Mittwoch den 7. September XX. Zahraank. vle ^Marburger Leitung" erscheint jeden Sonntag. Mittwoch und Freitag. Preise — sül Marburg ganzjährig « fl., halbjährig S fl., vierteljährig 1 fl. so kr.; für gustellung _in« Haus monatlich 10 kr. — mit Postversendung: ganzjährig S fl.. halbjährig 4 fl., vierteljährig 2 fl. InsertionSgebühr 6 kr. per Seile. Mt Steine sprechen! Marburg, 6. September. Im Berichte über die Zusammenstellung des Kriegßvoranschlage» beliebt den Halbamtlichen ein sonderbares Vorgehen. Da» ordent« liche Ersordernib mit leiner geringen Aenderung wird outsahrlich behandelt, jede» „Könnte- und „Dltlste" wird lang und breit getreten und endlich tröstet stch der geneigte Leser, der auf» mertsame Hörer mit einem „vielleicht". Möglich ist, daß diese« Ersordernib mit dem Jahre 1381 um hunderttausend Gulden sich vermindert. Ueber die außerordentliche Mehrforderung für den Festungtbau schweben die halbamtlichen Federn rasch dahin oder e» wird dieselbe flüchtig obgethan. Und doch mlissen in den nächsten zwei oder drei Jahren noch elf Millionen für den sraglichen Bau geopsert werden. Vertheilt diese Last, wie Ihr wollt: ste bleibt jede» Jahr noch drückend im Verhältnisse zur Leistungs» trast, wird un» nach ihrem Zivecke nutzlo» aus-gebürdet. Warum jetzt diese Scheu der Regierung»» blätter, da ja doch in einigen Monaten schon die Forderung den Delegationen vorgelegt werden mut? Wozu diese» ängstliche Schweigen der Einen, diese» leise Geflltster der Anderen, wo ja doch die Steine beredt genug sprechen? die schweren, kalten Steine der Festungen, die Steine, die un» anPatt de» Brode» gereicht werden — jene» Brode», aus welche» jeder Bürger de» Staate» ein unleugbare» Recht be-fitzt. Wie viel Brod könnte verdient und ge« noffen werden bei Verwendung der els Millionen sür dringliche, nutzbringende Arbeit. Fest aufgebaut wird der Staat ja doch aus der Grundlage nur, welche die Zufrieden« heil seiner Bürger ist. Diese Zufriedenheit erzeugt Staal»beaiublfein — Bewubtsein auch der Pflicht, den Staat zu vertheidigen, in der Gefahr mit den Waffen einzustehen für die Lösung de» Worte», welches Männer im Frieden dem freien Staat, dem Vaterlande gegeben. Die Festungs-Vierecke im Süden und im Norden de» Reiche» haben erfolglo» gesprochen. Ueberhört doch um de» Staate» und de» Volke» willen, um Eurer selbst willen die Stimme nicht, die noch immer au» den Steinen warnt, au« den Festungsverlieben ächzt und stöhnt — die Stimme de« armen und verarmenden Volke« gegen die Militärpolitik, die flch trotz aller Steine und wegen derselben ein sehr vergäng« Denkmal setzt. Franz Wte«thaler. Zur Geschichte des Tages. Die Reformpläne der Regierung werden sogar im Lager der Parteigenossen nicht günstig aufgenommen. Diefe erblicken in den Vorschlägen nur eine Verkürzung der Rechte, welche die Bezirk«vertretungen bestßen und äußerst viele und gesährliche Klippen sür die Selbstverwaltung. Zwölstausend Bewohner der To-rontaler Gespanschast wollen auswandern -- nicht nach Amerika, denn ste stnd zu arm — auch uach Neu-Oesterreich nicht, so nahe dasselbe liegt — sondern nach Bulgarien. Vielleicht vttmag noch Geivalt dieselben zurückzuhalten; den Befehl hat da« Ministerium, welche« nun auch seine ZwangSungarn haben will, bereits gegeben. Die Leibzeitung Bismarck« de-nunzirt die Gegner der Regierung als Feinde de« Kaisers und des Reiches. Die« geschieht den neuesten Freunden zu Liebe — denselben, die Reichsfeinde gescholten wurden zu jener Zeit, da der Kanzler noch erklärte: „nach Eanossa gehen wir nicht!" Die Ausständischen in Algerien haben ihren gesllrchtetfien Bundesgenossen zu Hilfe gerufen. Da« Feuer, in den schönsten Kvrkpstanzungen gelegt, hat über zweimalhun-derttausend Hektaren dieser Wälder vernichtet. Die Schuldigen sollen nun deportirt, die Verdächtigen theilweise von ihren Wohnsitzen entfernt, theilweise unter Sequester gestellt werden. Diese Maßregeln kommen zu spät und beweisen nur eine verunglllckle, unmögliche Kolonisirung«-Politik. Vermischte Nachrichten. (Britisch'Indien.) Die Voltszählung in Britisch-Jndien ergab 252 Millionen — um 12 Millionen mehr, als nach der Zählung vom Jahre 1871. (Die Vertreibung der Reblaus.) In dem,„Izournal d'Agriculture" veröffentlicht der Substitut am Tribunal sür das Seine-Departement U'td gleichzeitig Mitglied der sran» Zöllschen Zentral-TartenbawGesellschaft, Bouni-csau'GeSmot?, ein neues, ganz zufällig von ihm entdecktes und noch dazu mit keinerlei Auslagen verbundenes Mittel, um die Reblau» zu ver-vertreiben. Sein eigener Weinberg, sowie die in seiner Umgebung stnd stark von der Reblaus heimgesucht. Im vorigen Jahre überlieb er, ohne einen anderen Zveck damit zu versolgen, ganz zufällig einen 6 Meter breiten, arg mitgenommenen Strich dicht an der Grenze seine« Nachbarbesttzers ohne jede weitere Bearbeitung seinem Schicksclle. Zu seinem gröbten Erstaunen fand er im Herbste vei einem Rundgange durch seinen überall den traurigsten Atibltck bietenden Btsttz gerade aus diefem verlassenen und scholl ganz verloren gegebenen Flecke lauter gesunde, io üppig wie vor der Jnvaston entivickelte und mit prächtigen Trauben bedeckte Stöcke. Die einzig mögliche Erklärung dieses auffallenden Faktums ist, seiner Anstcht nach, darin zu siiden, dab der durch die ihm zu Theil gewordene Ruhe so hart gewordene Boden, wie der unt^r einem stark benützten Wege, die dort einaenistete Reblaus derartig in ihrer Arbelt gestört hat, dad flö entweder wegen Mangels an Nahrung ausgewandert oder am Ende gar zu Grunde ge- A e u l l t e t o n. Kit falsche Prin)rsfi». Eine Kriminalgeschichte. (tzortsej»uug.) „Und NUN, Mam", setzte Sims, stch an die Wirthln wendend, Hinz'?, „wollen Sie Miß LeatonS Hut und Shawl u. s. w. herbelschaffen und es ihr anlegen, während mein Kamerad emen Fiater hoit?'' Seit dem lStständniß Eudora's hatte die Wirthin als das wahre Btlo stummer Bestür-zung dagestanden. Dle Bllle des Polizeidieners brach den Zauber des Schweigens, der ste gesessUt hielt, ste brach in einen Strom von Thränen aus, indem ste schluchzend ries: „Nun, wer hä te das gedacht? Ich nicht, nein! Ich hätte es nicht geglaubt, wenn ein Engel vom Himmel heruntergekommen wäre und es mir gesagt hätte! und ich kann es auch jetzt kaum glauben, wenn ich i.-. ihr unschul-dtgeS Gesicht sehe! O mein Kind! sagen Sie. es war Alle« ein Jrrthum! sagen Sie, Sie sind nicht Eudora Leaton, und keine Gift-mischerin, so»»st brechen Sie das Mutterherz in meinem Busen l" ri lichst allen seinen Leidensgesährten. Gleichzeitig macht er daraus aujmerksam, daß selbst eine zweijährige vollsjSndige Ruhe, d. h. die Unterlassung der Düngung und jeder Bearbeitung — mit Ausnahme des Schneidens — den Bestand des Weingartens nicht verringert, nicht einmal den sortlaufenden Ertrag beeinträchtigt. Hier hat Bouniceau selbstverständlich nicht den Ertrag der verheerten Weingärten, sondern den früheren im unversehrten Zustande lm Auge. Sollte von einem oder dem anderen Besitzer dennoch eine nachtheilige Wirkung von dieser kurzen Unterlassung der Düngung befürchtet werden, dann könnte nach dem Vorschlage des Entdeckers auch diesem gesürchteten Uebelstande dadurch vorgebeugt werden, daß man im Herbste vor der beabsichtigten Pause in der Bearbeitug des betreffenden Weingartens ohne Beeinträchtigung des Vorhabens an jeder Stockwurzel eine entsprechende Portion recht guter, kräftiger Kom» posterde versenkt. Ein Nachtheil durch das nur auf zwei Jahre beschränkte Ueberwuchern der Unkräuter ist ebensowenig zu besürchten, und höchstens könnte es stch ereignen, daß die Reblaus, um nicht durch die Absperrung der Rebenwurzeln verhungern zu müssen, eines oder das andere der sich srisch entwickelnden Unkräuter als Ersatz erwählt, obwohl hievon noch kein Beispiel bekannt ist. Dies hätte aber im Ge-gentheil den großen Vortheil, daß mindestens durch die Kultivirung der betreffenden Pflanze ein Abzugsmittel gesunden wäre. (Magyarisirung.) Im ersten Halbjahr 1881 sind in Ungarn 491 Namensänderungen für 1019 Personen vorgekommen, wäh-rend stch die Gesammtzahl der Aenderungen in der gleichen Zeit des Vorjahres nur aus 121 Namen für 24ö Personen beläuft. (Rechtliche Natur der Zinskreu« zer.) Dem Jgnaz Amster, Gastholpächter in Bielitz, wurde von der Stadtgemeinde Bielitz aufgetragen, von seinem einbekannten Miethzinv (1800 fl.) die der Gemeinde Blel tz durch ein Landeegesetz dewilligte vierperzenlige Gemeinde. Umlage vom Miethzins.Gulden einzuzahlen. Amster verweigerte diese Einzahlung, weil 1. das betreffende Landeegesetz im Landesgesttz^latte Sie, denn ich erwarte jeden Augenblick Nutt mit dem Fiater hier." Wirklich trat in diesem Augenblick der andere Pol'zeldiener mit den Worten ein, daß der Wagen vor der Thür stehe. „Kommt, kommt, eilt Euch, eule Frau, oder soll ich gehen?" sagte Sims, nach der Thür des Schlafzimmers eilend. „Nein", sagte die Wirthin, und alle Maßi. gung und Achtbarkeit vergeslend, stieg sie in die Tiefen von Billingsgate hinab, fischle seinen schwärzesten Koth von Schimpsreden aus und schleuderte ihn den Polizeidienern zu. Sie widersetzte sich, schimpfte und drohte in solcher Weise, daß jene, wären sie nicht sehr geduldig gewesen und hätten sie nicht eine viel wichtigere Angelegenheit vor Augen gehabt, sie billiger Weise hätten in Haft nehmen können. Als die Wirthin sich endlich außer Athem geschrieen hatte, so daß sie inne halten und keuchen mußte, benutzte Eudora das augenblickliche Schwei^zen, ihre geseffelten Hände aus die Arme der zornigen Frau zu ltgen und zu stammeln: „Liebe, gute Freundin, da« ist Alles gut gememt, aber es fchadet mir, anstatt zu nützen. Wir können un» der gesetzlichen Gewalt nicht Widers,tzen; und wenn Sie mir also wirklich gar nicht kundgemacht wurde; S. weil diese vierperzentige Umlage nur von den Hauseigen-thümern und nicht von den Miethpartheien ein-zuheben wäre; und weil 3. nach seinem Mieth vertrage nicht er als Pächter, sondern der El-stenthümer des Hotels zu zahlen habe. Alle Beschwerden des Amster in dieser Richtung waren sruchtlos und auch der Verwaltungs-Gerichtshof hat die vor denselben gebrachte Beschwerde als gesetzlich nicht begründet abgewiesen, aus solgenden Gründen: Zu 1. In der Form der Kundmachung des sragltchen Gesetzes, welche der Bürgermeister lediglich durch Afftchi-rung in der Stadt Bieli^ besorgte, ist ein solcher Mangel nicht gelegen, welcher die Entscheidung selbst als gesetzwidrig erkennen ließe, da odige Form der Kundmachung in dem vorliegenden Falle, in welchem es sich um ein blos sür das Gebiet einer einzelnen Gemeinde gegebenes Gesetz handelt, als ungesetzlich »licht bezeichnet werden kann. Zu 2. Daß diese llmlage vom Miether und nicht vom Vermiether eingehoben wird, geht klar aus dem Gesetze hervor. Diese Umlage kann auch niemals als eine Realsteuer aufgefaßt werden, da in Bielitz auf die direkten Steuern eine Umlage von 30 Perzent umgelegt ist, während diese Miethzinssteuer nur 4 Perzent beträgt. Zu 3. Iii es nicht Sache der Verwaltungsbehörden, sich in Würdigung der Vertragsbedingungen einzulassen und darüber abzusprechen. Alarliurger Berichte. WSHlerversammlung. Die Wählerversammlung, welche die Herren Ludwig Bitterl von Teffenberg als Obmann und Dr. Ferdinand Duchatsch als Schriftführer des proviforischen Wahlkomites auf Samstag den 3. September Abends 8 Uhr in die Bierhalle des Herrn Thomas Götz einberufen, wurde von ersterem im Namen des Ko»nites eröffnet. Der Redner sprach über den Zweck der Versammlung und theille mit, daß der Reichs» raths-Abgeordnete Herr Dr. Josef Schmiderer als Kandidat für die LandtagSwahl vorgeschlagen werde. Zum Obmann der Versammlung wurde Herr Sundwig Bitterl von Teffenberg, zum Schristführer Franz Wiesthaler gewählt. Erster Gegenstand der Verhandlung war die Wahl eines definitiven Komites und wurde nach dem Antrage des Herrn Dr. Duchatsch das provisorische Komite mit der ferneren Leitung der Wahlbewegung einstimmig betraut. Hieraus wurde die Kandidatur des Reichs-raths-Abgeordneten Herrn Dr. Josef Schmiderer sür die LandtagSwahl entgegengenommen. Der Redner, mit Bravorufen begrüßt, fagte unter Anderem; dienen wollen, so thun Sie das für mich, was lch von einem Polizeidiener nicht haben möchte und was ich selbst nicht thun kann!^ „O armes, vater- und mutterloses Kind! O arme, liebe, kleine, gefeffelle Handgelenke!" rief die Wirthin schluchzend und weinend über ihnen. „Kolnmt, Mam. kommt! die Zeit ist hin!" sagte Stms. Ihm antwortete ein neuer Strom von Thränen und Schmähungen, indem Frau Corder sich in das Schlafzimmer entfernte. Bald erschien sie wieder mit Eudora's Kleidungsstücken und ordnete sie sorgsältig an der Person der Besitzerin, indem sie den Shawl so sattele, daß er die schimpflichen Fesseln verbarg. ,,Und wohin wollt Ihr meinen armen Schatz nun bringen? doch nicht nach Newgate?" „O nei.n, Mam, wir müffen sie nach Abbey< town zurückbringen, wo sie eine ehrliche Untersuchung und volle Gerechtigkeit haben wird, darauf können Sie sich verlaffen, also beunruhigen Sie sich nicht", sagte Sims mit mehr Gutmüthigkeit, als man unter den obwaltenden Umständen von ihm hätte erwarten können. Als Eudora bereit war, sank sie in die Arme ihrer ungestümen, aber braven Freundin, welche sts innig umarmte und betete? „Fast ein Jahr ist verstrichen, seit ich die Ehre hatte, vor Ihnen hier an dieser Stelle ein Programm zu entwickeln. Ihre Billigung uild die Billigung der Mit-Wahlorte wurde mir zu Theil und die überraschende Mehrheit, die ich errang, halte ich den Prinzipien zu verdanken, welche ich damals die Ehre halte, vor Ihnen zu vertreten. Ich werde zu jeder Zeit unsere deutsche Nationalität bekennen, gegen eine weitere Zersplitterung der Kräfte Oesterreichs mich wehren und einstehen s»lr ein großes, inächtigeS Vaterland, zu dessen naturgemäßer Führung die Deutschen berufen sind. Zugleich will ich Alles thun, was Fortschritt und Bildung verlangen. Da ich heute mich um da» zweite Mandat bewerbe, so habe ich es sür meine Pflicht ge-halten, bei dieser Gelegenheit Ihnen zugleich einen Bericht zu erstatten über mein Verhalten während der abgelaufenen Session des Reichs-ratheS, damit Sie von der Vergangenheit einen Schluß auf die Zukunft ziehen können, damit Sie wiffen, wie ich mich künftig verhalten werde. Die Illusion, daß Volksvertreter nur für das Volk wirken, habe ich in den ersten Tagen fchon verloren. Die Mehrheit des Abgeordnetenhauses bewegt nur eine Frage — die Machtsrage. Unsere Uneinigkeit und Zersahrenheit ist schuld, daß die Majorität ihre Macht behalten hat. Auf dem vierten deutsch-österreichischen Parteitage, welcher zu Wien kurz vor der Eröffnung des Reichsrathes stattfand, wurde feierlich gelobt, im deulfch-österreichischen Volke da» deutsche Bewußtsein zu heben und zu kräftigen. Es wurde ein eigentliche» Schutz- und Trutz-bündniß geschloffen; die feierlich beschworene Solidarität der deutschen Abgeordneten trat aber in der Folge leider nicht ein." Der Redner besprach die Regulirung der Grundsteuer, bei weicher die deutschböhmischen Vertreter abgesallen, für die Vorlage der Regierung gestimmt und dieser zum Siege verHolsen; er besprach da» Wuchergesetz — die Budgelvebatte, da» Defizit, die Bedeckung desselben ^ die bedenkliche Art und Weise, wie das Anlehen kontrahirt worden — die Gebäudesteuer das Spielkarten-Vesetz — die Schank-steuer — die Vorlagen, betreffend die Abänderung des Gebtthrengesetzes uno die Petroleum-steuer die Vertagung der Gewerbeordnung -- die Etsenbahn Polilik — den Antrag Lien-bacher's — die tschechische Hochschule — die Wahlen im Groß-Grundbesttze von Ober-Oesterreich — die Wahl des galizischen Abgeordneten Buzzjna und schloß Mlt folgenden Worten; „Eine fachgemäße Verhandlung hat es in der letzten Sejstotl nichl gegeben und wird es auch in der nächsten nicht geben. Bet diesem aufreibenden Kampfe haben wir un» oft gefragt, „O möge der Herr Dich von all' Deinen Feinden und Deinen Leiden befreien, mein armer, hilfloser Schatz! und möge der Teusel selbst —" „Slill, still!" sagte Eudora, ihre Worte mit einem Kuß unterbrechend; lassen Sie mich lnit dem Klange des Segens, nicht des Fluchs, in meinen Ohren davongehen! Leben Sie wohl, liebe Freundin! Gott belohne Sie für all Ihre Äüle gegen mich!" Damit entzog sich Eudora ihren Atmen. Die Wirthin fank schluchzend auf einen Stuhl. Die junge Gesangene wurde hall) ohnmächtig von den beiden Polizeidienern fortgeführt. Sie brachten sie die Treppe hinunter und setzten sie in den Fiaker, welcher sogleich nach de»n Kingecroß-Bahnhos fuhr. Sie kamen gerade zur rechten Zeit, um den gewünschten Zug zu benutzen. Eudora wurde eiligst i»; ern Koupe gebracht, wo sie rechts nnd links von den beiden Polizeidienern bewacht wurde. Es war eine jammervolle Reise von etwa sechs Stunden. Die Polizeidiener waren persönlich freundlich gegen sie, und so oft der Zug hielt, boten sie ihr Speisen. Wein, Thee und Kaffee an. Aver sie schlug Alles au», und sah ob e» nicht besser wäre, die Stätte zu verlassen, fortzugehen aus einem Hause, wo man un« nur duldet; allein wir wollen noch dort ausharren, wohin UN« das Vertrauen der Wähler gestellt. Kommt ober der Moment, wo die Verfassung angegriffen wird, dann müssen wir zusammenstehen — die Abgeordneten und die Wähler — und jener Angriff wird machtlos abprallen. Es flnd traurige Bilder, die ich vor Ihnen entrollt Halle und nur eine« leuchtet, nur ein Eonnenblick sällt aus Oeslerreich; gerade diese traurige Zeit hat es bewirkt, daß die politischen Freunde sich inniger aneinander schließen, daß wir ein Banner entfallen -- das Banner des Deutschthums — daß wir unter diesem Banner unüberwindlich stnd. Dieser Gedanke bricht sich Bahn in immer weiteren Kreisen. Was mich anbelangt, so werde ich aus meinem Posten getreu ausharren. Oft wird gefragt, wie sich die künftige Situation gestalten werde? Im Namen meiner engeren politischen Freunde er-kläre ich, daß wir dem Ministerium Taaffe immer Opposition machen; kommt aber ein anderes Minislerium, welches unseren politischen Ansichten mehr entspricht, so werden wir dem selben unsere Unterstttdung gewiß nicht versagen." Herr Dr. Schmiderer endete unter allgemeinem Beifall. Auf die Frcge, ob Jemand in irgend einer Richtung an ihn eine Frage zu stellen habe, ergriff Niemand das Wort. Die Fragen des Obmanns, ob die Ver, sammlung die Kandidatur des Herrn Dr. Schmiderer für die Landtayswahl und sein Verhalten im Abgeordnetenhaus billige, wurden einstimmig bejaht. Der Obmann dankte sür da« zahlreiche Erscheinen und ersuchte, an der Wahl sich leb hast zu betheiligen, jede Stimmenzersplitlerung zu vermeiden und den Herrn Kandidaten ein stimmig zu wählen, wie es bei der Wahl für den Reichsrath der Fall gewesen. (Telegraphenstation Sauerbrunn.) Seit l. d. M. hält die Telegraphenstation Sauer brunn nur noch beschränkten Tagesdienst. (Für den Deutschen Schulverein.) In lSamli^ wurde ein Kränzchen mit Gesang, Musik und Tanz abgehalten und der bedeutende Reinertrag dem Deutschen Schulverein gewidmet. (Landtagswahl in der Stadtge meinde Marburg.) Bon 633 Landtag« Wählern betheiligten sich (5. d. M.) 165 an der Wahl und sielen 164 Stimmen auf den Kandidaten der Fortschrittspartei, Herrn Reichs rathsabgeordneten Dr. Joses Schmiderer. (An erkennen» Werth.) Bekanntlich wurde bei der jüngsten Lanvtagswahl eine Slimme auch einem Nichtkandidaten zugewendet in einer Erstarrung von Erschöpfung und Ver zweiflung. Es war nach neun Uhr, als der Zug in Abbeytown anlangte. Es war ganz finster, aber der Bahnhof war hell erleuchtet, und der gewöhnliche Haufen von Schaffnern, Fiakelkutschern und Mltßlggängern versammelt, um den Zug ankommen zu sehen. Nur wenige Passagiere blieben in Abbey town, so dab, als die Polizeidiener, die Gefangene zwifchen sich führend, au« dem Koupe stiegen — und Sim« neben ihr stand und sie bewachte, während Nult einen Fiaker holte — sie der Beobachtung des ganzen Haufens aus. gesetzt waren, welcher sich um sie sammelte, die Personen schnell erkannte und hörbar zu flüstern begann, daß die berüchtigte Eudora Leaton, die Bergtfterin der Familie ihres Onkels, da im Gewahrsam der Polizei sei, und in der Begierde, ihr Gestchl zu sehen, sich gegenseitig scho'', stieß und drängte. Eudora, beinahe ohnmächtig vor Entsetzen, hob dre Hände auf, um ihren Schleier dichter über ihr lSesicht zu ziehen, und zeigte dadurch ihre geseffelten Handgelente. Handschellen auch, bei Allem, was blau ist!" sagte ein roher Mensch, der unter ihren Schleier zu blicken versuchte. lAortseßnkg folgt.) und hat dieselbe der k. ?. Aichmeister Herr Stoerk aliaegeben. Da die Partei, welcher Herr Stoerk angehört, sich an der Wahl sonst nicht betheiligte, so verdient dieses mannhaste Auftreten und die unerschrockene Wahrung des höchsten politischen Rechtes vollste Anerkennung. (Schul schluß.) An der Schule Leiters-berg-Kartschovin fand der Schulschluß am 30. August d. I. statt. Nachdem die Schuljugend einem feierlichen Hochamte beigewohnt hatte, wurden in dem dazu dekorirten Lehrzimmer Gedichte und Lieder vorgetragen. Hieraus folgte von Seite des Ortsschulrath-Obmannes Herrn Joh.Mikloflch eine längere, belehrende Ansprache an die SchlUer und Eltern, welche mit begeistertem dreimaligen „Hoch" an Seine Majestät den Kaiser schloß und wurde die Volkshymne abgesungen. Auch waren die weiblichen Handarbeiten der Schülerinnen zur Besichtigung ausgestellt. Außer den Mitgliedern des Ortsschul-rathes und airderen Schulfreunden beehrte bei dieser Veranlassuiig auch der Direktor der k. k. Lehrerbildungsanstalt, Herr Georg Kaas die Schule mit seiner Anwesenheit. (Keine Reblaus inFrauheim.) Der Schädling, welcher in einem Weingarten entdeckt worden, ist nicht die Reblaus, sondern die Blattlaus. (Untersteirische Bäder.) In Römerbad stnd bisher 764 Gäste eingetroffen. (Damenkapelle.) Heute Abend 7 Uhr gibt die „Erste Wiener Damenkapelle" im hiesigen Kasino ein großes Konzert. (VertheilungvonPserdeprämlen.) Am 9. September werden in Mureck einundzwanzig Preise (405 fl.) sür Hebung der Pferdezucht vertheilt. (Jndustrial-Kurs.) Die Aufnahme der Zöglinge in den mit der Mädchen-Bürger-schule in Marburg in Verbindung stehenden staatlichen Jndustrial-Kurs ersolgt am 15. September d. I. von 9—12 Uhr Vormittags. (Theater.) Am 1. Oktober eröffnet Herr Direktor B. Bigl das hiesige Theater. (Logen-Lizitation.) Nachdem vie An« Meldungen sür Theater-Logen die Zahl der zu riergebenden weit übersteigt, muß das Theater-Kom'te wie in früheren Jahren eine Lizitation der Logen veranlassen. (Bankfiliale.) Die österreichisch-unga rische Bank beabsichtigt, in Marburg eine Filiale zu errichten. Letzte Pvst. Die Hauptversammlung de« Bauernvereins von Oder-Oesterreich hat sich sür die Gründung einer Kreditanstalt zu Gunsten der Landwirthe ausgesprochen. Der Sanitätsrath von Pest Ofen hat die Einsührung der fakultativen Leichenverbrennung beschlossen. In Podolien und in der Ukraine mach sich unter der Landbevölkerung eine Gährung gegen die Gutsbesitzer und Kapitalisten bemerkbar Die italienische Regierung blickt mit Be sorgniß auf die Agitationen der republikanischen Vereine. Die französische Truppenmacht im Norden von Afrika soll auf hunderltauseud Mann ge bracht werden. Eingesandt. Die Mädchenschule. Die Entscheidung der Frage von Seite der Gemeindevertretung Marburgs, ob in der Grazervorsiadt eine neue Mädchenschule zu bauen sei, oder ob man durch einen Nekonstruktionsbau vie in der Pfarrhofgasse bestehende Schule adap^ tiren solle, beschüstigt die Steuerträger und die Hauebesitzer Marburgs so sehr, daß 340 Bittsteller, worunter 210 Hausbesitzer, ein Bittgesuch an die löbl. Stadlrepräsentanz um Beibehaltung ver Schule in der Pfarrhosgasse^ aus solgeuden Gründen untersertigt haben. Die Gesuchsteller wollen gegen die Tendenz Verwahrung einlegen, das in der inneren Stadt seit Jahrhunderten pulsirende Leben nicht dadurch zu schädigen, daß man diese öffentliche Lehranstalt aus derselben in die Grazervorsiadt verlege, die ohnehin an ber Pulsader des Verkehrs liegt. Sie wünschen ferner nicht, daß in den rauhen Wintermonaten die zarte weibliche Schul-ugend schutzlos dem Schneegestöber preisgegeben werde. Sie finden es sehr bedenklich, die 7. und 8. Klasse der Mädchenbürgerschule zwischen die k. k. Oberrealschule und die Lehrerbildungsanstalt hinein zu zwängen, da hiedurch ihr sitt-'icher Charakter leiden könnte. Ebenso ist den Gesuchstellern nicht gleiÄ-;iltig, ob man für einen Neubau 100000 fl. lenöthige, während nach dem Ausspruch der Bausektion die Adaptirungskosten des bestehenden Schulftebäudes nur einen Kostenauswand von jirka 30000 fl. beanspruchen sollen. Da über diesen Gegenstand im Bertretungs« örper der Stadt die Ansichten getheilt fein ollen, so herrscht unter den in der Stadt do« mizilirenden Hausbesitzern und Steuerträgern nur eine Meinung vor: in der Mitte der Stadt zu belaffen, was nicht an deren Endpunkte gehört. Marburg. Einer skr Viele. An mein Herzchen! Don Qulxoie, so sazii D», daß ich einsten» war, Nennst Sancho Pansa mich jetzt gar. Ja wohl, die Sache hast Du gut gemacht, Dein Gleichniß ist nicht schlecht erdacht. Ersterer gegen Windmühlen hat gestritten, Letzterer auf einem Esel ist geritten. Gegen wen ich stritt, das ist gar wohl bekannt; wem ich reite, weiß das ganze Unterland. Wom Wüchertisch. Jllnstrirte Geschichte der Bnchdrvckerkunst. Die Verlagshandlung A. Hartleben in Wien, welche mit der „Jllustrirten Geschichte der Schrift" und der „Jlluslrirten Kulturgeschichte" von Karl Faulmann große Erfolge erzielt hat, wird demnächst eine „Jllustrirte Geschichte der Buch-druckerkunst" von demselben Versasser veröffentlichen. Die bekannte Pracht der Ausstattung der genannten Werke wird in dem neuen, welches photo lithographische Abbildungen der seltensten Jueunabeln und andere Farbendrucke bringt, noch übertroffen werden. Der Verfaffer, aus diesem Gebiete unbestreitbar ein Fachmann, hat die Geschichte der Buchdruckerkunst in seinem gewöhnten Fleiße studiert. Das Werk wird manche überraschende Enthüllungen über die Person Gutenbergs bringen und manche Legenden zerstören, mit denen die Leichtgläubigkeit und Oberflächlichkeit sein Leben umqeberr hat. Es wird serner die Geschichte dieser Kunst bis aus die Gegenwart behandeln und dadurch von grobem kulturhistorischen Jilereffe werden. Die Fähigkeit de« VersajserS, einen Fachgegenstand zu popularisiren, ist bekannt und daher dürfte das Werk auch außer den typographischen Kreisen viele theilnehmende Leser fiiiden. Die k. k. Hos-und Staatsdruckerei in Wien hat in Würdigung des großen tech'iologischen Jntereffes die Drucklegung dieses Werkes übernommen, welche eine Musterleistung zu werden verspricht. Die Verlagshandlung A. Hartlkben verfolgt auch bei dieser ^JUustrirten Geschichte der Buchdruckerkunst" ihre bekannten lobenswerthen Prinzipien, indem sie dieses Prachtwerk in 25 wohlfeilen Lieferungen a 30 kr. dern groben Publikum zugänglich macht. vasiiio-kkst.'lui'Ation. Heute Mittwoch den 7. September: Srossos Voavort der I. Visllvr (964 I.vopolllinv om. ltlrlßxentln «>«'r vami»» lu» Volk»x»rtr« in Anfang 7 Uhr. Eintritt srei. Mit beginntndkm Schuljahre ertheilt eine Aaterricht nach der Methode des Wiener Conservatorinms sowohl ln dtn Anflzngsgründtn, als auch für höhere Ausbildung. Au^funst ertheilt auS Gefälligkeit die Papierhandlung des Herrn Gaiher am Burg« platz. s9ö1 Albt 6is tist ds-trüdenlis t?a8s idrs illoixvtAsIisdts, ullvvrxosslllzks Ledvöstsr, «Ils I-ÄNM Lvliön^ ?iv»ii«>Lss!rkg.voLim!s»iirg-7?!tvs, döutö um 9 I/kr Vvrmittse viek kur^om I^si-ävll im voNsvlistsll 69. l^soovs^kkrs unä nsod Lmpfaiis 6ör Ks»!. Ltsrbssalcrawvllts ssli^x von 6ls8sr ^räe evgokioäsl» ist. Da» I^sioosnlivxäUAllisL Luäot I^ittvovk Zsll 7. Lsptsmdsr um 4 Dkr vom liauis Kr. 6 in äsr?karrdvsxa8gs »ug Dio kvil. Löslsllmsssö vird k'rsitsK äev 9. Leptemder um 1v Dtir in clor Dom^irolis ^e-losou vsrdsu. arburßs am 5. Lsxtsmdsr Z331. 955 II. «teierm. I^vicllsvaukballrunz^s- unä Leerüizunxs-^^nstalt Nr. 8333. Kundmachung. (892 9. 10. 10. eo 152 90 60 ln lIamvnI(!villvi'mav!ivi'-Z!llgvtiöi' am öilIjK8t6n 938 Nsb« W!vl« Äv? 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