Außerordentliche Beilage zur Laibacher Zeitung Nr. 65
vom 30. Mai 1848.
H^em Landespräsidium ist vom Herrn Minister des Innern über die kürzlich in Wien Statt gefundenen Ereignisse nachstehende, heute Nacht anhergelangte Mittheilung zugekommen, welche, nm das Publicum von den» wahren Hergang diesem Ereignisse in Kenntniß ^u setzen, hicmit be-kannr gegeben  wird.
K. K. Landesprasidium. Laibach am 30. Mai  »848.
Abschrift
desMinistcrialcrlajsesvom27.Maliö^tt.
Ein neuerliches Ereignis, hat die kaum begonnene Rückkehr zur N>ihe aberinals empfindlich gestört.
Die Vorgänge am 15. d. M. unb die von mehreren Seiten ausgesprochenen Wunsche brachten unter andern Verfügungen auch jene zur Sprache, die akademische Legion aufzulösen und ihre Mitglieder aufzufordern, sich del Na-tionalgardc einzureihen.
Die schon scit einigen Tagen andauernde Verhandlung der Legion selbst über diesen Punct, hatte noch zu keinem Resultate geführt, und man mußte ihr ganzliches Scheiter« besorgen.
Unter diesen Umständen fand sich der Ministerrath bestimmt, die Schließung der Aula und die Auflösung der Legion anzuordnen, und die Ausführung dieser Maßregel dem Negierungs.- Präsidenten , Grafen Mo n t e cu c col i, im Einverständnisse mit dem Sicherheitsausschusse, zu übertragen. Graf Montecuccoll erließ dem zu Folge am 26. Morgens den in den Zeitungen enthaltenen Aufruf, welcher den in der Aula versammelten Akademikern durch Friedensmänner mit der Aufforderung, ihm ungesäumt Folge zu leisten, vorgetragen wurde.
Ueber die laut ausgesprochene Weigerung und über die Hinwcisung auf die bestehende Verhandlung wegen freiwilli-ger Aufiösung wurde die Unterstützung der bewaffneten Macht sogleich angesucht, ohne genügende Beachtung des Ministerial-Auftrages, der die Requisition der Militärmacht nur über Aufforderung der Nationalgarde wegen ihrer Unzulänglichkeit gestattete.
Der Commandirende traf die nöthigen Verfügungen, ließ die Thorwachen verstärken, die Thore schlicßen, und sendete auf die Universität eine Truppcnabthcilung, welche sich jedoch als ungenügend wieder zurückziehen mußte.
Wahrend den, stieg die Aufregung auf der Aula, an den Thoren und in allen Vorstädten von Minure zu Minute. Zahlreiche Deputationen aus allen Classen bestimmt"' den Ministerrath, welcher sich unverweilt versammelt hatt»". Alle verlangten die Aufhebung der Auflösungs - Verordmun?, die Zurückziehung der Truppen, die Garantie der Zugeständnisse vom 15. und 16. Mai und die baldige Rückkehr 25"' ncr Majestät.
Während dieser Vorgänge ward am Rothenthurme dä4 Thor mir Gewalt eingebrochen, und bei der dabei Tratt gefundenen Abwehr des Militärs entlud sich eine Musquece und verwundete einen entfernt stehenden Bürger.
Durch diesen Unfall wurde die Aufregung noch gcstci-gert. Das Volk wollte bann einen Reactionsversuch sehen, es glaubte sich bedroht, uud die mittlerweis«! ans den Ü3oi« städten herbeigeeilten Nationalgarden und Bürgercorps, s° wie ein großer Theil derselben alls her innern Stadt schloß sich der Bewegung bei dem ausgesprochenen Besorgnisse an, daß das, was heute an der akademischen Legion versucht werde, morgen auch sie treffen könne.
Zur Unterdrückung dieser Aufregung war die militärische Macht nicht hinreichend. Die in allen Gassen von dci» herei'nqestiömten Arbeitern errichteten Barricade« hemmten jede Disposition und boten dem Volk zahlreiche, die Angreifer ermüdende Widerstandsmittel dar.
Das Ministerium beschloß daher, auf die Ausführung d"' Auflösung der akademischen Legion nicht zu bestehen, und die Truppen in die Casernen einrücken zu lassen; demungeachl^ setzte das aufgeregte Volk den Ban der Barricade» f°^ und selbst den sonst einflußreichen Mitgliedern der Leg'^ und der Nationalgarde gelang es nicht, Einhalt zu thu", vielmehr kamen einige von ihnen selbst in persönliche Gefahr ' Im Verlaufe des Nachmittages wurde noch an allell häufigeren Communications-Puncten mit Aufführung ^" Barricade» fortgefahren, so daß gegen Abend deren ""^V einer ungefähren Zahlung 120 bis 150 errichtet seyn ""' gen, die von den Arbeitern und Nationalgarden besetzt s>>>^
Ungeachtet der außerordentlichen Aufforderung nnd des Zusannnenströmens einer ungeheueren Menschen - Masse >" die innere Stadt, kamen doch an keinem Puncte grobe ^' cesse vor; Niemand wurde auf den Gassen beirrt, oder ga beleidigt, auch verlief die ganze Nacht mit einer Unters' chung, wahrend welcher aus Anlaß des sich verbreiteten ^ rüchtes, daß Fürst Windischgrätz nut cincin Theile der 9?<?^' armce anrücke, auf mehreren Kirchthürmcn Sturm gels ^ tet wurde, verhältnißmäßig ruhig.
Bcsondere Beilage zur Laibacher Zeitung Nr. 6Z
k rom 30. Mai 1UI.
«Die Constitution" vom 27, Mai d. I. bringt folgenden Artikel:
3üiett 2<i. Mai Abends. Wiener! weichet nicht von den Barricade», tragt keinen Stein von ihnen ab, legt die Muscnieten nicht nieder, bevor alle heute und schon so lange vorher geforderten Puncte bewilliget sind, und trauet nicht, bis wir die volle Garantie für die Erfüllung haben. — Alles, was die Hohen seit März bis heute gethan, war ein Lug- und Truggewebe! Der Schleier ist gelüftet und die Scheußlichkeit der Camarilla steht entlarvt vor uns! Wehe ihnen! Wir stehen fest und todesmuthig, und wollen sehen, ob ein frcihcitsglühcndes Herz den Tod nicht besser verachtet, als ein gedungener Söldner! Nur heran, Windischgrätz, mit deinen Regimentern! wir werden den 15. Mai aufrecht zuhalten wissen und deine Bajonnette, elende, schwarzgelbc Reaction! werden dir zu wenig werden. Für uns sind hunderttausend und — die unbczwingliche Macht der wahren Moral! Wir stehen am Rechtsbodcn der göttlichen Freiheit — ihr seit die Rebellen!
So lange noch cin Soldat in Wien steht, so lange der Kaiser oder sein Stellvertreter nicht hier ist, so lange nicht der 15. Mai im vollsten Maße garantirt ist — so lange können wir noch jede Stunde verrathen seyn. Vertrauen gibt es nach solchen Täuschungen nicht mehr! Wir vertrauen niemanden mehr als — uns!
Arbeiter, Studenten, Garden, Bürger, Ungarn, Tyroler, ja Soldaten, Mädchen und Weiber fechten in unsern Reihen. Wir werden — und müssen siegen! Wir werden Wien den Lorberkranz der Freiheit aufdrücken, die Provinzen werden sich beschämt vor uns beugen-
Hoch, dreimal hoch die Freiheit! und nun — fort zur Barricade!---------
Nicht die Provinzen werden sich beschämt beugen, nein! sie kennen die edlen Bestrebungen Wiens für wahre Freiheit; aber die hohen Herren Stande, welche eigenmächtig im Namen der Provinzen, im Namen des Volkes Adressen an den Kaiser absenden, aus welchen deutlich erhellet, daß sie alles wieder auf den alten Stand (vor dem 13. März) zurückgeführt zu sehen wünschen, koste es was es Wolle,— diese werden sich beschämt beugen vor dem festen Willen der hochherzigen Bewohner Wiens, vor seinen Bürgern, der akademischen Legion und den biedern Arbeitern Wiens. Ein Hoch allen diesen! Hoch, unserem guten Kaiser Ferdinand I.! Möge er bald aus den Händen seiner Feinde befreit werden!
Laibach am 29. Mai 1848.
Mehrere Bürger Laibachs.