil der Erdoberfläche so gewaltig und so gro߬ artig als cs wirklich der Fall ist bewegt, den bei weitem größeren Thcil aber gänzlich in Ruhe gelassen haben sollte. Eine solche Annahme widerspricht auch gänzlich den viel¬ seitigen Erfahrungen, welche wir über die Niveau-Verhältnisse des Meeresgrundes besitzen, und welche uns die in früheren Epochen der Bildung auf diesem weiten Gebiete stattgehabten großartigen Bewegungen Nachweisen. Uns sind ausgedehnte Bänke von ganz geringer Tiefe, etwa 20 bis 30 Klaftern bekannt, welche große Königreiche an Flächcnranm übertreffen und die keineswegs Anschwemmungen großer Flüsse sein können. Wir wissen, daß die Meere, namentlich an ihren so häufig hohen und gebirgigen Küsten, abstürzende Tiefen von 3-, 4- und mehr hundert Klaftern unmittelbar am Ufer zeigen, während an flachen Küsten charakteristischer Weise 52 die Meercstiefen bis auf viele Meilen Entfernung vom Lande meist unbedeutend gefunden werden. Auch haben namentlich die neuesten amerikanischen Ticfmcssungcn in den Occauen ganz enorme Einsenkungen des Meeresgrundes, sowohl in einigen Central- pnnkten der Oceane, wie auch an anderen Meeren nachgewicseu. Eine solche Annahme wäre endlich auch mit dem factischen Bestände der zahlreichen vulkanischen Inseln, Inselgruppen und Jnselreihen in Mitte der Meere nicht zn vereinbaren, welche die unwider¬ legbarsten Beweise von Hebungen sind; ebensowenig als sie mit unserer Kenntniß von Neubildungen dieser Gattung vereinbart werden könnte, welche in der neuesten Zeit noch erfolgten. Auch könnte billigerweise gefragt werden, wie cs möglich sei, daß die größte Thätigkeit der hebenden Kräfte auf Linien von so ungeheuerer Ausdehnung, wie jene der höchsten Gebirgszüge, an Stellen der Erdoberfläche stattfaud, denen unmittelbar andere Stellen zunächst lagen, bei welchen nicht die geringste Spur dieser hebenden Kräfte zu bemerken ist. Denn, wie viele Gebirgszüge streichen nicht neben den Ufern der Meere, oder laufen im Meere mit mächtigen Vorgebirgen aus; und an wie vielen Ufern finden sich nicht große Wassertiefcn am Fuße hoher Gebirge, sowohl bei Landsern als im Meere? Sind nicht diese beiden Erscheinungen der unwiderlegbarste Beweis von Einstürzen, welche an diesen bezeichneten Stellen stattgefnnden haben? Solcherweise können wir weder die Ruhe der Meeresgründe während der Hebung der Festländer, noch die gleichzeitige Hebung derselben mit diesen leicht annehmen und voraussetzen, ohne in auffallende Collisionen mit der Wissenschaft sowohl, als mit der Erfahrung zn gerathen. Eine besondere Schwierigkeit der Erklärung bilden für die Hypothese der Hebungen auch die bereits erwähnten Wüsten Asien's und Afrika'S. Dieselben sind bekanntlich von außerordentlicher Ausdehnung, und Hochliegende Ebenen, welche nicht den Charakter von Hebungen an sich tragen, sondern jenen von unermeßlichen Meeresgründen, von welchen die Wässer sich allmälig zurück- 53 gezogen haben. Die Wüste Sahara allein hat zwischen 60- und 70.000 geographische Quadrat-Meilen Ausdehnung. Neu-Castilieu in Spanien, die Malserhaide in Tirol und das Oregon-Wüstengebiet in Nordamerika sind bei 4000, das Platean bon Mexico 6000 Fuß hoch; die sandige Hochebene von Boliva in Central-Amerika und jene von Tibet in Asien reichen sogar bis zn 2000 Wiener-Klafter Höhe, und alle übrigen Sand¬ wüsten Asicn's und Afrika's zeigen ebenfalls eine bedeutende Höhe. Welche unterirdische Kraft könnte nun angenommen werden, die so unermeßliche Strecken mit solch' ruhigem Gleichgewichte so bedeutend zn heben im Stande wäre, daß die Fluthcn der dar¬ über befindlichen Meere dabei nicht einmal den leichten Sand von der Oberfläche dieser Strecken wcgznführen vermacht hätten? Die Hypothese, welche wir in dieser Verlegenheit unseren geehrten Lesern als Ausknnftsmittel Vorschlägen, steht im Ein¬ klänge mit den Sätzen sowohl der Wissenschaft als der Erfah¬ rung; und widerstreitet der Hoffnung nicht, welche das Mcnschen- Geschlecht so gerne nährt, jener nämlich: daß die Hütte seiner irdischen Pilgerfahrt, für selbes und für die künftigen Genera¬ tionen auf festem Grunde gebaut sei. Wir nehmen an und schlagen zur allgemeinen Annahme vor: daß die Gebirge; die bekannten und noch unbe¬ kannten Hochländer aller Welttheile; die Sand- wüsten Asicn's und Afrika's und überhaupt alle Festbildung en, an welchen die Spuren einstiger Me er e s-U eb e r sp ül u ug sichtbar sind, im Allge¬ meinen nicht durch Hebung, sondern durch Ein¬ sturz der anliegenden Festbild nngen entstanden seien. Ja selbst die thätigen Vulkane und ihre Gebilde: sic mögen nur einzelne hohe Berge oder lange Boge nli nie» zahlreicher ocea irischer In¬ seln bilden, sollen keine eigene Bildungskraft besitzen, sondern nur Ergebnisse von Einsturz- bewegungen sein! 54 „Die Bewegung der heißen Erde im kalten Welträume hatte Volumens-Verminderung derselben zur Folge; mit der Volumens- Verminderung waren aber, wie wir in den früheren Fragmenten gesehen hohen, Einscnknngcn nnd Einstürze der oberen Schichten der Erde auf die unteren tiefer liegenden nothwcndigerwcise ver¬ bunden. Diese Bewegungen der oberen gegen die unteren Schichten bildete demnach ein allgemeines Gesetz auf der ganzen Erde, und müssen sichtbare Spuren ihrer langen Dauer und ihrer einstigen Großartigkeit ans der Erdoberfläche zurückgelassen haben. Diese Spuren können keine andern sein, als die bedeutenden Uneben¬ heiten, welche wir ans der ganzen Erdoberfläche, mit Einschluß aller Meeres- und Sccgründe, noch gegenwärtig überall beob¬ achten. Weil jedoch die Oceane und Meere größere Grundfläche als die Festländer besitzen, so sind dieselben auch im größeren Maße Schauplätze der in Rede stehenden Bewegung gewesen, als die Festländer. Deßhalb müssen auch die Oceane größere Tiefen als die Binnenmeere anfwcisen. Die Erdbewegungen erfolgten weder zu allen Zeiten gleichmäßig, noch an allen Orten der Erde gleich¬ förmig. Bei dem jetzigen constantcu Wärme-Grade der Erde ist die Periode der großen Einsenknngcu und Einstürze schon lange überstanden, daher auch nur sehr partielle und nur ganz unbe¬ deutende Bewegung der Erdoberfläche mehr möglich!" Alles dieses steht mit den astronomischen und physikalischen Hypothesen und Gesetzen, welche wir erörtert haben, im Ein¬ klänge ; cS leitet sich ganz folgerichtig aus unseren fragmentarischen Betrachtungen dieser Hypothesen nnd Gesetze ab, nnd erklärt alle noch gegenwärtig ans der Erde beobachteten Erscheinungen. Ja selbst alle jene Lagerungs-Verhältnisse der Schichten in den Gebirgen, auf welche ein geistreicher Naturforscher (Elie de Beaumont) eine relative Altersbestimmung der Gebirge versuchen zu können glaubte. Dabei ist cö nicht nothwcndig, die Beihilfe neuer oder gar nncr- wicsencr Voraussetzungen zu suchen, so daß die Bedingung, auf welche dieß Alles beruht, ohne Wagniß zur Beherzigung und zur weiteren Forschung empfohlen werden kann. 55 Genügt aber diese Einsturz-Hypothese auch, nm die Ver¬ schiedenheit der Hebungen und um alle jene Wahrnehmungen bezüglich der Lage der Gebirge nachzuwciseu, welche wir au diesen beobachten, und wovon wir einige am Eingänge dieses Fragmentes erwähnt haben? Fassen wir den Unterschied geradliniger und kreisförmiger Gebirgszuge in's Ange, so erklärt sich dieser Unterschied leicht durch den Unterschied der Zeitcpoche ihrer Bildung. Als die Erdoberfläche noch weniger Mächtigkeit hatte, waren, wie gesagt, mehr Einscnkuugcn und Erdbrüche an der Tages¬ ordnung, welche längs den Treunnngslinien der ungleichen Bcstandtheile der Schichten erfolgten. Bei größerer Mächtigkeit der Erdoberfläche, nnd bei tieferer Lage der bewegenden Ursache, verwandelten sich die Bewcguugslinicn an der Oberfläche inBogcn- linien, welche den Einstnrztrichtern entsprechend sind. Wir möchten daher geradlinige nnd lange Gebirgszüge die ältesten, bogenförmige und kürzere Gebirge die jüngeren neunen. Fassen wir die Lage der Gebirge an Meeresküsten oder ain Rande tiefliegender Flachländer ans, so erklärt sich dich sehr wohl durch Dasjenige, was wir im nächsten Fragmente über Erdbeben und Vulkane sagen werden. Betrachten wir endlich die Materialien, ans welchen die verschiedenen Gebirge der Welt zusammengesetzt sind, nnd finden wir selbe meist nicht vulkanischer, sondern geschichteter Natur, oder aus Granit und ähnlichen Gesteinen bestehend; so harmo- nirt diese Wahrnehmung mit der Hypothese der Einstürze sehr wohl, und widerspricht jener der Hebungen, da diese ohne Fcuers- kraft gar nicht denkbar sind. Endlich sind auch die noch gegenwärtigen Vulkane unserer Erde ein Beweis des compaetcn Innern derselben, da große, allgemein verbreitete Höhlungen im Innern der Erde, eine vulka¬ nische Thätigkeit kaum ermöglichen würden. Unserer Hypothese nach würde es viererlei verschiedene Veranlassungen zu Bildungen von Gebirgen, oder von Niveau¬ unterschieden auf der Erdoberfläche gegeben haben, nämlich: 56 1. Dcr ursprüngliche Unterschied in der Lcitnngsfähigkcit der Wärme dcr verschiedenen die Erde bildenden Stosse: wo¬ durch ein Unterschied in der Zeit ihrer Festwerdnng eintrat; 2. die allmäligcn Einscnknngen; 3. die plötzlichen Einstürze niit Erschütterung des fcucrflüssigen Erdinncru; 4. endlich die Ausströmungen dcr in Klüften und Hohlrünmen befindlichen heißen Lust. ES wäre ein verwegenes Unternehmen, wenn man in der Gegenwart eine chronologische, oder gar eine genauere oder nähere Nachweisung der Entstchungsart jener Gebirge geben wollte, welche wir jetzt an der Erdoberfläche antreffcn. Denn einerseits ist, wie wir gesehen haben, gar mancher Erdstrich dcr Schauplatz von vielfachen und ungleichen, ja selbst von sich durchkreuzenden oder gegenseitig zerstörenden Bergbildungcn gewesen, und anderseits haben seit der Zcitcpoche dcr Bildung dcr Gebirge, die Atmo¬ sphäre und die fließenden Wässer, durch viele Jahrtausende, einen solchen Umbildungs - und ZcrstörnngS - Prozeß auf dcr Erdober¬ fläche anSgcübt, daß wir dessen tief eingreifender Gewalt überall begegnen. Dem ungeachtet können wir an einigen Theilcn der jetzigen Gebirge doch noch immer deutliche Unterschiede dcr Formen wahr- nchmcn, welche vom Materiale unabhängig sind, und durch welche wir demnach die verschiedenen Entstehungs-Arten derselben nach- znweisen im Stande sind. Das Jnra-Gebirge, welches den großen Bogen der west¬ lichen Alpen in vielen schmalen concentrischcn Ringen mit tief cingeschnittenen Thälcrn umlagert; der große Gebirgsstock der norischcn nnd carnischen Alpen mit seinen vielen Längcnthälern, der Lavis, Eisak, Gail, Dran, Salzach, Inn, Enns u. a. Flüsse; die Apenninen in Mittel-Italien, gleichfalls mit Spuren ehemals bestandener großer concentrischcr Ringe; scheinen sie nicht insgesammt einer Bildung anzugehören, mit welcher gewaltige wellenförmige Schwingungen und Stöße des feuerflüssigen Erd- 57 inncrn gegen die Erdoberfläche verbunden waren? Kann der Einsturz der von diesen Gebirgsketten eingcschlosscncu Tiefländer nicht als die Veranlassung dieser Stöße und Schwingungen angesehen werden? Widerstreitet cs vielleicht der Großartigkeit der Erdbewegungen, welche wir an den langen oder gleichförmigen Gebirgszügen aller Wcltihcilc beobachten, und welche jedenfalls das Ergcbniß gleichzeitiger nud daher plötzlicher Ereignisse gewesen sein müssen, wenn wir voraussctzen: daß die ganze Niederung von Ober-Italien, mit Einschluß des oberen Theiles des adria- tischcn Meeres, der Schauplatz von zwei oder drei großen Ein¬ sturz-Katastrophen gewesen sei? Oder ist der vom Bogen der Apeninnen von Massa bis Terracina cingeschlossene westliche Theil von Mittel-Italien etwa zu ausgedehnt, nm die Vorstellung znzulasscn, daß er durch einen plötzlichen Einsturz die Veranlassung zur Bildung der ihn umschlie¬ ßenden Bergkette gegeben habe? — Gewiß nicht! Vorzüglich nicht, wenn wir die Richtung der Alpcn-Thäler Ober-Jtalien's und das Dasein der vulkanischen Ronti lu-riei bei Padua, sowie der zahl¬ reichen erloschenen Krater in ToScana und im Römischen nicht übersehen, welche sprechende Zeugen der dort stattgehabtcn Kata¬ strophen sind. Man kann cS nicht dem Zufälle zuschreiben, wenn alle Thäler Ober-Jtalien's, welche gegen die Ebene ausmündcn, die beinahe gleiche Richtung von NO. nach SW. eiuhaltcn. Die Bildung so zahlreicher paralleler Gcbirgs-Acste, wie jene zwischen dem Langen-See und Friaul, deren Richtung sämmtlich vom Meere abgewcudet ist, findet nur durch unsere Einsturz-Hypo¬ these Erklärung: wenn Ensalc und Lodi, vorzüglich aber, wenn zuletzt die Gegend der jetzigen Po-Mündungen als die beiläu¬ figen Central-Punkte der in Rede stehenden Einsturzbewegungen in Ober - Italien angenommen werden. Es verdient hier das auffallende Vorkommen der Vulkane eine Erwähnung, welche ihrer bei weitem größten Zahl nach Jnselreihen bilden, welche kleinere aber sehr tiefe Meere ein- 58 schließen. So jene am Caraibischen, am Chinesischen, Japanischen, Kurilischen lind Berings-Meere, ja selbst die Festlands-Vulkane, jene des westindischen Jstmus, des Mittel-Meeres, der West¬ küste von Amerika und von Australien; sie lagern sämmtlich am Rande von Becken, welche als Einsturz-Becken zu erkennen sind, und die uns daher das constante Gesetz ihrer Bildung, ihrer Eutstehungöweise und ihrer Thätigkcit Nachweisen. Auch ist ein Blick auf die Nordküste von Afrika und zugleich auf Spanien nicht ohne Interesse, wo wir einen sehr merkwür¬ digen Parallelismus der Gebirgszüge bemerken, welche zahlreiche Analogien in anderen Thcilen Europa's haben, und die nur durch große succcssive Einbrüche der Erdoberfläche erklärt werden können, deren Ursachen nur unsere Hypothese erklärt. Haben wir uns aber einmal diesen größeren und einzig passenden Maßstab für die Bcurtheiluug der Formen unserer Erde angeeignet, so besitzen wir auch den Schlüssel zur Erklä¬ rung von wirklichen Beständen, die uns sonst immer räthselhaft bleiben müßten! Daß vulkanische Kräfte nach unserer Hypothese niemals ganze Gebirgsketten gebildet haben können, ergibt sich aus Dem¬ jenigen, was wir früher hierüber au mehreren Orten gesagt haben. Die Auvergne und Toscana sind hievon in Europa sprechende Beispiele, und wir finden diese auch in allen andern Weltthcileu wiederholt, wo Vulkane entweder nur einzelne, nicht durch Erup¬ tions-Gestein verbundene Berge, oder bloß Inseln von sehr mäßiger Ausdehnung zu bilden im Stande waren. Vulkane sind und bleiben Ventile, welche nur thätig sind, wenn durch Einsturz- Bewegungen im Innern der Erde die darin befindliche glühende Luft nach Außen gedrängt wird; umfangreichere Bildungskraft jedoch besitzen sic nicht. Vulkane und Erdbeben. Diese zwei bekannten Phänomene, welche der Mensch niemals mit Ruhe hinzunehmcn vermag, sind gemeiniglich von Erschei- 59 nnngen begleitet, deren Veranlassung, Zusammenhang und Bedeu¬ tung noch ungelöste Räthsel bilden! Die Thätigkeit der Vnlkane ist nur eine sporadische, eine meist ganz unerwartete und plötzliche, zuweilen aber eine im Voraus augckündigtc; bald ist sie eine mit Wasser, Schlamm oder Lava-Ergießungen begleitete; bald aber eine nur unvollkommene, bloß Dämpfe, Ranch oder Asche aus- stoßende; einmal ist die Dauerzeit der Eruption eine sehr kurze, das anderemal eine laug anhaltende rc. Achnliche Verschiedenheit bezüglich der Daucrzeit, Richtnng, Gewalt und Verbreitung der Stöße, so wie der unterirdischen Detonationen u. dgl. m. findet auch bei den Erdbeben Statt. Daß beide Phänomene eine gemeinschaftliche Ursache haben dürften, wird jetzt ziemlich allgemein angenommen. Aber diese Ursache selbst wird nur in unterirdischen Kräften von sehr unbe¬ stimmter Definition gesucht, und diese Kräfte genügen keineswegs, um alle die bei diesen Phänomenen verkommenden Erscheinungen genügend zu erklären. Eine genügende Erklärung wird dagegen allerdings geliefert, wenn an die Stelle aller bis jetzt hierüber versuchten Hypothesen jene einfache gesetzt wird, welche wir im vorhergehenden Fragmente zur Erklärung der Gebirgsbildungen in Vorschlag gebracht haben. Einstürze einzelner Thcile der oberen Schichten ans die unteren, an jenen Stellen wo Klüfte oder Hohlraumc sich befinden, müssen bei angemessener Größe jedenfalls Erschütterungen und wahrnehmcndcs Getöse verursachen. Der durch die Erschütterung der Schichten bewirkte Druck auf die warme Luft in den Höhlungen der Erde, muß einerseits Fortpflanzung von Schall und Bewegung erzeugen, anderseits ein Ansströmen derselben durch die vorhandenen oder durch die gewaltsam neu gebildeten Oeffnungen der Erdoberfläche hcrbci- führcn. Reichen die Einstürze der oberen Schichten aus bedeu¬ tender Höhe und mit bedeutenden Massen bis auf das fcncrftns- sige Erdinnere, so müssen die Schwingungen, in welche dasselbe versetzt wird, senkrechte Gegenstöße und Hebungen in gewisser Ent- 60 fernnng vom Einsturzpnnktc, und an den Punkten des Widerstandes Brandungen erzeugen, wie wir im siebenten Fragmente andcntcten. Nachdem wir bereits die Gründe angegeben haben, durch welche die größere Thätigkeit der Vulkane und die mächtigere Gewalt der Erdbeben in der vorhistorischen Schöpfungözeit erklärt wird, so bleibt nns in dieser Beziehung nur noch der Bedeutung dieser zwei Phänomene in der Gegenwart zn erwähnen übrig. Weil angenommen werden muß, daß in der ganzen histo¬ rischen Zeit bei der Erde kein fernerer Wärme-Verlust, und auch keine Volumens-Verminderung eingctretcn sei, so muß auch angenommen werden, daß die Bedingungen für diese zwei Er¬ scheinungen bei der Erde nicht mehr vorhanden seien. Es muß demnach einerseits die Mächtigkeit nnd die Beschaffen¬ heit der Erdoberfläche keine fernere Wärme-Ausstrahlung mehr zulasscn, und andererseits können im Innern der Erde keine Volumens - Verminderungen, keine Bildungen neuer Klüfte und Hohlräume mehr cintreten. Die einstens bestandenen Klüfte und Hohlräume müssen daher bereits vollkommen ansgefüllt, und im Erdinncrn kein so bedeutender leerer Raum mehr vorhanden sein, dessen Ausfüllung auf der Erdoberfläche größere Zerstörungen zu erzeugen im Stande wäre. Die Einsturz- nnd Ausfüllungs-Bewegung im Innern der Erde ist zwar nicht gänzlich geschlossen, ja sie reicht zuweilen noch bis zum fcuerflüssigen Kerne der Erde, nnd macht dann die Oberfläche in weitesten Kreisen erbeben, oder zündet die schlum¬ mernde Gluth der Vulkane au. Jedesmal werden ihr auch Menschen zum Opfer gebracht! Beispiele haben wir an den noch im jetzigen Jahrhunderte vorgckommenen vulkanischen Jnsclbildungen und dem Wieder- vcrschwinden derselben, wie z. B. die im 1.1811 mit 300 Fuß Mccrcshöhe entstandene Insel Sabina in der Nähe von St. Miguel, welche nach 6 Monaten verschwand; dann im 1.1831 die bekannte Isola keräilwneloa, zwischen Sicilien und Pautellaria, von 200 Fuß 61 Höhe, 2000 Fuß Umfang, welche sehr bald wieder einstürztc. So sind auch schon oft an einzelnen Stellen Vertiefungen des Meeres-Grundes crlothet worden, und wir wiederholen nicht die schon angeführte» Beispiele versunkener Städte und größerer Erderschütterungen, welche ebenfalls hieher gehören. Aber wie gering sind alle diese Bewegungen gegen jene verheerendsten der vorhistorischen Zeit; und wie gering sind nicht die Menschen-Opfer, die ihnen jetzt fallen, gegen die Hecatombcn der Thier - und Pflanzenwelt, welche ihnen einstens unablässig geopfert wurden? Ein Orcan auf dem Oceane; ein winterlicher Schneesturm; eine Lawine im Gebirge; der Eisgang eines mächtigen Stromes; der zündende Blitzstrahl n. s. w.; forderii sic nicht ebenso ihre Opfer an Leben und Habe des Menschen, ohne daß wir der¬ gleichen für Anderes, als für die mit der Existenz auf der Erde ganz innig verbundenen, und für ewige Zeiten unausweichliche Widerwärtigkeiten und Schattenseiten des Lebens ansehen? Zehntes Fragment. Wirkungen der Volumens - Verminderung der Erde auf die Verbreitung der Meere. Wir haben schon in den vorhergehenden Fragmenten ange- dcutct, daß die Ablagerung der Gewässer aus der Atmosphäre auf die Erdoberfläche, erst in der vorhistorischen Schöpfnngszcit erfolgen konnte; znr Zeit nämlich, als die oberste Schichte der - Erdrinde bereits hinlänglich abgekühlt war, um den tropfbar- flüssigen Zustand des Wassers auf derselben zu gestatten. In dieser Zeit war die Erdoberfläche zwar nicht mehr ganz eben, da wie wir gesehen haben, die bereits in der früheren Ueber- gangs - Periode stattgehabte Erhärtung des Granits, welche bei der hohen Temperatur von 1000 Graden R. erfolgen konnte, mannigfaltige Höhen und muldenförmige Eiuscnkungen herbei¬ führen mußte. Diese Unebenheiten konnten jedoch bis zum Beginne der, durch die weitere innere Auskühlung der Erde hervorgcrufenen großen Einsturz-Bewegungen der Erdoberfläche, welche in der vorhistorischen Zeit stattfaudeu, nur sehr gering gewesen sein, so daß nur wenige Granit-Inseln aus den allgemein verbreiteten und tiefen Wässern hervorragtcn. Demnach waren auch die Meercsticfen vor Beginn der Einsturz-Bewegungen im Allgemeinen gleichmäßiger als später, und nur diese Einsturz-Bewegungen der vorhistorischen Zeit, welche im Verlaufe der Jahrtausende in den Meeren, und namentlich in den jetzigen Oceancn große Becken von sehr bedeutender Tiefe erzeugten: konnten die Trockenlegung einer bedeutenderen Masse Landes herbeiführen. 63 Dieselbe blieb jedoch bekanntlich in ihrem Areal-Verhalt¬ nisse gegen jenes der Meere sehr weit zurück; da sie nur der Gesnmmt-Oberfläche der Erde, gegen , welche die Wässer hievon beherrschen, eiunimuit. Bei diesem großen Uebergewichte des Wassers ans der Erde, und bei der, namentlich in der Mitte der Oceane, noch nicht ergründeten großen Tiefe derselben, würde demnach auch eine verhültnißmäßig nur unbedeutend geringere Tiefe der Meere als die jetzige genügen, um die ganze Erdkugel (wie wahrscheinlich Saturn) mit Wasser zu überfluthcn, und ihre Thäler und Fluren, die herrlichen Wohnsitze des glücklichen Mcnschen-Geschlechtes, in bloße Tummelplätze von Fischen, —in Fluren von Seegras, — in Wälder von Anemonen und Wasscrschlangen, — in große Aquarien zu verwandeln. Daß in der vorhistorischen Zeit uud vor Beginn der großen Einsturz-Bewegungen, die allgemeine Ueberflnthung der Erde wirklich stattfand, kann mit ziemlicher Genauigkeit aus dem Umstande abgeleitet und erwiesen werden: daß alle jetzigen Fcst- bildungcn der Erde, die höchsten Berge sowohl als die unbe¬ deutendsten Hügclrcihen, mit einziger und unbedeutender Aus¬ nahme der Vnlkanc, der einstigen Süßwasserbeckcn und der Gebilde fließender Wässer, die beweisenden Spuren ihrer Bildung im Meere nnd durch die Ablagerungen derselben an sich tragen. So hat es das Menschen - Geschlecht einzig den erwähnten Verhältnissen der verschiedenen Materialien, aus welchen die feste Erdoberfläche besteht, und welche bei der Auskühlung der Erd¬ kugel ciuc so bedeutende Verschiedenheit in der Volumens-Ver¬ minderung zeigten, zu danken: daß so tiefe Mccresbeckcn ent¬ standen, und daß ('z der Erdoberfläche aus den Wässern hervor¬ treten konnte. Das Hcrvortreten des festen Landes aus den Gewässern der Meere, ist eine geologische Entwicklung der Erde, welche, als abhängig von der inneren Einsturz-Bewegung der erkaltenden Bestandthcile derselben, auch einen verhültnißmäßig gleichen Schritt mit dieser Einsturz-Bewegung halten mußte. 64 Wir haben gesehen, daß die Auskühlung der Erde und die damit in Verbindung stehende Volumens-Verminderung derselben, nicht zu allen Zeiten gleichmäßig gewesen sein konnte, und daß vielmehr, viele untergeordneten Schwankungen abgerechnet, beide im Laufe der Zeit, und je naher an die Gegenwart, immer kleiner geworden sein müssen. So muß auch die Bildung der Festländer im Beginne der vorhistorischen Zeit am größten gewesen sein, als jener Epoche, in welcher die aus der Nebergangszeit überkommenen großen inneren Hohlräumc der Erde noch auszufülleu waren. Weil aber die Summe aller gleichzeitig im Innern der Erde vorhandenen Hohlräume gegen die Masse der Gewässer der Erde immer als sehr unbedeutend angenommen werden mnß, so kann auch die Trockenlegung des festen Landes stets nur sehr allmälig und langsam, und gleichsam nur ruckweise vor sich gegangen sein. Wir erhalten hievon eine genauere Vorstellung, wenn wir erwägen, daß der Einsturz eines Hohlraumcs von Tausend geogra¬ phischen Quadrat-Meilen Ausbreitung (daher mehr als das ganze Königreich Böhmen) und von 1000 Wiener-Klaftern Tiefe, bei der jetzigen Ausdehnung der Meere, das allgemeine Niveau der¬ selben nur ungefähr um 2 Fuß und 5"W. Maß herabsenkcn würde. So könnte ganz Europa von den Wässern verschlungen werden, ohne daß die seichten Bänke der östlichen Küsten Nord¬ amerikas trockene Länder würden!! Einen zweiten und sehr sprechenden Beweis über das lang¬ same Zurückweichen der Meere von den Festländern, geben uns auch die große Mächtigkeit der Steinschichten zur Hand, welche einstens im Grunde des Meeres gebildet wurden, und die jetzt selbst bis zu den höchsten Berggipfeln hinanfreichen. Ohne einer im Allgemeinen großen Ruhe am Grunde der Meere, wäre die Bildung von ausgedehnten Steinlagcrn nicht möglich gewesen, welche durch Gleichförmigkeit und Ausdehnung uns in Gebirgs¬ ländern so häufig ermüden, wie z. B. im Tiroler Etschthalc. 65 Es unterliegt keinem Zweifel, daß während der großen Einsturz-Bewegungen der vorhistorischen Zeit, viele Strecken schon trocken gewordenen Landes wieder vom Meere verschlungen wurden, und daß an manchen Stellen durch das fortgesetzte Spiel der Einstürze die Trockenlegung und das abermalige Ueberflnthen durch die Meere, selbst mehrere Male wiederholt werden konnten. In der historischen Zeit wissen wir jedoch, daß, ganz unbe¬ deutende Punkte abgerechnet, dergleichen nicht mehr vorgekvmmen sind, und so können wir aus den dafür cutwickclten Gründen erwarten, daß alle gegenwärtigen Fcstbildungen auch für immer dem Reiche der Wässer entzogen bleiben werden. Das Berhältniß zwischen Wasser und Festland auf der Erde, nnd die Gewißheit daß diesem Verhältnisse zu Folge, die Einsturz-Bewegungen unter den jetzigen Meeresgründen in grö¬ ßerem Umfange vor sich gegangen sein müssen, als unter den jetzigen Festländern, läßt uns mit Bestimmtheit voraussetzen: daß die bekannte jetzige Ausdehnung der Festländer, zu keiner andern Zeit größer als in der Gegenwart gewesen sein könne. In dieser Beziehung dürfen wir auch voraussetzen, daß die in der historischen Zeit nachweisbaren Meeres-Abspülungen den Deltabildungen das Gleichgewicht halten, und daß die Archipele weniger die Reste versunkener Contiuente, als die Zengen sub¬ mariner Einstürze sind, deren Schauplätze niemals den Meeres- Spiegel überragten. Australien aber, diese große geologische Sphinx, wird ganz einfach zu deuten sein, wenn die Niveau-Verhältnisse dieses Wclt- thciles besser gekannt, und wenn daher die Möglichkeit des Ver¬ gleiches mit andern Festländern näher geboten sein werden. Die Hypothese der untergegangenen Atlantic widerspricht für die Zeitepoche der historischen Zeit, in welcher sie nothwen- digerweise stattgefnnden haben müßte, allen physikalischen Gesetzen der Erdbildung nnd jenen der Volumens-Verminderung bei Abnahme der Wärme. Sie kann daher anstandslos in das Reich der Fabeln verwiesen werden, wohin wir auch die abenteuerliche 5 66 Hypothese der Hebung der norwegischen Westküste und jene der gefürchteten Senkung Holland's verweisen möchten. Dieses Land kann zwar durch barbarische Wuth des eigenen Vaters Rhein, oder durch Einbruchs-Gelüste der benachbarten See bedroht und beschädiget werden; aber wie das durch die vielen Jahrhunderte seines Bestandes stets unverrückte Marmorpflaster des Marcus¬ platzes von Venedig, einen sprechenden Beweis von der Festigkeit einer der holländischen ganz analogen Delta- und Dünenbildnng gibt, so dürfte auch die Unterlage Holland's für alle Zeiten so fest wie jene des Marcusthurmes von Venedig sein. Wir leiten hieraus für uns die große Beruhigung ab, daß auch die Gewalt der Wässer der Meere, dem Menschcn-Geschlcchte in der Gegenwart nicht gefährlicher als die Vulkane und die Erdcrschütterungen der festen Erdrinde zu werden vermögen. So hätte die Allmacht überall das Gleichgewicht und die Ruhe hergestellt; nur in den Leidenschaften der Menschheit fehlt noch dieselbe!! Eilftes Fragment. Die organische Schöpfung. Die Schöpfung, dieses wichtigste nud wundervollste Ereig¬ nis; in der geologischen Entwicklung unserer Erde, diese große Preisfrage, an deren richtigen oder auch nur anuährcnd befrie¬ digenden Beantwortung die Menschheit, seit dem Beginne ihrer geistigen Thätigkeit, alle ihre besten Kräfte vergebens aufbictet; diese für die Entwicklungs-Geschichte des Menschen - Geschlechtes so höchst interessante Thatsache; sie scheint für ewige Zeiten dem gegen Offenbarungen einigermaßen rebellischen Geiste, des Herrn der Schöpfung, eine unübersteiglichc Schranke und eine wahrhafte Hercules-Säule mit herrischem non plu« ullra, für dessen Forsch- begierde sein zu sollen. Denn cS wird der Mensch in der That nimmer fassen, wie aus einer ganz leblosen und starren, aus einer ganz unor¬ ganischen Natur, ohne selbstständigen Formenwcchscl ihrer Stoffe und mit nur mechanischen Gesetzen: wie eine dieser unorganischen Natur der Erde so ganz verschiedenartige Schöpfung lebendiger Organismen, mit selbstständigem und periodischem Stoff- und Formenwcchsel und mit zahllosen Geschlechtern, Gattungen und Species, hervorgehen konnte? Der Mensch wird es aber ebensowenig erklären, wie diese lebendige organische Schöpfung der Pflanzen - und Thierwelt und des Menschen-Geschlechtes, welche ihrer inneren Natur nach von der unorganischen ganz verschieden ist: doch in selbe so genau passend und so mit ihr innig verbunden auftreten konnte, daß sic ihre Geschlechter und Gattungen schon viele Jahrtausende hindurch in ihrer ursprünglichen Form, Eigenschaft und Kraft- 68 hülle unverändert zn erhalten, und von Generation zu Genera¬ tion zu vererben vermochte. Wie vermag auch der Mensch eine so innige Berbindung und Verschmelzung von zwei, ihrer Natur nach so wesentlich verschiedenen Schöpfungen zu erklären? Kann endlich jemals der menschliche Geist die Frage ent¬ scheiden, ob in der fortlaufenden Kette der organischen Schöpfung die Frucht und der Samen, das Eichen und die Larve, das Junge und das Kind; oder die Pflanze, das reife Thier und die Mutter den Vortritt im Dasein gehabt haben? Er vermag dieß Alles bestimmt nicht zu thun; er vermag den Schleier des verhüllten Bildes der organischen Schöpfung nicht zu lüften, und so erübriget ihm auch in dieser Richtung kein anderer Ausweg, als die Unterordnung unter jene Offen¬ barungen, welche als Stützen seiner vorbcstimmtcn geistigen Schwäche, in Vorhcrsehung gewährt und überliefert worden sind. Nach Allem dem, was wir in den bisherigen Fragmenten über die auf der Erdoberfläche, in der vorhistorischen Schöpfungs- zcit stattgchabten großen Einsturz-Bewegungen gesagt haben, dürfte cs sogar eine sehr müssige Bemühung sein, in der Gegenwart noch nach der Wiege des Mcnschen-Geschlechtcs forschen zu wollen, die jedenfalls dieser Zcitcpoche angchört. Denn cs ist mit größter Wahrscheinlichkeit auzunehmcn, daß in dieser langen und beweglichen Zeitepochc, gar kein irgendwie namhafter Theil der Erdoberfläche in Ruhe und in unveränderter Form geblieben sei. Selbst die höchsten Gcbirgsgürtcl des Himc- laya, der Cordilleren und der Auden, tragen die Wahrzeichen der sie betroffenen großen Verheerungen und Umwandlungen an sich, welche durch die Gewalt der fließenden Wässer und der atmosphä¬ rischen Kräfte herbeigeführt wurden. Die bekannten Hochebenen aller Wclttheilc sind mit Sand und mit Salzen bedeckt, welche den Beweis ihrer einstigen sub¬ marinen Lage Herstellen, und bezüglich der jetzigen Tiefländer ist wohl jeder Zweifel über deren jüngste Bildung ganz unmöglich. 69 So ist cs kaum in Abrede zu stellen, daß die einstige Wiege der Menschheit, der bewegten vorhistorischen Zeit angehörig, ent- weder gänzlich uiltcrgegaugcn, oder aber wesentlich bis zur gänz¬ lichen Unkenntlichkeit, verändert worden sein müsse. Es wird dicß selbst in jenem Falle anzunehmen sein, als wir uns für berechtiget mischen sollten, die Erschaffung des Menschen in den Beginn der historischen Zcitepoche zu verlegen. Es entspricht allerdings der höchsten Wahrscheinlichkeit nnd einigen geologischen Wahrnehmungen, daß die Schöpfung des organischen Lebens der Erde eine gewisse Reihenfolge in der Zeit für ihre Bildungen einhielt, iusoferne nämlich, als gewisse Orga¬ nismen das frühere Vorhandensein anderer organischen Bildungen zu ihrer Existenz und Fortpflanzung voraussetzen. Die Thierwelt kann ohne früherer vollkommener Entfaltung der Pflanzenwelt gar nicht gedacht werden, und die LebenSbcdin- guugcn der einzelnen Gattungen sind wieder so sehr verschieden, daß einige nothweudigerweise früher als andere in's Dasein gerufen worden sein müssen. Parasitische Pflanzen und Raubthiere müssen später als ihre Opfer entstanden sein; Pflanzen und Thiere, welche kalte Standorte lieben, später als jene, welche an warmes oder an gemäßigtes Klima gebunden sind. Das Leben auf Hochebenen und Gebirgen und in seichten Meeren mußte sich früher entfalten, als in den Niederungen des trockenen Landes und in tieferen Meeren. Der Mensch endlich, das in seiner langanhaltcnden Kind¬ heit hilfbedürftigste Geschöpf der Erde, kann wohl nur zuletzt, als Alles zu seinem Schutze und zu seiner Pflege Erforderliche bereits vorhanden war, in sein Reich eingesetzt worden sein. Mit diesem stehen die bis jetzt beobachteten Pctrefacten in Uebereinstimmung, welche in der Pflanzen-, Fisch - und in der niederen Thierwclt schon zur Zeit der auf der Erde stattgehabten größten Bewegungen zahlreich vertreten waren, während Thiere höherer Ordnungen, die Säugethiere nur in den jüngsten Bildungen gefunden werden. 70 Die Erde war in frühem Zcitepochen, wie wir gesehen haben, um Vieles wärmer als jetzt, und selbst in dem letzten Abschnitte der vorhistorischen Zeit dürfte die Polarzone ein gemä- ßigtes Klima, die gemäßigte Zone aber heißes gehabt haben. Die Verbreitung des organischen Lebens war daher eine von der jetzigen sehr verschieden, und jede Gattung in höheren Breiten zu finden, als jetzt. Fossile Palmen in England, der in Sibirien gefundene Elefant u. dgl. bestätigen diese Thatsache. Die Verbreitung der organischen Schöpfung konnte anfäng¬ lich auch nur sehr langsam vor sich gehen: denn die zahlreichen Erdbewegungen verwandelten die Schauplätze derselben in wüste und ganz unfruchtbare Strecken, und diese erforderten, nach Analogie mit der Gegenwart, sehr lange Zeiträume zur Bildung fruchtbaren Bodens. Dicß vorzüglich da, wo für umgestürztc Ter¬ rainstrecken, die mit den Salzen der Meere überfüllte Sandflächen, gewesene Meeresgründe trocken gelegt wurden, und au Stellen, wo die durch die Erdbewegungen neu entstandenen Niveau-Ver¬ hältnisse des trockenen Landes, das schon vorhandene fruchtbare Erdreich verschüttete (Steinkohlen - Flötze), oder aber dieses der zerstörenden Einwirkung der nun sich bildenden Wasser-Rinnsäle aussetzte. Wir haben jedoch schon gezeigt, daß die auf der Erde in der S ch ö p f u n g s z ei t st att g e f u n d e n e n Einsturz-Bewegungen niemals solche Ausdeh¬ nung und Gewalt hatten, um die ganze bestandene organische Schöpfung zu vernichten, und demnach wiederholte Schöpfungen zur Erklärung der ge¬ genwärtig bestehenden zu erfordern. Als Beweis dieser Ansicht wurde die geologische Beobach¬ tung angeführt, daß Pctrcfacten der vermeinten ältesten Schichtcn- Bildungen unserer Erde in allen bekannten solchen gefunden werden, wie die Ammoniten, die Nautilen, gewisse Infusorien rc., und daß sie demnach in ununterbrochener Existenz geblieben sind. 71 Und so erwähnten wir auch, daß das Anssterben einzelner Thier - oder Pflanzen-Gattungen, als welches wir den Verlust der großen s. g. vorweltlichen Thiergattungen: Pachidermen, Wieder¬ käuer und Raubthiere ansehcn ein Ereigniß sei, welches noch heut¬ zutage seine Wiederholungen findet, und das auch in Zukunft noch recht häufige Wiederholungen finden wird, weil bekanntlich viele Geschlechter der Thier- und Pflanzenwelt die Cultur des Menschen fliehen. Sic sind unvermeidlich dem Untergange geweiht, wenn der Sumpf oder der Moor, die Wüste oder der Wald urbar gemacht werden, welche ihre Standorte waren, oder aber wenn Waffen für ihre Vernichtung erfunden werden. Das Fenergcwehr hatte den Steinbock und die Gemse in Europa schon fast gänzlich aus¬ gerottet, wie es leider vor wenigen Jahren den letzten Riesen der Lüfte — den Lämmergeier, in den norischcn Alpen ausge- rottct hat! Ob die Verbreitung des organischen Lebens nur vou ein¬ zelnen Exemplaren ausgegangen sein könne oder nicht, ist wohl kein Gegenstand für die Forschung dieser Fragmente. Jnsoferne jedoch, als die Verschiedenheit der Racen beim Menschen-Gcschlcchte, als ein Argument für den Eintritt mehrerer, entweder nach Zeit oder nach Ort getrennter Schöpfungen ange¬ sehen wird, erlauben wir uns die hier gewiß zulässige Frage: ob ein erstes Mcnschenpaar, dessen Kopfbildung einerseits jene eines Otcllo, und andererseits die einer Desdemona gewesen wäre, nicht recht wohl sämmtliche Racen der Gegenwart erklären würde? Weisen denn nicht noch heutzutage, Kinder eines und desselben Elternpaares, durch ihre verschiedene Gesichts- und Körperbil- dnngeu, eben solche Verschiedenheiten wie jene der Racen ans? Sind Albinos und brünette Kinder in einer und derselben Familie nicht wahre Racen-Unterschiede? Zwölftes Fragment. Epilog und Schluß. Fassen wir alle unsere fragmentarischen Bemerkungen in eine kurze Ucbcrsicht zusammen, so erhalten wir das folgende Ergebnis;: Die Erde entstand aus der Aequatorial-Schichtc der Sonnen- Atmosphäre, welche aus verschiedenartigen Stoffen bestand, und deren Anordnung nicht in beiden durch den Aequator dieser Atmo¬ sphäre geschiedenen Theilen die gleiche war. Den nämlichen Ursprung haben auch alle übrigen Planeten, Asteroiden, Monde, Kometen nnd Aerolitcn, deren bekannte Ver¬ schiedenheit von jener Schichte der Sonnen-Atmosphäre und von jener Sonnen-Entfernung abhüugen, in welcher sie ihre Bildung begannen und vollendeten. Die Bewegung der anfänglich feuerflüssigcn Erde im kalten Welträume ist die Veranlassung des allmäligen Wärme- und des Volumens-Verlustes der Erde, welch' erstere uicht zu allen Zeiten gleichmäßig war, während letzterer, — die Folge der im Innern der Erde sich bildenden Höhlränmc, — sehr lange andanern und gewaltig sein mußte. Die Hohlräume, Klüfte und Risse entstanden durch die Ungleichheit der Materialien, aus welchen die einzelnen Schichten der Erdkugel zusammengesetzt waren, und durch die Verschieden¬ heit des Verhaltens und der Zusammenziehung derselben beim Wärme-Verluste der Erde. Die Einstürze der oberen Schichten auf die unteren und auf das feuerflüssigc Innere der Erde, sind die natürlichen Ergebnisse dieser Bildung von Hohlräumen, Klüften und Rissen im Innern derselben; sie sind der einfache Prozeß, welcher alle Niveau-Unter¬ schiede auf der Erdoberfläche und im Meeresgründe erzeugte; 73 sie sind auch das Prinzip für die Thätigkeit der Vulkane und für die noch in der Gegenwart fortdauernde zeitweilige Unruhe der Erdoberfläche. Dieser Einsturz-Prozeß ist jetzt schon so gut wie abge¬ schlossen; er war in der vorhistorischen Zeit am stärksten, nie¬ mals jedoch gleichzeitig so allgemein, um die Schöpfung der organischen Gebilde gänzlich zu zerstören, und daher wiederholte Schöpfungen zu bedingen. Die Petrcfactcn-Kunde ist in ihrem gegenwärtigen Zustande nicht geeignet, eine Alters-Eintheilung jener Steinschichten unserer Erdoberfläche zu erlauben, in welchen dieselben gefunden werden; und so ist auch eine Alters-Eintheilung der Gebirge umso¬ weniger möglich, als selbe nicht durch regelmäßige Hebungen, sondern, in Bezug auf den jetzigen Bestand, durch chronologisch ganz chaotische Einstürze erfolgt sind. Eiszeit konnte cs bis jetzt noch keine gegeben haben, weil diese dem Gesetze des allmälig fortschreitenden Wärme-Verlustes der Erde widerspricht, und weil keine Ursache nachgewicsen werden kann, durch welche auf die Eiszeit, eine abermalige Wärme- Vermehrung der Erde, hätte herbeigcführt werden können. Die Schöpfung der organischen Gebilde konnte nicht früher erfolgen, als bis die Erdoberfläche zu deren Aufnahme genügend abgekühlt war. Sie gliederte sich für die verschiedenen Gattungen der Pflanzen- und Thierwelt nach Epochen mehrfach ab; konnte sich anfänglich nur sehr langsam ansbreiten, und entfaltete sich erst lange nach der cingetretenen größeren Ruhe der Erde allge¬ meiner und kräftiger. Eine Wanderung aller Pflanzen nnd Thiere, von den Polen gegen den Acqnator, und von den hohen Gebirgen herab in die Tiefländer, zur Erreichung ihrer jetzigen Standorte, mußte in Folge der weiteren Auskühlung der Erde zu ihrem jetzigen blei¬ benden Wärme-Grade erfolgen.— 6 74 * * -i- Wenn nach Allem Diesem der Mensch seinen Blick ab- schwcifcn läßt, aus der Zcitcpoche der Bildung der Erde und unseres gesummten Planeten-Systcmcs, in jene ferne Zeiten der Schöpfung, in welchen die ganze feurige Atmosphäre der Sonne noch ein großes Lichtmcer um dieselbe bildete, und in welcher alle jetzigen Planeten und Kometen noch die ungcthcilten und ruhigen Bestandthcilc dieses Meeres waren; so vermag sein Geist die Bildung dieser genannten Wcltkörper ans der Sonnen-Atmo¬ sphäre, durch eine kühne Anwendung der ihm bekannten Physi¬ kalischen Gesetze unserer Erde, recht wohl zu erklären. Er nimmt die Fortbewegung der Sonne im Welträume als erwiesen an, und leitet die erste Entstehung und die allmälige Fortbildung, der aus der Sonnen-Atmosphäre hervorgcgangencn Weltkörper, nach dem unvermeidlichen Gesetze der Auskühlung dieser Atmosphäre, in Folge der Bewegung der Sonne in kaltem Welträume, in der gleichen Weise ab: wie die Formen und die physikalischen Berhältuissc der Gegenwart unserer Erde, aus diesem Gesetze abgeleitet worden sind. Kann man sieh nach dem jetzigen Stande der beobachtenden Astronomie die Annahme der Fortbewegung der Sonne im Welt¬ räume erlauben: so ist in der That auch die Schlußfolge voll¬ kommen gerechtfertigt, daß diese Fortbewegung der Sonne im kaltem Welträume, auf ihre Atmosphäre die gleiche Einwirkung wie bei der Erde ausgeübt, und daher analoge Folgen wie bei dieser, gehabt haben müsse. Demnach mußte auch die Sonnen-Atmosphäre eine von der Peripherie nach dem Centrum gerichtete, allmälige, der Zeit nicht immer Proportionelle Auskühlung, und eine anfänglich jedenfalls stärkere, später aber geringere Volumens-Verminderung, ebenso wie die Erde, erleiden. Die ponderablen Stoffe der Atmosphäre trennten sich von den inponderablen, und während erstere nach Maßgabe der erfolgten 75 Auskühlung der Souueu-Atmosphäre Himmelskörper von verschie¬ denen Massen und Volumen bildeten, welche unter Einwirkung der innewohnenden Kräfte der Sonne in ihren jetzigen Bahnen fcstgchalten wurden: zogen sich letztere allmätig gegen den Central- Körper zurück, um welchen sie gegenwärtig als eine hell leuch¬ tende und magnetisch-flammende Lichtkrone lagern. Die bekannten Verschiedenheiten und Anomalien, welche wir an den zahlreichen Gebilden des Sonnensystcmcs beobachten, fügen sich sämmtlich diesem unvermeidlichen Auskühlungs-Gesetze, und zwar ganz einfach und dabei so vollkommen: daß zur Erklärung dieser Verschiedenheiten und Anomalien, jede weitere Hypothese von Störungen der Sonnen-Atmosphäre, ganz entbehrlich wird. Wir erhalten an die Stelle von Stößen u. dgl., welchen als Quellen dieser Anomalien die Sonnen-Atmosphäre ausgesetzt gewesen sein soll, deren Prinzip jedoch nicht leicht erkannt werden kann: die Wirkung eines einfachen Naturgesetzes, dessen Bestand wir auf unserer Erde nachweisen, und dessen allgemeiner Anwen¬ dung auf alle im kalten Welträume sich bewegenden wärmeren Weltkörper, nicht leicht widersprochen werden kann. — So begreift der Mensch mit Hilfe dieses Gesetzes leicht die größte Erscheinung des ganzen unendlichen Weltalls, welche er mit seinen sinn¬ lichen und geistigen Kräften zu erfassen vermag, und er stellt seinen G eist gleichsam a l s Z e n g e n von Wandlungen des Weltalls hin, von welchen er durch Zeiträume getrennt ist, die er Ewig¬ keiten zu nennen gezwungen ist. Glücklich solcherweise in der Auffassung der großen unorganischen Schöpfung, ist er jedoch unglücklich und enge beschränkt in der Ergrün¬ dung und in der Erklärung der kleineren orga¬ nischen Schöpfung, in deren Mitte er lebt, und deren edelstes, vollkommenstes und weiter bil-. d u n g sf äh i g st e s Mitglied er ist. 76 Wic die kleinste Feder der lebenden Bewoh¬ ner unserer Lüfte, seiner Kunstfertigkeit die nnüberstei glich sten Hindernisse der Nachbildung entgegensetzt, so widersetzen sich alle mit der organischen Schöpfung in Verbindung stehenden Fragen, seinen unablässigen geistigen Anstren¬ gungen und Forschungen. Das Gehcimniß, welches die organischen Gebilde umschleiert, vermag der menschliche Geist nicht zu enthüllen, n n d so bleibt auch derselbe, aller wissenschaftlichen Fortschritte ungeachtet, gegenwärtig noch, sowie ehe und zuvor, für die Lösung dieser so h ö ch st i n t c r e s s a n t c n F r a g e n, an die Offenbarungen jenes höheren Geistes gewiesen, dessen Blick durch alle Zeiten und durch alle Welten reicht. M«