Wegweiser fiir clic Wandcrer in dcr bcrtUimten Adelsfoerger Kaiser FERDINANDS - Grotte, *■ ' bel Aclelsberg’ in Krain. VON BEAIIS @M1S1 VOSC rr.OKE;WWA.K.T, ytld /d rilci run iy der von Herrn Alojrs Schajfenralh, h. h. Kreis-Ingenienr in Adelsberg, gezeichnelen Ansichlen dieser Grotle. Mit Kupfern. ILaibueli, 1S3V. G£DRUCKT BEI JOSEPH B LASNIK. k & d enn ich , von Liebe fiir mein Vaterland beseelt, schiichtern vor das Lesepublicum trete, so muss ich zugleich den TVunsch ausdriicken, dass man meine Arbeit aus dem Gesichtspuncle betrachten moge, von uvelchem ich dieselbe begann. * Herr Aloys Schajfenrath , h. k. Kreis - Ingenieur zn Adelsberg, ver- voendete seine Musse dazu, die verscliiedenen Ansičhten der innern Grotle mit moglichster Treue zu zeichnen. Als er mir die Blaller verujies , schienen sie mir so ujahr, so trejfend zu Papier gebracht , dass ich ihn aufmunterte , dieselben nach einem e lica s grosseren Massslabe und in Far- ben ansziifiihren. Rs fehlte nur an einem Sach - und Localhundigen , der die Beschreibung machen , und an einem Verleger , der das kleine, aber cloch kostspielige TVerk herausgeben, die Kupfer stechen lassen , und Herr n Schajfenrath fiir seine Muhe honoriren solile. Mehrere desshalb gemachte Antrage und Versuche misslangen; und obgleich so viele Adelsberg beriihrende Fremde , darunter die angesehen- slen Reisenden , die Grotte besuchen , und kein Tag vergelit , ivo diess nicht rnehr oder minder der Fali ist, so fehlt es doch immer noch ah einer Beschreibung, an einem JFegiceiser; daher der Eindruck , den diese merkiviirdige Hbhle auf den Beivunderer macht, nur zu bald wieder aus dem Gedachtnisse schicindet. Diess beivog mich, die Herausgabe dieses TVerkes baldmoglichst zu veranslallen , die Beschreibung fiir dasselbe zu verfassen, die Kosten der Auflage vorzuschiessen , und es auf mich zu nehmen , dass dem Herrn Schajfenrath, u:ie billig, der seiner Zeit zu losende Geivinn cles Absatzes iiberlassen iverde , indem ich iiberzeugt bin, dass ich auf diese JVeise zur naheren Runde meines an Naturiuundern so reichen Faterlancles icesenl-' /ich beiiragen , und jedem Reisenden einen ivillkornmenen Leiifaden an die Hand geben iviirde. Mein JVunsch geht dahin, man icolle erkennen, dass nur die TVahrheit meine Feder leile, und dass ich nicht etiva eine poelische Schilderung , noch iveniger ehvas ganz Neues , me Gesagles lie- fern icolle. Vielmehr bille ich das Gegebene als eine Cornpilalion alles desjenigen zu betrachten, icas bisher von beobachtenden Reisenden iiber diese Naturmerkiviirdigkeit gesagt icorden ist. Ich habe daher gesucht Bemerkungen ivelche in den mir zu Gesichl gekomrnenen Biichern iiber diese herrliche Grotie mit meinen eigenen Beobachlungen in Verbindnng zu brin gen. Meine JVidmung fiir den Slaalsdiensl nnd andertveiiige Beschaf- iignngen mogen den schlichten ungezierlen Slj^l entschuldigen, in ivelcJiem ich das Beobachtele niederschreibe. Krain besitzt ein JVerk, auf das es mit allem Rechte stolz seyn dorf. Es ist jenes von Johann JVeichard , Freiherrn von Valvasor: ,Die E/ire des Her zogthums Krain, u 4 Folio-Bande , Laibach 1689, mit vielen Kupf'ern , ivelches alle Merkiviirdigkeiten dieses Landes fleissig und mit grossler Sorgfalt aufgezeichnel , enthd.lt. Meines JVissens icird in demselben das ersle Mahi dieser Grotie envdhnt. Im ersten Bande, achten Capilel, Seite 278 and 53 i , behanptet der Herr Freiherr in dieser Grotie liber zwei Meilen iveit gegangen za sejen. JVenn man aber die Epoche beriiclisichtiget, in ivelcher er leble , und die Geistergeschichten, die er anfiihrt , lieset, so ivird man ivohl geslehen miissen . d as s er bei diesem Besuche sehr befangen loar , folglicli die von Gespensterfarcht anfgeregle Seele . den w a lirsch e in /ich hurzen TVeg fiir einen so langen hiell : denn zuverldssig kam Herr Freiherr von Valvasor nicht jenseils des einstromenden Baches Poik. Dessenungeachlel hat er in jeder andern Beziehang so uuchtige Beobachlungen gemacht , a/les so genau aufgezeichnel , dass man ihm vollen Glaaben schenken darj. TVas er iibrigens von dem zuriickgelegten langen TVege sagt , bezieht sich mir auf einen Seitenast der Grotie, links von der grossen Freppe hinab. Valvasor erivahnet nicht, ivanri die Grotie enldeckt uorden ist, und spricht (zu seiner Zeit 1689) a Is von einer Idngsl bekannten Ho/tle. Ich selbst habe sie liber fiinfzigmahl besncht , h in aber bis zum Jah- re 181 g nie iveiler als 175 JViener Klafler vom Eingange gekomrnen, tu o rechls eine senkrechle JVand, schauerlich in das unten fliessende TVas- ser absliirzend, und links die steile JVand bis zur Dečke der Grotie hinan, alles iveilere Vorschreilen hemmen. Herr Joseph Riller von Ed u engreif, k. k. Kreis- Cassier, clessen bereihvillige Diensijeriigkeit jedem Reisenden zur Geniige bekannt ist, tvar der Ersle , ivelcher iveiler zu dringen tvagle, und jeder Gefahr trolzend, sich zum JVasser herabliess, um c bei Gelegenheil, als Se. k. k. Majesldt, der hochslselige Kaiser Franz der Ersle im Jahre 1816 Krain mit Ihrer Gegenivarl begliickten ), eine ztveckmassige Beleuchliing in der Tiefe, Idngs dem JVasser anzabringen, da man bis her kein anderes Mitlel kannle, auf Flugenblicke das Ganze zu erhellen, als grosse Bunde Strah anzuziinden und in die Tiefe zu senken. Herr von Loiuengreif ivollte versuchen , den Augen unsers geliebten Kaiser s diesen Schaiiplatz auf langere Zeit, als Strohfeuer verriiag, sicht- bar zu erhallen. Er Hess Lange Feuerleilern bringen , durch deren Zn- sam menfdgung er, mit Beihilfe der von ihm eigens gedungenen Ar bei ter die Tiefe erreichle, in der das JVasser Jliessl. Es ging nach JVunsch, und ivurde ihm moglich , an beiden TJfern des Bacher Eichler aufzustellen. Er fand, dass das iosende und sireng v fliessende TVasser, das ein starkes Gelose verursacht. nicht, mie man behauptele, nnergriindlich, sondern , bei minderm IVasserjiande 1 h is 2 Fuss tief sej". Herr von Lomengreif beniitzte diese Gelegenlieit. Nachforschungen nach allen Richtungen anznslellen , ob sich kein tueiierer Gang in der Grolie enldecken Hesse. Alle in ! alle Bemiihungen muren vergebens. Senk- recht empor slrebende TVdnde verhinderien alles meilere Vordringen, mir das Rinnsal des Baches zeigie bei dessen Ein- und Ausflusse eine nicht durchschreilbare Oejfnung. Se. k. k. Majestat verweilten daher auf dieser hohen TVand , (mie denn seit undenklichen Zeiten Jederniann am meitern Vordringen gehin- dert ivurde, und kehrlen ergolzt von dem herrlichen Anblick dieses unter- irdischen Ganges zuriick. Zur Erinnerung an dieses fiir Adelsberg hochst merkiviirdige Ereig- niss Hess Herr von Loivengreif auf jener Stel/e, wo Se. k. k. Majestat geslanden, einen Denkslein setzen. Bei Gelegenheit der Beleuchtungsversuche entdeckte Herr von Loiven- greif links neben der jetzt in die Tiefe fiihrenden Treppe einen Fe/sen ,, auf den man, obschon nar mit vieler Vorsicht, iveiter schreilen konnte , und bemerkte im Dunkel. in einer senkrechten Hohe von 8 JKlaftern ein Geivolbe , das molil einen zmeilen Grottengang bilden konnte, hatte aber kein Miltel, die Hohe zu erklimmen. So meit mar die Adelsberger Grotle bekanni , als man im Jahre 181 g die Durchreise Sr. jetzt regierenden Majestat Kaiser Ferdinand der Br¬ ste damahls nocli Erzherzog Kronprinz ankiindigte. Herr von Lomengreif molile diesem hohen Gasle die Grotle mo mog- lich noch volištdndiger beleiichlel darstellen, und versuchle solche Vor- richtungen an der , das jenseitige Ufer des Baches bildenden TVand an- zubringen , das s die bei der Anmesenheit Sr. k. k. Majestat darch die Be- leuchlung in der Tiefe, im oberen Theile der Grotle geb/iebene Dnnkel- lieit vermieden mer de, und auch die oberen Theile des Domes erleuch- tel erscheinen. Er beslieg auf Leilern alle Seiienmande , versuchte hier und da Lich- ter aufzaslellen, um dem Ganzen ein gefalliges Ansehen zu geben, mobei er stets das friiher entdeckte Gemblbe (_oder Bogengang ) im Auge hatte, und nach Mbglichkeil versuchle, bis dahin zu gelangen. Mil unsaglicher Muhe murden groš se Feuerleitern in die Grotle ge- schafft. Drei bemahrle herzhafte Mdnner von Adelsberg nnterstiilzlen Herrn von Lomengreif, und nachdern man an das Ende der Leiler ge- langt mar, klim rute man an der sleilen TVand mit Lebensgefahr, Und sich mechselmeise unlerstiitzend, bis zu dem von anten gesehenen Bogen empor. TVer schilderl das Enlziicken dieses um die Renniniss der Adelsber¬ ger Grotle hochverdienlen Mannes , a/s er seine Vermulhung, dass hier eine Forlselzung der diesseits des Baches bejindlichen Grotle sej ", besla- iigel fand. Mil schnellen Schrillen and gierigen Blicken durchlief er un- VI gefdhr 100 Klafler der Grotle; allein dle vielen Stalakiilen , die den JVeg bedechten nnd irre f Miren konnlen. der geringe Lichtvorrath , noch niehr aber der JVansch , durch schnelle Vorrichlungen dem binnen achl Tagen anlangenden gelieblen Kronprinzen die Grotle gleich zugariglich zu mac/ien, zmangen ihn znm Riickzuge. Nun mar Herr v on Lomengreif in hochster Thdligkeit. Grosses Zim- merholz murde in die Grotle gebracht, auf Kranen hinab gesenkt, and auf der Gegenseile hinaufgezogen. Fag nnd Nacht mar gearbeilet. Herr von Lomengreif hatte sein Lager in der Groite aufgerichlel . nnd am Ende des sechsten Tages stand eine hblzerne Freppe von 8 Klaflern Hbhe jenseils , nnd 6 Klaflern diesseits ferlig, auf melcher nach genaucr Prii- fnng 100 Menschen gefahrlos zu gleicher Zeil hinab nnd jenseils mieder hinaufsteigen konnlen. Nun eille Herr von Lomengreif in die neue Grotle und vermendele die lelzlen 48 Slunden, um die Unebenheilen menigstens auf die Breite eines Schritles , in so meit es die Zeil geslatlete, auszugleichen, und fiir Se. k. k. Hoheit gangbar zu machen. Seit dieser Epoche ist die Adelsberger Grotle mil Recht beruhmt, nnd von Reisenden sehr stark besucht. Da seine kaiserliche Hoheit der Kronprinz der Er sle, den neu eni- decklen Theil der Groite betraten, so Hess Herr Riller von Lomengreif zum forimd/trenden Andenlien, auf eigene Kosten , das Monument in schmarzem Marmor mit vergoldelen Buchstaben aiifslellen , und dasselbe gleich am Eingange in die neue Groite , oberhalb der zmeiten Anfgangs- treppe , jenseils des durch die Hohle stromenden Baches Poik, mit Per- bindnng der daselbst vorkommenden Stalakiilen, setzen. Der Vandalismus, der auch in dieser Grotle bemerkbar murde, in- dem man anjing die schoneren Stalakiilen abzubrechen und davonzulra- gen , molil auch unfern derselben mieder megzumerfen, oder an Fremde zu verkanfen, veranlassie die Einrichtung einer Grollen- Commission, melche unter der Oberleilang des jemeiligen Herrn Giibernialralhes und Kreishaiiptmahnes von Adelsberg steht. Der vormahls unbeschiitzte Ein- gang murde mit einer Mauer versperrt. ein Thiirstock eingernauert, und eine starke, mil einem Schlosse versehene Thiir eingefugt. Jeder ankommende Fremde meldet sich in dem Specereigemolbe und Fabac - Disiricls- Ferlage des biirgerlichen Kauf mannes Herrn Fabiani, gibi die Zalil derjenigen an , melche die Groite besuchen mollen , so mie die der Fiihrer , melche mit Lichlern versehen, die Gesellschcft begleilen sol- len. Alan erlegt zu dem Groltenfonde fiir j eden Fremden dreissig Kreu- zer und fiir jeden Fiihrer dreissig Kreuzer Convenlions Miinze , schreibt seinen Nahrnen in das sogenannle Groltenbuch ein , und die Fiihrer, be- kannte verldssliclte , von der Bezirksobrigkeit in Eidespfichl genommene Lente sind sogleich bei der Hcind. Binnen einer Vierlelslnnde schon ge¬ la ngi man von Adelsberg aus, auf einer bec/uemen fahrbaren Strasse an den Eingang. Jenen Fremden , die sich beklagen , dass die Fiihrer nichls erklaren und viel zu rasch vormdrls schreilen, muss ich Folgendes erinnern. / VII o) Ein solcher Filhrer spricht meislens mir die slavische Landes- sprache. TVie soli er sich nun dem Reisenden verslandlich machen, icenn keiner von Leiden des andern Sprache versieht? Uebrigens pflegen sle Lei den merkiviirdigslen Panelen der Groile stili zu stehen, ihre Lichter em- porzuhallen, und denjenigen Gegenstand, denn sie bemerkbar machen ivol- len, zu beleuchien. b) Diese Fiihrer haben den J Ve g , den sie gehen , schon mehrere tau- send Mahle gemaclit , fiir sie hat das dlles schon Idngst den Reiz verloren , und sie gehen ihren abgemessenen gleichformigen Schritt. Der Fremde ist enlweder noch nie in einer Hbhle gewesen , und sein Gemiith ist clann be- fangen , beengl, das ih/n umgebende Dunkel dngsliget ihn , er meint mir clriickende Lufl zu verspiiren, ud/ir en d die Groile einen trefflichen Liift- ivechsel hat. Seine Lnngenfunclionen iverden hierdurch anfangs etivas er- schiverl, und diess beucirkl , dass er den g/eic/iformigen Gang des Fdhrers fiir Eile hdlt. Der Eeobachler jedoch , dem die Diinkelheit der Groile nichls neues ist, ivill forschen , al/es besehen, und auch ihm ist der Gang des Fiihrer s zu schnell, iveil er ihn daran hindert, endlich c) bitle ich jeden Unbefangenen zu beurtheilen , ob nichl die geringe Belohnung von dreissig Kreuzern Convenlions - Miinze eines solehen Fiih- rers fiir ivenigslens zicei. oft auch vier Stunden langes Veriveilen in der Groile , und icofiir er noch selbst sein Licht schajfen muss , es nichl na- tiirlich mache, dass er durch schnellere Schrilte an Brennmateriale zu ersparen suchl? Die Heraugabe der yinsichien und dieser gedrangten Beschreibung soli diesen Beschiverden abhelfen, den Reisenden auf das vorbereilen , ivas ih/n zu Gesichte kommen ivird, und daher seine Aufmerksa.mkeil nur auf die bežne/ kensu erihen Gegenstdnde lenken; es sollen dadarch seine Schriile beschleuniget, aber auch der Eindruck, den das Gesehene auf ihn ge- macht, bleibend erhallen iverden. Noch muss ich der Deutlichkeit ivegen bemerken, dass die TVorte rechls und hnks, diesseits und jenseils imrner von der Slellung des Reobachiers bei/n Hineingehen zu verslehen se_ycn , 100 sornit der Berg rechls, das JVasser lin k s von ihm liegen. m 1 "er Markt Atlelsberg licgt sieben Postmeilen von Triest und neun von Laibach, auf der von VVien nacb Triest fiihrenden Poststrasse untl ist der Sitz eines Kreisamtes. Er bczeicbnet den von Wien Kommenden den An- fang des Karstes, jenes steinigen Strich Landes, der in der Delegalion Udine beginnt, durch das Thal von Pontafel und Canal del ferro bis an die Granze Rarnthens erstreket, sicli an die Seekiiste gegen Tibein (Duino) und gegen Adelsberg hinzieht, dann von dort oberhalb Triest uber Fiume durch ganz Dalmatien, Ragusa, Albanien und einen Tbeil von Bosnien gegen Cephalonia verliert. Der Karst bildet eine grosse Strecke Landes, ist bald mit im Erdreiche feststeckenden, ungeheuren Kalkfelsen-Massen, bald mit losen, grosseren und kleineren Kalksteintrummern iibersaet, und bildet auf den ersten Anblick, eine vveisse, von aller Vegetation entbldsste, steinigte Strecke, die mit Irichterfdrmigen , grosseren oder kleineren Tha- lern bedeckt ist, vvorin sich die beste Erde und eine iippige Vegetation zeigt. Ja selbst die sparliche, zvvischen den losen Steinen befindliche Erde bringt gules und nahrhaftes Gras hervor. Das Sjstem der Vulkanisten scheitert am Karste, der ganz aus Kalk- stein besteht, und eine Menge Versteinerungen enthalt. Die trichterformigen Thaler zeigen deutlich, dass sich das Wasser durch selbe von der Oberflache der Erde zuruckzog: so scheinen auch die in Krain tiberall im Schoose der Erde sich bildenden Hohlen durch Was- ser entstanden zu sejn, vvenigstens sind sie sich alle in ihrer Hauptgestal- tung ahnlich, vind haben meistens im tiefsten Puncte stehendes Wasser. Dem Naturforscher muss es bochst interessant sejn, zu vernehmen, dass alle diese Hohlen nicht in einer gemeinschaftlichen Richtung, oder vvenigstens nicht nach der ,Kluftung des Gesteines streichen. Zuvveilen streichen sie vvobl in der Streichrichtung des Gesleins, aber sebr haufig durchsetzen sie dieses in einem Winkel von 45 Graclen, ja so- gar rechtv>inkelicht. Wie nun diese Grotten entstanden, wie sie durch Schichtungen des festesten Kalksteines in einem rechten Winkel durchsetzen konnen, vveiss ich mir nicht zu erklaren, und auch keine geniigende Hjpotbese dafiir zu geben. ' Gewiss aber scbeint es, dass eine gevvallige Masse, vvahrscbeinlich Wasser, auf den Stein gewirkt und ihn durcbbroehen babe. Merkvvurdig sind die senkrechten Grottengange an mehreren Orten Krains, vvo das Gestein senkrecht durcbbroehen ist. Derlei natiirliche Schachte sind oft viole Klafter tief. Besondcrs bei diesen siehtman, wie die Schichtung des Gesleins durcbbroehen ist, so dass Hammer und AJeissel es nicht besser halten thun konnen. 2 Welche Kraft vvar zu einem solchen Durchbruche erfordert! Da diese Schaclite oft nur drei Lis zvvblf Schuh im Gevierle haben, und die Seilen des Schachtes deutlich die hervorspringenden Ecken des Gesteins enthalten, vvelche auf der Gegenvvand einpassen. 'Nicht allein in dieser, sondern auch in alien ubrigen Grotten Krains habo ich die Beobachtung gemacht, dass der Gang der Grotte sich nicht nach der Schichtung des Gesteins bilde, sondern dass der Gang, vvenn er eininahl eine Richtung genotnmen, oh- ne Rucksicht auf die Stratificationen des Gesteines, oft mehrere liundert Kiafter fortschreite. Er bleibt in der Dečke mcist von einer gleichen Tlohe, mul wird nur dadurch niedriger, dass sich der Roden gegen die Dečke erhebl. Im Allgemeinen sind alle VVande dieser Grolte (mit vvenigen Ausnah- men) mit Tropfsteinmassen uberzogen, so dass es schvver wird, die Schich- tung des Gesteines zu erkennen. Wie reichhaltig diese Grotte an Tropfstein-Formationen sej, vverde ich andervvarts zeigen. Die Grotte liegt, vvenn man von Laibach nach Triest fahrl, rechts von der Poststrasse, 600 Kiafter in Norden von Aclelsberg; der bishcr be- kannte Iiaupteingang streicht bei 1900 VViener-KIafler von Weslen nach Osten, dann beilaufig 3 oo Kiafter gegen Norden, und vvieder 3 oo Kiafter gegen Westen. Zicht man abcr eine Gedankenlinie von dem Eingange his zu dem hisher bekannten Endpuncte der Grotte, so liegt dcrselbe gerade im Stri- che voh Siiden nach Norden. Die Ilohle bat mehrere Seitengrotlen, dercn Endpuncte noch nicht entdeckt sind, und ich bin geneigt zu glauben , dass der bis nun bekannte Endpunct nicht der Hauptgang der Grotte sej, sondern dass vielmehr der liuks hinter St. Slephan vorkommende Seitengang, der in die Tiefe halt, den Hauptgang bilde. Der Keisende, der jetzt zwei Stunden bequem in der Grotte fortschrei- tet, hal vvohl keinen Begriff, vvas fiir Arbeiten zu vollbringen, welche Hindernisse zu beseitigen vvaren, und vvelche Anstrengung und Geduld es Herrn von Lbvvengreif kostele , bis er die Grotte gangbar machle. Wer sich eine kleine Vorstellung davon machen will, der lasse sich iiber St. Stephan hinausfiihren, oder schlage einen Seitengang ein, und er vvird hald auf dem Bauche zu kriechen genothigt sejn , oder auf Stalakti- ten stossen , hald hohe Steinblocke iibersteigen, und hald vvieder sich in zwei und drei Kiafter tiefe Thaler hinablassen, oder auch, mit Gefahr die Beine zu brechen, sich durch die von der Dečke herabgestiirzten Felsen- massen hindurchvvinden mussen. Herr von Lovvengreif hal alle Felsenmassen in die ki einen Hbhlen und Thaler versenket, sie zu Para pele n vervvendet, und so den Roden der Grotte zu einem guten Fahrvvege geebnet. , An den Stellen, wo Wasser auszutreten pflegt, oder durch die Dečke Tagevvasser eindringen, und bis in den Sonuner hinein, den Boden 1 bis 2 Fuss hoch bedecken, liess er einen 2 bis 3 Fuss breiten Danim von Sleinen errichten , der die Besuclienden vor jeder Nasse schulzt und be- rpicm zu uJierschreiten ist. Seine Excellenz, unser hochverehrler Herr Landesgouverneur, Joseph Camillo Freiherr von Schmidburg vvaren es, vvelche ihn bei diesem Unter- —11 30 — nehmen gegen manche Kleinlichkeit in Scliutz nahmen und als grosser Verehrer cler Natur, iiberall mitvvirkten und die Hindernisse beseitigten; — und ohne die machtige Hand dieses Gbnners alles Guten und Niitzli- clien, vvaren die Verbesserungen in der Grotte, so vvie noch manches an- dere Gute in Krain, gewiss nie zur Reife gediehen. Nun habe ich noch eine Bemerkung aufzuzeichnen, welcbe mir an- fangs ein Vorurtheil schien, die ich aber bald als vollkommen vvahr be- statiget fand. Die Lichter brennen in den Nachtstunden beller, der Aufentbalt in der Grotte ist erquickender, und selbst die Luft reiner als in den Tagesstunden. Warum? weiss ich nicht anzugeben. Wenigslens wird diess selbst von den rohesten Leuten gefiihlt. Als die Gange noch durch Stalaktiten und Steinmassen verlegt vvaren, hielt ich mich oft iiher 56 Stunden lang ununterbroclien in der Qrotte auf, speiste und schlief darin, doch vvahlten vvir stets zu Nachforschungen die Nachtstunden, die Tagesstunden zur Ruhe. Am 21. April 1829 machte ich einen Gang in die Grotte, der 9 */ 2 Stunden vvahrte, und mir vvie eine Stunde vorkam. Wer sie das erste Mahi betritt, nach Allem forscht, was ihm neu erscheint, der vvird, ohne liber 5oo Klafter weit hineinzudringen, sehr leicht 4 — 5 Stunden aufs Angenehmste verleben. Anfangs, als der Eingang Jedermann offen stand, lief Jedermann mit Holzfackeln, oder mit Strohbiindeln darin umher, und schvvarzte dadurch die schonsten Stalaktiten, so vvie das Gevvolbe. Gegenvvartig darf man hloss Grubenlichler, mit Oehl gefiillt, brennen; wenn eines erhahenen Reisenden vvegen die Grotte erleuchtet vverden soli, vverden Kerzen aufgesteckt. Daher haben die vveiter vem Eingange in die neue Ferdinands-Grotte befindlichen Stalaktiten ihre Weisse erhalten. In der ganzen bis jetzt zuganglich gemachten Grotte liat der lleschauer durchaus keine Gefahr zu furchten. An den Ahgrunden stehen gemauerte Parapeten; jene iiher vvelche der Weg im Gange fiihrt, sind theils verschiittet und geebnet, theils mit stei- nernen Treppen versehen. Die Felsenblocke, vielche fr iiher an der Dečke den Herahsturz droh- ten, sind mitlelst grosser Slangen losgemacht und herabgevvorfen vvorden. Im Friihlinge und Herbste ist der Weg hier und da etvv-as feucht, sonst kdnnen auch Frauenzimmer mit leichten Schuhen, die nur den zer- schlagenen scharfen Kalksteinen zu vviderstehen brauchen, ohne Furchl vor Nasse im Hauptgange einige Stunden umhervvandeln. Ich rathe jedem Fremden vier Fiihrer zu nehmen, denn bei der Gross- arligkeit der Parthieen kann man mit zvvei Lichtern kaum etvvas unter- scheiden, vvahrend vier Lichter, gehdrig aufgestellt, die Gegenstande vvobl heleuchten. Vorziiglich kommt es darauf an, immer zwei Lichter in einer Entfer- nung von acht Schritten vor sich herschreiten zu lassen. Gelangt man zu Gegenstanden, die man naher untersuchen vvill, so treten diese zusammen , und die Fiihrer verstehen genau die hesle Wirkung mit ihren Lichtern hervorzubringen, Will man noch undurchsuchte Seitengrotten betreten, so rathe ich, mehrere Fiihrer mit sich zu nehmen, vveil sie im Schritte fest und ver- , 2 ■^© 1Ž5 lasslich sinil, die liochste Geistesgegenvvart haben, und vollkommen fur denjenigen Sorge tragen , der sich ihnen anverlraut. Wenn man iiber vier Stunden auszubleiben gesonnen ist, so muss man die Fiihrer davon verstandigen, damit sie Oehlvorrath mitnehmen, auch wird man dann wohl thun Wein und Brot mitzunehmen, um diese Leule nach vier 'stiindigem Gange zu erquicken. Dass ihnen dann auch ein hoherer Lobn gcbuhre, bedarf vvohl kaum einer Ervvahnung. Ich vveiss aus Erfahrung, vvelch unangenehmes Gefiihl es erregt, vvenn man mitten in Betrachtung alJer jener merkvvurdigen Gegenstande durch die Nachricht gestdrt wird, dass nur ftir eine Stunde noch Oehl vorhanden sey. In. der ganzen Grotte (indel. man kein iliessendes Wasser als im gros- sen Dom , wo der Bach Poik einfliesst. Alles andere Wasser, das man hier und da in der Grolte antrifft, ist Tropfvvasser. Da ich oft und viel davon genossen, ohne je die mindeste Unannehmlichkeit oder Beschwerde zu spiiren, so glaub’ ich es Jedermann anempfehlen zu mussen , der in der Grotte von Durst i»e to i! e 11 vvird. Im Marž und April, im Octoher und November gibi es hier und da Stelien in der Grotte, vvo das Tropfvvasser hauliger fallt, doch nirger.ds so stark, das« es, selbsl bei a/jStiindigem Vervveilen, die Kleider durch- niissen konnte. Die obere Dečke der Grotte ist verscliiedenartig gestaltet, und richtet sich nach der Gestallung des vom Gange durchsetzten Gesteins. Auch hiingt es von den haufigeren oder seltneren Stalakliten ab, die entw r eder hangende Zapfen bilden, oder vvohl gar nur die Waiule mit ei¬ ner Kruste tiberziehen. Iiaufig bildet die Dečke ein gotbisches Gevvdlbe , und ich halte diese Grotlenstrecken fur die festeslen und dauerhaflesten, vvenigstens sieht man in denselben nie eine Špur von herabgefallenen Stei- nen, selbst nicht bei jenen der altesten Epoche. Von diesen allgemeinen Bemerkungen gehe ich zu den einzelnen iiber. Der Eingang der Grotte vvird (vvenn man sich auf der Poststrasse von Triest nach Adelsberg befindetj) in dem Augenblicke sichtbar, als man Adelsberg erblickt. Piiehtet man den Blick links von Adelsberg auf den Berg mit dem alten Schlosse, so bemerkt man deutlich die Kluft im Gesteine, vvelche den Eingang bildet. Die Platte Nr. i zeigt die Ansichl von Adelsberg, des Einganges der Grotte, und der alten Veste Adelsberg. Wenn man von der Muhle dem Eingange zuschreitet, so vvird es dem genauer Forschenden nicht entgehen, dass einst der Eingang nicht da vvar, vvo er jetzt ist, sondern dass er naher gegen Adelsberg gelegen haben mag. Da ferner das Ganze vor dem Eingange der Grotte gelegene Gestein in sehr schiefen, gegen den Bach sich senkenden Schichten liegt, so sclieinl eine Strecke von 4 o Klafler vor dem Eingange von der Ilohe des Berges bis zum Wasser herabgeglitten zu seyn, und so die Felsenvvand, in der sich jetzt der Eingang belindet, bloss gestelll zu haben. Das Gevvolbe, vv^elches dadurch entblosst vvurde, so w r ie die einzelnen, grossen nicht zertriimmerlen Felsenblbcke, vvelche hie und da auf dem Abhange ruhen, liefern die sprechendslen Bevveise fur diese Kataslrophe. Es scheint sogar, jdass sich noch ein Stuck des Berges gegen die Muhic —■®^8 3-v_> — bereils abgelbset, habe, und bei einem Erdbeben gleiehfalls abgleiten vverde. Wenn man von Adelsberg gegea die Grotte zu geht, so erblickt man in dem miter 45 Graden gegen den Horizont sich verflachenden Fialkgesleine zvvei grosse Oeffnungen, vvovon die untere die grbsste ist, und den mit grossem Gerausche sich hinein stiirzenden Poik-Bach aufnimmt; die obere kleinere aber den dermabligen Eingang der Grotte bildet, vvelcher zvvblf RIafter libher als der VVasserspiegel liegt. Von Adelsberg bis hieher simi 6'oo Wiener-Currentklafter und der An- kommende vvird von einem, gutem Fahrvvege zur Grotle geleitet. Bevor ich die Beschreibung der Grotte beginne, scheint es nblhig, den horizontalen Durcbschnitt derselben anzufuhren, vvelcher in Nr. 2 dargestellt ist, und den VVanderer belehrt, was fur einen Weg er machen vverde, und vvelcbe die merkvvurdigslen Puncte dieser Grotte sejen. Derselbe vvurde, in so fern er die neue Prinz Ferdinands-Grotte darstellt, von Ilerrn Foiker, k. k. Kreis-Ingenieur in Neustadtl, und in Bezug auf die alte Grotle von ilerrn Schaffenrath, k. k. Kreis-Ingenieur in Adelsberg, nacli den Pie- geln der Kunst aufgenommen, und ist daher verlasslich. — Der Eingang ist, zur Erlialtung der Grotte, mit einem 7 Schuh hohen Tbore versehen, und die vorige Kluft so zugemauert, dass durch das Tlior alle Nebeneingange geschlossen vverden. Der Kalkstein des Einganges bricht in zvvblf bis achtzehn Zoll dicken, iibereinander liegenden Flbtzen oder Scbicbten, die nach dem Bergbange und der Erstreckung dieser Wand sebr stark einfallen , fast senkrecht iiber den Boden hervortreten, und an ibren oberen Enden abgescbnitten sind. Einer davon hat sich gegenwartig bei der VVassermiindung von der Dečke getrennt, und droht bei irgend einer Erderscbutterung, oder durch die eigene Schvvere herabzuslurzen. Der Bach treibt vor seinem Verschvvin- den eine Miihle. In Krain ist das Verschvvinden der Tagvvasser in den Schooss der Erde nichts seltenes. Die Abbildung Nr. 5 . versinnlicht diesen Eingang, und ist genau an Ort und Stelle aufgenommen vvorden. Der Eingang geht durch die Schichtung des Kalksteines, so dass man nach der Bergmannssprache sagen kbnnte, das Hangende und Liegende mache den Fiirst und die Solile, vvobei man den einsturzenden Bach an seiner Dinken durch verschiedene Felskliifle siehl , und sein Bauschen und Tosen dcutlich vernimml. Der Kalkstein scheint mir ganz dolomitisch zu sejn. Dessen Bruchflachen sind aus kleinen slumpfen Rhomboedern gebildet, glanzen am Lichte, und ^ind gevvohnlich sehr cavernos, mit ofl deutli- chen Schichtungen, wesshalb ich ihn mit Herrn Professor Heinrich Bronu fur einen Hohlen-Dolomit halte, auch ist er hell blaulichtgrau. Der Gang erhebt sich schnell, und zvvar so, dass nunmehr neun stei- nerne Stufen aufvvarts filhren 3 die Dečke de Grotte wolbt sich zu einem golhischen Dome; ist mit Fropfslein iiberzogen und zeigt nur sparlich hier und da einzelne herabhangende Salaklilen von 1 bis 1 V 2 Fuss Dicke, de- ren M eh r zalil vvahrscheinlich des berpicmeren Durchganges vvegen, ahge- schlagen vvorden ist. Ein ahnliches, genau geschlossenes gothiches Gevvblbe kommt in der ganzen Grotle nicht vvicder vor. Der Boden senkt sich nun sogleich vvieder, und iiber i 3 steinerne Stufen gelangt man zu einem herrlichen Balcon. Wahrend der VVanderer diese etwas enffernt von einander liegenden Stufen herabschreitet, abnet er nicht, dass er liber eine Naturbriicke, ein 3 — 4 Klafter dickes Gevvolbe hinvvandle, durch vvelches die Poik nach der inneren Grotte fliesst. INur im beissesten Sommer, vvenn der Bach fast vertrocknet ist, ver- mag der Forscher dieses Gevvolbe zu beselien , weil es sonst fast bis zu sei- ner Dečke von dem einstromenden Wasser erfiillt ist. Sobald man die dreizehn Stufen zuriickgelegt hat, befindet man sich auf einem zvveiten, von der Natur gebildeten Gevvolbe, das viel hoher, aber auch enger als das friiher beschriebene ist, und durch dieses fiihreu die steinernen Stufen zu dem VVasserspiegel. Wenn man dieses Gevvolbe in gerader Richtung iiberschreitet, so gelit man noch einige Schritle auf ebenem Boden, und kommt clann zu einer senkrechten Felsvvand, die jedes Vordringen unmoglich macht. — Wenn die Grotte gehorig erleuchtet wird, geniesst man von hier eines herrlichen Anblickes; denn seitdem man die i 3 Stufen herabzusteigen be- gann, befindet man sich im grossen Dome, dem breitesten, hochsten und arn kuhnsten gespannteri Gevvolbe der ganzen Grotte. Das Gevvolbe hat, vom Wasserspiegel gerechnet, fiinfzehn Klafter Hohe und rnisst in der grossten Breite 24 Klafter. Ohne zvveckmassige Beleuchtung verliert diese Partliie jeden Reiz, und vvird diister und schauerlich. Icli muss eines Licht-Phanomenes ervvahnen, das sich hier den in die Grotte Trelenden jedesmahl erneuert. Bei 4 — 6 .Liclitern scheint dieser grosse Dom mit undurchdringlicliem Nebel erfiillt, so dass man 2 'Klafter weit entfernte Gegenstande kaum zu unlerscheiden vermag, und das auf der Brucke, oder jenseits des Wassers bei dem Monumente aufgestellle Licht des dichten Nebels vvegen fast nicht vvahrnehmen kann. Dass diess alles nur optische Tauschung, und bloss in dem, vom Son- nenlichte afficirte Auge des die Grotte Betretenden vorhanden sey, kann sich Jedermann praktisch iiberzeugen. Denn vvenn man V + Stunde in die¬ ser Finsterniss vervicilt, so erweitert sich der Augenstern vvieder, der Nebel verschvvindet, und alle Gegenstande treten hervor und vverden leicht sicht- bar, auch bemerkl man nicht die mindeste Špur eines Nebels. Sclbst Se. ,k. k. Adajestat der Kaiser Franz I. als Hochstdieselben im Jahre 1816 diese Grotte besuchten, gelangten nur bis hieher, und besahen von hier aus. den grossen Dom, vvie es seit ein Paar hundert Jahren alle Reisenden thun mussten, da noch kein vveiterer Weg bekannt oder ge- bahnet war. Herr von Lovvengreif hat die Anvvesenheit Sr. Maje«lat als ein hochst frohes Ereigniss durch das Denkmahl, vv r elches vvir treffend vor uns sehen, in Nr. 4 * verevvigt. Ich enthalte mich aller Bcschreibung, da die Abbildung genau ist, und bemerke nur, dass auf der schvvarzen Marmorplatte sich folgende I11- schrift befindet: —15 &&■ FEM® I. KAISER VON OESTERREICII, DER GEBECHTE, DER GUETIGE, DER AVEESE, stand den 16. Mai 1816 hier und besah diesen unterirdischen Schauplatz der vvirkenden Natur. Joseph Ritter von Lovvengreif, k. k. Kreiscassicr, bat dieses mit innigstem Gefiihle der Unterthansliebe und Ehrfurcht der Mit- und Nachvvell bemerkbar gemacht. Kehrt man nun i 5 bis 20 Scbritte z ur Naturbriicke zuriick und vven- det sich von dieser rechts abvvarts, so trifft man eine steinerne Treppe, die Herr von Lovvengreif sehr sinnreich an einer fast senkrechlen Felsenvvand anbrachte, und von vvelcher acht und zvvanzig Stufen zum Wasserspiegel hinabfuhren. Wer dieses Werk betracbtet, vvird doch nicht die grossen Schvvierig- keiten vollkommen einsehen, mit vvelclien Herr von Lovvengreif zu kam- pfen hatte, um von der Hohe in diese Tiefe zu gelangen. Indessen muss bemerkt vverden, dass bei dem Grottenbesuche des damahligen Kronprin- zen, als es sich darum handelte, die Treppen auf beiden Seiten des Was- sers binnen vvenigen Tagen herzustellen, diese, vvie ich schon ervvahnte, aus IIolz gezimmert vvurden, und nach diesen erst bat Herr von Ldvven- greif die Richtung der sleinernen Stufen berechnet. Ist man drei und zvvanzig derselben hinabgestiegen, so kommt man zu einem Ruheplatzchen, von vvelchem man links abvvarts auf einem Fuss breiten, langs eines Abgrundes laufenden Fusssteige, der gefahrlich und beschvverlich ist, in die uralte Grotte gelanget. Ich vverde seiner Zeil auf diese Grotte zuriick kommen. Von diesem Platzchen liber zvvanzig steinere Stufen hinab schreitend, kommt man zu einem zvveiten Ruheplatzchen, von dem man erst der Na¬ turbriicke oder des natiirlichen Bogengevvolbes ansichtig vvird. Von hier leiten endlich andere drei und dreissig Stufen zu dem Was- serspiegel. Durdi einen aus Steinen aufgefiihrten Damrn vvird der VVandelnde v r or jeder Ueberschvvemmung gesichert, und zu einer vierzehn Klafler langen eine Klafler breiten, aus Eichenholz fest gezimmerten Brucke gelei- tet, vvelche hier den stark rauschenden und streng fliessenden Bach iibersetzt. Jenseits derselben fiihren 82 steinerne Stufen aufvvarts. Auch hier hatte Herr von Lovvengreif im Jahre 1819 nur ein festes, holzernes Geriiste angebracht; gegenvvartig findet man eine schdne, sehr liequeme steinerne Treppe, vvelche sich kiihn unter einem frei schvveben- den grossen Felsen emporzieht. Wenn sich grosse Ueberschvvemmungen ereignen, dann iiherstromt das Wasser die Brucke vier bis fiinf Fuss, und die Verbindung mit dem jenseitigem Ufer ist vvohl gar auf acht Tage gehemmt. Jene, vvelche die Grotte bei starker Beleuchtung besuchen, mdgen auf dem Mittelpuncte der Brucke stehen bleiben, um von hier diese Parthie zu uberblicken. — 1 .15 && — Em herrlicheres, imposanteres uncl iiberraschenderes Panorama vvird man nicht leicht wieder finden, besonders, vvenn sanfle Harmoniemusik, wie es ofters geschieht, sich vernehmen lasst, und diesen Eindruck erhoht. Das Tosen des Wassers, dieMusik, die Beleuchtung oberhalb zur Rech- ten und Linken, endlich der, auf einem schief steheriden Holze gegen die Dečke gezogene Kronleuchter, bringen einen magischen Eindruck bervor, der wohl empfunden, aber nicht beschrieben werden kann. Alles das setzet die Kuhnheit des Herrn von Lovvengreif ins schonste Licbl, der nach drei Jahrhunderten, der Erste, es vvagte, sich in die nacht- liche Tiefe hinabzulassen, und in die schauerliclve Hohe emporzuklimmen ; der heide Ufer mit einander verband, und seinem Vaterlande und Adels- berg eine Beruhmtheit rerschaffte, vvelche so lange dauern muss, als es vvissbegierige Verehrer der unlerirdischen Schopfung geben vvird, die ihm Dank und Achtung zollen mussen. Der uns clurcb den Tod leider zu friih entrissene Kreis-Ingenieur Schaffenrath hat die Situation mit der gevvissenhaftesten Treue aufgenom- men; und vvenn die Abbildung Nr. 5 . nicht den grossen Eindruck hervor- bringt, vvelchen die VVirklichkeit macht, so ist es einzig dem Umstande zuzuschreiben, dass die Natur von der Kunst nachgeahmt, aber nie er- reicht vverden kann. Indessen ist die Abbildung cloch vvabr und sehr genau. Nachdem man diese zvvei und achtzig Stufen zuriickgelegt bat, befin- det man sich auf jenem Puncte, vvelchen Herr von Lovv engreif im Jahre 1819 mit Lebensgefahr erkletterte, und den er, nach Sr. kaiserlichen Hoheit dem Erzberzog Kronprinzen, vvelche, der Erste, diesen Theil der Grotte nach seiner Entdeckung betraten, Prinz Ferdinands-Grotte, benannte, wel- chen Nahmen sie auch seit jenem frohen Ereignisse fortan fiibrte. So vvie man die letzte Stufe betritl, befindet man sich in einer vveiten, 4 % Klafter bohen Halle, deren Wolbung mit Stalaktiten angefiillt ist. Gleich links bemerkt man eine kleinere Wolbung, die gleichfalls von Stalaktiten strotzt. Diesen Platz (siehe Pl alte Nr. 6) vvahlte Herr von Lovvengreif, um ein einfaches Denkmahl Sr. kaiserlichen Hoheit dem Durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Kronprinzen nunmehr kaiserl. Majestiit zu errichten. Die Inschrift lautet also: In dieser Grotlenhalle, Wie Zauber anzuschau’n Wo aus dem Tropfenfalle Sich macht’ge Saulen bau’n, Trat ein aus fernem Land Manch hoch Erhabner schon, Vor allcn Ferdinand, Der hohe Kaisei'ssohn. Ani 17. August 1819. Hueber sculpsit. Lovvengreif possuit. Wer die Fiille der hier vorkommenden Stalaktiten und ihre Formation belrachtet, der kann sich einen deutlichen Begriff von dem machen, vvas er in der Grotte sehen vvird. —17 —• Icli rathe daher Jedem, diesen Formationen einige Aufmerksamkeit zu vvidmen. Wenn die Grotte beleuchtet ist, so vviinschte ich, dass sich Jedermann von einem Fiihrer rechts dahin leiten liešse, wo sich die Musili zu verber- gen pllegt, und von diesem Standpuncte aus den grossen Dom nocb ein- mahl aufmerksam betrachte, und die dein Auge sich darbiethende Scene gehorig vviirdigen mochte. Wenn man von hier den ganzen durchschrittenen Raum iiberblickt, so wird man finden, dass der jenseitige Gang mit dem diesseiligen gleiche Hdhe habe, und nur durch den Wasserspiegel von letzterem getrennt vverde. Es scheint sonach hier einst ein fortlaufender Gang gevvesen zu sejn, den die VVasser gevvaltsam durchbrochen haben. Wann dieser Einsturz oder Durchbruch gescbeben, auf vvelche Weise sich diess kiihne, grosse Gevvolbe dariiber spannte, sind Fragen, die der Mensch anstaunt, ohne sie beanlvvorten zu konnen, die aber stets das Ge- miith erheben, und zur Bevvunderung des Schopfers hinreissen. — Vop hier an beginnen die Stalaktiten in allen Formationen den Wan- derer zu begleilen, und die Dečke und alle Wiinde nach jeder Richtung in unzahlbarer Menge zu bedecken. Der Weg vei'enget sich bald, und erhebt sich so sehr, dass man liber neun aus Tropfstein geliauene Stufen allmahlig hinauf schreitet. Hierauf gelangt man in einen vier Klafter hohen Gang, in vvelchem rechts eine grosse, dicht zusammen geschichtete Menge machtiger Stalak- liten hangt, die den verschiedenen in Rauchkammern aufgehangenen Fleisch- stiicken , als: Schinken, Speckseiten und dergleichen ahnlich sehen; daher beisst iliese Gegend auch die Fleischbank. Ris hieher gelangte Herr von Ldvvengreif, als er das erste Mal diese Grotte betrat. Die Unebenheit des Bodens, die Menge der auf demselben stehenden Stalagmiten, herabgefallene Felsblocke verdeckten den vveiteren Gang zur Linken, und die minder zahlreichen Stalaktiten zur Rechlen machten ihn glauben, dass der vveitere Hauptzug der Grotte sich rechts vvende. Er verfolgte daher diesen Weg, der desshalb auch in Eile geebnet vvurde. Um Nahmensirrungen vorzubeugen, vverde Folgendes bemerkt: Se. kaiserliche Hoheit der Herr Erzherzog Ferdinand, vvelche 8 Tage spater eintrafen, vvurden in diese Abtheilung der Seitengrotte gefiihrt, aus vvelchem Grunde die Fiihrer zuvveilen diese kleine Abtheilung irrig die Kronprinz Ferdinands- Grotte nennen, vvahrend die ganze Grotte vomMonumente angefangen Prinz jezt Kaiser Ferdinands-Grotte heissl. Im Allgemeinen scheint das Verhaltniss des Schiclitenkilles zur Rich¬ tung der Hdble sehr grossen Wechsel untervvorfen zu sejn, und ist, des Salagmiten Ueberzuges vvegen, schvver zu erkennen. Doch hier scheint der Gang sich in der Richtung des Falles der Banke fortzuziehen, und dieselben vom Liegenden zurn Ilangenden ilurchzusetzen. Diese Seitengrotte gevvinnt durch die Menge schoner, vveisser brillan- tirter, oft auch ins Braunliche fallender Tropfsteine einen herrlichen An- blick, und ist ausserordentlich anziehend. Man lasse sich hier den antiken Kopf vveisen, vvelcher tauschend erscheint, vvenn die Fiihrer die Lichler, nach der erhaltenen Belehrung, gehorig stellen. 5 ■o« 18 Gleich reclils von demsellicn ist der englisclie Garten, eine kaum anderthalb Klafter hohe, sich bis auf 5 Solnih senkende Halle von vveissen Stalagmiten dicht besitet, die einen allerliebsten Anblick gevvabrt, da die feinen Tropfsteine sovvohl von der Dečke herabhangen, als auch vom Doden aufstreben. Kein Theil der Grotte bat eine solcbe Fiille von Stalagmiten aufzu- v\ r eisen vvie dieser. Ehe man zum Ende die?er Seitengrotte kommt, bemerkt man eine betrachtliche Zalil von Stalaktiten, vvelche den italiiinischen Wtirsten nicht unahnlich sind. Vorzuglich verdient bier der rotbe Tropfstein im vveissen Felde die Aufmerksamkeit des Beobachters. Aebnliche Tropfsteine kommen liaufig in der Grotte vor, doob vvird man nicht leicbt Gelegenbeil haben, sie so wie hier betrachlen zn kbnnen. Es ist ein schones Naturspiel, dass gerade der mit Eisenocber ge- schvvangerte Kalksinter sich also geformt, und das vveisse Feld nicht ver- unreinigt liat. Beim Zuriickkehren gevvabrt man reclrts an der Warul den Thron. Es ist diess der Fuss ciner sebr grossen Troplsleinsaule, der kaum drei Fuss vom Boden erhdbt ist. Ihm entgegen hangt ein, gleicbsam geflochle- ner , langlicbter, vollig runder Borb aus der Wand hervor , der sich von braunlichtem Kalksinter bildete, und iiber den Fuss der Situle ausbreilet. llerr Scbaffenralb hat diesen Gegenstand trefflich in derPlattcNr. 7 vor Augen gefubrt, wobei auch ein Theil dieses Grottenzvveiges dargestellt ist. Es pllegt sich ein Fiihrer auf den abgestutzten Tropfsteinfuss unter jenen Korb zu setzen, einen diinnen Stalaktiten gleich einem Scepter in die Hami zu nehmen, und so das Steinbild zum Throne zu machen. Unfern dieses Throns kommt man vvieder zu der sogenannten Fleiscb- bank, und betritl den Iiauptgang der Grotte, der zu Folge des Grundris- ses von Siidvvesten nach JNordosten fortlauft. Alan findet bier das Gevvdlbe oberhalb bis zu 5 Klafter erhdbt, wah- rend es bis jetzt nur eine bis anderbalb Klafter Hdhe hatte. Ich empfeble den Besuchenden, sich bier das Bild der heiligen Jungfrau Maria vorzeigen zu lassen , das gehdrig beleuchtet, oder als Schattenriss an der hinteren Wand, vvirklich einem Aladonnenbilde gleicht. Die Wolbung neigt sich zum Golhischen. Die Hdhlc ist gerdumig, und reclits und links gevvahrt man zahllose, vielfaltig geformte Tropfsteine, die billig bevvundert vverden. Unter diesen verdienen zvvei Stalaktiten rechter Hand bemerkt zu vverden, vvelche genau die Form menschlicher Ilerzen haben und dicht aneinander bangen. Sie haben den Namen: die Vereinigung zvveier Ide ržen erhalten. Ich muss gestehen, dass hier nicht sovvobl die Einbildungskraft, vvie bei so vielen andern Steingehilden , als vielmehr die vvahrhaft tauschende Aehnlichkeil jene Benennung schuf. Uebrigens durfte es angemessener sevn, diese Gebilde schlechtvv r eg: die beiden Herzen zu nennen. Etvvas vveiter vorvviirts vvird der Grottengang enger und niedriger, und hier verdient der vveissgraue Tropfstein eine besondere Berucksiclili- gung, da er Kaskaden ahnlich iibereinander geschichtet ist. -© i?> QK& - Dem Fiihrer ist er auch unter dem Namen ,,der Wasserfall“ be- kannt, und gleicht vvirklich einer mitten im sprudelnden Falle versteinten Wassermasse. Weiter vorne z ur Linken ragt am Boden, etvvas scliief ge- bogen, ein Stalagmit von 5 Fuss Hohe und 10 Zoll im Durchmesser ern- por, dessen Oberflache eine, Nagelkopfen ahnliche Unebenheit zeigt. Diess bat den Nahmen ,,Stock im Eisen‘‘ veranlassl: Jeder Freund der Natur rncige diese emporstrebende Situle genau betrachten, und eine Hjpothese aufstellen , vvie sich die auf ibrer ganzen .Liinge verbreiteten, nagelkopf- ahnliclien Erhabenheiten bilden konnten, da das von oben nach unlen fliessende Tropfvvasser nur glatle Tropfsteinsaulen hervorbringt, auch die Schvvere des Wassertropfens kein Stillstehen auf der senkrecliten Flacbe der Siiule, folglich kein Gerinnen, kein -Erharten denken lasst. Wenn meine Gescliiifte mir es gestatten, so vvill ich eine Monograpbie der in dieser Grotte vorkommenden Tropfsteingestalten, mit Abbildungen derselben liefern, vvelcbe durch die vielfachen Abiinderungen interessant vverden, und bevveisen soli, wie hochst verschiedenartig die evvig sehaffen- de Natur die festen und fliissigen 1 'beile des Tropfsteins zu vertheilen ivisse. Bei dieser Gelegenlieit muss ich beriihren, vvas Herr Broun erwalint, dass niihmlich die Stalaktiten im Allgemeinen grossten Theils gewisse, all- gemeine Formen beobacbten. So bemerkt man: a) glatte, zuvveilen canelirte Slalaktitensaulen, die meistens rund sind. Wenn sicli nahmlich der Kalksinter durch allmahliges Herabfliessen abge- setzt bat, bildet sich ein umgekehrterKegel in Gestalt eines Eiszapfens, der sich langsam bis zum Boden verlangert, und dann daselbst allmahličh ver- dichtet: doch bemerkt man, dass er nach oben zu stets dicker zu sejn pflegl. b) Manche bilden sich wie iibereinander gehaufte Schvvamme oder Blumenkohlkopfe, ivenn die Siiule durch herabtropfendes VTasser von un- ten nach oben entstanden ist. Der Durchschnitt zeigt dann sehr unregelmassige Gestalten, clocb ist der untere Durchmesser geviohnlich nicbt bedeutend dicker. Man findet auch solche Siiulen, vvelche nur bis zur lialhen Hohe der Grot¬ te reichen. Oflmahls gleichen sie Schvvammen, ruhen auf einem sehr schma- len Fusse , verdicken sich nach oben stark, und ervveitern sich trichterformig. In der Mitte der Flacbe, vvo die Wassertropfen am starksten fivllen und die dadurch erzeugte Unruhe das Krjstallisiren des Kalkes hindert, sind sie meist concav. c) Oft ist der obere Tbeil der Siiule wie a), der untere wie bei b) bescbalfen. Wenn sich niihmlich zvvei Stalaktiten von Dečke und Boden aus vereinigt haben. Eigentlich mag diese Bildungsart bei allen Siiulen Statt gefunden haben. Gevvohnlich vvird sie undeutlich, wenn nach Vereinigung des friiher tropfenden Wassers nun auch der untere Tbeil von lliessenden iiberzo- gen wird. Wo die Kanten eines Felsens, einer Kalkvvand, scliief an den Wiin- den niedergingen, rann ebenfalls oft kalkhiilliges, Wasser herab ; der Kalk setzte sich an der Kante ab , diese trat allmiihlicb weiter hervor , bis auf mehrere Zoll und Fuss, nahrn zulelzt mancherlei Biegungen und Kriim- mungen an, und so entstand eine j bis 2" dirke Sintcrrnasse, die einen' in zierlichen Falten henabfallenden Vorhang bildet, durch vvelchen ein Licht sehr deutlich durchscheint. * S —— Was die Aehnlichkeit noch vermehrt, ist der Umstand, dass der Kalk- sinler zuvveilen auch verschieden gefarbt ist, und dann weisse, gelbliche und rdtiilichte durchscheinencle Streifen langs des untern, oft gezacklen Ran- des des Vorhanges mit einander vvechseln, und die Falten schief durchsetzen. Auf dem ebenen Roden findet man iiber der allgemeinen Stalaktiten- kruste eine Menge zackig gevvundener aufeinander gehaufler Sinterlagen, die sich netzartig aut mancherlei Weise verbinden und trennen. Die horizontalen zackigten Riegungen dieser Lamellen diirften sich auf folgende Weise erklaren lassen. Das sinterige, docli nicht zu sehr gesattigte Wasser drang ah der Dečke auf gevvissen Stellen liervor, sam m el te sicb an dem tieferen Puncte in Tro- pfenform am liauligsten an, setzte Theile ab, und sank mit den iibrigen zu Roden. So bildeten sich nacb und nach viele, kleinere und grdssere bangende Tropfen an der Dečke, an vvelche dann alle Tropfen herabflos- sen, um nur allein von den Spilzen lierabzufallen, und mussten daher ertd- licli, auch inimer nur einzeln , auf gevvisse Puncte des Rodens trelfen. Die¬ ser aber bildete zufallig eine llache Mulde, und blieb daher bestiindig mit etvvas Wasser iiber seiner bereits vorbandenen, undurclidringlichen Stalak- titenkriisle bedeckt. Jenes VVasser vvurde durcb die herabfallenden Tropfen in Šchvvingungen versetzt, die sich nach allen Richtungen fortpflanzten. An den Puncten, wp die Tropfen auffielen, vvaren sie am starksten, und bier setzten sie am vvenigsten Kalktheile ab; wo sicb aber die, von ver- scbiedenen Tropfen vorursachlen Šchvvingungen begegneten, vvar das VVas- ser zum Absetzen verscbiedener Sintertheile am geeignetsten. Auf diese Weise vvard der Rereich eines fallenden Tropfens gegen den seiner Nacbbartropfen durcb einen vvellenfurmig gebogenen Kamin von Kalksinter abgegranzt. Je hdher dieser Kamni vvurde, desto hoher spannte sich auch das durcb ihn umscblossene VVasser; in desto starkere Schvvingungen, durch manche Unebenbeit modificirl, gerietben jene kammformigen Reckenriinder, und vvurden durch die gleicbfalls verslarkten Schwingungen des Nachbarbeckens bekampft, und daher mit dem Sleigen der Ilobe auch in einer starkeren horizontalen Wellenlinie hin und vvieder gebogen. Diese sinterartigen Kamine am Roden silid aber stets durch mecha- nisch - niederfallende Erde von rothlich-okeriger Farbe beschmulzt, weil auch diese da, wo sicb die Schwingungen am haufigsten begegnen, aus- gespiilt werden muss. D iese Entstebungstheorie bestatigt sich noch dadurch, dass die Sinter- masse, auf zwei verschiedenen Seilen eines Kammes scharf getrennl, zwei- erlei Fiirbung und Grade von Reinheit bat. Ich ersuche die Herrren Grot- tenbesuclier in der kleineren Prinz Ferdinand* - Grotle genaue Retrachtun- gen anzustellen, und ihre Aufnuerksamkeit auf den kammfdrmig eingefas- sten Roden der Grotte zu vvenden. Diese Kamme be/inden sich zuvveilen doppelt neben einander. Ein anderer Erfolg miisste Statt finden, vvenn sehr gesattigtes Kalk- vvasser auf einen Theil des Rodens berabfiele, wo es sich nicht amsam- meln komite. In diesem Falle vertheilt es sich und versprilzt in sehr Klei¬ ne n Tropfchen auf dieser alibangigen Flache. Das VVasser verdunstet schnell mit Hinterlassung seiner Kalktheile, die sich bald als Kegel, bald als Tricliter emportburmen. Auf der Rruchllache hangender Stalaktiten ge w ah rt man grosse krj- stallinische Flachen, vvelche dicht an einander schliessen; auch an der Spitze der Kante« oder in kleinen Drusen. In ihrem Innern bemerkt man sehr kleine nadelformige Krjstallchen. Ja es gibt selu* riele Stalagmiten, auf deren ganzer Oberflache die herrlichsten Kalkspathkrjstalle sicli dicht an einander geschichtet befinden, vvelche beim Sonnen- vvie beim Fackel- lichte vollig brillantirt erscheinen. Man muss sie nur sehen, um sich ei- nen deutlichen Begriif von der Schonheit und Regelmassigkeit dieser Krj- stalle machen zu konnen. Wie sich dieselben in senkrechter Stellung nach oben oder nacb un- ten in einem rechten Winkel, gegen diese Stellung des Tropfsteinkegelš, bilden konnten, ist mir unerklarlich. Weiter vom ,,Stock im Eisen“ gestalten sich die Tropfsteine vorziig- lich schdn, sie vvechseln ibre Farben, und kommen vveiss, grau, braun und bellgelb durcbeinander gemengt vor. Man steigt iiber drei Stufen, durch einen etvvas engen Raum, in eine vveitere Halle hinab, die vvieder 5 Klafter Hohe bat. Von hier fiilirt ein Seitengang til)er Felsentriimmer und sehr enge Stellen nach dem Tanz- saale, dort aber miindet sich die Hohle in ein runde.s Loch, durch vvel- ches nur ein kleiner, hagerer Mensch durchkriechen kann. Der vveilere Gang war hier anfangs sehr beschvverlich , da man eine tiefe Kluft hinab, und von der andern Seite vvieder hinauf klimmen musste. IJerr von Lovvengreif liess diese Kluft mit Felsentrummern ausfidlen, und gegenvvartig fuhrt uber dieselbe ein fester Steinc^amm, der gegen die noch vorhandene Kluft mil htilzernen Gelandern gesichert ist und einen gul gebahnten Weg bildet. Ilier befindet sich ein herabgesturzler Fels. Wenn die Fiihrer hinter demselben aufgestellt, und die Liclier nach der erhaltenen Belehrung an- gebracht werden, so bevvirkt diess in einer Hohe von fiinf Klafter eine dem Morgenrothe und nahen Sonnenaufgange ahnliche Erleuchtung. Schreitel man von hier, immer auf dem kiinstlich erbauten Damine fort, so langt man in geringer Entfernung bei einem, reehts etvvas erha- ben stehenden Slalaktiten an, der, wenn zvvei Lichter hinter demselben gestellt vverden, vollkommen dem Sankt Petersstuhle zu Rom gleicht. Diese Aelmlichkeit haben auch andere Reisende bestiitigt gefunden. Nun steigt man nur noch zvvei Stufen, und nach einigen Schritten noch zvvei andere empor, und man hat die grossle Hohe der ersten Grot- tenabtheilung erreicht. Von hier an senket sich der Gang und nachdem man 20 Stufen ab- vvarts gesliegen ist, befindet man sich im Tanzsaale. Ich nenne diesen Punct die erste Abtheilung, vvei-l, vvenn man bei Anvvesenheit des Allerhdchslen Hofes die Grotte ganz erleuchtet, hier die vollstiindige grosse Beleuchtung an die VVande befestiget wird (was die slabile Beleuchtung heisst), wahrend man jenseits nur 12 bis 20 Personen mit Grubenlichtern vor sich hergehen liisst, vvelche zur Erhellung des Ganges und der jedesmal zu betrachtenden Gegenstande bestimmt sind (vvas die mobile Bcleuchtuug genannt vvird). Der Tanzsaal, auch der Turniersaal geheissen (siehe Platte Nr. 8), ist i 5 Klafter breit, 26 Klafter lang, und durchaus 7 Klafter hoch. Ilerr von Lovvengreif hat hier den Boden ebnen, und mit Lehm ver- schlagen lassen. Wenn dieser Saal gehorig erleuchtet ist, und was oft geschieht, von frohiicher Musik ertbnt, zugleich von funf kis sechshunderl tanzenden oder lustvvandelnden Menschen belebl vvird, so gevvahrt diess ein hochst impo- santes, freudiges Schauspiel, und liberrascht auf unglaublich reizende Weise. Der Saal ist ringsherum mit schbnen Stalaktitensaulen geschmiickt, und mit verschieden gestalteten Tropfsleinen drapirt. Ich empfehle gleich beim Eingange einen vveissen, hochst durchsich- ligen von der Dečke niederhangenden Stalaktiten, der ein aufgehangenes Bettuch tiiuschend nachahmt, und von ausserster Feinheit und Zartheit und von blendender Weisse ist. Diese Stalaktitenart kommt hier selten vor, und ist eine schiitzbare Merkvvurdiekeit unter den zarten Gevveben der schaffenclen Natur dieser C' \ unlerirdischen Welt. Hier, zvveihundert fiinf und acbtzig Wiener Klafter vom Eingange, im tiefen Schoose der Erde vviinschte ich dass die Freunde der Natur ein vvenig ausruhten,'das bislier Gesehene mil diesem Buche in der H and sich vvieder ins Gedachtniss riefen, um es demselben ldeibend einzupragen , und neue Krafte zur vveiteren Bevvunderung der ewig scbopfenden Natur im Schoosse der. Erde zu sammeln. Wenn der Besucher dieser unlerirdischen Schopfung hinreichend aus- geruhet, und das bisher Gesehene mit den gestochenen Ansichlen ver- glichen hat, vvollen v>ir weiter schreiten, und vver Durst fiihlet, jnag im Tanzsaale mit einem reinen frisclien Tropfstein-Wasser sich lahen. Indem v\ ir den Tanzsaal in seiner Lange von 26 Klafterii durchschrei- ten, bemerken wir fast in der Mitte desselben, an der linken Wandseite eine fiinfzehn Zoll hohe Oeffnung, v\elche man in der Lange von vier bis fiinf Schuhen durchschliipfen muss, um in einen andern, nur zvvei Klafter boben, mit dem Tanzsaale paralel laufenden kleinern Gang zu koinmen , der vvenige aher blendend vveisse Stalaktiten aufzuweisen bat, und von dem man ruckschreilend, durch eine enge Kluft sich durchvvindet, bei dem Stock im Eisen, in den Hauptgang vvieder herauskommt. So wie man den Tanzsaal verlasst, erblickt man zur Linken einen Tropfstein, der ganz vveiss einen kleinen Springbrunnen bildet, an wel- cbem der VVasserstrahl senkrecht aufsteiget, und in drei Abtheilungen herabsturzet. Man steigt nun drei Stufen abvvarts, und kommt zu sehr schbnen Tropfstein-Gebilden, vvelche die Einbildungskraft des Wanderers sehr an- genehm beschaftigen vverden. Ich empfehle es, eine gebrochene Trofstein-Saule zu betrachten , wel- che von ihrer Basis zum Tlieil abgerutschet ist, zum Theil noch auf sel- ber ruhet, und sich an ihre daneben stehende Schvvester lehnet. Wer in dieser Grotte die Bildungen der Stalaktiten studieren, vver die Art wie sie sich so verschiedenartig gebildet haben , betrachten; vver die Zeit berechnen will, welclie zur Bildung solcher Kolosse erfordert vvird, der findet Stoff genug, Tage lang Hypotbesen aufzuslellen, und sich in Be- trachtungen zu vertiefen. Welche Piegelmassigkeit, vvelches Ebenmass herrscht in einem jeden solchen Gebilde, erzeugt von einzelnen , durch einen Zeitraum von Jahr- hunderten, auch \vohl von Jahrtausenden in gleicher Kichtung fallentlen Tropfen. — 23 In regelmiissigen urici gleichen Zvvischenraumen fiillt hier ein Tropfen, und ličililel ein Becken von mehreren Schuhen im Durchniesser aus, wel- ches an seinem Rande sich stets vergrossert, und im Umfange zunimmt. Dort fiillt der Tropfen eben so einformig und senkrecht vvie jener, bildet aber im Gegensatze des Erstern , eine grosse Erhabenheil, die aber auf ihrer Oberfliicbe ganz kuglicbt und eingekerbt, dem Blumenkoble iihn- lich ist. Hier fiillt ein anderer Tropfen von gleicber Hohe, eben so senkrecht vvie die beiden ersten, in gleichen Zvvischenriiumen der Zeit, und eben so grosser Entfernung von der Dečke berab. Kein Becken , kein Blumen- kobl bildet sich, sondern ein spilzer vom Boden aufstrebender Kegel, kaum vier Zolle im Durchniesser, aber zwei Klafter hoch geslaltet, vvahrend sein anderer Nachbar von einem gleicharligen Tropfen , aus eben derselben De¬ čke gebildet, die Figur eines acht bis zehn Zoll im Durchniesser dicken niedern stumpfen Kegels erlišilt. Ilier fiillt der Tropfen von der mit keinem Kalksinter iiherzogenen Dečke senkrecht herab, vvahrend dort andere, ehe sie fallen, eine spann- dicke Kruste iiber die Dečke zieben. Manche Tropfen bilden vor dem Falle einen zvveiZoll, bis vier Scliuh dicken Kegel, der von drei Zollen, bis auf zehn Schuhe lang, von der Dečke herabhiingt, ,,S talak ti t <£ andere dagegen bauen herrlich schčine Pyramiden, von einem Scliuh , bis fiinf Klafter Hohe, vom Boden gegen die Dečke strebend, ,,S lalagmi ten“ genannt. Hier blendet das x\uge eine spiegelglatte Fliiche an der steilen Wand, durch hernieder rieselnde Trop¬ fen geschaffen, dort treten Siiulen in zierlichen Formen nur mit dem Halb- messer aus der Wand, vvahrend nalie daran andere Schvvestern zu VVasser- Fiillen und Bildern mancher Wesen; in ungeregeltem Gemisclie thc-ils halb, tbeils ganz geslaltet sind. So lebhaft die Einbildungskraft gefessell und bescliiifliget wird, eben so ergdtzend ist die'Tauschung, die sich einem raschen Bescliauer dieser magiscben Untervvelt nicht selten aufdringt. So zum Beispiele, diiuclit es dem ersten Blicke, mancher Tropfen riesele niclit nach den Geselzen der Schvverkrat senkrecht nieder, sondern vvinde sich nach verscliiedenen Ricb- tungen und Beugungen schief langs der Wand, indem er vielfach geboge- ne leine, oft sechs Zoll bervorlretende Gestaltungen bildet. Wie mannigfaltig, oft zierlich, oft grotesk, oft riesenbaft sind diese Gestaltungen, in allen Abstufungen des Beginnens bis zur Vollendung: vvie in den Werkstaten eines grossen Bildners. Manche dieser kleinen und kolosalen Tropfslein - Figuren, verandern nach Verschiedenbeit des Standpunctes, und der Entfernung des Beschauers den Grad ihrer Aebnliclikeit mit jenen Gegenstanden, deren Gestall sie erliielten. Andere derselben behaupten immer gleich die namliche optische Be- stimmtheit, und tausclien das Auge mit dem Wahne, als ob eine kunstge- uble Mensclienhand sie geformt halte. Docb ist es immer nur ein Tropfen Wasser, der in gemessenen Ab- satzen der Zeit von der Dečke zum Boden strehi. Bevvunderungsvvurdig bleibl es, dass der Tropfen, der einmal ein Ge- bilde zu formen begonnen, dieses namliche durch Jahrhunderte fortan gleichfdrmig erzeugt. VVenn man nur oberllachlich clie Sache betrachlet, ■o-® 24 — scheint zvvar die Erklilrung dieser Beobachtungen leicht zu seyn, und sich dadurch zu begrunden, dass die Ortsbeschaffenheit die namliche bleibt. Allein, diese JLosung verlieret ihr Gevvicht, sobald man naher ervvagt, dass zwar an der Dečke, von welcher der Tropfen fallt, keine merkliche, oder auf den Tropfenfall Einfluss nehmende Veranderung vielleicht vorge- be; dass sich jedoch dort kein Tropfstein bildet, sondern gerade a m Grurnde, dem Ziel des Tropfenfalls, der Ort, auf vvelchen der Tropfen fallt, sich stets verandert. Die Empfindungen, welche den ruhig beobachtenclen Bevvunderer die¬ ser Werke der Allmacht, bei der Betrachtung so imposanter Natur-Wun- der, die einer Zaubervvelt gleichen, unvviderstehlich ergreifen, sind so be- seligend , dass ich herzlich vvurische, es moge Jedermann, der diese Grotte besuchet, sie so ganz und so warm fiihlen, als sie mich bei jedesmaligcm Grottenbesuche entziickten. Auch die gevvaltsarnen Umstaltungen in der Grotte zeigen, dass die Natur nach eigenen, tms unbekannten Gesetzen in dieser Unterwelt vvirke. Die allgemeine Meinung liber die Veranderungen, die sich in derlei unterirdischen Hdhlen ergeben, gehet dahin , dass durch Erderschiitterun- gen die schvvachen Gevvdlbe einsturzen, die losen Stamme von der Hohe herabfallen, und die in ihrer Basis niclit stark genug an die Dečke be- festigten Slalaktiten-Saulen herabgestiirzet vverden. Ein aufmerksamer Be- obachter entdecket dagegen viele Veranderungen, welche sich nach dieser allgemeinen Meinung nicht crklaren lassen. Viele Veranderungen sind in diesem Theil der Grotte nicht mehr so bemerkbar, weil die unermudele Anstrengung des Ritters von Lbvvengreif, zur Becjuemlichkeit der Grotten-Besucher den Boden geebnet, folglich alle Hindernisse hinvveggeraumet hat. Tiefer hinein lindet man jedoch noch je® &&■— die Frage liber das Ergebniss des Bruches mancher Saule, keine hinreichen- de Lbsung. Jeder Bescbauer wird sich bei dem ersten Anblicbe iiberzeugen, dass die Oertlichkeit der Rechtfertigung einer solchen Meinung gerade zu ent- gegen stehe, und wenn man ervvaget, dass an mancher Situle wie es bei jener nachst dem Tanzsaale der Fali ist, von der Spitze, iingefahr sieben Schuhe, in senhrechter Bichtung berab, eiri einen halben Schuh breites Stiick abgescblagen ist, so kann man nicht leicht zu einer folgerechten Beantvvortung dieses Zvveifels gelangen. Aber gevviss ist es , dass man doch immer, vvenn man auch noch so oft die Grotte besuchet, noch neue, friiher nicht bemerkte Tropfstein- Gebikle , ja neue VVuncler der Natur enldecket. VVie machtig vvird die Seele von den unnennbaren Gefiihlen staunen- der Bevvunderung ergriffen, wenn sie vso II eni os, mit banger VVonne zu der Betrachtung der evvigen Gesetze des grossen Schopfers dieses Wel tališ, des Ebenmasses in dem Bau dieser Saulen und der Gleichfdrmigkeit jeder Formationsart geleitet vvird , vvelehe gleichsam regelrecht an Gebilden er- scheinet, die durch vveite Raume, oft von mehr als hundert Klaftern von einander ge tremi t sin d. Man kann es nicht fassen, vvie es kdmmt, dass man ungeachtet stets gespannter Aufmerksamkeit, erst beim zehnten Besuche, Gegenstande be- merket, vvelehe in den neun fruhern uhersehen vvurden. Ich bitte dalier die Besucber der Grotte von diesem Puncte an, aul die verschiedenen Tropfstein- Gebilde besonders achten zu vvollen; weil sie ihrer Verschiedenartigkeit vvegen, diese Aufmerksamkeit im hohen Grade verdienen, weil sie in den iibrigen tiefern Theilen der Grotte sehr man- nigfaltig sind, und vveil auf diesem Puncte der Farben vvechsel der Sta- laktiten anfangl, unter vvelclien die hraunrothe und gelbe Farbe sich vor- ziiglich auszeichnet. Die Grottenfiihrer geben allen diesen Gebilden eigene Namen, die z upi Theil durch vvirkliche Aehnlichkeiten der Gestaltungen mit den Gegen- standen, vvelchen sie verglichen vverden, gerechtfertiget sind, zum Theil aber auch als unrichtig gevvahlt ersebeinen. So wie die Phantasie sich langere Zeit mit der Anschauung eines Tropfstein - Gebildes beschtfftigt, glauht man auch, diese oder jene Aehnlichkeit mit Gegenstanden der Er- innerung, aus dem gemeinen Leben zu erblicken. Ich werde von diesen einzelnen Benennungen an den hetreffenden Stellen Erwahnung machen, und zvvar sovvohl von jenen, bei denen es einen grossen Grad von Einbildungskraft hedarf um das sich vorstellende Bild dem gevvahllen Namen anzupassen, als bei jenen, vvelehe treffende Aehnlichkeit haben. Schreitet man vom Tanzsaale weiter, so kommt man durch eine vier Klafter hohe Halle, welche mit vveissem und grauem Tropfstein ausgestattet ist, in einen hohen Raum, in vvelchem die Tropfsteine mit Ideinen Kalk- spath - Kristallen iiherzogen, ja gleichsam iibersaet, somil nach dem ge¬ meinen Wortgebrauche hrillantirt sind. Rechts zeigen die Grotten-Fiihrer einen zehn bis zvvblf Schuh im Lmkreise messenden Stalagmiten, vvelcher mit geronnener Tropfsleinmasse iiherzogen ist, und den Namen die Mei- senhutte hat, da sie ganz jener Hiitle aus Reisig erbaut ahnlicli ist, vvelehe hierlandes die Knaben zum Meisenfange errichten. Dieser Stalag- 4 —©« jo— mit h at sogar auf einer Seite einen Absatz, gleich einer Oeffnung, wel- ches die Aehnlichkeit mit einer Meisenhiitte noch vergrbsserl. Der Ueber- zug ist erhaben, muschlicht von glanzlosen Kalksinter, von vvelchem ich in der Folge dieser Beschreibung zu sprecben ofters den Anlass finden vverde. Nicht weit von der Meisenhiitte ist ebenfalls reehts die kleine Glocke, vvelche jedocli niehts Bemerkensvveiihes bat, da sie aus ein Paar zvvei Zoll dicken Stalakliten-Streifen bestehet, die beim Anschlagen einen Klang von sicb geben. Am Boden liegen canelirte (gekantele) grosse Saulenmassen, die einst von der Dečke lierabgestiirzet sevn mogen, obne dass man jedocli erken- nen kann , von wo sie sich abgeloset baben. So vvie man vveiter sclireitet, senket sich pldtzlich die Dečke so sehr, dass der Grottengang nur eine Hbhe von fiinf Sebuhen behalt. Durcb die- sen Gang gelangt man in eine Gegend, in vvelcher der Tropfstein eine vorzii oliche Neigune zeigt sicb Cascaden ahnlich zu ergiessen, die im Au- genblicke des Falles sich versteinert zu haben sclicinen. Mehrere ahnlicbe Cascaden sind bier zunachst aneinander gereibet, vmter welcben sich besonders jene au den linken Wanden auszeicbnen. Vorziigliche Aufmerksamkeit verdienet eine in einem Winkel befindliche blendend vveisse Cascade, vvelche den Beifall der Grotten-Besucher gevviss erbalten wird. Bemerkensvverth durfte man es finden, dass in dieser Ge¬ gend, auf der rechten Seite das ganze Gestein von lichtgelber Farbe, und nur netzarlig mit Tropfstein iiberzogen zu sevn scheinet, indessen die linke Seite, ganz mit Kalksinter und Stalaktiten bedecket ist. Auch verdienet ei¬ nen aufmerksamen Blick der Fussboden , der mit vielfach gekriimmten hah- nenkammartigen Kalksinter-Erhobungen, oder Kammen iiberzogen ist. Herr Broun erklaret in seinen Ergebnisscn einer naturhisloriscb-oco- nomischen Reise; I. Tbeil, Pag. 617, das Entsteben dieser Kamine nach meiner Ansicht so richtig, dass icb mich ganz seiner Worle bedienen zu miissen glaube. „Auf dem ebenen Boden/ 4 sagi Herr Bron n, ,,findet man iiber der allgemeinen Stalaktiten-Kruste eine Menge zackigt gewundener auf einan- der gehaufter Sinter-Lamellen, vv elche sicb vvie in einem Netze auf man- nigfaltige Weise verbinden und trennen.“ ..Die horizontalen zackigten Beugungen dieser Lamellen, bat man sich auf folgende Weise zu erklaren: das sinterige, mit koblensau/em Kalk ge- scbvvangerte, doch nicht zu sehr gesatligte Wasser dr ang an der Dečke auf gevvissen Puncten hervor, sammelte sicb an den tiefern Stellen in Tro- pfenform am haufigsten an, setzle Tbeile ab, und fiel mit den iibrigen auf den Boden herab. 44 ,,So bildeten sich allmablig viele grossere und kleinere bangencle Tropfen an der Dečke , an vvelcher dann alle hernbrannen , um nur von den End- spitzen allein berabzufallen, und so mussten sie endlich auch immer nur allein auf gevvisse Puncte des Bodens treffen. Dieser aber bil dete zufallig eine flache Mulde, vvesshalb derselbe bestandig mit etvvas Wasser, iiber sei- ne scbon vorhandene undurcbdringliche Stalaktiten-Kruste bedecket blieb. 44 ,,Dieses stehende Wasser vvurdc in Schvvingungen durcb die herabfal- lenden Tropfen versetzt, vvelche sich nach allen Seilen forlpllanzten. An den Puncten , vvo die Tropfen auffielen , w r aren sie am stiirkslen, und bier setzten sie am vvenigslen Kalktlieile ab. \A o sich aber die Schvvin- ■^© — gungen , vvelche verschiedene fallende Tropfen verursachten , begegneten , da vvar das VVasser zum Absetzen der kohlonsauren Kalktheile am geeig- netsten, und so vvurde allmahlig das Bereich eines herabfallenden Tro- pfens, gegen das seiner Nachbarn, durch einen vvellenformig gebogenen Kainm von Kalksinter abgegranzet . 44 ,,Je bober dieser Kainm vvurde , desto h oh er spannte sich aucb das durch ihn umschlossene VVasser; die desto starkern Schvvingungen vvurden durch maucberlei Unebenbeiten des Bodens modificirt, durch die ebenfalls verstiirk- ten Schvvingungen des Nachbar-Beckens bekampft, und daher riihret es, dass mit steigender Udbe jener kammfdrmigen Beckenrander sie aucb in immer starkeren horizontalen Wellen-Linien hin und her gebogen erscheinen .- 4 ,,Diese sinterigen Kamine am Boden sind aher immer verunreinigt durch mechanisch niederfaliende Erde, von rdthlicht okeriger Farbe, da auch diese, da wo die Schvv ingungen des Wassers sich begegnen, am hau- tigslen ausgespuhlet vverden niiissen.“ ,,Diese Entstehungsart vvircl auch daclurch bestatigt, das die si n te ri ge Masse auf zwei verschiedenen Seiten eines Kammes scharf geschieden zwei- erlei Farhung und Grade der Reinheit zeigl ; der Kamni is L zuvveilen auch doppelt nebeneinander. Anders iniisste der Erfolg sejn, vvenn sehr geslit- tigtes Kalkvvasser, auf einen Theil des Bodens herabfiele, wo es sich nicht ansammeln konnte. Es vvurde dann sich vertheilen, und in sehr kleine Trdpfchen auf dieser abhangigen Flache verspritzen. Schnell vvurde das VVasser verdiinsten, und seine Kalktheile hinterlassen, vvelche bald als Ke* gel, Jiald als Trichter emporvvachsend, sich iibereinander aufthiirmen vvurde. 4- Von dem Plalze der Cascaden vveiter schreilend, musste man vormals oft bis zu dem Knochel im VVasser vvaten, vveil der Zufluss des von der Dečke eindringenden VVassers, starker als das Einsikern desselben in den Boden war. Ich glaube dass an dieser Slelle der Grotle die obere Dečke nicht entfernt vom Tage sev, und dass es eigentlich die durch Sclinee und Regen erzeugten Tagvvasser sind, vvelche herabtropfen. Herr Kreisingenieur Schaffenrath, als technisches Mitglied der Grot- ten - Commission, hat einen Vorschlag, dieser Gnbeguemlichkeit auszu- vv r eichen , gemacht, vvelchen Piitter v. Low r engreif befolgle, und einen 24 Klafter langen Stein-Damm errichtete, der die Besuscher der Grotte, langs vier Klafter liohen sehr vveisen Stalaktiten-Saulen in eine von Trojif- stein ganz iiberzogene Halle leitet, in der ein sonderbar geformler Trojif- stein von der Dečke herabhangt, und mit einigem Rechle der Luster (Kronleuchter) genannt vvird. Von diesem Puncte vveiter, leitet ein zehn Klafter langer Danim, ne¬ ben einem Tropfslein - Gebilde zur Linken, vorbei, vvelches aufmerksam betrachtet zu werden verdienet, und ganz den Fahnen ahnlich sieht, die man zur Zeit des Kirchvveihfestes hier zu Lande von den Kirchthurmen \v r ehen liisst, daher auch'dieser Tropfstein „die Fahnen “ heisst. Von unten auf, ebenfalls in senkrechter Richtung, strebt daneben ein Stalagmit, der eben so glanzend vvciss einer im Handschuhe steckenden Mannerhand ahnlich ist. An dieser namlichen Stelle docli rechts, uncl in betrachtlicher Htihe, sieht man einen dunkelgrauen Fleck, vvelcher ganz das Bild einer Nachteule vorstellet. Meiner Ansicht nach ahnelt jedoch dieser Punct mehr dem Gemiihlde einer iNachteuIe, als einem plastischen Bilde dieses Thieres, und ist vve- 4 * ' —•©>«! Ž58 — sentlich nichts anders, als eine von dem alles iibertiinchenden Kalksinter entblosste Stelle des Decken - Gevvolbes. Links sielit man den sogenannten Springbrunnen in der Hohe von vier Klaftern; das Auge des Beschauers glaubt mitten unter vveissen Stalak- liten ein mehr als Klafter boch ,- senkrecht emporschiessendes rothes Was- ser zn erblicken, vvelches auf den Seilen wieder herabstiirzet, und eine selir schone rothe Cascade bilclet. Es scheint, als vvare das Wasser mitten in seinem Sturze zu Stein gevvorden , diess gestaltet eine der tauschendsten und schonsten Gruppen, und verdient gehorig beleucbtet und betrachtet zu vverden. In eben dieser Halle rechts ist eine Vertiefung, in der Hohe vom Boden zvvei Klafter beilaufig, vvelche der Tabernakel genannt vvird, und von aussen durch zierlich gearbeitete Tropfstein Saulchen geschmiicket ist. Wenn eine Lampe hineingestellet vvircl, so ist dieser Punci selir lieb- lich anzusehen, und rechtfertiget einigerinassen den ihm gegebenen Na¬ men. Unferne von diesem Puncte , und zvvar: mitten zvviscben • dem Ta¬ bernakel und der Nachteule ebenfalls rechts, sind zvvei einen Zoll dicke, vveisse , ganz clurchsichtige herabhangende Tropfstein - Bilder , vvel¬ che, vvenn man eine Lampe dahinter stellet, dem am Himmels - Gevvol- be schvvebenden Monde ahnlich , und daher beim Mondschein genannt Merden. Wahlt man jedocli diese Art der Beleuchtung, so geht dadurch die VVirkung der Erleucbtung fur die ubrigen Theile dieser Halle fur den Au- genblick verloren. Aus dersclben kiimmt man links zu einer vier Klafter hoben Pjramide, die kaum zvvei Schuhe dick ist, und von der Basis bis zur Spitze ganz mit Iljrogliphen iibersael zu sej n scbeinet. Wie diese Erbabenlieiten auf einer senkrecht stelienden Flache , und in der Rundung einer Situle erzeugt vverden konnlen , dtirfle schvver zu erklaren sejn. Bei- nahe scheint es , dass die Entsteliungsart dieser Tropfsteinbilder gleicb jener sey, vvelche der Gestaltung des Stock im Eisen, die oben beschrieben ist, zum G runde liegt. ; Auf der namlichen Seite nur etwas ruckvvarts sind mehrere Stalaktiten von grosserer Feinbeit und Zartheit bemerkbar, vvelche vvie aufgehan- g e n e W ii s c h e aussehen. Die Fiihrer zeigen unmitlelbar darauf, einen grossen Stalagmiten , vvel- clier der Ko hi er-O fen genannt vvird, ebenfalls ein Tropfstein im gross- artigen Stjle ist, und allerdings an einen runden Kohlen-MeiJer er- innert. Ich muss den Grolten - Besucher hier auf einen Stalaktitenkegel auf- merksam machen , der ohne alle Verbindung auf dem nicht ganz ebenen Boden ruhet, sieben Schuh hoch ist, und beilaufig drei Schuh im Um- fange misst. Woher er gekommen sey, vvie sich seine abgelosste Stellung erklaren lasse, sind die nachsten Fragen, vvelche sich bei dem Anblicke desselben Jedermann aufdringen. Dieser grosse Kegel oder Pjramide ist vvahrscheinlich von der Dečke herabgefallen, und mag beilaufig zvveilausend Pfunde vviegen. Da seine Basis um zvvei Dritttheile schvverer, als die Spitze sejn durfte, so ist zu vermuthen, er habe sich im Fallen so umgekehrt, dass die Basis zu un- terst kam , und da durch diese Wenen Schuh messende Pyramide, welche einen Schuh breite Absatze hat, und sebr regelmassig gebaut ist. V or dem Grabe stehet links ein hober Obelisk, vvelcher der ganzen Parthie eine besondere Schbnheit gibt. Das Grab selbst ist eine grosse Tropfstein-Masse, vvelche aus sebr vie- len Scbicbten Tropfsteines gebildet ist. und am Goden rechts eine Vertie- fung bat, in der ein Sarg fuglich Platz fande. Diese Verliefung ist ein- und ausvvenclig mit den scbonslen senkrechten weissen Tropfslein - Saulen , die meistens durch aufsitzende Kalkspatb - Kristalle sehr scbon brillanlirt sind, gescbmucket. Allem Anscheine nach wird es nach einigen Jabrbun- derten ganz geschlossen und vertropfet seyn. Imposant ist es diese Parthie mit zvvdlf Grotten - LiclPern beleucbtel zu seben ! Der gebahnte Weg fiibret rechts des Grabes vrel ter : links ist eineSei- ten - Grotte, welcbe bequem zu gehen ist, und n ur am Eingange liegen einige Felsen-Triimmer. Sie erstrecket sicli niclit weit, bat schone Stalak- titen und Stalagmiten , unter diesen einige rotbe auf weissem Grunde, und ist am Ende vollkommen geschlossen. Der YYeg in dieser Seiten - Grotte ist bi s nun noch nicht durch Kunst 'gebalmt. Von dem Grabe in dem Hauptgange vi eiler schreitend trifft man links den bisher bekannten grossten Koloss dieser Grotte. Er ist ein zusammen gevvachsenes , auf allen Seiten frei stehendes Tropfstein - Gebilde , welcbes in seiner Gasis zebn Klafler im Umfange bat, und n ur zwei und eine hal- be Klafter boch ist. Ehrfurcht gebielend ist der Anblick dieser Riesen- Alasse , und unvvillkuhrlich wird der Eorschersinn des Gescbauers zu der Frage geleitet, wie viele hundert Jahre es bediirfte, um diesen einzigen Ko¬ loss durch den Troplenfall bervorzubringen. Kaum begriffsfahig wiirde das Zahlenresultat der mubesamen Gerechnung eines Matbematikers wer- den , der es ubernehmen \vollte , das Zeiterforderniss fiir den Gau dieser Gestaltung zu entziffern, besonders, wenn die Geobachtung richtig ist, dass wie einige Grottenfiibrer bebaupten, ein auf eben dieselbe Fliiche auflfallender Tropfen in fiinfzebn Jahren eine kaum dem menschlichen Auge bemerkbare Hube eines Godensatzes absetze. Funfhundert fiinfzig Klafter vom Eingange erreicbt man die JaboFs, gevvohnlich die Scbapodeln genannt, vvie sie die Platte Nr. 12 . darstellt. An der recbten Seile der Wand senket sicb ein feines beli durcbsicbtiges ausgezacktes, und einen Ilabnenkamm ahnlicb gefalteles Tropfslein-Gcbil- de, in ciner Neigung von 45 Graden aus der Wand bervorlretend gegen -'®xg 31 den Bode n, und erregt billig die allgemeine Bevvunderung, vvobei zu be- merken kommt, dass hier der Kalkstein in seiner Nacktheit sicb zeigt, da dieses Gebdde aus dem nackten Kalkstein geflossen ist. Die Halle ist vier und eine halbe Klafter boch , geraumig, und der Luftvvechsel hier und in der gunzen Grotte vortrefflich. Auf der linken Seite , diesen J a b o t’s ge- geniiber, ist eine abgebrocbene Stalagmiten - Pjramide, die nicht minder die Aufmerksamkeit der Grottenbesucher auf sicb zu ziehen verdienet. ZvTei und einen halben Schuh vom Boden ist cliese Saule oder Pjramide abgebrochen. Da keine aussere VerJetzung an ihr zu bernerken, kein Stein in der Niihe befindlicb ist, der d ure h seinen Fali von oben auf die Saule diesen Bruch hatte bevvirken konnen , so erregt derselbe staunendes Forscben. Sie lebnte sich an die Wand und krummte sich dorl, wo ibr Scbvverpunct in dieser schiefen Stellung sein diirfte ; gerade so, vvie ein junger Baum sich kriimmen vviirde, wenn er abgefallet, im Sturze be- griflen, von einem andern Baurae aufgehalten vviirde. Diess ist nicht op- lische Tauschung, denn die Pjramide bat wirklich oben eine Kriimmung. Allein sie ist nicht nur gebogen , sondern bat auch eine zvveite Situle auf- sitzen , die nach dem Bruche erzeugt, in jener Richtung fortvvachst, vvel- cbe die nun gebrocbene einst gehabt baben mag. Diese Pjramide ist fer- ner merkvvurdig, vveil sie kocberartig gebaut ist. Die Kocber rfeicben von unlen bis zur Spitze, folgen in kleinen Absatzen regelmiissig auf einander. Ihr ist keine andere Pjramide in der Grotte almlich, und die Bevuinde- rung, die sie anspricht vvird noch grosser, wenn man die Bašis im Bru- che der stehenden Situle betrachtet, vveil die nach dem Bruche herabge- fallenen Tropfen de n untern Theil vertropft und glatt gemacbt haben, vvogegen der Obertheil so gebrochen erscheint, wie ein Baum zu brechen pflegt, namlich , dass einige Stričke langer. einige kiirzer, somit dieselben fast zabneartig und also nicht vvie ein Stein gebrochen sin d, der kantig, muschlieht oder uneberi hricht, Die verscliiedenen liolzartigen Zacken ma- chen, dass man mit dem Lichte ganz b epu e m den Bruch durchsehen und betrachten kann, somit deutlich siebt, vvie sich dieser Bruch bereits stark vvieder vertropfet hat. , Herr Schaffenrath hat diese Ansicht mit seiner gevvohnten Genauig- keit aufgenommen: in dem vveitern Hintergrunde vverden dann noch zvvei Pjramiden bemerkbar, von vvelchen die eine die grosse, die andere die kleine Cjpresse heisst. Artig nimmt sich hier der Grottengang aus , der aus vveissem und grauem Kalkstein bestehet, fiinf Klafter lioch ist, und eine verhaltnissmiissige Breite an den Wanden aber keine Tropfstein - Ge- bilde hat. Die grosse Cjpresse stehel ganz vereinzelt und frei, und hat eine von allen Seilen schief aufsteigende Basis, vvie diess noch hei keiner vorhergesehenen wohl aber bei mehreren nun folgenden Pjramiden der Fali ist. Sie hat drei Klafter Hohe , aclitzehn Zoll im Durchmesser, und scheint aus einem rothlichen Tropfsteine zu bestehen. Die kleine Cjpresse ist ganz der vorigen iihnlich, nur um die Hiilfle kleiner. und auf der Oberflache vvie erstere mit erhabenen Zeichnungen geziert. Diese ganze Grotten - Strecke ist von der Natur geebnet, somit hat die Kunst bei diesem Gange nichts gethan; der Boden ist durcliaus mit Hah- nenkamm ahnlichen Wellen-Linien belegt, und daher ein Bevv eis mehr fur Herrn Professors Bron n Behauptung iiber die Entstehungsart der- selben. —® 32 — Wenige Schritte vorvvarts schreitend kommt man zum rothen M e er. Dieses ist ein Eisen-Oxid, vvelches sichtbar aus einem zvvei Schuh hohen Koche an der rechten Wand armdick heraus geflossen , liber den Boden sicb ausgebreitet, am Ausflusse jedoch eine merkliche Erhobung gebildet hat, und dann zu Stein gevvorden ist. Ich gebrauche mich dieses tigiirli- chen Ausdruckes, weil nur dieser, aus dem gemeinen Sprachgebrauche ge- nomraen, am besten den Eindruck bezeichnet, den der Anblick dieser iVlasse auf die Beseher macbt. Darum erlaube ich mir auch an die ver- ebrten Besucber der Grotte die Bitte diese Gebilde wohl betracbten und sicb aneignen zu vvollen , damit sie aucb von der Grotte entfernt bei der Aufstellung von Hvpothesen nicht bereuen mdgen, den wirklicben Bestand nicht genau beobaclitet oder einen vvesentlichen Umstand unbemerkt gelas- sen zu haben. VVenn man vveiter scbreitet, so bleibt man immer in einem Gevvdlbe von reinem Kalkstein , dessen Dečke stets die Hohe von vier Klaftern be- biiit, und der ohne allem Kalksinter-Ueberzuge sich dem Auge darstellet. Nacbdem man liber drei, Stufen aufvvarts gegangen, erreicht man sechshundert Klafter vom Eingange entfernt die Kanonen-Saule. Ihre Farbe ist vveiss , gliinzend, und beim Anschlagen beli tonend, sie stehet ebenfalls vereinzelt , ist canaliculirt, bat eine Hohe von drei Klaftern , im Umkreisfe drei Klafter einen Schuh sechs Zoll, und einen Scbub von einander abstecbende Absatze. Die Benennung Kanonen-Saule erscheint als vollkommen passend, vvenn gleich die Stalaktilen, vvelche selbe vorstel- len, nicht den Kanonen sondern den Laufen der Militarflinten ahnlich sind. Die Halle ervveitert sicb von diesem Puncte an merldich, und nimmt nach Alassgabe der Erweiterung aucb an Hohe so zu, dass sie bis liinf Klafter steigt. In der grossten Ervveiterung sieht man in det’ Mitte eine beilaulig eine Klafter hohe dimne Pjramide (einen sogenannten Pilier auf Keitschulen ahnlich) aus dem Boden emporvvachsend, daher das Ganze die Reitsehule heisst. Rechts sechshundert zvvanzig fiinf Klafter vom Ein¬ gange belindet sich der so selir geriihmte so sehr bewunderte V or h ang, Platle Nr. i3. Ich muss hier bemerken, dass Iferr Scliaffenrath diese Ansicht nicht liinein gehend, sondern als aus der Grotte herausgehend gezeich- net habe, vveil sonst die Parlhie zu einfdrmig sich dargestellet hatte. So aber hat er die Kanonen-Saule in den Hintergrund, den Vorhang, das Strohdach, und die Hiihnersteige dagegen in den Vordergrund gebracht. Meine giitigen Leser, vvelche die Grotte besuchen, wollen sich also bei der Vergleichung dieser Abbildung mit der Naturstelle, mit dem Gesichte gegen den Grotten - Eingang wenden, um die genaue Aehnlichkeit der Zeichnung beurtheilen zu kdnnen. Ueberhaupt niiige mir der Wunsch gestattet sejn, dass die geneigten Grctten-Besucher den Standpunct des Herrn ^ c haffenra t h , der auf den meislen Abbildungen angezeigt ist, ebenfalls genau vvahlen wollten , um die Zeiehnungen und Darstellungen treffend ahnlich finden zu kdnnen. Der Vorhang ist die zarteste Stalaktiten - Formation, fein weiss , ei¬ nen bis zvvei und einen halben Schuh aus der Wand hervorhangend, durchsichtig, vier Linien dick und neun Schuhe hoch, in schiefer Rich- tung, ganz vvie ein halb nach der Seite gezogener Vorhang, an seinem — 50 ' ganzen untern und Seilenende mit einer vier Zoll kreiten kraun und rotk eingefassten B or dur e , und mit einer feinen, vvellenformig gezakten Riin- derung verseken. Sein geordneter Faltenvvurf, der dem geschicktesten Ta- pezirer Eln-e macken vviirde, muss die Bevvunderung Jener erregen, die kerucksichtigen vvollen, dass diess alles durck fallende und kerakrieselnde VVassertopfen enlstanden sej , auck ist er so formlick geordnet , als ok in dieser magiscken Untervvelt die Natur in einer seltnen Laune der ikr sonst nackaffenden Kunst jene ckaracteristiscken steifen Formen kake nackkilden wollen, welcke jedem Werke, selbst der gewandtesten Mensckenkand das Zeugniss seines — immer menscklicken Ursprunges aufdriicken. Diesem Vorkange gegenuker stellen sick Stalaktiten-Ausgiisse aus der nackten Kalkvvand dar, vvelcke darum merkvviirdig zu seken sind, weil sie versckiedenartig geflocktene und verzweigle Stalagmiten kilden, die unter dem Namen: das Strolidack und die Iliiknersteige gevviesen vverden. Wenn sie gleick keine treffende Aeknlickkeit mit diesen Benen- nungen liaken , so ist es dock gut ikrer zu erw,aknen, weil diess die Ver- anlassung gikt, dass die Grotten - Fiikrer auf selke aufmerksam gemackt werden, und sie den Grotten-Besuckern zeigen. Bis zum Scklusse des Jakres 182B war dieses das gewoknlicke Ziel aller die Grotte Besuckenden, von welckem sie vvieder riickkekrten, vveil der weitere Weg der vielen Iiindernisse vvegen kesckwerlick und nickt gekaknt war. Desskalk mačke ick auck kier einen kleinen Aksatz, und glauke ei- ne den geneigten Leser wiiIkommene Mittkeilung in der Bemerkung zu macken, dass die Grotten - Vervvaltungs - Commission durck die stets ein- fliessenden Eintrittsgelder in den Stand gesetzt ist, die vielfack ausgespro- ckenen Wiinscke der Besucker dieser kerrlick sckonen Grotte , in ikre tiefern Raume gefakrlos und kerpiem vordringen zu konnen, zu verwirkli- clien, somit den Weg kis zu dem kis nun kekannten Endpuncte der Grotte fortzufiikren , und alle gefakrlicken Durckgange, Briicken und Ge- lander vollkommen sicker zu macken. Zu diesem Zvvecke ist auck die- se Wegstreke den um die Grotte kockverdienten Adannern : Ritter v. Lo- wengreif und Herrn Sckaffenratk anvertrauet worden, und ist kereits gut kergeslellt. Eke ick in der Grotten - Besckreikung fortfakre, glauke ick eine Be¬ merkung macken zu miissen: Der Gedanke, dass ein raterlandisckes Werk auck wo moglich im Ya- terlande kerausgegeken werden soli, kat mick kewogen, den Druck in Lai- kack keginnen zu lassen. Auck kat Herr Adareus Ckarl, Kupferstecker in Laikack , mir erklaret, dass er die Fortsetzung der Kupfersticke zu ukernekmen wiinscke, und da. ick erwog, dass durck die vveite Entfer- nung von Laikack nack Prag jeder kleinste Anstand durck eine vveitvven- clige Correspondenz erst akgemaekt vverden miisste, so nakm ick Herrn CkarFs Anerkieten an. In vvieferne derselke der sckonen Ad'anier des Herrn Dokler nake ge- kommen ist, vverden die geneigten Leser giitigst selkst keurtkeilen. Jek darf meinen geekrten Leseni klikn versprecken, dass die Strecke, die nock zu durckvvandern eriikrigt, ikrem Ende zu, im Vergleicke mit den keiden erstern kesekriekenen Tkeilen, die sekonste und interes- santeste ist. Bevor wir aker dieses Ziel verfolgen , muss ick einige Bemerkungen 5 Sl# — voransenden, vvelche sich meinem Urtheile iiber die phvsische Veranlas- sung dessen aufdringen, dass in dieser Grotte die Schbnheit und der Reicli- thum der Tropfsteinbildungen mit der Entfernung von der Grottenmiin- dung progressiv zunehmen, vvahrend ich es dem Erkenntnisse der Gelehr- ten dieses naturvvissenschaftlichen Zvveiges anbeim stelle, meine Ansichten zu vviirdigen und zu berichtigen. Bekanntlich erfordert der Niederschlag des kohlensauren Kalkes , dass die Kohlensaure im VVasser, welches dazu diente , die Kohlensaure aufzulosen, sich vvieder verfliichtige. Dieser Ver- fliichtigung ist der Zutritt der athmospharischen Luft nicht nothig. Je ge- ringer der Druck der Luft ist, desto heftiger erfolgt die Verdiinstung, und im luftleeren Raume ist die Verdiinstung am sarksten. Ebenso ist es be- kannt, dass das kohlensaure Gas durch seine grdssere phjsische Schvvere die a t m o s p h a r i s c h e Luft verdranget. Dieser Wahrnehmung zu Folge solllen in den Grotten die grbssten und schdnsten Slalaktiten-Formen und Figuren immer in den tiefsten , von der atmospharischen Luft enferntesten Puncten vorkommen. Demungeach- tet haben mich meine in vielen Grotten Krain’s vorgenommenen zahlrei- chen Wanderungen vom Gegeniheile iiberzeugt. Ueberall erscheinen 4o Lis 100 Klafter vom Eingange enlfernt die herrlichsten Tropfsteine. Dage- gen stebel in den ferneren Riiumen das Grundgestein nackt da , und vvird hdchslens durch eine Kalksinter -Kruste iiberzogen. Die Kaiser Ferdi- nands-Grotte macht hievon in Krain einzig eine Ausnahme. Vom Eingange an halten die Tropfsteingebilde bis in die Gegend des Grahes, in mehr oder minderer Menge und Mannigfaltigkeit an. Vom Grabe bis zu dem im gleich tiefen Niveau liegenden Eingange zum Calvarienberge vermindern sich diese Bildungen: die Dečke besteht meistens aus dem nackten rauhen vveissgrauen Kalksteine, ohne allem sin- terigen Uebei'zuge, und n ur selten erscheint hie und da eine Pjramide , eine Situle, und ziert oder belebt gleichsam den einformigen Gang der Grotte. Vom Eingange zum Calvarienberge, somit g25 Klafter vom Grot- ten-Eingange entfernt, beginnen aber erst die Pracht-Scenen. Es bedarf hier keiner erhitzten Phantasie; den schlichtesten kalten Menschen reissen die ausserordentlichen S cenen, die sich dem Auge dar- bieten , zur lauten Bevvunderung hin. Ich babe bei meinen Grottenbesu- chen stets mehrere Grotten-Lichttrager und mehrere Mensclien zur Iler- heischaffung verschiedener Bediirfnisse gebraucht. Dabei vvar ich besorgt jederzeit wenigstens ein Paar Adenschen mitzunehmen, vvelche die Grotte noch nicht besuchet hatten. Ich habe ihre von keiner Nebenabsicht gelei- teten Aeusserungen genau bemerket, vveil mir daraus ein ziemlich richti- ger Alasstab ihrer Gefuhle und der Eindrucke, vvelche die Natur-Scenen auf ihr Gemtith machten , deutlich vvurde. Alle, selbst die Piohesten konnten nicht ohne den sonderbarsten Ausdrucken diese entferntern Puncte durch- w r andern und brachen , vvenn sie den Calvarienberg ansichlig vvurden , in Ausrufungen aus, vvelche ihr Entziicken ausdriickten. Die Natur, die in den iibrigen Grotten Krain’s das Schonste derselben an ihrem Eingange erzeugte , hal in dieser Grotte das Herrlichste in gros- ser Entfernung vom Eingange aufgestellet. Meme Meinung iiber dieses Sachverhaltniss reducirt sich auf die Fra- ge, „warum die erstbemerkte Strecke der Adelsberger Grotte von der Grot- „tenmundung angefangen nur sparil c h mit Tropfstein -Bildern ausgestattel —c">0 S 5 &&— „ist?“ und ich glaube diese Frage ganz einfach durch die Betrachtung be- antvvorten zu konnen, dass diese Strecke tiefer als alle Uebrigen liegt, und dass folglich der kohiensaure Kalk durch die hohe Aufschichtung der Gebirgsmasse nicht so leicht als an den der Erdoberflache n ah er lie- genden Punclen durclidringen kann. Yon dem Vorhange schreitet man ebenen Fusses und im gleicben Ni- veau , in vvelches wir beim Grabe kamen, fort. Die Dečke erhebt sich fast uberall zur Hohe von fiinf Klaftern, und der Gang bat die Breile von drei bis vier Klaftern. Die Wande bestehen aus nacktem vveissgrauen Kalk- stein , dessen VViilbung der Tauschung Raum gibt, als ob der Durchbruch durch die Gevvalt der Menschenhande bevvirkt worden vvare. Vollig sicht- bar ist seine Schichtung, die in bald liegenden , bald aufsteigenden Paral- lelogrammen iiber die Kopfe der VVanderer hereinzubrechen scheint. Nach- dem man eine gute Strecke in dem einformigen Gange fortgeschritten ist, komrnt man zu einem Stalaktilen, der einen schonen Wasserfall vor- stellet, jedoch ganz verschieden von den iibrigen bis dahin bevvunderlen ahnlichen Gestaltungen ist. Idierbildet das herabfallende Wasser nicht Schnii- re, auch wirbelt es nicht ubereinander, und gestallet eben so vvenig Un- ebenheiten , vvelche den vvellenfiirmigen Sturz des VVassers anzeigen wiir- den ; sondern das Wasser scheint in ein bis zwei Zoll breiten, glatten Bandern herabzugleiten, dergestalt, dass ein Fali des Wasser neben dem andern zvvar dicht aneinander aber doch sichtbar getrennt einen breiten Rechen von milchvveissen Bandern bildet, und um so bemerkensvverther ist, als in der ganzen Grotte kein anderer ahnlicher Stalaktit vorkommt. Zunachst daran, nur naher der Grottensohle, sieht man dagegen einen rothfen Wasserfall aus der Wand sturzen, vrelcher den Erstbeschriebenen ganz ahnlich , mit denselben, die von vveisser Farbe sind, einen vortreiT- lichen Kontrast zur Schau stelit. Vorvviirts schreitend, erblickt man rechts einen von der Dečke herab- hangenden grau angehauchten, flachen, oben beilaufig acht, unten fiinf Zoll im Durchmesser haltenden Stalaktiten, vvelchen die Fiihrer denTiir- kensiibel nennen. Da diese Formation mehr einer senkrecht herabhan- genden Riesenschlange ahnlich sieht, so ist die gevviihlte Benennung schwer zu rechtfertigen ; immer aber ist dieser Tropfstein beachlungsvverlh, vveil er in der ganzen Grotte ebenfalls der Einzige dieser Form ist. Auch fallt dem Beobachter die Betrachtung auf, dass alles Wasser, vvelches an diesem Stalaktilen herabrieselt, so sehr mit kohlensaurem Kal- ke geschvvangert sej, und dabei die Verdiinstung der Kohiensaure und des VVassers so schnell erfolgen miissen, dass der VVassertropfen nicht ganz iiber den Stalaktiten herabzurinnen Zeit findet, vveil man nicht bemer- ket, dass nur einer dieser Tropfen zur Erde gefallen vvare, und vveil man an der Solile der Grotte auch nicht eine Špur von abtropfendem Kalksinter vvahrnimmt. Von diesem Puncte aus fiihrt eine Seiten-Grotte rechts vom Idaupt- gange. Man kann sie nur mit vieler Beschvverde durchvvandeln , da herab- gefallene Steine und gebrochene Stalaktiten den Weg so sehr verschlim- mern, dass man iiber eine Stunde vervvenden muss, bis man an eine Stel- le kommt, an vvelcher der Fiirst sich der Solile so sehr nahert, dass man nur mit Gefldir vveiter kriechen kdnnte, vvas jedoch bisher nicht Statt fand. 5 * In dem Hauptgange vveiter schreitend, der von allen Stalaktiten ent- bldssl ist, und lilos den Kalkstein darstellet, aus vvelchem das Gebirge be- stehet, bemerket man rechts an der Grottendecke vier cpier uberliegende, einen balben Schuh bobe, bei zwei Klafter lange dunkelbraune Stiicke, welche auffallend H o Izb alken gleichen , und indem sie den Geist des Wanderers statt der feblenden Tropfstein-Gebilde beschaftigen , ihm die Frage abnothigen, wie diese Balken wobl bieher gekommen sejn mogen und wie es komme, dass sie nicht langst sclion verfaulet sind? Da es mog- licb ist, an der Seitenvvand, jedoch mit grosser Bebutsamkeit, bis an diese f^uerbalken binan zu klimmen, so babe ich mir die Ueberzeugung ver- scliafft, dass dieses vermeinte Holz nur Abstufungen eines dunkelgrauen Sandlagers seyen, in vvelchem diese Querbalken blos von dunkelbraunem Eisenoker gefarbt wurden , und dass dieses Sandlager, vvelches dunkel ge¬ farbt ist, hier in der Dečke des Grottenganges ausbeisst. Von bier an vveiter vorvvarts bleibt sich die Grotte einformig gleich, und fortan horizontal; aber man erblickt bald darauf eine rechts des Gan¬ ges stehende berrliche, vveisse, drei Klafter hohe , und eben so viel im Um- kreise messende majestatische kanaliculirte, in Absatzen getheilte Saule, fast gleicbformig breit, vvelcbe gegen das obere Ende kaum merklicb ab- nehmend, da sie sich dem VVanderer anfanglich als fast im Mittelpuncte des Ganges slehend dartellet, aus dem Dunkel mit Majestat hervortritt, und einen vortrefflichen Eindruck machet. Ihr Anblick, nacb einer ziem- licb langen Strecke in der sich dem forschenden Auge kein auffallender Gegenstand bemerkbar machte , iiberraschet um so angenehmer, als dieser Koloss aus dem entferntesten Ilintergrunde blendend vveiss entgegen glanzt. Von dieser Saule rechts fuhrt eine Seiten - Grotte. Sie hat an den meisten Stellen kaum einige Schuh Hohe, und man muss ofl kriechend sich durch- vvinden. Sie ist von Stalagmiten und Stalaktiten theils aucb von berabge- fallenen Steinbloeken sehr verengt, der Boden voller Kliifte, somit gefahr- licb zu durchschreilen. Von Strecke zu Strecke iindet man kleine Hallen, in vvelchen die herrlichsten Tropfstein-Gebilde vorkommen, die haufig auf ihrer Oberflache kristalisirten Kalkspath aufsitzen haben, somit bei dem Lichte der Fackeln brillantirt erscbeinen. Allein , alles dieses entschadiget nicht fur die Aliibc, die man anvvenden muss, bis man dahin gelangt, und so kommt es, dass meines Wissens noch Niemand diesen Gang vveiter verfolgt bat. In der LKnge einer Stunde bin ich in demselben fortgeschrit- ten, was jedoch nach meiner v ieljahrigen Erfahrung die Lange von zvvan- zig Minuten geben vvurde, vvenn der Weg vvie im Hauptgange gebabnt vvare. Drei mit HyrogIypben-artigen Basreliefs tiberzogene Saulen von seclis Fuss Hohe haben vor Allem in diesem Seitengange zu ervvalmen mir vviirdig erscbienen. So vvie man vvieder den Hauptgang erreicbel^ kehrt man auch zu den Tropfstein - Gebilden zuriiek, und unmittelbar nach der oben ervvabnten kolossalen Saule stellen sich dicht neben einander zvvei ahnliche eben so kanaliculirte Saulen dem Grottenbesucher dar. Wenige Klafter vveiter erscheinen links vvieder zvvei sehr breite, grosse, in Absat¬ zen getheilte Stalagmiten; vvelclie mit einem rdthlicben Tropfsteinsinter umbiiHet sind, der glanzlos ist, muschlieht bricht, nur hie und da den vveissen Tropfstein durchblicken lasst, und gleicbsam vvie ein Mantel diese Saulen umgibt. Auffallend ist es, dass die auf der rechten Seite des We- ges stebenden kaum ein Paar Klafter von den Ersteren entfernten Saulen •€ 3 >® ® —42 — eine Excursion seitvvarts zumachen, um sich eine richtige Vorslellung von den Gefahren zu verschaffen , vvelche man bei der ersten Entdeckung und vorzviglich damals zu bestehen hatte, als man in dichter Finsterniss mit Hiilfe einzelner Grubenlichter diesen Berg zu erforschen suchte. Kun sind die Gefahren verschvvunden , und mit frohlichem Gemiithe kann man sich den Eindriicken hingeben , vvelche die Anschauung eines solchen Natur- vvunders der Seele gevvahrt. Meine Feder ist zu schvvach , um vvurdig das Herrliche zu beschrei- ben , was sich dem entziickten Blicke darbietet, wenn man diesen Berg zum ersten Mal ersieht. Wie soli ich die grosse Menge von Stalagmiten schihlern , mit denen derselbe diclit besiiet ist! Die ganze Oberflache und die Seitenflache desselben sind mit drei bis vier Klafter boben, schlanken, zur Dečke emporstrebenden vveissen Tropfstein-Saulen besetzt, vvelche bald glalt , bald kanaliculirt, bald Hierogljphen-artig bezeichnetj mit Saulchen umgiirtet, mit Spiral-Linien umvvunden sind, vvahrend ebenfalls olme ei- ner bestimmten Abtheilung und eben so dicht, etvvas schmalern, ungefahr in der Dicke eines Mannsarmes, aber nur drei bis fiinf Schuh hohe Sta- lagmilen von rother Farbe zvvischen ihnen emporvvachsen, \velche eine glatte Oberflache haben, gegen die vveissen Saulen sonderbar abstehen, und dabei mit breilen Wulsten so umgiirtet sind , dass sie dem Gekrdse alm- lich sehen , und fiinf bis acht solche Umgiirtungen haben. Zu bemerken ist, das die Oberen immer breitere Rander als die Unteren haben, und dass in der ganzen Grotte keine ahnlichen mehr vorkommen. Man muss diesen Wald solcher vveissen und rothen Stalagmiten, so vvie ihr buntes Farbenspiel und die so sehr von einander abvveichende aussere Form sehen, um ganz entziickt zu vverden , auch ist nicht zu laugnen , dass seit der Enldeckung viele Saulen abgeschlagen und entfremdet vvurden. Die iiber diesen Berg gespannte Gevvolbsdecke ist ein von allem Tropfstein - Ueber- zuge entblosster grauer Kalkstein , der meistens glatt, und eben ausgefiillt ist. Auch bemerket man auf demselben keinen Tropfenfall, so, dass es den Anschein hat, als ob diese Menge von Saulen, den Baumen gleich, aus dem Boden empor gesprosst vvaren. Ganz frei steht der Berg unter dem Gevv olbe ; nur riickvvarts senket er sich etvvas steiler nieder, und im Hintergrunde scheint ein drei Klafter holies Gevvolbe eine vveitere Fortse- tzung der Grotte anzudeuten. Sie ist jedoch nur einige Schritte lang, und neiget sich bald so sehr zur Sohle, dass sich das Gevvolbe ganz an sel- be anschliesset, und alles Weiterschreiten unmoglich machet. Es erregt bei allen Besuchern das hochste Erstaunen, dass die vveissen Stalagmiten, ungeachtet sie so dicht mit den rothen vermengt stehen, in ihrer Form sich ničht ahnlidh sind, sondern ihre Unterscheidungs-Merkmahle immer die namlichen bleiben, daher die vveissen vvulstartige Auswuchse haben, und die rothen, glatt hoch empor strebenden Saulen nachbilden. Die Tafel Nr. 16 stellet einen Theil dieses Berges, vor der Mi 1 te des¬ selben , und zvvar mit dem Gesiclite gegen den Eingang gevvendet, ange- sehen dar. Da der Punci, von vvelchem Ilerr Schaffenrath die Aufnah- me machte, nicht auf dem vor Kurzem verferligten Fusspfad liegt, sondern ersl aufgesuclut werden muss, so zvveifle ich nicht, dass die Grotten-Yer- vvaltung-Coinmission , sobakl die dringender ndthigen Wege beendet sind, auch eine kleine Auslenkung zu djesein Puncte machen vverde , darnit jeder Reisende sich selbst von der Wahrheit der Zeichnung iiberzeugen kann. 43 »<£>— Die Tafel Nr .'17 stellet die Kuppel dieses Berges vor. Am 4. Juni i83o geruhten Ihre Majestat die durchlauchtigsle Frau Erzherzogin Maria Louise, regierende Herzoginn von Parma, die Grot- te zu besuchen. Entziickt durch die herrlichen Ansichten der Grotte, und durch die schonen Naturspiele, vvelche die Tropfsteine bilden, acliteten ihre Maje¬ stat keine Ermudung und nicht die Lange des Ganges, sondern drangen bis an den hochsten Punct des Calvarienberges. Hier geruheten Ihre Ma¬ jestat aus hochst eigener Bevvegung hochst Ihren Namen aufzuzeichnen, vvelchen Ritter v. Lovvengreif unverziiglich im Steine einatzen liess, da- mit noch spale Nachkommen an diesem Platze, auf welchem unsers aller- gnadigsten und aUgeliebten Kaisers Franz erhabene Tochter stand, von jener liebenden Verehrung durchdrungen werden , vvelche alle Untertha- nen Oesterreichs fur ihr durchlauchtigstes Kaiserhaus erfullt. Noch in der Entfernung geruhten Ihre Majestat die Frau Erzherzoginn des fiinf ein- halbstiindigen Ganges ungeachtel, sich mit hoher Begeisterung clieser Grot¬ te und ihrer Schonheiten zu erinnern. Herr Schaffenrath hat die Stelle bis zu vvelcher die durchlauchtigsle Prinzessin mulhig gelangte , in seine treffend ahnliche und getreue Abbildung aufgenommen , und die vereh- rungsvviirdigen Schriftziige, welche die Kuppe des Berges schmiicken, blei- ben auch fiir die Nachvvelt ein merkvvurdiger Gegenstand dieser herrli¬ chen Grotte. Ich habe die meisten Grotten von Krain durchforschet und durchkro- chen, ich babe einige des Auslandes gesehen, nnd ich glaube dennoch mit aller Zuversicht behaupten zu durfen, dass eine ahnliche Parthie, wie der Calvarienberg ist, nirgends bisher aufgefunden vvurde. Ich habe viele Frem- de hieher begleitet, und ich kenne die Aeusserungen der meisten der Ueb- rigen, vvelche die Grotte besuchten, da mir die Grottenfiihrer daruber Auskunft gaben; aber Alle brachen in die lebhaftesten Ausdriicke der Be- vvunderung aus, sobald sie in diese Gegend kamen. Da cliese Parthie nicht vviirdig genug durch eine Beschreibung versinnlichet vverden kann, sondern gesehen werden mtiss , so enthalte ich mich aller vveitern Anruhmungen , und vvill bloss bemerken, dass einzelne Reisende, vvelche nur vier Grot- tenlichter bei sich haben, nicht im Stande sind , das Grosse und Herrliche dieser Scene Zu iiberblicken. Um diesen Zvveck zu erreichen , miissen vve- nigstens zehn Lichter hie und da hinter die Siiulen aufgestellt vverden, und vier Lichter miissen den Grottenbesucher begleiten , um nur einiger- massen das Ganze iibersehen zu konnen. Uebrigens bestehet dieser hohe Berg aus einer grossen aufgethurmten Masse von unformlichen Kalkstein-! Bldcken , vv elche hunt iAbereinander da liegen, und vvahrscheinlich von der Dečke sich .ablosten, und eben diese vvild iibereinander gethurmten Steinmassen sind es , die das Emporklimmen so ausserst beschvverlich mach- ten. Diese Bliicke sind auf ihrer ganzen Oberflache mit einem zwei bis drei Zoll dicken, ausserst glatten graulichten , im Bruche sehr glanzenden Kalkspathe iiberzogen, von vvelcher Gattung mir in dieser Grotte nirgends etvvas iihnliches vorgekommen ist. Bei vollstandiger Beleuchtung erzeugt dessen Glanz des Ueberzuges einen magischen Strahlenschein , dessen op- tische Wirkung sich nicht beschreiben, sondern nur durch personliche An- schauung zur Ueberzeugung bringen lasst. Die Ablosung von der Dečke muss vor vielen Jahrhunderten geschehen sejn , vveil vv eder an der Dečke —® 44 w> — die mindeste Ablosung, noch auch am Boden irgend ein frisch gefallener Stein zu sehen, sondern alles mit dieser Kalkspath-Kruste iiberzogen ist. Wie vortrefflich die Dečke zusammengefuget ist, beneiset der Umstand, dass nicbt das kleinste Kdrnchen herabfiel , als man den neuen Fusspfad anlegte , und Ritter von Ldnengreif funf Minen bohren und anziinden liess , um durch Felsensprengung die Absicht zu erreichen, dass Ihre Ala- jestat die Frau Erzberzoginn Alaria Louise den Berg bequem ersteigen konnen. Jeder Knall dieser fiirif Sprengminen vvar betaubend und schien die Grundfesten zu erschuttern; aber die VVdlbung der Grott^ und der Ueberzug, der sie birgt, erlitlen auch nicht die geringste Eii\wirkung. Auf diesem Berge sind vor zvvci Ja hren , und ietzt dort, wo man den Weg arbeitete, Thierknochen gefunden vvorden. Bei der ersten Entdeckung nar ich persdnlich anvvesend. Zvvischen znei Steinblocken vvar eine, einen Schuh tiefe und ebeh so breite Vertiefung, die oben bloss mit der er- vvahnten Kalkspath-Kruste iiberzogen war, zufallig eroflnet n r orden. In dieser Vertiefung lag der Kopf eines Hohlen-Bares in drei Theile gebro- chen , mit sechs Zahnen drei VVirbelbeinen und ein Stiick eines hintern Fussgelenksknochens. Eine Spanne davon entfernt, fand sich eine iihnliche Vertiefung, in vvelcher viele bis auf Zoll Lange zerbrochene Rippen , drei Stiick Fussge- lenkbeine, ein zersplitterter Hiiflknocben und zwei Wirbelbeine lagen. Aile diese Knochen vvaren die Ueberreste der namlichen Thierart, batten noch ihr inneres Zellen-Gen ebe , und vvaren in einem vveichen, zerreiblichen Zustande und nirgends erhartet. Jene Stiicke, vvelche der Oberlliiche am nachsten lagen, hatten die Tropfstein Kruste fest auf sich sitzen. Ich be- wahre alle diese Stiicke in meiner Sammlung. Auf diesen Fund baute ich sogleich meine Hvpothese viher das Entstehen des Calvarienberges. Die Be- trachtung, dass diese Knochen so splitterartig gebrochen w r aren , bestimm- te mich zu der Voraussetzung, dass der Einsturz der Dečke zu einer Zeit erfolgt sejn iniisse, in der die Ildhlen-Baren lebten, und dass diese Thie- re durch das Fallen der Steine zermalmt in kleinen Griibchen Platz lin- den konnten. Ich vvar davon innig viberzeugt, und hatte meine Hvpothe¬ se gegen Jedermann mit Aluth vertheidigt. Ich bedurfte jedoch noch ei- nige Localbesichtigungen, ob ich nicht so glvicklich ware, andere vvohl erhaltene Knochen zu linden, und ging vvenige Tage damuf vvieder auf rneinen Lieblingsplatz ■, den Calvarienberg, vvar aber nicht so glucklich, neue Knochen zu entdecken. Ich raumte zvvar aus den zvvei ervvahnten Griibchen vollends alle Knochensplitter heraus , um meine H_ypothese von Zersplitterung der Knochen mit neuen Griinden untertiitzen zu kdnnen. Aber wie erstaunte ich, als ich beide Vertiefungen oder Ldcber von dem Kalkspath-Ueberzuge ganz vertropft und sehdn glanzend, folglich den kla¬ ven Bevveiss fand, dass die Kruste, als diese Knochen dahin kamen , wo sie dermalen lagen, liingst schon den ganzen Berg umhiillet hatte , und dass daher die Entstehung dieses Berges in eine noch entferntere Periode , als in jene der Exislenz der Hohlen-Baren gesetzt vverden miisse. Auch lagen die Knochen in dem Loche ganz frei, wie in einem glasirten Topfe, und nur jene, vvelche sich auf der Oberllache befanden, vvaren von dem Kalkspath-Ueberzuge so fest umschlossen, dass die Knochen ehe brachen , als sich von der Kruste trennen liessen. Da meine Hvpothese so schnell zusammen stiirzte , so vvage ich keine zvveite aufznstellen , sondern fiihre —45 &&■ das Beobachtete nur an , damit kenntnissreiche Naturforscher uns hieriiber ihre Ansichten mitzutheilen, die Gefalligkeit haben mbgen. Die Grottenbesucher diirften es villeicht sonderbnr finden , dass ich Iiier keine vveitere Ervvahnung von den iibrigen Tbierknocheu macbe, welche sonst noch in dieser Grotte gelunden worden sind: allein zu mei- ner Entschuldigung muss ich bemerken , dass ich die verschiedenen Ifno- chen, vvelche aus der Grotte heirnlich heraus geschleppet vvurden, nicht sah, und dass der Vandalism zur Zeit als die Grotlen - Vervvaltungs - Com- mission noch nicbt bestand , inanches; zterstbrle, was jetzt geschonet vvird. Damals vvar es Gevvohnheit , jederzeit den Fremden fiir ein kleines Ge- schenk manches Merkvviirdige aus der Grotte zu iiberlassen, was ich aiis Liebe zu rneinem Vaterlande gerne theuer bezahlt hatte, vvenn man mir es gebracht haben vviirde. Da ich dagegen Alles, was ich von dieser Grotte beschreibe und an- gebe, selbst gesehen und selbst beobachtet babe, somit mich als Biirgen fiir alle meine Angaben stelle, so ist es einleuchtend , dass ich liber jene in der Grotte gefundenen Thierknochen, die ich nicht selbst sah, eine Ver- sicherung abzugeben , mir nicht erlauben kann. Nach dieser langen Abhandlung, vvelche die Grotten-Besucher mir ge- vviss gerne vergeben vverden , kehren vvir auf den Standpunct zuriick, von \velchen meine Zvvischenbemerkungen ablenkten , namlich zu dem Gipfel des Calvarienberges. Bevor man von diesem, seltenen Genuss gevviihrenden Bilde scheidet, vveide sich noch der trunkene Blick an ali’ dem Schbnen und Erhabenen , was die vvirkende Kraft der Natur mit ihrem unerschopf- lich reichen Zauberstabe hier in evsdger Nacht verbarg. Rund umher schaue das Auge noch einmal in das hunte gliinzende Gevvirre der Gestalten, in die majestatische Wolbung, liinab in den grausen Schlund der Finsterniss, und tief dem Gedachtnisse eingepriiget werden der Erinnerung diese unter- irdisclien Herrlicbkeiten hleiben. Ich rathe dem Wanderer, der sich durch den zuriickgelegten Weg ermiidet fiihlt, besonders dem zarteren vveiblichen Geschlechte von diesem Puncte aus, auf dem gebahnten Wege zu dem Eingange zuriickzukehren, der auf der i5. Platte abgebildet ist. Der riistige p'orscher hingegen mb- ge links vv eiter sich bemiihen , und vvird zvvischen Vertiefungen und Kliif- ten sich durchvvindend, durch eine ganz andere Halle gelangen, mit man- cher Beschvverde schbne Tropfstein - Gebilde , vvelche jedoch von den bis- her Gesehenen sich durch nichts unterscheiden , erblicken, und endlich bei St. Stephan in den Haupt-Grottengang herabkommen ; ein Weg, den die Grotten-Vervvaltungs-Commission, nach Massgabe ihres Grottenfondes ebenfalls herzustellen beflissen sejn wird. Von dem oben ervvahnten Eingange vveiter in der Haupt-Grotte fort- schreilend, lasst man den Calvarienberg rechts, und gelangt zu einem gros- sen Thale, vvelches den Gegensatz des so eben verlassenen Berges machet. Es ist beilaufig zvvolf Klafter breit, zvvanzig Klafter lang, von Felsentriim- mern ganz uneben gemacht, jedoch durch den dariiber gezogenen Kalk- sinter kuglicht vertropft, somit gar nicht beschvverlich zu iiberschreiten. Bevor man jedoch diese Stelle verlasst, verdienen zur Linken drei blen- dend vveisse Tropfstein-Saulen, von vvelchen die zu nachst stehende an ih- rer Spitze ungefahr zvvei Schuhe Flachenraum haben mag, betrachtet zu vverden. Auf dieser naelisten Situle stehet in der Mitte ein drei Schuh ho- —46 ®<&— her Tropfstein-Kegel, ganz ahnlich dem Bilde, vvelches man liierlandes vom heiligen Stephan hat, rechts und linlts sind zvvei gleich hohe, jedoch viel dunnere Tropfstein-Saulchen , die an zwei Kerzen erinnern, vvie man solche in Kirchen-Leuchter aufzustellen pileget. Wendet man von hie- raus das Auge rechts , so sieht man den zvveiten Ausgang des Calvarien- herges , und gerade vor sich iiber das Thal hin , erblickt man die Fortse- tzung des Grotten-Hauplganges. Wer mit gehoriger Vorsicht, da der Weg noch niclit vveiter gehahnt ist, das Thal uberschritten hat, findet schdne Stalaktiten und Stalagmiten, deren Gestalten und Formen, hatte man den Calvarienberg noch nicht hesuchl , allerdings Bevvunderung erregen vviirden. So aber geht man ungeriihrt an ibnen voriiher , und kommt an ein zvvei- tes noch lieferes Thal, von dessen grosster Tiefe bis zur Dečke beilaufig 24 Klafter Hohe sej n diirften. Dieses Thal hat keinen Namen. Ich wiirde es das Thal der Vernichtung nennen, weil es schauerlich anzusehen ist, in- dem sehr grosse Steinblocke und Felsentriimmer hunt durcheinancler lie- gen , und hie und da zvvischen ihnen dunkelroth gefarbter vveicher Thon vorkommt. Ganz deutlich ist es zu erkennen, dass die Blocke von der Dečke herabgestiirzet sind, und dass ober dem Kopfe des VVanderers noch ahnlicbe Massen schvveben , vvelche herabzustiirzen drohen. Es kostet vie- le Muhe und Vorsicht, dieses Thal zu durchschreiten , vveil jeder Fusstritt mit Ueberlegung gemacht vverden muss , um sich nicht zu beschadigen. Dabei ist nicht zu laugnen , dass die Besorgniss, es konnte eine der an der Dečke schvvebenden Massen herab stiirzen , das Gemiith ebenfalls been- get, und das Weiterschreiten noch beschvverlicher machet. Freilich kann den Zeitpunct des Herahstiirzens Niemand bestimmen, aber ehen so geAviss ist es, und beschaftiget die Phantasie des Grotten - Besuchers , dass dieser gefiirchtete Zeitpunct eines den Tod bringenden Absturzes auch der nachst vverdende Augenblick sejn konne. So vvie dieses Thal jetzt aussieht, mag es vor vifelen Jahrhunderten auch am Calvarienberge ausgesehen haben. Billig solite jeder Grottenbesucher dasselbe besehen , um sich ein en deut- lichen BegriJf von den Beschvverden zu machen , vvelche das Forschen in der Grotte in den ersten Jahren nach ihrer Entdeckung mit sich fiihrte, als es noch uberall melir oder minder so chaotisch vvar, Avie uns dieses Thal gegenvvartig erscheint. Jeder, der sich die Muhe gibt, diesen Ver- gleich anzustellen, und dem grossen Werke das nothig war, einen Riick- blick zu schenken, wird den verdienten Dank aus vollem Herzen dem er¬ sten Entdecker Herrn Joseph Piitter v. Lovvengreif zollen, der alle mog- lichen Hindernisse iibervvand, alles vA r as Neid nur erfinden konnte, nicht achtete, uberall mit eigener Festigkeit durchdrang, und uns und unseren Nachkommen so herrliche Geniisse noch fortvvahrend bereitet. Wohl ihm, dass er sich, vvie ich schon im ersten Hefte ervvahnte, der Unterstiitzung Seiner Excellenz unsers Hochverehrten Herrn Gouverneurs Freiherrn v. Schmidburg erfreut, vveicher alles VVissenschaftliche und Niitzliche be- schiitzet, und von dessen Wirken ich umstandlichere Ervvahnung zu ma¬ chen mir vorbehalle, vvenn ich die Alterthiimer beschreiben vverde, die bei Gelegenheit der Abtrocknung des Laibacher Morastes im Flussbelte der Laibach gefunden vvurden. Wer dieses Thal der Grotte im Riicken hat, kommt zu einem fiinf Schuh hohen rothen Stalagmiten,'vveicher der grossen Aehnlichkeit vvegen den Namen des Kapuciners erhalten hat. Hier vvendet sich links eine — 47 Seitengrotle, die seit dem Grabe die Erste in dieser Richtung lauft. Sie vvird von den Grubenfiihrern als der fortlaufende Hauptgang betrachtet, hat zeitvveise schon am Eingange stehendes VVasser, scheint in die Tiefe somit zum VVasser-Spiegel dieses Gebirges sich zu neigen, ist an ihrern Ende geschlossen, komite jedocli von jungen riistigern Forschern noch im- mer genauer durchforschet vverden, ob nicht hier ein vveiterer Groltenzug entdeckt vverden konnte , was meinem und meines Freundes Bbvvengreif vorgeriicktem Alter und Beleiblheit nur mit grosser Beschvverde gestaltet seyn vviirde. Nicbt ferne vom Kapuziner nahert man sich dem vermutheten En¬ de dieser Grotte. Ein entfernles Platschern fallender Tropfen verkiindet, dass man nahe am Tropf-Brunnen ist, vvelchen Herr Schaffenrath mit voller VVahrheit in der Tafel Nr. 18 dargesteliet bat. Hier erbliclit man einen rothen hellflimmernden abgestutzten Hegel, dessen Basis sehr iireit ist, und dessen nachste Umgebung an der recbten Seite unter VVasser steht, an der Oberflache aber ein einen Schuh breites Becken hat. In das- selbe fallt von der Dečke herab aus einer Hdhe von beiiaufig zehn Klaflern in gleichen Zeitraumen ein Wassertropfen, der, so wie er in das Becken auflallt, sich nach allen Richtungen verspritzt. Bemerkensvverth ist es, dass die Starke und Geschv\ r indigkeit der fal- lenden Tropfen, so wie ihre Kristallhelle obne Riicksicht auf die Jahres- zeit im Sommer und im Winter immer sich gleich bleiben. Seit dreizehn Jahren ist dieser der Ort, an dem die Grottenfuhrer ihre Beobachtungen anstellen. Sie behaupten , dass in diesem Zeitraume sich weder die Starke noch die Richtung des Tropfens im mindesten veriindert haben , und dass nach ihren mit einer Messerklinge gemachlen sehr genauen Vergleichun- gen die Tropfsteinmasse im Becken sovvohl, als in dessen Umgebung, nicht in der Dicke eines Blattes Papier zugenommen habe. Audi verdie- nen auf diesem Platze zviei sehr grosse kuppelformig hervorstebende rolbe Stalagmiten mit einem vveissen Mantel iibertropft, noch bemerkbar ge- macht zu vierden. Die Grotte verengt und erniedrigt sich immer mehr, der Boden viird schliipfrig und^kotbig, einige vorbangartige Stalaktiten zeigen sich noch, und mit einem Mal steht man an einer engen Pforle. Durch diese Pfor- te blickt man in ein kleines sechs Klafter langes und drei Rlafler breites, an den VVanden ganz glatt vertropftes Gewolbe, vvorin stehendes Wasser sich befindet, vvelches alle Fortschritte hemmt, und i 25 o Klafter vom Ein¬ gange entfernt, fur dermahlen diese beriihmle Grotte schliesst. Das Wasr serb^hiiltniss scheint trichterformig zu seyn , und das schmale Ende dersel- ben seine Basis auszumachen. Sobakl man an dieses Ziel gelangt ist, pile- gen die Fiihrer den Grotlen-Besucher mit sclinellen Schritten zuriick zu fiiliren, und in zweiStunden, ofl noch friiher kommt man vom Schvveisse triefend an das Tageslicht. Ich erlaube mir jedoch den vvohlmeinenden Rath, dass es zvveckmassiger sey, an die Fiihrer die iiblichen Geschenke zu verdoppeln, damit man den Riickvveg langsam zuriicklege, und dadurch die Moglichkeit erlange, die auf dem Hinvvege bevvunderten Partbien auch von der entgegengesetzlen Seite mit Musse betracblen, und dabei beriick- sichtigen zu konnen , dass die meisten Reisenden nie vviederkehren, dass folglich ein zu schneller Ueberblick keinen bleibenden Eindruck binter- liisst, und dass es also vvohl die Muhe lobne, ein Paar Stunden mehr auf — 48 — die Besichtigung so interressanter Gegenslande zu vervvenden , deren Schon- heil und Seitenheil es vverth siiul, die von ihnen erhaltenen Eindriicke bleibend und unausldschlich zu machen. Nebst dieser Bemerkung halte ich es nicht fur iiberfliissig hier noch den beim Eingange ertheilten Pvath zu vviederhohlen, dass man, bevor man den Grotten-Besuch beginnt, die Grotten-Fiihrer mit seinen Absichten bekannt machen miisse, damit sie sich hinreichend mil Oehl versehen kdnnen. Hiezu ist es aber ndthig, dass man ihnen statt der Erklarung, vvie vveit man gelien wol!e , vielmehr genau bestimme, vvie lange man in der Grotte zu bleiben gedenket, vveil bei dem erstern Ausdrucke sie die Zeit nach ihren eilfertigen Schritten bemessen, bei Letzterem hingegen die bestimm- te Zeilperiode, ob man narnlich drei oder sechs Stunden vervveilen vvolle, erfahren, und sich hiernach mit Brennstoli' fur die unumganglich nothvven- digen Grubenlichter versehen. Auch die schon einmal gemachte Bemer¬ kung, sich mit kalter Essvvaare geniigend auszurusten, ist allerdings ven YYichtigkeit, damit man nicht in den Fali komme, dass Besucher und Fiihrer aus Mangel an Nahrung der ndthigen Korperkrafte ermanglen, und vor der Zeit zur Riickkehr geinahnet vviirden. Wenn der VVaiulerer den grossen Dom im Riickvvege iiberschritten, und einen Theil der Treppe gegen das Monument Seiner Majesliit des Kaisers Franz erstiegen hat, so kommt er drei und zvvanzig Stufen von oben herab gerechnet, auf ein Ruhe-Platzchen der Treppe, von wo aus links eine Grotten - Abtheilung fiihret, vvelche schon in den altesten Zeilen be¬ kannt gevvesen zu sejn scheinet, somit die alte Adelsberger Grotte h e is st. Diese scheint diejenige zu sev n, vvelche Herr Freiherr v r . Val¬ vasor besuchte, und vvelche ilim bei zvvei Stunden Jang zu sejn diinkte. Jene, vv r elche dariiber Zw'eifel hegen , ob es wohl dieser Grottenzvv r eig gevv r esen sej, den Valvasor betrat, oder ob er vielmehr in der Ferdi- nands-Grotte vvar, da er in seinem V\erke: Ehre des Herzogih ums Krain, ganz bestimmt anfiihret, zwei Stunden Wegs in der Adelsberger Grotte gemacht zu haben, belieben zu ervviigen, dass bereits vorne durch Beschreibung der gefahrvollen Art, mit vvelcher Herr Ritter v. Lo- vv r engreif die Kaiser Ferdinands - Grotte entdeekte, zur Geniige ervviesen sej, dass vveder Baron Valvasor, noch sonst ein menschliches Wesen vor dem Piitter v. Ldw'engreif in dieser Grotten-Abtheilung gevvesen sej, und vveder die nackte acht Klafter hohe Felsenwand erklimmet, noch iiber den schnell fliessenden tobenden Bach Piuka zu setzen gevvagt habe , indem auch nicht die mindeste Špur eines friihern Besuclies zu entdecken vvar. Ware Baron Valvasor dort gevvesen, so vviirde dieser genau aufzeich- nende Forscher krainerischer Sellenheiten, es gevviss auch angemerkt ha¬ ben. Mil der gleichen Consequenz ist voraus zu sehen, dass das Merkvvur- dige, vvos dem Baron Valvasor nicht entgangen ist, auch den For- schungstrieb seiner Nachfolger gereitzt haben vviirde, und so vvare die Kaiser Ferdinands-Grotte doch zeitvv'eise besuchet, und die Tradition iiber ihre Exi- stenz vviire bis zu unseren Zeiten erhalten vvorden. Andererseits mochle ich aber auch nicht gerne den alles so genau beschreibenden Baron Val¬ vasor der Uebertreibung beschuldigen. Ich habe mich also zu iiberreden gesucht, die alte Adelsberger Grotte habe einst eine grossere Ausdehnung gehabt, und sej seither durch das Tropfvvasser vertropfet vvorden. Allein dagegen zeugen die vveiter unten — 49 — ervvahnt vverdenden Inschriften, vvelche in der letzten zuganglichen Halle alle Wande bedecken, und eben dessvvegen redende Bevveise sind, dass schon im Jabre 12 13 dort der Endpunct gevvesen seyn miisse, weil sich sonsl vvohl nicht alle dort aufgezeichnet liatten. Es bleibt mir also zur Losung der Frage nichts iibrig, um meinen Satz aufrecht zu erlialten , als den Baron Valvasor zu beschuldigen , dass er durch Gespenster-Furcht verleitet, und von der Neuheit dieses unterir- dischen Meistervverkes der Natur ergriffen, vveit in den Berg hineinge- drungen zu sejn, sich irrig eingebildet haben mag. Doch muss ich be- merken, dass man in dem Falle, wenn man noch nie in einer Grotte vvar, und dann diese Seiten-Grotte friiher als die Kaiser Ferdinands - Grotte be- tritt, vvohl auch eine und eine halbe Stunde in selber vervveilen kann, vvas die Grotlenfiihrer aus der Erfahrung haufig bestatigen, und vvodurch also Baron Valvasors Angabe seines Zeitaufvvandes von zwei Stunden bei etvvas genauerer Forschung gar nicht unvvahrscheinlich vvird. Auch konnte Valvasor, wenn er in der Ferdinands-Grotte nicht war, keine andere als die alte Adelsberger Grotte belreten haben, vveil es auf diesem Puncte keine andere Grotte gibt als diese, und somit bleibt dem Rilter v. L.6- iv en gr e if die ungetriibte Ehre einzig und allein der Entdecker der Ferdinands-Grolle geiuesen zu sejm. Ich mache nun auch von dieser alten Adelsberger Grotte Ervvahnung, damit meine gegenwartige Beschreibung sovvohl liber diese als iiber die Ferdinands-Grotte so vollstandig als mdglich werde. Ich vvill jedoch keinen Grotten-Besucher ermuntern, mir in selbe zu folgen, vveil sie vveder be- merkensvverlhe Tropfstein-Gebilde enthalt, noch sonst et\vas darbietet, vvas mit dem in der Ferdinands-Grotte befindlichen Naturschatze einen Vergleich aushalten konnte. Von dem bezeichnelen Puncte der steinernen Treppe vvendet man sich in die Haupt-Grotte hinein gehend links ab, und schreitet auf einem zvvolf Zoll breiten , vier Klafter langen Pfade, liings eines fii.nf Klafter holien Ab- sturzes in diese Grotte, in der man von dem Tosen des einstiirzenden Baches Piuka ubertaubt und sich rechts hinter einem vorspringenden Fel- sen vvendend, in einen schmalen gothisch gevvolbten Gang kamnit. Diese Grotte zieht sich in der Richtung nach Norden fort, und ist der gefahrli- chen engen Passagen und des geringen .Luftwechsels vvegen auf der Haupt- stiege durch (las fortlaufende Gelander abgesperrt, jedoch fiihren die Grot- tenfiihrer, wenn man es ausdriicklich verlangt, die Grotten-Besucher eben- falls dahin. Anfangs ist die VVolbung der Grotte sehr breit, vveil sie jenseits bis iiber den einstiirzenden und durchstromenden Bach sich erstreeket, bald aberviird selbe enge, und man h at einen ungeebneten Pfad vor sich. Deber eine braune mit Kalksinter iiberzogene Masse gelangt man in einen neun Schuh hohen Gang, der sich allmahlig bis auf fiinf Schulie erniedriget. Doch auch dieser erhebt sich nach vvenigen Schritten vvieder, und hier sieht man einen rothen Tropfstein, der einen sclionen Wasserfall bildet. Wenige Schritte vveiter scheint sich die Grotte zu schliessen, und vvirklich diirfte hier oder bei einer der folgenden engen Durchgange in der kom-' menden Zeil die Grotte sich vertropfen und geschlossen vverden. Zu die¬ ser Meinung vverde ich durch die Betrachtung geleitet, dass 65 Klafter von der Hauptstiege entfernt, vvo man in. diesen Grottenzvveig tritt, diese Grot- 7 50 &&— te nur noch eine OefFnung von einer Klafter Hohe und zvvanzig Zoll Breite hat, vvelcKe sich nur unhequem durchschreiten lasst. Man befindet sich hier in einem braunroth vertropften Raume, von vvelchem aus sich di'eis- sig Klafter vveiter die Grotte auf eine runde, zvvanzig Zoll im Durchmesser haltende Oeffnung zusammenziehet, durch die etvvas beleibte Personen nicht krieclien konnen. Der Grottengang wird niedrig, schmal und schvver zu begehen, und hier zeigt sich ein zvveiter Tropfstein-Wasserfall, der schbner als der Erstere ist. So vvie man bei diesen vortiber ist, kamnit man zu einem Gange, der rechts rothe und links vveisse Stalaktitenmas- sen enthalt. Man fangt an allmahlig an der vvarmeren Luft, die man ein- atlimet, immer melir zu spiiren, dass diese Grotte keinen Luftvvechsel habe , und dass man sich ihrem Ende nahere. Diese Vermuthung bestatigt sich bald, denn 120 Klaftern von ihrem Anfange entfernt, kommt man zu einer abvvarts kaum zvvanzig Zoll im Durchmesser haltenden ovalen Oeff- nung, die man nur sehr miihsam am Bauche kriechend dimchschreiten kanu , und befindef sich 12.5 Klafter weit vozu Antritte dieser Grotte , beim vertropften Gerippe, Die VVande sind mit vveissen, braunen und ro- then Kalksinter iibez-zogen. Links befindet sich am Boden liegend das sogenannte Gerippe. Ich war wenige Tage nachdem Ritler v. Lovvengreif diese seit einem und einem halben Jahrhundert unbesuehte Grotte vvieder zum er- sten Mal zu betreten vvagte, in derselben, und habe also das Gerippe noch unverletzt sehr aufmerksam beti-achten und untersuchen konnen. Ich glaube damals die Schenkelknocherz am Boden neben einander liegend , und den Leih an der linken Wandseite befindlich, doch sehr vom Tropfstein iiber- zogen, genau beobachtet zu haben. Es vvaren jedoch, so viel ich mich er- innere, nur die allgemeinen Foivmen, keinesvvegs aber einzelne Theile kennbar, und um eine Slalagmiten-Saule war der rechte Arm so geschlun- gen , dass man den Handknoehel und die fzinf Fingerknochen deutlich er- kennen ko n n te; dort hingegen, wo die Halsvvii-belbeine und der Kopf sevn sollten , war der Tropfstein so dieht auf einander geschichtet, dass man keinen Knochentheil mit Gevvissheit erkennen konnte. Frei von allem Vorurtheile habe ich bisher Alles, vvie ich es gesehen und gefunden habe, beschrieben, und hoffe , dass jeder Grotten - Besucher maincr Unpartheilichkeit Gez-echtigkeit vviederfahrezi lassen vvird. Diess gibt mir die Berechtigung voi'auszusetzen, dass man mir auch in Bezug auf dieses menschliche Geidppe Glauben beimessen werde, obgleich gegen- w'iirtig dasselbe schon sehr undeuliich geworden ist. Als ich fiinf Jahre spater nach meiner ersten Beobaehtung die Grotte vvieder besuchte, fand ich die Schezikelknoehen und den Arm betrachtlich von der Tropfstein-Ki-uste liberzogen , und dort, vvo ich den Kopf vermu- thete, hat ein muthvvilliger Grotten-Besucher ein Loch in die Tropfstein- Kruste gesehlagen. Ich forschte in demselben, fand es lief, und konnte nur zwei kleine menschliche Knochensplilter auffinden, die zu klein zva¬ re n , um beurtheilen zu konnen, ob sie vom Schadel oder von einem Kno- chen des Leibes gevvesen sind. Diese Gz’otte vertropft sich immer mehr, und es ist nicht unvvahrschein- lich , dass in fiinfzig Jahren die Grotten-Besucher den einstigen Bestancl dieses Gerippes bezvzeifeln vverden, ja dass bis dahin der Grottengang selbst ganz vertropft und es unmoglich vvird, bis zu dem Gerippe vordringen zu konnen. —31 — Auf jeden Fali scheint die grassliche Vermuthung gegrundet, dass die- sem Ungliicklichen, dessen Gerippe hier das Grab fand, sem Grubenlicht erlosch, umi dass er vom Hunger und Durst gecpiailet in langsamen To- tlesqualen sein Leben ausgebaueht babe. Moliter ossa cubent. Seit jenem Jahre , in vvelchem ich diese Stelle zum zvveiten Male be- sah , babe ich am korperlichen Umfange so sehr zugenommen, dass ich die¬ se Grotte nicht mehr betreten kann. Jndessen versichert mich Herr Schaf- f e n r a t h , dass das Gerippe seither nochmehr mit Tropfstein-Kruste iiber- zogen worden sej. Herr Professor Volpi fiilirt in seinem in Triest 1820 herausgegebenen Werkcken, betitelt: ,,liber ein bei Adelsberg neu- entdecktes Polaeotherium von einem Freunde der Natur“ an, dass unfern dieses Gerippes ein behauener Kalkstein wie der Obersturz einer Thtire am Boden liege. Ich muss diessfalls bekennen , dass ich diese Aehn- lichkeit so vvenig bemerken konnte als den Ort, wo dieser Kalkstein ge- standen sejn mag. Wenige Klafter ist es dem Wanderer nocb vcrgdnnt vveiter zu schrei- ten, denn dass ganze Gevvolbe schliesset sich vollkoinmen, und bildet zwei Hundert Klafler vom Einlritte in diese Grotte entfernt, eine runde Halle, vvelche ganz mit Namen bezeichnet ist, und kein vveiteres Vordringen ge- stattet. Ich halte mich verpflichtet diese Inschriften, obgleich Herr Pro¬ fessor Volpi in seinem erst bemerkten Werkchen sie scbon angefuhret bat, doch meinen Lesern mitzutheilen, um nichls an der Vollstandigkeit der Grotten-Beschreibung mangeln zu lassen. Herr Schaffenrath bat diese Inschriften ganz nach der Natur gezeichnet, und sie erscheinen Nr. 19 abgebiklet, so wie sie an der Wand der Grotte theils mit der Kohle , theils mit der Bleifeder und mit Rothstein geschrieben sind. Die Natur bat viel zu ihrer Erhaltung beigetragen , da der Trofstein zvvischen der Steinwand und der Schrift herab gerieselt ist, und die Schrift vvellenformig empor- gebobenbat; auch ist hie und da der Tropfstein unter und ober der Schrift herabgeflossen, und hat sie gleichsam mit einem evvigen Firniss iiberzogen. Wer hier eine Stunde vervveilt, vvird wohl fiihlen, dass die Lichter und der Athem der Adenschen die Lebensluft verzehren , und dass es hier vve- nig Luftvvechsel gebe. Jeder vvird also gerne den Riickvveg antreten, und seine Lunge merlich erleichtert finden, vvenn er auf die Hauptlreppe zu- riick gelangt. Ich vveiss nicht, ob jeder das gleiche Gefiihl mit mir tbeilet. Ich vve- nigstens muss bekennen, dass die Ferdinands-Grotte in mir nie eine un- angenebme Empfindung hervorbrachte, vvogegen in dieser alten Adelsber- ger Grotte mir mancher Schvveisstropfen durch die eingesperrte Luft und durcb die engen Durchgange ausgepresset vvurde. Es vvird dem geneigten Leser nicht unbemerkt geblieben sejn, dass die Inschriften der Wande schon mit dem Jahre 12 13 beginnen, dagegen aber nicht auf unsere Tage reichen, sondern mit der Jahrzahl 1676 enden, und dass folglich zvvischen dieser Zeitperiode und dem ersten Besuche des Ritters v. Lovvengreif im Jahre'1816 ein Zeitraum von 140 Jahren ver- flossen ist, in vvelchem vvahrscheinlich der erste iible Zugang der Grotte, der jetzt doch 12 Zoll breit ist, Jedermann von dem Besuche derselben abgescbrecket hat. Moge es mir vergonnet sejn, diese Beschreibung mit dem Wunsche zu schliessen, dass jeder VVanderer in den Adelsberger Grotten jenen Hoch- genuss an tlen Herrlichkeiten ihrer Schatze fuhle, iler mir so oft zu Theil vvurde, und dass dieses kleine Werkchen , vvelchem Vaterlandsliebe das Entstehen gab, nicht fur unvvurdig erkannt werde, seine Bestimmung als Leitfaden fur Grotten - Besucber und zugleich den Zweck zu erreichen, dass der Mit- und Nachvvelt eine umstandliche Kenntniss von dem gegen- vvartigen Zustande der beruhmten Adelsberger Gi - otte verschaffet wird. Endc Zl NAR. IN UNIV. KNJIŽNICA L'JtJ B L J. A '6945 Ahr Laibacli, gedruckt Lei JOSEPH BLAS NIK, 1837 .