127506 ÜSfollns m lln>vorr!tstns knjümc» v l.jilb!jm! L so/. 127506 Eine Ersteigung des Triglav. LS^ Bon J. Ä. Stussmcr. Einer meiner sehnlichsten Wünsche war es seit jeher, die Hochalpe» Oberkrains aus eigener An¬ schauung kennen zu lernen »nlr die^eltrnen Pflanzen- schätze, die den einziges Schüiuck jenck kahlen Fcls- gipfel bilden, au Ort und Stelle in ihrer Blüthen- pracht zu sammeln. Es war mir stets ein Hoch¬ genuß, vom Laibacher Felde aus den herrlichen Alpcn- kranz mit seinen kahlen Häuptern, vor allen aber den ehrwürdigen Altvater Triglav mit sehnsüchtigen Blicken zu betrachten; in solchen weihevollen Mo¬ menten reifte in mir der Entschluß, jenen erhabenen Regionen so bald als möglich einen Besuch abzu¬ statten. Früher, als ich es geahnt, ging mein Wunsch in Erfüllung. In den ersten Tagen des heurigen August stand mir eine Ferienwoche zu Gebote, alle Anzeichen einer andauernd günstigen Witterung waren vorhanden, ich traf daher von Radmannsdorf aus mit meinem Freunde Moriz Schenk in Lai¬ bach die briefliche Verabredung, ungesäumt eine Ge- birgsparkie in die romantische nehmen und wo möglich einen de^E^MPficknncher^. Nähe des Triglav zu ersteigen^^-- — 2 — Am 3. August fanden wir uns in Veldes ein, von wo wir Nachmittags aufbrachen und frohen Muthee^ von frischer Wanderlust beseelt, den Weg in die ZtMAtz einschlugen. In Wocheiner Vellach kam uns ein ländliches Fuhrwerk sehr gelegen, auf dem wir die Fahrt fortsetzten und erst in später Abendstunde in Feistriz anlangten^ Vor dem Schla- . fengehen durchkreuzen gllerlci Plätte unsere Köpfe, schließlich blieb dH Entscheidung« d^r Frage,, pps '"demnächst zu lhun sei, dem kommendes Tage über¬ lassen, indem wir uns vorläufig ganz glücklich fühlten, . 'sch Ner* gefeierten Wochein Posto gefaßt zu haben. Am 4. August lächelte der heiterste Morgen über dem Thale, ein schwacher Nordwind wehte von den Alpen herab. Bald waren wir über unsere Tagesordnung einig, sie lautete: „Auf zur Saviza, zur vielbesungenen königlichen Tochter des Triglav !" Am Wege zum Wocheiner See erblickten wir gleich außer dem Dorfe den in der herrlichsten Morgen¬ beleuchtung strahlenden Triglav. Nur an ein paar Stellen blickt er von seinem hohen Throne in die zu seinen Füßen gelegene Thaltiefe herab, seine kühnen Umrisse präsentiren sich von hier aus ganz anders, als von Laibach gesehen, sie fesselten unver¬ wandt unsere Blicke, wir fühlten wie noch nie die erhabene Majestät des Berges, dem wir uns so nahe befanden. Magnetisch zog es uns hinauf zu den erleuch¬ teten Triglavhöhcn, und so einladend für uns auch die ölangrüne Spiegelfläche des Wocheiner Sees war, an dessen Ufer wir zum crstenmale standen, so lieb¬ lich uns die saftigen Alpenmatten an seinem oberen Ende entgegen blickten, wurden wir gar bald dem früher gefaßten Beschlüsse, der Königin Saviza unsere Hochachtung zu bezeugen, untren, indem uns nur der eine Gedanke beschäftigte, den kühnen Be¬ herrscher der Wocheiner Alpen zu ersteigen. — 3 — Als ein ausgezeichneter Triglavführer war uns Jäger Schest in Mitterdorf bezeichnet worden. Voll Begeisterung für unser Projekt, das ohne Zeit¬ verlust durchgeführt werden sollte, verließen wir als¬ bald den Wocheincr See und begaben uns an Alt¬ hammer vorüber nach Mitterdorf, wo wir für nichts anderes ein Interesse hatten, als den gebirgskundi¬ gen Mann kennen zu lernen, dessen Führung wir uns anvertrauen wollten. Wir fragten einen ziemlich bejahrten Landmann, den wir in Mitterdorf vor einem Bauernhause stehen sahen, wo denn Schest zu treffen wäre? Schmunzelnd meinte dieser: „Was dann, wenn ich derjenige wäre, den Ihr suchet?" Zugleich kamer unseren Wünschen mit der Frage zuvor, ob wir wohl Lust hätten, den Triglav zu ersteigen? Der klare, freundliche Blick, das sichere Auftreten und ungezwungene Benehmen des Führers flößten uns Muth und Vertrauen ein. Wir waren bald einig, sogleich aufzubrechen. Da ursprünglich eine Partie auf den Triglav außer unserem Reiseplan lag und meine Beschuhung auf ein solches Wagniß gar nicht gefaßt war, so mußte vorerst für deren Bewaffnung mit starken Nägeln Sorge getragen werden. Getrost überließ ich diese Nachhilfe dem Schest, der zugleich das Schuslerhandwerk betreibt. Nachdem wir uns mit entsprechendem Proviant¬ vorrath für zwei Tage, bestehend aus Brot, Würsten und Branntwein, versorgt hatten, brachen wir Nach¬ mittags von Mitterdorf auf. Ein ziemlich steiler Pfad führt aus dem Thale auf die llsliovnion, ein ausgedehntes, sanft anfsteigendes Plateau zwischen dem Mostniza-und Ribnizagraben mit schönen Berg- wicsen. Ueber diese gelangten wir durch einen Bu¬ chenwald zu den Senncrhütten auf der LnnMoa- Alpe, wo wir die erste Rast hielten Die Dämmerung brach schon an, das Ziel der 1* — 4 — heutigen Wanderung war Belopolje, noch zwei volle Stunden von hier entfernt. Der Führer gönnte uns nur eine halbstündige Rast, unsere Gesellschaft erhielt einen sehr erwünsch¬ ten Zuwachs in der Person des jungen Sehest, eines stämmigen Burschen, der Heuer bereits einmal in Begleitung seines Vaters den Triglav erstiegen hatte und uns diesmal sehr gute Dienste leisten sollte. Nach einiger Anstrengung war der Sattel zwischen dem Drusiei vrk und 8Iorus erstiegen, eine au Versteiner¬ ungen sehr reiche Lokalität, die jedoch wegen der eintretcndcn Nacht unbeachtet gelassen werden mußte; auch dem wegen seines Pflanzenreichthums berühm¬ ten ll"o866, an dessen Abhängen der weitere Pfad nach Bclopolje führt, konnten wir die verdiente Aufmerksamkeit nicht schenken. Es war bereits Nacht, als wir zur Senner- Hütte xoä Roseum kamen; niemand war daselbst zu treffen. Unter Fackelbeleuchtung traten wir die wei¬ tere nächtliche Wanderung nach Belopolje an, wo wir ganz erschöpft um 11 Uhr anlangten. Eine eiskalte, köstliche Quelle labte uns, bald war in einer Sennerhütte eine Lagerstätte für uns aufge- fundeu. Unsere fragenden Blicke und besorguiß- vollen Zweifel, ob es auch geheuer sei, die ermüde¬ ten Glieder dem Bette eines dickhäutigen, für allerlei Bisse unempfindlichen Belopoljer Hirten anzuver¬ trauen, beantwortete Schest mit der bündigsten Ver¬ sicherung: „Die Triglavluft verträgt kein Floh." (LoUru tri^Iuvsirs sapo uo vbrpi.) Unsere Gemüther waren von den durchwan¬ derten Alpengcgcndcn, noch mehr aber von den er¬ habenen Bildern, die uns am folgenden Tage in Aussicht standen, mächtig aufgeregt. Schwelgend in diesen Genüssen, verfielen wir bald in einen crquik- kenden Schlaf, aus dem uns die, die nächtliche Ruhe unterbrechenden schrillen Glockcntönc des in unserer Nähe gelagerten Rindes, das mit dem Verdauen der — 5 —- würzigen Alpeukost beschäftiget war, nicht zu wecken vermochten. Auch Schcst'S Bemerkung über die Höheugrenze der nächtlichen Quäler deö Menschen¬ geschlechtes in Kram hatte sich als vollkommen wahr erwiesen. Am 5. August weckte uns der Führer in aller Früh. Mit einem Sprung aus dem Lager waren wir im Freien, in prachtvoller Reinheit glänzte der Sternenhimmel; der noch immer anhaltende schwache Nordwind stellte auch für diesen Tag ein unser Unternehmen begünstigendes Wetter in Aussicht. Rasch wurde das Frühstück bereitet, unser Koch wirthschaftete mit dem vorhandenen Kasfcevorrathe in verschwenderischer Weise, er brachte einen Koffein- Extrakt zu Stande, ganz geeignet, unsere Nerven für die Strapazen des Tages zu stärken, doch ver¬ ursachte sein Gebräu dem an derlei Reizmittel nicht gewohnten jungen Schest später wiederholte Ueblich- keiten. Mit prüfendem Blicke wurde die noch intakte Branntweinflasche von Vater Schest wie ein theu- res Kleinod in Verwahrung genommen. Nach altem Jägerbrauche pflückte er einige Blätter des bitteren Alpenwermuths, slov. Mniiwki xsliir OlnvsiES U.), und der feinblätterigen, um Belvpolje häufig wachsenden Bärenwurz (Usurir gcksiumuntieum U.), von den Wocheinern wegen ihres fenchelartigen Duftes iropor genannt. Diese kräftigen Alpen¬ kräuter geben dem Branntwein ein angenehmes Aroma, unser erfahrener Praktiker meinte, ein sol¬ ches Getränk erfrische das Herz, stärke den Magen, belebe den Muth und sei auf den Hochgipfeln (im Zxioasi) Universalarznei gegen jedes Uebel. Mit dem ersten Morgengrauen, um 4 Uhr, verließen wir die von hohen Kalkmauern umgrenzte und im Hintergründe amfilheatralisch vom Triglav abgeschlossene Sennertrift, wo wir in unerwarteter Weise ein erquickendes Nachtlager gefunden hatten. — 6 — Neber den kahlen im Osten stehenden Wächtern von Belopolje: l'osvo, 6oWr, Mirusr und Oilcsimuir begannen schon die ersten Lichtstreifen zu dämmern, während die Thaltiefe noch in nächtliches Dunkel gehüllt war. Mit Eilschritten ging es der LonMu xluirius, zu, um ja noch in den ersten Vormittagsstun¬ den bei klarem Huumel die höchste Spitze des Ber¬ ges zu erreichen. Je hoher man hinaufsteigt, desto mehr zeigt sich der Rasenteppich durch Schotterab¬ schwemmungen zerrissen. Die grüne Pflanzendecke, einen bräunlichen Farbenton anuehmcnd, besteht meist aus maulwurfhügelartigem Wurzelgeflechte, an dessen Bildung eine Seggenart (6ursx sirwn si.) den Hauptautheil nimmt. Das riesige Haupt des Triglav, das wir während des Aufstcigcns einige Zeit sahen, blickte vor dem Sonnenaufgänge ge¬ spenstisch herab, als cs jedoch von den Sonnen¬ strahlen berührt wurde, erschien cs von einem sanf¬ ten rosenrotheu Dufte belebt, die kahlen Bergkämme und die tiefer unten an sic angrenzenden spärlichen grünen Grasplätze glänzten in einer zaubervollen Morgenbelenchtung. Wir waren schon über die Krummholzregion hinaus, die einzige Strauchform, die da auftrat, war eine am Boden kriechende zwergige Wcidenart (8n- lix rötusu), sie begleitete uns nahezu bis zum eigent¬ lichen Fuß des Triglav. Manches liebliche Alpen¬ pflänzchen konnten wir bei dem eiligen Marsche nur eines flüchtigen Blickes würdigen. Hinter der zu¬ nächst zu ersteigenden Höhe tauchte schon der östliche, vom kleinen Triglav sich abzweigende GcbirgSkamm hervor. Nach etwas mehr als einstündigem Marsche hatten wir eine Plateauartige Höhe erreicht, von wo aus das eigentliche Ansteigen auf den Triglav beginnt. Hier hielten wir kurze Rast, die gesammelten Pflanzen wurden in die Mappe eingelegt und auf Anrathen des Führers alle entbehrlichen Sachen, als — 7 — Reisetaschen, die Mappe und auch unsere Plaids zurückgelassen. Der kleine Triglav stand vor uns, das Er¬ steigen desselben geschieht von der östlichen Seite durch eine enge Felsspalte, von Bosio „das Thor des Triglav," von den Wochcinern v stopei ge¬ nannt. Zu dieser Scharte, die einen markirtcn Ein¬ schnitt in dem östlichen Kamine des Triglavstockes bildet, fällt die Kuppe des kleinen Triglav unge¬ mein steil ab. Eine gewaltige Schutthalde trennte uns noch von ihr, bald war jene zurückgelegt, und mit der Erreichung des Triglavthores öffnete sich uns die erste Aussicht nach Kärnten, auf die schauerlichen, an der Nordseite gelegenen Abgründe und in die vom oberen Savethale sich abzwcigenden, zum Triglav führenden Seitenthaler. Hier legten wir unsere Bergstöcke ab, da sic uns nur am Weitcrkommen gehindert hätten. Von dieser Stelle an bis zur höchsten Kuppe gilt es, den nackten, vegetationslosen Fels zu bewältigen, der ent¬ weder als steile Wand sich erhebt oder zur durch¬ furchten Felskuppe sich aufthürmet, oder in einen schmalen Felsgrat verläuft. Wenn auch bei dem Erklettern einzelner Stellen die Hände ein gutes Stück Arbeit übernehmen, so liegt der Schwerpunkt der Bergbesteigung in einem sicheren Tritte, schwin¬ delfreiem Kopfe und in der Erhaltung des Gleich¬ gewichtes bei aufrechtem Gange. Leichter als wir es erwartet hatten, gelang uns die Erkletterung der ersten Kuppe. Die besonnene Umsicht unseres Füh¬ rers, der Feldherrnblick, mit dem er die kleine Ka¬ ravane leitete, ermuthigte uns, ihm au Entschlossen¬ heit nicht nachzustehen. Um 6 Uhr 20 Minuten war die Spitze des kleinen Triglav erklommen, wir hatten bis dahin von Belopolje etwas mehr als 2 Stunden ge¬ braucht. Ein kalter, heftiger Nordostwind durch¬ schüttelte unsere Glieder, die Temperatur mag nur — 8 — ein paar Grade über dem Gefrierpunkte betragen haben. Schon hier lohnt dem Ersteiger eine entzückende Fernsicht, sie steht jener von der höchsten Kuppe nur wenig nach. Doch wer sollte für die zu seinen Füßen sich entrollende wildgrotteöke Landschaft ein Auge haben, wenn er den gewaltigen Riesen mit seiner in den dunkelblauen Aether ragenden Spitze als das noch zu erreichende Ziel der Mühen und Anstrengungen vor sich erblickt? Nur kurze Rast gönnten wir uns auf der eisig durchwehten luftigen Stelle. In dieser Höhe erscheint das zertrümmerte Gestein nicht selten wie von Furchen durchwühlt und aufgeworfen, es sind dies die Spuren der daselbst äußerst häufigen Blitzschläge. Ein langsameres, doch anhaltendes Werk der Zerstörung vollzieht der na¬ gende Zahn der Verwitterung. An einem etwas abgeglätteten Felsen, der einzigen Stelle, wo eine Aufschrift anzubringen möglich war, befinden sich unter dem österreichischen Adler, mit Oelfarbe ge¬ schrieben, die Worte: 8Iuvu ÄovMickoiuu MiZluvu (Ruhm dem slovenischcn Triglav) mit den Nameu tUoboönilr und Lnäivuile, die wir auch auf der höchsten Spitze wieder trafen. Die Schrift hat sich seit dem Jahre 1866 noch ganz gut erhalten. Ein Schluck Branntwein erwärmte unsere durch¬ fröstelten Glieder, der Führer mahnte zum Aufbruch. Vor uns lag die berüchtigte Schneide, die Verbin¬ dungskante des kleinen Triglav mit dem großen, deren grauenregende Abstürze in die nord- und süd¬ wärts gelegenen Schneefelder schon manchen Berg¬ steiger zur Umkehr bewogen. Sie läuft bogenartig eingesenkt zwischen beiden Bergknppen und verengt sich stellenweise zu einer Felskante von nur ein bis zwei Fuß Breite. „Us po ofstrim" (nur auf der Kante), meinte Schest, und die gefährliche Wan¬ derung wurde angetreten. Boran schritt ich, mir folgte Schest, hinter diesem kam mein Reisegefährte, — 9 — dm Schluß bildete Schest's Sohu. Nur an ein paar der gefährlichsten Stellen reichten wir den nachschreitenden Führern die Hand. Wir befanden uns nun an der glatten Fels¬ wand des unersteigbar scheinenden großen Triglav. „Wohin denn jetzt?" fragte ich den Führer. Schest deutete mir auf einen an der nördlichen senkrechten Triglavwand hervorragenden Felsvorsprung. Von hier aus schlugen wir einen Weg bis zur höchsten Spitze ein, den Schest's geübtes Auge bei seinen wiederhol¬ ten Triglaversteigungen auffand. Derselbe schien ihm viel praktikabler als der bisher üblich gewesene; außer zwei Engländern, die ihn Heuer unter seiner Leitung zum erstenmale betraten, sollten auch wir ihn jetzt erproben. Alle früheren Triglaversteiger kletter¬ ten vom Ende der Schneide an über die drei buckel- förmig sich aufthürmenden äußerst steilen Absätze, in denen der östliche Felsgrat zu jener verbindenden Kante abfällt, der mittlere davon, xri ruäoeom rodu, ist den Triglaversteigern besonders gefährlich. Auf dem neuen von uns cingeschlageneu Wege hatten wir die nördliche, senkrechte Triglavwand stets zur Linken, rechts gähnte uns die schwindelerregende Tiefe mit ihren Schneefeldern und dem bläulich-grünen Gletscherfelde an ihrem untern Ende, bei jedem ver¬ fehlten Schritte Verderben drohend, entgegen. Obwohl das Auge des Neulings in der Alpen¬ welt, der mit der Gesteinsstruktur des Hochgebirges unvertraut ist und dessen Gemüth von den kolos¬ salen Massen fast erdrückt wird, in der senkrechten Felswand keine Spur eines Pfades, geschweige eine Möglichkeit, längs derselben auf den Gipfel zu ge¬ langen, entdecken könnte, verstand es doch unser er¬ fahrene Führer, jede Felsritze, jede vorspringende Steinleiste zum Wciterkommen zu benützen. Er schien es der Gemse abgelernt zu haben, durch das wilde, scheinbar unersteigliche Gcklüftc einen Aus¬ weg zu finden. — 10 — Schweigsam schritten wir einer nach dem an¬ deren auf dem unheimlichen Pfade. Das hie und da sich adbröckelnde Gestein mahnte zur größten Vor¬ sicht. Wo man nicht rascher Vorwärtsschreiten konnte, wurde jede Felskante, jede Steinritze, der wir un¬ ser Leben anvertrauten, geprüft, ob sie die Mcnschen- last zu tragen im Stande sei. An ein paar Stel¬ len war unsere Situation äußerst gefährlich, indem wir aus der schmalen, unter einem Felsvorsprunge verlaufenden Steinleiste nur in gebückter Stellung weiter kommen konnten. Glücklich hatten wir endlich die gräulichsten Stellen passirt. Frei athmeten wir auf, als wir links ober uns den höchsten Berggipfel mit dcrTri- angulirungsstange erblickten, nur noch einige Schritte, und wir befanden uns am ersehnten Ziele, es war eben 7 Uhr 5 Minuten, von Belopolje aus hatten wir demnach bis auf die höchste Bergspitze nicht mehr als 3 Stunden gebraucht. Auf der Höhe des Triglav herrschte völlige Windstille, die Temperatur der Luft betrug 8° im Schatten. Nachdem wir den brennenden Durst mit dem geschmolzenen Schnee von dem auf dem Gipfel noch vorhandenen Schncefelde, das im Umfange etwa 2 Quadratklafter betragen mochte, gelöscht und den sich meldenden Hunger mit einer köstlich mundenden Krainer Wurst und einem Stück Brot gestillt hat¬ ten, wurde ein kräftiger Schluck aus der Flasche mit Schest's kräuterdnfteudeu Lcbensessenz gemacht. Wir fühlten uns vollends restaurirt und konnten uns nun ganz dem Genüsse der imposanten, vom herrlichsten Wetter begünstigten Rundschau hingeben, wobei uns ein Plößl'sches Fernrohr ausgezeichnete Dienste leistete. Der blaue Himmel, an dem sich kein Wölk¬ chen zeigte, schien uns viel dunkler gefärbt, als wir ihn je in der Ebene sahen, kein Nebel, kein Höhen¬ rauch trübte die Fernsicht; die klarste Beleuchtung — 11 — ließ nicht nur jede Spalte in dein wilden Stcin- gcklüfle der nächsten Umgebung erkennen, sie hob auch die sonst vcrschmimmendeu Umrisse der ent¬ ferntesten Berge mit der größten Schärfe hervor. Vergebens sucht das Auge einen Rnhepunkt in diesem wogenden Meere von Berggipfeln, in dieser versteinerten Brandung von Felsgebilden jeder Form, welcher gegenüber alle Werke des Menschen, seine Städte und Dörfer als kaum bemerkbare Atome sich verlieren; die fruchtbare Ebene Oberkrains, das ausgedehnte venezianische Flachland schrumpfen zu einem schmalen Bande ein, die Unendlichkeit des Meeres bezeichnet ein am äußersten südwestlichen Ho¬ rizonte sich abhebender leuchtender Streifen, dem die italienischen Küstcnflüsse als blendend weiße Linien zueilcn. Die näher gelegenen Thalbildungen sind meist durch gewaltige Vorberge verdeckt, nur partienweise zeigt sich am Grunde einer schachtförmigen Tiefe die grünende Thalsohlc, so ein Theil der Wochein init dem östlichen Ende ihres See's, der obere Save¬ lauf bei Lengenfeld, das smaragdgrüne Band des Isonzo in einer kurzen Strecke des Sotschathales und bei Flitsch. Von überwältigendem Eindrücke ist das gro¬ teske Gebirgspanorama, und zwar zunächst die kolos¬ salen Massen des südlichen Kalkalpenzuges, die sich mit ihren himmelanstrcbcnden Wänden zu Hochpla- teaux, Kuppen, Spitzen, zerrissenen Kämmen und Zackengebilden der bizarrsten Form aufkhürmen. Im Gegensätze zu diesen repräsentirt sich als ein erhabenes Bild der Ruhe die den nordwestlichen Ho¬ rizont umsäumende, eisumpanzerte Zentralalpenkette, welche im bläulichen Glanze herüberschimmert und ihre eminentesten Punkte, als z. B. den Großglockner, die Hochalmspitze u. a. m. leichterkennen läßt; an sie schließen sich im Norden der vberösterreichische Dachstein und weiterhin die obersteirischen Schneeberge an. 12 — Einen abgesonderten Zug bilden die Karavanke« Mischen der Drave und Save; von dieser Höhe gesehen, sinken sie zu einer kuppenrcichen Mittelgebirgskette herab und erheben sich erst in ihrem östlichen Kno¬ tenpunkte, den Steineralpen, zu einem ansehnlichen Gebirgsstocke. Unter den näher gelegenen Höhen fallen besonders aus: Die Gruppe der Lru ober Tolmein, des Monte Canin mit dem Rombon und Prestrelni! ober Flitsch, der Wischberg, Montaž, Mangart, die ober dem Sotscha- und Trentarhalc sich erhebenden, wild zerrissenen, meist kammförmigen Flitscherberge mit dem mauerähnlichcn Jalouz, ferner der Dobratsch oder die Villacher-Alpe in Kärnten. Eines der gewaltigsten Felsgebirge ist der zwischen dem Urata- und Savethale emporsteigende, im Nor¬ den des Triglav stehende 8usti xlW, man unter¬ scheidet ihn auch von der Laibachcr und Oberkrämer Ebene sehr wohl; von der Ferne gesehen, kommt er dem Triglav in der Höhe sehr nahe, er ist der dritt¬ höchste Berg im Lande (8153') und wird in den Karten als Rogitza angeführt. Einen grauenerregenden Anblick der Oede und Wildniß bietet das zwischen den schroffwändigen, tief eingefurchten Thälern der Urata und Kerma an der Nordseite des Triglav gelegene, mit ausgedehn¬ ten Schneefeldern und einem Gletscher bedeckte Hoch¬ plateau, an seinen Rändern steht eine Gruppe von Giganten, unter denen 2urir und Usovina als rie¬ sige Zackcngebilde eine würdige Vorhut des Triglav bilden. Die bogenförmig verlaufenden Spalten des in das Uratathal abstürzenden Gletschers mit dem prächtig blaugrün gefärbten Eis schienen uns so nahe, daß wir glaubten, sie mit einem Steinwurfe erreichen zu können. Ein ähnliches Bild furchtbarer Oede gewährt das an der Südseite des Triglav sich ausbreitende Hochplateau mit seinen kolossalen Schuttwttsten und Karrenseldern. Die Schneemassen daselbst waren — 13 — zwar bis auf einige an schattigen Stellen noch lie¬ gen gebliebene meist schon abgeschmolzen, und dennoch glaubte man weite Flächen mit Schneefeldern bedeckt zu sehen, eine so grelle und blendend weiße Färbung nimmt das sonst düstere Grau der vegetationslosen Felslandschaft stellenweise an. Unter den Bergkup¬ pen dieser wüsten Kalkregion treten besonders mar- kirt hervor: der wegen seiner Aehnlichkeit mit einer massiven Burgruine treffend bezeichnete druck, die riesige Schädelform des Osbsli vrll, der Felsen¬ grat des Koujuva oder Limvs, der zunächst an den Triglav im Westen sich anschließt. Zu einem lieblichen Bilde in dieser Wüstenei gestaltet sich der das Wocheiuerthal im Süden be¬ grenzende Alpcnzug, in welchem besonders die wegen ihres Pslanzenreichthums berühmte 6ruu prst unsere Aufmerksamkeit an sich zog; über diese Alpenkette hinaus nimmt die Bcrglandschaft den Charakter eines mehr monotonen Waldgebirges an, dessen Ab¬ schluß der den Horizont im Süden begrenzende Jnner- kraiuer Schneeberg bildet. Erst nachdem der Blick sich in dem wilden Berglabirinthe im allgemeinen zurecht gefunden, nachdem die ans solch' erhabenem Standpunkte mäch¬ tig wogenden Gefühle, die die menschliche Brust kaum zu fassen vermag, und das von der Großar¬ tigkeit der Umgebung aufgeregte Gemüth sich etwas beruhiget hatten, konnte mau sich mit dem weniger ins Auge fallenden Einzelheiten des Panoramas be¬ fassen. Ein weißer Fleck in der italienischen Ebene über den Kru hinaus wurde uns von Schest als Udine bezeichnet, Venedig konnten wir nicht entdecken. Die Umgebung von Klagenfurt lag ganz nahe; sehr gut konnten wir den Kumberg in Unterkrain, den Vaibacher Schloßberg, den Großkahlenbcrg, den Jodozi berg, die Stadt Krainburg und Radmannsdorf, den Zusammenfluß der Wocheincr- und Wurzner-Save unterscheiden. Einen angenehmen Rnhepnnkt für — 14 — das Auge bildet der hinter dem Pokluka - Plateau hervorblickende Veldeser-See, auch in diesem gro߬ artigen Panorama glänzt derselbe als der kostbarste Juwel. Kein Laut, kein anderes lebendes Wesen außer uns störte die Stille des erhabenen Standortes. Der Führer hatte uns Tags zuvor bei der Erzäh¬ lung manches interessanten Begebnisses aus seinem vielbewegten Jägerleben versichert, wir würden am Triglav genug Gemsen zu sehen bekommen. Sein kundiger Blick entdeckte bald an einer spärlich be¬ grasten Stelle der Rjovina ein Rudel von zehn Stück, auch erspähte er in dem FelSgeklüfte des Zmir einen einsam äsenden stattlichen Gcmsbock. Mit dem Fernrohre konnten wir jede Bewegung der herrlichen Gazellen unserer Alpen betrachten. Außer diesen Repräsentanten der höheren Thierwelt gewahrten wir einen in mächtigen Kreisen ober dem Uratathale schwebenden weißköpfigen Geier (Vultur lukvus.) Ein langgezogcner, schwacher Pfiff in unserer Nähe hieß uns nach dem unerwarteten Gaste aus der Vvgelwelt forschen, der so hohe Regionen sich zu seinem Aufenthalt wählte. Gar bald entdeckten wir zu unserer nicht geringen Freude einen an den Felswänden kletternden Alpenspecht (Tiollockroirm mrrraria), der mit seinem feinen gebogenen Schnabel jede Steinritze emsig durchsuchte. Die rothen Flecken auf den Schwungfedern hoben sich von dem Grau des Körpers und des umgebenden Gesteins gar prächtig ab. Wahrlich eine „fliegende Alpenrose," wie der Ornitholog Brehm diesen Vogel so tref¬ fend benannt hat. Nach der herrlichen Augenweide, die der in der erhabenen Alpenwelt sich ergehende Blick genossen, verdient wohl auch der Scheitel des Berges, auf dem wir standen, eine nähere Prüfung. Die höchste Triglavkuppe, aus losem Gestein bestehend, stellt — 15 — einen von Südost nach Nordwest streichenden, zehn bis zwölf Klafter langen, zwei bis drei Klafter breiten Grat dar; sie fällt in Nord, West und Süd mit scheinbar unersteiglichcn Felswänden senkrecht ab, nur ihr östliches Gehänge schärft sich in einen über den kleinen Triglav verlaufenden Grat zu, den Weg bezeichnend, auf dem man gewöhnlich zur Spitze gelangt. Die Benennung Uubsi ?.od, Wei- berzahu, die für den Triglav in einigen Gegenden Jnnerkrains gebräuchlich ist, scheint ziemlich zutref¬ fend zu sein. Denn die an der Südseite des Gipfels gelegene Mulde mit den scharfen Umrandungen, die in eine Spitze zulaufen, gleicht einem riesigen hohlen Eckzahn. Unter der höchsten Triglavkuppe setzt sich eine zackige und zerrissene Bergflanke, die man vom Lai¬ bacher Felde aus sehr gut am Triglav unterscheidet, auf eine kurze Strecke in südlicher Richtung fort; sie schließt mit der etwas konkaven südlichen Wand eine Riesenmulde ein, die sogar in den heißesten Sommern mit einem großen Schncc- felde ausgcfüllt bleibt. Auf dieser Felsmauer ver¬ suchte Sch est schon mehrmal zum höchsten Gipfel zu gelangen, er hoffte so den kürzesten Weg auf die Spitze mit Umgehung des kleinen Triglav ausfindig zu machen, doch stieß er auf unüberschreitbare Abgründe. Ein gewaltiger Felsgrat zweigt sich von der Basis des Hauptgipfels nach Nordwest in der Rich¬ tung gegen das obere Ende des Uratathales ab, auf seiner Kante läuft die Wasserscheide der Flu߬ gebiete der Save und des Jsonzo, er endet mit senkrechten Steilwänden und bildet mit dem Steil- gehünge des gegenüberliegenden terassenförmigen Flilscher Berges kilruve eine tief eiugcschnittene Scharte, die sogenannte Imknu, über die man aus dem Uratathal in das Flitscher Gebiet gelangt. Nach Notirung der auf dem Gipfel gemachten Beobachtungen und flüchtiger Skizzirung des Pano- — 16 — ramas wollten wir unsere Namen an gesicherter Stelle hinterlegen. Der Führer holte eine unter einem vorragcndcn Felsstück verwahrte Flasche her¬ vor, worin wir mehrere Namen der Triglaversteiger aus jüngster Zeit fanden, als: Maler M. Pern¬ hart, Kaplan J. Kramar, Wilh. Rudholzer, Anton Buchmüller, Simon Sodja, M. Marcic, Prof. Globočnik mit dessen wohlerhaltenen Fotografie. F. Kukuly, Oskar Göschen, Jakob und Johann Rabie, Simon Raunik, Lovre, Lukas und Andreas Meu- zinger, V. Kuncic, Julius Smekal, Anton Czeny, Matija Rout. Die meisten derselben mochten wohl von der vor zwei Jahren unternommenen Triglav- ersteigung durch den Katastralgcometer Demmer herrühren, an der sich mehrere Personen aus dem Kronauerthale bekheiligten. In einer mit Kautschuk verschlossenen Eprouvette fanden wir die Namen der Engländer F.' F. Tuckett aus Bristol und Elliot Howart aus London, diese beiden erstiegen die Spitze zu Pfingsten in Begleitung des Schweizers Lauener von Lauterbrunn mit Schest Vater und Sohn, zu einer Zeit, wo noch bedeutende Schncemassen im Hochgebirge lagerten und bei ungünstiger Witterung. Wie wir später erfuhren, ist Ducket ein be¬ rühmter Alpenfreund, von dem bereits viele Ver¬ öffentlichungen seiner Bergersteignngen in den Schrif¬ ten des Londoner Alpcnklubs geschehen sind. In dem Wurzncr Posthanse, wo sich jährlich englische Tou¬ risten aufzuhalten Pflegen, sind die Namen jener bei¬ den Bergbesteiger sehr wohl bekannt. Zwei Stunden der Rast, die wir zu den un¬ vergeßlichsten Momenten unseres Lebens zählen, hat¬ ten wir auf der Spitze zugebracht. Der alte Schest ersuchte uns, baldigst anfzubrechen, da sein Sohn von aller Frühe an sich nicht wohl befand und wir bei der ausgesprochenen Absicht, den Rückweg in das Savcthal einzuschlagen, noch eine beschwerliche und weite Strecke zurückzulegen hatten. — 17 — Abermals betraten wir jenen gefährlichen Gem- senpfad auf der Nordseite des Berges, auf dem wir hinaufgekommen waren, voran mein Freund Schenk, dann der alte Schest, ich und der junge Schest. Wenngleich der Anblick der schauervollen Abgründe zur Linken uns mit Grauen erfüllte, so ging es uns beim Herabsteigen doch nicht so schlimm, als wir befürchteten. Wohl öfters fragte der Vormann: Wohin nun jetzt? Bei solchen Anlässen lernten wir das bewunderungswürdige Ortsgedächtniß des in der Gemsjagd geschulten Führers kennen, er hatte die ganze Topografie des Triglav mit jeder Stein¬ ritze, mit jeder Felsleiste im Kopfe; wenn wir die Besorgniß aussprachen, ob wir nicht etwa zu tief gegangen seien und uns versteigen würden, indem wir fürchteten, schließlich wie auf einer Martinswand stecken zu bleiben, so wies er auf die schwachen, von uns gar nicht beachteten Ritze hin, die unsere nägelbeschlagenen Schuhe beim Hinaufsteigen im Gestein zurückgelassen hatten und uns nun als sichere Fährte leiten sollten. Endlich waren wir an der Scharte zwischen dem großen und kleinen Triglav angelangt, die Ueberschrei- tung dieser berüchtigten Stelle geschah ohne Schwierig¬ keit, denn im Vergleiche zu den Gefahren des zurück¬ gelegten Weges schien uns dies ein leichtes Spiel. Nunmehr konnten wir uns aus eigener Erfah¬ rung ein Urtheil über die in den meisten Beschrei¬ bungen geschilderten Gefahren einer Triglav-Erstei- gung bilden. Ohne dieselben vergrößern zu wollen, mußten wir uns nun gestehen, daß von dem Betreten der Schalte an bis zu dem höchsten Gipfel die größte Besonnenheit und Kaltblütigkeit nothwendig sei, in¬ dem die Gefährlichkeit der Passage keineswegs ab¬ nimmt, sondern bei jedem Schritte sich steigert. Ein Blick auf den vor uns sich erhebenden Koloß be¬ lehrte uns aber auch, daß der sonst übliche Weg auf seine Spitze wohl mehr die Kräfte des Kletterers in 2 — 18 — Anspruch nehmen mag, doch sicherlich nicht so ge¬ fährlich sei, als jener Weg, den uns Schest geführt, den man auch nur unter der Leitung eines so ver¬ läßlichen und besorgten Führers wagen darf. Erst im Herabklettern über den kleinen Tri¬ glav konnten wir mit mehr Muße und bei ruhi¬ gerer Stimmung, als dies beim Aufsteigen möglich war, den in den Felsritzen nur höchst spärlich vor¬ kommenden Pflanzen unsere volle Aufmerksamkeit widmen; es waren dies die ersten Regungen des Pflanzenlebens, denen wir auf dem Rückwege von der höchsten Spitze begegneten, denn auf dem gro¬ ßen Triglav war keine Spur einer Vegetation sicht¬ bar, mit Ausnahme einiger dünnkrustigen Warzen- flcchten auf der Oberfläche der Gesteine. Freudig überrascht durch das erste blühende Pflänzchen, das wir nun nahe bei der Kuppe des kleinen Triglav sahen, lösten wir den an die Fels¬ ritze sich eng anschmiegenden Rasen los. Es war dies Hacquct s H i m m els h e r o l d oder das triglavischeBergißmeinnicht (kiiritrioliiuilt uulluiu 8tRr. oder N^osotis tvrZIousnsis Hueq.), dessen vcrgißmeinnichtartige Blumenaugen aus dem silberhaarigen Blätterkissen wunderlieblich hervor¬ blickten, mit süßem Jasmingeruch uns entgegenduftend. Während andere Gewächse durch Abschwemmungen und Winde auch in die tieferen Alpenregionen, ja sogar in die Flußbette der Alpenthäler vertragen werden, verläßt dieser Bewohner der höchsten Kup¬ pen in den südlichen Kalkalpen seinen Posten an der äußersten Vegetationsgrenze nicht. Der Him- melshcrold ist in Kram die am höchsten blühende Pflanze. Erst auf Höhen von mindestens 7000 Fuß über dem Meere begegnet dem Blicke des Bergsteigers dieses liebliche Pflanzcnbild. Nicht weit davon erblickten wir ein aus dem Felshangc sproßendes niedliches Büschchen des Al- penlcinkrantes (llnuriu ulpinu 1^.), ein Pflänzchen, 19 — das uns von hier bis in die tiefe Thalsohlc beglei¬ tete, das wir oft als einzigen Ansiedler des wüstesten Steingerölles beobachteten. Mei» Freund zitirte aus Hallers „Alpen" die schönen Verse, in denen der schweizerische Naturforscher diese Blume besang: Hier kriecht ein niedrig' Kraut, gleich einem grauen Nebel, Dem die Natur sein Blatt im Kreuze hingelegt; Die holde Blume zeigt dir zwei vergnld'te Schnäbel, Die ein von Amethist gebilL'ter Bogel trägt. Ich fügte aus Vodnik's „Vorsae" die Verse hinzu: 6Isj moä sivill xles v sroäi, 2aroä Aabnib roL ovotd. (Sieh' in kahler Felsen Mitte Selt'ner Pflanzen Frühlingsblüthe.) Auf dem muldenförmigen Terrain knapp unter dem kleinen Triglav kommt Uritri