42S16 Bcrathimgen des h.k.k.Staatseisenbahmathes am 4., T 8. November 1884 insoweit solche die Beschwerden betreffen, welche im hohen Landtage nnd der Handels- und Gewerbekammer von Krain bezüglich der Frachttarife erhoben wurden, erstattet vom Mitglicdc des k. k. Staatscisciwahl,raches C. Luckmann. Aus dem Berichte, welchen ich die Ehre hatte, über die Berathungen des k. k. Staatseise,ibahnrathes am 19., 20. nnd 21. Mai zu erstatten, war zn ersehen, dass das Tarifcomite des hohen k. k. Staatseisenbahnrathes über die Vorstellungen bezüglich verschiedener Tarif-Anomalien, durch welche sich Krain beschwert fühlt, nachfolgenden Antrag gestellt hat, welcher voni hohen k. k. Staatseisen- bahnrathe zum Beschlüsse erhoben wurde: «Die Direktion wird ersucht, die vom Mitglied? -Herrn Luckmann derselben zur Keuntuis gebrachten -Fälle der Benachteiligung einzelner Handels- und -Jndustrieproducte in gewissen Verkehrsgebieten durch -deren gegenüber anderen entfernteren Gebieten un- -günstigere tarifarische Behandlung zu prüfen und -unter Berücksichtigung der Vcrkehrsverhältnisse nach -Thunlichkeit Abhilfe zu schaffen. - Ueber diesen Antrag, beziehungsweise Beschluss des hohen k. k. Staatseisenbahnrathes war in den Mittheiluugen 1 2 der hohen k. k. Generaldirection nichts enthalten, nnd ich empficng hierüber lediglich nachfolgenden Brief der hohen k. k. Generaldirection, welchen ich die Ehre habe, zur Kenntnis der geehrten Herren Abgeordneten des hohen Landtages von Kram nnd der löblichen Handels- nnd Gewerbekammer in Laibach zu bringen: K. k. Gcncral-Direction dcr österreichischen Staatsbnhnen. Nr. S999/7. Wi e n am 23. Oktober 1884. Herrn Carl Lnckmann, Director der Krainischen Industrie-Gesellschaft in Laibach. In höflicher Erwiderung Ihres Geschätzten vom 24. Mai, dessen formelle Beantwortung sich nur aus dem Grunde verzögerte, weil ich Ihnen unter einem auch davon Kenntnis geben wollte, dass Ihre in der letzten Session des Staatseisenbahurathes bezüglich des Ausnahmetarifes V für Holz gestellten Anträge durchgeführt worden sind, beehre ich mich, Nachstehendes zu erwidern: Dem Ansuchen der Firma C. M. wurde, wie Ihnen bereits bekannt sein dürste, mit hierortigem Schreiben, Z. 6881/84, entsprochen; desgleichen hat über hierortige Anregung die Südbahn der Firma A. T. S. die im Einvernehmen mit der Nordwestbahn und Staatsbahu bewilligten Frachtsätze für Kaffeesurrvgate und Zucker im Verkehre Laibach-Böhmen mitgetheilt. Dem Ansuchen der Firma L. M. wurde ebenfalls bereits Rechnung getragen, und erscheint die diesbezügliche Publication im Centralblatte Nr. 65, ckclto. 31. Mai 1884. Hinsichtlich der Ermäßigung für Holztransporte ab Selz¬ thal nach Triest beziehe ich mich auf die nut Ihnen gepflogene Rücksprache, bei welcher Ihnen besonders mit¬ getheilt wurde, dass die Ermäßigung von Selzthal nach Triest eine durch die Verhältnisse erzwungene war, um die in Selzthal erzeugte Exportware für Egypten via Triest verfrachten zn können, weil anderenfalls die gali- 3 zische Concurrenz mit Umgehung von Triest den Bedarf in Egypten allein zu decken in der Lage wäre. Ich bemerke noch hiebei, dass eine Schädigung der Krainer Holzindustrie weder beabsichtiget noch angenommen werden konnte, nachdem die betreffenden Firmen in Krain und Kärnten ihr Holz bei Aufgabe von einer Wagen¬ ladung billiger nach Triest verfrachten können, als die Firma in Selzthal unter Garantie eines Pflichtquantums von mehreren hundert Wagenladungen; übrigens wird, wie die Direction dies bereits erklärt hat, diese Ange¬ legenheit nach Ablauf des Zugeständnisses entsprechend geordnet werden. Die Ihrerseits angeführten Differenzen zwischen den Frachtsätzen Laibach-Böhmen und Triest, beziehungsweise Görz-Böhmen, sind nicht vollkommen zutreffend, welche Thatsache durch die nachstehenden ziffermäßigen Daten erhärtet wird. des Tarifes, ääto. des Tarifes, ääto. des neuen Tarifes, einz. 285-0,285-0,285'0 Soda s 10 T. Die Frachtsätze ab Haida betragen: s.) im Verkehre mit Laibach auf Grund 20. November 1883, für Thonwaren verpackt einz. 5 10 T. 382-0, 328-4, 285-0 Soda einz. 5 10 T. 285-0, 264'0,211'0 Soda einz. S 10 T. 365 -7, 262 -5, 262-5 Glaswaren, ord., excl. Hohlglas einz. 5 10 T. .382-4,328-4,285'0 Kreuzer pr. 100 Kilogramm; b) im Verkehre mit Triest auf Grund 10. Juli 1881, für Thonwaren verpackt einz. 5 10. T. 484'3, 262'5,208'3 Glaswaren, ord., excl. Hohlglas einz. S 10 T. .316'0, 264 0,211 0 Kreuzer pr. 100 Kilogramm. Glaswaren, ord., excl. Hohlglas einz. 5 10 T. .365'7,262'5,262'5 Kreuzer pr. 100 Kilogramm; e) im Verkehre mit Triest auf Grund giltig vom 1. Juli 1884, für Thonwaren verpackt einz. S io T. 316 0,264 0, 202 -0 1* 4 Aus obigen Ziffern ist zu entnehmen, dass nur hinsichtlich des Artikels Thonwaren bei Aufgabe in Einzelnsendungen eine Rückbeförderung von Triest nach Laibach Convenienz bietet, während in allen anderen Fällen dies nicht zutrifft. Ein gleiches Verhältnis wie bei Thonwaren kann auch bei anderen Artikeln vorkommen, und dürfte sich dieses Verhältnis durch den für Triest ab 1. Juli l. I. giltigen Tarif hinsichtlich Laibach theilweise ungünstiger gestalten. Selbstverständlich können derartige Anomalien nicht fortbestehen, und wurde an die Verbands-Verwaltungen bereits der Antrag gestellt, die Regulierung der Laibacher Taxen auf Grund der Reexpedition in Görz, beziehungs¬ weise Triest, durchzuführen, welche Angelegenheit noch in der Schwebe ist. Was Ihren weiteren Wunsch, betreffend die Gleich¬ stellung der Frachtsätze Triest mit Laibach, anbelangt, so ist derselbe nicht durchführbar, nachdem die betheiligten Verwaltungen hiezu ihre Zustimmung nicht geben werden, selbst in dem Falle, als sich die k. k. Generaldirection entschließen könnte, einen diesbezüglichen Antrag, welcher von weitgehender Bedeutung ist, zu stellen. Ich erlaube mir, Sie aufmerksam zu machen, dass die Bahnverwaltnngen in Deutschland, Italien, Belgien und Holland rc. für ihre Hafenplätze wesentliche Be¬ günstigungen in den Frachtsätzen einräumen, ohne die¬ selben auf die vorgelegenen Stationen rückwirken zu lassen. Das Gleiche trifft auch hinsichtlich der Hafenplätze Triest und Fiume zu, und bei einem Vergleiche der Localtarife der Südbahn und der ungarischen Staatsbahn mit jenen der beiden Hafenplätze werden Sie finden, dass die meisten Artikel ab Triest nach Wien, beziehungsweise ab Fiume nach Ofen oder Pest, mit billigeren Frachtsätzen bedient werden, als dies hinsichtlich der vorgelegenen Station Laibach, beziehungsweise Karlstadt, der Fall ist. 5 — Es sind eben für den Seehafenverkehr ganz andere Momente maßgebend, als für den Binnenverkehr. Die Concurrenzen anderer Häfen, entweder im Süden oder im Norden, bedingen in vielen Fällen eine wesentliche Regulierung der Frachtsätze, und würden die österreichischen Eisenbahnverwaltungen außerstande sein, die Concur¬ renzen der anderen Häfen auf Triest zu übernehmen, wenn sie verpflichtet würden, den gleichen Gesammtsatz auf die vorgelegene Station, wodurch weite Rückwirkungen auf ihre internen Stationen entstehen würden, zu über¬ tragen. Uebrigens ist diese Angelegenheit noch Gegenstand der Berathung im Staatseisenbahnrathe. Ich ersuche, sich der Ueberzeugung nicht zu ver¬ schließen, dass es nur principieüe Motive sind, welche es der Generaldirection nnthunlich machen, diesem Wunsche nachzukommen, und glaube, Ihnen nachgewiesen zu haben, dass sowohl aus ökonomischen sowie auch aus tarif¬ technischen Gründen die Durchführung Ihres Antrages, abgesehen von den concessionsmäßigen Rechten der ein¬ zelnen Bahnen, nicht möglich ist. Indem ich schließlich ersuche, die Versicherung ent¬ gegenzunehmen, dass in Fällen, wo eine Reduction der Frachtsätze für Laibach oder auch für andere Stationen erforderlich ist, von hierorts alles aufgeboten werden wird, nm dieselbe, soweit es sich um einen Anschluss- oder Ver¬ bandsverkehr handelt, bei den betheiligten Verwaltungen durchzusetzen, zeichne ich mit dem Ausdrucke der Hoch- achtnna der k. k. Hofrath und Abtheilungs-Borstand: S. Steingraber rn./x. Mit diesem Privatschreiben konnte ich die Angele¬ genheiten nicht als erledigt betrachten, welche mir von der geehrten Kammer in Laibach zur Vertretung über¬ geben waren, und ich war so frei, in der ersten Sitzung zu interpellieren, warum dieses Beschlusses des hohen 6 k. k. Staatseisenbahnrathes in den Mittheilungen der hohen k. k. Generaldirection nicht gedacht ist, und beantragte, dass der Beschluss sowie das Schreiben der hohen k. st General- direetion dem Tarifcomite zur Begutachtung und Antrag¬ stellung in der nächsten Sitzung zugewiesen werde. Der Herr Vertreter der hohen k. st Generaldirection gab hierüber die Aufklärung, dass die von mir bei Moti¬ vierung des Antrages vorgebrachten einzelnen concreten Fälle allerdings Behandlung gefunden haben, dass jedoch eine Einstellung dieses Gegenstandes in die Mittheilnugen deshalb nicht erfolgt ist, weil die im Beschlüsse enthaltene principielle Frage noch nicht entschieden ist und die hohe k. k. Generaldirection erst nach einer vollständigen Er¬ ledigung des Antrages berichten zu können erachtete. Der Beschluss des hohen k. k. Staatseisenbahnrathes und das Schreiben der hohen k. k. Generaldirection an mich wurden sodann dem Tarifcomitö zugewiesen, wo der Herr Vertreter der hohen k. k. Generaldirection er¬ klärte, über diese Angelegenheit in der nächsten Session Bericht erstatten zu wollen. Das Tarifcomite beschäftigte sich eingehend mit dem darauf bezüglichen Anträge des früheren Mitgliedes Herrn Schwab, dahin lautend: «Für die gleichen Transportgegenstände dürfen unter «den gleichen Verfrachtungsbedingungen die Gesammt- «transportkosten für eine näher gelegene Station nicht «höher bemessen werden als für eine entferntere Station. «Im Auslands- und Seehafenverkehre kann eine «Ausnahme dann eintreten, wenn hierdurch keinerlei «Schädigung der volkswirtschaftlichen Interessen des «Inlandes herbeigeführt wird.» Dieser Antrag gab mir Gelegenheit, im Tarifcomite auf die vielfachen Anomalien hinzuweisen, welche sich aus den bisherigen Tarifen für den Handelskammcrbezirk von Laibach ergeben; ich schilderte die Nachtheile, welche 7 unserem Handel, der Industrie, Land- und Forstwirt' schäft durch die ungleichen Tarife zugefügt werden, und die Consequenzen, welche daraus entstehen, dass die um ca. 170 Kilometer entfernteren Stationen weit billigere Frachtsätze zahlen, als die näher gelegenen krainischen Stationen. Mein Bestreben war dahin gerichtet, dass so be¬ deutend billigere Frachtsätze nur für die Sendungen be¬ williget werden sollen, welche factisch zum Export gelangen, dagegen nicht die gleichen Frachtsätze für alle Import¬ waren und solche Sendungen concediert werden sollen, welche von den begünstigten Stationen nach den inländischen Stationen zurückgelangen, respective zurückexpediert werden. Im Tarifcomite wurden die vielfachen großen Nach¬ theile anerkannt, welche Kram durch die bisherige Tarif¬ politik erleidet, allein verschiedene Zusatzanträge, welche gestellt wurden, um die volkswirtschaftlichen Interessen des Inlandes zu schützen, konnten nicht die Majorität für sich gewinnen, umsoweniger, als der Herr Vertreter der hohen k. k. Generaldirection allen diesbezüglichen An¬ trägen energisch entgegentrat und für dieselbe vollkommene Tariffreiheit verlangte. Nach langen interessanten Debatten im Comite hat dasselbe beschlossen, dem hohen k. k. Staatseisenbahnrathe folgenden Antrag znr Annahme zu empfehlen: 1. ) Für die gleichen Transportgegenstände dürfen im inländischen Local-, Anschluss- und Verband-Verkehre auf derselben Verkehrslinie und unter gleichen Berfrach- tungsbedigungen für die näher gelegenen Stationen keine höheren Gesammtfrachtkosten als fiir die weiter gelegenen berechnet werden. Bei Beurtheilnng der Höhe der Ge¬ sammtfrachtkosten sind etwaige Refactien mit in Rechnung zu ziehen. 2. ) Im Verkehre nach dem Auslande, den Seehäfen und den Wasserumschlagplätzen haben die obigen Bestim¬ mungen keine Geltung. 8 Der Herr Vertreter der hohen k. k. Generaldirection befürwortete die Vertagung dieses Gegenstandes bis znr nächsten Session. Nachdem es mir klar war, dass bei einfacher An¬ nahme der Comite-Anträge den Beschwerden der Kammer in Laibach nicht die geringste Abhilfe zutheil würde, indem die meisten Beschwerden den sogenannten See¬ hafentarifen entspringen und die Bahnen nach Annahme des Comiti-Antrages solche ebenso rücksichtslos gegenüber dem Binnenhandel und der Binnenindnstrie stellen können, wie das bisher gegenüber Kram der Fall war, so bemühte ich mich so viel als möglich, wenn auch mit sehr gerin¬ ger Hoffnung auf Erfolg, eine Aenderung des zweiten Comite-Antrages zu erreichen; die Bedingung des factisch erfolgten Exportes der durch die Tarife begünstigten Waren hatte keine Aussicht znr Annahme, und ich habe mich entschlossen, ans den ursprünglichen Antrag des früheren Staatseisenbahnraths-Mitgliedes, des geehrten Herrn Schwab, zurückzugreifen und an Stelle des zweiten Comite-Antrages dessen Zusatzantrag einzubringen, so dass der ganze Antrag lauten würde: 1. ) Für die gleichen Transportgegenstünde dürfen im inländischen Local-, Anschluss- und Verband-Verkehre auf derselben Verkehrslinie und unter gleichen Verfrach¬ tungsbedingungen für die näher gelegenen Stationen keine höheren Gesammtfrachtkosten als für die weiter gelegenen berechnet werden. Bei Benrtheilung der Höhe der Gesammtfrachtkosten sind etwaige Refaetien mit in Rechnung zu ziehen. 2. ) Im Verkehre nach dem Auslande, den Seehäfen und den Wasserumschlagplätzen kann eine Ausnahme eintreten, wenn hiedurch keine Schädigung der volkswirt¬ schaftlichen Interessen des Inlandes herbeigeführt wird. Ich bemühte mich, bei Begründung meines Antrages die Nachtheile für die volkswirtschaftlichen Interessen des Inlandes nachzuweisen, welche aus den Tarif-Ano- s malim entstehen, habe insbesondere die große Schädigung des Handels, der Industrie-, Forst- und Landwirtschaft in Kram durch die ungleichen Tarife detailliert nach¬ zuweisen versucht und dabei meine schwierige Stellung hervorgehoben, die sehr verschiedenartigen Interessen von Görz und Laibach vertreten zu müssen, indem Görz und mehrere entferntere Binnenplätze in der Grafschaft die billigeren Seehafentarife besitzen, während die 170 Ki¬ lometer näher gelegenen Stationen in Kram die gleichen Tarife nicht erreichen können. Als Vertreter von Görz verwahrte ich mich dagegen, diesbezüglich für Görz eine Aenderung herbeiführen zu wollen, und habe den Wunsch ausgesprochen, dass Görz stets die gleichen Tarife erhal¬ ten würde, wie die Seehafenplätze, ich schilderte sodann die factischen Verhältnisse in Kram. L. Bezüglich des Handels in Krain. Alle Handelsartikel werden nach dem Tarife vom 1. Juli 1884 für den directen Frachtgut-Verkehr im süd - nord-österreichisch - ungarischen Eisenbahn - Verbände wesentlich billiger nach Triest, Fiume, Görz, Sagrado re. geführt, als dies nach dem Tarife vom 20. November 1883 für den direeten Verkehr im Laibach-Leoben-böh- mischen Verband-Verkehre bezüglich der um 160, bezie¬ hungsweise 167 Kilometer näheren Station Laibach der Fall ist; bei Zucker beträgt die Differenz 40 bis 80 kr., bei Thonwaren 168 kr., bei Leinenwaren und Manu- facturwaren 160 bis 220 kr., bei Soda 80 kr., je nach der Ware, für 100 Kilogramm zu Ungunsten von Laibach, und es bedarf keines Beweises, dass der Handel mit allen Waren über das Pomörium von Laibach hinaus nicht mehr concurrenzfähig ist, indem jede Ware bis Laibach bereits mit einer weit höheren Fracht belastet ist, als wenn solche nach den begünstigten Stationen 10 geführt wird, welche mit Vortheil die Waren zurück nach Laibach versenden können. Der ehemals sehr bedeutende Handel mit Getreide in Laibach wurde durch die Tarif-Anomalien ganz un¬ möglich, indem von den ungarischen Stationen die Ge- treidesenduugen billiger nach den entfernteren Stationen direct gemacht werden können, als dies bis Laibach der Fall ist. Ein Weitersenden von Getreide ab Laibach liegt ganz außer aller Möglichkeit. Bei der Aufgabe von Producten des Landes Krain nach den Verbandstationen oder nach dem Auslände treten die gleichen Uebelstände zutage; die Artikel Pflaumen, Pottasche, Kleesaat und Bohnen, welche das Land expor¬ tiert, kosten weit mehr von Laibach nach den Bestim¬ mungsstationen, als von Triest, und werden mit Vortheil erst nach Triest gesandt und von da nach den Bestim¬ mungsstationen reexpediert. Der Handel in Laibach mit einzelnen Artikeln nimmt zusehends ab oder hat ganz aufgehört; so ist dies z. B. bei Pflaumen der Fall, bei welchem Artikel überdies von der Südbahn für die kroatischen Stationen Agram rc. so bedeutende Frachtermäßigungen gegeben wurden, dass die Erzeugung des Landes Krain von diesem Artikel nicht mehr nach Laibach zu Markt geführt werden kann, sondern nach Agram und den begünstigten Sta¬ tionen Agram bis Steinbrück und von dort billiger nach Wien und den Bestimmungsorten im Auslande weiter befördert wird. Der Concurrenzkampf, welchen der Handel in Laibach gegenüber den von den Tarifen begünstigten Stationen kämpfen muss, wird mit ungleichen Waffen geführt, und obgleich der Handel ein gewisses Beharrungsvermögen besitzt und nicht so schnell an einem Orte aufhört und am anderen Orte beginnt, so besteht doch kein Zweifel, dass der Handel in Laibach continuierlich abnehmen muss, weun nicht bald Abhilfe geschaffen und die Tarifnach- 11 theile für Laibach behoben werden. Der Rückgang im Verkehre von Laibach ist bereits auffallend, was natürlich theilweise mit der Abnahme der Industrie zusammenhängt. 6. Bezüglich der Industrie in Krain. Die vielen Wasserkräfte in Krain waren vorzugs¬ weise für die Mühlenindustrie verwendet, welche ehemals sehr bedeutend war, bevor noch Bahnen existierten. Das Getreide wurde auf der nahe bis Laibach schiffbar gewesenen Save aus Ungarn bezogen und das erzeugte Mehl nach den benachbarten Provinzen, hauptsächlich jedoch via Triest exportiert. Nach Eröffnung der Bahn bis Laibach wurde die Wasserstraße aufgelassen, und der Verkehr erreichte den höchsten Umfang, so lange Laibach Endpunkt der Bahn blieb. Als die Bahnstrecke von Laibach bis Triest eröffnet wurde, hat das Land natürlicher Weise viel vom Ver¬ kehr verloren, doch die Mühlen florierten noch bis zum Jahre 1867, weil bis dahin Getreide billiger verfrachtet wurde als Mehl und die Tarife noch nicht so harte Ungleichmäßigkeiten enthielten wie gegenwärtig. Die Differentialtarife haben zuerst das Geschäft in Krain sehr erschwert, indem die Triester Mühlen den Weizen ans die lange ununterbrochene Strecke billiger beziehen oder die Budapester Mühlen das Mehl bis Triest billiger versenden konnten als die krainischen Mühlen mit Unterbrechung des Differentialtarifes, denn beim Bezüge des Weizens bis Laibach und Weiterver¬ sendung des Mehles von Laibach nach Triest war natürlich die Gesammtfracht eine weit höhere; der Getreide-Transit¬ handel in Laibach hat sofort nach Einführung der Differentialtarife seine Basis verloren, wie überhaupt die Differentialtarife den Zwischenhandel in vielen Produeten und an vielen Orten zur Unmöglichkeit machen und auf gewisse, durch die Natur oder die Tarife begünstigte Orte 12 concentrieren; die Mühlen in Kram haben jedoch trotz der Nachtheile in den Tarifen weiter gearbeitet, bis sich deren Lage von Jahr zu Jahr durch weitere Tarif- ändernngen derart verschlimmerte, dass ein Unternehmen nach dem anderen den ungleichen Kampf aufgeben und die Waffen strecken musste. Im Jahre 1867 wurde auf Andringen der ungari¬ schen Mühlen das Product Mehl gleich dem Rohstoffe Getreide tarifiert, was für die österreichischen Mühlen ohne Zweifel sehr ungünstig war, da alle auf den Bezug von ungarischem Weizen angewiesen sind und den Weizen auf viel längere Strecken beziehen, als sie gewöhnlich das Mehl versenden, während es bei der ungarischen Concurrenz gerade umgekehrt ist. Später wurden die Seehafentarife und Exporttarife für Getreide und Mehl eingeführt und damit der größte Theil der krainischen Mühlenindustrie zum Stillstände gezwungen. Das ungari¬ sche Getreide wurde billiger nach Triest geführt als bis Laibach, anderseits das Mehl aus Budapest nach Triest ebenfalls billiger als der ungarische Weizen nur bis Laibach. Die Fracht beträgt z. B. gleich auf Getreide oder Mehl von Budapest nach Triest . 108 kr. pr. 100 Ko., dagegen bezahlt das Getreide von Budapest nach Laibach . 130 kr. das Mehl von Laibach nach Triest.44 - - 1/4 » die Differenz beträgt demnach . 66 » welche die krainischen Mühlen nicht überwinden konnten. Dazu kommt noch der Uebelstand, dass die Fracht ans Mehl von Ungarn gleich und von Triest nach deutschen Stationen wesentlich billiger ist als von Laibach, und die Concurrenz in Baiern dadurch unmöglich wurde; in den benachbarten Provinzen wurden ebenfalls größere Mühlen errichtet, und da die zahlreichen Mühlen in Kram den localen » 100 » » 100 » 13 Bedarf mit ihrer Erzeugungsfähigkeit weit überschritten, so war ein großer Theil derselben zur Arbeitseinstellung gezwungen und die Besitzer der Mühlen sahen dieselben zu Ruinen werden, da es den wenigsten davon gelungen ist, eine andere Arbeit für ihre Objecte ausfindig zn machen. Die lang erhoffte und theilweise endlich erfolgte Aendernug dieser Tarifpvlitik vermag auch nur die Exi¬ stenz der noch bestehenden Mühlen zn erhalten, die ver¬ fallenen Mühlen werden jedoch kaum je mehr hergestellt werden und geben ein warnendes Beispiel, wie Seehafen¬ tarife volkswirtschaftliche Schäden anrichten können, wenn deren Folgen für das Inland nicht berücksichtiget werden. Die Montan-Jndustrie in Kram, welche über tau¬ send Jahre besteht und die älteste Industrie im Laude ist, befindet sich ebenfalls in sehr misslicher Lage; abge¬ sehen von der allgemeinen sehr ungünstigen Geschäftslage seit dem Jahre 1873, wirken specielle Gründe mit, welche diese einst blühende Industrie zum Stillstände bringen dürften. Die krainischen Werke haben keinerlei fossilen Brenn¬ stoff und arbeiten nur mit vegetabilischem Brennstoffe, welcher unabhängig von der misslichen Geschäftslage der Eisenindustrie fortwährend im Preise steigt, denn das Holz lässt sich eben bei der verbesserten Communication und billigeren Frachten für vielerlei andere Zwecke besser ver¬ werten als für Holzkohle; letztere wird alljährlich weniger und theurer. Wenn nun der Eisenpreis fällt, so ist die prekäre Lage dieser Eisenindustrie selbstverständlich, und dieselbe könnte nur dann Aussicht haben, im Betriebe erhalten zu bleiben, wenn es möglich sein würde, derselben Schmelz- Coaks zn sehr reducierten Frachtsätzen zuzuführen, welche Frage vielleicht einst die Bahnverwaltungen beschäftigen wird, welche zu erwägen haben werden, ob es ihnen con- veniert, an der Fracht für Coaks eine ausgiebige Ermäßi¬ gung eintreten zu lassen, um die bisher mit vegetabilischem 14 Brennstoffe arbeitenden Hochöfen an ihren Linien im Betriebe zu erhalten, wovon auch der Betrieb der Bergbaue und mancher Hüttenwerke abhängig ist. Die krainischen Werke sind am weitesten entfernt von den Stationen, welche Coaks erzeugen, überdies sind solche von der Natur bezüglich Billigkeit und Reichthum der Erze nicht so begünstigt wie die Werke in Steiermark und Kärnten. Wenn sie lebensfähig waren, so hat dies ihre geographische Lage bewirkt, die Nähe von Italien und der Seehäfen, welche Absatzgebiete sie mit billigerer Fracht erreichen konnten, als ihre in anderer Beziehung viel besser situierten Concurrenten. Der Absatz von Stahl nach Italien, welcher ein Hauptbetriebszweig der krainischen Werke schon zu Väl- vasors Zeiten war, wurde durch den Handels- und Schiffahrtsvertrag zwischen Italien und Oesterreich vom 27. Dezember 1878 unmöglich gemacht, indem im Schluss¬ protokolle unter nachträglich abgegebenen Vorbehalten und Erklärungen des Vertrages zum H. Theile, Tarif L., Post-Nr. 18, die Erklärung ausgenommen wurde: «Italien behält sich bezüglich der Zollbehandlung «des gehärteten Stahles die Freiheit der Entschlie¬ ßung vor.» Damit wurde dieser wichtige Artikel auf Gnade und Ungnade Italien preisgegeben, welches eine eigene Stahlindustrie ins Leben rief und bereits im Jahre 1880 den Zoll für Kistenstahl von Lire 4,62 auf Lire 10 per 100 Kilogramm erhöhte. Damit war der Stahlabsatz in Italien verloren, und viele Hoffnungen, welche die krai¬ nischen Werke auf die Pontebba-Bahn setzten, wurden ent¬ täuscht, denn nur höchst selten passiert noch eine Stahl¬ sendung aus Krain diese Strecke. Für den Export über die Seehäfen erreichten die concurrierenden Werke von Kärnten und Steiermark für die doppelte Distanz die gleiche Fracht, wie solche die kraini¬ schen Werke für den viel näheren Weg zu zahlen hatten, 15 und damit wurde den Werken in Kram der einzige Vortheil der natürlichen Lage in der Nähe des Meeres künstlich entzogen und die Concurrenz am Weltmarkt erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht. Einen Ersatz schien die Erzeugung von Spiegeleisen und Ferromangan zu bieten, welches die Hochöfen in Kram zuerst, und zwar seit dem Jahre 1872, erzeugten und bis 1876 in alle Länder exportierten, welche eine größere Eisenindustrie haben und diesen Artikel früher nicht producierten. Seit 1876/77 erzeugen jedoch die großen deutschen, französischen und englischen Hüttenwerke das gleiche Product, für welches sie die Manganerze sehr weit zuführen müssen, was jedoch bei den billigen Wasser¬ wegen umsoweniger in Anschlag kommt, als die Schmelz- Coaks in jenen Ländern unendlich viel billiger sind als in Oesterreich und eine Concurrenz mit vegetabilischem Brennstoffe nahe ausgeschlossen scheint. Aus dem hoffnungsvollen Exportartikel ist ein Im¬ portartikel geworden, mit welchem die Concurrenz im Jnlande schier unmöglich geworden ist, und es scheint nicht ohne Nutzen zu sein, hierbei der verschiedenen Tarif¬ politik zu gedenken. Als die Werke von Kram im Jahre 1875 größere Quantitäten nach Creusot, St. Chamond und anderen französischen Stationen sandten, mussten sie den Preis loco französischen Stationen machen und fragten bei der k. k. priv. Südbahn um die betreffenden billigsten Tarif¬ sätze. Als nun später merklich höhere Tarife als die an¬ gegebenen berechnet wurden und dagegen reclamiert wurde, ist die Reclamation mit der Motivierung abgewiesen worden, dass die französische Mittelmeer-Bahn angibt, der betreffende Tarif gelte nur für den Export von Eisen und Eisenwaren von Frankreich nach Oesterreich, für den Import von Oesterreich nach Frankreich werden jedoch nicht die gleichen Frachtsätze bewilligt. 16 In Oesterreich dagegen werden gewöhnlich billigere Tarifsätze für den Import bewilligt, als für den in¬ ternen Verkehr und den Export. Nach dem Verbandtarife vom 1. Juli 1884 hat z. B. Roheisen von Triest nach den böhmischen Stationen einen billigeren Frachtsatz als von den um 210 Kilometer näheren Stationen in Kram nach Böhmen, und es ließen sich aus diesem Tarife noch viele Beispiele für diese Thatsache anführen. Von deutschen Stationen wird jetzt Spiegeleisen zu Preisen franco österreichischen Stationen offeriert, welche beweisen, dass die Frachtsätze für den Import weit billiger sein müssen, als solche je den österreichischen Werken für den Export nach den gleichen Stationen auf die gleiche Ware concediert wurden. Die Thatsache, dass ausländische Waren auf den österreichischen Bahnen oft billigere Frachtsätze genießen als die gleichen österreichischen Waren im internen Ver¬ kehr, wird damit motiviert, dass auf den ausländischen Waren eine gewisse Vorfracht lastet und stets die abso¬ lute Gesammtfracht calculiert werden müsse. Diese Motivierung ist vielleicht erklärlich von einem Ausländer, welcher österreichische Bahnen verwaltet und dabei stets ausländische Interessen zu vertreten berufen ist, nimmermehr jedoch von einer österreichischen Verwal¬ tung, welche die inländischen Interessen über die aus¬ ländischen stellen müsste. Würde dieses von den Franzosen in Oesterreich, jedoch niemals in Frankreich angewendete Princip zur allgemeinen Geltung gelangen, so müsste jede auslän¬ dische Ware in Oesterreich billiger gefahren werden als die österreichische, und welche Consequenzen daraus für das allgemeine Wohl und die Volkswirtschaft erwachsen, kann man leicht ermessen und hat es bisher leider viel¬ fach empfunden. Factisch werden die Schutzzölle durch solche Tarifpolitik ost ganz illusorisch gemacht. 17 Die Werksbesitzer in Kram denken ernstlich daran, den Betrieb einzustellen und sich nur mehr der Forst¬ wirtschaft zu widmen, deren Ertrag in letzterer Zeit oft dazu dienen musste, die Verluste bei den Hüttenwerken zu decken. Die Ungleichheit der Eisenbahn-Tarife und Begün¬ stigungen, welche die Concurrenz erreicht, tragen nicht wenig dazu bei, die Ausführung dieses Entschlusses zu beschleunigen; so z. B. hat ein benachbartes steirisches Werk bei der Südbahn im Rückvergütungswege einen Nachlass von 10°/, auf alle Frachten, welche es em¬ pfängt oder versendet, überdies eine Frachtermäßigung von 25°/, für Stabeisen in allen Quantitäten, welche es nach Laibach versendet, wo es mit den krainischen Werken concurriert. Auch die hohe k. k. Geueraldireetion hat für Stabeisen von Klagenfurt nach Podnart Ermäßigungen der Tarife eingeführt, welche den krainischen Werken den Absatz in deren nächster Umgebung erschwerten. Die junge Eisenindustrie in Italien wird von den österreichischen Bahnen in jeder möglichen Weise begünstigt, und der Zeitpunkt scheint nahe, an welchem österreichisches Stab¬ eisen auch aus Italien verschwunden sein wird. Der Concurrenzkampf wird bei dieser Industrie ebenfalls mit ungleichen Waffen geführt, das Unterliegen ist eine Frage der Zeit; es bleibt nur zu wünschen übrig, dass es rechtzeitig möglich sein wird, für dieselbe schein¬ bar überlebte Industrie einen Ersatz zu finden, welcher den zahlreichen Arbeitern eine andere Existenz bieten und die verlassenen Hämmer und Hüttenwerke mit deren bedeutenden Wasserkräften andern Zwecken dienstbar machen könnte. An Bestrebungen dazu fehlt es nicht; allein die Schwierigkeiten sind große und die Tarifungleichheiten vermehren solche nicht unbedeutend, denn ans meinen: letzten Berichte vom Mai d. I. geht hervor, dass auch andere jüngere Industrien in Kram sich durch ungleiche Tarife beschädigt fühlen, z. B. Holzschleifereien, Canditen- 2 18 — fabrik, Feuerspritzenfabrik, dann anch die Knochenmehl- nnd Leimfabrik re. Die Nägelerzeugnng durch Handarbeit, welche viele Leute beschäftiget, scheint auch nicht lange mehr concurrenzfähig zu sein, auch dafür muss eine andere Erwerbsquelle gefunden werden. 6. Bezüglich der Land- und Forstwirtschaft. Die Landwirtschaft in Kram ist benachtheiliget durch die Uebelstände, welche ich bereits beim Handel erwähnt habe, und leidet ohne Zweifel darunter, dass die wenigen Exportartikel, wie z. B. Bohnen, Kleesaat, Pflaumen, Pottasche rc., von Kram eine weit höhere Fracht nach dem Auslande zahlen wie von Triest. Die Differenzen betragen fl. 100 und mehr pr. Waggon, je nach dem Bestimmungsorte. Noch mehr benachtheiliget fühlt sich die Forstwirt¬ schaft. Kram besteht ans zwei Drittel Waldland, doch sind die Waldungen weder durch die Südbahn noch durch die Rudolfsbahn direct berührt worden, liegen meist abseits von den Bahnen und hauptsächlich im südöstlichen Theile von Kram, welcher sowohl guter Straßen als Eisenbahnen vollkommen entbehrt. Die Vorfracht, nm bis znr Bahn zu gelangen, ist meistens eine bedeutende. Die großen Quantitäten Holz, welche z. B. von Gottschee und Reifniz zur Bahn nach Rakek geführt werden und welche mindestens eine halbe Million Meter- Centner jährlich betragen, müssen eine Vorfracht von ca. fl. 1,40 pr. 100 Kilo zahlen, um bei Rakek au die Bahn zu gelangen. Bei diesen Verhältnissen erhält der Waldbesitzer sehr wenig für das Holz, mit welchem er auf dem Weltmärkte concurrieren muss. 19 Die Frachtsätze der Bahnen sind ans die kurzen Distanzen verhältnismäßig sehr hoch, dagegen werden die weitesten Distanzen in jeder Richtung auf nahezu unbe¬ greifliche Weise begünstiget. Ich habe bereits in meinem Berichte vom Mai a. o. der Refactientarife von Selzthal nach Triest gedacht, nach welchen die Brettersendungen ans die Entfernung von 517 Kilometer mit fl. 75 pr. Waggon geführt werden; verhältnismäßig noch größere Frachtnachlässe wurden auf das Holz von Galizien nach Triest gewährt, welches nun zu einem Frachtsätze von 9 kr. pr. Waggon und Kilometer geführt wird. Mit dieser Ware müssen die Waldbesitzer in Kram concurrieren, und es ist leicht begreiflich, dass sie sich durch diese enorm billigen Frachtsätze geschädigt fühlen, nmsomehr, wenn sie bedenken, dass z. B. die Südbahn das Holz von Selzthal mit einem Antheile von fl. 21 für einen Waggon für die Strecke Laibach-Triest führt, während der normale Frachtsatz für diese Strecke für andere Sendungen fl. 48 pr. Waggon beträgt. Dazu kommen verschiedene andere Tarif-Anomalien, so z. B. haben die Stationen hinter Laibach im Refactien- wege eine billigere Fracht nach Cormons, als die näher gelegene Station Laibach. Die Fracht von Agram nach Triest auf Holz ist billiger als für die halbe Distanz Laibach-Triest, die Stationen auf der Strecke zwischen Steinbrück und Agram müssen eine weit höhere Fracht zahlen als Agram, so dass viele Sendungen mit Fuhrwerken nach Agram zurück¬ geführt werden sollen, um von dort mit billigerer Fracht nach Triest anfgegeben zu werden, als es von den näheren Stationen möglich ist. Die Fracht von Agram nach Triest ans Holz ist ebenfalls billiger als für die halbe Distanz von Agram nach Laibach, worüber die Parquetten-Fabriken und Möbel-Erzeuger klagen, welche Eichenholz von Kroatien 20 nach Laibach und die Umgebung beziehen; ebenso klagt der Holzhandel über diese Anomalien. Seit die Differential-Seehafen- und diverse Re- factientarife eingeführt sind, gibt es factisch keine Geo¬ graphie mehr. Die weitesten Distanzen zahlen oft billigere Frachten als die nahen, und der Vortheil der natürlichen Lage, die Nähe des Meeres ist nun ganz illusorisch ge¬ worden ; damit ist jedoch auch die Stabilität für Handel und Industrie verloren gegangen, der Unternehmungsgeist vielfach erlahmt und das Capital wird von der Industrie abgeschreckt, welche allein geeignet scheint, die materiellen Verhältnisse in Krain zu bessern und der starken Aus¬ wanderung zu steuern. Ich versuchte mit Anführung dieser Uebelstände zu beweisen, dass gewisse Principien bei Aufstellung von Tarifen unentbehrlich sind, und ein ebenso gerecht als natürlich scheinendes Princip ist es, dass auf einer Ver¬ kehrslinie, in derselben Verkehrsrichtung und unter den gleichen Bedingungen die Gesammttransportkosten für eine näher gelegene Station nicht höher sein dürfen als für eine entferntere. Dieses Princip war vom hohen Reichsrathe bereits als Gesetz angenommen worden, das hohe Herrenhaus hat den Beschluss über die betreffende Gesetzvorlage auf unbestimmte Zeit vertagt, doch wurde dieses Princip in¬ folge protokollarischer Vereinbarungen seitens der hohen k. k. Regierung mit mehreren Bahnnnternehmungen mit bindender Kraft eingeführt. Die hohe k. k. Regierung sowie die hohe k. k. Ge- neraldirection scheinen jedoch gegenwärtig bei Verwaltung des großen Staatsbahnnetzes sich weder durch Principien noch durch Gesetze binden lassen zu wollen, sondern vor¬ zuziehen, freie Hand gleich den Privatbahnen zu behalten. Dies scheint nicht nur aus dem Widerstande gegen Be- rathung eines allgemeinen Tarifgesetzes im hohen Reichs- 21 rathe hervorzugehen, welches allein geeignet wäre, den vielfachen gemeinschädlichen Anomalien im Tarifwesen ein Ende zu machen, sondern auch das Bestreben der hohen k. k. Generaldirection, den hohen k. k. Staatseisen¬ bahnrath von jedem diesfälligen principiellen Beschlüsse abzuhalten, ist ein Beweis für diese Vermuthung, welche durch einen weiteren Vorfall bestärkt wird. Es wurde nämlich von einem Mitglieds des hohen k. k. Staatseisenbahnrathes mitgetheilt, dass die Prag- Duxer Eisenbahn, welche im Betriebe des k. k. Staates ist, einen Tarif publicierte, nach welchem alle Güter von Komotau nach Prag bedeutend billiger befördert werden, als von den in gleicher Verkehrsrichtung näher gelegenen Stationen derselben Bahn; nun hat dieselbe laut Pro¬ tokoll vom 1. April 1878 die Verpflichtung übernommen, das mehrfach erwähnte Princip bei ihren Tarifen ein¬ zuhalten. Diese Verpflichtung ist nun, wie es scheint, mit Zustimmung der hohen k. k. Generaldirection vom k. k. Betriebsdirector umgangen worden, was kein gutes Bei¬ spiel für die Privatbahnen geben dürfte, welche die gleichen Verpflichtungen eingegangen sind. Jedoch scheint dies einen triftigen Grund mehr abzugeben, um die Festsetzung ge¬ wisser Principien nicht zu vertagen und deren Aufstellung der hohen k. k. Regierung im allgemeinen Interesse an- znrathen, sonst dürften die großen Hoffnnngen, welche die Bevölkerung in Oesterreich auf den k. k. Staatsbahnbetrieb baut, zu schnell enttäuscht werden. Diese Beweggründe scheinen auch maßgebend ge¬ wesen zu sein, dass die Vertagungsanträge der hohen k. k. Regierung vom hohen k. k. Staatseisenbahnrathe ab¬ gelehnt und die Anträge des Tarifcomites von der Majorität angenommen wurden. Mein Zusatzantrag, respective der Antrag des früheren Mitgliedes Herrn Schwab, welcher eine Ausnahme vom Principe für den Auslands- und Seehafenverkehr nur dann 22 eintreten lassen wollte, wenn hierdnrch keinerlei Schädigung der volkswirtschaftlichen Interessen des Inlandes herbei- geführt wird, wurde von der Majorität leider abgelehnt, und somit wird der erwähnte Beschluss des hohen k. k. Staatseisenbahnrathes für die durch ungleiche Tarife so sehr geschädigte Provinz Krain keine wesentliche Verände¬ rung herbeiführen; doch ist zu hoffen, dass infolge der bei dieser Gelegenheit erfolgten Bekanntmachung der volkswirtschaftlichen Nachtheile, welche Krain erleidet, nnd infolge des Beschlusses des hohen k. k. Staatseisenbahn¬ rathes vom 21. Mai u. o. wenigstens eine Milderung der crassen Uebelstäude eintreten nnd ein Ausweg gefunden werden wird, wie man den Seehafenverkehr von Triest heben könnte, ohne das Hinterland wirtschaftlich zu schä¬ digen, was gewiss den allgemeinen volkswirtschaftlichen Interessen zum Vortheile gereichen würde. Laibach, im November 188-i. K. Lucknrcrnn. N0K00N0 IN 0NI0LK2IIL7N0 SSSSS43S ISS Druck von Kleinmciyr L Bamberg, Laibach. 2502, 84.