Vierter ]ahresbericht des k. k. $taat$gyitma$ium$ zu Gottschee veröffentlicht am Schlüsse des Schuljahres 1908-09. Inhalt: 1.) Anton Alex. Graf v. Auersperg (Anastasius Grün). Ein Bild seines Lebens und Dichtens. Von Dr. Franz Riedl, k. k. Gymnasial-Direktor. 2.) Schulnachrichten. Vom Direktor. Gottschee 1909. Verlag des k. k. Staatsgymnasiums Gottschee. Buchdruckerei J. Pavlicek in Oottschee. Vierter Jahresbericht des k. k. Staatsgynmasiums zu Gottschee veröffentlicht am Schlüsse des Schuljahres 1908-09. Inhalt: 1.) Anton Alex. Graf v. Auersperg (Anastasius Grün). Ein Bild seines Lebens und Dichtens. Von Dr. Franz Riedl, k. k. Gymnasial-Direktor. 2.) Schulnachrichten. Vom Direktor. Gottschee 1909. Verlag des k. k. Staatsgymnasiums Gottschee. Buchdruckerei J. Pavlicek in Gottschee. Anton Alex. Graf von Auersperg (Anastasius Grün). Ein Bild seines Lebens und Dichtens von Dr. Franz Riedl k. k. Gymnasial - Direktor. Inhalt. Titelbild. I. Allgemeines Charakterbild. S. 2 — 9. II. Jugendjahre und Jugenddichtungen. S. 9— 16. III. Anastasius Grün als politischer Dichter. S. 17 — 25. IV. Allerlei Reise- und Zeiterlebnisse. S. 25. — 31. V. Andere erzählende Dichtungen. Des Dichterlebens Höhepunkt und Ausgang. S. 31 —39. So lang der Sonnenwagen Im Azurgleis noch zieht Und nur ein Menschenantlitz Zu ihm empor noch sieht; So lang der Himmel Stürme Und Donnerkeile hegt Und bang vor ihrem Grimme Ein Herz noch zitternd schlägt; So lang nach Ungewittem Ein Regenbogen sprüht, Ein Busen nach dem Frieden Und der Versöhnung glüht; So lang die Nacht den Äther Mit Sternensaat besät Und noch ein Mensch die Züge Der goldnen Schrift versteht; Anastasius Grün. So lang der Mond noch leuchtet, Ein Herz noch sehnt und fühlt; So lang der Wald noch rauschet Und einen Müden kühlt; So lang noch Lenze grünen Und Rosenlauben blühn; So lang noch Wangen lächeln Und Augen Freude sprühn; So lang noch Gräber trauern Mit den Zypressen dran; So lang ein Aug noch weinen, Ein Herz noch brechen kann; So lange wallt auf Erden Die Göttin Poesie Und mit ihr wandelt jubelnd, Wem sie die Weihe lieh. Und singend einst und jubelnd Durchs alte Erdenhaus Zieht als der letzte Dichter Der letzte Mensch hinaus. (Aus „Der letzte Dichter“.) Anton Alex. Graf v. Auersperg. (Anastasius Grün.) i. Allgemeines Charakterbild.1 So ist mein Lied im Dichterlenze Ein Vogel nur, ein Blatt, ein Schimmer Und fehlt es, bleibt noch g’nug vom Lenze, Doch ist der ganze Lenz es nimmer. Drum grüne kühn, Baum meiner Lieder, Im Haine deutschen Sangs ein Sprosse, Inmitten deiner schönem Brüder Ein treuer, heiterer Genosse. So singt der Dichter in dem „Prologe“, welchen er als Einleitung einer Gesamtausgabe seiner Werke in fünf Bänden vorausgeschickt hat, die er erst in seinem siebzigsten, seinem letzten Lebensjahre wie in Todesahnung hastig in Angriff genommen, aber erst sein langjähriger Freund, der Schriftsteller Ludw. Aug. Frankl, von der Witwe des Verewigten dazu beauftragt, ein Jahr nach dessen Tode veranstaltet hat. Es sind bescheidene Worte, welche der Dichter ausspricht, so große Anerkennung, selbst Begeisterung er auch schon bei Lebzeiten gefunden hat. Ja, er ahnte wohl und sprach es aus, daß es auch i h m einst so ergehen könne wie vielen, sogar großen Sangesvordern, deren Lieder in Vergessenheit verhallten und verklangen und erst spätere Nachwelt wieder anerkannt und gewürdigt hat. Von dem großen, mächtigen deutschen Poesienschwalle drohten auch seine Schöpfungen überflutet zu werden; aber sie 1 Der Frühling des Jahres 1906 ist vorübergerauscht in Festlichkeiten zur Verherrlichung der hundertjährigen Wiederkehr des Geburtstages unseres heimatlichen Dichters Anastasius Grün (geb. am 11. April 1806). Nicht nur in des Dichters engerem Vaterlande wurde diese Wiederkehr gefeiert, sondern überall dort, wo deutsche Poesie eine Stätte hat, seine Verehrer findet; nicht nur in Österreich, sondern auch weithin außerhalb seiner Grenzen. Aber verhallt sind die Lobeshymnen, die man damals dem Dichter gesprochen und gesungen, denn rasch ist der Wandel der Zeit, ein Eindruck verdrängt den anderen, ein Interesse drängt dem anderen nach, und wie die Kleidermode den äußeren Menschen stets anders hüllt und formt, so schlägt auch die literarische Mode Jahr für Jahr den Geist des Menschen in ihre Fesseln und da wird das Gewesene leicht das Alte, das Veraltete oder gar Verschollene, das sich nur besondere Literaturfreunde frisch und kräftig im Gedächtnis und Herzen bewahren. Da ist es hauptsächlich die Schule, welche die Aufgabe hat, Wertvolles der vergangenen Zeit als ewigen, lebendigen Bildungsschatz zu vermitteln und wirkend zu erhalten, insbesondere in den empfänglichen Herzen der Jugend zu deren Bildung, Veredelung, Freude und Stolz. So verdanken die meisten Dichter vergangener Tage ihre Unvergänglichkeit und dauernde Beliebtheit nicht zum wenigsten der Schule, ja selbst unsere bedeutendsten Dichter. So möge denn auch gerade die Schule das Andenken unseres bedeutendsten deutschen Dichters Krains stets konnten nicht untergehen, denn wahre, echte Poesie ist ein wurzelstarker, wetterharter Blütenbaum, den Wellen nicht verspülen können wie schwaches, nichtiges Gewächse. Nur dieses wird hinweggerafft und dann in stolzer Vereinsamung wird die Kraft und Fülle jenes Poesienblütenbaumes erst recht erkannt und gepriesen. Aber dieses Lob, das auch die Nachwelt bringt und bringen kann, ist der Lorbeerzweig der Unsterblichkeit. So feierten wir vor wenigen Jahren am 11. April 1906 mit stolzem Rechte die hundertjährige Wiederkehr des Geburtstages unseres größten krainischen Dichters, des Anton A. Grafen Auersperg, des Anastasius Grün, wie er sich benannte, fast dreißig Jahre nach seinem Hinscheiden; wir, seine Nachwelt, haben den Wert seiner Dichtungen neu erfaßt, unbefangen und nicht mehr so sehr beeinflußt und mitgerissen von dem unruhigen, wandlungsreichen, aufregenden Getriebe seiner Tage, aus dem heraus viele seiner Dichtungen erwachsen sind; wir haben die anmutigen, ewigen, wahren Schätze, die in ihnen ruhen, wieder erkannt und damals hat die neu entflammte Begeisterung sie in weitere Kreise verbreitet, volkstümlicher gemacht zum Genüsse und zur Freude. In Anastasius Grün tritt uns eine als Mensch und Dichter ganz eigenartige und außerordentliche Erscheinung entgegen. Die vorzüglichsten Dichtergaben: rege Phantasie, starkes Gefühl, reiche Aufnahmsfähigkeit, klarer, kritischer Verstand, Eignung für plastisch-anschauliche Darstellung, scharfe Beobachtung seiner selbst und der ihn umgebenden Außenwelt sowie daraus hervorgehende Lebenserfahrung, schöpferische Sprachkraft besaß er im hohen Grade, desgleichen ernstes Streben nach wissenschaftlicher Erkenntnis und Fleiß und Gründlichkeit im Studium gewählter Quellen zu Dichtungen. Aber auch die zarten Saiten des Gemütes, die den Menschen zieren und angenehm machen, fehlten ihm nicht: Sinn für treue Freundschaft, Liebe zur Heimat, Liebe zum Nächsten und selbst in Schlichtheit und Einfalt, wacherhalten und sein köstliches Geisteserbe vermitteln! Freilich sind nicht wenige Gedichte unseres Dichters dem Kämpfen und Ringen eines verflossenen Jahrhunderts entsprungen und tragen das Gepräge ihrer Zeit. Und wie in den Zeiten des Kampfes manchmal die Leidenschaft überschwenglich wird und mit ihr Tat und Wort, so wurde es vielleicht auch manches Wort unseres Dichters, aber der vornehme Dichter hält auch in scharfer Polemik Maß und ferne liegt ihm das Gemeine, Niedrige. Ein allgemeines Bild des Lebens, Denkens, Fühlens und Schaffens des Dichters aber darf nicht einseitig und lückenhaft sein. Zudem liegen des Dichters Lebenstage noch nicht zu weit von unseren entfernt und vieles derselben gab auch unseren ihr Gepräge, daß ein Verständnis seiner Dichtungen noch allenthalben vorausgesetzt werden kann. Beiliegender Aufsatz diente einst auch dazu, ein Scherflein zur Verherrlichung des Dichters beizutragen, und erschien in Abschnitten in der „Laibacher Schulzeitung“ des Jahres 1906. Nach der gediegenen Ausgabe der Werke A. Grüns mit biographischer Einleitung von Anton Schlossar (Leipzig, Hesses Verlag) jenen Aufsatz in zweiter Auflage noch einmal hier zu veröffentlichen, dazu bestimmte mich die schon oben angedeutete Aufgabe der Schule und die Absicht, etwas zu bieten, was auf des Dichters Werke selbst mehr eingeht, soweit es eben der enge Raum eines Schulprogrammes gestattet, und die Hoffnung, daß berufene Männer sich dadurch angeregt fühlen, passende Schulausgaben unseres Dichters mit den notwendigen Erläuterungen zu schaffen. Schließlich will ich nicht verhehlen, daß manches in diesem Aufsatze ein anderes Gepräge bekommen hätte und gründlicher ausgefallen wäre, wenn mir das erst vor einem halben Jahre anvertraute mühe- und sorgenvolle Amt einer Schulleitung mehr Muße gewährt und Arbeitskraft frei gelassen hätte. Nach Übernahme der Direktion des Gymnasiums in Gottschee, das sich der besonderen Fürsorge und Förderung Seiner Durchlaucht des Fürsten Karl von Auersperg erfreut, faßte ich zugleich den Plan, das Bild des Lebens und Wirkens seines großen Dichterahnen hier neuerdings in einheitlicher Form zu veröffentlichen. sinnige Vertiefung in die Werke der Natur und Bewunderung und liebevolle Verehrung Gottes, des großen Schöpfers derselben. Emsiges, schöpferisches Streben war ihm seines Daseins Freude, Tätigkeit war ihm Lebensgenuß, wahres Leben. So paßte Herders Wahlspruch: „Licht, Liebe, Leben!“ auch vorzüglich auf ihn. Seine männliche, unerschütterliche Willenskraft, sein entschiedenes Wesen waren ihm Erbteil seines Vaters und Großvaters, die zarte Empfindsamkeit und anmutige Weichheit seiner Dichterseele Erbteil seiner Mutter und, erfüllt von den erhabenen Traditionen seines stolzen, deutschen Geschlechtes, das einst eine so hohe Kulturmission im engeren krainischen Heimatlande und selbst im Reiche zu leisten hatte, war er ein Mann von scharf ausgeprägter deutscher Gesinnung und unentwegt und mit Charakterstetigkeit war insbesondere sein Wirken auf das Wohl und die Rechte seines deutschen Volkes hingerichtet. Gottesliebe und Nächstenliebe macht ihm aber alle Menschen zu Brüdern und auch der Poesie fällt mitwirkend das Hauptverdienst zu, vermittelnd und versöhnend in den verschiedensten Nationen edles Menschentum, das Gefühl der Zusammengehörigkeit zu pflanzen. Und so rief er seinem verstorbenen, slowenischen Dichterfreunde Prešern folgende Worte nach: Die Weltenseele quillt, vom Markt zersplittert, Ins Dichterherz zu ruhigem, klarem Kerne; Das Licht, das rings verirrt in Funken zittert, Im Dichterherzen sammelt sich’s zum Sterne; Wenn Haß zum Streit hinaus das Volk getrieben, Vergräbt’s wie Gold ins Dichterherz sein Lieben. (Aus „Nachruf an Prešern“ 1849.) Seine hohe geistige Begabung, seine ausgebreiteten Kenntnisse, verbunden mit einer vortrefflichen Rednergabe,- befähigten ihn zu hohen Ämtern und Würden. Auch hierin war er ein echter Sohn seines Geschlechtes, das seit seiner Seßhaftigkeit in Krain eine hervorragende Rolle in der engeren und weiteren Heimat gespielt hat, da es ihr eine ganz bedeutende Zahl großer Staatsmänner und Räte von Königen und Fürsten, namhafte politische, wirtschaftliche und wissenschaftliche Schriftsteller, selbst einige gewandte Dichter gegeben hat. Auch hohe geistliche Würdenträger finden sich unter den Auerspergern und insbesondere hervorragende, manche durch ihren Heldenruhm glänzende Heerführer, die sich besonders in den „Türkenvisiten“, in der Heldenzeit des Krainerlandes, ausgezeichnet haben. War doch im Stammschlosse des Anastasius Grün, in Thurn am Hart, eine Zeitlang die Kriegskanzlei des Grenzlandes.3 Ins heilige Land haben ebenfalls einst die Auersperger ihre Vertreter gesandt. Und Anastasius Grün, der Sprößling dieses Geschlechtes, das in manchen Gliedern so kriegerischen Geist aufwies, war selbst eine kriegerische Natur, fortwährend im ehrlichen, fördernden Kampfe für die Interessen seiner engeren Landsleute und der Mitbürger des ganzen vaterländischen Reiches, für deren geistiges und 2 Er bedurfte freilich dazu sorgfältiger Vorbereitung; seine gedankentiefen Worte drangen dann zum Herzen. Ein gewandter, schlagfertiger Redner aus dem Stegreife war er, wie Arneth („Aus meinem Leben.“ I. 146) berichtet, nicht. 3 Eingehenderes und viele interessante Einzelheiten über berühmte und namhafte Vorfahren des Dichters erzählt unser heimischer Schriftsteller P. v. Radies in seinen sehr lesenswerten Werken: Anastasius Grün und seine Heimat, Stuttgart 1876, und Anastasius Grün, Verschollenes und Vergilbtes aus dessen Leben und Werken, Leipzig 1879. materielles Wohl in der Laibacher Landstube, im Reichsrate, zeitweise auch in der Grazer Landstube und im leider erfolglosen Frankfurter Parlamente des Jahres 1848. Aber seine edle Natur scheute zurück vor wüsten Revolutionen, vor entsetzlichem Blutvergießen unter Brüdern; des Wortes Kraft, unbeugsamer Manneswille sollen des Geistes Licht, das beglückende, die Wohlfahrt des einzelnen wie des ganzen Staates erringen und die Gewalten der Finsternis, der Knechtung und Unduldsamkeit, des geistigen, politischen und sozialen Druckes verscheuchen, kräftiger und wirksamer als das rohe Schwert es vermag, denn echtes, dauerndes Bürger-, Völker- und Staaten-gliick könne sich nur organisch aus dem Geiste und der Seele des Bürgertums entwickeln. Deshalb und bei seiner monarchischen Gesinnung wollte er keine Gemeinschaft mit den zeitgenössischen Revolutionsliedermachern haben, die ihn so gerne unter ihre Reihen zählten und zum Teil sogar von ihm ausgingen. Wohl aber stand er seinem Dichterfreunde und gleichem edlen Kämpfer für Recht, Licht und Freiheit, dem schwäbischen Dichter Uhland, dem Genossen im Frankfurter Parlamente, nahe. Freilich hat A. Grün in seinen Hoffnungen manche herbe Täuschungen erfahren, denn gerade sein mit bewunderungswürdiger Hintansetzung persönlicher und Standesinteressen gesprochenes freies, offenes, stürmischdrängendes zwar, aber doch nie aufwiegelndes Wort hat lange in den höchsten, maßgebenden Regierungskreisen taube Ohren und Widerstand gefunden; auch gar viele in den weiteren Kreisen des Adels und sogar des Bürgertums verargten es ihm und nannten ihn abweisend und spöttisch einen „Revoluzer“. Langsam nur brach er sich Bahn, nach langem Ringen, nicht in geringem Maße auch gegen die Schlaffheit und Lauheit derjenigen, für deren Wohl er sich einsetzte. So war er, wenn auch nicht direkt, so doch in hervorragend mittelbarer Weise an den gewaltigen Zeitereignissen mitbeteiligt, welche endlich Wandel und freiere Verfassungszustände schufen, und unser ehrwürdiger Kaiser machte ihn trotz seiner „Spaziergänge eines Wiener Poeten“ und trotz seines „Schutt“ in gerechter Würdigung seiner großen Verdienste zum Kronrate. Die Kraft seiner politischen Lieder entsprang auch in nicht geringem Maße seinem religiösen Freisinne, welcher Freiheit der Seele und des Geistes auch in Sachen der Religion anstrebte. Auch dieser ist ein Erbteil seiner Vorfahren, die in Zeiten religiöser Kämpfe die reformierenden Bestrebungen und deren Vertreter unterstützten und förderten.4 Unseres Dichters weltbeglückende Religion ist die christliche, aber ihr Symbol, das Kreuz, ist mit Rosen umhüllt, daß es nicht mehr einseitig und zelotisch streitbar ist, sondern nur zur Gottesliebe leitend, Menschen versöhnend und brüderlich annähernd und alles Schöne, Edle des Menschentums in sich aufnehmend: erhabenen Sinn, Sitte, Tugend, Kunst und Wissenschaft. So entschwindet endlich aller religiöser und nationaler Hader und die herrliche Gotteserde wird den Menschen zum Paradiese. Trotz dieses * So fand besonders der Laibacher Domherr Primus Trüber (1508—1586, geb. zu Rašica beim Stammschlosse Auersperg), der krainische Reformator und Übersetzer der Bibet ins Slowenische und Kroatische, durch Christoph Frh. v. Auersperg und den Landeshauptmann Herbard VIII. v. Auersperg Unterstützung und Förderung; auch in seinem Exil als Pfarrer in Derendingen bei Tübingen blieb er mit diesem in regem schriftlichen Verkehre. Im Stammschlosse Auersperg und in Thurn am Hart wurde nicht selten evangelisch gepredigt und sogar einige Mitglieder der „Freimaurer“ finden wir unter seinen Vorfahren. allgemein menschlichen, kosmopolitischen Standpunktes, der in seinen späteren Jahren, als sein Wesen ruhiger, abgeklärter geworden war, noch mehr hervortrat, strebte er aber doch bei seiner scharf ausgeprägten deutschen Gesinnung darnach, für das deutsche Volk, dessen große Vergangenheit ihn begeisterte und von der erhabenen Kulturmission desselben erfüllt, in der engeren Heimat und in der Welt zu wirken und zu handeln, dessen Stellung und Bedeutung zu erhalten. Auch dieses Streben gab vielen seiner Dichtungen ein eigenartiges Gepräge. Er war begeistert für den deutschen Bund, der in Frankfurt seine Weihe empfangen und auch beglückend sein sollte für die slawische Bevölkerung seines engeren Heimatlandes. Als aber der Märzen des Jahres 1848 nur den wüst anstürmenden Wogenschwall der Slawen im Norden und Süden Österreichs und der Ungarn, deren Freiheitsbestrebungen er anfangs sogar unterstützte, da sie ihm den eigenen so ähnlich schienen, gegen die Deutschen hervorbrachte, denen sie ihre Kultur zu verdanken haben und in schweren Kriegsläuften sogar vielfach die Erhaltung ihres eigenen Landbesitzes, um deren Rechte und Besitzstand zu verkümmern und sie, wo es angehe, in numerischer Überzahl sogar zu unterdrücken, die in der konstitutionellen Ära gewonnene politische Freiheit nur als günstige Gelegenheit hiefür betrachtend, da war er als Dichter und Parlamentarier kraftbegeistert auf Abwehr und Schutz bedacht. Dies war auch die Hauptursache seines im Jahre 1867 erfolgten Austrittes aus dem krainischen und Eintrittes in den steirischen Landtag, darum wandte er sich mit Abscheu von den revolutionären, „rauflustigen“ Ungarn ab und machte er Front gegen die anmaßenden Tschechen. Er wollte also stehen bleiben auf der Scholle, die ihm gehörte, und seine Brüder sollten desgleichen tun; gerade die zu überstehenden Leiden und Nöte, die Kraft, die Drangsale abzuwehren, solle die Liebe zum eigenen Volke, zum Vaterlande erst recht stärken und nähren, das hartumkämpfte Gut noch teurer machen. Daher war er gegen die Auswanderung Uber den Ozean; es schien ihm dies eine unwürdige Fahnenflucht. Und diese Stimmung blieb stets die Grundstimmung des mit ganzer Seele an der Heimat hängenden Dichters, wenn auch er eine Zeitlang, als er erkannt hatte, wie schwer ein Idealstaat zu erringen ist, am wenigsten im völkerreichen, stets gärenden Österreich, im freien, neuen Amerika das erhoffte Land des Völkerfrühlings sah, in welchem frisch und neu aufgebaut werden könne mit den reichen Schätzen der gewonnenen Kultur in unbeirrter Freiheit, auf freier Scholle. Aber auch damals bewahrten ihn seine Lebensklugkeit und die in Amerika gemachten trüben Erfahrungen seines unglücklichen Freundes Lenau vor unklaren Schwärmereien, welche Sealsfields Romane seinerzeit so genährt hatten. Und heute ist Amerika freilich noch ein Land der politischen und sozialen Freiheit, aber auch nur das Land nüchternen, hastigen, aufreibenden Erwerbes, das so viel wertvolle Menschenkraft dem eigenen europäischen Vaterlande entzieht, ein drohendes Unglück besonders für die Deutschen in Krain, da es deren Zahl so bedenklich vermindert und Grund und Boden und industrielle Arbeit dem slawischen Mitbewohner des Landes preisgibt. Der Erwerb lockt hin, aber über wie viele Verschollene oder gar im Elende Versunkene kommt keine oder nur dunkle Kunde zurück! Der Naturliebe des Dichters entsprang die Lust zum Reisen. Nicht nur sein Heimatland Krain, das an so herrlichen Naturschätzen reiche, durchforschte er und durchstrich es auch dort und da als Weidmann, seine Wanderlust brachte ihn auch in innigen Verkehr mit den übrigen Alpenländern, besonders mit Tirol, mit „seinen Wohnungen der Treue, seinen Tälern voll Duft und seinen freien Bergeslüften“, mit Kärnten, Steiermark, dem herrlichen Salzkammergut, dem Schatzkästlein österreichischer Alpenschönheiten. Auch nach Frankreich ging seine Wanderung und hinauf bis Belgien, Helgoland, England und hinab bis an die österreichische und italienische Adria. Solche Reisen waren ihm nicht nur eine ungemein ersprießliche Bereicherung seiner Kenntnisse von Land und Volk, sondern auch in ihrer Einwirkung auf Gemüt und Seele eine unerschöpfliche Fundgrube für seine Poesie. Seine Auffassung der Natur und die Art der Betrachtung der Menschen und seiner selbst ist aber meist nicht die naive, ursprüngliche eines Goethe, so daß die Stimmung, der seelische Eindruck im Gedichte durchwegs herrschend bleibt und die zur Darstellung und Versinnlichung angewandten Bilder und Vergleiche nur untergeordnet sind und in ihrer Auswahl nur ganz dem Zecke entsprechend, das Grundthema zu erläutern; bei Anastasius Grün ist wohl auch tiefe, wahre Empfindung in den meisten seiner Gedichte zu finden, aber dabei strebt er gerne zum Ausdrucke derselben mit üppiger Phantasie nach einer Überfülle von Bildern und Gleichnissen, daß diese fast das herrschende Element im Gedichte werden, wodurch beim bunten Inhalte derselben oft die Einheitlichkeit, insbesondere auch die Stimmung, gestört werden kann. So geht seine Dichtweise häufig dem Prunke, dem schillernden Gepränge nach, strebt auch inhaltlich nach bunter Bilderblütenpracht, wobei auch nicht selten durch die Gegensätze der einzelnen Teile besondere Wirkung erzielt wird; dies ist aber die Hauptursache, daß viele seiner Gedichte trotz des Wohllautes der Sprache und der wohlgeordneten, meist einfachen rhythmischen Form, trotz des herrlichen Gedanken- und Stimmungsgehaltes und der bald leichten, melodisch-graziösen, bald schwungvoll-erhabenen Dichtersprache selten für musikalische Kompositionen und für den Gesang gesucht wurden, im Gegensätze zu den Liedern und Gedichten Goethes, Uhlands, Heines. Die meisten seiner lyrischen Gedichte eignen sich mehr zum prächtigen Vortrage. Doch könnte mancher Schöpfer in Tönen noch manche gerade für seine Zwecke brauchbare Perle in Anastasius Grüns Dichtungen finden. Anastasius Grün versteht sich ja auch so gut auf die technischen Mittel der Dichtkunst, wie auch auf die Lautmalerei, Alliteration, wo sie gut angebracht ist. Selten sind bloße Assonanzen statt der Reime, selten sprachlich schwere Wortbildungen und solche, die man gar beanständen könnte, was ja fast bei allen Dichtern vorkommt, ganz selten finden sich unverständliche, nicht recht passende oder absonderliche Bilder und Vergleiche. Die Sprache ist im allgemeinen von Fremdwörtern rein, manchmal sind solche mit Absicht gesetzt; sie ist bestimmt, formgewandt und richtig. Des Dichters Seelenadel adelt seine ganze Poesie. Ferne bleibt ihm das Gemeine, Niedrige; das Sinne und Gefühl Abstoßende verweist er aus seiner Dichtung. Wenn im „Pfaffen vom Kahlenberge“ Nithart Totenschädel den Berg hinabrollt, sich zum Scherze einsargen läßt, so ist dies in der überlieferten Sage begründet. So ist unseres Dichters Poesie ein verklärter Widerschein des Lebens der Natur und des Menschen; des Menschen in seiner großen Mannigfaltigkeit, in Lust und Freude, in Scherz und Ernst, im Streben und Leiden bis zur tiefsten Tragik. Und der adelige Sänger erkennt auch im einfachen, schlichten, anspruchslosen Leben des frommen, biederen, gutherzigen, auf Recht, Besitz und Familie stolzen, natürlich-heiteren, leicht erregbaren, aber auch wieder leicht versöhnlichen Landmannes einen Zustand echten, wahren, ehrwürdigen Menschenglückes, dasselbst den Bauernnecker Nithart endlich zum Bauernfreunde macht. So war er auch bestrebt, die krainische, meist slowenische Landbevölkerung wirtschaftlich zu heben, sammelte ihre volkstümlichen Poesien, deren Wert richtig beurteilend, und übersetzte sie ins Deutsche. Ein wesentlicher Charakterzug des Dichters war auch seine Begeisterungsfähigkeit. Mit dieser Eigenschaft trat er allem gegenüber, was ihm im Leben, Wirken und Dichten entgegenkam: sie machte sein Leben zu einem steten Ringen für die idealen Güter der Menschheit, seines Vaterlandes, seiner Mitbürger, wohin ihn immer das Schicksal, Zeitverhältnisse und eigener, strebender Wille stellten. Die nüchternsten Geschäfte politischer und Verwaltungsarbeit bis zu dem Dienste, den er den Musen weihte, alles trägt den Stempel idealer Begeisterung; diese gab seiner Tätigkeit, seinem Dichten den großen Wurf, den Schwung, Erhebung über das Mittelmäßige, Alltägliche. Diese Begeisterung war es, die keine Erschlaffung, keinen Mißmut, keine lähmende Verzweiflung zuließ. Und die edelste Frucht dieser Begeisterung, die feste, dauernde Hoffnung, das Selbstvertrauen, trug ihn selbst über die schwierigsten eigenen und staatlichen Verhältnisse hinweg, machte ihm das Unglück nur zu einem Prüfungsstadium. Demgemäß rühmte er auch an Radetzky nicht in erster Linie seine Taten mit dem Schwerte, sondern die Begeisterung, die Hoffnung, mit der er an der endlichen Wiedererstehung und Kräftigung des Vaterlandes festhielt, daß er den Glauben nicht verlor und mit edlem Herzen milde und versöhnlich gegen besiegte Feinde war. In sich geklärt, zur seelischen Harmonie durchgebildet war sein Wesen. Harmonische Gleichheit aller Teile sichert ihm auch den gesunden Bestand jedes Dinges und Wesens; Harmonie gibt jedem einzelnen Gliede eines Ganzen seine Seele, seine Aufgabe, seine Pflichten, seine Rechte. Wenn er also von Freiheit sang, so war er, wie schon angedeutet, weit davon entfernt, an revolutionäre Freiheit zu denken, denn Freiheit ist ihm keine gesetz- und schrankenlose Willkür, sondern steht im engsten Bunde mit Gesetz und Recht, hat also eine durchaus sittliche Grundlage. Das Mittel, die Freiheit zu erringen, ist ihm das freie, offene Wort; dies ist die Waffe des Geistes, die die Welt zu beherrschen vermag, nicht gewaltsame, blutige Maßregeln. Was dem Menschen das freie Denken und freie Wort hemmen will, das sind seine größten Feinde, die Mörder des Geistes, Diebe, welche in des Menschengeistes Garten steigen, um daselbst dessen Früchte zu vernichten. Da sind es hauptsächlich die grausamen und rücksichtslosen Zensoren und Naderer der Metternichschen Zeit, die ihm sein Leben, Wirken und auch sein Dichten verbittern wollen. Der Lenz ist aber sein Vorbild und Symbol, der alljährlich endlich doch den Erzdespoten Winter besiegt, seinen kalten, düstern Wolkenschleier verscheucht und der Erde beseelendes, warmes, freies, volles Licht zusendet; er ist ihm aber auch zugleich ein Bild seines Vaterlandes, das auch stets in Leiden erstarkt ist und verjüngt aus denselben hervorgegangen. So ist ihm das politische Lied, das einen wesentlichen Bestandteil seiner Dichtung bildet, der anderen Lyrik gleichwertig, ja, in seinen Zielen sogar insoferne erhabener, weil es beglückend wirkt. Aber nur dann erreicht es seine Höhe, seine wahre Form und Bedeutung, wenn es frei und offen, warm und kräftig aus der Seele des Dichters quillt. Dabei ist ihm sein politisch Lied nicht ein Lied des Zankes und Hasses, das sich auch dorthin nörgelnd, verdächtigend richtet, wo es stilles, ruhiges Wesen entdeckt. Treue im Herzen zur Fahne ist ihm größere Bürgschaft, als bloß trommelnd und trompetend mitzugelien, und so preist er, jedem bloß äußerlichen Scheine abhold und nur den inneren Wert ermessend, Jakob Grimm in herrlichen Worten, seine stille, bescheidene Größe, da er in wissenschaftlicher Emsigkeit herrliche Werke deutscher Sprache geschaffen hat, den Wert und die Bedeutung der deutschen Sprache klar dargestellt und sie so zu einem Bollwerke gemacht. Aber nicht bloß immer ernst und würdevoll will unseres Dichters Dichtung sein; hat ja doch auch das ernste Leben seine heiteren Seiten. Anastasius Grün war eben eine ernst-heitere Natur. So durchzieht ein gesunder, urwüchsiger, nie ausgelassener, herzerfreuender Humor viele seiner größeren und kleineren Gedichte. Diesen Hauptzug seines Wesens hat er auch dem letzten Ritter Maximilian gegeben und selbst der Pfaffe Wigand im „Pfaffen vom Kahlenberge“ vereinigt Neigung zum ernsten Denken mit heiterer Lebensauffassung, woraus der Humor quillt. Anastasius Grüns Gedichte gehören der Lyrik an, der Poesie des Herzens und der Gefühle, und der Epik, der Poesie der Anschauung und des erzählenden Verstandes. Auch zu jener lehrhaften Dichtung, die in Form von Sprüchen und Sentenzen auftritt, befähigteMhn sein klarer, reflektierender Verstand, seine Neigung zum Nachsinnen und Betrachten, seine reiche Lebenserfahrung und auch die Gabe der kurzen, prägnanten Gestaltung in der Sprache. Bühnenfähige Handlungen poetisch zu gestalten, von gewaltigen Willenskräften geschaffen und getragen, war nicht seine Sache. Selbst seine größeren erzählenden Dichtungen sind arm an eigentlicher Handlung, wenn es ihm auch nicht selten gut gelang, einzelne Szenen von echt dramatischer Wirkung in diese einzuflechten. Dies ist das allgemeine Charakterbild des größten deutschen Dichters, den Krain bisher hervorgebracht hat, und des größten krainischen Dichters überhaupt, den das Schicksal hineingetragen hat in die Geschicke des engeren und weiteren Vaterlandes in seiner Zeit des Gärens, Ringens und Kämpfens, des versuchsweisen Schaffens und Wiedervernichtens, in seiner Zeit glänzender und hoffnungsschwerer Taten und Errungenschaften, abgelöst von düsteren, oft gewaltsamen Revolutionskämpfen, in der Zeit, als es erst galt, die Deutschen Österreichs aufzurütteln zur Stellungnahme gegen zerklüftende, reichzerrüttende, rücksichtslos-egoistische Bestrebungen anderer Nationen, als es die Bildung und Festigung eines selbständigen nationalen Charakters der Deutschen galt, der sie gewillt machte, zu verteidigen und Errungenes zu erhalten. Und die Wellenschläge jener Zeit, sie reichen ja noch dräuend herein in unser Jahrhundert, in unsere Zeit. Ist das politische Lied Anastasius Grüns auch verklungen, die politischen und sozialen Kämpfe sind geblieben. II. Jugendjahre und Jugenddichtungen. Anton A. Graf Auersperg (Anastasius Grün) war der Sprosse eines weitverzweigten, glorreichen, selbst mit hohen Regentenhäusern verwandten Geschlechtes, das wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des zehnten Jahrhunderts aus Schwaben von Schloß Auersperg (Ursberg) nach Österreich ausgewandert ist. Ein Zweig desselben baute auf Unterkrainer Boden in der Nähe des Dorfes Großlaschitz eine Stammburg, um von dort aus an der hohen Mission der Kolonisation und Kultur mitzuarbeiten.5 Der slowenische Name Turjak dürfte weder von einem erst 1537 vollendeten Neubaue des Schlosses in Dreieckform entstanden sein0 noch mit den späteren Türkengefahren im Zusammenhange stehen, sondern es liegt jener Bezeichnung wohl das slowenische tur — Auerochs zugrunde, so daß der slowenische Name bloß eine Übersetzung des deutschen ist.7 Durch die Söhne des Engelhard von Auersperg (f 1466), der 1463 vom Kaiser Friedrich III. zum Erblandmarschall und Erbkämmerer in Krain und der Windischen Mark ernannt wurde, welche Würde der jedesmalige letzte des Geschlechtes mit dem Seniorate innehat, durch Ponkraz (f 1496) und Volkard (f 1495), teilte sich das krainische Geschlecht in zwei noch bestehende Hauptlinien, die Ponkrazische in Krain und die Volkardsche in Niederösterreich. Diese Volkardsche Hauptlinie schied sich in drei Nebenlinien, von denen die mittlere sich wieder in zwei Linien trennte. Auch die Ponkrazische Hauptlinie spaltete sich in drei Äste (ältere, jüngere und jüngste Linie). Unser Dichter gehört der älteren Ponkrazischen Hauptlinie an, die zu Thum am Hart ihren Stammsitz hatte7 und seit 1630 die Reichsgrafenwürde innehat. Diese erwarb Dietrich IV. von Auersperg (1578 — 1634), Erb-marschall und Erbkämmerertn Krain und Reichshofrat. Dessen Sohn Johann Weikart (1619 — 77), der Günstling und Minister des Kaisers Ferdinand III., wurde von diesem zum Reichsfürsten nach dem Rechte der Erstgeburt erhoben. Seine Durchlaucht Fürst Karl von Auersperg, der edle Herzog, Schirmherr und Förderer des Gottscheerlandes, gehört dieser Abzweigung an. Der Vater des Dichters war Alexander Graf von Auersperg (geb. 1774), ein Mann von entschiedenem Wesen und ausgesprochen deutscher Gesinnung, dabei ein kaisertreuer, österreichischer Patriot. Er war nur kurze Zeit Auskultant bei den k. k. Landrechten in Laibach, in juridischen Privatdiensten vom Jänner 1790 bis Juni 1800, hierauf bis Anfang 1803 Kreiskommissär und bekleidete dann kein öffentliches Amt mehr. Die Zeitverhältnisse (Franzosenherrschaft, Kriegsdrangsale, Steuerdruck) trafen auch ihn manchmal hart. Unter den Deputierten der Länder Krain, Kärnten und Steiermark, die 1814 nach Wien zu Kaiser Franz abgingen, die Einführung einer ständischen Verfassung zu erwirken, befand sich auch Graf Alexander Auersperg als Vertreter des Neustädtler (Rudolfswerter) Kreises in Unterkrain. Erst nach vielen Schwierigkeiten, die von Metternich ausgingen, kam ein auf ein Minimum reduziertes neues Ständestatut von Krain zustande, welches die Verfassung dieses 5 Ein Friaulischer Zweig der Auersperge; im 11. Jahrhunderte zurZeit des Patriarchen Popo von Aquileja nachweisbar, teilte sich schon im 12. Jahrhunderte in drei Zweige. B Eigentlich hat das Schloß die Form eines Rechteckes, dessen eine Schmalseite abgerundet ist. Spärliche Ruinen des alten Stammschlosses finden sich noch in der Nähe des jetzigen. 7 So wäre also der Name aus der alten schwäbischen Heimat gebracht, Ulrich von Liechtenstein, der bekannte Minnesänger, hat auf einem abenteuerlichen Zuge durch Kärnten und Krain nach Italien die Stammburg der Auersperger besucht und deren höfische Sitte gepriesen. Das heutige Schloß ist eines der schönsten und interessantesten Krains. Die rückwärtige, abgerundete Mauerseite hat in einem darauf abgebildeten, großen Wappen als Mittelbild einen Auerochsen. In den ältesten Urkunden über die Auersperger erscheinen die Namen Owersperch, Overspergk, Usperch, Auersperch. Kronlandes bis 1848 bildete. Er starb am 8. Februar 1818. Das kaiserliche Statut, welches die ständische Verfassung in Krain einführte, trägt erst das Datum 29. August 1818. Des Dichters Mutter hieß Cäcilie und war eine geborene Freiin von Billichgratz. Auch dieses alte, krainische Adelsgeschlecht ist bereits erloschen. Sie war eine Dame von echt aristokratischem Wesen, von würdevoller und doch anmutiger Schönheit. Das Stammschloß der Eltern des Dichters, Thurn am Hart, in der Nähe der Reste der alten Römerstadt Neviodunum beim Dorfe Dernovo nächst Gurkfeld an der Save gelegen, hat noch dieselbe Gestalt, wie sie der krainische Chronist Valvasor in seiner „Ehre des Herzogtums Krain“ (1689) beschreibt. Da sich in der Zeit der „Tiirken-visiten“ hierin die Kriegskanzlei als Sitz der Grenzarmeeverwaltung befand, nannte es die slowenische Bevölkerung Schreiberski turen und noch heute so. Der deutsche Name bedeutet Turm im Walde (ahd. und mhd. hart) wegen seiner Lage im Walde. Das Schloß und seine Umgebung ist ein herrlicher Teil jenes so schönen, an Naturwundern reichen Herzogtums Krain, das A. Grün in einem von ihm als zwanzigjährigem Jünglinge in Wien, „im fernen, fremden Lande,“ verfaßten, erst in der von Anton Schlossar veranstalteten Gesamtausgabe aufgenommenen Gedichte „Illyrien“8 (IV. 52) mit anheimelnden, schönen Worten und Bildern geschildert und besungen hat. Das Gedicht sei hier abgedruckt als Zeugnis dafür, daß Krain wohl des Dichters Freude und Liebe zur Heimat und Natur entfachen konnte. Illyrien (1827). Wie hehr und schön, die Fluren all’ zu schauen! Sei mir gepriesen, herrlich Friedensland! Seid mir willkommen, längstbekannte Auen! Sei mir gegrüßt, mein süßes Vaterland! Du heil’ger Boden voll Geschmeid’ und Segen, Auf dem das Kind zum erstenmal gekniet Und dem aus fremdem, fernem Land entgegen Des Jünglings Lied und tiefste Sehnsucht glüht! Wie schön bist du! Hier sanft und milde glänzend Wie eine Braut, die rings auf Blumen ruht, Das Haupt mit Perl’ und Rose sich bekränzend Und spiegelnd sich in reiner Quellenflut. Wie groß bist du! Dort strahlst du furchtbarprächtig, Ein ries’ger Recke nach ersiegter Schlacht, Gewaltig, erzumpanzert, grimm und mächtig, Voll Schauern und voll Ernst und doch voll Pracht. Und siehst du dort, geschmückt mit blanker Krone, Im Purpurmantel all die Kön’ge stehn? Sieh deine Berg’ im Morgenrot der Sonne Und deine Burgen schimmernd auf den Höhn! Dort seh ich nahn der Vorzeit hohe Wesen, Der Fittig ihres Geist’s umweht mich lind Und führt mich hin, in Bild und Form zu lesen, Was sie einst waren und was wir nun sind!---------------- 8 Illyrien war damals der zusammenfassende, gouvernementale Name für den Verwaltungsbezirk, der aus Krain, Kärnten und Triest bestand. Ein Statthalter, Gouverneur, stand an der Spitze. Was woget dort? lst’s See, ist’s Land zu nennen? ietzt segeln Schwäne durch die blaue Flut; )och bald tönt drin das Hifthorn, Rüden rennen, Wo erst die Welle, wogt nun Ährenflut, ln jener Grotte unterm Bergesschilde Dort waltet der Natur geheime Kraft, Sie bildet nach die eigenen Gebilde Und bildet nach, was Menschenkunst erschafft. Es stampft gewalt’ger Hämmer dumpf Getümmel Und durch die Bergschlucht widerhallt es fern, Aufsprühen Funk’ und Asche gegen Himmel Und über alles weht der Geist des Herrn. Die Rebe blickt von jenen Sonnenhügeln Auf Wiesensamt und Segensfelder hin Und mild in hundert Silberquellen spiegeln Orangenhaine sich mit dunklem Grün. Dort rauschet Adria in grünen Wogen Und schäumt und braust zum Blütenstrand hinan Und Schätze bringend, fordernd, kommt gezogen Manch bunte Flagg’ auf reger Wellenbahn Und Menschen stehn am blühnden Strand und schauen Und ahnen, fassen dich: Unendlichkeit! Und sehn nun ebne Flut, nun Wettergrauen, Und sehn das Leben und verstehn die Zeit. Von dort, wo Alp an Alp im Wellenbade Mit eis’gem Haupt aufragt zum Himmelsdom Bis zu des Meeres schaumbespültem Strande Und bis zu deiner Marken blauem Strom; O schönes Land, allüberall blüht Leben, Allüberall blüht Segen, Kraft und Recht, Da lebt, Gott und dem Fürsten treu ergeben, ln alter Sitt’ ein kräftiges Geschlecht. Sei mir gegrüßt, Land meiner schönsten Träume, Land, das mir Leben, Lied und Liebe gab, Das liebend rührte meines Lenzes Keime, Wie meine Wiege, sei du auch mein Grab! O decke mich dereinst mit deinem Schilde, Wenn mir gefallen alles Ird’schen Los, Denn sieh! es schläft so sanft und ruht so milde Das tote Kind in seiner Mutter Schoß. Schloß Thurn am Hart ist ein durchaus solider, quadratförmiger Bau mit vier runden Ecktürmen,9 einem geräumigen Hofe in der Mitte und einem großen Parke ringsherum im englischen Stile. Es gehörte noch im 16. Jahrhunderte der Familie Valvasor, ging 1581 in die Hände der verwandten Gebrüder Moscen10 über und kam von diesen an die Auersperge. Unser Dichter war das älteste von fünf Kindern. Da ein Bruder im zarten Kindesalter starb, war er der einzige männliche Erbe. Das Schicksal wollte nicht, daß der berühmteste des Geschlechtes im unglücklichen väterlichen Schlosse, das dem Geschlechte und der Nation entfremdet ist, geboren wurde, sondern im Komturgebäude des deutschen Ritterordens in Laibach, im sogenannten „Deutschen Hause“. Es war von den Tempelherren auf den Ruinen eines Neptuntempels als Ordenshaus erbaut worden, daneben u Der festungsartige Bau des Schlosses wie vieler anderer Krains wegen der häufigen Türkeneinfälle. 10 Valvasor schreibt Moschkhon. eine Kirche, in Kreuzform angelegt. Da diese Tempelherren im Streite der Ortenburger, der Herzoge im benachbarten Kärnten, mit dem Patriarchen von Aquileja um die Hegemonie in Krain auf Seite des geistlichen Fürsten standen, mußten sie auf Befehl der Ortenburger Laibach verlassen und die Ritter des Deutschen Ordens rückten an ihre Stelle, in ihre Mission und ihren Besitz. Das jetzige „Deutsche Haus“ ist bereits ein Umbau aus dem Jahre 1579 eines älteren Gebäudes, das auf den Ruinen des im Jahre 1511 durch Erdbeben in Schutt gelegten ältesten Hauses entstanden war. Damals trug es die Nummer 180, heute ist es Nr. 22 der Herrengasse. In diesem Hause war nun dem Vater des Anastasius Grün in wohlwollender Weise ein ständiges Absteigequartier eingeräumt zur Wohnung, so oft er nach Laibach kam, bevor er sich das Haus Nr. 6 auf dem Auerspergplatze kaufte. So weilte er im Frühling des Jahres 1806 eben mit seiner Gattin in Laibach, als sich hier der junge Dichtersohn am 11. April dieses Jahres für das irdische Leben ankündigte. Der reinsten und wahrsten Mutterliebe zarte Sorge wachte über den einzigen Knaben. Der Eindruck des liebreichen, hoheitsvollen Wesens der Mutter war ihm ein unauslöschlicher und in treuer Erinnerung widmete er ihr die erste Gedichtsammlung „Blätter der Liebe“ mit einem Widmungsgedichte, „An meine Mutter“ betitelt, welches leider nur in der ersten Auflage dieser Sammlung aufgenommen wurde. Ein Exfranziskaner als Hofmeister mußte für seine erste wissenschaftliche Ausbildung sorgen, bis er im Jahre 1813 in die von der Kaiserin Maria Theresia gegründete Ritterakademie (Theresianum) aufgenommen wurde, da er für den Militärstand bestimmt war. Mehrere Mitglieder seiner Familie hatten schon hier ihre Ausbildung genossen. Nach zwei Jahren trat er von hier aus in die Ingenieur-Akademie ein, eine Militärschule für Geniewaffen, wo er drei Jahre verweilte. Da starb sein Vater am 8. Februar 1818, nachdem der Sohn kaum zwölf Jahre alt geworden war. Dies wurde der Wendepunkt in dessen Leben. Da die Vormundschaftsbehörde eine militärische Erziehung des einzigen Sohnes und künftigen Majoratsherrn für nicht passend erklärte, wurde der Knabe ins damals best renommierte Klinkowströmsche Privatinstitut gegeben, das vorzügliche Lehrer besaß und besonders das Zutrauen des hohen Adels genoß. Hier besuchte er die sogenannte „Philosophie“. Der Lehrer der Geschichte war daselbst sein Landsmann Franz Prešern, der namhafteste slowenische Dichter, welcher 1849 als Advokat in Krainburg gestorben ist. Dieser erkannte die poetischen Fähigkeiten seines Schülers und förderte sie durch treffliche Unterweisung. Er hat diesem insbesondere auch die Liebe zur Heimat wacherhalten und ihn mit Valvasor bekannt gemacht. Der Schüler hing mit Liebe an seinem Lehrer, der auch in deutscher Sprache dichtete, bewahrte die Anhänglichkeit an ihn sein ganzes Leben hindurch und setzte ihm in dem Gedichte „Nachruf an Prešern“ ein schönes, unvergängliches Denkmal. Prešern war ihm ein guter Ratgeber bei der Übersetzung der slowenischen Volkslieder, übersetzte selbst Grüns „Venetianer Trias“ ins Slowenische und dichtete die „Rosamunde von Auersperg“ zur Verherrlichung des Geschlechtes seines Freundes.11 11 Einen interessanten, unbeabsichtigten Wettstreit veranstalteten beide in der poetischen Behandlung der gleichen krainischen Sage vom Wassermann, Anastasius Grün in der „Strombraut“, Prešern in „Povodnji mož“, dieser sich strenger an die lokale Laibacher Fassung haltend. Mitgeteilt und beurteilt von Radies, „Anastasius Grün, Verschollenes und Vergilbtes aus dessen Leben und Werken“. Nachdem Anastasius Grün diese Anstalt, welche ihm übrigens arg mißfiel, da sie eine Erziehung im jesuitischen Sinne bezweckte, mit bestem Erfolge zurückgelegt hatte (1824), widmete er sich von 1825 bis 1829 juridischen und philosophischen Studien. Er studierte größtenteils in Wien, zwei Jahre (1827, 1828) in Graz und übernahm dann die Verwaltung seines Majorats, die Herrschaft Gurkfeld und Thurn am Hart. Die formelle Übernahme seiner Erbgüter erfolgte im Jahre 1831, nachdem er das Jahr zuvor die Volljährigkeit erreicht hatte. In die Zeit seiner Hochschulstudien fallen die ersten dichterischen Erzeugnisse, fast alle unter dem wahren Familiennamen in Bäuerles Theaterzeitung, Gräffers Philomele und in Hormayers „Archiv für Geschichte“ und dessen „Taschenbuch für vaterländische Geschichte“ aufgenommen. Diese Jugendgedichte behandeln mit Vorliebe heimatliche Stoffe, aus Valvasor gewählte Stoffe, Frauenlob.12 Im Jahre 1830 ließ er unter dem Decknamen Anastasius Grün die seiner Mutter gewidmete Gedichtsammlung „Blätter der Liebe“ erscheinen, Gedichte aus den Jahren 1825 bis 1829, und behielt diesen Namen für die ganze Folgezeit bei. Dieser wegen der damaligen allzustrengen Zensur gewählte Deckname hatte für den Dichter symbolische Bedeutung, denn Anastasius ist der Auferstandene, Wiedererstandene und Grün ist die Farbe, das Symbol der Hoffnung. Der Dichter hat übrigens für die sieben Jahre später (1837) veranstaltete Gesamtausgabe seiner Gedichte strenge Auslese seiner Jugendgedichte gehalten und manches nicht aufgenommen, was Beachtung verdient, wie das Gedicht „Illyrien“. Die Veröffentlichung der „Blätter der Liebe“ fällt gerade in die Zeit der Julirevolution; die Hauptursache, daß diese Gedichte geringen Beifall fanden, trotzdem in diesen schon sein reiches Dichtertalent aufkeimt. Sie sind in ihrer Gesamtheit ein buntes Vielerlei nach Inhalt und Darstellungsweise. Manche Lieder verraten deutlich Heineschen Einfluß, frei natürlich von dessen ironisierender Art. Auch die ausklingende Romantik verrät sich in der Neigung zum Allegorischen, Symbolischen. Die angewandten Bilder und Gleichnisse sind phantasievoll, reich an Zahl, oft in treffenden Gegensatz gestellt. Erkünstelte Empfindungen und erdachte Situationen fehlen freilich nicht, auch ist manches Gedicht mehr Gedanken- als Gefühlspoesie. Doch ist dies nur vereinzelt. Auch der schalkhafte Humor kommt zu seinem Rechte und die Freudenwelt der Natur; in abgestorbener Natur erblüht ihm kein Lied, keine Liebe. Im ganzen und großen zeigen diese ersten lyrischen Versuche schon ein originelles Talent und manche Gedichte eignen sich wohl zum Vortrage, selbst zur Vertonung („Blätter und Lieder“, „Die Brücke“, „Mannesträne“, „Fragen“, „Der Unbeständige“). Es gehört zu seinem poetischen Stil schon in diesen Jugendgedichten, Empfindungen und Gedanken phantasievoll in Bilder, besonders Naturbilder, umzusetzen, um durch diese das Abstrakte sinnlicher Erfassung näher zu bringen.13 Ähnlichen Charakter zeigt ein kleinerer Zyklus von Liedern mit dem Titel: „Ein Friedhofkranz“ (1827).14 Im Jahre 1830 erschien auch der Romanzenkranz „Der letzte Ritter“, in der neueren Nibelungenstrophe, nicht selten mit klingenden Versenden, 12 Vergl. Radies a. a. O. 13 Über die erste und zweite Liebe darin vergleiche Schlossar A. Grün, 1., S. 112, 113. 14 Haben vermutlich Bezug auf ein von ihm verehrtes, früh verstorbenes Mädchen. abgefaßt.15 Er ist eine Verherrlichung des klugen, hochsinnigen, tapferen, offenen, heiteren, wohlwollenden, vertrauensvollen Kaisers Maximilian, in dessen biederer Seele noch die Ritterlichkeit alter Zeit nachklingt, sich aber auch schon die Wellenschläge einer neuen Epoche bemerkbar machen, in welcher der Kampf mit den geistigen Waffen um die höchsten geistigen und materiellen Güter einsetzen wird und die rohen, blutigen Kämpfe ablösen. So kann Maximilian zugleich der Prophet einer neuen Zeit sein, welcher kurz vor seinem Tode (12. Jänner 1519), der ihn in Wels auf einer Reise nach Wien ereilte, folgende Worte auf seinem Sterbelager zu seinem Enkel Karl V. spricht, den er allerdings nie gesehen hat, da dieser (und sein Bruder Ferdinand) fern vom Großvater aufwuchs (in Gent) und seine Jugendzeit in den Niederlanden verlebte. Das Vlämische war seine Muttersprache. „Leicht trug ich meine Krone, sie ließ kein Wundmal mir Und wär’s auch, sie bedeckt es mit grüner Lorbeerzier; Denn Kraft und Recht und Glaube war Losung meiner Zeit, Mein Schwert und Herz, sie standen als Kämpfer treu im Streit. Dich rufen andre Kämpfe, die Schwerter rosten ein, Ein Kampf wird’s der Gedanken, der Geist wird Kämpfer sein; Ein schlichtes Mönchlein predigt zu Wittemberg im Dom, Da bebt auf altem Thronsitz der Mönche Fürst zu Rom. Ein neuer Dom steigt herrlich in Deutschland dann empor, Da wacht mit Lichteswaffen der heil’gen Geister Chor, An seinen Pforten möge der Spruch des Weisen stehn: Ist’s Gottes Werk, wird’s bleiben, wo nicht, selbst untergehn. — Geläutert schwebt aus Gluten dann der Gedank’ ans Licht Und schwingt sich zu den Sternen. O hemm’ im Flug ihn nicht! Frei wie der Sonnenadler muß der Gedanke sein, Dann fliegt er auch wie jener zu Licht und Sonn allein.“16 (Aus „Abfahrt von Innsbruck“.) Stärke, Milde, Weisheit und Blüte seines Geschlechtes wünscht er ihm noch in seinem letzten Segen und die Liebe, „sie, die als Taub’ im Flug als grünen Zweig vom Himmel den Lenz zur Erde trug, sie, die als Rosenkette von Herz zu Herz sich schwingt und als demantne Fessel Menschheit und Gott umschlingt, sie, die als blauer Odem das Rund der Welt umhegt, im Mittelpunkt des Erdballs als Puls des Lebens schlägt und auf dem Schutt des Weltalls einst steht mit Gott allein“. Diese Wünsche hätte der Dichter viel eher an Kaiser Franz in den „Spaziergängen“ richten können. Maximilian, der Freund der Künste und Wissenschaften, stand auch den reformatorischen und humanistischen Bewegungen seinerzeit sympathisch gegenüber und war bestrebt, durch Errichtung des „ewigen Landfriedens“ und des Reichskammergerichtes der Rechtlosigkeit im Reiche ein Ende zu machen. So erschien er dem Dichter bei allen seinen genannten Eigenschaften und seinen Ruhmestaten als echter deutscher Mann, als Nationalheld ein Musterbild auch gegen Despotismus, gegen politischen und 15 Man vergleiche damit die strenge Form in Uhlands Ballade „Des Sängers Fluch“. 111 Man vergleiche damit die Worte des sterbenden Attinghausen in Schillers „Wilhelm Teil“. 17 Dazu kam natürlich auch, daß er der Ahnherr des Habsburgerhauses und selbst ein Dichter war. geistigen Druck. Freilich wollte Maximilian auch die freien Schweizer unter seine Botmäßigkeit bringen, sie unterwerfen, aber sie hatten ihn ja durch Verweigerung des gemeinen Pfennigs und der Stellung von Söldnern geärgert, sowie durch Bildung von drei neuen Bünden am Oberrhein und Oberinn. So muß Habsburgs Sohn rächend ins Schweizerland ziehn (1499), doch „als König bringt er Ketten dem freien Schweizerbund, als Mann drückt alle Freie er gern an Herz und Mund“. Das Gedicht, welches die bedeutendsten Epochen im Leben des Kaisers behandelt, zeichnet eine glänzende, bilderreiche Sprache aus. In die Erzählung sind Stellen echt lyrischen und dramatischen Gehaltes eingeflochten, auch Stellen köstlichen Humors, hauptsächlich vom Hofnarren Kunz von Rosen gegeben. Auch Schilderungen der Natur sind passend angebracht. Sie ist nicht nur herrlich, sondern der Menschen Los auch mitfühlend. Damit z. B. Maximilian und Maria von Burgund, das liebende Brautpaar, in ihrem leisen Liebesgeflüster nicht gestört würden, „da hielt, um nicht zu stören, die Luft den Odem an sich, der Bach floß leiser, stiller, als ob er auf Zehen schlich, geschwätz’ge Pappeln hielten mit dem Geflüster ein: Nun still, ihr Schwestern, morgen wird auch ein Tag noch sein“. Und als der Kaiser nach der Niederlage seiner Herre durch die Schweizer bei Frastrenz und Dorneck niedergedrückt ist, ist die Natur wieder seine Trösterin, die ihm Seelenfrieden bringt; es tagt in seinem Herzen wie lichte Morgenstunde und glanzverklärt sieht er die Schweizerberge stehn. „Heil jedem edlen Fürsten, Heil seinem Volk auch dann, wenn er der Freiheit ruhig ins Auge schauen kann!“ ruft der Dichter aus. Und noch öfter ertönt so das Lob der Freiheit, des Friedens, der Vaterlandsliebe in dem von idealer Gesinnung durchwehten Werke. Auch Österreichs Preis ertönt, insbesondere Maria Theresias, Josefs II. und Erzherzog Karls, des Siegers bei Aspern. Trotzdem aber Maximilian zu den populärsten deutschen Kaisern gehört, ist Grüns „Letzter Ritter“ doch kein im Volke fortlebendes, nationales Gedicht geworden. Schuld daran ist die Charakteristik des Kaisers selbst Es fehlt ihm das Gewaltige, Dämonische des Wesens, dessen Kraft eine Welt an sich ziehen und mit festem, eisernem Willen leiten kann. Der Dichter gab dem Helden nur eine „schöne“, tugendreiche, ideale Seele, auch zu zarter, selbst weicher Empfindung gestimmt, durch einen Schimmer mittelalterlicher Romantik und Schwärmerei verklärt. Auch sind die vorgeführten Abenteuer, die wichtigsten in Maximilians Leben18, nicht ein kunstmäßiger, zu einem poetischen Ganzen ausgestalteter Bau, sondern zu lose aneinander gereihte Szenen, des kräftigen Gesamteindruckes ermangelnd. Doch ist diese Dichtung, obwohl sie nur in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts als hohes Lied deutscher Tüchtigkeit, Ehre und Treue gepriesen wurde, im ganzen und großen eine schöne poetische Schöpfung eines echten Dichters. 18 Darunter natürlich auch die Sage von seiner wunderbaren Errettung auf der Martinswand. III. Anastasius Grün als politischer Dichter. Die politischen Klänge, die der Dichter bereits im „Letzten Ritter“ angeschlagen, tönen mächtig und voll aus in den ein Jahr später (1831) veröffentlichten „Spaziergängen eines Wiener Poeten“19, in welchen dem Metternichschen Systeme und besonders dem „schwarzen Kabinette“ des Sedlnitzky, des Präsidenten der Polizei- und Zensurhofstelle, mit seltener, durch die Persönlichkeit staunenswerter Offenheit der Krieg erklärt wird; denn der durch die Freiheitskriege angebahnte Völkerfrühling drohte durch Metternich, von der Lauheit und Gleichgültigkeit seiner Zeit unterstützt, durch Unterdrückung jeglicher nationalen und liberalen Bewegung um seine Früchte gebracht zu werden, bis dieser endlich von der Wienererhebung am 13. März 1848 zum Rücktritte gezwungen wurde. Die „Spaziergänge eines Wiener Poeten“ sind ein bedeutsames Zeichen der Zeit, in der sie entstanden sind. Sie sind eine in manchmal hymnenartigem, kühnem Schwünge vorgebrachte Verkündigung des modernen Freiheitsideales und nehmen mit dem „Schutt“ unter Anastasius Grüns lyrischen Dichtungen die erste Stelle ein, ebenfalls des Fortlebens würdig, wenn sie nicht dem Schicksale aller Tendenzdichtung verfallen wären. Man nannte sie mit Recht ein „majestätisches Gewitter des Geistes“, das sich über der alten Kaiserstadt entlud; Blitz auf Blitz, Schlag auf Schlag, zündend und vernichtend. Daher die große Aufregung, die sie seinerzeit hervorriefen. Hier, wie im „Schutt“, schöpft der Dichter aus dem überreichen Quell seiner Kunst, Freimut und Begeisterung mit ihr vereinend, ohne Rücksicht auf seinen Stand, auf gegnerische Beurteilung oder gar Verfolgung. Er war der glänzendste Dolmetsch der nach politischer und Denkfreiheit ringenden Volksseele des österreichischen Volkes und der ausdauerndste im Kampfe, da er von unversiegbarem Vertrauen auf den endlichen Sieg seiner guten Sache erfüllt war. So sehr Anastasius Grün in diesen Gedichten nach Wandel der Verhältnisse strebte, so war er doch von Revolutionsgelüsten frei; der Adel seines Wesens gab auch diesen Dichtungen das Hauptmerkmal. Zur Zeit, als man am eifrigsten alle freiheitlichen Bestrebungen zu unterdrücken strebte und das Streben nach Freiheit persönlich gefährdete, ließ er offen und laut seinen Freiheitsgesang erschallen, und da die Geistlichkeit seiner Tage jene Unterdrückung mit unterstützte, um sich als staatserhaltende Macht zu erweisen und ihren Einfluß zu vermehren, wie es auch die meisten Fürsten und anderen Großen des Reiches taten, hauptsächlich aus Furcht vor einer Demokratie, so entlud sich des Dichters Zorn insbesondere auch auf die Geistlichkeit, die er mit allerdings sehr scharfen Worten, Witzen und Bildern herunterkanzelte. Und damals war der Dichter erst fünfundzwanzig Jahre alt. Revolutionsdichter, wie Herwegh, Freilig-rath, Hoffmann von Fallersleben, Kinkel u. a., taten aber doch unrecht, ihn zu den Ihrigen zu zählen20, denn so schreibt er in einem Briefe an 19 Ohne Verfasser- und ohne Deckname, unter dem Eindrücke der Pariser Julirevolution geschrieben. Sie sind dem geistesverwandten Uhland zugeeigr.et, welchen er später öfter in Schwaben besuchte. 20 Trotzdem manche von ihm ausgingen, insbesondere auch Hermann v. Gilm. Von seinen vielen Nachahmern seien folgende Landsleute erwähnt: Dräxler-Manfred, Konstant von Wurzbach, Karl Beck, Emil Kuh. S. Brunner, seinem vertrauten Freunde: „Meine Losung war und blieb jederzeit: Das Licht, nicht der Brand! die Bewegung, nicht der Sturm! der Bau, nicht die Zerstörung!“ Es war ihm die Freiheit nur denkbar auf Grundlage von Sitte und Gesetz und darum verurteilte er die Wiener Mairevolution und die anderen gewaltsamen, blutigen Vorgänge. So preist er in den „Spaziergängen“ seinen Gesinnungs- und Schicksalsgenossen Ludwig Uhland als gleichen Kämpfer für das Recht („An Ludwig Uhland“). Maria Theresia und Josef H. sind stets die Ziele seiner Sehnsucht („Einem jungen Freunde“), dem von Gott gesegneten Vaterlande, groß durch Kriegstaten, Pflege der Kunst und Wissenschaft, mögen die Lerche und der Adlerdie Botschaft der Freiheit sein („Frühlingsgedanken“, „Warum?“), Österreich aber, so ehrlich, offen, wohlerzogen und fein, naht sich in schlichtem Kleide, ohne Dolch, dem eigentlichen Lenker des Staates, dem gleißenden Metternich, und fleht ganz artig, daß es wohl so frei sein dürfe, frei zu sein („Salonszene“). Jenen Priestern zollt er seine Verherrlichung, die das bittere Sterben mit Wundertrost versüßen, Herzen, klar und rein, besitzen, treue Beschützer ihrer Gemeinde und ein treuer Hort des Evangeliums sind und frei das Haupt zum Himmel kehren können; diejenigen aber, welche unser Leben verbittern, selbstsüchtig, charakterlos, sittenlos, genußsüchtig sind, diese sind ihm die verächtlichen „Pfaffen“, welche mit Distelköpfen aus dem Lande gejagt werden sollten („Priester und Pfaffen“, „Die Dicken und die Dünnen“). Der Zensor, der den Gedanken, welcher doch „mit grüner Palme siegreich, stolz und frei im Lichtgewande, leuchtend in das gastlich schöne Land wandeln“ sollte, schadenfroh mit einem Striche mordet, ist der größte Verbrecher auf Erden und ein Gotteslästerer zugleich, denn auch des Menschen Geist ist Gottes Schöpfung („Mautkordon“, „Dem Zensor“). Ebenso richtet er seinen Zorn gegen die Naderer, welche Brüder gegen Brüder hetzen und selbst in edle Herzen Mißtrauen säen können („Naderer du!“, Wohin!“). Bei Aspern siegte Österreich und die Hoffnung auf endlichen Sieg der Völkerfreiheit bekam dadurch neue Nahrung („Auf dem Schlachtfelde von Aspern“, „Nachtgedanken“). Dieser Sieg wird endlich durch das Wort, das Licht und Gesetz erfochten, nicht mit dem Schwerte, wie der Lenz mit seinen Sonnenstrahlen, seinen grünen Palmen, mit Lerche, Fink, Nachtigall und Morgentau den Erzdespoten Winter überwindet („Sieg der Freiheit“). Mutig und frei soll daher der Dichter Licht und Freiheit preisen, nicht heuchelnd und schmeichelnd hohe Fest- und Namenstage oder nur den Jammer der Welt beklagen („Antworten“). Tränen entfließen ihm, wenn er der Herrlichkeit und Pracht Österreichs und der Bravheit und Tüchtigkeit seiner Bewohner gedenkt, da es doch nicht glücklich ist, („Hymne an Österreich“), und gedenkt des Kaisers Rudolf H., der so wenig sein Volk zu beglücken verstanden hat („Kaiser Rudolf der Zweite“), im Gegensätze zu Maria Theresia und Josef II., der ihm als das Ideal eines „Despoten“ gilt durch sein Ringen nach dem Lichte, durch sein Tun in ernster Zeit, durch sein beharrliches, ernstes Kämpfen „um ein morgenrotes Land“. Was dieser seinem Volke geboten, war ein Frühlingsbote; darum möchte er in der ehernen Hand seines Standbildes eine Rose sehen („Maria Theresia“, „Sein Bild“). Aber gerade die Leiden, die das Vaterland schafft, sollen es dem Bürger noch teurer machen; Auswanderung ist Fahnen- flucht, die der Heimat entfremdet: „Drum, ein schöner Fruchtbaum, wurzle du im heim’schen Boden fest, — Bringt er dir auch Frost und Stürme, bringt er doch auch Lenz und West! — Kreis’ ein Schwan der Hoffnung ruhig auf bewegtem, heim’schem Strom, — Trage mit als schmucker Pfeiler an des Vaterlandes Dom!“ („Einem auswandernden Freunde“).21 Gegen jene Schöffen und Räte, die den Gang der Zeit nicht begreifen und ihr entgegenarbeiten wollen, und gegen jene „Schranzenbrut“, die ihr Vateramt gut bestellt glaubt, „wenn es nur ein Volk von Männern Kindern gleich in Windeln hält“, richtet sich sein unerschrockenes Wort („Unsere Zeit“, „Die Ruinen“). So wendet er sich endlich an die Spitze des Reiches, an den Kaiser selbst, mit einem freien, kühnen Liede, daß er seinem Volke, das Gut und Blut für ihn hingibt und so auch bei Aspern hingegeben hat, nun aber verarmt und dürftig, wehrlos und von Schmerz gebeugt ist, warm und freudig sein Herz erschließe, daß er ihm die helle, scharfe Waffe des offenen Wortes in Schrift und Mund, das gediegene, reine Gold der Freiheit und des Gesetzes im Bunde gewähre; er möge seinem Volke der Friihlings-odem sein, dann werde es auch blühen und sein Geist Ähren tragen, inneren Marks und Kernes schwer („An den Kaiser“). Ohne diesen Wunsch erfüllt zu haben, starb Kaiser Franz I., der seit 1815 die Regierung fast ganz seinem Minister Fürsten Metternich überlassen hatte, am 2. März 1835, und Anastasius Grün fügte jenen Gedichten einen „Epilog“ an (März 1835) mit der Klage, daß im Katafalke nun auch der deutschen Einheit Traum verschlossen ruhe, und mit der dringenden Mahnung: „Und ihr Priester, Redner, Lehrer — Streut die Saat mit kluger Hand, — Pflanzt, des Reiches wahre Mehrer, — Lieb’ und Recht fürs deutsche Land!“ Anastasius Grün befand sich damals in Wien, das er von seinem Heime aus häufig besuchte, wie auch Graz. Er war Zeuge der Wirkung seiner „Spaziergänge“, die trotz des strengen Verbotes ungeheure Verbreitung fanden, und wurde gleich von allen freiheitlich Gesinnten als Genosse in Anspruch genommen.22 Daher und infolge der unaufhörlichen Anfeindungen der österreichischen Machthaber zog er es vor, Wien zu verlassen, sich zunächst auf sein Gut zurückzuziehen, es durch landwirtschaftliche Vorkehrungen einträglicher zu machen und zu ordnen, sich dichterischen Arbeiten hinzugeben und dann, einem inneren Drange folgend, Reisen zu unternehmen. Er bereiste wieder Italien,23 wieder die österreichischen Alpenländer,24 Deutschland (besuchte in Stuttgart seine schwäbischen Freunde), Frankreich,25 Belgien, England, Holland. Besonderen Eindruck machte auf ihn die Adria, Italien, die österreichischen Alpenländer, der Rhein und Helgoland, welches er in einem prächtigen Sonettenzyklus feierte. In Wien selbst, wohin er jedes Jahr mehrmals zurückkam, war ihm das „silberne Kaffeehaus“ (des Neuner) in der Plankengasse ein besonderer Anziehungs- 21 An den auswandernden Lenau gerichtet. Diesem Auswanderer hat Anastasius Grüns zeitgenössischer adeliger Dichter Alexander Graf von Württemberg (1801 — 1844), dessen freiheitliche Gedichte die Wiener Zensur ebenfalls auf die Liste der verbotenen Bücher setzte, das empfindungsvolle Gedicht „An meinen lieben Nikolaus Lenau“ gewidmet. 22 Trotzdem das Büchlein in der freien Reichsstadt Hamburg (bei Hoffmann und Campe) gedruckt worden war, hat es doch (anfangs verstohlen) seinen Weg nach Wien gefunden und da gewaltige Aufregung verursacht. 23 Schon 1829 hatte er die Adria besucht. 2* Schon 1830 durchwandert. 25 Er hegte sogar eine Zeitlang die Absicht, dorthin auszuwandern. punkt, denn dies war die Sammelstätte der „Ritter vom Geiste“, hervorragender Dichter, Künstler, Musiker, Schauspieler, Gelehrter. Grillparzer, Lenau, Seidl, Bauernfeld, Feuchtersieben, Zedlitz, Frankl, Castelli, Raimund, Vogl, Deinhardstein, Dräxler-Manfred und andere Dichter verkehrten daselbst, nicht in einem damals verbotenen Vereinsverbande, sondern zu freiem Ideenaustausche. Und Lenau war es insbesondere, an den sich Anastasius Grün zu einem innigen Freundschaftsbunde anschloß. Sie machten mit Vorliebe zusammen Ausflüge in die herrliche Umgebung Wiens, besonders zu den Höhen des Kahlenberges, und Anastasius Grün widmete den „Pfaffen vom Kahlenberg“, in welchem auch Wien und Umgebung in herrlichen Schilderungen gepriesen ist, seinem Freunde, gab auch dessen dichterischen Nachlaß heraus, schrieb sein Leben und veranstaltete eine Gesamtausgabe seiner Werke. Seit 15. Oktober 1832 saß Anastasius Grün als Mitglied der krainischen Stände auf der „Herrenbank“ in der Laibacher Landstube. Seit dieser Zeit begann auch seine Tätigkeit als durchaus fortschrittlicher Politiker. Mit mannhaftem Eifer und glänzender Beredsamkeit vertrat er hier die Interessen seines Heimatlandes, setzte sich insbesondere für einen gerechteren Steuermodus ein und für die Hebung der Waldwirtschaft. Im krainischen Landtage wirkte er bis 1845. Erst das Verfassungsjahr 1861 brachte ihn wieder in die krainische Landstube. Daselbst verblieb er bis 1867. Sein Kampf für das Deutschtum und die Freiheit daselbst gegen die vereinigten Klerikalen und Slowenen zogen ihm viel Erbitterung, manchmal auch Wut der Gegner und viel Ungemach zu, daß er es im Jahre 1867 vorzog, sich in den steiermärkischen Landtag wählen zu lassen. Für die Hebung des deutschen Theaters in Laibach war Anastasius Grün ebenfalls eifrig bemüht in Nachahmung des Beispieles seines edlen Vorfahren, des Landeshauptmannes Wolf Engelbert von Auersperg (f 28. April 1673). Er erkannte wohl die Kulturmission des deutschen Theaters für Krain. Slowenische Vorstellungen konnten erst nach seinem Austritte aus dem Landtage eindringen, da er sich solchen, wie die Folgezeit lehrte, mit Recht widersetzte, da noch die nötigen Vorarbeiten dafür fehlten. Fast fünf Jahre nach den „Spaziergängen“, im neunundzwanzigsten Jahre seines Lebens, veröffentlichte Anastasius Grün den Elegienkranz Schutt (im Herbste 1835), der trotz der lauen Aufnahme, die er gefunden, neben dem „Pfaffen vom Kahlenberg“ nach Inhalt und Komposition zu seinen hervorragendsten Dichtungen gehört. Sie ist von klassischem, unvergänglichem Werte. Es liegt der Dichtung die Idee zugrunde, daß sich die Menschheit nach aufwärts entwickle, dem Siege des Rechtes, der Freiheit und der Humanität zu in einem völkerbeglückenden, schönheitsverklärten, goldenen Zeitalter. Man hat sie mit Recht eine „träumerische Musik des Gedankens“ genannt, „die zu immer volleren Akkorden anwächst und alle Dissonanzen in mächtig ergreifender Harmonie auflöst“. Der erste der vier Elegienkränze, aus denen „Schutt“ besteht, hat den Titel „Der Turm am Strande“. Wir hören darin die Klagen eines venezianischen Dichters, den man wegen seiner politischen Sonette, die gegen die Tyrannen und Senatoren gerichtet waren, in einem alten Turme am Strande Istriens, als dieses noch unter der unduldsamen Herrschaft Venedigs stand, in Ketten hält. Es ist in tiefempfundenen, rührenden Worten und reichen Bildern dargestellt, wie das Leben der Außenwelt (durch das vergitterte Fenster erblickte Sterne, die aus dem Strohbette gezogene Ähre, das auf der Eisenvergitterung eine Beere verzehrende Vöglein, das Antlitz des alten Kerkermeisters) in das Kerkerdunkel so spärlich hineindringt und doch in der gedrückten Seele des Zwänglings leise, elegische Akkorde eines seligen Lebens im Sonnenlichte erklingen läßt. Endlich ist er frei, aber er ist alt geworden, für die Welt schon abgestorben, fühlt sich geächtet; so kehrt er lieber wieder in den gewohnten Kerker zurück. Dieser Kerker aber, dieser Qefängnisturm, war einst ein sein helles Licht weithin ausstrahlender Leuchtturm, der zur Ruine geworden ist, seitdem man einen neuen gebaut hat. Der alte Leuchtturm, der seinem Zwecke nicht mehr entsprach, dessen Gemäuer die Zeit stark benagt hatte, barg in seinem ruinenhaften Innern im Dichter das Licht des Geistes, der Freiheit, freilich in schmachvollen Ketten; in jenem Italien aber, das im „Cincinnatus“, dem dritten Teile des „Schutt“, durch den herabgekommenen bourbonischen Soldaten, der seine höchste Lebensaufgabe nur im Genüsse der schönen südlichen Natur und in der Erhaltung des eigenen Lebens sieht und daher keinen Kampf für die höchsten Güter der Menschheit will,20 und durch den körperlich und geistig träge dahinliegenden und dahinlungernden Lazzarone, der sich das Dolce far niente zur Lebensphilosophie gemacht hat, so treffend charakterisiert ist. Die äußere Situation des Gedichtes erinnert an Lord Byrons Gedicht „Der Gefangene von Chillon“. Manche Stellen dieser Elegien gehören zu den empfindungsvollsten, die unser Dichter je gedichtet hat, und sind zugleich ein Zeugnis seiner innigsten Liebe zur Natur. Dazu kommt eine hier allen Glanz entfaltende Dichtersprache. Die Lieder des zweiten Teiles, „Eine Fensterscheibe“ betitelt, führen uns das Klosterleben vor in einer Zeit des Niederganges der Klosterzucht, als nur öder Dogmatismus herrscht, unfruchtbarer Glaube, bar jedes geistigen Interesses. Von einer segensreichen Wirksamkeit des Klosters zum Wohle der Menschheit erfahren wir nichts, auch von keiner Liebe der Klosterleute zu ihrem Berufe; nur den finsteren Abt befriedigt sein Stand, da ihm dieser und die Religion ein Mittel der Macht ist. Zum Baue des verfallenden Klosters haben Könige und Königinnen beigesteuert, aber auch ein Bettler hat einen Pfennig gebracht und der Abt damit die Kosten einer Fensterscheibe bestritten, was eine in derselben eingeritzte Inschrift berichtet. Die Komposition dieses Teiles ist nicht einwandfrei, denn es fehlt die Einheitlichkeit der Bilder und Situationen. Die vielen Bilder des Klosterlebens stehen nicht im Einklänge zur Ruinenhaftigkeit des Klosters, das auch nach dem Tode des letzten Mönches zusammenstürzt, trotzdem doch noch kürzlich ein neuer, junger Priester aufgenommen worden ist, der aus Überdruß vor der Welt, da ihm die an die Leipziger Schlacht geknüpften Hoffnungen die darauf folgende Reaktion zunichte gemacht hat, das Schwert mit der Kutte vertauscht hat. Die Zeit wallt vorüber, streut Erde über die Ruinen und Saaten und Rosen sprießen aus ihr empor. In fernen Tagen aber wandelt wohl ein Dichter vorbei, von den lustigen Saaten und frischen Rosen zum Liede begeistert, während hoch in den Lüften eine Lerche, die vom Dichter vielgepriesene Freiheitssängerin, ihren Gesang ertönen läßt. So erlischt auch in dieser Dichtung altes Leben, wenn es nicht mehr nützlich wirkt, seine Schaffenskraft eingebüßt hat; dann schreitet die Zeit über dasselbe hin und 26 Dem Dichter schwebten die Neapolitaner der bourbonischen Zeit vor Augen. aus seiner Ruine ersteigt ein neues, schöneres Leben, saatenreich und rosenprächtig in holder Freiheit. Trotz des angeführten Mangels fesselt dieser Liederkranz doch durch eine Reihe schön erfundener und dargestellter Bilder. Der dritte Teil, „Cincinnatus“, der umfangreichste, hat seinen Namen von einem aus Amerika gekommenen und zur Rückfahrt bereiten Schiffe, „Cincinnatus“ benannt, das im Golfe von Neapel vor Anker liegt.27 An den Schiffsmast gelehnt, stellt ein junger Amerikaner aus Baltimore, ein Sohn deutscher Auswanderer, Betrachtungen an über die Eindrücke, die er von Neapel, von den Ruinen Pompejis und in seiner Heimat selbst erhalten. So ist Europa und Amerika in Wechselbildern aneinandergeknüpft und in reichlichen Farben ausgemalt. Dem Vaterlande seiner Vorfahren mit der großen Vergangenheit, nun aber in den Tod sinkend, steht Amerika gegenüber als das Land der Verheißung, frei von allen politischen, sozialen, religiösen, dogmatischen Fesseln. Nach der Unterdrückung der freiheitlichen Bestrebungen nicht nur in Deutschland und Österreich, sondern auch in Italien, Spanien und Griechenland erträumte man sich besonders die Vereinigten Staaten Amerikas als das Musterland der Freiheit, als die Zukunft der Menschheit. So gab demnach auch Anastasius Grün dieser Dichtung den allgemeinen Grundgedanken, daß in Amerika ein neues Leben erwachen könne und hier der Menschheit ein bisher verschlossener Bereich der Kultur eröffnet werden, wenn das europäische Vaterland für das geistige Leben der Menschen unfruchtbar geworden und für ideale Zwecke abgestorben ist; aber sein in Lebenserfahrungen geläuterter Geist, frei von Übertreibungen in Beurteilung von Lebensverhältnissen, und sein zähe innewohnender, zuversichtlicher Glaube an den endlichen Sieg der von ihm verherrlichten Ideen hielt ihn trotz der Ungunst der politischen Verhältnisse in Europa fern von einseitiger Überschätzung der amerikanischen Zustände.28 So ist Anastasius Grüns Überzeugung doch diese nach bitteren Erfahrungen gewonnene Ansicht Lenaus: „Mein Aufenthalt in der neuen Welt hat mich von der Chimäre von Freiheit und Unabhängigkeit, für die ich mit jugendlicher Begeisterung schwärmte, geheilt. Ich habe mich dort überzeugt, daß die wahre Freiheit nur in unserer eigenen Brust, in unserem Wollen und Denken, Fühlen und Handeln ruht.29 Vergleiche damit Anastasius Grüns 27 Das Schiff ziert das Holzbild des bekannten Römerhelden, des Musters alt-römischer Tugend und Sitteneinfalt und Vorkämpfers der Patrizier in ihrem Streite mit den Plebejern (461 v. Chr. Konsul, 459 und 440 Diktator). 28 Karl Postei, geboren 1793 zu Poppitz bei Znaim in Mähren, wanderte nach seiner Flucht aus dem Kreuzherren-Orden in Prag nach Amerika aus, lebte dort viele Jahre als Farmer und Journalist und veröffentlichte unter dem Namen „Charles Sealsfiel d“ zahlreiche Romane und Erzählungen, in welchen er die Natur und das Leben in der Neuen Welt farbenprächtig und begeistert preist. Diese wurden in den dreißiger und zu Anfang der vierziger Jahre in Europa förmlich verschlungen. 1859 nach Europa zurückgekehrt, kaufte er sich bei Solothurn in der Schweiz ein Gut und starb daselbst 1864. Seine besten Romane sind: „Der Virey und die Aristokraten“, „Lebensbilder aus beiden Hemisphären“, „Kajütenbuch“. Nikolaus Lenau war dem Zuge nach Amerika (1. August 1832) gefolgt und landete nach einer stürmischen Überfahrt in Baltimore. Aber schon nach einem Jahre verpachtete er seine gekauften 400 Morgen Landes einem schwäbischen Zimmermanne, angewidert von dem materiellen, nüchternen, selbstsüchtigen Treiben der Amerikaner, und kehrte, ohne die erhoffte Erhebung und Heilung seiner Seele nach einem kurzen Abstecher zu dem Niagara nach Europa zurück, dessen Boden er in Bremen voll Jubel begrüßte. 29 Schurz, Lenaus Leben, I. 224. Gedicht „Einem auswandernden Freunde“! Auch dieser Teil ist reich an poetischen Schönheiten, großartigen Gemälden30, klassischen Schilderungen und Charakteristiken; die Gagenbilder erzeugen einen interessanten und fesselnden Stimmungswechsel. So ist nun der Übergang gegeben zu dem letzten, nur aus fünf, aber umfangreicheren Gedichten bestehenden Liederkranze, zu den „Fünf Ostern“, in denen auch diesseits die ersehnte Wiedergeburt der Menschheit stattfinden kann, ein idealer Zustand des Menschentums, wie ihn sich der Dichter als Abschluß der menschlichen Entwicklung in seiner Phantasie vorstellt. Er knüpft hier an die schöne, orientalische Sage an, daß Christus alljährlich zu Ostern um die Morgenstunde im Auferstehungskleide auf des Ölberges Höhen wandle und hinabschaue auf die Stätte seiner Wirksamkeit und seines Leidens. An vier solchen Ostertagen hat er vier weltgeschichtliche Ereignisse von höchster Bedeutung für Palästina und die ganze Menschheit beschaut. Da sieht er im ersten Bilde des Dichters Jerusalem unmittelbar nach der Zerstörung durch Titus ganz in Schutt und Trümmer gelegt. An einem zweiten Ostertage sieht er Gottfried von Bouillon im Dome des über dem Schutte neuerstandenen Jerusalem vor dem Altäre knien. Um ihn in der heiligen Halle und außerhalb des Domes sind seine geharnischten und blutbefleckten Kreuzfahrer geschart. Schmerzlich beklagt Gottfried, bezeichnend für den Dichter, daß er nicht einem frommen Pilger gleich, ohne Blut vergossen zu haben, an der heiligen Stätte weile. Ein dritter Ostertag zeigt uns Jerusalem in den Händen der Mohammedaner; das Kreuz ist gestürzt, überall glänzt der Halbmond. Nur das leere, von Pilgern verwaiste heilige Grab, über welchem noch schüchtern das Zeichen Christi, das einzige, ragt, haben Mönche mit Gold erkauft und hüten es noch als treue Wächter, während der Heide Krambuden darin aufgeschlagen hat, während ein wie ein Ahasver unstet wandernder Handelsjude, die Leiden seines Volkes beklagend, sich hier noch glücklich fühlt, da hier beide, Juden wie Christen, von den Heiden bedrückt werden. Der vierte Ostertag fällt in die jüngste Vergangenheit. Noch herrscht der Halbmond, doch das Kreuz über der Grabeskirche Christi, noch immer treu von Mönchen wie von treuen Doggen behütet, ist nicht zerfallen. Aber in grimmigem Hasse gegeneinander entbrannt, hadern und kämpfen die Vertreter der verschiedensten christlichen Religionen um ihre Eigentumsrechte, bis endlich der Pascha und der Stock des Janitscharen diesem widerlichen Treiben ein Ende macht, so daß nicht Blut den Altar besudelt81 Von Napoleons Nahen, der siegreich von Ägypten nach Syrien zieht, erwartet ein greiser Mönch betend Erlösung und Rettung, den Sturz des Halbmondes, den Sieg des Kreuzes, Befreiung des heiligen Grabes; doch seine Heere, seine Adler ziehen vorüber. Einst wird aber noch ein fünfter Ostertag kommen des Menschenglückes und Menschenfriedens, ohne Spur mehr der traurigen Vergangenheit. Der Seherblick des Dichters sieht ein prangendes, fruchtreiches Gefilde. Ein von Kindern auf Golgatha zufällig ausgegrabenes Schwert wird, unkundig seines Gebrauches, als Pflugschar verwendet und ein von einem Ackersmanne daselbst gefundenes Steinkreuz, das man auch nicht 30 Hervorzuheben der Untergang Pompejis durch die Liebe des Geistes des Vesuv zur schönsten Frau dieser Stadt. 81 Neben den römischen Katholiken, den Kopten, Griechen und Armeniern, die Anastasius Grün anführt, sind am Kondominium über die heiligen Statten auch die Abes-synier und Syrier beteiligt. erkennt, wird in einem Garten aufgestellt und Rosen und Blumeu aller Art ranken sich an ihm empor, daß es ganz von seiner Blutenhülle verdeckt ist; ein glorreiches, bedeutungsvolles Zeichen auf Golgatha. So endigt die Dichtung mit einer Verherrlichung des Geistes des Christentums, der Weltreligion, wenn auch erst in ferner Zukunft. Das mit Rosen umschlungene Kreuz ist sein Symbol; es hat das ihm angetane aszetische Element abgestreift und die Idee, den Kultus des Schönen in Natur und Kunst in sich aufgenommen. So ist das Christentum keine Gewaltherrschaft mehr, sondern etwas allgemein Menschliches, Weltbeglückendes, die Menschen zur Einheit prägend in ewigem Frieden, adelnd und zur reinen Gotteserkenntnis erhebend. Die äußeren, vergänglichen Formen desselben, deren Widerstreit so viel Unheil über die Menschheit gebracht hat, sind im Bilde des Kreuzes verhüllt, ausgeglichen; nur ein im Kerne der Seele ruhender, lebendiger christlicher Glaube waltet fort. Es ergeben sich also nach der Grundidee des „Schutt“ in der Fortentwicklung der Menschheit Einrichtungen und Verhältnisse, die wohl eine Zeitlang ihren Zweck haben, aber dann doch endlich hemmend auf jene einwirken, daher verfallen müssen, zu Schutt werden, als Grundlage jedoch zu neuer Gestaltung. So ist im Gegensätze zu dem bloß negativen Standpunkte der „Spaziergänge“ nun auch ein positiver Grund gelegt, auf dem aufzubauen ist. Dieser ist das Streben nach dem Wahren, Schönen; dies ist das veredelnde Prinzip des Menschentums, das es endlich zu seiner erreichbaren Höhe bringen soll. Wer denkt da nicht an Gedichte Schillers verwandten Inhaltes, wie an „Das Ideal und das Leben“, „Die Künstler“? Während dieser in seiner Elegie „Pompeji und Herkulanum“ in elegischer Stimmung einer verschwundenen klassischen Welt objektiv gedenkt und dessen Hinschwinden beklagt, sieht Anastasius Grün in romantisch-phantastischem Geistesfluge auch abgestorbenes Leben als Grundlage neuer Entwicklung, höherer, schönerer Lebenserscheinungen an, wobei ihm auch wieder das sich stets bewegende Leben der Natur, aber nach unveränderlichen Gesetzen zielbewußt und klar vor sich gehend, ein Beispiel ist. So ist diese Dichtung zugleich auch ein herrlicher Preis der Natur, die ihrem Wesen nach stets neu erzeugend, nicht bloß Altes, Überlebtes zerstörend ist. Auch Anastasius Grüns Vaterlandsliebe dringt hervor im Preise des „großen Fritz“, des Kaisers Josef, und wenn er singt: „0 Deutscher, deine Heimatlieb’ ist gleich — Dem Feuerwein, an Duft und Gluten reich, — Der, wenn er weiter Meere Bahn durchzog, — Nur hüh’re Glut und neue Würzen sog.“ (Cinc. 3, 8). Während die „Spaziergänge“ in lebhaften Trochäen abgefaßt sind, meist in vierzeiligen Strophen, von achtfüßigen Trochäen gebildet, hat der „Schutt“ stets vierfiißige Jamben, zu vierzeiligen Strophen vereinigt, bald mit männlichem, bald mit weiblichem Ausgange, bald paarweise, bald kreuzweise gereimt je nach der Verschiedenheit der zur Darstellung gebrachten Empfindung. Wenn auch peinlichere Kritiker einige erzwungene Züge in den Gleichnissen, die wieder in reicher Zahl auftreten, vermerkt haben, und daß manchmal mehr der Verstand und die Phantasie als das Gefühl vorherrschen, daß in grammatikalischer Beziehung einzelne Mängel Vorkommen, wie im Zeitenwechsel, im Gebrauche des Konjunktivs, daß des Dichters überquellende Phantasie auch hie und da unedle oder unpassende Bilder zu schönen, edlen gestellt hat, so ist doch, da jene Mängel nur vereinzelt sind, das Urteil Rud. Gottschalls durchaus zutreffend, daß der „Schutt“ zu den Perlen unserer modernen Poesie gehört. IV. Allerlei Reise- und Zeiterlebnisse. Es sei nun auch der Lieder gedacht, welche eine schöne Frucht seiner unternommenen Reisen sind. Sie sind in folgende Gruppen geteilt: „Erinnerungen an Adria (1829)“, „Lieder aus dem Gebirge (1830, 1831)“, „Lieder aus Italien (1835)“, „Sonette aus Helgoland (1850, 1854)“,32 „Aus Krain“,:i3 „Aus Gastein (1842).34 Eine große, bunte Bildergalerie tut sich in ihnen auf, die ihren Stoff aus der Natur und aus dem Menschenleben zugleich genommen hat, denn beides geht Hand in Hand. Die Natur wird tief erfaßt und empfunden, ihr Eindruck erregt Gemüt und Geist; anderseits ist auch die Natur die Geschicke der Menschen mitfühlend, freut sich mit diesen, leidet mit diesen und gibt ihren Erregungen durch ihre Mittel beredten Ausdruck. So schmelzen Menschenseele und Natur ineinander und dessen Ergebnis sind seelenvolle Naturbilder. So steht der sinnige Dichter nicht bloß fühlend, sondern auch sinnend der Natur gegenüber und so erscheint manchmal freilich auch die Wiedergabe des Dichters eine mehr philosophisch-reflektierende als unmittelbar naive. Die Natur ist ihm nicht bloß eine Bereicherung seiner Sinne, seiner sinnlichen Eindrücke, sondern auch eine Bereicherung seiner fühlenden und denkenden Seele. Es können ihm selbst geringfügige Geschöpfe der Natur und Menschenhand Gegenstand sinniger Betrachtung werden und nicht selten schweift des Dichters Phantasie von dem gegenwärtigen Eindrücke ab in die Vergangenheit oder Zukunft. Es sind also auch, der Mannigfaltigkeit der Natur und des Menschenlebens entsprechend, die Bilder teils ernst, teils anmutig ergötzend oder in düsterer Tragik erschütternd ; aber im großen und ganzen herrscht mehr Weichheit und Zartheit, harmonisch abgeklärte Empfindung, nicht Leidenschaftlichkeit vor. Einige Lieder sind scherzhaft tändelnd oder schalkhaft mit anmutiger Grazie. Auch die Liebe kann den Natureindruck und Naturgenuß verschönern und veredeln. In Landschaftsschilderungen ist der Dichter Meister, insbesondere auch in der Darstellung der Bergespracht. „Nur wer der Geister Liebling, den umweht, entschleiernd sich, des Berggeists Majestät“, sagt er im Gedichte „Fernsicht“ und: „Nur feinre Sinne belauschen den Odem der Natur“, in den „Nibelungen im Frack“, bezeichnend für ihn selbst. Natürlich hat der Dichter auch jene Ideen und Bestrebungen, welche so sehr seine Seele erfüllen, in seine Naturlieder hineingetragen, so den Preis des deutschen Vaterlandes, Begeisterung zum Kampfe für das Wahre, Gute, Schöne, für Freiheit, Recht und Licht, gegen die Unbeständigkeit der Zeit. Im Streben, felsenhart zu bleiben wie der Älpler und kraftvoll schützend 32 Nachgetragen in der Veranda-Sammlung. 33 Ebenfalls aus der Veranda-Sammlung nachgetragen. Gesammelt aus den Jahren 1849, 1874, 1876, 1877. 34 Anastasius Grün war auch ein guter Zeichner, was zur Entwickelung seines Formen- und Schönheitssinnes viel beitrug. wie die stolze, deutsche Eiche, will er die Muse seines Liedes vor den strengen Blick der freien, stolzen Felsen stellen, daß diese urteilen, ob sie wirklich stets frei und offen, ohne Furcht und Lüge, „die Ahnungsrosen ihrer Seelenzüge, die Glaubenssterne ihrer Geisterfahrt“ geoffenbart habe („Die Muse vor Gericht“). Viele dieser Gedichte sind ebenfalls Perlen der deutschen Literatur, wenn sie auch aus Gründen, die schon in der Einleitung angegeben sind, und nach der eben gegebenen Charakteristik nicht volkstümlich geworden sind, denn auch eine herrliche Dichtersprache und große poetische Technik zeichnen sie aus. Gar manche sind für den Gesang geeignet, viele aber prächtige Vortragsstücke. In den beiden Sonettenzyklen „Aus Helgoland“ flicht der Dichter in die Verherrlichung des Wunderlandes mit der braven, deutschen Bevölkerung, deren Leben und Treiben, Freuden und Leiden er auch in liebevoller Weise schildert, die Klagen ein über empfundene Scham und erlittenen Schmerz darüber, daß das Eiland (damals noch) unter britischer Herrschaft stehe und daß das gewaltige Meer langsam seinem Kinde den Tod bereite, denn es rieseln Steinchen um Steinchen vom Felsen in die Fluten, als rinne des Eilandes Blut hinab; und daß allmählich die alten, biederen, schlichten Sitten und Gebräuche seiner Bewohner hinschwinden, denn „jetzt landen hier, Parfüm in Wort und Haaren, mit seidnem Kleid und Sinn die schlimmem Gäste; wegspült das Meer vielleicht die Leibgebreste, doch nicht, woran die Seele krankt der Scharen“. Die Gedichte „Aus Krain“ enthalten den schon erwähnten „Nachruf an Prešern“ und Lieder zur Verherrlichung des lieblichen Veldeser Sees. Aber hiemit sind die lyrischen Gedichte Anastasius Grüns noch nicht erschöpft, die schon 1837 in einer Sammlung erschienen sind und nach dem Tode des Dichters in der fünfzehnten, vermehrten Auflage, welche L. A. Frankl 1877 besorgt hat. Diese enthält auch die umfangreiche Sammlung „In der Veranda“.3r> Sie umfaßt Gedichte, die in den letzten dreißig Jahren seines Lebens entstanden sind und bereits an verschiedenen Orten zerstreut veröffentlicht worden waren. Ungefähr die Hälfte derselben entstammen den erregten Jahren 1848 und 1849. Auf dem Sterbebette hat er noch die Korrekturbogen durchgesehen. Außer den erwähnten Liedergruppen seien noch die folgenden kurz hervorgehoben! Bekannt sind aus „Lied und Leben“ die Lieder „Aus Gastein“ und „Der letzte Dichter“. In den „Zeitklängen“ (1836—1838) sei des „Bundesliedes“ gedacht, in dem er sich gegen die Revolution mit Waffen ausspricht, des Lichtes Waffen wünscht, den Gedanken, der siegreich über dem All schwebt; auch des Gedichtes „Apostasie“, in dem treues Festhalten zur Fahne, nicht bloß trommelnd und trompetend mitzugehen, den besseren Helden zeigt. Er ersehnt in „Schillers Standbild“, daß die deutschen Herzen in Flammen auflodern und zu einem Brande zusammenschlagen, preist im Gedichte „Am Rhein“ den alten, deutschen Rhein, ist in der „Poesie des Dampfes“ nicht der Meinung, die viele hegten, daß mit dem Fortschritte der Zeit, den Eisenbahnen und Dampfschiffen, der Untergang der Poesie besiegelt sei; er ist frei von solch krankhaft hemmenden Reaktionsgedanken. Er beklagt im 35 Drei Auflagen schon im Jahre 1877. Gedichte „An Jakob Grimm“ (Neujahr 1858), daß freilich der schöne Traum des einigen, ganzen Deutschlands längst dahin sei; aber die Zeit der Wirrung habe Germanias Geist nicht vernichtet, sondern er habe sich ins Herz der Edlen geflüchtet. So habe J. Grimm mit wissenschaftlicher Gründlichkeit den Wert der deutschen Sprache gezeigt; der deutschen Sprache Einheit und Größe sei ein mächtiges Bollwerk für das deutsche Volkstum, für die deutsche Tugend und Ehre, für das deutsche Recht. Im „Romancero der Vögel“, einer anderen Gruppe, treten eine Reihe von Vögeln auf, die viel Menschliches an sich haben. Diese Gedichte sind eine teils ernste, teils scherzhaft-launige Betrachtung der Tiere. Sie sind ein anmutiges Phantasiespiel mit reichlicher Beziehung auf menschliche Verhältnisse und menschliche Charaktere. Das Gedicht „Storch“ erinnert an Urians Reise. Märchenhafte Züge sind reichlich eingestreut. Zu den „Romanzen“ gehören eine Reihe der besten Gedichte Anastasius Grüns. Sie sind ebenfalls eine bunte Bilderreihe, Bilder heiterer Art, voll Lebensfreude und solche von tiefer Tragik. Die ganze Eigenart des Dichters zeigt sich hier in vielen im besten Lichte. Auch fehlt es nicht an zeitlichen und historischen Anklängen, an schönen Naturschilderungen, an Freiheitsbegeisterung. Auch romantische und märchenhafte Züge sind vorhanden. Es liegt ein reicher poetischer Schatz in diesen Gedichten. Am bekanntesten sind: „Maria Grün“, „Botenart“, „Der Unbekannte“, „Ein Traum“, „Der alte Komödiant“, „Des Klephten Gaben“, „Lubomirski“, „Das Musikantendorf“, „Drei Wanderer“. Die erwähnte Gedichtsammlung „In der Veranda“ enthält außer den schon genannten Liedern „Aus Krain" und den Sonetten „Aus Helgoland“ noch eine Reihe anderer Sonette verschiedenen Inhalts, unter denen die beiden, welche „Im Reichsrate“ betitelt sind, besonders bemerkenswert sind. Er drückt darin die Befürchtung aus, daß der an die Staatsgaleere geschmiedete Poet sein helles Singen verlieren könne, daß er, statt mit Adlerschwingen zu den Alpenhöhen zu fliegen, nun wie ein Bergmann emsig, mühsam in der tiefen Grube schaffe, um zu Hausrat und Paragraphendrähten des Gedankenschachtes Erz zu biegen, wobei ihm doch der das Lied ersetzende Trost bleibt, Edles, Wohltätiges für Reich und Volk zu wirken. Ferner die Sonette „An Nikolaus Lenau“, seinen „an den Fels der Leiden geschmiedeten“ Freund, dessen Urteil ihm stets ein Gottesurteil schien, der ihn gelehrt, an seinen eigenen Wert zu glauben; des Freundes Leiden ängstigen den Dichter. Beachtenswert sind endlich auch die Sonette „Der erste Zeichner“ und „Wellenklänge“. In freieren rhythmischen Formen verherrlicht der Dichter in sechs Gedichten unter dem Titel „Prinz Eugenius“ den Helden, der die Pforte niedergeschmettert hat, seine Siege, seine Tugenden. ln den vier Gedichten „Der Tambour von Ulm“ werden vier bedeutsame Epochen aus Österreichs neuester Geschichte hervorgehoben: „No-vara“ (1849):,G, „Solferino“ (1859)37, das Verfassungsjahr 1861 unter dem Titel „Magna Charta!“ (Februar 1861) und das Kriegsjahr 1866 unter dem Titel „Auferstehen“ (Allerseelen 1866). Die Erzählungen und Betrachtungen sind einem greisen Tambour zugeschrieben, der zu Ulm die Kapitulation des österreichischen Generals Mack im Jahre 1805 mitgemacht hat. Es ist 311 23. März 1849 entscheidender Sieg Radetzkys über die Sardinier. 37 24. Juni 1859 Sieg der Franzosen und Sardinier über die Österreicher. des Dichters eigenste Überzeugung, daß Österreich aus der Schmach und Schande des „Bruderkrieges“ vom Jahre 1866, wie vordem oft selbst nach schwerstem Unglücke, wieder verjüngt hervorgehen werde; denn nur des Vaterlandes Krone wanke zitternd, unten sei fester, sicherer Grund. Auf den Arm seiner treuen Söhne gestützt, werde es, wenn auch jetzt gramgebeugt und todeswund, wieder erstarken. Zwei Gruppen, ebenfalls „Lied und Leben“ und „Zeitklänge“ benannt, beginnen die Veranda-Sammlung. Auch in diesen Gedichten klingt wieder des Dichters Liebe zum Vaterlande hervor, das er groß und einig wünscht, nach dem er sich in der Ferne sehnt; auch seine Naturliebe. Oft ist eine elegische Stimmung des altgewordenen Dichters vorherrschend über das Hinschwinden des Lebens und über das vergangene Liebe, das er in ihm erfahren. Trost ist ihm aber doch auch wieder die süße Erinnerung an genossenes Glück des Lebens und der Liebe. Seine Begeisterung für Völkerfreiheit nötigt ihn zur Klage über Polens Untergang als Folge vernichtender Uneinigkeit. Das Jahr 1848, das Jahr des Frankfurter Parlamentes, erfüllte ihn anfangs mit Hoffnung und Jubel, wozu noch das Versprechen des Kaisers Ferdinand I. kam, dem edlen, aufrichtigen, wenn auch nicht schmeichlerischen Volke eine konstitutionelle Verfassung zu geben. Bittere Klagen preßt ihm die herbe Enttäuschung aus, die das Frankfurter Parlament brachte. Er preist den „Vater“ Radetzky, seine Siegestaten, seinen hervorragenden Edelsinn, zur Einheit mahnend, auch Josef II., Beethoven, Mozart, Schubert, Schiller, Grillparzer, den „schlichten Mann in stiller Größe“. Der Hort der Volkeseinheit soll das schwarz-rot-goldene Banner bleiben und er charakterisiert in dem letzten Gedichte dieser beiden Sammlungen, in „Der Lesehalle deutscher Studenten in Prag, zur 25 jährigen Feier ihres Bestehens“ (Pfingsten 1873), das deutsche Wesen in folgenden Versen: „Deutsch sein heißt: sinnen, ringen, schaffen, — Gedanken sä’n, nach Sternen spähn — Und Blumen ziehn; doch stets in Waffen — Für das bedrohte Eigen stehn“. Und das Ziehen von Blumen, die ja auch so häufiger Schmuck seiner Poesie sind, war auch unseres Dichters Liebhaberei.38 Hervorzuheben sind aus „Lied und Leben“: „Läuterung“, „Im Schlitten“, „Herbst“, „Magie“, ans den „Zeitklängen“: „Drei Walhalla-Nichtgenossen“, „Bei Radetzkys Bestattung“, „Festgruß zum Schützentag in Wien, 1868“, „An Franz Grillparzer“. Es sei noch die Schlußgruppe der Veranda-Sammlung, „Bilder und Gestalten“, kurz erwähnt! Es treten uns hier wieder Gedichte verschiedenen Charakters entgegen. Einige sind nach Stoff und Form den eben genannten ähnlich. Viele köstliche Gaben finden sich hier: ernste, humoristische, auch satirische Gedichte, selbst solche von zartester Romantik. Von Helden gilt hier besonders der Preis dem Polenkönige Jagello, dem unerschrockenen Bekämpfer der Feinde Polens, dessen Tod (f 1434) verherrlicht ist („Jagello“), und dem Feldmarschall Gneisenau, dessen Einzug in Erfurt launig erzählt ist („Gneisenau in Erfurt“). In der „Mumie“ lesen wir die für Anastasius Grün bezeichnenden Verse: „Was da wallt, soll frischer wallen, — Was da lebt, soll doppelt leben, — Doch was tot ist, soll zerfallen, — Sich verjüngt einst zu erheben.“ 38 Sein väterliches Schloß umzierte er mit einem herrlichen Park von Bäumen (auch ausländischen) und Blumen. In der Veranda-Sammlung ist auch der ungemein anziehende Abschnitt „Sprüche und Spruchartiges“. Anastasius Grün war zum Spruchdichter wie geschaffen, denn er verstand es auch, Kürze und Prägnanz seinem Stile zu eigen zu machen. Dazu kam sein klarer Blick in der Menschen Seele und Treiben und seine große Lebenserfahrung. Sogehören viele dieser Sprüche in Versen, von denen die größere Zahl natürlich erst in reiferen Jahren entstanden ist, zu den besten, was unsere Literatur in dieser Gattung aufzuweisen hat. Für den Dichter besonders bezeichnend ist das Gedicht „Dualismus“ worin er über die Zweiteilung der Monarchie ein herbes Urteil fällt (man schnitt der Austria nur zwei kunstgedrehte Krücken zurecht). Dem Pädagogen zur Lehre gilt der Spruch „Einem Pädagogen“; beim Pflanzen schon an die Blüte zu denken, beim Säen an die Ernte, das versüße des Tages Last. Die zu seiner Zeit übertriebene Modetorheit des Autographensammelns bespöttelt er in „Einem Autographensammler“, weil dieser die Spur der Pfoten etwa gar für Himmelsnoten ansehe. Eine Auslese der interessantesten Lebens- und Klugheitsregeln könnte in jedem Schullesebuche Aufnahme finden. Des Zusammenhanges und des Überblickes wegen seien auch gleich an dieser Stelle die im Jahre 1850 erschienenen „Volkslieder aus Krain“, Übersetzungen slowenischer Volkslieder, angeführt, angeregt durch eine schon früher (1839— 1844) in Laibach erschienene Sammlung solcher Lieder in der Ursprache und durch den Dichterfreund Prešern. Ein Vorwort über krainische und südslawische Volksdichtung leitet diese Sammlung ein und über den Wert und die Bedeutung des Volksliedes überhaupt, denn „das Volkslied ist die Blüte des Volkslebens; beide erzeugen, tragen und bedingen sich gegenseitig“. Diese slowenischen Volkslieder zeigen Verhältnis zur Poesie der übrigen slawischen Völker, insbesondere allernächste Verwandtschaft mit der serbischen Volkspoesie. Viele lehnen sich aber auch in Auffassungs- und Darstellungsweise an das deutsche Volkslied an, besonders in der Ähnlichkeit der Motive und in der Aufnahme des Reimes, der den älteren Slawen fremd ist. Die in der slowenischen Sprache viže (Weisen) genannten Vierzeiler sind mit den Alpenliedern (Schnadahüpfln) der bayerischen, österreichischen und steiermärkischen Gebirgslande verwandt. Die Sammlung enthält nicht bloß krainische Volkslieder, sondern auch solche der benachbarten, insbesondere der steiermärkischen Slowenen. Den Hauptteil derselben bildet das historische Volkslied. Unter diesen nehmen die erste Stelle die Lieder ein, welche sich auf die erbitterten Kämpfe mit den Türken beziehen. Keine Spuren hat merkwürdigerweise die Reformation, die doch so viel Anhang im Adel und im Volke fand, hinterlassen, denn diese wurde mit Gewalt, im Landvolke besonders von der Geistlichkeit, unterdrückt. Die Übersetzungen sind dem Originale getreu, selbst in den stilistischen und rhythmischen Eigentümlichkeiten. Wo das Metrum zu ungleichartig, gelockert und zerfallen war, hat der Dichter nachgebessert. Diese Lieder bergen einen Schatz echter, urwüchsiger, anmutiger Volkspoesie. Die Herausgabe der Werke Lenaus wurde schon erwähnt. (Dichterischer Nachlaß 1852, Gesamtausgabe mit Biographie 1855, neue Ausgabe 1874.) Doch wir müssen jetzt noch die wichtigeren äußeren Lebensschicksale des Dichters berühren, den wir bei seiner Wirksamkeit im krainischen, beziehungsweise steiermärkischen Landtage verlassen haben. Genauer auf seine politische Tätigkeit, seine politischen Reden einzugehen80, würde sich zu sehr von der gestellten Aufgabe, hauptsächlich ein deutlicheres Bild seiner Dichtung zu geben, entfernen. Seine politische Tätigkeit steht in engem Zusammenhange mit den politischen und sozialen Verhältnissen und Kämpfen seiner Tage in seiner engeren Heimat und im ganzen Reiche. Ein eigentliches Staatsamt bekleidete er nicht; der Glückliche konnte nach Neigung auch seiner Muse leben. In seiner Wirksamkeit in den Landstuben und im Wiener Reichsrate, welch letztere auch schon in seinen behandelten lyrischen Gedichten angedeutet wurde und noch zu genauerer Erwähnung gelangen wird, stand er auf der freisinnig-liberalen Seite, welche sich solange als gute Moderichtung erhielt, bis an ihr der radikalere Nationalismus der anderen Völker Österreichs arg rüttelte. Eine Hauptquelle seiner politischen Ansichten und Bestrebungen sind ja seine Dichtungen selbst. Im Jahre 1839 vermählte sich Anastasius Grün aus wahrer Herzensneigung mit Marie Gräfin von Attems, der zwar nicht auffallend schönen, aber anmutigen und liebenswürdigen Tochter des kaiserl. Geheimrates, Oberst-Erbkämmerers und Landeshauptmannes von Steiermark Ignaz Grafen von Attems, jenes um Graz und Steiermark so wohlverdienten Edelmannes. Schon dadurch und weil das Jahr darauf (1840) die Leipziger Allgemeine Zeitung die falsche Nachricht brachte, daß sich Anastasius Grün um den Kammerherrenschlüssel bewerbe, um auch bei Hofe auftreten zu können40, da seine Gemahlin, die Sternkreuzordensdame geworden war, doch nicht allein zu Hofe gehen könne, wurde er von radikaler Seite, am meisten von Herwegh, des Abfalles und Verrates beschuldigt, daß er sein freies politisches Denken einbüße. Es sollte dies schadenfrohe Rache hauptsächlich auch dafür sein, daß sich der Dichter, der übrigens nie Kammerherr geworden ist, als Aristokrat und monarchisch gesinnter Mann, als ein Mann von klarem Denken und edler, humaner Gesinnung jenen revolutionären Stürmern, angewidert von ihren krankhaften Auswüchsen und ihrer exzentrischen Demokratie, nicht nach Wunsch anschloß, nicht mit Wort und Vers wie sie revolutionierte und zu entzünden suchte. Strenge abweisend antwortete solchen Angriffen und Vorwürfen der Dichter in den „Nibelungen im Frack“ (1843): „Will nicht unter Machtgeboten Kämpfen in gedrillten Scharen, Nicht von Söldnern der Despoten, Nicht von Freiheitsjanitscharen.“ (Widmung, Str. 2). „Und der ,großen Tat in Worten' Könnten wir beinah entraten; Was uns not tut aller Orten, Ist ein großes Wort in Taten!“ (Widmung, Str. 8). „Wem ihren Strahl die Freiheit einmal durchs Herz gegossen, Abfällt der nie und nimmer trotz sondrer Kampfgenossen! Wir tragen der Freiheit Banner, nicht ihre Liverein: Der Knecht will Unterknechte, der Freiheit selbst kein Sklav ich sein!“ („Ein Stück Exposition, Invokation nebst etlichen Episoden“. Str. 30.) 3'-' Eingehendere Behandlung im interessanten Buche des Stephan Hock „Anton Auerspergs (Anastasius Grüns) politische Reden und Schriften“, Auswahl und Einleitung. (Schriften des Literar. Vereines in Wien. 5. Band, 1906.) 40 Den Verkehr mit den Hofkreisen verwehrte er der Gemahlin nicht; er selbst ist diesen nie nahe getreten. Bezug darauf nimmt auch das schon erwähnte Gedicht „Apostasie“.41 Am 13. März 1848 war Anastasius Grün der Augenzeuge der großen politischen Bewegung in Wien.42 Schon am 16. desselben Monates konnte er dem gährenden Graz die erste Kunde von der Verleihung der Konstitution, woran er selbst wichtigen Anteil hatte, überbringen, was mit großem Jubel aufgenommen wurde.43 Im April desselben Jahres war er Mitglied des Fünfziger-Ausschusses in Frankfurt a. M., der die Vollziehung der Beschlüsse des Vorparlaments44 in Betreff der Wahlen zum Parlament zn sichern hatte, und hierauf Mitglied der Nationalversammlung45 als Vertreter des Landes Krain, das damals mit Österreich dem deutschen Bunde zugehörte, trotzdem es in seinem größeren Teile von Slowenen bewohnt ist. Trotz der Gegenagitation der slowenischen Studentenverbindung Slovenija, jede Wahl für das deutsche Parlament in Frankfurt abzulehnen, wurde Graf Auersperg (Grün), der das einzige Heil Österreichs in einem engen Anschlüsse an Deutschland sah, doch von einem „Komitee der Volksfreunde“ dahin entsendet. So begeistert er auch dieses Parlament anfangs begrüßte46, in welchem er in den wichtigsten Fragen mit dem linken Zentrum stimmte, ebenso bitter enttäuschte ihn bald das politische Treiben daselbst, die Zerfahrenheit und Aussichtslosigkeit der Verhandlungen, auch fühlte er einen gewissen Widerstreit zwischen seinem entschiedenen Deutschtum und seinem Mandate. Daher kehrte er nach der schmählichen Ermordung des Generals Auerswald und des Grafen Lichnowsky schon im September d. J. wieder endgültig in seine Heimat zurück und nahm auf zwölf Jahre Abschied von der Politik überhaupt. Er lebte in dieser Zeit der wieder notwendig gewordenen sorgsamen Bewirtschaftung seiner Güter und seiner Poesie. Während er noch in Frankfurt weilte, wurde er in seiner Heimat von den Wählern zum Vertreter des landwirtschaftlichen Grundbesitzes für den zusammengetretenen provisorischen Landtag gewählt. Er leistete dieser Wahl nicht Folge. Mit Recht schenkte er einem provisorischen Landtage, für welchen noch nicht einmal die leitenden Grundsätze aufgestellt waren, kein Vertrauen; er ging auch nach wenigen Sitzungen wieder auseinander. V. Andere erzählende Dichtungen. Des Dichterlebens Höhepunkt und Ausgang. Im Jahre 1843 ließ Anastasius Grün die „Nibelungen in Frack“ erscheinen, eine episch-lyrische Dichtung humoristischen Inhaltes,47 in der 41 In der Ausgabe von 1877 in die „Zeitklänge“ (1836—1838) gesetzt. Bezug darauf in Briefen s. Schlossar I. 123 ff. 42 Er war erst wieder am Morgen des 13. März, von Ahnungen erfüllt, in Wien eingetroffen von seinem Winteraufenhalte Graz aus. 43 Die offizielle Verleihungsurkunde der Konstitution überbrachte Erzherzog Johann vier Tage später. 44 Er war in dieses durch die österreichischen Schriftsteller und Stände gesandt worden. (Abreise dorthin am 4. April d. J.) 45 Er war am 17. Mai von seiner Heimat aus, wohin er sich wieder derWahlen wegen begeben hatte, in Frankfurt a. M. eingetroffen. Am 18. Mai war die Eröffnung der Nationalversammlung. 411 Als Genossen hatte er hier neben Uhland u. a. auch noch Jakob Grimm, den Historiker Raumer, Gervinus, den Turnvater Jahn, Arndt. 47 Man benannte sie auch als „Capriccio“. alten Nibelungenstrophe mit freierer Behandlung der Versenden abgefaßt. Sie besingt die Torheiten des Herzogs Moritz Wilhelm von Sachsen-Merseburg (1688— 1731), eines Musiknarren, der in schwärmerischer Verehrung seiner Baßgeige sich bemühte, einen Mann von der Größe zu finden, daß er die Baßgeige als Violine handhaben könnte, und ihn auch in einem Potsdamer Grenadier entdeckte und als Gegenstück einen Zwerg dazu, klein genug, die Violine als Baßgeige zu gebrauchen. Die Dichtung ist im Grunde eine Satire auf die Marotten der Zopfzeit und insbesondere auf das nutzlose Treiben der kleineren Fürsten und ihrer Höfe. Die Darstellung ist breit. Politische Anspielungen und Gedanken finden sich hie und da.,s Interessant und charakteristisch ist die Belehrung des Knaben in dem Abschnitte: „Von einer Feder, einem Schwerte und einer Axt; nebenbei etwas von der Menschenhand.“ Der 1850 erschienene „Pfaff vom Kahlenberg“19 ist Lenau zugeeignet. Das Gedicht ist eine Art Idylle, ein ländliches Gedicht mit Ereignissen der Gegenwart im weiteren Hintergründe. Freiheitsbegeisterung ist ebenfalls Grundton. Herzog Otto der Fröhliche (f 1339), der sich nach uralter Weise aus Bauernhand mit Kärnten belehnen läßt, ist die Hauptperson.,:*0 Angeschlossen ist Wigand, der „Pfaff vom Kahlenberg“,51 eine ernst-heitere Natur, der heitere, schöne Lebensfreude mit sinnendem Geiste vereint in der Überzeugung, daß uns Christus nicht zum Schmerze befreit habe, sondern zur Lebensfreude, die sich im fröhlichen Lachen kundgibt. Er ähnelt in gewissem Sinne dem Dichter selbst. Ferner Nithart (Neidhart von Reuenthal), der als Bauernfeind bekannte derbkomische Minnesänger, der Begründer der sogenannten „höfischen Dorfpoesie“, die zum Ergötzen der höfischen Kreise ihren Stoff aus dem Leben und Treiben der Bauern nahm. Spätere Sagen haben diesen bayerischen Ritter, der nach Verlust seines Lehens nach Österreich übersiedelte und die Gunst Friedrichs 11. des Streitbaren erwarb/'2 zum Hofnarren Ottos des Fröhlichen gemacht, wozu die Namensgleichheit mit dem herzoglichen Spaßmacher Neidhart 48 So jene schon im vorigen Abschnitte hervorgehobenen Strophen, welche sich auf die nach seiner Vermählung mit der Gräfin Attems und nach der angeblichen Bewerbung um die Kammerherrenwürde erfolgten Angriffe und Vorwürfe beziehen; sie richten sich wohl auch gegen die politischen Schreier und Narren im allgemeinen, „welche sich Weise nennen, wenn sie in der Majorität sind“. Das politische Lied wird folgendermaßen gepriesen: „Politisch Lied, du Donner, der Felsenherzen spaltet, Du heil’ge Oriflamme, zum Siegeszug entfaltet, Du Feuersäule, dem Volke aus Knechtschaftwüsten hellend, Du Jerichoposaune, der Zwingherrn Bollwerk all zerschellend!“ („Ein Stück Exposition, Invokation nebst etlichen Episoden“, Str. 20.) 411 Zu Grunde liegt das Volksbuch vom Pfaffen Wigand vom Kahlenberg. Erste Ausgabe von Philipp Franckfiirter aus Wien, gegen Ende des 14. Jahrhunderts verfaßt. Den Stoff hat Anastasius Grün durch allerhand Zutaten erweitert, vertieft und gegenwärtigen Verhältnissen näher gerückt. 50 Nach dem 1414 zum letztenmal geübten Brauche wurde jeder Herzog von Kärnten bei seiner Thronbesteigung durch einen Bauersmann mit dem Lande belehnt und versprach zugleich, die Rechte und Freiheiten der Untertanen zu schützen. Die Belehnung fand auf freiem Felde statt. 51 Wigand (Weigand) von Theben an der Donau war erst lustiger Hofnarr Ottos des Fröhlichen und bekam dann von diesem die Pfarre im Kahlenberger Dorfe bei Wien als Pfründe zur Belohnung. Otto der Fröhliche hielt oft Hof auf dem Kahlenberge. 52 Er erhielt von demselben ein Gut in der Nähe von Melk. Fuchs verleitete. Trefflich ist auch der bedeutsam hervortretende, urwüchsige Bauersmann Engelmar gezeichnet. Das Gedicht selbst ist an eigentlicher Handlung arm, desto reicher an trefflichen Bildern, unter denen Naturbilder, ländliche Feste, Volksszenen hervorragen, „Epische Arabesken“ hat man sie gut benannt. Im Herzog Otto und Wigand ist das volksfreundliche Fürsten- und Priestertum verherrlicht. Das Glorienbild eines Fürsten ist Josef II. Anspielungen auf politische Verhältnisse der Gegenwart fehlen, wie gesagt, keinesweg.53 Trotz der Breite der Anlage und der geringen epischen Handlung ist der „Pfaff vom Kahlenberg“ wegen seiner überaus zahlreichen Schönheiten des stofflichen Details und der Sprache eines der besten Werke des Dichters und wohl geeignet, seinen Dichterruhm unvergänglich zu erhalten. Der gewählte Vers ist der vierfüßige Jambus mit wandelbarer Reimstellung.54 Es seien nur hervorragende Einzelheiten bezeichnet: so die Beichte des Fürsten in der freien Natur, die Erzählung vom ersten Frühlingsveilchen, dessen Entwendung den Nithart zum Bauernfeinde macht,55 die Art und Weise, wie Nithart aus Rache die Bauern betölpelt und neckt, voll köstlichen Humors. Manche Scherze sind freilich sehr roh; doch sie sind nach der alten Volkssage erzählt. Selbst Wigand kann manchen ungeschlachten Scherz verüben.56 Köstliche Beschreibungen sind das ländliche Kirmeßfest, wie Nithart sein Liebchen gegen Bauernlist zu erhalten weiß, Nithart als Pilger, worin der gewichtige Ausspruch: „Sein eignes Sein nur hat verklärt der Mensch im Göttlichen, das er ehrt“, die Beschreibung der Johannisfeier, die Versöhnung des Nithart mit den Bauern angesichts der Majestät des Todes (freilich ein Schelmenstückchen Nilharts), die Gebirgsreise mit Hervorhebung der Bedeutung der Klostergründungen, das ländliche Frühlingsfestspiel, an dem der fröhliche, leutselige, warmherzige, gemütstiefe Herzog Otto selbst mitsingend teilnimmt. Die Lebensfreude soll selbst im Tode nicht erlöschen, denn so meint Wigand: „Mein freudig Priesterherz nicht zage, selbst an den Pforten der Ewigkeit zu mahnen an die goldnen Tage der flüchtigen Erdenseligkeit!“57 Die Herrlichkeit der Alpen und die urwüchsige Körper- und Seelenkraft der Alpensöhne ist dargestellt im Abschnitte „Urmenschen“. Die Freiheit ist des Landmannes Größe, der Zauber seine Einsamkeit. Freilich fehlt auch das „Menschenkrummholz“ unter ihnen nicht, geistige oder körperliche Krüppelhaftigkeit, aber ihre Herzensgüte nährt und erhält teilnehmend diese Unglücklichen. Mit Recht kann daher Herzog Otto sagen: „0 groß Gefühl: dies Land ist mein! O Stolz, der Alpen Fürst zu sein!“ Hervorzuheben ist auch die Bauernhochzeit, in der Nithart das biedere, schlichte Bauern- 53 So, wenn von den Feinden aus Tschechs und Attilas Geschlecht gesprochen wird, vom Kriege („durch Krieg den Volksschmerz heilen, heißt enthaupten den, den Zahnschmerz plagt, und hängen den, der Halsweh klagt“) u. a. 51 Er erinnert an die Verse des Hans Sachs. 55 Dieses Erlebnis wurde schon im 14. Jahrhundert der Ausgangspunkt der besonders in Österreich beliebten „Neidhartspiele“. 811 Solche eingestreute Scherze sind die Aufbahrung Nitharts in der Kirche, oder wenn Wigand bei der Prozession seine Hosen statt der Fahne an der Stange flattern läßt, die zwölf Apostelbilder verbrennt, an deren Stelle neue, von Künstlerhänden gemachte, treten sollen, Totenschädel den Berg hinabrollen läßt, die allerdings bezeichnenden Stellen zurollen u. a. 67 Aus „Ein Sterbender“. volk™ sogar lieben lernt und ausruft: „O wonnig Heimatland der Lieder, du rufst, du winkst, dein bin ich wieder!“ Der Abschnitt „Zwei Träumer“ ist ein interessantes Zwiegespräch eines greisen Bauernedelings mit seinem Sohne über das alte, freie, stolze Heimat- und Landesrecht. Die Erzählung „Herzogstuhl und Fürstenstein“59 behandelt die Belehnung Ottos durch Bauernhand; sie ist von Freiheitsbegeisterung durchweht. Herrlich ferner sind die Beschreibungen des Rheinflusses, der Donau, der Fürstenburg und des Fürstensaales zu Wien, des Stephansdomes, des Kirchweihfestes, das zu einem Mummenschanze wird, des lustigen Winzerfestes mit der schönen Schilderung des Herbstes und der köstlichen Charakterisierung der Klostermönche, welche teilnehmen, anmutig und ergötzlich der Liederwettstreit zum Preise des Weines (Kelterspruch). Lustige, selbst tolle Szenen gibt es auch da in Fülle. Überall ist eine bilderreiche, durch eine regste Phantasie beflügelte Darstellung. Außerdem hat die Dichtung eine Fülle von Blütenranken goldener Gedanken und, sie treffend abschließend, tritt ihr Grundgedanke noch einmal kräftiger hervor, daß das Recht von Geschlecht zu Geschlecht, in künftigen, in vergangenen Sonnen als ein heiliger Baum rage, von dessen Wipfeln es rauschend klingt: „Es werde Recht!“ Über das von Otto dem Fröhlichen gestiftete Kloster Neuberg in Steiermark hat Lenau, der 1835 eine Fußreise in die steirischen Berge unternommen hatte, ebenfalls Daten gegeben, ln der Gruft des Stiftes lagen die Gebeine des Herzogs, seiner beiden Gemahlinnen (Elisabeth und Anna) und seiner beiden Söhne (Leopold und Friedrich). Erst unser jetziger Kaiser hat im pietätvollen Streben nach Erhaltung und Bewahrung der historischen Stätten seines glorreichen Hauses die Gebeine in neuen, prachtvollen Särgen in der Neuberger Stiftskirche beisetzen lassen. Im Jahre 1864 erschien bei Cotta Anastasius Grüns letztes einheitliches Werk, „Robin Hood“,00 ein Balladenkranz nach altenglischen Volksliedern, ein weiteres Zeugnis seiner gründlichen Studien in- und ausländischer Volkslieder.81 Am besten charakterisiert der Dichter den gewählten, des Liedes würdig erachteten Helden in einer der Dichtung vorangeschickten „Einleitung“, welche das Leben und Treiben desselben historisch genau darstellt. Er wurde in Locksley in der Grafschaft Nottingham unter der Regierung König Heinrichs II. um das Jahr 1160 n. Chr. geboren. Er war von edler Abkunft und hieß eigentlich Robin Fitzood, im Volksmunde in Robin Hood umgewandelt. „Er war“, erzählt der Dichter, „eine Art Räuber und Wildschütze, ein geächteter und außerhalb des allgemeinen Gesetzes stehender Mann, ein aus der Gesellschaft Ausgestoßener und mit dem Makel des Freibeutertums Gebrandmarkter. Der erste befremdende Eindruck dieser Tatsache kann jedoch unsere Überzeugung nicht erschüttern, daß der gesunde Kern und Keim einer solchen, sechs Jahrhunderte überdauernden Volksgunst (die Robin Hood genossen) denn doch nur in edleren, sittlicheren Motiven zu suchen sei. Und so dürfen wir die richtige Erklärung 58 In Erregung freilich oft sehr derbe und gar nicht feinfühlend. 50 Auf dem Herzogstuhl gab der Herzog einst den Gauen die Lehen, die er vorher selbst auf dem Fürstensteine aus des Bauern Hand empfangen hatte. 00 Angeregt durch den Verkehr mit dem gelehrten Engländer Charles Boner, der eine Anzahl von Gedichten Grüns ins Englische übersetzt hatte. 81 Die zwischen dem „Pfaffen vom Kahlenberg“ und „Robin Hood“ fallenden „Volhslieder aus Krain (1850)“ und die Ausgabe der Werke Lenaus (1852 und 1855) sind schon erwähnt. derselben keinesfalls bloß in dem negativen Standpunkte, den jener Volksheros gegenüber den Gesetzen seines Landes einnahm und welchen er auch mit dem gemeinen Verbrecher teilt, sondern vielmehr in positiveren Verhältnissen, in wirklichen Verdiensten um sein Volk zu finden hoffen.“ Ferner: „Ein Beschützer der Armen und Schwachen, ein Feind der Unterdrücker ist er auch hier (in der Geschichte wie in der Volksdichtung); seinem König ergeben in Treuen, schwingt er doch die Waffe gegendessen Beamte und Höflinge als Feinde seines Volkes: bis zum Übermaße fromm und gottes-fiirchtig, läßt er sich doch nicht aus Respekt vor dem geistlichen Talare abhalten von Angriffen auf hochmütige Bischöfe und geldgierige Prälaten des Eindringlingstammes (der regierenden Normannen). Zäh und fest im Unglück, an Entbehrungen gewohnt und diese mit guter Laune ertragend, zeigt er sich als echter Lebemann und großmütiger Spender im Glück und Überfluß, immer munter und schlagfertig, gutherzig und voll des frischesten, aber mitunter sehr derben englischen Humors. Ein trefflicher Bogenschütze weiß er jedoch auch das Schwert und die Stange, den Langstab, ja im Notfälle auch die Faust trefflich zu führen, ln seiner Hand wird der Stock geadelt und zur ritterlichen Waffe erhoben. Im Walde widerhallt es von Schlägen, die der Held reichlich austeilt, aber fast noch reichlicher empfängt; denn ungleich anderen immer siegreichen Helden der Kunst- und Volkspoesie, vor deren bloßem Anblicke schon die Feinde bewältigt niederstürzen, läßt ihn das englische Volkslied sehr oft als Besiegten und jämmerlich Durchgeprügelten erscheinen, sei es, daß die Volksdichtung, diesen Zug von Naturwahrheit festhaltend, ihren Liebling der allgemeinen menschlichen Hinfälligkeit nicht entkleiden und ihn dadurch dem Auditorium näher rücken wollte, sei es, daß sie ihn absichtlich den Schwächeren spielen läßt, um seine Gegner zu Anhängern zu werben und sie in die Herrlichkeiten des Waldlebens einzuführen. Dieses Wald- und Jagdleben, von dessen Reizen uns die Balladen mit wenigen, aber kräftigen Pinselstrichen ein so naturwahres Gemälde entwerfen, hat nichts gemein mit der weichlichen Kunstblumenpoesie modernster Waldseligkeit. Hier trägt der Wald noch seinen alten, großartig einfachen Charakter; in seinem ehrwürdigen, noch ungelich-teten Dunkel, in seiner knorrigen Urwüchsigkeit und erhabenen Wildheit ist er das Asyl der Verfolgten, die Schule freiwilliger Entbehrung und Kraftübung, aber auch die Heimat der wettergehärteten Gesundheit und Mannesfreiheit. Das Leben des Helden schließt in Geschichte und Dichtung mit tragisch erschütternder Wirkung ab; der andächtige Verehrer der heiligen Jungfrau, der Mann, welcher nie einer Frau ein Leides tat oder antun ließ, findet in einem Frauenkloster seinen Untergang und verblutet unter den Händen eines Weibes, dessen christlicher Beruf es war, ihm Hilfe zu leisten, die er vertrauensvoll gesucht hatte.“ Die Nonne, welche ihn tötete, war eine Verwandte, die Priorin von Kirkleys in Yorkshire. Die Nonnen jener Zeit waren mit chirurgischen Verrichtungen vertraut. Sie hat den vom Gebrechen des Alters Geschwächten, als er bei einem Krankheitsanfalle ihre Hilfe suchte, beim Aderlässen verbluten lassen. So starb Robin Hood, 87 Jahre alt, am 18. November des Jahres 1247. Er wurde in geringer Entfernung vom Klostergebäude begraben und seine Schar zerteilte sich. Er war der letzte Kämpfer gegen die Tyrannei der normannischen Rasse seit der Schlacht bei Hastings am 14. Oktober 1066, die Wilhelm der Bastard, Herzog der Normandie, nach dem Tode Eduards des Bekenners gegen den Mitbewerber um die englische Königskrone, Herzog Harald von Wessex, der bereits den Titel eines Königs der Angelsachsen angenommen hatte, gewann. Dadurch war die Eroberung Englands durch die Normannen besiegelt, welche dann strenge, selbstsüchtig und eigennützig, eifersüchtig bedacht auf ihren Thron herrschten und rücksichtslos die unterworfene angelsächsische Bevölkerung in das Innere des Landes zurückdrängten, während ein Teil davon auswanderte. Ein anderer Teil aber zog in die Wälder und suchte von hier aus zurückzuerobern und zu erbeuten, was möglich war, als Entschädigung für ihr verlorenes Erbe oder aus Rache für die Niedermetzelung der Stammesgenossen. Die alten englischen Balladen verbreiteten einen eigentümlichen Glanz über diese Abenteurer und das unterdrückte Volk begleitete sie mit ihren Wünschen. Am längsten blieb im Norden der Geist des Widerstandes wach. Erst allmählich, als der angelsächsische Volksstamm sich an die neuen Verhältnisse gewöhnt hatte und in diese eingelebt war, verlor jenes Freibeutertum seine patriotische Weihe und wurde ein entehrendes Handwerk, ln der Überlieferung tritt Robin Hood, welcher angelsächsischer Abstammung war, hervor als ein echter Frei- und Landsasse, Gau- und Freimann, der trotz der Unterdrückung unabhängig blieb als Kämpfer für das alte angelsächsische Recht. Seine Taten stammen also, wie schon hervorgehoben, aus reiner Quelle seiner rechtlichen Überzeugung. Sie wurden dramatisiert, zu Volksromanen bearbeitet, er wurde in England sogar der Schutzpatron des Schützenwesens, ja ein eigener Festtag wurde ihm eingesetzt, der erste Mai, an welchem die Geschäfte ruhen mußten. Dieser Maienfesttag seinem Gedächtnisse zu Ehren währte bis zum Ende des 16. Jahrhunderts. Alle Stände, hoch und niedrig, taten da mit, auch die normannische Bevölkerung. Robin Hoods Name wurde einer der volkstümlichsten nicht bloß in England allein, sondern auch in Irland und Schottland. Jedes Handwerk machte sich sogar ein eigenes Robin-Hood-Lied.62 Diese Eigentümlichkeiten des seltsamen, heldenhaften Menschen, dessen Taten ein gewisser Glorienschein der Romantik und insbesondere der Freiheitsbestrebung bestrahlt, regten unseren Dichter dazu an, ihn nach Vorlage altenglischer Balladen poetisch zu behandeln, diese zu einem einheitlichen Lebensbilde03 zusammenfassend, wobei er sich natürlich doch gewisse Freiheiten erlauben durfte und mußte in Stoff und Form, ohne aber eine gewissenhafte Achtung und Treue gegen das Original hintanzusetzen. Anastasius Grüns Romanzenkranz „Robin Hood“ klingt durch die Behandlung des Stoffes und durch die eigenartige Form wie eine eigene Dichterschöpfung und erinnert so an Herders „Cid“; das am meisten Anheimelnde aber an der Dichtung ist ihr Hintergrund, „der lustige, grüne Wald“. Und nun noch des Lebens Ausgang unseres Dichters. Erst im Jahre 1860, als nach dem Sturze des Ministeriums Bach (1859) eine freiere Strömung in das Verfassungsleben Österreichs gekommen war, trat er wieder in die politische Öffentlichkeit, indem er einer Berufung in den Ausschuß von Vertrauensmännern zur Beratung eines Gemeindegesetzes für Krain folgte und in demselben Jahre (1860), als durch das Oktoberdiplom d. J. der Reichstag und die Landtage einberufen wurden, in den „Verstärkten Reichsrat“ trat, von der Krone berufen.114 ,!a Eingehenderes darüber in der schon genannten „Einleitung“. 63 Der Dichter nennt es treffend „Mosaikbild“. f'4 Hier beginnt seine eigentliche parlamentarische Tätigkeit. Sie füllte die letzten Jahre seines Lebens fast ganz aus, ihm viel Kummer, aber auch viel wahre, tiefe Freude bereitend. Hier setzte er sich kräftig für die Reichseinheit ein. Von 1861 bis 1867 wirkte er auch wieder, wie schon berichtet, im krainischen Landtage. 1861 (15. April) wurde er unter Schmerlings Ministerium zum lebenslänglichen Mitgliede des Herrenhauses ernannt, wo er in allen Fragen der Gesetzgebung als entschiedener Gegner des Föderalismus auf liberaler Seite stand. Auch als Berichterstatter und Verfasser von Adressen entfaltete er eine glänzende und einflußreiche Tätigkeit. Alljährlich erneuerte er seine Angriffe gegen das Konkordat und den Ultramontanismus und erwies sich in den kirchenpolitischen Debatten von 1868 bis 1874 als bedeutender Vorkämpfer der Reformgesetzgebung. Ein Hauptziel war ihm auch die Freiheit der Schule, wobei ihn der Grundsatz leitete, daß der Staat Herr der Schule bleiben müsse. Für die Machtstellung und die Reichseinheit der Monarchie trat er kräftig ein. Den Militarismus damaliger Zeit und die zu hohen Heeresauslagen hielt er für schädigend, erkannte aber die Wichtigkeit der österr. Flottenfrage und die Bedeutung der österr. Marine. In den kirchenpolitischen Kämpfen hatte er nur eine übermächtige römische Hierarchie und deren Folgen vor Augen, keineswegs das Christentum als solches selbst, das er ja so schön poetisch verherrlicht hat. Zugleich war er ein eifriger Arbeiter in Fachkommissionen, namentlich im Budgetausschusse, ein genauer Kenner der Staatsverwaltung, des Steuerwesens und der volkswirtschaftlichen Verhältnisse. Periodisch wirkte er zu gleicher Zeit im steiermärkischen Landtage. Das Grundmotiv seiner politischen Tätigkeit läßt sich zusammenfassen in die Worte: Freiheit, Fortschritt, Vaterlandsliebe. Seine Pflichttreue kennzeichnete er selbst mit den Worten: „Freiheit ist nicht Genuß, sondern Arbeit, unausgesetzte Arbeit an den großen Kulturaufgaben des Staates.“r,r' Es sei hier nochmals an die für den Dichter-Parlamentarier bezeichnenden Gedichte „Im Reichsrate“ erinnert! Durch kaiserliches Handschreiben vom 12. März 1863 wurde er zum „Geheimen Rat“ mit dem Titel Exzellenz ernannt und die Stadt Wien verlieh ihm 1864 als „Vorkämpfer für die Freiheit in Österreich“ das Ehrenbürgerrecht. 1865 wurde er bei der 500jährigen Jubelfeier der Wiener Hochschule „wegen seiner ausgezeichneten Leistungen im Dienste Apollos“ zum Ehrendoktor promoviert und 1868 zum Präsidenten der Delegierten des Reichsrates erwählt. Auch das Großkreuz des Ordens der eisernen Krone I. Klasse wurde ihm verliehen. Am 11. April 1876 feierte er noch in rüstiger Kraft seinen siebzigsten Geburtstag, von seinen zahlreichen Freunden in Österreich und Deutschland aufs herzlichste beglückwünscht. Am 12. September“'1 ereilte ihn der Tod durch Gehirnschlag in Graz07 während er gerade mit der Herausgabe der 05 Aus der Rede in der Herrenhaussitzung vom 4. Juli 1871. 66 Drei Vierteljahre nach seiner letzten Herrenhausrede, wo er wiederholt von der verfassungstreuen Majorität in wichtigen Augenblicken zu ihrem Wortführer gewählt worden war und er auch eine ganze Reihe von Adressen dieses Hauses an die Krone verfaßt hatte. Mit ihm ging die große Zeit des österreichischen Oberhauses zu Grabe. Wie schon an verschiedenen Stellen angedeutet, beherrschten Anastasius Grün zwei Ideen: die nationale und liberale. Wo diese beiden Interessensphären sich kreuzten, da mußte allerdings ein gewisses Schwanken eintreten; dominierend blieb ihm aber doch immer der deutsche (großdeutsche) Gedanke. Dabei sollte aber auch den nichtdeutschen Völkern die Möglichkeit nationaler Entwicklung, ohne irgendwelche Entrechtung, innerhalb der durch die notwendige Einheit gezogenen Schranken gewahrt bleiben. 07 In seinem palaisartigen, eigenen Hause in Graz, von ihm selbst erbaut und 12 Jahre bewohnt. Lieder „In der Veranda“ beschäftigt war.68 In seinem Testamente hatte er die Ehrensolde seiner Schriften im Betrage von 30.000 Gulden zu Stipendien für Studenten seines Heimatlandes bestimmt. Sein im schönen Jugendgedichte „lllyrien“ ausgesprochener Wunsch ging ihm in Erfüllung; erfand in seiner geliebten Heimat seine Ruhestätte. Seine Gemahlin ließ ihm im Parke zu Thum am Hart auf freigemachter, erhabener Stelle, die einen offenen Fernblick gewährt, ein Mausoleum errichten. Der Entwurf, meisterhaft im Renaissancestil, stammt vom Grazer Architekten K. Lueff. Der Bau ist eine stattliche Rotunde, und trägt die Wappen der Familien Auersperg und Attems.1'9 Hier ruhen auch Gattin und Sohn. Dies war die krainische Freiheitslerche des vorigen Jahrhunderts, densein adeliger Dichter- und Zeitgenosse, der talentvolle, leider so früh verstorbene Moritz Graf v. Strachwitz (1822 bis 1847) im folgenden Sonette besingt: Anastasius Grün. Viel hab’ ich oft im Herzen, in dem jungen, Geträumt vom Liedermut, dem freien, wahren: Du solltest mir es herrlich offenbaren, Was mir nur fern, ein leiser Hauch, geklungen. Die Würde hast du mit der Kraft verschlungen, Die feurig hinzieht gleich den Sonnenaaren, Und mit dem Wort, dem ernsten, lichtvoll klaren, Hast dem Geschlecht ein Straflied du gesungen. Dich seh’ ich stehn wie deinen letzten Ritter Im Schwall der Schlaffheit deiner selbst bewußt, Ein grüner Stamm im grauen Nachtgewitter. Ging’ auch das Land in tausend morsche Splitter, Für das der Ton schwoll deiner deutschen Brust, Ist Grün die Farbe doch der Hoffnungslust. Unser Dichter selbst aber sagt launig im Gedichte „Läuterung“:70 Wo ist der Mann, wann wird er kommen, Den alle Tugendzierden adeln? Steht er dir nah noch so vollkommen, Doch weißt du dies und das zu tadeln; Erst wenn er schied und nimmer kehrt, Erglänzen hell dir seine Gaben, Und eines Menschen ganzen Wert Zu kennen, müßt ihr ihn begraben. 08 Der Plan, die Geschichte des Stammschlosses und des Geschlechtes der Auersperge zu schreiben, wichtig auch für die allgemeine Geschichte Krains, besonders im Mittelalter und in der Reformationszeit, kam nicht zur Ausführung. Auch Friedrich mit der leeren Tasche episch zu behandeln, war beabsichtigt. ,iö Der einzige Sohn des Dichters, Graf Theodor, starb im jugendlichen Alter von 21 Jahren in Graz infolge eines Sturzes vom Pferde im Jahre 1881 (4. Mai). Seine geliebte Gattin starb am 24. März 1880. 70 In der Veranda, 1. Jetzt, über dreißig Jahre nach seinem Ableben möge Anastasius Grün wieder von allen richtig erkannt, gewürdigt sein und ein volkstümlicher Dichter werden, wie eres verdient! Seine Gedichte sind ein herrliches Geistesdenkmal; sie sind ein köstlicher Blumenstrauß, reich an Blüten, Kunst und Farbe. Möge er stets neu aufblühen in den Seelen aller für Poesie Empfänglichen, insbesondere seiner Stammesgenossen, denen er ja die ganze Kraft und Fülle seiner eigenen Seele gewidmet hat im harten, vielseitigen Ringen seiner Tage und im Streben nach bedeutungsvoller Bereicherung der deutschen Dichtkunst! Schulnachrichten. i. Aus der Geschichte der Anstalt. Die Aufnahme der Schüler fand am 3. Juli und am 15., 16. und 17. September statt, die Aufnahms- und Wiederholungsprüfungen wurden am 4. Juli und am 16. und 17. September abgehalten. Da der 4. Oktober heuer auf einen Sonntag fiel, wurde mit L. Sch. R.-Erlaß vom 29. September 1908, Z. 5547, das Allerhöchste Namensfest Seiner k. u. k. Apostolischen Majestät unseres allergnädigsten Kaisers Franz Josef I. am 5. Oktober mit einem feierlichen Gottesdienste von den Lehrern und Schülern der Anstalt gefeiert. Desgleichen vereinigte der 19. November, der Namenstag weiland Ihrer Majestät der Kaiserin Elisabeth, Lehrer und Schüler zu einem feierlichen Hochamte Auch war der Lehrkörper an der durch ein feierliches Hochamt begangenen Feier des Allerhöchsten Geburtsfestes Seiner Majestät des Kaisers sowie bei Seelenämtern für Mitglieder des Allerhöchsten Kaiserhauses vertreten. Im übrigen stand der Beginn des Schuljahres unter dem erhabenen Eindrücke des herannahenden Jubiläumstages der sechzigjährigen, glorreichen Regierung unseres geliebten Kaisers. Der geräumige Zeichensaal, welcher zum Festsaale bestimmt war, wurde von Schülern unter Anleitung einiger Professoren möglichst glänzend geschmückt. Eine besondere Zierde war ihm auch eine neue, große, der Anstalt gespendete Kaiserbüste. Die Sänger übten fleißig und Prof. Hirsch arbeitete einen Festvortrag aus. Endlich kam nach erregten Wochen der ersehnte Tag, der 2. Dezember. Nach dem Festgottesdienste in der Stadtpfarrkirche begaben sich die Schüler und der gesamte Lehrkörper in den Festsaal. Direktor Dr. Franz Riedl, der drei Tage vorher das Amt angetreten hatte, das bisher Prof. Kuno Hočevar interimistisch verwaltet hatte, nachdem der frühere Herr Direktor, Regierungsrat Peter Wol-segger, während der Ferien in den bleibenden Ruhestand getreten war, nahm zuerst das Wort und begrüßte die zur glorreichen Feier anwesenden Schüler und Lehrer der Anstalt und ermahnte die Schüler, sich von diesen nach dem Willen unseres allergnädigsten Kaisers, des Schöpfers und Förderers des Schulwesens, emporführen zu lassen in das Reich des Wissens, denn Wissen sei Macht, das Streben nach Forschung und Erkenntnis adle den Menschen und erhebe ihn geistig und kulturell. Redner erzählte hierauf, wie im jugendlichen Alter von 18 Jahren unser Kaiser schon die gewaltige Regierungslast auf sich genommen habe, um mit erwachendem Mannesernste eine glückliche, lebensfreudige Jugend hinzugeben; wie sich das Leben der Monarchie, das reich bewegte, unstet wandelnde, aufwärts zu Glück, abwärts zu Unglück, reich an Freuden, aber auch reich an leidvollen Ereignissen abspiegelte im Leben unseres guten Kaisers, denn Kaiser und Reich seien enge miteinander verbunden, einen Pulsschlag hätten beide. Zur Würde und Biirde habe aber der Kaiser die Haupteigenschaft seines Wesens, die Liebe zu allen seinen Untertanen hinzugefügt; hierin, in der werktätigen Liebe, in der Opferwilligkeit und Hilfsbereitschaft bei jedem wichtigen Bedürfnisse, in jeder Not wolle er uns als Beispiel vorangehen. Diese Liebe und sein Streben nach allgemeiner Beglückung möchte er allen seinen Untertanen einpflanzen und alle schönen Tugenden, welche ihn so sehr als Herrscher wie als Menschen zieren. Zu hoch fast sei sein Völkerideal für die von Leidenschaften und Sonderstrebungen zerwühlten Menschen; wie schwer sei es aber auch, zu einer solchen Seelenläuterung und leidenschaftslosen Klarheit zu gelangen, die unser Kaiser besitze. Redner verweist dann auf die Lichtpunkte, welche in den wandelnden Schicksalen der Völker der Monarchie besonders hervortreten, die ihren Grund in angestammter Kernhaftigkeit und Tüchtigkeit hätten. Es seien dies ihre mit Selbstaufopferung erfochtenen, glorreichen Siege gegen äußere Feinde und die unerschütterliche Vaterlandsliebe und unwandelbare Liebe zum Herrscher, welche gerade in Jubiläumstagen immer neu aufflammt. Diese Liebe zu ihrem Herrscher zeichne aber auch insbesondere die Deutschen Österreichs aus, denn ihrem Stamme sei das regierende Herrscherhaus entsprossen und ihre Vorfahren hätten das Reich gegründet, in dem nicht nur sie selbst, sondern alle zugehörigen Völker zur gedeihlichen materiellen und kulturellen Entwicklung gelangen konnten. Ihr Patriotismus sei wahr und lebenswarm, ihrer Herzenstiefe entquellend und sie wollen ihrem geliebten Kaiser mit Festigkeit und Treue das Reich erhalten und schirmen, den schönen Worten der österreichischen Volks- und Segenshymne entsprechend: „Heil dem Kaiser, Heil dem Lande, Österreich soll ewig stehn!“ Prof. Hirsch werde ein weitläufigeres Bild der geschichtlichen Entwicklung unserer Monarchie entwerfen und ein farbenreicheres Bild der Persönlichkeit unseres erhabenen Kaisers, dessen edle Friedenstaten Österreich so kräftig und reich gemacht haben in allen Zweigen geistiger und materieller Kultur, daß es den anderen Kulturstaaten ebenbürtig geworden sei, manche sogar überrage und das herrliche Dichterlob verdiene, das ihm unser heimatliche Dichter Anton Graf Auersperg (Anastasius Grün) in seiner bekannten „Hymne an Österreich“ spendet. So führe dieser glorreiche Tag auch unser dankbares Gedenken und unsere Herzen jenem berühmten und verdienstvollen Geschlechte der Auersperge zu, dem auch der Schirmherr des Gottscheerländchens, der edle Förderer unserer Anstalt Seine Durchlaucht Fürst Karl von Auersperg zugehöre. Aber auch der Bürgerschaft der Stadt mögen die Schüler heute dankbar gedenken, denn auch diese habe nach dem Beispiele ihres erhabenen Monarchen mit ganz außerordentlicher Opferwilligkeit für die Hebung des Schulwesens Gottschees durch Gründung von Unterrichtsanstalten gewirkt, damit ihre Söhne einst tüchtige Untertanen ihres Kaisers würden zur Freude und zum Stolze ihres engeren Heimatlandes wie des ganzen Reiches. Dies erfordere aber, sich unverdrossen und pflichteifrig den Mühen des Studiums zu unterziehen, hierin ausdauernd und kräftig zu bleiben. Hiebei mögen sich die Schüler gerade das ideale Wirken ihres geliebten Kaisers vor Augen halten und es sich zum Muster nehmen, der fast an allen hervorragenden Werken, welche unsere Monarchie aufweise, wie Monumentalbauten, Institute zur Pflege von Kunst und Wissenschaft, Bahn- und Hafenbauten u. a. m. an allen wichtigen Wohlfahrtseinrichtungen regen, wichtigen Anteil habe, der durch neue Reichsgesetze der Begründer eines freien Bürgertums geworden sei und jene Gesetze geschaffen habe, welche alle Arten von Schulen (Volksschule, Mittelschule und Hochschule) zur Blüte gebracht haben. Außer dieser allumfassenden Betriebsamkeit sei er auch ein Musterbild reiner Seelengröße, edler Herzenstugenden, der Hochherzigkeit, Barmherzigkeit und Milde, er sei ein herrliches Beispiel spartanisch-einfacher Lebensweise, schönen Familiensinnes, der Kriegstüchtigkeit, er leuchte voran durch seinen Sinn für jeden Fortschritt und besonders auch durch seinen unermüdlichen, beharrlichen, trotz seines hohen Alters ungeschwächten Fleiß, den er zur Bewältigung so umfangreicher Regentenarbeit benötige. Redner schloß mit einem dreimaligen Hoch! auf seine Majestät, den allergnädigsten, allgeliebten Kaiser, in welches alle Anwesenden begeistert einstimmten. Die „Jubelkunde“ von Joachim Steiner, von einer zahlreichen, wohlgeschulten Schülerzahl mit Schwung und Empfindung gesungen, schloß sich entsprechend an, worauf Prof. Hirsch ein historisches Bild der äußeren Geschicke und vielgestaltigen inneren Entwicklung der Monarchie entrollte, welches leider infolge Raummangels nicht aufgenommen werden konnte. Die mit Begeisterung gesungene Volkshymne beschloß die erhebende Feier. Den Schülern wird dieser Tag ewig in Erinnerung bleiben wie auch allen an der Anstalt wirkenden Lehrern, die ja auch mit dem Jubiläums-Erinnerungs-kreuze als äußeres Erinnerungszeichen beteilt wurden. Eine unter den Schülern eingeleitete Sammlung für das Jubiläumswerk „Das Kind“ ergab die für die hiesigen Verhältnisse ganz ansehnliche Summe von 93 K 64 h, wofür den Spendern seitens des k. k. Landesschulrates der wärmste Dank ausgesprochen wurde. Für die Schüler wurde zur bleibenden Erinnerung an den glorreichen Tag zu eifriger Lektüre das patriotische Werk „Österreichs Hort“ seitens der Direktion angekauft. (Eine Festgabe an das österr. Volk zur Jubelfeier des Kaisers Franz Josef 1. 1908. — Patriotische Volksbuchhandlung, Wien.) Seine k. u. k. Apostolische Majestät haben mit Allerhöchster Entschließung vom 3. Dezember 1908 den Professor an der Staatsrealschule in Laibach, Albin Bel ar, zum Landesschulinspektor, und zwar mit der Rechtswirksamkeit vom 1. Jänner angefangen, allergnädigst zu ernennen geruht und er übernahm laut Erlasses vom 23. Dezember 1908, Z. 3369/K. U. M., auch die das hiesige Gymnasium betreffenden, bisher dem so wohlwollenden und freundlichen Herrn Landesschulinspektor Franz Hubad zugewiesenen Agenden. Wegen des Umbaues des alten Gymnasialgebäudes und Fertigstellung des Zubaues, welcher fast alle eigentlichen Lehrzimmer aufnehmen soll, wurde laut Verfügung des k. k. Ministeriums für Kultus und Unterricht vom 13. Jänner 1909, Z. 47.729 ex 1908 (L. Sch. R. Erl. vom 16. Jänner 1909, Z. 335) das erste Semester am 1. Februar 1909 mit einem feierlichen Gottesdienste und das zweite Semester am 15. Juni d. J. ebenso geschlossen. Dafür entfielen die Ferien zwischen dem ersten und zweiten Semester, der Samstag vor und der Dienstag nach Pfingsten als Ferialtage, desgleichen die zwei vom Direktor zu bestimmenden Ferialtage. Der vorgeschriebene Lehrstoff mußte unter möglichster Ausnützung der verfügbaren Unterrichtszeit im wesentlichen absolviert werden. Am 26. Februar wohnten eine Abordnung des Lehrkörpers und die Schüler der Anstalt zur Feier des Geburtsfestes Seiner Durchlaucht des Fürsten Karl Auersperg, des hochherzigen Protektors des Studenten-Unter-stützungsvereines, dem feierlichen Gottesdienste in der Pfarrkirche bei. Der Herr Landesschulinspektor Albin Belar inspizierte vom 2. bis 6. März die Anstalt eingehend. — Am 29. Mai wohnte der Herr Dechant Ferdinand Erker dem Religionsunterrichte an der Anstalt bei. Am 3., 4., 5. und 6. April wurden die österlichen Andachtsübungen abgehalten. Katechet Franz Watzl unterzog sich dabei allein aller Mühe mit aufopfernder Bereitwilligkeit. Im Jänner d. J. hielt Prof. Friedrich Hirsch sechs öffentliche Vorträge über die neuere deutsche Literatur, um den Schülern der sechsten Gymnasialklasse eine Theaterfahrt nach Laibach zu ermöglichen. Diese Vorträge erweckten allgemeines Interesse und trugen 262 K 30 h ein. Am 20. März (einem Samstage) machten die Sextaner unter Aufsicht des Berichterstatters mit dem Nachmittagszuge die Theaterfahrt nach Laibach und hatten dortselbst zugleich die Gelegenheit, die berühmte Laibacher Erdbebenwarte und das Rudolfinum (Museum) zu besichtigen. An dieser Stelle sei noch beiden Herren, die uns so freundlich führten und belehrten, dem Herrn Prof. A. Flooh der Realschule und dem Herrn Museal-Assistenten F. Schulz unser wärmster Dank ausgesprochen. II. Wichtigere Verordnungen. U. M. Erl. vom 11. Juni 1908, Z. 26.651, betreffend das Prüfen und Klassifizieren an Mittelschulen (Gymnasien, Realgymnasien und Realschulen). U. M. Erl. vom 8. August 1908, Z. 34.180, betreffend die Errichtung von achtklassigen Realgymnasien und Reform-Realgymnasien. U. M. Erl. vom 2. Jänner 1909, Z. 51.199 ex 1908, betreffend die Prüfungen der Privatisten an Mittelschulen. U. M. Erl. vom 17. Jänner 1909, Z. 2010, neue Normen hinsichtlich des Stipendiengenusses der Mittelschüler. U. M. Erl. vom 12. Februar 1909, Z. 2809, betreffend die Verlegung der Waffenübungen für übungspflichtige Lehrpersonen. U. M. Erl. vom 7. März 1909, Z. 8890, betreffend das Schulgeld an Staatsmittelschulen. U. M. Erl. vom 20. März 1909, Z. 11.662, betreffend einen neuen Lehrplan für die Gymnasien in Österreich. U. M. Erl. vom 8. April 1909, Z. 14.741, betreffend einen Norinal-lehrplan für Realschulen. U. M. Erl. vom 29. März 1909, Z. 1997, betreffend einige Änderungen im Berechtigungswesen der Mittelschulen. U. M. Erl. vom 22. Jänner 1909, Z. 47.619 ex 1908, Stempelbehandlung der Reifezeugnisse, der Bescheinigungen über Reifeprüfungen, der Zeugnisse über die Prüfung aus der zweiten Landessprache. L. Sch. R. Erl. vom 9. April 1909, Z. 1972, je 50 h als Beitrag für die Jugendspiele seitens der Schüler einzuheben, gestattet. L. Sch. R. Erl. vom 21. April 1909, Z. 2282, die Anbringung von Re-klambildern ausländischer Unternehmungen, insbesondere von Schiffahrtsgesellschaften, die sich mit dem Transporte von Auswanderern beschäftigen, in den Anstaltsräumen untersagt. L. Sch. R. Erl. vom 24. April 1909, Z. 2305, betreffend den Besuch der Adelsberger Grotte zu ermäßigten Eintrittspreisen. L. Sch. R. Erl. vom 25. März 1909, Z. 1703, Einladung zur Teilnahme am dritten internationalen schulhygienischen Kongresse in Paris. L. Sch. R. Erl. vom 20. April 1909, Z. 2227, betreffend den Urlaub zur Teilnahme an der in Salzburg stattfindenden achten Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte. L. Sch. R. Erl. vom 27. April 1909, Z. 2362, betreffend die Fortbildungskurse für Mittelschullehrer an der Universität in Qraz. L. Sch. R. Erl. vom 10. Mai 1909, Z. 2655, Gesuche um Beschaffung des freien Eintrittes in die königlich-italienischen Sammlungen (M. Erl. vom 27. April 1909, Z. 13.769). III. Lehrkörper und Fächerverteilung. Der Lehrkörper erlitt im vergangenen Schuljahre bedeutende Veränderungen : Seine k. u. k. Apostolische Majestät haben mit Allerhöchster Entschließung vom 3. September 1908 die vom Direktor der Anstalt Peter Wolsegger erbetene Versetzung in den bleibenden Ruhestand allergnädigst zu genehmigen und demselben aus diesem Anlasse taxfrei den Titel eines Regierungsrates huldvollst zu verleihen geruht. Mit Herrn Regierungsrat Peter Wolsegger, welcher seit dem Schuljahre 1894/95 dem Gymnasium Vorstand, schied einer der verdienstvollsten Männer aus dem Bereiche seiner Wirksamkeit. Seit dem Jahre 1874, also 34 Jahre, diente und wirkte er an der Anstalt. Eine ganze Generation von Schülern nicht bloß des Gymnasiums, sondern auch der hiesigen deutschen Volksschulen, deren Inspektor er von 1891—1905 war, wird das Andenken des biederen, edlen, wohlwollenden Schulmannes und väterlichen Freundes stets lebendig im Herzen bewahren. Aber auch die Gemeinde Gottschee selbst, für deren allseitige Hebung und Förderung er auch ein gut Teil seiner Kräfte eingesetzt hat. Um die hiesige Fachschule für Holzindustrie hat er sich ebenfalls große Verdienste erworben und als Mitbegründer des Studenten-Unterstützungsvereines (mit Schulrat Obergföll, 1880). Von 1895 bis heuer war er der Obmann des Zweigvereines Gottschee des Landes-Frauen- und Hilfsvereines vom „Roten Kreuze“. Für die Mitteilungen des krainischen Musealvereines und für andere Zeitschriften lieferte er seinerzeit Beiträge zur Geschichte von Gottschee. Desgleichen trat der Professor der VII. Rangsklasse Josef Obergföll mit Ende August 1908 in den erbetenen bleibenden Ruhestand. Er hat 33 Jahre an der Anstalt gewirkt. Seine k. u. k. Apostolische Majestät verliehen ihm allergnädigst mit Allerhöchster Entschließung vom 23. November 1908 den Titel eines Schulrates für sein aufopferndes Wirken im Interesse des hiesigen Schulwesens und der ganzen Gemeinde. Wiederholt hatte ihm der k. k. Landesschulrat seine lobende Anerkennung ausgesprochen. Er bildete mit seinem Herrn Direktor die Hauptstützen des hiesigen Gymnasiums in dessen schwerer Zeit eines Untergymnasiums. Es sei nur noch kurz erwähnt, daß er seit 1904 auch Konservator der k. k. Zentralkommission für Kunst- und historische Denkmale ist, daß er dem Arbeitsausschüsse behufs Sammlung der Gottscheer Volkslieder angehört, seit 1894 als Ortsschul-inspektor wirkt und sich ebenfalls um die hiesige Fachschule für Holzindustrie Verdienste erworben hat. Rühmlich bekannt sind seine Aufsätze zur Länderkunde von Gottschee und über Familien- und Ortsnamen von Gottschee. Die „Laib. Schulzeitung“ brachte seinerzeit didaktisch-pädagogische Abhandlungen aus seiner Feder. Das Wirken beider genannten Schulmänner ist in den Annalen der Anstalt mit goldenen, unvergänglichen Lettern verzeichnet. Leider verstattet es hier nicht der engbegrenzte Raum, die Wirksamkeit derselben eingehender darzustellen. Bis zur Ernennung eines neuen Direktors, bezw. bis zu dessen Amtsübernahme, hatte der Rangsälteste Professor der Anstalt, Kuno Hočevar, die interimistische Leitung der Anstalt (seit 14. September 1908). Er vollführte seine Aufgabe mit Umsicht und Sorgfalt, so daß ihm dafür der k. k. Landesschulrat mit Erl. vom 17. Dezember 1908, Z. 6896, den Dank aussprach. Der Professor der VIII. Rangsklasse am k. k. Staatsgymnasium mit deutscher Unterrichtssprache in Laibach Dr. Franz Riedl wurde von Seiner k. u. k. Apostolischen Majestät mit Allerhöchster Entschließung vom 4. November 1908 zum Direktor des Staatsgymnasiums in Gottschee ernannt (U. M. Erl. vom 7. November 1908, Z. 95.894). Die Übernahme der Amtsgeschäfte erfolgte am 30. November 1908. Der Professor Anton Jošt blieb für das laufende Schuljahr den selbständigen Gymnasialklassen mit deutsch-slowenischer Unterrichtssprache des k. k. Staatsgymnasiums in Cilli zugewiesen. (M. Erl. vom 5. Juli 1908, Z. 28.051, L. Sch. R. Erl. vom 15. Juli 1908, Z. 3791.) Dem Prof. Dr. Karl Prodinger wurde mit M. Erl. vom 5. Juni 1908, Z. 12.454 (L. Sch. R. Erl. vom 6. Juli 1908, Z. 3491) eine wirkliche Lehrstelle am Staatsgymnasium in Pola verliehen. Der provisorische Lehrer Gustav Wiesner wurde mit M. Erl. vom 6. Juni 1908, Z. 17.316 (L. Sch. R. Erl. vom 6. Juli 1908, Z. 3490) zum wirklichen Lehrer am Staatsgymnasium in Böhmisch-Leipa ernannt. Die Weiterverwendung des geprüften Supplenten Johann Polovic an der Anstalt für das Schuljahr 1908/9 wurde mit L. Sch. R. Erl. vom 30. September 1908, Z. 5398, genehmigt. Infolge des Abganges von vier Lehrkräften aus der Anstalt und wegen Eröffnung der Vf^ Gymnasialklasse erfolgten folgende Ernennungen für die Anstalt: Der Supplent am ersten Staatsgymnasium in Graz Dr. Albert Thalhammer wurde zum wirklichen Lehrer herernannt mit M. Erl. vom 5. Juni 1908, Z. 12.454 (L. Sch. R. Erl. vom 6. Juli 1908, Z. 3491). Der Supplent am Albrechtsgymnasium in Tetschen Friedrich Hirsch wurde zum wirklichen Lehrer herernannt mit M. Erl. vom 6. Juni 1908, Z. 17.316 (L. Sch. R. Erl. vom 6. Juli 1908, Z. 3490). Der Supplent am Staatsgymnasium in Innsbruck Dr. Alois Dejaco wurde zum wirklichen Lehrer herernannt mit M. Erl. vom 26. Juni 1908, Z. 27.311 (L. Sch. R. Erl. vom 24. Juli 1908, Z. 4067). Der approbierte Lehramtskandidat in Innsbruck Josef Fezzi wurde zum wirklichen Lehrer herernannt mit M. Erl. vom 26. Juni 1908, Z. 27.231 (L. Sch. R. Erl. vom 24. Juli 1908, Z. 4066). Der approbierte Lehramtskandidat Ignaz Scharf wurde mit L. Sch. R. Erl. vom 30. September 1908' zum Supplenten an der Anstalt für das Schuljahjvl908/9 mit elf wöchentlichen Stunden bestellt. Derselbe war vom 4. September 1907 bis 31. März 1908 Probekandidat am k. k. Staatsgymnasium in Innsbruck und vom 1. April 1908 bis zum Schlüsse des Schuljahres 1907/8 Supplent an der k. k. Lehrerbildungsanstalt in Bozen. Er wurde mit L. Sch. R. Erl. vom 23. Okt. 1908, Z. 6140, für die Dauer des I. Semesters zur Fortsetzung seines formellen Probejahres dem wirklichen Gymnasiallehrer Dr. Alois Dejaco behufs Einführung ins praktische Lehramt zugewiesen. Laut L. Sch. R. Erl. vom 11. Jänner 1909, Z. 7018 ex 1908, wurden ihm im II. Semester 18 Unterrichtsstunden zugeteilt. Der ungeprüfte Lehramtskandidat Fritz Kordesch wurde mit L. Sch. R. Erl. vom 30. September 1908, Z. 5399, zum Supplenten mit voller Stundenzahl für das 1. Semester ernannt und der fachmännischen Leitung des wirklichen Gymnasiallehrers Friedrich Hirsch zugewiesen. Infolge der Ernennung des Ernst Berner zum wirklichen Gymnasiallehrer wurde er seines Dienstes enthoben. Der Supplent am Staatsgymnasium in Villach Ernst Berner wurde zum wirklichen Lehrer mit der Rechtswirksamkeit vom 1. Februar herernannt mit M. Erl. vom 5. Jänner 1909, Z. 67 (L. Sch. R. Erl. vom 9. Jänner 1908, Z. 181). Mit M. Erl. vom 20. Februar 1909, Z. 5085 (L. Sch. R. Erlaß vom 10. März 1909, Z. 1352) wurde dem wirklichen Lehrer Friedrich Hirsch zur Herausgabe des Nachlasses J. P. Lysers der für das II. Semester 1908/9 angesuchte Urlaub bewilligt. Der Direktor der Anstalt, welcher bisher von der Unterrichtserteilung befreit war (L. Sch. R. Erl. vom 17. Dezember 1908, Z. 6950, und 16. Februar 1909, Z. 919) konnte nun seit 15. Märzd.J. acht Unterrichtsstunden übernehmen. Der Unterlehrer an der Staatsvolksschule für Knaben in Triest Alois Petsche, derzeit der Vorbereitungsklasse zugewiesen, wurde mit M. Erl. vom 17. April 1909, Z. 8292, (L. Sch. R. Erl. vom 26. April 1909, Z. 2336) zum Lehrer an der Vorbereitungsklasse mit den Rechten und Pflichten eines Übungsschullehrers mit der Rechtswirksamkeit vom l.Mai 1909 ernannt. Dem k. k. provisorischen Gymnasiallehrer Dr. Karl Petrasch bewilligte das k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht mit dem Erl. vom 14. Mai 1909, Z. 1294, (intimiert mit L. Sch. R. Erl. vom 27. Mai 1909, Z. 2915) 400 K für eine in den Hauptferien des Jahres 1909 auszuführende Studienreise. Stand des Lehrkörpers am Jahresschlüsse. 1. k. k. Direktor: Dr. Franz Riedl, lehrte Latein in der II. Klasse (8 Stunden). 2. k. k. Professoren und Lehrer: Ernst Berner, k. k. wirklicher Gymnasiallehrer, Ordinarius der I. Klasse, Kustos der deutschen Schülerbibliothek, lehrte Latein in der I., Deutsch in der I. und II. Klasse (16 Stunden). Dr. Alois Dejaco, k. k. wirklicher Gymnasiallehrer, Ordinarius der III. Klasse, lehrte Latein in der III., Griechisch in der V., Deutsch in der III. und IV. Klasse (17 Stunden). Josef Fezzi, k. k. wirkl. Gymnasiallehrer, Ordinarius der IV. Klasse, Kustos der physik. Sammlung, lehrte Mathematik in der IV., V. und VI. Klasse, Naturgeschichte in der IV. und Geographie in der I. Klasse (16 Stunden). Kuno Hočevar, k. k. Professor, Ordinarius der VI. Klasse, lehrte Latein in der VI., Griechisch in der IV. und VI. Klasse (15 Stunden). Dr. Karl Petrasch, provisorischer Gymnasiallehrer, Ordinarius der II. Klasse, Kustos der naturhistorischen Sammlungen, lehrte Mathematik in der I., II., III., Naturgeschichte in der I., II., III., V. und VI. Klasse (19 Stunden). Johann Polovič, Supplent, Kustos der slowenischen Schülerbibliothek, lehrte Latein in der IV. Klasse, Slowenisch im I.a, III.a und IV.a Kurse (obligat) und im I. b bis IV. b Kurse (nicht obligat. — 20 Stunden), Adolf Raimondi degli Astolfi, k. k. Professor, lehrte Zeichnen in der I. bis VI. Klasse, Kalligraphie in der I. und II. Klasse (21 Stunden). Ignaz Scharf, Supplent, lehrte Geographie und Geschichte in der II. bis VI. Klasse (18 Stunden). Dr. Adolf'Thalhammer, k. k. wirklicher Gymnasiallehrer, Ordinarius der V. Klasse, Kustos der Lehrerbibliothek, lehrte Latein in der V., Griechisch in der III., Deutsch in der V. und VI. Klasse (17 Stunden). Franz Watzl, k. k. wirklicher Gymnasiallehrer, Exhortator, Kustos der Unterstützungsbibliothek, lehrte Religion in der I. bis VI. Klasse, in der Vorbereitungsklasse und versah den Gottesdienst (16 Stunden). 3. Lehrer der Vorbereitungsklasse: Alois Petsche, k. k. Lehrer der Vorbereitungsklasse mit den Rechten und Pflichten eines Übungsschullehrers, lehrte die profanen Fächer an der Vorbereitungsklasse (22 Stunden) und unterrichtete freiwillig 20 Schüler im Turnen (1 Stunde). 4. Nebenlehrer: Friedrich Kaucky, Volksschullehrer, lehrte Gesang in drei Kursen. Franz Scheschark, Oberlehrer, lehrte Turnen in drei Kursen. 5. Schuldiener: Lorenz Svetlin. --------- IV. Durchführung des Lehrplanes im Schuljahre 1908 09. Da der Unterricht in den obligaten Lehrgegenständen genau nach den Vorschriften erteilt wurde, so wird von seiner Veröffentlichung im einzelnen abgesehen. Das Zeichnen ist für die Schüler des Untergymnasiums obligat und Slowenisch für Schüler slowenischer Muttersprache. Erteilt wurde der obligate Unterricht im Slowenischen in drei Kursen. Der einzige Schüler des II. Kurses wurde dem I. Kurse zugewiesen (L. Sch. R. Erl. vom 23. September 1908, Z. 5358) und trat im zweiten Semester aus. Den I. Kurs besuchten die Schüler der I. Klasse (5), den III. Kurs die Schüler der III. und IV. Klasse (5), den IV. Kurs die Schüler der V. und VI. Klasse (3). A. Schul- und Privatlektüre. Lateinische Sprache. III. Klasse: Cornelius Nepos: Miltiades, Themistokles, Cimon, Aristides, Lysander, Epaminondas. IV. Klasse: Caesar de bello Gallico I., IV. und vom VI. Buche cap. 21 — 28\; Ovid: Metamorphosen, Die vier Weltalter; Elegien, Spätuntergang des Delphin. — Memoriert: Die vier Weltalter 8. 1—52. V. Klasse: Livius: Auswahl aus den Büchern I., XXI. und XXII. (Ausgabe Zingerle-Scheindler.) Ovid: Raub der Proserpina, Niobe, Daedalus und Icarus, Orpheus und Eurydike; der 4. Februar: Spätuntergang des Delphins; der 13. Februar: Fest des Fannus; der 17. März: Liberalia; Abschied von Rom, Unter Barbaren, O süße Heimat! (Ausgabe Sedlmayer.) — Privatlektüre: Qvid: Phaeton, die lykischen Bauern, die Pest auf Aegina, Philemon und BaYikis, König Midas; Auf den Tod des Tibullus; Ludi Cereales; Strenger Winter. — Memoriert: Trist.: Abschied von Rom v. 1 —46. VI. Klasse: Sallustius: Jugurtha. Cicero: In Catilinam or. I. Vergilius: Bucolica, Eci. I.; Georgica, lib. I., 1—5, lib. II., 116—176, 319—346, 458— 540, lib. IV., 559—566; Aeneis, lib. I. — Privatlektüre: Högler: Sallustius, Epistula Pompei; Jaklitsch: Sallustius, Cat. 5—30, Caesar, De bello civ. I. 7—24; Kresse: Sallustius, Oratio Macri tr. pl.; Kreuzmayer: Caesar, De bello civ. III., 88—99; Kunstei: Sallustius, Cat. 5—16, Caesar, De bello civ. I. 16—25; Laurič: Sallustius, Oratio Lepidi, Caesar, De bello civ. III., 41 — 46; Oblak: Sallustius, Oratio Lepidi; Petsche: Caesar, De bello civ. I., 16 —24, III., 88—99; Reven: Sallustius, Cat. 5—50, Epistula Pompei. — Memorierte Stellen: Sallustius, Jug. 10; Cicero, In Cat. I., c. 1; Vergilius, Ecl. J., 1 —10, Georg. I., 1—5, Aeneis I, 1—33. Griechische Sprache. V. Klasse. Xenophon, Anabasis I., II., III., V., VI. VII. bis § 21. Homers Ilias I., III. — Memoriert: Ilias I. v. 1—52. — Privatlektüre: Anab. IV., X., von VI. die nicht in der Schule gelesenen Teile. VI. Klasse: Xenophon (Chrestom. ed. K. Schenkl): Kyrupädie Nr. I., IV., VII. Homer: Ilias III., VI., VII., XVIII., XXII. Herodot: lib. VIII. — Privatlektüre: Högler: Homer, II. XXIV., 1—312, Herodot I., 23, 24, III., 39—43; Jaklitsch: Homer, II. XII.; Kresse: Homer, II. XIX., Herodot, III., 14, 15; Kreuzmayer: Homer, II. XX., 1 — 175, Herodot, III., 120—125; Kunstel: Herodot, III., 1, 2, 119; Laurič: Homer, II. VIII., Herodot VI., 43 —45; Oblak: Homer, II. XX., Herodot, III., 39—43; Petsche: Homer, II. XIX., Herodot, II., 2; Reven: Herodot, I., 28—33. — Memorierte Stellen. Homer, II. VI., 407—481; Herodot, VIII., 62. Deutsche Sprache. V. Klasse. Literaturproben nach dem Lesebuche von Kummer-Stejskal. — Memoriert: Die Kraniche des Ibykus, Bertran de Born, Erlkönig, Der Fischer. Aus dem „Messias“ v. 1—23, Bitte (Lenau), Wanderers Nachtlied (Goethe), Schäfers Sonntagslied (Uhland), Morgenwanderung (Geibel), Gefunden (Goethe), Punschlied (Schiller), 0, lieb, solang du lieben kannst! (Freiligrath). VI. Klasse. Proben zur Literaturgeschichte von deren Anfängen bis auf Lessing nach dem Lesebuche von Bauer-Jelinek-Streinz (A). Lessings „Minna von Barnhelm“. — Privatlektüre: Lessings „Emilia Galotti“. — Memoriert: Aus dem Nibelungenlied I. Str. 1—13; Walther von der Vogelweide: „Do der sumer komen was . . Klopstock „Die beiden Musen“, „Das Rosenband“. Slowenische Sprache. IV.a Kurs (V. und VI. Klasse): Slovenska čitanka za 5. in 6. razred. Uvod: § 10—24. Berila št. 71 —168 (izberoma). — Na pamet: št. 106, 116, 124, 1—6. — Domače čtivo: Za pravdo in srce. Tragedija. Spisal A. Medved. B. Themen für die deutschen Aufsätze. Aus dem Deutschen. a) Schularbeiten: V. Klasse. 1. Die Bedeutung der Erinnyenszene in Schillers „Kranichen des Ibykus“. 2. Raub der Sabinerinnen, nach Livius I., 9—13. 3. Die charakteristischen Elemente der Romanze in Schillers „Taucher“. 4. Der Vogt von Berne. (Entwurf einer Biographie.) 5. Die Wacht im Wasgen-walde — die erhabenste Szene unsrer alten Poesie (Jakob Grimm). 6. Die Pfingstversammluiig am Hofe Nobels. (Beschreibung eines Bildes nach Goethes „Reineke Fuchs“, I.) 7. a) Vergleich und Gleichnis in der Sprache des täglichen Lebens, in der Kunstprosa und in der Poesie, b) Dir geben einen Halt, im Leben einen Stab der Worte vier: „Halt ein! Halt aus! Halt an! Halt ab!“ (Riickert.) b) Hausarbeiten: 1. Bertran de Born, ein Sänger und Held. 2. Präge dein Gold, damit es rollt! Gold auf dem Speicher, macht dich nicht reicher. (Ludwig Fulda.) 3. Durch das Pulver ist, wie der Krieg grausamer und unmenschlicher, die Jagd tückischer und weniger poetisch geworden. (Jakob Grimm.) 4. Welchen Einblick in das Seelenleben der Ceres gewährt uns Schiller? (Nach „Die Klage der Ceres“.) 5. Warum erfüllt uns das Geschick Rüdigers von Bechlarn mit so inniger Teilnahme? 6. Sollen dich die Dohlen nicht umschrei’n, mußt nicht Knopf auf dem Kirchturm sein. (Goethe.) a) Schularbeiten: VI. Klasse: 1. Charakteristik Beowulfs. 2. Ekkehart hat brav gesungen und sein Waltharilied ist ein ehrwürdig Denkmal deutschen Geistes. (Scheffel.) 3. Wie Günther und Hagen gefangen wurden. (Übersetzung von Nib. (A) XX., 25—35.) 4. Übersetzung aus dem Mittelhochdeutschen: a) Hartmann von Aue: ,Maneger grüezet mich also.. b) Ulrich von Liechtenstein: ,In dem walde süeze doene ...‘ 5. a) Kirchenlied und Predigt der Deutschen im 16. und 17. Jahrhundert. (Eine kurze Charakteristik.) b) Die Behandlung des Ehrbegriffes in Lessings „Minna von Barnhelm“. 6. a) Klopstock, Das Ideal eines deutschen Jünglings, b) Heimat. b) Hausarbeiten: 1. Laßt uns fest Zusammenhalten! In der Eintracht liegt die Macht. 2. Welche Züge bietet das Hildebrandslied zur Charakterisierung des alt- 5 germanischen Lebens, insbesondere des Kampfes? 3. In welchen Punkten fördert die Völsungasage das Verständnis des Nibelungenliedes? 4. Das mittelalterliche Rittertum nach Wolframs Parzival. 5. Über den Einfluß Luthers und seines Reformwerkes auf das geistige, politische und kulturelle Leben der Deutschen. Aus dem Slowenischen. a) Schularbeiten: 1. Črtomir odkrije svojim tovarišem položaj v gradu. (Govor.) 2. Martin Krpan, tip slovenskega kmeta. (Po Levstikovi povesti.) 3. Pesnikova prava domovina. (Slika po Stritarjevi odi „Nazaj“.) 4. Katere krive nazore zastopa „pisar“ v Prešernovi „Novi pisariji“? 5. Značaj glavnih oseb v A. Medvedovi tragediji „Za pravdo in srce“. b) Hausarbeiten: 1. Rana ura, zlata ura. (Razprava.) 2. Razvoj misli v Gregorčičevi odi „Oljki“. 3. O čitanju. (Razprava.) 4. Prešernovi nazori o življenju. (Po prečitanih poezijah.) 5. Življenje je boj. (Razprava.) Freigegenstände. (Die eigeklammerte Ziffer zeigt die wöchentliche Stundenzahl an.) Der Unterricht wurde in allen Freigegenständen nach den vorgeschriebenen Lehrplänen erteilt. 1. Slowenische Sprache, a) Vorbereitungsklasse. Es wurde kein Unterricht erteilt, b) Gymnasium. Der Unterricht erfolgte in vier Kursen. Den I. Kurs (2) besuchten die Schüler der 2. Klasse, den II. Kurs (2) die Schüler der 3. Klasse, den III. Kurs (2) die Schüler der 4. Klasse und den IV. Kurs (2) die Schüler der 5. und 6. Klasse. 2. Kalligraphie wurde in zwei Kursen mit je einer Stunde wöchentlich gelehrt. 3. Zeichnen (im Untergymnasium obligat) wurde im Obergymnasium in einem Kurse mit drei Unterrichtsstunden gelehrt. 4. Gesang und 5. Turnen wurden in je drei Kursen gelehrt. Den 1. Kurs besuchten die Schüler der 1. Klasse, den II. Kurs die Schüler der 2. und 3. Klasse, den III. Kurs die Schüler der übrigen Klassen. In der Vorbereitungsklasse unterrichtete der Klassenlehrer freiwillig 20 Schüler im Turnen. Der Turnunterricht findet im Turnsaale der Volksschule statt. Dem Gottscheer Turnvereine gewährte der k. k. Landesschulrat mit Erlaß vom 15. April 1909, Z. 1791, für Mitbenützung seiner Turngeräte seitens der Schüler der Anstalt 20 K pro Semester aus dem Regiekostenpauschale. V. Vermehrung der Lehrmittelsammlungen und Einrichtungen. Die von der Gemeinde Gottschee zu leistenden Beiträge für die Erhaltung des Gebäudes und der inneren Einrichtung der Anstallt beliefen sich im Solarjahre 1908 auf 829 K 35 h. Die Direktion spricht hiefiir der löblichen Gemeindevorstehung den wärmsten Dank aus. Für die Vermehrung der Lehrmittelsammlungen und zu den Auslagen für Materialien für Naturgeschichte und Physik wurde schon im Jahre 1907 der Anstalt vom k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht mit dem Erlasse vom 6. Juni 1907, Z. 21.976 der Betrag von 2400 K aus Anlaß der Eröffnung der fünften Klasse als außerordentliche Dotation bewilligt, in den folgenden Jahren weitere 3000 K mit Erlaß vom 18. November 1908, Z. 45.919, und 4500 K mit Erlaß vom 30. April 1909, Z. 15.857. Außerdem wurde noch ein Betrag von 191 K 60 h für Jugendspielgeräte mit Erlaß vom 14. April 1909, Z. 18.392 angewiesen. Für das Jahr 1910 ist noch ein weiterer Betrag von 6000 K präliminiert. Diese Summen, vermehrt durch die ordentlichen Dotationen, ermöglichen eine ganz neue Anlage und Ergänzung sämtlicher Lehrmittelsammlungen und Lehrbehelfe, mit Ausscheidung alles Alten, wertlos Gewordenen. Infolge des beschränkten Raumes des Jahresberichtes und aus praktischen Gründen wird auch heuer wieder, wie im vorigen Jahre, von einer umfangreichen Aufzählung sämtlicher angekauften Bücher und sonstigen Lehrmittel abgesehen, welche auch noch nicht inventarisiert werden konnten, da das alte Gymnasium dafür keinen Raum gewährt und der Zubau noch nicht fertig ist; dafür sollen spätere Jahresberichte ein einheitliches, vollständiges Bild der Bibliotheken und Kabinette geben. VI. Schulgygiene. Das Jugendspiel als solches kann erst im kommenden Schuljahre systematisch betrieben werden, da dann erst die Anstalt im Besitze der nötigen Jugendspielgeräte sein wird. In den winterlichen Monaten boten die hiesigen zahlreichen Eisplätze, welche ohne Gefahr und Kosten benützt werden konnten, den Schülern ausreichende Gelegenheit, sich dem Schlittschuhlaufen hinzugeben. Außerdem wurde hier ein sogenannter Eislaufverein ins Leben gerufen, der den Schülern zur Benützung seines gepflegten Eislaufplatzes Saisonkarten zu 1 K überließ. Die die Stadt durchfließende Rinsche wird auf ihre Eisstärke stets behördlich untersucht. Der beliebteste Sport war aber das Rodeln. In den übrigen Monaten sind den Schülern Spaziergänge in der wald-und flurenreichen Umgebung der Stadt in großer Zahl geboten; auch Spielplätze sind vorhanden in- und außerhalb der Stadt. Die Schüler vergnügten sich darauf, so gut es ging, einige mit selbstgekauften Spielgeräten. Auch zum Baden und Schwimmen ist hinlänglich Gelegenheit geboten; da gibt es Freibäder in Lienfeld und Mooswald und in der städtischen Schwimmschule kostet eine Badekarte für die Schüler nur 10 h. Größere Schülerausflüge wurden heuer nicht veranstaltet, da die beiden vom Direktor zu bestimmenden Ferialtage wegen des vorzeitigen Schlusses des Schuljahres ausfielen. Radfahrer sind ungefähr 20 Schüler. VII. Statistik der Schüler. co b- CM + + 00 CM 00 CO CO CO *a •u 05 -5 00 cn ÖJD ü) ^ Öß ^ ’S S .a n g .a c cn 2 'S ü £f m " . & »> =< a„ « o C o. « gp o. -S 3 -8 *"* c W 3 N d a> c c bJD cuo W) 3 N 3 £ ' c J3 O cuo 0> .Öf> ^ B *53 TO j = 2 3 3 N N 3 C/3 ÖJD 3 •_ ^3 :3 D. o 2 « O) CQ 3 < GO Öfl TO H s o TO 33 -3 0) JQ 3 0> Ui TO £ 3 O» bß 3 3 3 CU ^3 .3 03 o.Ä C/i — M £ § Ä .3 C-» O O 0 o) w X> 3 r— n § -Q v-TO TO j= ^ 1 S ■5 « 2 J ’b -3 CJ t/D T3 c .S W _ D. d> c/i Ö/3 ^ TO Ä j- .a s y u ^ TO 3 0> J=3 TO Ä 3 <ü 3 X) 1> TO Ä Ä u O e J-1 5 Q. ä 42 ^ 3 O CJ D, co x: 3 ^ ÜJ Z ÖiD 3 3 Xi ; o; öjd Vx ÜJ o > 0> B 3 3 C/3 TO Jn *° t? •p 5 « ■g ^ g1 * ■ * S2 iß to o> •” Öß - •=? 'S r U O S st ^ TO Q, d> ÖÄ cm o + + CO + + O O 03 X> t- O O CD O 00 CM ec W) D. Q. •a JZ •o O < ocmoocot*:othoooc +++++++++++ thocdoos-Ht-itococdsm H H N OJ H CM (M CM I W ^ ^ 00 03 OD lfl l- O O W h O »C t— —f— tH rH rH CM tH r^ rH rH rH CM rH lO 1 rH 03 O rH tH CM X CC JO rH | J | II ! 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