.'24. Samstag den l3. Juni 1835. Nie rothe Derle. (Vilder au» dcm Seclebe» l» Mährchen mid Sage»,) ^n einer sehr unruhigen Zeit lebte ein sehr ruhiger Mann. Wer in jener Periode, kurz vor dem Friedensschlüsse des 7jährigen Krieges, wo die Welt noch von hartnäckigen Händeln träumte, wo die Gerüchte von Siegen und Niederlagen unruhig umher schwärmten, wer damals in Hamburg auf dem Platze des bekannten Iungfernsteiges sich befand, dem siel es auf, dort einen Mann von mittlerer Größe, in einen kassehbrauncn Obcrrock gekleidet, mit einer anständig gl>k,ä'ustlltn Stutzperücke versehen, den Stock in der Hand, so ruhig auf- und abschreiten zu sehen, als sei der tiefste Friede im Lande. Dieser ruhige Mann war mein Großoheim, in seinem Hause lebte ich, cr hatte mich lieb, und zog mich in seine stille Weise hinein, so, daß auch ich zu Zeiten nachdenklich, und doch an nichts denkend aus- und abschritt, gleichfalls mit dem Stocke in der Hand, und mit einem kasseh-' braunen Nocke bekleidet, so wie er. Aber das bedeutsame, kluge, blaffe Antlitz, das stille unergründ, liche Lächeln« das öfters über die Züge des Großohcims glitt, das, so bekannt und vertraut es mir auch war, konnte ich nicht nachahmen, und doch war es gerade dieses, was ich mir so gerne angeeignet hätte, denn in ihm bestand di?'wundersame Liebenswürdigkeit des Alten, womit er die Herzen seiner Umgebung bezau-blrt?, und die von uns Knaben die »Mährcheumiene« des Oheims genannt wurce. In der That kam sie auch nur zum Vorscheine, wcnn ein Mährchcn erzählt werden sollte. Die guten Hamburger, die in der Welt, in den Kriegshandein und in dcn Bilanzen der Börse lebten, fanden den „guten Braunen," wie sie ihn nann» ten, herzlich langweilig,- sie wußten von ihm zu er-zählen, daß er ein Mal eine unglückliche Fahrt gemacht, dabei Schissbruch gelitten, sein Vermögen grö'ßten-thcils eingebüßt habe, und darauf ein unthätiger Trau« mer geworben sei. Sie hätten auch noch hinzusetzen können, daß : die mühsam kauende Maschine, die auf- und zuklappend ihr ekelhaftes Wesen treibt, und keine Ahnung hat von dem geheimnih^ollen Etwas, das in der Zusammenstellung einer Schüssel mit Austern und einem Glase echten Rheinweins verborgen liegt. Wie ganz anders war eS mit meinem Oheim beschaffen! Er war ein Austernesser, gleichwie auf niederländischen Gemählden man Leute findet, die in zierlicher Sonntagstracht das in hellen Lichtern spielende Glas Wein mit zwei Fingen der in einer Spitzenkrause steckenden Hand anfassend, auf einem silbernen, altmodigen, reichen Teller die geöffnetsn Schalen vor sich habend, erst den Duft des Weines w sich saugen, dann den frischen Meereshauch der prachtigen, aus Ihren glänzenden Per-lenmutlerschalen hervorquellenden Seefrüchte einziehen, abwechselnd die ganze Süssigkeit der Erdgeister im Wei« ne, der Meergel ster aus der Auster in sich ausnehmen, und auf diese Weise das Bild eines Genusses geben, wo jede Taste des feinern Geschmacksinnes angeschlagen wird, und im melodischen Nächhalle das ganze Innere durchströmt. Ein solcher Austernesser, wie mein Oheim einer war, kann auch von zarter Gestalt, von den zartesten Gefühlen seyn. Doch auch hier, wie bei allem, was der Alte that, herrschte etwas Seltsames vor, und dieses that sich in der Frage kund, die er nie versäumte, an mich zu richten, wenn ich ihm die Schüssel mit den geöffneten Austern brachte: »Hast Du nichts gefunden, Wilhelm?« Er begleitete diese Worte mit einem forschenden, ängstlichen Blicke, er wartete gespannt auf meine Antwort, und erst, uls diese mit der Versicherung: „Ich habe nichts gefunden, lieber Oheim,« erfolgte, ging er zu seiner frühern, unde« sangenen Laune über. Einst, besinne ich mich, wo sich der Oheim bedenklich krank fühlte, wiederholte er ein Paar Mal die obige Frage besonders angelegentlich; auf meine Verneinung rief er: »Du hast doch die Schalen selbst geöffnet, mein Sohni« — »Gewiß,« entgeg-nete ich, »es ist mein Geschäft, das ich mir uon Niemanden werde nehmen lassen.« Er sah mich nn, sew Auge glänzte, er fuhr ein Paar Mal liebkosend an meiner Wange hin, und sagte dann: «Nun, cs ist ja gut, die Krankheit wird mich verlassen müssenj wir werden vielleicht noch lange beisammen seyn. Lasse die Schalen nur von keiner fremden Hand öffnen. < Ich wollte hier fragen, doch seyn freundlicher, aber ernster Vlick legt« mlr Stillschweigen auf. Seltsam', dachte ich bei mir selbst, man kann in der Liebhaberei zum Wichtigthun doch auch zu weit gehen i offenbar hat ein Gericht Austern schr wenig zu schaffen mit den Geheimnissen eines alten Mannes. Man sieht, ich war in die Jahre grtreten, wo es für unsere Eitel« keit kränkend ist, wenn man unserem Geiste noch zu wenig Fassungskraft zutraut, um gewisse Dinge i« ihrem Zusammenhange zu erfahren, und zu durchschauen; es sind die Jahre, in denen uns dasselbe unschuldige, geheinniißvolle Mährchen herzlich zuwider ist, das kurze Zcit vorher uns hinriß und entzückte. Das wirkliche, das tüchtige Leben nahm mich in Air-spruch, und da that es mir in der Seele wehe, daß der stille, gute Ohcim so weit hinur mir zurück blieb, daß er meine großartigen Plane nicht fassen konnte oder wollte« Er erschien mir öfters im Traume, welk/ hin« fällig, in dem braunen Röcklein, anf der Instt im Südmeere zusammengesunken, schlummernd, über sei-n?'.n Haupte wehten die Palmen, Vluinen sprohler . 95 «m ihn her, und küßten dem alten Manne, wie fromme Kinder, die Hände, die silbernen Wellen klangen wie ferne Wiegenlieder um das einsame Ufer; aber Alles «rschien vergclbt, ängstlich in Duft gehüllt, so weit vom frischen Leben entfernt, daß der Blick nur mit Trauer auf dem Bilde weilen mochte. Das einzige Band, das zwischen mir und dem Oheim so fest blieb, «IS es stets gewesen war, bestand in der Pflicht, ihm die Austernschalen zu öffnen, denn von diesem Geschäfte, das halte ich ihm gelobt, sollte mich nur sein oder mein Tod freisprechen. Ich sollte bald freigesprochen werden. (Vortscynilg folgt.) Silbererze in vcm Sillierkrcise. Unter so vielen, seit einigen Jahren in der Nach' barprouinz Sleiermark in landwirchschafllichcr und industrieller Beziehung Stalt gefundenen Versuchen und Vervollkommnungen, wobei durch das Bestreben und die mehrfältigen Aufopferungen unternehmender Männer, dg!<' cocks) gestört. In diesen Gegenden fangt der Boden an mit grünem Graswuchse bedeckt zu seyn, und zwar vorzugsweise im Schatten der Vanianenbäume. Man hat es immer zu dem Aberglauben gereck« net, wenn hier oder da von einem besorgten Menschen nach der Zeit des Mondes gefragt wurde, wollte er pflanzen u. s, w. Abcr nach den neuern Beobachter!, scheint etwas an der Sache zu seyn, und diese besonders in den Gegenden zwischen den Wendekreisen ihre Wichtigkeit zu zeigen. Z. B. Bambuspfähle von dcc Stärke eines Arms im Neumond gehauen, werden zehn bis zwölf Jahre alt; geschieht die Fällung nber im Vollmond, so sind sie meist schon in zwei Jahren verfault. Auch das animalische Leben liefen seine Beispiele, z. V. Fische, welche frisch aus dem Wasser gt-nommen, von den Strahlen des Vollmonds getroffen werden, sterben angeblich schnell, und das Fleisch soll durch kein Salz vor Fäulniß geschützt weiden kön. mn.--------- Es hat sich entdeckt, daß der Kautschuck bei dem Aufblasen »ines VaUons Electriciläl entwickelt, und also aus eine? Electrisirmaschine statt der Glasscheibe verbraucht werden kann. Ein Schlag mit der Hand reicht zur Reibung hin. Da mit dcm Schlüsse dieses Monates die Pränumeration auf die Laihachcv Zcimng für das erste Semester zu Enoegeyec; so werden sämmtliche l^. '1'. Herren P^änumcrai.lcn, welche mit lhrem Pranumevations-Belrage noch nn Rückstände sind, ersucht, sclbcn chcitenS berichtigen zu wollen, weil man sich sonst genothlgel sehen würde, kem Exemplar ohne Anncipa-tion abliefern zu können. Gleichzeitig werden auch alle diejenigen löbl. Bezirks- und Herrschaftsgerichte, welche sich mit ihren Elnschaltung'-Betragcn gleichfalls noch im Rückstände besindcn, höftlchst ersucht, selben ehestens berichtigen zu wollen. Lalbach lm Juni i8)5. Hevacteur: ^r. Vav. Veinrich. Verleger: DgNssZ Al. Gvler v. Aleinmapr.