L ai bach e r W och c n ß l a t t z u m' Nutzen und Vergnügen, Dienstag den 4. Oktober l 3 1 4- Ruhiges Urtheil üler Bonaparte's bermeintliche Größe (Nach Chateaubriand.) ^/aß'Bonaparte von Seite seines sittlichen Charakters durch die Weltgeschich, te nicht gerettet werden kann, darüber sind alle Stimmen einig. Sittliche Größe zeigte er nie, und konnte sie höchstens in einzelnen vorübergehenden Handlungen erkünsteln, da semem Gemüth die Grundlage dazu fehlt. Dennoch haben einige gewagt, ihn groß zu nennen, weil sie in seinen Unternehmungen etwas Außerordentliches fanden, das ein gewöhnlicher Mensch kaum zu denken, geschweige zu verwirklichen vermag. Allerdings war er kein gewöhnlicher Mensch, aber darum noch kein großer. Für die Eigenthümlichkeit eines solchen Menschen hat die Sprache vielleicht kein genügendes Wort; nur Größe besitzt er nicht, denn diese liegt in derEesinnung, nicht in der Handlung, und ist ohne eine Menge inne-rer Vorzüge und erhabener Eigenschaften, die sein ganzes Wesen begründen und also dauernd seyn müßen , nicht denkbar Fried-rich II. war groß, denn in ihm lebte das Talent eines erleuchteten Weisen, eines Feldherrn, eines Staatsmannes nnd eines Gesezgebers, gepaart mit der Fertigkeit in der Aufführung und Vollendung seiner Plane. Worin aber war es Bonaparte? Etwa in der Verwaltung? Darauf antwortet Chateaubriand: wann die Verwaltung in Chiffern besteht, und es hinreicht zu wissen , welches dsr letzte Thaler ist, den man erheben, der lezte Mensch, den man nehmen kann, so war Bonaparte ein großer Verwalter, denn es ist unmöglich, das Ucbel besser zu organisiren. Er hat durch eins entschiedene Unkenntniß und eine überwiegende Verabscheuung des Seewesens die Colomen Frankreichs zerstört, und dessen Flotten vernicklet. Er hat in 10 Jahren 15 Milliarden Auflagen verschlungen. SeinConftript ons-Code/ war weren in Schläge getheilt, wie die Baume eines Waldes; jedes Jahr winden Lo,ooo junge Leute umgehauen. Aber dieses war nur der regelmäßige Tod; oft wurde die Conscription verdoppelt oder verstärkt, oft verschlang sie im voraus die künftigen Schlachtopfer, wie ein Verschwender auf die künftige Einnahme borgt, so daß Bonaparte in den 11 Jahren seiner Regierung über 5 Millionen Franzosen hat umkommen lassen. Dieß bewirkte eine solche Verachtung des Lebens, daß man die Conscri-birten den ersten Stoss und das Kanonen-steisch nannte. Dadurch wurde Frankreich ein blutleerer Körper, der dem erstlichen Angriff nur schwachen Widerstand leisten konnte, und in dem Volk, das alle Familienbande zerrissen sah, erstarb jedes zarte Gefühl der Religion und der Menschenachtung. — War er ein großer Politiker ? Ob er den Namen verdiene, entscheide sein Continentalsistem: Er hat alle Colonien der Welt den Engländern gegeben , und ihnen in Peru , in Me>ico und Brasilien einen wichtigern Markt geöffnet, als der, welchen er ihnen in Europa verschließen wollte; denn 10 Millionen Amerikaner verbrauchen mehr englische Waaren, als 30 Millionen Europäer ; kurz, er hat das Volk, das er zu Grunde richten wollte, durch die widersinnigsten Maßregeln reich, und sein eigenes Land arm gemacht. Durch den spanischen Krieg belebte er in Europa der Volksgeist, gab Frankreich eine Gränze mehr zu vertheidigen, schasste denEnglän-yern inLandheer, und überlieferte ihnenM-xico's Schätze. Auf einem einzigen Wege ging er ohn.' Magazine und ohne Hülfsquellen nach Moskau, schläferte einen Mo, nat unter den Trümmern der abgebrannten Stadt ein, und vergaß die Strenge des Himmelsstrichs. —Aber er war ooch groß «ls Feldherr? Nun, auch dieses Ruhmes ist er beraubt. Er ist in der That ein großer Gchlachtengewinnsr, aber dies abgerechnet, ist der geringste General geschickter, als er. Er versteht nichts vom Rückzüge, von den Schwierigkeiten des Bodens, er ist ungeduldig, unsihig lange auf den Erfolg zu warten ; er kann welter nichts als vorwärts gehen, Wenduugm machen, laufen, durch die Mensch^nmasse Siege gewinnen , Aäes aufopfern für einen gluck« lichsn Erfolg, ohne sich um einen Unglücksfall zu bekümmern, und die Hälfte seiner Soldaten durch Märsche todten, welche die menschlichen Kräfte übersteigen. — Was war Bonaparte denn? Nichts als der Sohn der französischen Ma^ t mcht der Sohn seiner Werke. Seine Größe entstand nur aus den unermeßlichen Kräften, welche ihm Frankreich seit seiner Erhöhung in die H >nde gab. Er evbte alle unter den geschicktesten Generalen gebildeten Armeen, alle große Feldherren. Er fand ein zahlreiches,, durch Eroberungen vergrößertes, durch Triumphe und die Antriebe der Revolution begeistertes Volk; er durfte nur auf den ergiebigen Boden mit dem Fuße stampfen, und er gab ihm bis zur Verschwendung Schätze und Soldaten. Die Völker, die er angriff, waren ermüdet und uneinig, er überwand sie eines nach dem andern, indem er über jedes von ihnen getheilt, die Ströme der französischen V wölkernng ausgoß. So sah man in dem Monarchen nichts weiter als einem Abenteurer, und in demHeloen einGlückskind des Ruhms Wer ihn dennoch groß nennt, verwirrt die Begriffe, kennt die Geschichte eines Peter und Friedrich nicht, uno vergißt, daß wahre Fürsten- und Measchengcö'ßs nur erhält^ und beglückt, nicht aber schwackt und zerstört. — Fragt ma« aber endlich: we chen Gewinn haben die Staaten von seinem Hsrrscherleben gehabt ? so tönt die einstimmige Antwort aus allen Enden Europa's: wir haben die Vorsicht erlernt, unsere Thüren zu verriegeln, unser Haus und Hof besser zu bcwachen, und bei einem gewaltsamen Embmch ewmüthlg unsere Schwerter zu gebrauchen. Noch zum Theil unbekannte Vorfälle wegen Vefteyung PiusVH. Hr. Keller, Bildhauer aus Zürich, und bekamn durch mehrere dramatische Schnften, überreichte am Tage des Abzugs des k. k. Hufarenregiments Radetz-ky aus Rom, dem Obersten v. Prohas^ ka zwey Sonnetten, die sich auf die alten und vom Pabste erhaltenen neuen Fahnen bezogen und vielen Beifall fanden, den sie auch verdienten. Denkwürdig bleiben die Worte jenes Oberst-n, die er beim Empfang de? beiden Ged'chte sagte, nem-!ich:„Ich habe das Glück gehabt, fast unter ähnlichen Umständen zwey ausgezeichnete Personen zu befreyen, nemlich den farrer Lavater, als er sich unter andern .iftln in Masftna s Lager befand, und am Taro den Pabst Pius VII." Man muß wiffen, daß das Husarcnregiment Radetzky fast immer auf den Vorposten ^ gebraucht wurde. Zweymal citt bey Zürich i — wir glauben es war im Seefeld - ge-i dachte?Öberst zl>Massena mn wegenLaraters i Loslassung zu unterhan e n. Das erstemal ! erlangte er kein Gehör. Das zweytemal fand ^ er den Gene.al inbessererStimmung und er-i langte den Zweck seiner Senoung. Die nähern Umstände der Befreyung des Pab-sies, wie man sie aus dem Munde dieses Mannes erfahren hat, sind folgende: Nach-dem man den Pabst auf langem W)gs zn den Pyrenäen hin und dann endlich nach Oberitalicn geführt hatte, erhielten die franz. Generale Grenier, Vandamme und Ramboul den Auftrag, ihn auszuliefern. Man traute ihrer Anzeige nicht, und der Oberst Starhemberg warnte den Pro- haska, auf seiner Hut zu seyn. Diese, dachte aber: wird diese Gelegenheit versäumt, einen der Welt nützlichen Mann zu befreyen, so dürften die Franzosen ihn wieder zurück schleppen und sich berühmen : daß sie die Sache gewollt, daß sie aber nicht angenommen worden. Ferner dachte er: werde ich gefangen, so ist der Anlaß dazu immer ehrenvoll; bekonnne ich eine« Verweis, gegen oder ohne Ordre gehandelt zu haben, so wird er, der Sache wegen , nie groß seyn. Ihm war das Gelingen wahrscheinlich, und er setzte in Begleitung einiger Husaren über den hoch angeschwollenen Taro, nachdem er aus allen aufzutreibenden Voten eine Schiffbrücke hatte schlagen lassen. Die Sache gelang. Er führte den heil. Vater über die schwaw kende Brücke, und setzte mit ihm durch eine andere Furch eines Seitenarmes oder eines andern kleinen Flusses. Sobald er die Gefahr glücklich überwunden, und den heil. Vater auf den befrsyten italienischen Boden gebracht hatte, siel er vor ihm aufdie Knie nieder und sagte-.„heiliger Vater l dieß ist der glücklichste Tag mei' nes Lebens. Sie haben ihr freyes Vaterland wieder betreten l — sie sind nun frey." - Der Pabst konnte vor Freude nicht antworten.Er schöpfte aus tiefer Brust Luft —freyeLuftnach einer überstandenen langen feindlichen Lebensperiode — und man hörte blos das Ah ! eines recht von Herzen Athmenden. Hierauf wurde er im Triumph nach Parma gebracht, immer in Bedeckung jener Husaren, die ihn dann zuletzt siegreich in Rom einführten und fast 2 Monate lang bei allen Ausfahrten und zu allen Knchenfunktionen begleiteten. Sie haben sich bei allen Römern ausgezeichneten Beifall erworben; ihr kriegerischer Ruhm ist zu bekannt, als daß darüber etwas gesagt werden durfte. Viele Truppen haben in dieser Zeit Glänzendes erlebt, wenige waren Zeugen einer glücklichem Reihe von Freudentagen : denn wo Pius vu. hinkam , wurden Herzensfeste gefeyert, wie die Jahrbücher der Zeiten nur wenige auszuweisen haben mögen. Ueber die Revolution in China. Privatberichte melden, daß die Re-voluzion in China vorzüglich durch Teut. sche gemacht worden sey. Es ist bekannt, daß viele teutsche Kolonien um das kaspi-sche Meer herum liegen, die sich bis an die Grenze von China ausdehnen. Einige unternehmende Kopse mit bedeutender Macht, und von den Mißvergnügten in China unterstützt, sollen dieses Wagestück unternommen haben, das, wenn man den unfichern Zeitungsberichten Glauben bei-Inessen w:Ü , bis jetzt ziemlich geglückt ist. Ob Nußland bey einer solchen Revoluzion ganz gleichgültig war oder seyn wird, wird die Zeit lehren. Die Nachgiebigkeit der chinesischen Regierung gegen Fremde in ketztern Zeiten mag viel zu dieser innern Gährung beigetragen haben. Die Meinung, daß China noch immer so unzugänglich sey, wie ehemals , ist falsch. Es hat eins Menge Europäer in Peking, und viele Teutsche unter der kaiserlichenGard? selbst. Ein teutscher Architekt hat dem österreichischen Kaiser, während seines Aufenthalts m Paris, einen sehr detaillirten Plan von Peking übergeben. So wäre zuletzt das seit Iahrtansendm gvößtcnttzeils ruhige, große Reich, wie andere in Asien und Amerika, ein Opfer des nie satten und eroberungssüchtigen Europäers. Ob Eu-?opa, durch einen hohem Geist getrieben, seine Fittige so übsr die ganze Menschheit zu besserer Kultur, oder als entehrendes Spül übermächtiger Erfindungen benutzen werde, kann nur dls Nachwelt beutthci len. — Der Küster bon Eilan. In Preussen gibts jetzt ein Sp^'ü^ wort:, Er ist dumm wie der Küster v^ Eilau." Als nemlich die Schlacht bei Eilau geschlagen wurde und so ziemlich! für die Franzosen verloren war, wollt< sich Napoleon selbst von der Stellung del rußischen Armee überzeugen, und bestieg de' hohen Ka-chthurm von Eilau Der KiM mußte ihm die Thüre öffnen, und V^i poleon stieg, nur von einem einzigen M> jutanten begleitet, den Kirchthurm lM auf, indessen sein Gefolge unten am Ei^ gange bliebe. Napoleon sah bald wie schlecht es für ihn stand, und eilte herab. A^ er unten anlangte, war sein Gefolge, weg^ der nahenden Gefahr, entstohen , nur eiü einziger Stallknecht hielt sein Pferd, u^ der Küstsv die Thüre —fünf Minuten d^ aufsprengten die Kosaken in die Stadt. Wie? we-m der Küster mehr Verstand gehabt und die Thüre zugeworfen hätte?-^ O! du dummer Küster. Doppelte Auslegung. In einem der neuesten preußischenIntelli-! genzblätter steht nach der Anzeige vo« i gestohlenen Silberzeug folgende 'Aussor-' derunq des Eigenthümers: „ Wer m icb ! den Hieb angibt, erhält 50 Reich schale'' Belohnung." ' z