Tierische und menschliche Bauopfer bei den Nordwestslawen Volker Schmidt The author writes about archaeological finds of animal and human skeletons from the territory of Northwestern Slavs. Judging by their position, these skeletons had been buried on the spot in which a building has been erected afterwards. The author therefore uses the name building sacrifices, buried there to appease gods whose world had been disturbed. The region around Meckleburg abounds in rich folklore tradition pertaining to these building sacrifices. Bauopfer in slawischen Fundverbänden nachzuweisen ist trotz der umfangreichen archäologischen Quellenlage bislang nur selten möglich gewesen (Abb. 1). Es soll in diesem Abb. 1: Verbreitungskarte der nordwestslawischen Stämme mit Fundorten von tierischen (b) und menschlichen (a) Bauopfern. 1. Oldenburg, Ostholstein; 2. Hitzacker-Weinbergburg; 3. Klein Breese-Oerenburg; 4. Parchim-Löddigsee; 5. Wildberg; 6. Kastorf; 7. Neubrandenburg-Hanfwerder; 8. Usadel; 9. Alt Käbelich; 10. Glienke; 11. Werbelow; 12. Drense Zusammenhang nur Bezug genommen werden auf die absichtliche Niederlegung von Opfergaben bei der Errichtung von Bauwerken. Derartige Bauopfer befinden sich dann im in die Erde eingetieften Bereich des Objektes. Schmuckelemente, wie zum Beispiel Tierschädel oder Geweihe, die am Bauwerk oberhalb der Erdoberfläche befestigt waren, bleiben unberücksichtigt. Desgleichen werden bei religiösen Handlungen auf Kultplätzen angefallene Skelettreste von Mensch oder Tier ausgespart. Ein Bauwerk mit bemerkenswerten Bauopfern trat bei den Untersuchungen auf der Insel Hanfwerder in der Lieps, am Südende des Tollensesees, Stadtgemarkung Neubrandenburg, auf (V. Schmidt 1984, S.27, Abb. 18). In der östlichen Uferzone kam in einem Moorschnitt eine 3,4 m breite Tordurchfahrt aus dem 12. Jahrhundert mit einem besonderen Fundmaterial zutage, das unter anderem einen Holzsattel enthielt. Die Längsseiten des Tores stellen starke Rundhölzer im Unterbau dar, die in Blockbaumanier bis durch die äußere Befestigungsanlage geführt wurden. Die Eichenbohlen in der Tordurchfahrt ruhten auf zwei Unterzügen, sowie unregelmäßig abgelegten Hölzern und reichten nicht immer vollständig bis an die Längswände heran. An der Außenseite der Toranlage traten zwischen den eingetieften Holzlagen mehrere Bauopfer auf (Abb. 2). Es kamen ein vollständiges Skelett von einem jungen Schwein, ein Rinderskelett ohne Kopf, daneben, aber untereinander, ein Pferdeschädel, zwei Rinderschädel und weitere Skelettteile zum Vorschein. Diese Tieropfer wurden bei der Erbauung niedergelegt. Es handelt sich dabei um offensichtlich kultische Beweggründe von besonderer Wertigkeit, die darin lagen, dass von diesem Tor eine Brücke zum Festland führte, wo der Bestattungshain der adligen Schicht des Hanfwerders lag. Komplett abgelegte Tiere als Bauopfer sind äußerst selten nachzuweisen. Sie stellten natürlich auch damals einen großen Wert dar. Ein ähnlicher Befund kann aus der jungslawischen befestigten Marktsiedlung im Löddigsee bei Parchim angeführt werden. Die hölzerne Befestigungsanlage wies im Osten eine mit Eichenbohlen ausgelegte Tordurchfahrt auf, die zum Wasser führte. Vermutlich befand sich hier ein Hafen oder eine Bootsanlegestelle. An der Innenseite des Tores traten im Moor unterhalb eines Holzbohlenweges Skelettteile mehrerer Tiere auf. Es handelt sich überwiegend um Reste von Hengsten (H. Keiling 1994, S. 91). Man hatte diesem Tor bei der Erbauung eine besondere Bedeutung beigemessen, die meines Erachtens bislang noch nicht richtig erkannt wurde. Auffallend sind die Ähnlichkeiten zu dem Befund vom Hanfwerder bezüglich der Deponierung der Tieropfer an einem Tor, dass nach Osten ausgerichtet ist. Bauopfer mit vollständigen Tieren sind des weiteren aus der Oerenburg, einem alt-bis jungslawischen Burgwall bei Klein Breese, Landkreis Lüchow - Dannenberg nachgewiesen. Hier traten unter der Wallkonstruktion eine Kuh und ein Schwein auf (B. Wachter 1982/83, S. 661 ff.). Häufiger sind bei den Bauopfern nur Teile von Tieren, wie Schädel oder Extremitäten niedergelegt worden. So trat auf der Weinbergburg in Hitzacker im Hannoverschen Wendland in den Fundamenten eines Hauses aus dem 11. Jahrhundert ein Rinderschädel zutage (B. Wachter 1994, S. 63). Eine auffallende Häufung von Pferdeschädeln und Pferdeextremitäten kam in der Oldenburg, Ostholstein, in der Innenbebauung aus der Zeit unmittelbar vor 1000 zum Vorschein. In mehreren Fällen hatte man ganze Beine niedergelegt, wo also dann die Knochen in anatomischer Lage angetroffen wurden. Es traten aber auch Deponierungen mit gesammelten Fußknochen auf (I. Gabriel 1988, S. 71, Abb. 5; 12; 13). Nicht in jedem Fall wird eine sichere Ansprache, ob es sich um ausgesprochene Bauopfer oder um Hinterlassenschaften von rituellen Handlungen auf kultischen Abb. 2: Hanfwerder, Lieps. Osttor mit Bauopfern. Veranstaltungen handelte, möglich sein. Eine unmittelbare Entsprechung zu der Niederlegung von gesammelten Tierknochen kann aus Gnesen angeführt werden. Hier traten auf dem Lech - Berg im Fundament einer heidnischen Kultstelle mit Tierknochen gefüllte Keramikgefäße des 8./9. Jahrhunderts auf (T. Sawicki 2000, S. 472). Weitere Beispiele von Bauopfern mit Teilen von Tieren erbrachten die Ausgrabungen am Kastorfer See, Landkreis Demmin. So kam unter der Wallkonstruktion von der Hauptburg der dreigliedrigen altslawischen Befestigungsanlage bei Wildberg ein Rinderschädel ans Tageslicht. In dem befestigten jungslawischen Marktort auf der Insel im Kastorfer See traten unter den Fun- Abb. 3: Glienke, Landkreis Mecklenburg - Strelitz. Skelettreste von zwei Kindern unter einem Holzpfad in dem altslawischen Burgwall. damenten zweier Gebäude Beinknochen von Tieren in anatomischer Ordnung auf. Dabei handelt es sich um das Haus 1 im Schnitt I, das ein reiches Inventar enthielt, unter anderem mehrere Schlüssel, Schreibgriffel, Münzen. Als Bauopfer wurden zwei Rinderbeine abgelegt. In dem zweiten Gebäude war ein eingetiefter Gerberbottich und im Fundament ebenfalls ein Rinderbein vergraben. Neben den tierischen Bauopfern wurden wenn gleich auch wohl noch viel seltener in bestimmten kultischen Zusammenhängen Menschen geopfert. Bei den Ausgrabungen auf dem altslawischen Burgwall von Glienke, Landkreis Mecklenburg - Strelitz kamen in der östlichen Vorburg unter einem ursprünglichen Holzpfad ein unvollständig erhaltenes Skelett eines Kindes (Infans 1) und Skelettreste eines weiteren Kindes (Infans 2) zum Vorschein (Abb. 3). Es fiel auf, dass bei dem Skelett keinerlei Reste von dem Schädel gefunden wurden. Der Pfad führte zu einem unmittelbar außen vor der Burg gelegenem Tümpel. Das doch recht ungewöhnliche Bauopfer dürfte wohl mit dem Wasserloch in Verbindung zu bringen sein. Menschenopfer sind in den mittelalterlichen Schriftquellen bei den Slawen überliefert, doch als Bauopfer archäologisch kaum mal nachgewiesen. Auf eine Parallele kann aus dem Burgwall Budec in Mittelböhmen verwiesen werden. Dort traten Kinderskelette in und unter Hauswänden auf. In serbischen und bulgarischen Volksliedern wird besungen, dass in die Fundamente der Stadtmauern, Festungen, Brücken und Kirchen unmündige Jungen und Mädchen eingemauert wurden. Die Geister dieser Bauopfer sollten die Bauwerke schützen (V. Zdenek 1992, S. 129). Vor annähernd 25 Jahren wurden in der Neubrandenburger Region (V. Schmidt 1981, S.333 ff.) und unabhängig davon darüber hinaus in Westpommern, vor allem im Stammesgebiet der Woliner (W. Losinski 1993, S.19, Abb. 1) slawische Gräberfelder entdeckt, die uns völlig neue Erkenntnisse zum Bestattungswesen vermitteln. Untersuchungen in der Kiesgrube bei Alt Käbelich, Landkreis Mecklenburg - Strelitz, erbrachten derartige markante Befunde, dass sogleich H. Zoll - Adamikowa vom "Alt Käbelich - Typ" sprach (H. Zoll - Adamikowa 1988, S. 197). Besonders auffällig bei diesen Grabanlagen sind die verschiedenenorts nachgewiesenen flach eingetieften Totenhäuser. Auf dem Bestattungsplatz in Alt Käbelich kamen 18 derartige Grundrisse mit Grundflächen zwischen 10 und 21 m2 zutage. Die Bauwerke besitzen einen ebenen Boden und sind mit einer durchgehenden brandgeschwärzten Schicht aufge- Abb. 4: Alt Käbelich, Landkreis Mecklenburg - Strelitz. Totenhaus. Auffüllung mit Resten vom Scheiterhaufen, unter dem Haus ein Kinderopfer. füllt. In dieser Auffüllung sind enthalten die Scheiterhaufenreste, Holzkohle, Leichenbrand, sowie vom Totenmahl meistens umfangreiche Mengen an Keramik und einzelne Tierknochen (Abb. 4). Beigaben kommen selten vor. Unterhalb der ungestörten Grubenfüllung traten in sieben Häusern jeweils ein menschliches Skelett auf - fünf Kinder und zwei ältere Personen (V. Schmidt 1996, S. 85). Unabhängig von derartigen Beisetzungen kamen in Alt Käbelich aber auch ausgesprochene Körperbestattungen zutage. Aus Werbelow, Uk-kermark, wurde ein solches Totenhaus bekannt, wo man dem Kind eine Münze im Mund als Obulus mitgab. Es handelte sich dabei um einen pommerschen Denar aus der Zeit um 1170 - 1200 (V. Schmidt 1986, S. 55 ff.). Der jungslawische Bestattungshain bei Usadel an der Lieps, am Südende des Tollensesee erbrachte ebenfalls derartige Totenhäuser. In den Anlagen 92 und 108 traten unter den brandgeschwärzten ebenen Grubenfüllungen im anstehenden Boden eingetieft jeweils ein Skelett vom Kleinkind auf. Die Auffüllungen in den Totenhäusern enthielten Holzkohle, Leichenbrand von erwachsenen Individuen und wenig jungslawische Keramikscherben (V. Schmidt 1992, S. 14 f.). Aus den archäologischen Befunden ist klar ersichtlich, dass die Niederlegung des Leichnams im unmittelbaren Zusammenhang mit der Errichtung des Totenhauses erfolgte. Die Nutzung des Gebäudes begann erst mit der Einbringung der Scheiterhaufenreste samt den Hinterlassenschaften vom Totenmahl. Wie groß nun der zeitliche Abstand zwischen der Errichtung des Totenhauses und der ersten Totenfeier war, lässt sich archäologisch nicht fassen. In der Regel wurden in einem Totenhaus Leichenbrände von zwei bis drei Individuen, darunter auch Kinder, bekannt. Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände hat es den Anschein, als würde es sich bei der Niederlegung des Leichnams unter das Totenhaus auch um ein Bauopfer handeln. Weiterhin bleibt ungewiss, ob wir es hier mit einer rituellen Tötung zu tun haben. Auffallend bei diesen Befunden ist, dass man überwiegend Kleinkinder, auch Neugeborene, dafür verwendete. Auf den Bestattungsplätzen von Alt Käbelich und Usadel traten jeweils zwei derartige Totenhäuser auf, in deren brandgeschwärzten Auffüllungen kein Leichenbrand nachweisbar war. Eine der Ursachen kann darin liegen, dass der locker in der Erde ausgestreute Leichenbrand durch die vielfältigen äußeren Einflüsse bereits schon zersetzt und restlos aufgelöst war. Es lässt sich generell bei den eingetieften Totenhäusern, wie allgemein bei den Brandgrubengräbern, feststellen, dass Leichenbrand nur noch in sehr geringen Mengen erhalten ist. Dadurch wird der Nachweis von dieser Bestattungsform sehr erschwert. Hinzu kommt, dass nur bei sehr günstigen Erhaltungsbedingungen das Knochenmaterial von Kleinkindern erhalten bleibt. In den meisten Fällen muss man mit einer restlosen Resorption jener weichen kleinen Knochen rechnen. Es kamen unter derartigen Totenhäusern aber auch menschliche Skelette von Erwachsenen zum Vorschein, was jedoch noch weitaus seltener war. So trat in Alt Käbelich im Befund 32 unter der brandgeschwärzten Auffüllung in 1,8 m Tiefe eine in Bauchlage niedergelegte Bestattung auf mit stark angewinkeltem rechten Arm, einzelne Fingerknochen lagen unterm Schädel (V. Schmidt 1996, S. 109). Eine annähernd identische Situation wurde auf dem Bestattungshain in Usadel in Grab 87 angetroffen (V. Schmidt 1992, S. 21, Taf. 13 d). Diese Art der Niederlegung geschah nicht zufällig, zumal auch die Lage der Hand unter dem Kopf eine Abweichung der sonst üblichen Anordnung der Arme darstellt. Auf ein mögliches Bauopfer kann noch aus dem slawischen Burgwall Drense, der ursprünglichen Hauptburg der Ukrane, verwiesen werden. Hier kamen aus der Vorburg im Haus IX in der Ecke des Fundamentes Schädelfrangmente eines Kindes (postnatal) zum Vorschein. Das Gebäude wurde etwa am Ende des 9. Jahrhunderts errichtet (V. Schmidt 1989, S. 11). Die Vorstellung, dass jedes Haus seinen Schutzgeist hat, war auf dem gesamten europäischen Kontinent bis über das ganze Mittelalter, teilweise sogar bis in die Neuzeit verbreitet. Um die Gunst des Geistes zu erlangen, brachte man Opfer und unterhielt freundliche Beziehungen zu ihm. Der Ursprung muss wohl darin liegen, dass man annahm, mit der Errichtung eines Bauwerkes dringt der Mensch in den dämonischen Machtbereich der Erd- und Flussgötter ein und könne nur durch Darbringung von Bauopfern die Götter wieder versöhnen. In Schottland bestand der Brauch vor allem bei großen Bauwerken, wie bei Burganlagen, ein Menschenopfer zu bringen. Nach einer gaelischen Tradition war es üblich, beim Klosterbau die Geister des Bodens mit einem Menschenopfer freundlich zu stimmen (F. Liebrecht 1856, S. 170). Die Schweden opferten nach der Ynglinga Saga dem Gott Odin ihren König Olaf und erhofften sich dafür ein gutes Jahr. Von den Athener wird berichtet, dass sie alle sieben Jahre für den Minotaurus sieben Jünglinge und sieben Jungfrauen auf Kreta opferten. So ist es dann nicht verwunderlich, dass auch in den slawischen Gebieten Geister verehrt wurden, die den Hausbewohnern Schutz und Glück bringen sollten. Über diesen Kult berichten schon die Schriftquellen aus dem 11. Jahrhundert. Bei Thietmar von Merseburg, Saxo Grammatikus, Helmold von Bosau und dem tschechischem Kosmas werden derartige Hausgeister der römischen Tradition folgend als "domestici" oder "penati" bezeichnet. Aus den russischen Quellen des 11. Jahrhunderts ist dann auch der slawische Name "Domovoj" bekannt. Von diesem Hausgeist gibt es bei den osteuropäischen Völkern eine große Variationsbreite vor allen in Bezug auf die Benennung, jedoch sind die Vorstellungen von der Wirksamkeit, den Fähigkeiten und dem Wesen des russischen "Domovoj", des ukrainischen "Did, Dido", des polnischen "Dziad", der tschechischen "Sotek, Skritek, Hospodäricek," des slowenischen "Seteck", des serbokroatischen "Sjen" und des bulgarischen "Stopan" auffallend ähnlich (V. Zdenek 1992, S. 127). Für den "Domovoj" ist seine Vorliebe zu den Pferden überliefert. Höhepunkt der kultischen Handlungen war dann die Darbringung von Opfergaben um die Geister und Gottheiten versöhnlich zu stimmen, damit die in den Gebeten vorgetragenen Wünsche in Erfüllung gehen möchten. Häufig opferte man größere Fleischteile von Haustieren, seltener ganze Tiere, wie es die angeführten Grabungsbefunde verdeutlichen. Bei der Niederlegung eines Tierschädels (Pferd, Rind) war wahrscheinlich noch das gesamte Fell dabei um den Eindruck zu erwecken, als würde ein komplettes Tier geopfert. In den mittelalterlichen Berichten werden Tieropfer für die nordwestslawischen Götter genannt, bei denen es sich für Svantevit um Rinder, für Radegast um Rinder und Schafe, für Swarozyc und dem Gott von Gützkow um Ferkel handelte (V. Zdenek 1992, S. 228). Aus den archäologischen Quellen sind uns von den Westslawen auch Menschenopfer bekannt. In den westlichen Schriftquellen wird auf eine spezifische Seite des slawischen Götzendienstes wiederholt hingewiesen. Helmold von Bosau berichtet von der jährlichen Opferung eines christlichen Häftlings für Svantevit in Arkona (Helmold von Bosau, 2. Buch, Kap. 12 (108)). Thietmar von Merseburg informiert über den böhmischen Fürsten Boleslav II., der während des Kriegszuges im Jahre 990 nach Schlesien den verbündeten Lutizen einen gefangenen polnischen Heerführer übergab. Ihn ereilte das gleiche Schicksal wie den meisten gefangenen Christen, er wurde geopfert (Thietmar von Merseburg, Chron. IV, 13). Über das Schicksal des Bischofs Johannes sind wir durch Adam von Bremen unterrichtet. Er war 1066 in die Gefangenschaft der Lutizen geraten. Dort wurde er hingerichtet, Arme und Bei- ne abgeschlagen, und den auf eine Lanze gespießten Kopf nach Rethra gebracht (Adam von Bremen, 3. Buch, Kap. 50). Zwei tschechische Missionare fanden ebenfalls in Rethra ihren Märtyrertod (Adam von Bremen, 3. Buch, Schol. 71). Bei den schriftlichen Überlieferungen zu den Menschenopfern der Westslaven handelt es sich also ausschließlich um die Opferung von Christen an die heidnischen Götter. Erzbischof Adelgott berichtet 1108 über den Kult am Altar Pripegalas, dass die Prister mit Menschenblut gefüllte Schalen emporhoben und dabei jubelten "Freuen wir uns, Christus ist besiegt !"(V. Zdenek 1992, S.229). Menschliche Bauopfer sind uns in den mittelalterlichen Schriftquellen jedoch nicht überliefert. Dagegen kommen sie in den Sagen und Märchen, vor allem aus Mecklenburg, mehrfach vor (K. Bartsch 1879/80,1. S. 283) und beziehen sich dann überwiegend auf Kinderopfer. In der mittelalterlichen Mythologie galt eine Burg als uneinnehmbar, wenn ein Kind im Fundament mit eingemauert war (J. Grimm 1875/78, 2, S. 956). Einer Sage nach wurde in Nowgorod ein Kinderopfer in die Fundamente der Burganlage niedergelegt. In alten bulgarischen und serbischen Volksliedern besang man die in den Fundamenten von Bollwerken, Brücken sogar Kirchen eingemauerten Opfer von unverheirateten Jünglingen und Mädchen (V. Zdenek 1992, S. 230). Den Sagen und Märchen zur Folge sollen die Kinderopfer oftmals auch freiwillig gebracht worden sein (K. Müllenhoff 1845, S. 242, Nr.331). Die Darbringung von Kinderopfern ist offensichtlich ein uralter Brauch gewesen, der schon im Alten Testament erwähnt wird. Hier hat man der Opferung der Erstgeburt eine große Bedeutung beigemessen. Zu den angeführten archäologisch nachgewiesenen Bauopfern bei den Slawen lassen sich also aus den mittelalterlichen Schriftquellen keine unmittelbaren Entsprechungen anführen. Interessanterweise treten aber in den älteren Sagen, Märchen und Liedern Menschenopfer stark hervor. Dabei nimmt die Opferung von Kindern bei der Errichtung von Bauwerken eine besondere Stellung ein. Im Verlaufe der weiteren Entwicklung werden diese Bräuche immer mehr abgeschwächt und verändert bis sie durch Ablösungsbräuche allmählich ganz zurücktreten. Literatur und Quellen Adam von Bremen, Hamburgische Kirchengeschichte, Monumenta Germaniae Historica Sciptores rerum Germanicarum 2, 3. Auflage, herausgegeben von B. Schneidler, Hannover 1917. Bartsch, K. 1879/80, Sagen, Märchen und Bräuche aus Mecklenburg. Wien. 2 Bände. Gabriel, I. 1988, Zur Innenbebauung von Starigard/Oldenburg. - In: Bericht der Römisch - Germanischen Kommission, Band 69, S. 55 - 86. Grimm, J. 1875/78, Deutsche Mythologie. 4. Auflage, besorgt von E. H. Meyer, Berlin. 3 Bände. Helmold von Bosau, Chronica Slavorum, Monumenta Germaniae Historica Scriptores rerum Germanicarum 32, 3. Auflage, herausgegeben von B. Schmeidler, Hannover 1937. Keiling, H. 1994, Forschungsergebnisse von der slawischen Marktsiedlung Parchim (Löddigsee). - In: Zur slawischen Besiedlung zwischen Elbe und Oder. Beiträge für Wissenschaft und Kultur, Band 1, Freie Lauenburgische Akademie für Wissenschaft und Kultur. Neumünster, S. 84 - 99. Liebrecht, F. 1856, Des Gervasius von Tilbury Otia imperialia. In einer Auswahl. Hannover. Eosinski, W. 1993, Groby typu Alt Käbelich w swietle badan przeprowadzonych na cmentarzysku wczesnosredniowiecznym w Swielubiu pod Kolobrzegiem. In: Przegl^d Archeologiczny Vol. 41, S. 17 - 34. Müllenhoff, K. 1845, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig - Holstein und Lauenburg. Kiel. Sawicki, T. 2000, Gnesen (Gniezno). - In: Wieczorek, A. und Hinz, H.-M., Europas Mitte um 1000, Handbuch zur Ausstellung Band 1, Stuttgart, S. 471 - 474. Schmidt, V. 1981, Slawische urnenlose Brandbestattungen in Flachgräbern aus dem Bezirk Neubrandenburg. - In: Zeitschrift für Archäologie 15, S. 333 - 354. Schmidt, V. 1984, Lieps. Eine slawische Siedlungskammer am Südende des Tollensesees. Beiträge zur Ur - und Frühgeschichte der Bezirke Rostock, Schwerin und Neubrandenburg, 16, Berlin. Schmidt, V. 1986, Notbergung auf dem jungslawischen Körpergräberfeld von Werbelow, Kreis Strasburg. - In: Mitteilungen des Bezirksfachausschusses für Ur -Frühgeschichte Neubrandenburg, S. 55 - 58. Schmidt, V. 1989, Drense. Eine Hauptburg der Ukrane. Beiträge zur Ur - und Frühgeschichte der Bezirke Rostock, Schwerin und Neubrandenburg, 22, Berlin. Schmidt, V. 1992, Lieps. Die slawischen Gräberfelder und Kultbauten am Südende des Tollenseseees. Beiträge zur Ur - und Frühgeschichte Mecklenburg - Vorpommern, 26, Lübstorf. Schmidt, V. 1996, Ein slawisches birituelles Gräberfeld von Alt Käbelich, Landkreis Mecklenburg - Strelitz. - In: Bodendenkmalpflege in Mecklenburg - Vorpommern, Jahrbuch 1995, S. 83 - 113. Thietmar von Merseburg, Chroniken, Monumenta Germaniae Historica Scriptores rerum Germanicarum N. S. IX, herausgegeben von R. Holtzmann , Berlin 1935. Wachter, B.1982/83, Lüchow und die Orenburg - Schwerpunkte im Bericht des Bodendenkmalpflegers für 1982/83. - In: Hannoversches Wendland, Jahresheft 9, S. 661 - 669. Wachter, B. 1994, Slawische Burgen und die Präsenz des Reiches im Hannoverschen Wendland. - In: Zur slawischen Besiedlung zwischen Elbe und Oder. Beiträge für Wissenschaft und Kultur, Band 1, Freie Lauenburgische Akademie für Wissenschaft und Kultur. Neumünster, S. 54 - 70. 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Pod okopom slovanskega gradišča Oerenburg (okrožje Lüchow-Dannenberg) so izkopavanja prinesla na svetlo kravo in svinjo. Pogosteje so kot stavbne žrtve polagali samo dele živali: lobanje ali okončine. To dokazujejo najdbe iz Weinbergburga pri Hitzackerju v Hannoverschen Wendlandu (pokrajini vzhodno od Hannovra, kjer so domačini še do 18. st. govorili slovansko - op. ur.), iz Oldenburga v vzhodnem Holsteinu, iz Gnjezna na Poljskem ter iz Wildberga in Kastorfa v okrožju Demmin. V določenih primerih so bili za stavbno žrtev tudi ljudje. Tako so našli pod leseno potjo v predgradju staroslovanskega gradišča pri Glienkeju (okrožje Mecklenburg - Strelitz) nepopolno okostje majhnega otroka in dele še drugega otroka (Sl. 3). Pri grobovih tipa Alt Käbelich so bile na več mestih ugotovljene hiše za mrtve. Pod nekaterimi takšnimi zgradbami so bila okostja majhnih otrok (Sl. 4), poredko tudi odrasla osebe. Vsa so v neposredni povezavi z gradnjo hiše za mrtve. Predstava, da ima vsaka hiša duha zaščitnika, je vztrajala skozi ves srednji vek prav do novejših časov. Z gradnjo stavb poseže človek v območje zemeljskih in vodnih božanstev, kar je bilo mogoče poplačati le s stavbno žrtvijo. Srednjeveški pisni viri omenjajo žrtvovanje živali severozahodnoslovanskim bogovom. Poročajo tudi o žrtvovanju ljudi, pri čemer pa gre izključno za žrtvovanje kristjanov. O stavbnem žrtvovanju ljudi ni poročil. Vendar pa jih povedke, pravljice in pesmi, predvsem iz Mecklenburga, pogosto omenjajo, pri čemer gre pretežno za žrtvovanje otrok.