HERMANN NOORDUNG DAS PROBLEM DER BEFAHRUNG DES WELTRAUMS * DER RAKETEN-MOTOR RICHARD CARL SCHMIDT & CO. / BERLIN 'M V Pv v , v iüsf m il Das Problem der Befahrung des Weltraums Der Raketen-Motor von H. Noordung DAS PROBLEM DER BEFAHRUNG DES WELTRAUMS DER RAKETEN-MOTOR HERMANN NOORDUNG Hauptmann a. D., Dipl.-Ing. Mit lOO zum Teil farbigen Abbildungen 1 RICHARD CARL SCHMIDT 'S) CO. BERLIN W62 o/ Alle Rechte, auch das der Übersetzung und Vervielfältigung der Abbildungen, vorbehalten. Nachdruck verboten! Published 1929 Copyright 1929 by Ridiard Carl Sdimidt 'S) Co., Berlin ■W62 402873 23. III. 1989 Š Buchdrucierei Julius Klinkhardt Leipzig Inhaltsverzeichnis. Seite Einleitung..................................7 Die Macht der Schwere........................9 Die praktische Schweregrenze der Erde..............12 Die freie Umlaufbahn..........................13 Das Manövrieren in den Schwerefeldern des Weltraums . 15 Der Panzer der Erdlufthülle......................17 Die bisher erreichten äußersten Höhen..............18 Der Kanonenschuß in den Weltraum................19 Der Rückstoß................................20 Das Rückstoßfahrzeug.............23 Die Rakete.................24 Die bisherigen Bearbeiter des Raumfahrtproblems. ... 25 Die Fahrgeschwindigkeit und der Wirkungsgrad bei Raketen-Fahrzeugen .............27 Der Aufstieg................................36 Allgemeines über den Aufbau der Raumrakete.....44 Die bisherigen Vorschläge........................J4 Bemerkungen zu den bisherigen Konstruktionsvorschlägen 68 Die Rückkehr zur Erde............71 Das Hohmannsche Landungsmanöver........75 Landung in erzwungener Kreisbewegung.......77 Landung in Bremsellipsen........................80 Das Oberthsche Landungsmanöver.........81 Das bisherige Ergebnis.............82 Noch zwei wichtige Fragen...........83 Die Raumrakete im schiefen Wurf..................84 Die Raumrakete als Flugzeug..........88 Eine Warte im leeren Weltraum.........96 Das Wesen der Schwere und ihre Beeinflußbarkeit . . . 100 Der Einfluß der Schwerefreiheit auf den menschlichen Organismus ................104 Das physikalische Verhalten der Körper bei Fehlen der Schwere 107 Seite Ohne Luft.................ii8 Im leeren "Weltraum herrscht ewiges Schweigen . . . . 119 Sonnenschein bei nächtlichem Dunkel........120 Unbegrenzte Fernsicht.............120 Wärmelos.................121 Die Ausgestaltung der Raumwarte.........125 Das Sonnenkraftwerk.............127 Die Lichtversorgung..............129 Die Luft- und Wärmeversorgung.........130 Die Wasserversorgung.............131 Die Fernverständigung.............131 Mittel zur Einstellung der Raumwarte.......132 Anordnung der Raumwarte in 3 Objekten......134 Das Wohnrad................136 Das Observatorium und das Maschinenhaus......144 Vorsorgen für die Fernverständigung und Sicherheit. . . 148 Anordnung der Raum warte in 2 Objekten......148 Der Raumanzug...............149 Die Reise zur Raumwarte............152 Besondere physikalische Untersuchungen.......156 Teleskope von ungeheurer Größe.........157 Beobachtung und Erforschung der Erdoberfläche . . . . 157 Erforschung der Sternenwelt...........158 Ein schwebender Riesenspiegel..........160 Das furchtbarste Kampfmittel..........161 Zu fremden Himmelskörpern..........163 Die Fahrtechnik...............165 Start von der Erdoberfläche aus.........169 Die Raumwarte als Basis für den Weltraumverkehr. . . 170 Die Erreichbarkeit der benachbarten Gestirne.....172 Ferne Welten................174 Könnten Fixsterne jemals erreicht werden?......179 Der voraussichtliche Entwicklungsgang der Raumfahrt . . 183 Schlußwort.................187 Einleitung. Seit altersher hat der Mensch in der Tatsache, an die Erde gebunden zu sein, in der Unfähigkeit, sich von den geheimnisvollen Fesseln der Schwere befreien zu können, einen Ausdruck seiner irdischen Schwäche und Unzulänglichkeit erblickt. Nicht umsonst wurde daher der Begriff des Ubersinnlichen stets verbunden mit •dem Gedanken der Schwerelosigkeit, der Macht „sich frei in den Himmel erheben zu können". Und auch heute noch gilt es für die meisten Menschen sozusagen als Dogma, daß es für irdische Wesen wohl undenkbar sei, die Erde jemals verlassen zu können. Ist diese Ansicht auch wirklich berechtigt? Erinnern wir uns nur: noch vor wenigen Jahrzehnten war der ebenfalls wie unauslöschlich eingeprägte Glaube verbreitet, es sei Vermessenheit zu hoffen, daß wir jemals den Vögeln gleich die Luft durcheilen könnten. Und heute! Sollte die Menschheit angesichts dieses und ähnlicher glänzender Beweise der Leistungsfähigkeit von Wissenschaft und Technik, sich nicht erkühnen dürfen, nun auch an das letzte Verkehrsproblem heranzugehen, das uns die Lösung noch schuldig geblieben ist: an das Problem der Weltraumfahrt? Und folgerichtig: aus dem „technischen Traum", der bisher nur Stoff für phantasievolle Romane abgab, ist in den letzten Jahren eine „technische Frage" geworden, die in nüchternen Arbeiten von Gelehrten und Ingenieuren mit allem Rüstzeug mathematischen, physikalischen und technischen Wissens untersucht und — als lösbar befunden wird. •lin m -gm Die Macht der Schweife. Das ausschlaggebendste Hindernis, das der Weltraumbefahrung im Wege steht, ist die Anziehungskraft der Erde, die wir als S dl were jederzeit empfinden. Denn ein Fahrzeug, weldies den Weltraum befahren soll, muß nicht nur sich fortbewegen können. Es muß vor allem und zuerst sich von der Erde entfernen, d. h. es muß sich selbst und seine Nutzlast entgegen der Schwerkraft viele Tausende, ja Hunderttausende von Kilometern hoch emporheben können! Da die Schwerkraft eine Massenkraft ist, müssen wir uns vorerst auch über die anderen in der Natur noch vorkommenden Massenkräfte Klarheit verschaffen und uns ferner mit den Ursachen dieser Kräfte, nämlich den beiden mechanischen Grundeigenschaften der Masse kurz befassen; denn auf diesen Fragen fußt das ganze Raumfahrtproblem. Die eine dieser Eigenschaften besteht darin, daß alle Massen sich gegenseitig anziehen (Gravitationsgesetz). Die Folge dieser Erscheinung ist, daß jede Masse auf jede andere Masse eine sogenannte „Massenanziehungskraft" ausübt. Die Anziehungskraft, welche die Himmelskörper vermöge ihrer gesamten Masse auf andere Massen ausüben, wird Schwerkraft genannt. Die von der Erde ausgeübte „Erdschwerkraft" ist die Ursache, daß alle auf der Erde befindlichen Körper eben „schwer" sind, also mehr oder weniger „Gewicht" haben, je nach dem, ob sie selbst eine größere oder kleinere Masse besitzen. Denn die Massenanziehungskraft (Schwerkraft) ist umso bedeutender, je größer die Masse der Körper ist, zwischen welchen sie wirkt. Hingegen aber nimmt ihre Stärke ab mit zunehmender Entfernung (und zwar mit dem Quadrate der letzteren), doch ohne daß ihr Wirkungsbereich eine ausgesprochene Grenze hätte (Abb. i). Sie wird also theoretisch erst in unendlicher Entfernung zu Null. Ebenso wie die Erde übt natürlich auch die Sonne, der Mond und überhaupt jeder Himmelskörper eine seiner Größe entsprechende Schwerkraft aus. Maß für die Sc/twerkraff der Erde 'in t. illlini Abb. Der Verlauf der Massen anziehungskraft (Sdiwerkraft) der Erde. Die mit zunehmender Entfernung quadratisch abnehmende Stärke der Anziehung ist durch den Abstand der Sdiwerkraftkurve von der wagerediten Achse darge:t;Ilt. Die zweite grundlegende Eigenschaft der Masse besteht darin, daß jede Masse stets bestrebt ist, in dem Bewegungszustand, in welchem sie sich eben befindet, auch weiter zu verharren (Trägheitsgesetz). Demzufolge wird jede Masse, Körßer Mreibende Kraft deren Bewegung man beschleunigen, verzögern oder der Richtung nach ändern will, diesem Bestreben Widerstand entgegensetzen, indem sie durch Entwicklung entgegenwirkender, sogenannter „Massenträgheits-•'^bb. 2. kräfte" antwortet (Abb. 2). Man bezeichnet dieselben im allgemeinen als Trägheitswider-stand, oder in besonderem Falle auch als Fliehkraft. Letzteres dann, wenn sie dadurch entstehen, daß eine Masse gezwungen wird, sich in gekrümmter Bahn zu bewegen. Die Fliehkraft ist bekanntlich stets von der Bewegungskurve senkrecht nach auswärts ge- richtet (Abb. 3). Alle diese Kräfte: die Schwerkraft, der Trägheitswiderstand und diegFliehkraft sind Massenkräfte. Wie früher erwähnt, erstreckt sich die Wirkung der Erdschwerkraft, immer schwächer werdend, bis in unendliche Entfernung. Wir können demnach den An- „ aetrei Ziehungsbereich (das Schwerefeld) der Erde niemals völlig verlassen, nie die wirkliche Schweregrenze der Erde erreichen. Wohl aber läßt sich errechnen, welche Arbeitsleistung theoretisch notwendig wäre, um das ganze ^ ^^^ Schwerefeld der Erde zu überwinden. Es müßte hierzu eine Energie von nicht weniger als 6380 Metertonnen für jedes Kilogramm der Last aufgewendet werden. Weiterhin läßt sich ermitteln, mit welcher Geschwindigkeit ein Körper von der Erde fortgeschleudert werden müßte, damit er nicht mehr zu ihr zurückkehre. Sie beträgt 11 180 Meter Je Sekunde. Es ist dies dieselbe Geschwindigkeit, mit welcher ein Körper auf der Oberfläche der Erde auftreffen würde, wenn er aus unendlicher Entfernung frei auf sie zufiele. Um der Masse eines Kilogrammes diese Geschwindigkeit zu erteilen, ist eben dieselbe Arbeit von 6380 Metertonnen erforderlich, die zur Überwindung des ganzen Erdschwerefeldes je Kilogramm der Last laut Früherem aufgewendet werden müßte. Doch wenn auch der Anziehungsbereich der Erde nie tatsächlich verlassen werden könnte, so gäbe es trotzdem Möglichkeiten, einen Körper der Schwerewirkung der Erde zu entziehen, und zwar dadurch, daß man ihn auch der Einwirkung anderer Massenkräfte unterwirft, welche der Erdschwerkraft entgegenwirken. Als solche kommen, gemäß unseren früheren Betrachtungen über die Grundeigenschaften der Masse, nur in Frage: entweder die Massenanziehungskräfte benachbarter Gestirne oder in dem betreffenden Körper selbst erweckte Massenträgheitskräfte. Die praktische Scliweregrenze der Kr de. Wir wollen uns zuvor mit der erstgenannten Möglichkeit befassen. Da ebenso wie die Erde auch jeder andere Himmelskörper ein Schwerefeld besitzt, das sich, an Stärke immer mehr abnehmend, bis in unendliche Entfernung erstreckt, so stehen wir — wenigstens theoretisch — eigentlich stets unter der gleichzeitigen Schwerewirkung aller Gestirne. Hiervon ist für uns jedoch nur Abb. 4. Der Verlauf der Sdhwerefelder der beiden" benadibarten Gestirne Gj und G2 ist wie in Abb. i dargestellt, nur daß die Sdiwerekurve des kleineren Himmelskörpers G2 nadi abwärts gezeidinet wurde, weil seine Anziehungskraft der des größeren Gestirns Gj entgegen wirkt. Dort, wo die beiden Schwerefelder einander entgegengesetzt gleich sind und sidi daher in ihrer Wirkung aufheben, befindet sich der schwerefreie Punkt. die Schwerewirkung der Erde und zum Teil auch die unseres Mondes wahrnehmbar. Denn im Bereiche der Erdoberfläche, in dem unser Leben sich abspielt, ist die Kraft der Erdanziehung so überwiegend groß, daß dagegen die Schwerewirkung, welche die anderen Himmelskörper dortselbst ausüben, praktisch verschwindet. Anders aber, sobald wir uns von der Erde entfernen. Deren Anziehungskraft nimmt in ihrer Wirkung dann fortwährend ab. die der benachbarten Gestirne hingegen beständig zu. Da letztere der Erdschwerkraft entgegen wirkt, muß sich von der Erde aus in jeder Richtung schließlich eine Stelle ergeben, an welcher sich diese Anziehungskräfte der Stärke nach das Gleichgewicht halten. Diesseits dieses Ortes beginnt dann die Schwerewirkung der Erde, jenseits die eines Nachbargestirns zu überwiegen. Man kann dies als praktische Grenze des Schwerefeldes der Erde bezeidinen, ein Begriff, der allerdings nicht streng genommen werden darf, mit Rücksicht auf die große Verschiedenheit und fortwährende Veränderung der Lage der Nachbargestirne gegenüber der Erde. In einzelnen Punkten der praktischen Schweregrenze (im allgemeinen in jenen, welche auf der Verbindungsgeraden zwisdien der Erde und einem Nachbargestirne liegen), heben sich die Anziehungskräfte auch der Richtung nach auf, so daß dort völlig schwereloser Zustand herrscht. Eine solche Stelle des Weltraums bezeichnet man als sogenannten „schwerefreien Punkt" (Abb. 4). Allerdings befände man sich daselbst in einem nur unsicheren, rein labilen Zustande der Schwerelosigkeit. Denn schon bei geringstem Abweichen nach der einen oder der anderen Seite, drohte der Absturz, entweder auf die Erde oder das Nachbargestirn. Die freie Umlaufbahn. Um einen sicheren, stabilen Zustand der Schwerelosigkeit zu erlangen, müßten wir uns der Schwerkraftwirkung auf die zweite Art, nämlich durch Zuhilfenahme von Trägheitskräften ent- FMkraff Umlaufender Körper Abb. 5. Kreisförmiger freier Umlauf eines Körpers um die Erde. Das Gewicht desselben wird durch die dabei erzeugte Fliehkraft aufgehoben. Er befindet sich daher gegenüber der Erde in einem stabilen Zustand freien Sdiwebens. ziehen. Dies wird erreicht, wenn der anziehende Himmelskörper^ also z. B. die Erde, mit entsprechender Geschwindigkeit in einer freien Umlaufbahn umfahren wird (Gravitationsbewegung). Die dabei entstehende, stets nach außen gerichtete Fliehkraft, hält dann der Anziehungskraft das Gleichgewicht, und zwar nur sie allein, wenn die Bewegung kreisförmig ist (Abb. 5), oder gleichzeitig mit noch weiteren hierbei auftretenden Trägheitskräften, wenn die Umlaufbahn eine andere Form besitzt (Ellipse, Hyperbel, Parabel» Abb. 6). Auf ähnliche Weise erfolgen alle Mond- und Planetenbewegungen. Da beispielsweise unser Mond die Erde mit einer mittleren Geschwindigkeit von etwa 1000 Meter je Sekunde ständig umläuft, fällt er nicht auf sie herunter, obwohl er sich in ihrem Anziehungsbereich befindet, sondern schwebt frei über ihr. Und ebenso stürzt auch die Erde nur deshalb nicht in das Glutmeer der Sonne ab, weil sie dieselbe mit einer mittleren Geschwindigkeit von etwa 3 o 000 Meter je Sekunde fortdauernd umfährt. Durch die dabei erzeugte Abb. 6. Versdiiedene freie Umlaufbahnen um einen Himmelskörper. Nadi den Gesetzen der Gravitationsbewegung muß stets ein Brennpunkt der Bahn (beim Kreis der Mittelpunkt) mit dem Massenmittelpunkt (Sdiwer-punkt) des umlaufenen Himmelskörpers zusammenfallen. Fliehkraft wird die Schwerkraftwirkung der Sonne auf die Erde aufgehoben und deshalb verspüren wir auch nichts von ihrem Vorhandensein. "Wir sind gegenüber der Sonne „schwerelos" in „stabilem Schwebezustand", wir sind praktisch genommen „ihrer Schwerkraftwirkung entzogen". In je geringerer Entfernung vom anziehenden Himmelskörper dieser Umlauf erfolgt, desto stärker ist dortselbst auch die Wir-kving der Anziehungskraft. Desto größer muß daher auch die entgegenwirkende Fliehkraft und demzufolge die Umlaufgeschwindigkeit sein (denn die Fliehkraft nimmt zu mit dem Quadrate der Umlauf geschwindigkeit). Während beispielsweise in der Entfernung des Mondes von der Erde eine Umlaufgeschwindigkeit von nur etwa looo Meter je Sekunde genügt, müßte diese für einen Körper, der die Erde nahe der Oberfläche schwebend umlaufen soll, den "Wert von etwa 8000 Meter je Sekunde erreichen. (Abb. 7). Um einem Körper diese Geschwindigkeit zu erteilen, ihn also auf solche Weise gegenüber der Erde in einen stabilen Schwebezustand zu bringen und dadurch von der Erdschwere zu befreien, ist ein Arbeitsaufwand von rund 3200 Metertonnen je Kilogramm seines Gewichtes erforderlich. Abb. 7. Die Umlaufgesdiwindigkeic ist um so größer, je näher zum Anziehungszentrum die freie Umlaufbewegung erfolgt. Das Manövrieren in den Schwerefeldern des Weltraums. Es bestehen also zwei grundsätzliche Möglichkeiten, um sich der Schwerewirkung der Erde oder eines anderen Gestirnes zu entziehen: Erreichung der praktischen Schweregrenze oder Übergang in eine freie Umlaufbahn. Wovon man fallweise Gebrauch machen wird, hängt von dem jeweils beabsichtigten Zwecke ab. So würde es z. B. bei einer Fernfahrt durch den Weltraum» im allgemeinen darauf ankommen, derart zu manövrieren, daß jene Himmelskörper, in deren Anziehungsbereich (Schwerefeld) die Reise gerade vor sich geht, in einer freien Umlaufbahn schwebend (also ohne Antrieb durch künstliche Kraft, nur im Söhwung) umfahren werden, wenn man nicht beabsichtigt, auf ihnen zu landen. Eine längere Reisestrecke würde sich somit aus Teilen solcher Umlaufbahnen (Schwebestrecken) zusammensetzen, wobei der Übergang aus dem Schwerefeld eines Gestirnes in das eines benachbarten im allgemeinen mit Antrieb durch künstliche Kraft bewirkt werden müike. Wollte man sich längere Zeit in irgendeiner gewünschten Höhe über einem Himmelskörper (z. B. der Erde) aufhalten, dann wird man ihn in einer freien, womöglich kreisförmigen Umlaufbahn mit entsprechender Geschwindigkeit ständig umfahren und somit also in stabilem Schwebezustand über ihm verharren. Beim Aufstieg von der Erde oder von einem anderen Gestirn endlich wird man trachten müssen, entweder die praktische Schweregrenze und damit die „gänzliche Loslösung" (bei Verzicht auf stabilen Schwebezustand) oder den Übergan^ in eine freie Umlaufbahn und damit den „stabilen Schwebezustand" (unter Verzicht auf gänzliche Loslösung) zu erreichen oder schließlidi, man wird überhaupt nicht beabsichtigen, das Fahrzeug beim Aufstieg auch der Schwerewirkung dauernd zu entziehen, sondern sich damit begnügen, es bis auf eine bestimmte Höhe emporzubringen und nach Erreichung derselben sofort wieder zur Erde rückkehren zu lassen (normaler Wurf). In Wirklichkeit werden diese verschiedenen Fälle natürlich nicht immer streng von einander zu trennen sein, sondern häufig sich ergänzend zur Anwendung kommen. Stets aber wird der Aufstieg mit Antrieb durch künstliche Kraft erfolgen müssen und eine bedeutende Energieaufwendung erfordern, welche — im Falle der aufsteigenden Körper auch der Schwerewirkung entzogen werden soll — für die Erde den gewaltigen Wert von rund 3200 bis 6400 Metertonnen je Kilogramm der zu hebenden Last erreicht, oder — was das gleiche ist — die Erteilung der riesigen, bereits kosmischen Geschwindigkeit von ungefähr 8000 bis 11 200 Meter je Sekunde, d.i. die annähernd 12fache Geschwindigkeit eines Artilleriegeschosses, erfordert! Der Panzer der Erdlufthülle. Außer der Schwerkraft spielt auch die Lufthülle, welche manche Himmelskörper besitzen — ganz besonders aber natür-lidi jene der Erde — für die Raumfahrt eine äußerst wichtige Rolle. Während dieselbe für die Landung sehr wertvoll ist, bildet sie hingegen für den Aufstieg ein recht bedeutendes Hindernis. Die Höhe der gesamten Erdlufthülle wird nach Beobachtungen an Meteorfällen und Nordlic+iterscheinungen auf einige loo (vielleidit 400) Kilometer geschätzt (Abb. 8). Doch nur in ihren tiefsten, einige Kilometer hoch über der Erde lagernden Schichten, sozusagen nur am „Grunde des Luftmeeres" ist auch jene Luftdichte vorhanden, die für das Bestehen irdischen Lebens notwendig ist. Denn dieselbe vermindert sich mit zunehmender Höhe sehr rasch und beträgt beispielsweise in einer Höhe von 5 km bereits die ^bb. 8. Das Bild zeigt die Luft-Halfte, von 15 km gar nur mehr hülle, unter der Voraussetzung, Vb der Didite über dem Meeresspie- daß sie etwa 400 km hoch ist, im gel (Abb. 9). richtigen Verhältnis zur Erdkugel. Dieser Umstand ist für die Raumfahrtfrage von ausschlaggebender Bedeutung und kommt ihr sehr zu statten. Denn bekanntlich setzt die Luft jedem bewegten Körper einen Widerstand entgegen. Letzterer steigt aber bei Vergrößerung der Bewegungs-gesdiwindigkeit sehr rasch und zwar in quadratischem Verhältnis. Er erreicht bei den für die Raumfahrt in Betracht kommenden außerordentlichen Geschwindigkeiten innerhalb ider dichten erdnahen Luftschichten bereits so hohe Werte, daß hierdurch die Arbeit, welche beim Aufstieg zur Überwindung des Schwerefeldes nach Früherem notwendig ist, noch um ein beträchtlic+ies vermehrt wird und auch beim Bau des Fahrzeuges in weit- Noordnng. 2 gehendem Maße darauf Rücksicht genommen werden muß. Da jedoch zum Glück die Dichte der Luft mit zunehmender Höhe rasch abnimmt, wird auch ihr Widerstand sehr bald kleiner und kann dadurch in erträglichen Grenzen gehalten werden. Trotzdem bedeutet die Lufthülle für die Raumfahrt beim Aufstieg ein mächtiges Hindernis. Sie bildet gleichsam einen Panzer, der die Erde allseits umgibt. Ihre Bedeutung für die Rückkehr zur Erde werden wir später kennen lernen. Die bisher erreichten äußersten Höhen. Es hat nicht an Versuchen gefehlt, in höchste Höhen vorzudringen. Durch Menschen konnten bisher im Flugzeug 11800, fur die LufldMe den verschiedenen h/ormaie Im ff dichte über dem Abb. 9. Mit zunehmender Höhe vermindert sidi die Luftdichte außerordentlidi rasch, wie aus der rechts gezeichneten Kurve und aus der Stärke der Schattierung zu ersehen ist. im Freiballon 12000, und alpinistisch (am Mount Everest) 8600 Meter Höhe erreicht werden (Abb. 9). Noch weiter gelangten sogenannte Ballonsonden. Es sind dies unbemannte Gummiballone, die sehr leicht gebaute Meßgeräte möglichst hoch empor- tragen sollen. Da sich mit zunehmender Höhe der Luftdruck ständig verringert, dehnt sich der Ballon beim Aufstieg immer mehr aus, bis er schließlich zerplatzt. Die Meßgeräte sinken dann an einem Fallschirme langsam herunter, wobei sie selbsttätig Druck, Temperatur und Feuchtigkeit der Luft aufnehmen. Solche Ballonsonden konnten bis auf etwa 35 Kilometer Höhe emporgebracht werden. Darüber hinaus, auf etwa 40 Kilometer Höhe, gelangten die Geschosse der berühmten deutschen Fernkanone, mit welcher Paris beschossen wurde. Doch was ist dies alles, verglichen mit den ungeheuren Höhen, die wir erklimmen müßten, um in den leeren Weltraum oder gar zu fremden Himmelskörpern zu gelangen! Der Kanonenschuß in den Weltrauni. Es schiene naheliegend, auf der Suche nach einem Mittel, um den Fesseln der Erde zu entgehen, an den Schuß aus einer entsprechend gewaltigen Riesenkanone zu denken. Bei diesem Verfahren müßte dem Geschoß jene enorme Energie, die es zur Überwindung der Schwere und für die Durchdringung der Lufthülle benötigt, in der Gänze als lebendige Kraft, also in Form von Geschwindigkeit, mitgegeben werden. Dies erfordert aber, daß das Geschoß bereits beim Verlassen des Erdbodens eine Geschwindigkeit von nicht weniger als rund 12000 Metern je Sekunde erlangt haben muß, wenn nebst der Hebearbeit auch jene zur Überwindung des Luftwiderstandes berücksichtigt wird. Selbst wenn die heutigen Mittel der Technik es gestatten würden, eine solche Riesenkanone zu schaffen und den Schuß. in den Weltraum zu wagen (in Wirklichkeit besitzen wir zurzeit noch keinen Treibstoff, der für diesen Zweck genügend kräftig wäre, wie Prof. H. Lorenz, Danzig nachgewiesen hat) — das Ergebnis dieses Unternehmens würde die ungeheueren Geldmittel nicht aufwiegen, die dazu notwendig wären. Bestenfalls könnte solch ein „Ültra-Artillerist" sich rühmen, der Erste gewesen zu sein, dem es gelungen ist, einen Gegenstand von der Erde fort- Erdboden Ti^imm, Druck deA Pulvergašti I •mm geschleudert oder vielleicht auch den Mond beschossen zu haben. Mehr ließe sich dabei kaum je gewinnen, weil'alles, was man diesem „Geschoßfahrzeug" auf die IReise mitgäbe, an Fracht, Meßgeräten oder gar an Fahrgästen, sich schon in der ersten Sekunde der Reise zu Brei verwandelt haben würde; denn wohl nur massiver Stahl könnte dem ungeheueren Trägheitsdruck widerstehen, der auf alle Teile des Geschosses während der Zeit des Abschusses einwirken würde, während welcher es aus der Ruhelage auf die Geschwindigkeit von I2 000 Meter je Sekunde beschleunigt werden muß, in einem Zeitraum von nur wenigen Sekunden (Abb. lo). Ganz abgesehen von der großen Hitze, die durch die Reibung im Kanonenrohr und besonders in der zu durchdringenden Luft entstünde. fTrägheifswiderstand des ßeschosses 4 iPulvergase Der Rückstoß. Dieses Verfahren ist also praktisch nicht brauchbar. Dem Raumfahrzeug muß jene Energie, welche es zur Überwindung der Schwere und des Luftwiderstandes, sowie zur Fortbewegung im leeren Weltraum benötigt, in anderer Art zugeführt werden, also beispielsweise gebunden in Betriebsstoffen, die man dem Fahrzeug auf die Reise mitgibt. Es muß ferner ein Antriebsmotor vorhanden sein, der gestattet, die Antriebskraft während der'Fahrt zu ändern oder auch stillzusetzen, [die Fahrtrichtung zu wechseln und sich nur langsam, ohne Gefährdung von Fahrgästen und Fracht auf jene hohen, bereits kosmischen Geschwindigkeiten hinaufzuarbeiten, die für die Raumfahrt nötig sind. Abb. lo. Die Jules Vernesdie Riesenkanone zur Beschießung des Mondes. Das Geschoß ist hohl und zur Beförderung von Menschen bestimmt. Das Kohr ist als Schacht in den Erdboden eingelassen. Abb. II. Der „Rückstoß" beim Abfeuern eines Gewehrs. Aber wie dies alles? jWie soll die Fortbewegung denn überhaupt ermöglicht werden, da im leeren Weltraum weder Luft noch sonstige Körper zur Verfügung stehen, an welchen sich das Fahrzeug fortarbeiten, gewissermaßen abstoßen könnte, um seine Weiterbe-wegung nach einer der bisher gebräuchlichen Methoden zu bewirken? (Fußbewegung bei Tier und Mensch, Flügelschlag der Vögel, angetriebene Räder bei rollenden Kraftfahrzeugen, Schiffsschraube, Luftschraube usw.). Das Mittel hierzu bietet eine allgemein bekannte physikalische Erscheinung.^Wer einmal einen scharfen Schuß abgab (und an solchen dürfte es in der jetzt lebenden Generation kaum mangeln) hat hierbei gewiß deutlich, nicht selten vielleicht sogar in recht unliebsamer Weise, den sogenannten „Rückstoß" verspürt. Es ist dies ein mächtiger Stoß, den das Gewehr dem Schützen beim Abfeuern entgegen der Abschußrichtung versetzt. Er kommt dadurch zustande, daß die Pulvergase mit derselben Kraft, mit welcher sie das Geschoß nach vorwärts treiben, auch zurück Abb. 12. Audi wenn man mit der auf das Gewehr drücken und es Hand einen leicht beweglichen, mas- somit nach rückwärts zu bewegen «g^ren Gegenstand (z. B eine frei , /. , , , hängende Eisenkugel) rasch von sidi suchen (Abb. 11). i -i j, • ^ _ ' wegstoßt, erhalt man selbst dabei Aber auch im alltäglichen Leben einen merklichen „Rückstoß". M mckstoB kann man den Rückstoßvorgang, wenn auch zumeist nicht in so vollkommener Weise, immer wieder beobachten: so z. B. wenn man einen beweglichen Gegenstand mit der Hand von sich weg-stöik (Abb. 12); denn genau denselben Stoß, welchen man dabei dem Gegenstand erteilt, erhält man bekanntlich zugleich auch selbst in entgegengesetzter Richtung, und zwar ist dieser „Rückstoß" desto stärker, und man wird infolgedessen selbst auch umso mehr zurückprallen, je kräftiger man gestoßen hat. Umso größer ist dann aber auch die „Abstoßungsgeschwindigkeit", welche der betreffende fortgestoßene Körper hierbei erlangt. Anderseits wird man mit ein und derselben Kraft dem fortgestoßenen Gegenstand eine umso größere Geschwindigkeit erteilen können, je geringeres Gewicht d. h. je kleinere Masse er besitzt. Und ebenso wird man auch selbst hierbei umso mehr zurückweichen je leichter (und um so weniger je schwerer) man ist. Das physikalische Gesetz, welches diese Erschei- l/or dem Mschuß Gemeinsamer Schwerpunkt von Gewehr und Geschoß Nach dem MschuB Abb. 13. Wird der „Rückstoß" des Gewehres nidit aufgefangen, dann bewegt sidi das letztere (nadi dem Absdiuß) nach rückwärts fort, und zwar so daß der gemeinsame Schwerpunkt von Gewehr und Geschoß in Ruhe verbleibt. nung erfaßt, heißt der „Satz von der Erhaltung des Schwerpunktes". Er besagt, daß der gemeinsame Schwerpunkt eines Systems von Körpern stets in Ruhe bleibt, wenn dieselben nur durch innere, d. h. nur zwischen diesen Körpern wirkende Kräfte, bewegt werden. In unserem ersten Beispiel ist der Druck der Pulvergase die innere Kraft, die zwischen den beiden Körpern: Geschoß und Gewehr wirkt. Während unter ihrem Einfluß das nur sehr kleine Geschoß eine Geschwindigkeit von etlichen hundert Metern je Sekunde annimmt, ist dagegen die Geschwindigkeit, welche das viel schwerere Gewehr in entgegengesetzter Richtung erlangt so gering, daß der hierdurch verursachte Rückstoß vom Schützen mit der Schulter aufgefangen werden kann. Würde man letzteres unterlassen und dem Gewehr gestatten, sich ungehemmt nach rückwärts zu bewegen (Abb. 13), dann bliebe der gemeinsame Schwerpunkt von Geschoß und Gewehr tatsächlich in Ruhe (dort wo er vor dem Abschuß war), und das Gewehr würde sich nun nach rückwärts fortbewegen. Das Rückstoß fahr zeug. Würde man nun das Gewehr auf einem leichten Wagen befestigen (Abb. 14) und abfeuern, so würde sich derselbe durch die Kraft des Rückstoßes in Bewegung setzen. Würde man so in rascher Aufeinanderfolge fortgesetzt schießen, ähnlich etwa wie mit einem Maschinen- gewehr, dann würde _ ^ —-•^richfung der Wagen sich be- 'öie abgestoßenen Massen schleunigen, könnte auch Steigungen neh- " men usw. Dies wäre Abb. 14. Ein primitives Fahrzeug mit Rückstoßein Fahrzeu»' mit antrieb: Der Wagen wird durdi andauerndes Ab-,, .. , ,-, . , schießen eines Gewehres, vermöge des dabei erzeugten Ruckstoßantrieb, „Mdcstoßes", fortbewegt, nicht das vollkommenste allerdings. Die Fortbewegung eines solchen Fahrzeuges erfolgt also dadurch, daß es Teile seiner eigenen Masse (im früheren Beispiel: die Geschosse) entgegengesetzt der Bewegungsrichtung von sich fortschleudert und sich dabei an diesen fortgeschleuderten Masseteilen abstößt. Es ist darnach klar, daß diese Antriebsart auch dann brauchbar sein wird, wenn das Fahrzeug sich im leeren Raum befindet, in seiner Umgebung also weder Luft noch etwas anderes vorhanden ist, an dem eine Abstoßung möglich wäre. Ja der Antrieb wird sogar gerade dann erst seine größte Wirksamkeit entfalten können, weil alle äußeren Widerstände entfallen. Bei der technischen Ausgestaltung eines derartigen Fahrzeuges wird man nun anstreben müssen, daß zur Erzeugung einer be- stimmten Antriebsleistung einerseits nur möglichst wenig Massen abgestoßen werden müssen und anderseits, daß ihre Abstoßung in tunlichst einfacher und betriebssicherer Weise vor sic+i gehe. Zur Erfüllung der ersten Forderung ist vor allem notwendig, daß die Abstoßungsgeschwindigkeit möglichst groß sei. Dies ist nach dem bereits Gesagten auch ohne rechnerische Beweisführung, allein durch Überlegung, leicht einzusehen: denn mit je größerer Geschwindigkeit ich einen Körper von mir fortstoßen will, mit desto größerer Kraft muß ich hierbei auf ihn drücken; desto größer wird nach Früherem dann aber auch die Gegenkraft sein, welche infolgedessen auf mich zurückwirkt, das ist der Rückstoß, der durch die Abstoßung eben dieser Masse erzeugt wurde. Ferner ist erforderlich,- daß nicht etwa größere Massenteile in längeren Zeitabschnitten, sondern daß möglichst kleine Massen in ununterbrochener Folge abgestoßen werden. Warum dies ebenfalls zur Geringhaltung der abzustoßenden Masse beiträgt, geht aus rechnerischen Untersuchungen hervor, die hier jedoch nicht gebracht werden sollen. Wie aber ohne weiteres zu verstehen ist, muß letzteres auch im Interesse der Betriebssicherheit gefordert werden; denn der Vortrieb würde sonst ruckweise erfolgen, was für das Fahrzeug und dessen Inhalt schädlich wäre. Nur eine möglichst stetig wirkende Antriebskraft ist praktisch brauchbar. Die Rakete. Diesen Bedingungen kann am besten entsprochen werden, wenn man die Abstoßung der Massen dadurch bewirkt, daß man geeignete, im Fahrzeug mitgeführte Stoffe erst verbrennen und die dadurch entstehenden Verbrennungsgase dann nach rückwärts ausströmen — „auspuffen" — läßt. Die Massen gelangen so in kleinsten Teilchen (Moleküle der Verbrennungsgase) zur Abstoßung und die bei der Verbrennung freiwerdende und sich in Gasdruck umsetzende Energie liefert die hierzu notwendige „innere Kraft". Ein Fahrzeug solcher Art in einfachster Ausführung stellt die bekannte Feuerwerkrakete dar (Abb. 15). Ihr Zweck ist der.einen sogenannten „Kunst-emporzutragen: das sind aller- \Kunstsak gase satz' lei Feuerwerkkörper, welche nach erreichter Steighöhe dann zur Entzündung gelangen, um entweder in prächtigem Feuerspiel das Auge zu erfreuen, oder (wie beispielsweise in der Kriegführung) zu Leucht- und Signalgebungszwecken zu dienen. Die Fortbewegung (Emporhebung) einer solchen Feuerwerkrakete erfolgt durch eine mitgeführte Pul Verladung: „Treibsatz" genannt. Derselbe wird beim Ablassen der Rakete entzündet und brennt dann während des Aufstieges allmählich ab, wobei die entstehenden Verbrennungsgase nach rückwärts (unten) ausströmen und dadurch — vermöge ihrer Rückstoßwirkung — eine stetige nach vorn (oben) gerichtete Antriebskraft erzeugen, in gleicher Weise wie dies schon früher besprochen wurde. Nun, eine Rakete, die als Fahrzeug für den Weltraum dienen soll, würde allerdings wesentlich anders aussehen müssen als eine einfache Feuerwerkrakete. Abb. 15. Feuerwerkrakete im Längsschnitt. Der daran befestigte Stab dient dazu, das Sichüberschlagen der Rakete zu verhindern. T)ie bisherigen Bearbeiter des Raumfalirt-problems. Der Gedanke, daß das Rückstoßprinzip für den Antrieb von Weltraumfahrzeugen geeignet sei, ist nicht neu. Schon um das Jahr 1660 erzählt, allerdings in recht phantastischer Aufmachung, der Franzose Cyrano de Bergerac in seinen Romanen von Weltraumreisen auf Fahrzeugen, die durch Raketen gehoben werden. Nicht viel später weist der berühmte englische Gelehrte Isaac Newton bereits in wissenschaftlicher Form auf die Möglichkeiten hin, sich mit Hilfe der Rückstoßerscheinung auch im luftleeren Raum fortbewegen zu können. 1841 meldet der Engländer Charles Golightly ein Patent auf eine Raketenflug-maschine an. Um 1890 gibt der Deutsche Hermann Gans-windt und wenige Jahre danach erstmalig der Russe Ziol-kowsky ähnliche Vorschläge der Öffentlichkeit kund. Desgleichen hat der bekannte französische Schriftsteller Jules Verne in einer seiner Erzählungen, wenn auch nur nebenbei, die Anwendung von Raketen zu Fortbewegungszwecken erwähnt. Schon sehr deutlich aber tritt der Gedanke des durch Raketenwirkung angetriebenen Raumschiffes in einem Roman des deutschen Physikers Kurt Laßwitz hervor. Doch erst in neuester Zeit wurden in diesem Sinne auch ernste wissenschaftliche Schritte unternommen, und zwar ziemlich gleichzeitig von mehreren Seiten: 1919 erschien eine diesbezügliche Arbeit des Amerikaners Professor Dr. Robert H. Goddard. 1923 folgte die des Siebenbürger Sachsen Professor Hermann Oberth. Das Jahr 1924 brachte eine gemeinverständliche Darstellung des Münchner Schriftstellers Max Valier, 1925 eine Studie des Essener Ingenieurs Dr. Walter Hohmann. 1926 erfolgten Veröffentlichungen des Wiener Chemikers Dr. Franz Edler von Hoefft. 1925 und 1927 kamen neue diesbezügliche Schriften de« russischen Professors Ziolkowsky heraus. Auch einige Romane, welche auf den Ergebnissen der vorgenannten, neuesten wissenschaftlichen Arbeiten aufbauend das Raumfahrtproblem behandeln, sind in den letzten Jahren erschienen, worunter besonders jene von Otto Willi Gail hervorzuheben wären. Bevor wir uns nun der Erörterung der verschiedenen, bisher bekannt gewordenen Vorschläge zuwenden, muß erst noch Einiges über das Grundsätzliche der Fahrtechnik und des Aufbaues von Raketen-Raumfahrzeugen gesagt werden. Die Falu'gescliwindigkeit und der Ifirhungsgrad hei Kaheten-Fahrzeugen. Es ist sehr wichtig und für das Rückstoßfahrzeug eigentüm-hch, daß bei diesem die Fahrgeschwindigkeit nicht willkürlich gewählt werden darf, sondern durch die besondere Art seines Antriebes im allgemeinen schon gegeben ist. Da nämlich die Fortbewegung eines solchen Fahrzeuges dadurch erfolgt, daß es Teile seiner eigenen Masse von sich abstößt, muß dieser Vorgang so eingerichtet werden, daß alle Massen nach erfolgter Abstoßung womöglich ihre gesamte Energie an das Fahrzeug abgegeben haben; denn was sie davon mit sich nehmen, ist unwiederbringlich verloren. Eine derartige f^f^ß', FahrgeschmndigkeH '■imrf/fi^'fm.^^fm, Wagen mit ßücks/oßanfrid) Abb. i6. Die Fahrgesdiwindigkeit ist gleidi der Abstoßungsgeschwindigkeit. Infolgedessen ist nadi der Abstoßung die Geschwindigkeit der abgestoßenen Massen gleich Null, was man in der Abb. daraus ersieht, daß sie lotrecht herunterfallen. Energie bildet unter anderem die lebendige Kraft, welche bekanntlich jedem Körper innewohnt, der sich in Bewegung befindet. Soll nun davon in den abgestoßenen Massen nichts mehr vorhanden sein, dann müssen sich dieselben nach erfolgter Abstoßung gegenüber der Umgebung (richtiger gesagt: bezüglich ihres Bewegungszustandes vor der Abfahrt) in Ruhe befinden. Um dies aber zu erreichen, muß die Fahrgeschwindigkeit von gleicher Größe wie die Abstoßungsgeschwindigkeit sein; denn dann wird die Geschwindigkeit, welche die Massen vor ihrer Abstoßung (also noch als Teile des Fahrzeuges) besessen haben, gerade aufgehoben durch jene Geschwindigkeit, welche ihnen bei der Abstoßung in entgegengesetzter Richtung erteilt wurde (Abb. i6). Sie gelangen demnach durch die Abstoßung in relativen Ruhezustand und sinken als frei fallende Körper lotrecht zu Boden. Unter dieser Voraussetzung geht beim Rückstoßvorgang keine Energie verloren, der Rückstoß selbst arbeitet dann mit einem (mechanischen) Wirkungsgrad von loo Prozent (Abb. i6). Würde die Fahrgeschwindigkeit hingegen kleiner oder größer sein als ' die Abstoßungs- Abstoß- Fahrgeschmndigkeit GesdimndigM— j - Massen P_ msfoß-6esdimndigkeit/i Fahrgeschwindigkeit Wagen mit fiücksioßanfrieb Abb. 17. Die Fahrgeschwindigkeit ist kleiner (oberes Bild) oder größer (unteres Bild) als die Abstoßungsgeschwindigkeit. Die abgestoßenen Massen besitzen daher nadi erfolgter Abstoßung noch immer einen Teil ihrer Abstoßungsgeschwindigkeit (oberes Bild) oder ihrer Fahrgesdiwindigkeit (unteres Bild), was man in der Abbildung daraus erkennt, daß sie schiefpj.™ Jgj Wirkuno-S- zu Boden fallen. , , ® grades tur das Ka- keten-Fahrzeug zukommt. Wendet man nämlich den allgemeinen Ausdruck für den Wirkungsgrad: „Verhältnis der gewonnenen zur aufgewendeten Energie" auf den vorliegenden Fall an'"'"), so gelangt man zu der Formel v\ V geschwindigkeit, dann wäre auch dieser „Wirkungsgrad des Rückstoßes" entsprechend geringer (Abb. 17). Er ist gänzlich Null, sobald das Fahrzeug bei arbeitendem Antrieb stillsteht. Dies läßt sich in einfacher Weise rechnerischverfolgen, was wir hier auch tun wollen mit Rücksicht auf die entscheidende Bedeutung, welche der 11r = nr^ Gewonnene Energie Aufgewendete Energie _ Aufgewendete Energie — Verlorene Energie Aufgewendete Energie Aufgewendete Energie = , Verlorene Energie = als Ausdruck für den Wirkungsgrad des Rückstoßes i^r in Abhängigkeit von dem jeweiligen Verhältnis zwischen Fahrgeschwindigkeit V und Abstoßungsgeschwindigkeit c. Tabelle i. Verhältnis der Fahr- gesdiwindigkeit v zur Wirkungsgrad des Rüdestoßes nr Abstoßungsgeschwin- ■digkeit c T(v in Prozenten V c abgerundet 0 0 0 0,01 0,0199 2 0,05 0,0975 10 0,1 0,19 19 0,2 0,36 36 0.5 0,75 75 0,8 0,96 96 1 1 100 1,2 0,96 96 I>5 0,75 75 1,8 0,36 36 2 0 0 — 1,25 — 125 3 — 3 — 300 4 — 8 — 800 5 — 15 — 1500 wobei m die betraditete Abstoßungsmassc und (c — v) deren nadi der Abstoßung nodi verbliebene Bewegungsgesdiwindigkeit darstellt (diese bedeutet ja nach Früherem für das Fahrzeug verlorene lebendige Kraft). Daraus foljt m c^_ m (c — v)- 2 2 In der Tabelle i ist nun für verschiedene Größen dieses Verhältnisses J der Wirkungsgrad des Rückstoßes T\r mit Hilfe obiger Formel errechnet. Wäre also z. B. das Verhältnis ^ = (d. h. v = o,i c, somit die Fahrgeschwindigkeit nur ^/m so groß wie die Abstoßungsgeschwindigkeit), dann würde der Wirkungsgrad des Rückstoßes nur 19 Prozent betragen; bei ^ = 0,5 (also wenn die Fahrgeschwindigkeit V'ä so groß wie die Abstoßgeschwindigkeit ist) wäre derselben aber schon 75, und bei ^ = i (gleich große Fahr- und Abstoßungsgeschwindigkeit) — in Übereinstimmung mit unserer früheren Überlegung — sogar 100 Prozent. Wird das Verhältnis ^ größer als i (übersteigt demnach die Fahrgeschwindigkeit bereits die Abstoßungsgeschwindigkeit), dann verringert sich der Wirkungsgrad des Rückstoßes wieder, geht schließlich bei J = 2 abermals durch Null und wird dann (also bei Fahrgeschwindigkeiten, die mehr als doppelt so groß wie die Abstoßungsgeschwindigkeit sind) sogar negativ. Letzteres erscheint auf den ersten Blick paradox, da das Fahrzeug durdi die Abstoßung doch an Fahrgeschwindigkeit und damit scheinbar auch an lebendiger Kraft gewinnt! Da aber der Energieabgang,, welcher sich durch die Abtrennung der infolge der großen Fahrgeschwindigkeit jetzt sehr stark mit lebendiger Kraft beladenen Abstoßungsmasse ergibt, den durch die Abstoßung erzielten Energiegewinn nunmehr überwiegt, resultiert aus dem ganzen Vorgang für das Fahrzeug — trotz der dadurch hervorgerufenen Geschwindigkeitsvermehrung desselben — doch ein Energieverlust, was eben in dem negativen Vorzeichen des Wirkungsgrades mathematisch zum Ausdruck kommt. Immerhin aber haben diese für große Werte des Verhältnisses ^ sich ergebenden Wirkungsgrad- zahlen eigentlich nur einen mehr oder weniger theoretischen Wert. Sehr klar und deutlich erkennt man jedoch aus der Tabelle wie sehr es von Vorteil und daher wichtig ist, daß die Größe der Fahrgeschwindigkeit sich möglichst jener der Abstoßungsgeschwindigkeit nähere, um einen guten "Wirkungsgrad des Rückstoßes zu erzielen, wobei jedoch gewisse Unterschiede (selbst bis zu v = 0,5 c bzw. v= 1,5 c) immerhin noch nicht so sehr ins Gewicht fallen, weil die Schwankungen des Wirkungsgrades in der Nähe seines Maximums ziemlich gering sind. Man kann demnach sagen, daß die wirtschaftliche Fahrgeschwindigkeit eines Raketen-Fahr- Fahrsesdmindigkeil 'im^f-'r-'fUf/z'T^' "i-v Wagen mit Raketenonfnieb Abb. 18. Bei einem R a k e t e n f ahrzeug muß die Fahrgesdiwindigkeit möglidist gleich der Auspuffgesdiwindigkeit sein. Zeuges so ungefähr zwischen dem und i Y, fachen Wert seiner Abstoßungsgeschwindigkeit liegt. Wenn nun wie hier das Rückstoßfahrzeug ein Raketen-Fahrzeug ist, die Massenabstoßung demnach durch geeignetesVerbrennen-und Auspuffenlassen von mitgeführten Betriebsstoffen erfolgt, dann muß also im Sinne der soeben erkannten Forderung: die Fahrgeschwindigkeit soweit als möglich von gleicher Größe wie die Auspuffgeschwindigkeit sein (Abb. 18). Dies bedingt aber wieder, daß sich die Fahrgeschwindigkeit gewissermaßen nach der Art des jeweils verwendeten Betriebsstoffes richtet, da jedem eine andere höchst erreichbare Auspuffgeschwindigkeit eigen ist. Diese grundlegende Forderung der Raketenfahrtechnik ist nun bestimmend für die Anwendungsmöglichkeit von Raketen-Fahr-zeugen überhaupt. Denn nach Früherem soll ja die Abstoßungsgeschwindigkeit möglichst groß sein. Tatsächlich betragen auch die in Frage kommenden Auspuffgeschwindigkeiten tausende von Metern je Sekunde, und es muß daher die Fahrgeschwindigkeit ebenfalls einen dementsprechend enormen, für alle bisher bekannten Fahrzeuge unmöglich hohen Wert erreichen, wenn der Wirkungsgrad eine für praktische Anwendung noch brauchbare Höhe haben soll. Deutlich ist dies aus der Tabelle 2 zu erkennen, in welcher zu einzelnen wichtigen Fahrgeschwindigkeiten (angeführt in der Hauptkolonne i) die denselben bei verschiedenen Abstoßungsgeschwindigkeiten entsprechenden Wirkungsgrade ermittelt sind. Schon aus der Hauptkolonne 2 der Tabelle, welche den Wirkungsgrad des Rückstoßes allein darstellt, ersieht man, wie gering die Wirtschaftlichkeit des Raketenantriebes bei den von unseren bisherigen Fahrzeugen erreichbaren Geschwindigkeiten (von höchstens einigen hundert Kilometern je Stunde) ist. Doch viel krasser noch tritt dies hervor, wenn man, wie es die Hauptkolonne 3 zum Ausdruck bringt, den Gesamtwirkungsgrad in Betracht zieht. Zu diesem gelangt man dadurch, daß man noch die Verluste berücksichtigt, welche mit der Erzeugung der Abstoßungsgeschwindigkeit (durch Verbrennen- und Auspuffenlassen des Betriebsstoffes) an und für sich schon verbunden sind und zur Folge haben, daß man praktisch stets nur eine kleinere als jene Auspuffgeschindigkeit erzielen kann, welche für den betreffenden Betriebsstoff theoretisch bestenfalls erreichbar wäre. Die damit verbundene Auswertung desselben dürfte, wie später noch des Näheren erläutert wird"'), wahrscheinlich bis auf etwa 60 Prozent zu bringen sein. Für Benzol beispielsweise würde sich bei 62 Prozent Auswertung eine Auspuffgeschwindigkeit von 3500 und bei 20 Prozent eine solche von 2000 Metern je Sekunde ergeben, für welche beiden Fälle die Hauptkolonne 3 der Tabelle 2 den Gesamtwirkungsgrad zeigt (der im Sinne des Gesagten nunmehr eben nur 62 bzw. 20 Prozent von den entsprechenden Werten der Hauptkolonne 2 beträgt). „Innerer Wirkungsgrad" des Raketen-Motors, siehe Seite jj. Die F(ilu geschwindi(jhci( u. d. Wirkungsgrad bei Raketen-Fahrzeugen. 33 Tabelle 2 Fahr-gcsdiwin-digkeit V in km/st m/sec Wirkungsgrad des HüdistoBes = U — Gesamt-wirkungs-grad dts Fahrzeugantriebes ti = iirni für Benzol und flüssigen Sauerstoff als Betriebsstoff ausgedrückt in Prozenten, und zwar für folgende Abstoßungsgesdiwindigkeiten C in m/sec: 1000 2000 2500 3000 3500 4000 5000 12000 3500 11 28 J6 83 140 200 40 100 200 300 500 700 1000 300 I800 500 3000 1000 5400 1500 7200 2000 9000 2500 10800 3 000 12600 3500 14400 4000 18000 5000 21600 6000 2J200 7000 28800 8000 36000 10000 45000 12500 Soo rd u n g 2,2 4,6 11 16 26 36 51 75 100 7$ o - lij - 300 - 5^5 - 800 -1500 1,2 2,8 5.5 8 13 19 28 44 75 94 100 94 75 44 o - 125 - 300 - J20 - 800 - T 500 0,9 2,2 4>5 6,5 11 15 23 36 64 84 96 100 96 84 64 o - 96 - 220 - 380 - 800 -1500 0,7 1,8 3,8 5,5 9 13 19 31 56 75 89 97 100 97 89 J6 o - 77 - 175 -440 -900 0,6 1,6 3,2 4,7 8 11 16 27 50 67 81 92 98 100 98 81 50 o - 64 -250 - 560 0,5 1,4 2,8 4 7 10 14 23 44 60 75 86 94 99 100 94 75 44 o -125 -35° 0,4 1,2 2,2 3.4 5.5 8 12 19 36 51 64 75 84 91 96 100 96 70 64 o -125 0,2 0,6 1,1 1,6 2,7 4 6 9 15 19 20 19 ■5 9 o - 25 - 6i -m -160 -300 0,4 1 2 3 5 7 10 17 31 42 50 57 61 62 61 50 31 o - 40 -160 -3JO Wie man aus diesen Zahlen erkennt, ist der Gesamtwirkungsgrad — selbst für Fahrgeschwindigkeiten von etlichen hundert Kilometern je Stunde — noch so gering, daß, abgesehen von gewissen Sonderzwecken, bei welchen die Frage der Wirtschaftlichkeit nicht ins Gewicht fällt, eine weitgehende praktische Anwendung des Raketenantriebes für irgendeines unserer gebräuchlichen Boden-Verkehrsmittel wohl kaum jemals in Frage kommen kann. Doch ganz anders wird hingegen die Sache, wenn man sehr hohe Fahrgeschwindigkeiten in Betracht zieht. Selbst schon bei Überschallgeschwindigkeiten, die nicht allzu groß sind, ist der Wirkungsgrad verhältnismäßig wesentlich besser und erreicht bei noch höheren, bereits kosmi|schen Fahrgeschwindigkeiten, di; Tausende von Metern je Sekunde (also bis zu Zehntausende von Kilometern je Stunde) betragen, sogar äußerst günstige Werte, wie aus Tabelle 2 hervorgeht. Es ist daher als ein besonders günstiges Zusammentreffen von Umständen anzusehen, daß gerade für Weltraumfahrzeuge, für welche ja der Rückstoß die einzig geeignete Antriebsart darstellt, diese hohen Fahrgeschwindigkeiten nicht nur möglich sind (kein Fahrwiderstand im leeren Weltraum!), sondern sogar eine [unbedingte Notwendigkeit darstellen. Denn wie könnten sonst jene ungeheueren Entfernungen des Weltraums in menschenmöglichen Reisezeiten zurückgelegt werden? Eine Gefahr aber, daß allzuhohe Geschwindigkeiten vielleicht gesundheitsschädlich wirken könnten, besteht nicht; denn eine Geschwindigkeit an sich wird uns unmittelbar überhaupt nicht bewußt, mag sie auch noch so gewaltig sein. Durcheilen wir doch als „Fahrgäste unserer Erde" in unentwegtem Laufe um die Sonne den Weltraum ständig mit einer Geschwindigkeit von 30000 Meter je Sekunde, ohne auch nur im geringsten etwas davon zu fühlen. Anders verhält es sich indessen mit den bei erzwungenen Geschwindigkeits-Änderungen auftretenden „Beschleunigungen", wie wir später sehen werden. Um die verschiedenen hier betrachteten Fahrgeschwindigkeiten leichter miteinander vergleichen zu können — was sonst durch Die Fahlgeschwindigkeit ii. (L Wirkungsgrad bei RaJceten-Fahrzeugen. 35 Tabelle 3 Kilometer Meter Kilometer je Stunde je Sekunde je Sekunde km/st i m/sec km/sec 5 1.39 0,00139 10 2,78 0,00278 30 8,34 0,00834 50 13.9 0,0139 70 • 19.5 0,0195 90 25,0 0,0250 100 27,8 0,0278 150 41.7 0,0417 200 5 5.6 0,0556 300 83.4 0,0834 360 100 0,1 500 139 0.139 700 195 0.195 720 200 0,2 1000 278 0,278 1080 300 °.3 1190 330 0.33 1800 500 0.5 2000 556 0,556 2 J20 700 0.7 3000 834 0,834 3 600 I 000 I 5400 I 500 1.5 7200 2000 2 9000 2 500 2,5 10800 3000 3 12 600 3 500 3,5 14400 4000 4 18000 5 coo 5 21 600 6000 6 25 200 7000 7 28 800 8000 8 360C0 10000 10 40300 11180 11,18 45000 12 500 12,5 54000 15 000 15 72000 20000 20 die Verschiedenheit der gebräuchlichen Bezeichnungsweisen (für die bisher bekannten Fahrzeuge Kilometer je Stunde, bei der Raumfahrt Meter oder Kilometer je Sekunde) einigermaßen erschwert wird — ist vorstehend die Tabelle 3 gebracht. J)er Aufstieg. Von den wesentlichsten Teilen, aus welchen eine Raumfahrt sich zusammensetzt: dem Aufstieg, der Fernfahrt durch den Weltraum und der Rückkehr zur Erde (der Landung), wollen wir Steiggeschrnndigkeit" 0 Maß für die Sfeiggeschwindig-keif in den versdiiedaien Höhen Steiggeschrnndigkeif" „Sfeig-/i>chsfgesdtmndig/' e"— I Der mitdere Wirkungsgrad des Rückstoßes n.. = A^rendeL^Wgie = Lebendige Kraft der Endmasse M bei der Endgeschwindigkeit v' Lebendige Kraft der Abstoßungsmasse (Mo — M) bei der Abstoßungsgeschwindigkeit c Mv'^' 1 v Daraus folgt mit Mo = Me (siehe folgende Seite 49): ^ Mv^^ ^ \ c' ^rm I YL \ ll iMe"—m)c= e®—I Der Aufstieg. Tabelle 4 Mittlerer Wirkungsgrad des Rück- Verhältnis der stoßes ii„„ während der Beschleu- Endgeschwindigkeit nigungsperiode v' zur Abstoßungs- 1 gesciiwindigkeit c: ) Q __ Hrm V' T)^^ in Prozenten • - I 0 0 0 Ö,2 0,18 18 0,6 0,44 44 I 0,58 58 1,2 0,62 62 i>4 0,64 64 1,59 0,65 65 1,8 0,64 64 2 0,63 63 2.2 0,61 61 2,6 o>54 54 3 o>47 47 4 0,30 30 5 0,17 17 6 0,09 9 7 0,04 4 mit deren Hilfe die Tabelle 4 ermittelt wurde. Dieselbe zeigt den mittleren Wirkungsgrad des Rückstoßes in Abhängigkeit von dem Verhältnis der am Ende der Antriebperiode erzielten Endgeschwindigkeit v' zu der während der Antriebsperiode herrschenden Abstoßungsgeschwindigkeit c, also von — • Darnach ergäbe sich beispielsweise — bei einer Abstoßungsgeschwindigkeit c = 3000 Meter je Sekunde — für eine Antriebsperiode, an deren Ende die Endgeschwindigkeit v = 3000 Meter je Sekunde erlangt wird (also für-^= i\ der mittlere Wirkungsgrad des Rückstoßes mit 58 Prozent, für die Endgeschwindigkeit v = i2ccoMeter je Sekunde v' also — = 4j mit 30 Prozent usw. Er würde günstigenfalls, d. i. für ^ = 1,59, in unserem Beispiel also für eine Antriebsperiode mit der Endgesdiwindigkeit v' = 4770 Meter je Sekunde, sogar 65 Prozent erreichen. Jedenfalls ersieht man, daß auch während des Aufstieges, trotz der dabei auftretenden Schwan- Gesamfer Kücksfoß kungen im Verhältnisse der Fahr-und Abstoßungsgeschwindigkeit y ^ , der Wirkungsgrad noch immer im allgemeinen nicht ungünstig ist. Doch nebst dem in allen Fällen interessanten Problem des Wirkungsgrades besteht speziell für den Aufstieg noch eine zweite Frage von hervorragenderßedeu-tung. Sobald nämlich der Start stattgefunden und sich somit das Fahrzeug von seiner Unterstützung (feste Unterlage oder Aufhängung, Wasserspiegel, Startballon usw.) abgehoben hat, wird es nur mehr durch den Antrieb getragen (Abb. 21), was aber — entsprechend der Natur des Rückstoßes — mit fortgesetztem Arbeitsaufwand, also Betriebsstoffverbrauch, verbunden ist. Dadurch wird jene Betriebsstoffmenge, welche für die Fiebearbeit an und für sich schon erforderlich ist, um einen weiteren, nicht unbedeutenden Betrag vermehrt. Dieser Zustand dauert so lange an, bis — je nachdem ob es sich um einen Steil- oder Flachaufstieg handelt — entweder die notwendige Steig-Fiöchstgeschwindigkeit oder die erforderliche Fahrfnichiung (Aufstieg) ^ __ fiesf!idler, beschleunigend mrl den man zum Unterschied auch als den „äußeren Wirkungsgrad" des Raketen-Motors bezeichnen könnte. Beide sind voneinander gänzlich unabhängig und müssen zugleich berücksichtigt werden, um den Gesamtwirkungsgrad des Fahrzeuges (der eben das Produkt des inneren und des äußeren Wirkungsgrades ist) zu erhalten. In der Hauptkolonne 3 der Tabelle 2, Seite 33 sind als Beispiel die Werte desselben für Benzol als Betriebsstoff schon angeführt worden. Prof. Oberth schlägt im Gegensatze zu Goddard vor, flüssige Betriebsstoffe zu verwenden, und zwar in erster Linie flüssigen Wasserstoff und außerdem Alkohol, beide mit den zu ihrer Verbrennung notwendigen Mengen flüssigen Sauerstoffes. Das Gemisch Wasserstoff-Sauerstoff — Knallgas genannt — besitzt nämlich unter allen bekannten Stoffen in Bezug auf das Gewicht den höchsten Energieinhalt (3780 Kalorien je Kilogramm, gegenüber ungefähr 1240 bei bestem rauchlosem Pulver). Demgemäß ergibt es auch die weitaus höchste Auspuffgeschwindigkeit. Oberth rechnet damit, etwa 3800—4200 Meter je Sekunde erreichen zu können. Gelänge es, die im Knallgas chemisch gebundene Energie bis zur theoretisch höchstmöglichen Grenze auszuwerten, so würde sich dessen Auspuffgeschwindigkeit sogar auf über 5000 Meter je Sekunde steigern lassen. Das hierbei entstehende Verbrennungsgas ist Wasserdampf. Leider steht dem Vorteile dieser bedeutenden Energiekapazität und dadurch bedingten hohen Auspuffgeschwindigkeit, dank welcher das Knallgas theoretisch als weitaus geeignetster Betriebsstoff für Raumraketen erscheinen müßte, die Schwierigkeit, ihn mitzuführen und praktisch anzuwenden, als großer Nachteil gegenüber; denn die Unterbringung des Wasserstoffes wie auch des Sauerstoffes ist in der Rakete aus räumlichen Gründen nur in -■') Siehe Seite 28. verflüssigtem Zustande möglich. Nun beträgt aber die Temperatur des flüssigen Sauerstoffes —183" und die des flüssigen Wasserstoffes gar nur —253" Celsius! Es ist klar, daß dieser Umstand die Handhabung sehr komplizieren muß, abgesehen von den ungewöhnlichen Anforderungen, welche hierdurch an das Material der Behälter gestellt werden. Dazu kommt, daß die mittlere Dichte (spezifisches Gewicht) des Knallgases auch in verflüssigtem Zustand sehr gering ist, so daß zur Unterbringung einer bestimmten Gewichtsmenge desselben verhältnismäßig große Behälter notwendig sind. Bei Alkohol, dem anderen von Oberth vorgeschlagenen Betriebsstoffe, fallen diese nachteiligen Umstände zum Teile fort, sind aber auch nicht ganz vermeidbar. Denn der zur Verbrennung notwendige Sauerstoff muß auch in diesem Falle in flüssigem Zustande mitgenommen werden. Die Auspuffgeschwindigkeit beträgt bei Alkohol nach Oberth etwa 1530—1700 Meter je Sekunde, ist also bedeutend geringer als bei Wasserstoff. Dafür besitzt er aber größere Dichte. Wegen dieser Eigenschaften benutzt Oberth Alkohol zusammen mit flüssigem Sauerstoff als Betriebsstoff für den ersten Teil des Aufstieges; denn während desselben muß der Widerstand der dichten, erdnahen Luftschichten überwunden werden, wozu Oberth eine große Querschnittsbelastung (d. i. der auf I qcm des Luftwiderstandsquerschnittes eines Geschosses entfallende Teil der Gesamtmasse des letzteren) auch bei Raketen als vorteilhaft ansieht und hierzu nebst anderem empfiehlt: „das Massenverhältnis auf Kosten der Auspuffgeschwindigkeit zu vergrößern"Dies wird aber erreicht, wenn man als Betriebsstoff Alkohol und Sauerstoff verwendet. "') Diesem Vorschlage können wir uns jedoch nicht ansdiließen, wie in vor-Uegendem Fall besonders hervorgehoben werden möge. Er dürfte auch kaum haltbar sein, da er sidi auf die Auffassung gründet, man könne den in der Ballistik üblichen Begriff der „Querschnittsbclastung" auch hier anwenden. Letzteres ist nach unserer Meinung aber nicht ohne weiteres zulässig; denn die mit Antrieb fortbewegte Rakete unterliegt wesentlich anderen medianischen Bedingungen als das sich im Schwung bewegende Geschoß. m s « iS ■BehäHer lili hSehä/fer -Tnibinrridifung Die Oberthsche Raumrakete hat im allgemeinen die äußere Form eines deutschen S-Geschosses und ist aus einzelnen Teilraketen zusammengesetzt, die also entweder mit Wasserstoff und Sauerstoff (Wasserstoffrakete) oder mit ■Fallschirm Alkohol und Sauerstoff (Alkoholra- kete) betrieben werden. Zwei Ausführungsbeispiele seines Raumfahrzeuges hatOberth auch näher -Kaum furdie beschrieben. Davon ist das eine ein Heffisfnermslrvmenfe kiei^^res Modell, das unbemannt, aber mit entsprechenden Registrierinstrumenten ausgerüstet, emporsteigen und der Erforschung der höheren und höchsten Luftschichten dienen soll. Das andere ist ein großes, für Menschenbeförderung bestimmtes Raumschiff. Das kleinere Modell (Abb. 27) besteht aus einer Wasserstoffrakete, welche in den vorderen Teil einer bedeutend größeren Alkoholrakete eingefügt ist. Unter dem Behälter der Wasserstoffrakete befindet sich ein eigener Raum zur Unterbringung der Registrierinstrumente. Am Ende der Alkoholrakete sind verstellbare Flossen angeordnet, welche zur Stabilisie-Abb. 27. Längssdinitt durch die j c- j i: u , " , , , . rung und Steuerung des Fahrzeuges Hauptrakete des kleinen ,. ,, . . dienen sollen. Der ganze Apparat ist 5 Meter lang, mißt 56 cm im Durch-stoffrakete (grau angchgt) steckt im messer und wiegt im Startbereiten Zuvorderen Teil der Alkoholrakete, sj^nd 544 kg. Außerdem ist noch eine sogenannte „Hilfsrakete" (Abb. 28) vorgesehen, von 2 Meter Hohe, i Meter Durchmesser und einem Gewicht von 220 kg im abfahrtbereiten Zustande. VßeMller TreibrorricMung Oberthschen Raketenmodells, schematisdi dargestellt. Die Wasser- Der Start erfolgt ab 5500 Meter Höhe, von Luftschiffen aus (Abb. 29). Zuerst wird mittels der Hilfsrakete, die dann zurückbleibt, die Hauptrakete bis auf eine Höhe von 7700 Meter gehoben und dabei auf eine Anfangsgeschwindigkeit von 500 Meter je Sekunde gebracht (Abb. 30). Nun tritt sie selbst in Tätigkeit: erst die Alkoholrakete und, nach deren Verbrauch und Abkopplung, dann die Wasserstoffrakete. 56 Sekunden nach dem Start ist bereits eine Steig-Höchstgeschwindigkeit von 5140 Meter je Sekunde erlangt, welche genügt, um die allein verbliebene Wasserstoffrakete nun ohne Antrieb, in freiem Aufstieg eine schließliche Höhe von etwa 2000 km erreichen zu lassen. Die Rückkehr zur Erde erfolgt mittels eines sich selbsttätig entfaltenden Fallschirmes, welcher in der Spitze der Wasserstoffrakete untergebracht ist. Beim zweiten Modell, dem für Menschenbeförderung bestimmten, großen Raketen^Raumschiff (Abb. 31), besteht der ganze vordere Teil des Fahrzeuges aus einer Wasserstoffrakete, welche auf eine rückwärts angeordnete Alkoholrakete gestellt ist. Die Fahrzelle, für die mitreisenden Menschen, die Fracht usw. bestimmt, mit allen Steuerungsbehelfen ausgerüstet, befindet sich im vorderen Teil der Wasserstoffrakete. Darüber ist der Fallschirm untergebracht. Nach vorn ist das Fahrzeug durch eine metallene, der äußeren Geschoßform angepaßte Kappe abgeschlossen, welche später, gleichzeitig mit der Alkoholrakete, als überflüssiger Ballast abgeworfen wird (Abb. 32); denn zu diesem Zeitpunkte ist die Erdlufthülle bereits verlassen, also kein Luftwiderstand mehr zu überwinden. Die Stabilisierung und Steuerung erfolgt hier nicht mittels Flossen, sondern durch entsprechende Drosselung der äußeren Düsen. Abb. 28. Die Hilfsraket c des kleinen Oberthsdien Raketenmodells. Abb. 29. Start der Rakete nach Obertli von Luftschiffen aus. Bei diesem Modell wird der Start vom Meere aus vorgenommen. Hierbei tritt wieder zuerst die'Alkoholrakete in Wirk- Hufstieg mit Antrieb durch die Wasserstoff rakete. Die leergewordene f^llfoholral^ete wird abgeworfen. Die Wasserstoffrai^ete beginnt zu arbeiten. Aufstieg mit Antrieb durch die Rii^oh'olral^ete. Die leergewordene Hllfsral^ete wird abgeworfen: die Hauptrai^ete, und zwar vorerst deren /lll^oholral^ete, beginnt zu arbeiten. Aufstieg mit Antrieb durch die Hilfsral^ete. Das startbereite Fahrzeug, an Luftschiffen hängend wie Abb, 29. Abb. 30. Der Aufstieg des kleinen (unbemannten) Raketenmodells von Obenh. samkeit. Sie bringt das Fahrzeug bis auf eine Steiggeschwindigkeit von 3000—4000 Meter je Sekunde, worauf sie abgekoppelt und zurückgelassen wird (Abb. 32) und die "Wasserstoffrakete zu arbeiten beginnt, um dem Fahrzeug die notwendige Steig-Höchst- Fallsdiirm 'vhrzdk geschwindigkeit oder, wenn erforderlich, auch noch eine wagrechte Umlaufgeschwindigkeit zu erteilen. Ein solches Raumschiff, geeignet zur Beförderung eines Beobachters, würde nach Oberths Angaben im startbereiten Zustand 300 t wiegen. Bei beiden Modellen ist jede der Teilraketen für sich selbständig, besitzt daher sowohl eigene Treibvorrichtung als auch eigene Behälter. Letztere sind wegen Gewichtsersparnis sehr dünnwandig ausgeführt und erhalten die notwendige Steifheit ähnlich wie nichtstarre Luftschiffe durch Prallfüllung, also durch das Bestehen eines entsprechend großen inneren Überdruckes. Dieser wird bei Inhaltsentnahme durch Nachverdampfen der zurückbleibenden Flüssigkeit aufrechterhalten. Das Baumaterial der Sauerstoffbehälter ist Kupfer, jenes der Wasserstoffbehälter Blei, also weiche Metalle, um der schon erwähnten durch die extrem niederen Temperaturen bedingten Gefahr des Brüchigwerdens vorzubeugen. Im rückwärtigen Teil jeder Rakete befin- ^bb.ji. LängssAnit:einer det sich die Treibvorrichtung (Abb. 33). großen Oberthschen Ra-Dieselbe besteht im wesentlichen aus dem kete für MensAenbeförde-Ofen und einer oder mehreren daran anschließenden aus dünnem Blech gebildeten Ausströmdüsen, sowie den verschiedenen, dazu erforderlichen Hilfsmitteln: wie Zerstäuber u. dgl. Um die Betriebsstoffe auf den für das Einführen in den^Ofen notwendigen Überdruck zu bringen, verwendet Oberth eigenartige, von ihm er-sonnene Pumpen. Kurz vor der Verbrennung wird dann der Sauerstoff vergast, auf 700° erhitzt und so in den Ofen ein-geblasen, während der Brennstoff selbst in fein verteiltem Zustand in den heißen Sauerstoff ström gespritzt wird. Für ent- rung, schematisch dargestellt. Die Wasserstoff-rakete (grau angelegt) ist auf die Alkoholrakete gestellt. sprechende Kühlung des Ofens, der Düsen usw. sind Vorkehrungen getroffen. Es muß auffallen, wie klein der für die Nutzlast bestimmte Fahrraum im Vergleich zum gesamten Fahrzeug ist, das eigent-ich der Hauptsache nach nur aus Behältern besteht. Dies wird Gesdiwindlgkeii Wassersfu Rakete MoM-Rakete /Aufstieg mit ßntrieb durch die Wasserstoff ra ete. Diese arbeitet je nach Zv/ecl^ (lotrechter Aufstieg oder freier Umiauf) entweder auf Steig- oder auf wagerechte Ge-schwindigl^eit. Die leergewordene ßli^oholral^ete und die Kappe werden abgeworfen: die Wasserstoff-rai^ete beginnt zu arbeiten. Bisher erreichte Steiggeschwindigi^eit: 3000—4000 Meter je Sei^unde. ßufstieg wit Antrieb durch die n li^ohoi rai^ete. Das startbereite Fahrzeug, im Meere schwimmend. Abb. 32. Der Aufstieg des größeren (bemannten) Raketenmodells von Obcrth. jedoch verständlich, wenn man bedenkt, daß die früher mittels der Raketengleichung errechneten""), für den Aufstieg notwendigen Betriebsstoffmengen etwa das 20—Sofache der Gesamtlast (Fahrzeugeigengewicht, Betriebsstoffrest und Nutzlast) ausmachen! Die Ursache für diesen enormen Bedarf an Betriebsstoffen liegt Siehe Seite 49, 50. SchniH aber nicht etwa in zu ungenügender Ausnützung derselben, bedingt vielleicht durch Unvollkommenheit des zum Antrieb verwendeten Rückstoßprinzips, wie vielfach irrtümlich geglaubt wird. "Wohl geht beim Aufstieg, wie wir schon früher feststellten/), infolge des Umstandes daß die Fahrgeschwindigkeit während der Dauer des Antriebes nur allmählich zunimmt und daher nicht gleich groß_ (näm-lich anfangs kleiner, später größer) wie die Aus- puff-(Absto-ßungs-) Geschwindigkeit ist, Energie verloren (Abb.17). Trotzdem aber ergäbe sich, wenn z. B. das Fahrzeug auf die zur gänzlichen Loslösung von der Erde ideell notwendige Geschwindigkeit von 12 500Meter Je Sekunde beschleunigt werden soll, der mittlere Wir- Abb. 33. Die Treibvorriditung der Oberthsdien Rakete: redits: des kleinen Modells. Der Ofen mündet in nur eine Düse. links: des großen Modells. Ein gemeinsamer Ofen mündet in viele, bienenwabenartig verteilte Düsen. kungsgrad des Rückstoßes^) bei einer gleichbleibenden Auspuffgeschwindigkeit von 3000 Meter je Sekunde mit 27 Prozent und von 4000 Meter je Sekunde mit 45 Prozent. Ja, er würde gemäß unseren früheren Betrachtungen im günstigsten Fall, d. i. nämlich für eine Antriebsperiode, bei welcher die dem Fahrzeug erteilte Endgeschwindigkeit das 1,5 9 fache der Auspuffgeschwindig-keit beträgt, sogar den Wert von 65 Prozent erreichen'). ') Siehe Seite 37 bis 40. Mit Hilfe der Formel Seit; 38. Siehe Tabelle 4, Seite 39. Da nun auf Grund der früher erwähnten Goddardschen Versuche und der Erfahrungen der Ballistik der innereWirkungsgrad der Treibvorrichtung auf etwa 60 Prozent geschätzt werden kann"), so folgt, daß während des Aufstieges mit einem durchschnittlichen Gesamtwirkungsgrad des Fahrzeuges von ungefähr 16 bis 27 (günstigstenfalls sogar bis 39) Prozent gerechnet werden darf, was wohl jedenfalls nicht schlechter als bei unseren bisher bekannten Kraftfahrzeugen ist! Nur die ungeheure, zur Überwindung so enormer Höhen eben notwendige Arbeitsleistung bedingt es, daß derartig gewaltige Betriebsstoffmengen erforderlich sind. Würde also beispielsweise von der Erde in den Weltraum hinauf bis an die praktische Schweregrenze eine Straße führen und sollte ein Kraftwagen dieselbe erklimmen, dann müßte man ihm einschließlich des zur Verbrennung notwendigen Sauerstoffes einen ungefähr ebenso großen Betriebsstoffvorrat mitgeben, als für ein Raumschiff bei derselben Last und Steighöhe an gleichwertigen Betriebsstoffen notwendig wäre. Es ist noch von Interesse zu erfahren, wie Oberth die Kostenfrage beurteilt. Nach seinen Angaben würde sich das früher beschriebene kleinere Modell einschließlich der Vorversuche auf IG—20000 Mark stellen. Die Baukosten eines Raumschiffes, geeignet zur Beförderung von einem Beobachter, würden über 1 Million Mark betragen. Unter günstigen Bedingungen wäre dasselbe befähigt, etwa 100 Fahrten auszuführen. Bei einem größeren Raumschiff, das außer dem Führer samt Zubehör noch 2 t Fracht befördert, würde ein Aufstieg bis in den stabilen Schwebezustand (Übergang in eine freie Umlaufbahn) etwa 50—60000 Mark erfordern. Die Studie, welche von Dr.-Ing. Höh mann über das Raumfahrtproblem veröffentlicht wurde, behandelt zwar die Konstruktion der Raumrakete selbst nicht näher, befaßt sich aber dafür eingehend mit allen grundsätzlichen Fragen der Raumfahrt und Siehe Seit: 5j. bringt auch sehr wertvolle diesbezügliche Vorschläge. Sofern dieselben sich auf den Landungsvorgang und auf die Fernfahrt durch den Weltraum beziehen, werden sie später behandelt. Was an dieser Stelle interessiert, ist die Berechnung eines Raumfahrzeuges zur Beförderung von zwei Menschen einschließlich allem an Zubehör und Vorräten dazu Notwendigen, Hohmann denkt sich dasselbe in großen Zügen wie folgt aufgebaut: Das eigentliche Fahrzeug soll nur aus der Fahrzelle bestehen. In dieser ist alles untergebracht — außer dem Betriebsstoff. Als solcher dient ein festes, sprengmittelartiges Material, welches unterhalb der Fahrzelle in Form eines sich nach oben verjüngenden Turmes derart anzuordnen wäre, daß die Fahrzelle dessen Spitze bildet (Abb. 34). Durch allmähliches Abbrennen dieses Betriebsstoffturmes soll dann, ähnlich wie bei einer Feuerwerkrakete, der Vortrieb erzeugt werden. Voraussetzung hierfür ist, daß die Sprengmitteltechniker ein Material finden, welches einerseits genügende Festigkeit aufweist, um sich von selbst in der gewünschten Form erhalten zu können, und andererseits auch jene Verbrennungsenergie besitzt, die für das Zustandekommen einer entsprechend großen Abstoßungsgeschwindigkeit notwendig ist. Unter der Annahme, daß letztere 2000 Meter je Sekunde betrage, würde ein solches Raumfahrzeug nach Hohmann im startbereiten Zustand insgesamt etwa 2800 t wiegen, wenn es zur Erreichung einer Steighöhe von 800000 km (d. i. der doppelten Mondentfernung) befähigt sein soll. Dies entspricht im Gewicht ungefähr einem kleinen Ozeandampfer. Eine solche Reise würde hin und zurück 307» Tage dauern. Noordung. 5 Abb. 34. Die Raumrakete nadi Hohmann. Sehr beachtenswert sind die neueren Veröffentlichungen, mit welchen Dr. v. Hoefft in jüngster Zeit hervortrat. Sein ursprünglicher Gedanke war, den Antrieb von Raumschiffen mit Hilfe des Weltäthers zu bewirken. Zu diesem Zwecke soll mittels elektrischer Beeinflussung ein einseitiger Ätherstrom durch das Fahrzeug geleitet werden. Die nach Hoeffts Annahme dabei auftretende Reaktionswirkung des Äthers würde dann die Vortriebskraft des Fahrzeuges liefern, was allerdings voraussetzt, daß der Äther auch Masse besitzt. Letzteres hält Hoefft jedoch für gegeben, wenn die von Nernst und anderen Forschern vertretene Ansicht, nach welcher dem Weltäther eine sehr bedeutende innere Energie innewohnen soll (Nullpunktsenergie des Äthers), auch tatsächlich zutrifft, und zwar mit der Begründung, daß nach dem Einsteinschen Gesetz Energie auch Masse bedeute. Jedoch mit Rücksicht auf die Unwahrscheinlichkeit, diesen Gedanken in absehbarer Zeit verwirklichen zu können, hat v. Hoefft sich nunmehr den Bestrebungen Oberths angeschlossen. Seine neuesten diesbezüglichen Arbeiten haben ihn, seinen Mitteilungen nach, zu baureifen Entwürfen gebracht, die nur der Finanzierung harren. Er beabsichtigt, vorerst eine unbemannte Registrierrakete, zwecks Erforschung der oberen Luftschichten, auf etwa loo km Höhe zu bringen. Dieselbe ist ungeteilt, durch Alkohol und flüssigen Sauerstoff angetrieben und nach Art der Torpedos mittels eines Kreisels gesteuert. Höhe der Rakete 1,2 Meter, Durchmesser 20 cm, Anfangs(Start-)gewicht 30 kg, Endgewicht 8 kg, von welchem 7 kg auf das Leergewicht und i kg auf die Nutzlast entfallen. Letztere wird gebildet durch einen Meteorographen, welcher in der Spitze der Rakete untergebracht ist und sich automatisch aus dieser löst, sobald die Steighöhe erreicht ist, ähnlich wie dies bei Registrierballons geschieht; er sinkt dann allein an einem sich selbst entfaltenden Fallschirm langsam zur Erde, wobei er Druck, Temperatur und Feuchtigkeit der Luft registriert. Der Aufstieg soll aus 10 000 Meter Höhe von einem unbemannten Gummiballon (Pilotballon) aus erfolgen, um dadurch der Rakete das Durchdringen der unteren dichten Luftschichten zu ersparen. Als nächstes plant v. Hoefft die Ausführung einer größeren Rakete mit einem Anfangsgewicht von 3000 kg und einem Endgewicht von 450 kg, von welchem ungefähr 370 kg auf das Leergewicht und 80 kg auf die Nutzlast entfallen. Sie soll, ähnlich wie ein Geschoß angewendet, in freier Wurfbahn (Keplerschen Ellipsen) weite Strecken der Erdoberfläche (etwa von 1500 km aufwärts) in kürzester Zeit zurücklegen und hierbei entweder Post u. dgl. befördern oder, mit einer selbsttätig arbeitenden Photoeinrichtung ausgerüstet, die überflogenen (also z. B. noch unerforschte) Gebiete aufnehmen. Die Landung ist so gedacht, daß sich die Nutzlast, ähnlich wie bei der früher beschriebenen Registrierrakete, vor dem Niedergehen automatisch aus der Spitze löst und allein an einem Fallschirm niedersinkt. Diese einteilige Rakete soll nebstdem aber auch zu einer zweiteiligen ausgestaltet und dadurch für eine Anzielung des Mondes geeignet gemacht werden, zu welchem Zweck sie an Stelle der früheren Nutzlast von etwa 80 kg mit einer dieser gleichschweren zweitem Rakete ausgerüstet wird, welche dann erst die wirkliche, nunmehr allerdings viel kleinere Nutzlast von ungefähr 5 — IG kg trägt. Da sich bei einer solchen Doppelrakete nach dem schon früher erläuterten Stufenprinzip'■•") während des Aufstieges mit Antrieb die Endgeschwindigkeiten beider Teilraketen addieren, würde so eine Steig-Höchstgeschwindigkeit erreicht werden, genügend groß, um die aus einer Blitzpulverladung bestehende Nutzlast bis auf den Mond zu bringen. Beim Auftreffen dortselbst soll dann diese Ladung sich entzünden und durch ihr Aufleuchten das Gelingen des Versuches anzeigen, ähnlich wie dies auch von Goddard beabsichtigt wird. Sowohl diese als auch die vorgenannte Postrakete starten aus einer Höhe von 6000 Meter von einem Pilotballon, einer Schubrakete oder einem Bergesgipfel. Im Gegensatze zu diesen bisher beschriebenen unbemannten Raketen sollen die für Menschenbeförderung bestimmten, großen "■) Siehe Seite 51 bis 53. Raumfahrzeuge, welche Hoefft dann in weiterer Folge zu schaffen gedenkt, grundsätzlich nur unmittelbar von einer geeigneten Wasserfläche aus, und zwar nach Art eines Wasserflugzeuges, starten und beim Niedergehen, ähnlich wie ein solches, wassern. Um sie hierfür befähigt zu machen, sollen sie eine ganz besondere (etwa drachenähnliche) äußere Form erhalten. Das zunächst in Aussicht genommene Modell eines derartigen Raumfahrzeuges hätte ein Startgewicht von 30 t und ein Endgewicht von 3 t. Sein Zweck ist der: einerseits ähnlich wie die Postrakete angewendet, jedoch mit zu befördernden Personen besetzt, in freier Wurf bahn (Keplerschen Ellipsen) große Strecken der Erdoberfläche in kürzester Zeit zu überwinden; anderseits hätte es aber später einmal auch als Spitzenstufe großer, mehrteiliger, zur Erreichung fremder Himmelskörper bestimmter Raumschiffe zu dienen. Deren Startgewichte wären dann schon recht bedeutend, würden etliche 100 t, bei der größten Type sogar bis zu 12000 t betragen. BenierJiungen zu den bisherigen Konstruhtions- vor schlügen. Zu diesen verschiedenen Vorschlägen sei ergänzend noch hinzugefügt: Wohl gehört, soweit es sich bis heute überblicken läßt^ die nähere Zukunft aller Wahrscheinlichkeit nach der Raumrakete mit flüssigem Betriebsstoff. Zu endgültig baureifen Entwürfen von solchen wird man jedoch erst dann kommen können, wenn die hierfür notwendigen technischen Vorbedingungen geschaffen sind, durch (im Versuchsverfahren gewonnene) praktische Lösung der für ihre Konstruktion grundsätzlichen Fragen: I. der Mitführungsweise des Betriebsstoffes, 2. der Einbringungsart desselben in den Ofen und 3. der Vorkehrungen gegen die Zerstörung von Ofen und Düse durch die Verbrennungshitze. Es wurde aus diesem Grund auch absichtlich vermieden, hier selbst Konstruktionsvorschläge zu bringen. Wohl aber erachten wir es zweifellos auch gegenwärtig schon als angezeigt und not- wendig, wenigstens soweit es mit den zur Zeit vorhandenen Erfahrungen eben möglich ist, das Grundsätzliche des Fahrzeugaufbaues zu klären, und dazu gehört vor allem auch die Frage des Antriebsstoffes. Als solcher wurde, laut Früherem, bisher vorgeschlagen: einerseits Wasserstoff und Sauerstoff und andererseits Alkohol und Sauerstoff. Besser als diese beiden dürften sich nach Meinung des Verfassers die reinen Kohlenwasserstoff-Verbindungen (zusammen mit dem zur Verbrennung notwendigen Sauerstoff) als Betriebsstoffe für Raumraketen eignen. Dies wird erkennbar, wenn man den Energieinhalt statt auf das Gewicht auf das Volumen bezogen ausdrückt, wie es Verfasser für am vorteilhaftesten hält, um die Wertigkeit eines Raketenbetriebsstoffes in einfacher Weise beurteilen zu können; denn es kommt nicht nur darauf an, welche Gewichtsmenge Betriebsstoff für eine bestimmte Leistung erforderlich ist; ebenso, ja für die Unterbringung desselben und damit für die Konstruktion des Fahrzeuges noch wichtiger ist es: welche Volumenmenge davon mitgeführt werden muß. In letzterer Hinsicht gibt aber der auf das Volumen bezogene Energiegehalt (Wärmeeinheiten je Liter) des Betriebsstoffes am klarsten Aufschluß. Derselbe ist umso bedeutender, je größer das spezifische Gewicht sowie der untere Heizwert des betreffenden Brennstoffes ist und je weniger Sauerstoff er zu seiner Verbrennung bedarf. Im allgemeinen zeigen sich die kohlenstoffreichen Verbindungen den Wasserstoff reichen überlegen, obwohl der Heizwert je Kilogramm der letzteren höher ist. Sehr geeignet erschiene danach z. B. Benzol. Am günstigsten wäre reiner Kohlenstoff. Da letzterer jedoch nicht flüssig vorkommt, sollte man versuchen, ob nicht durch mechanische Mischung eines flüssigen Kohlenwasserstoffes von möglichst hohem Energiegehalt je Liter (also vielleicht Benzol, Heptan u. a.) mit feinverteiltem, möglichst reinen Kohlenstoff (wie etwa Ruß, feinstes Kohlenmehl o. dgl.) der Energiegehalt je Liter noch weiter gesteigert und dadurch ein besonders hochwertiger, ja vielleicht der nach unserer heutigen Kenntnis der Stoffe überhaupt bestmögliche Raketenbetriebsstoff gewonnen werden könnte. Selbstverständliche Bedingung für die Gültigkeit vorstehender Betrachtungen ist natürlich, daß alle Betriebsstoffe mit dem gleichen Wirkungsgrad ausgenützt werden. Unter dieser Voraussetzung würde beispielsweise eine Raumrakete, welche die Endgeschwindigkeit 4000 Meter je Sekunde erreichen soll, dann wenn sie mit Benzol und flüssigem Sauerstoff betrieben wird, rund um die Hälfte kleiner ausfällen und eine um Vs geringere Behälteroberfläche aufweisen als bei Antrieb durch flüssigen Wasser- und Sauerstoff (Abb. 3 5). Es würde daher die Benzolrakete nicht nur eher technisch ausführbar sein, sondern sich auch billiger stellen als die gleich leistungsfähige Wasserstoffrakete; wenn auch das Gewicht der notwendigen Betriebsstoffmenge in ersterem Falle etwas höher ist und daher eine größere Antriebskraft und infolgedessen auch eine stärkere, also schwerere Treibvorrichtung notwendig wäre. Dafür sind bei der Benzolrakete eben die Betriebsstoffbehälter kleiner und können außerdem, wenigstens soweit sie dem Benzol dienen, aus irgendeinem Leichtmetall hergestellt werden, weil das Benzol normal flüssig ist, während sie für verflüssigten Wasserstoff mit Rücksicht auf dessen abnorm niedere Temperatur (—253° Celsius) nach Oberth, wie schon erwähnt, aus Blei (!) bestehen müßten. Ganz abgesehen von den vielen anderen durch diese niedere Temperatur des flüssigen Wasserstoffes bedingten Schwierigkeiten in der Handhabung und Anwendungsweise desselben, die alle beim Benzol fortfallen. Wasserstoirakete Benzolrakete Abb. 3 j. Größenverhältnis zwischen einer Wasserstoffrakete und einer Benzolrakete von gleicher Leistungsfähigkeit, wenn jede imstande sein soll, sidi eine Geschwindigkeit von 4000 MeternjeSekunde erteilen zu können. A Allerdings tritt diese Überlegenheit der flüssigen Kohlenwasserstoffe bei höheren Endgeschwindigkeiten gegenüber dem reinen Wasserstoff immer mehr zurück. Trotzdem aber würde, selbst für die Erreichung einer Geschwindigkeit von 12 500 Meter je Sekunde (wie sie jzur gänzlichen Loslösung von der Erde ideell notwendig ist), eine Benzolrakete immer noch um Vs kleiner ausfallen als eine Wasserstoffrakete (Abb. 36). Erst für die Endgeschwindigkeit von 22000Meter je Sekunde würden sich die Volumen der Betriebsstoffmengen bei der Benzolrakete ebenso groß wie bei der Wasserstoffrakete ergeben. Zu diesen energiewirtschaftlichen und sonstigen Vorteilen der flüssigen Kohlenwasserstoffe kommt noch, daß sie an und für sich viel Wasserstoffrakefe Benzolrakefe Abb. 36. Größenverhältnis zwischen einer Wasserstoffrakete und einer Benzolrakete von gleidier Leistungsfähigkeit, wenn jede imstande sein soll, sidi eine Geschwindigkeit von 12500 Metern je Sekunde (gänzliche Loslösung von der Erde!) zu eneilen. billiger sind als flüssiger reiner Wasserstoff. Die Rückkehr zur Erde. Aus den bisherigen Ausführungen geht also hervor, daß dem Aufstieg in den Weltraum, wenn auch bedeutende, so doch nicht unüberwindbare Hindernisse im Wege stehen. Bevor wir uns aber mit weiteren Betrachtungen befassen, welche aus diesem Ergebnis nun gefolgert werden können, interessiert uns vor allem die Frage: ob und wie es möglich wäre, nach gelungenem Aufstieg wieder zur Erde rückkehren und daselbst landen zu können, ohne hierbei Schaden zu nehmen. Denn es mag wohl auch beim kühnsten Raumfahrer ein nicht gelindes Grausen erwecken, wenn er, die Erde als ferne Kugel vor sich sehend, bedenkt, daß er mit nicht weniger als etwa der zwölffachen Geschwindigkeit eines Artilleriegeschosses auf ihr einlangt, sobald er, sich ihrer Schwerkraft frei überlassend, auf sie zufährt oder richtiger gesagt: auf sie abstürzt. Es muß also für rechtzeitige Abbremsung gesorgt werden. Welch schwieriges Problem diese Forderung jedoch in sich schließt, erkennt man, wenn man sich vergegenwärtigt, daß jedem einzelnen Kilogramm des Raumschiffes bei seinem Eintreffen auf der Erde eine lebendige Kraft innewohnt, welche beinahe jener eines ganzen D-Zuges gleichkommt, der sich mit 70 km Stundengeschwindigkeit in Fahrt befindet! Denn, wie schon anfangs erwähnt, fällt ein Körper stets mit der Geschwindigkeit von etwa 11000 Meter je Sekunde auf die Erde ein, sobald er aus dem Weltraum durch ihre Schwerkraft an sie herangezogen wird; er besitzt hierbei also eine lebendige Kraft von rund 6000 Metertonnen je Kilogramm seines Gewichtes. Diese ungeheure Energiemenge muß nun dem Fahrzeug während der Abbremsung in der Gänze entzogen werden. Fiierfür kommen lediglich zwei Möglichkeiten in Betracht: entweder Gegenarbeit mittels des Rückstoßantriebes (ähnlich wie beispielsweise die „Rückwärtsarbeit" der Maschine beim Stoppen eines Schiffes) oder Widerstandsbremsung unter Ausnützung der Erdlufthülle. Bei Landung nach ersterer Art müßte man also den Antrieb neuerlich und zwar diesmal entgegen der Fahrtrichtung wirken lassen (Abb.- 37). Hierbei würde dem Fahrzeug seine Einfallenergie dadurch entzogen werden, daß man dieselbe durch Leistung einer gleichgroßen, entgegengesetzten Arbeit aufhebt. Dies bedingt aber, daß zur Bremsung dieselbe Energie und somit auch die gleiche Betriebsstoffmenge aufgewendet werden müßte, welche für den Aufstieg [notwendig ist. Denn da die Anfangsgeschwindigkeit für den Aufstieg (Steig-Höchstgeschwindigkeit) und die Endgeschwindigkeit bei der Rückkehr (Einfallgeschwindigkeit) von ähnlicher Größe sind, so unterscheiden sich auch die lebendigen Kräfte, welche dem Fahrzeug in ersterem Falle mitgeteilt und in 'letzterem entzogen werden müssen, nur wenig von einander. ^DasaufdieErde einfallende Haumidtiff l'i^ir'kungsrichtung Diese ganze, für die Bremsung notwendige Betriebsstoffmenge muß aber vorerst noch — und das gibt den Ausschlag — auf die volle Steighöhe mitgehoben werden, was eine ungeheure Vermehrung der Steiglast bedeutet. Dadurch wird aber nun die für den Aufstieg insgesamt erforderliche Betriebsstoff menge dermaßen ^roß, daß diese Bremsart jedenfalls äußerst unwirtschaftlich, ja bei der Leistungsfähigkeit der bis heute zur Verfügung stehenden Betriebsstoffe, sogar überhaupt undurchführbar erscheint. Aber auch eine nur teilweise Heranziehung des Rückstoßes zur Bremsung muß aus denselben Gründen wo nur möglich vermieden werden. Dazu kommt, daß die Rückstoßbremsung i m Bereiche der Lufthülle — wenigstens solange die Fahrgeschwindigkeit noch von kosmischer Größe ist — vermutlich überhaupt kaum anwendbar sein dürfte. Denn die Auspuffgase, welche das Fahrzeug dabei vor sich hertreibt, würden durch den Luftwiderstand mehr verzögert werden als das schwerere Fahrzeug selbst, und so müßte sich dieses in der Hitze der eigenen Verbrennungsgase bewegen. Die zweite Landungsart, jene mit Ausnützung des Luftwiderstandes, wird dadurch bewerkstelligt, daß das Fahrzeug während seines Weges durch die Erdlufthülle mittels Fallschirmen oder sonstigen Vorrichtungen abgebremst wird (Abb. 38). Hierbei ist nun ausschlaggebend, daß sich die lebendige Kraft, welche dem Fahrzeug Abb. 37. Landung mit Rückstoßbrem'sung. Das einfallende Fahrzeug soll durch den Antrieb „aufgefangen" werden, indem derselbe entgegen der Fahrtrichtung, also ebenso wie beim Aufstieg „von der Erde weg" arbeitet. während dieses Vorganges entzogen werden muß, nur zum Teil in Luftbewegung (Wirbelung) zum anderen Teil aber in Wärme umwandelt. Wenn nun der Bremsweg nicht genügend lang und daher die Bremszeit zu kurz ist, dann kann während derselben die entstehende Bremswärme nicht in genügendem Maße durch Leitung und Strahlung an die Umgebung übergehen, und es muß Einfallgeschmdigkeit fWOßm/sek Abb. 38. Landung nnit Luftwiderstandsbremsung bei lotrechtem Einfall des Fahrzeuges. daher die Temperatur der Bremsmittel (Fallschirm usw.) fortgesetzt steigen. Nun besitzt aber in unserem Falle das Fahrzeug bei seinem Eintritt in die Lufthülle eine Geschwindigkeit von rund 11 000 Meter je Sekunde, während jener Teil der Lufthülle, welcher genügende Dichte aufweist, um für Bremszwecke noch in Frage zu kommen, kaum mehr als 100 km hoch sein dürfte. Nach dem vorhin Gesagten ist ohne weiteres klar, daß ein Versuch, auf diesem für so gewaltige Geschwindigkeiten relativ viel zu kurzem Wege eine Abbremsung des Fahrzeuges durch den Luftwiderstand zu bewerkstelligen, einfach zur Verbrennung führen müßte. hgkeit So schiene es also, als ob das Problem der Raumfahrt, wenn auch nicht an der Frage des Aufstieges, so doch an der Unmöglichkeit einer wohlbehaltenen Rückkehr zur Erde scheitern sollte. Das Ilohmannsche Landungsmanöver. Es ist ein Verdienst des deutschen Ingenieurs Dr. Hohmann, aus dieser'Schwierigkeit einen Ausweg gezeigt zu haben. Nach seinem Vorschlage wird das Raumschiff für die Landung mit Tragflächen ähnlich wie ein Flugzeug ausgerüstet. Weiterhin wird schon zu Beginn der Rückkehr dem Fahrzeug mittels Rückstoßes eine solche tangentiale (wage rechte) Geschwindigkeit erteilt, daß es bei seinem Fall zur Erde gar nicht auf ihrer Oberfläche auftrifft, sondern die Erde in einer freien Umlaufbahn derart umfährt, daß es sich ihrer Oberfläche im Scheitel der Bahn auf 75 km nähert (Abb. 39). Es sei versucht, diesen Vorgang in einfacher Weise vielleicht fol- i5km Höhe über gend zu erläutern: Wenn man einen Stein wirft, statt ihn nur fallen zu lassen, dann trifft er erst in einer gewissen Entfernung auf den Boden, und zwar in umso weiterer, mit je größerer Geschwindigkeit er fortgeschleudert wurde. Könnte man nun diese Wurfgeschwindigkeit beliebig steigern, so daß der Stein nicht schon in einer Entfernung von 10 oder IOC Meter, ja auch noch nicht in einer solchen von 100 oder 1000 km niederfällt, sondern erst in einer Weite von der Erdoberfläi ^^^infallgescfimndigked efwo 11000njsek Abb.39.BeimHohmannschenLan-dungsvorgang wird die Rückkehrbahn derart künstlidi beeinflußt, daß das Raumschiff gar nicht auf die Erde auftrifft, sondern dieselbe in 75 km Höhe umfährt. Abb. 40. Wenn die Fliehkraft infolge zu rascher Fahrt zu groß wird, schleudert sie den Wagen aus der Bahn. 40000 km ZU Boden gelangte, dann würde er in Wirklichkeit überhaupt gar nicht mehr niederfallen, da ja der ganze Erdumfang nur 40000 km mißt. Er würde dann die Erde wie ein winziger Mond in einer freien Umlaufbahn umkreisen. Allerdings müßte man, um dies von einem Standpunkte der Erdoberfläche aus zu erreichen, dem Steine die gewaltige Geschwindigkeit von etwa 8000 Meter je Sekunde erteilen. Letztere wird jedoch umso geringer, je weiter die Stelle von der Erde entfernt liegt, von welcher aus der Körper zum Umlauf um dieselbe veranlaßt werden soll. In einem Abstände von etlichen 100000 km beträgt sie nur mehr rund 100 Meter je Sekunde (Abb. 39). Dies ist auch einzusehen, wenn man bedenkt, daß das Fahrzeug ohnehin — allein schon infolge seines Falles zur Erde — immer mehr an Geschwindigkeit gewinnt. Erreicht doch die Einfallge-schwindigkeit laut Früherem schließlich sogar den Wert von 11000 Meter je Sekunde, ist also bereits um mehr als 3000 Meter je Sekunde größer, als jene Geschwindigkeit von genau 78 50 Meter je Sekunde, die das Fahrzeug haben müßte, damit es die Erde Einfallgeschm rund fIL Abb. 41. Infolge der um rund 3000 m/sec zu großen Fahrgeschwindigkeit (11000 statt 7850 m/sec!) ist die Fliehkraft größer als die Sdiwere, weshalb das Raumschiff aus der freien Kreisbahn nadi außen gedrängt wird. ähnlich wie früher der Stein) in freier Kreisbahn in einer Höhe von 75 km umlaufe. Infolge dieses Überschusses an Geschwindigkeit wird nun das Raumschiff durch die Fliehkraft stärker nach außen gedrängt, als die Schwerkraft imstande ist, es nach innen zur Erde zu ziehen; ein ähnlicher' Vorgang wie etwa bei einem Kraftwagen, der eine Kurve mit zu großer Geschwindigkeit (zu „scharf") durchfährt (Abb. 40). Ebenso wie dieser nach außen geschleudert wird, weil die Fliehkraft, welche ihn aus der Bahn zu drängen sucht, größer ist als die Bodenreibung der Räder, die ihn in derselben erhalten sollte, so wird — in sinngemäßer Weise — auch unser Raumschiff bestrebt sein, die freie Kreisbahn nach außen zu verlassen und sich damit von der Erde wieder zu entfernen (Abb. 41). I M7uhin^ in erzwungener Kreisheive^iing. Letzteres kann aber verhindert werden, und zwar durch entsprechende Zuhilfenahme der Tragflächen. Bei einem normalen Flugzeuge sind dieselben nach aufwärts geneigt, damit durch die Fahrbewegung jener Auftrieb entsteht, der eben das Flugzeug tragen soll (Abb. 42). In unserem Falle werden nun die Tragflächen entgegengesetzt, also nach abwärts geneigt, eingestellt (Abb. 43); dadurch entsteht ein nach unten, gegen die Erde zu gerichteter Druck, der bei richtiger Wahl des Anstellwinkels den Überschuß an Fliehkraft gerade aufhebt, und auf diese Weise das Fahrzeug zwingt, in der Kreisbahn zu verbleiben (Abb. 44). Luftmdersiand flugrichiung '\Fahrzeuggemchf Erdobenfläche Abb. 42. Die grundsätzliche Wirkungsweise der Tragflächen beim normalen Dradien-f lug: Der durch den Luftwiderstand bedingte „Auftrieb" ist nach oben gerichtet und trägt so das Flugzeug. Lurtwidersland ir/iehkraff-' Überschuß Flugnichtung Abtrieb Für die Ausführung dieses Manövers wurde absichtlich die Höhe von 75 km über der Erdoberfläche gewählt; denn dort ist die Luftdichte bereits so gering, daß das Raumschiff trotz seiner hohen Geschwindigkeit annähernd denselben Luftwiderstand erleidet, wie ein normales Flugzeug in üblicher Höhenlage. Im Verlaufe dieser „erzwungenen Kreisbewegung" wird sich nun die Fahrgeschwindigkeit infolge des Luftwiderstandes andauernd verringern und daher der Überschuß an Fliehkraft immer mehrabnehmen. Demgemäß vermindert sich aber auch die Notwendigkeit einer Mithilfe der Tragflächen, bis diese schließlich vollkommen überflüssig wird, sobald die Fahrgeschwindigkeit auf 7850 Meter je Sekunde Erdoberfläche gesunken ist und somit auch Überschuß an Fliehkraft aufgehört hat zu bestehen. Abb. 4?. Wirkungsweise der Traefläcnen „ „ 1 -rr 1 • 1 .., j , • u Uas Raumschiff kreist dann wahrend der „erzwungenen Kreisbewegung" eines landenden Raumschiffes, in einer freien Umlaufbahn Hier erzeugt der Luftwiderstand einen zur Schwebend um die Erde Erde (nach abwärts) gerichteten „Abtrieb", („FreieKreisbewegung", der den Überschuß an Fliehkraft aufhebt. Abb 44) Da sich aber infolge des Luftwiderstandes die Fahrgeschwindigkeit andauernd weiter vermindert, nimmt audi die Fliehkraft allmählich ab und läßt demgemäß die Schwere immer mehr zur Geltung kommen. Daher müssen die Tragflächen bald wieder in Wirksamkeit treten, und zwar jetzt ebenso wie bei einem gewöhnlichen Flugzeug (Abb. 42): der Schwere entgegenwirkend, also tragend („Gleitflugbewegung", Abb. 44). Endlich wird mit weiterer Abnahme der Geschwindigkeit und zunehmender Annäherung an die Erde die Fliehkraft praktisch überhaupt zu Null: das Fahrzeug wird dann nur mehr von den Tragflächen getragen, bis es schließlich im Gleitflug niedergeht. Auf diese Weise wäre es möglich, den Weg durch die Lufthülle dermaßen auszudehnen, daß dabei sogar die ganze Erde £>er für das Landungsmanöver brauchbare Teil d. LußhiiHe fOOkm hoch / Beginn^ der^^;^ ßremsmrkiji^ ^Freie Umlaufbahn _ ^ , /aufwddier dasßaum-I /schiff bei Fehlen des Zwanges y durch die Tragfliidten sich mn der JJ-^^ Erde wieder en!Fernen wijrde ^Landung 15 l— der Verbindungs-Umlaufbahn ist jener Teil derselben, den das Raumfahrzeug tatsächlidi durchläuft. dann am geringsten, wenn die Umlaufbahn des ursprünglichen und jene des zu besuchenden Gestirns durch die Verbindungs-Umlaufbahn des Fahrzeuges nicht geschnitten sondern tangiert (berührt) wird (Abb. 99). Immerhin sind auch dann die erforderlichen Betriebsstoffmengen nicht unbeträchlich. "") Siehe Seite 16. Zu diesen kommen aber noch weitere hinzu, wenn der zu besuchende Weltkörper nicht zu umfahren wäre, sondern auf ihn niedergegangen werden soll, und zwar umsomehr, je größer seine Masse und damit auch seine Anziehungskraft ist; denn der W'iederau fstieg von demselben bei Antritt der Rückreise erfordert ja, wie uns schon von der Erde her bekannt ist""), einen sehr bedeutenden Energieaufwand. Ist dazu außerdem noch die Abbremsung bei der Landung, mangels einer entsprechenden Lufthülle, durch Arbeit des Antriebes zu leisten (Rückstoßbremsung), dann ergibt sich daraus noch eine weitere, gewaltige Vervielfachung der notwendigen Betriebsstoffe Letztere müssen aber alle schon bei der Hinreise von der Erde aus mitgenommen werden, wenigstens bei erstmaligem Besuch eines fremden Gestirns; denn man könnte in diesem Fall nicht von vornherein damit rechnen, die für die Rückreise erforderlichen Betriebsstoffe dortselbst gewinnen zu können. Start von der Erdoberfläche aus. Würde man nun eine solche Reise unmittelbar von der Erdoberfläche aus beginnen, dann müßte diese ganze Betriebsstoffmenge erst von der Erde (unter Überwindung ihrer Schwerkraft) losgelöst werden. Hierzu ist aber nach Früherem"') an und für sich schon ein ganz außerordentlicher Arbeitsaufwand notwendig. In vorliegendem Falle würde demnach, wenigstens bei der Leistungsfähigkeit der zurzeit verfügbaren Betriebsstoffe, die mitzunehmende Menge der letzteren einen so hohen Anteil vom Gesamtgewicht des Fahrzeuges ausmachen, daß dessen bauliche Ausführung kaum möglich wäre. Der einzige Himmelskörperbesuch, welcher sich mit den bisher bekannten Betriebsstoffen wohl auch unmittelbar von der Erdoberfläche aus vornehmen ließe, wäre eine Umfahrung des Mondes, zwecks näherer Erforschung seiner Oberflächenbeschaf- Siehe Seite 49, 50. fenheit, insbesondere auf der von der Erde ständig abgekehrten Seite desselben. Hierbei könnte man sich von ihm auch „einfangen" lassen, um ihn als Mond des Mondes in einer freien Umlaufbahn beliebig oft zu umkreisen. Die für dieses Unternehmen erforderliche Betriebsstoffmenge wäre nicht viel größer als für einen normalen Aufstieg von der Erde bis zur Erreichung der praktischen Schweregrenze. Die Raumwarte als Basis für den Weltraum- Fernverkehr. Wesentlich günstiger lägen die Verhältnisse' jedoch, wenn man, wie Oberth es vorschlägt, ein entsprechend hoch über der Erde schwebendes, dieselbe in einer freien Umlaufbahn ständig umkreisendes Betriebsstoffdepot errichten und die Reise von dort statt von der Erdoberfläche aus antreten würde; denn dann wäre zur gänzlichen Loslösung von der Erde nur mehr geringer Arbeitsaufwand notwendig und das Fahrzeug brauchte daher nicht mit dem für den Aufstieg von der Erde erforderlichen Betriebsstoff belastet zu werden. Es müßte davon nur wenig mehr als das für die Fernfahrt selbst Notwendige mitnehmen. Da sich das Depot infolge seiner freien Umlaufbewegung in gewichtslosem Zustand befände, könnten die Betriebsstoffe dort-selbst in jeder Menge einfach an irgendeiner Stelle des Raums freischwebend gelagert werden. Gegen die Sonnenstrahlen geschützt, würde sich so auch Sauerstoff und Wasserstoff beliebig lange Zeit in festem Zustande halten. Ihre Zufuhr müßte durch einen ständigen Raumschiff Pendelverkehr bewerkstelligt werden, und zwar: entweder von der Erde aus, woselbst man die Betriebsstoffe (wenigstens soweit sie aus flüssigem Sauerstoff und Wasserstoff bestehen) beispielsweise in großen, durch die Wärme der tropi-sdien Meere betriebenen Kraftwerken erzeugen könnte; oder vom Monde her, wie Max Valier vorschlägt. Letzteres wäre besonders vorteilhaft; denn da die Masse und infolgedessen auch die Anziehungskraft des Mondes viel kleiner ist als jene der Erde, würde der für den Aufstieg und damit für die Betriebsstoffzufuhr von demselben aus notwendige Arbeitsaufwand bedeutend geringer sein. Allerdings setzt dies voraus, daß die hierzu^ erforderlichen Rohstoffe sich auf dem Mond auch wirk-lidi vorfänden, dort also zumindest "Wasser (etwa in eisförmi-gem Zustand) vorhanden wäre; denn letzteres ließe sich dann auf elektrolytischem Weg in Sauerstoff und Wasserstoff zerlegen, wozu Sonnenkraftwerke die Energie liefern könnten. Leider ist die Wahrscheinlichkeit hierfür nicht allzu groß. Sollte es aber doch zutreffen, dann könnte man, nach dem Vorschlage Hohmanns, auch den Mond als Ausgangspunkt für den Weltenraum-Fernverkehr benutzen, also auf ihm selbst das Betriebsstoffdepot errichten. Trotz mancher damit verbundener Vorteile erscheint aber der Oberthsche Vorschlag eines freischwebenden Depots doch günstiger, weil von einem solchen aus die gänzliche Loslösung vom Anziehungsfeld des Erdenreichs (einschließlich des Mondes) erheblich geringeren Arbeitsaufwand erforderte; und zwar wäre es in energiewirtschaftlicher Hinsicht zweifellos am vorteilhaftesten, das Depot auf ein oder mehrere Millionen Kilometer Entfernung von der Erde zu errichten, insbesondere dann, wenn die Betriebsstoffe von der Erde aus zugeführt werden müssen. Wir wollen es jedoch zu unserer Raum warte verlegen und diese dadurch zum Verkehrsstützpunkt machen, weil sie mit allen jenen Einrichtungen, welche hierfür noch erforderlich sind, ohnehin schon ausgestattet ist. Davon besonders wertvoll wären unter anderem die Riesenteleskope; denn sie würden es, dank ihrer nahezu unbeschränkten Wirkungsfähigkeit, nicht nur ermöglichen, die zu bereisenden Gebiete der Sternenwelt erst aus der Ferne gründlich zu erforschen, worauf schon früher hingewiesen wurde''"). Man könnte damit wahrscheinlich auch das Raumschiff während eines großen *) Siehe Seite 159. Teiles, ja in manchen Fällen vielleicht sogar wahrend des ganzen Verlaufes seiner Fahrt unter ständiger Beobachtung halten und durch zu bestimmten Zeiten von demselben abzugebende Lichtsignale mit ihm in wenigstens einseitiger Verbindung bleiben. So würde also die Raumwarte außer den vielen schon besprochenen Aufgaben noch jene erfüllen können, die eigentliche Bereisung des Alls nicht nur vorbereiten zu helfen, sondern schließlich auch als Basis für den ganzen Weltraum-Fernverkehr zu dienen. Die Erreichbarkeit der benachbarten Gestirne. Hohmann hat das Problem der Fahrt zu fremden Himmelskörpern eingehend untersucht. Nach seinen Ergebnissen würde, in irdischem Zeitmaß ausgedrückt, die Fernfahrt von der Erde zur Venus 146 und jene zum Mars 235 Tage dauern. Eine Rundreise mit Vorbeifahrt sowohl bei der Venus als auch beim Mars in dem verhältnismäßig geringen Abstand von etwa 8 Millionen Kilometer könnte in der Zeit von ungefähr iVo Jahren durchgeführt werden. Für den Besuch der Venus mit Landung auf derselben würden, einschließlich eines dortigen Aufenthaltes von 14V2 Monaten, samt Hin- und Rückreise nicht ganz 2^/4 Jahre notwendig sein. Setzen wir nun voraus: die Reise werde im Sinne unserer früheren Betrachtungen von der Raumwarte aus angetreten^ so daß für die gänzliche Loslösung vom Schwerefeld der Erde nur mehr geringe Arbeitsleistung notwendig wäre, und es erfolge die Rückkehr unmittelbar zur Erdoberfläche, so daß hierfür überhaupt gar keinerlei Energie aufgewendet werden müßte> weil in diesem Falle die Möglichkeit bestünde, nur mittels Luftwiderstandsbremsung niederzugehen. Die zu befördernde Last sei: 2 Menschen samt den für die ganze Reise notwendigen Vor-' raten und allen für die Beobachtung und die sonstigen Zwecke erforderlichen Geräten. Dann folgt aus den Hohmann sehen Berechnungen, daß das Fahr- zeug im startbereiten Zustand, ausgerüstet mit dem gesamten, für die Hin- und Rückreise erforderlichen Betriebsstoff, ungefähr wiegen müßte: zur Ausführung der vorerwähnten Rundreise mit Vorbeifahrt bei Venus und Mars 144 t, wovon 88 % auf die Betriebsstoffe entfallen würden; für eine erstmalige Landung auf dem Mond 12 t, auf der Venus 1350 t und auf dem Mars 624 t, wobei in ersterem Falle 79 %> in den beiden letzteren aber ungefähr 99 % dieses gesamten Fahrzeuggewichtes nur aus den mitgeführten Betriebsstoffen bestehen müßte. Hierbei wurde die Auspuffgeschwindigkeit mit 4000 Meter je Sekunde angenommen. Es ist klar, daß die konstruktive Ausführung eines Fahrzeuges, welches Betriebsstoffmengen mitführen soll, die 99% seines Gesamtgewichtes ausmachen, so bedeutende technische Schwierigkeiten bereiten würde, daß dessen Herstellung zunächst schwerlich gelingen dürfte. Daher käme unter den größeren uns benachbarten Gestirnen für einen Besuch mit Landung vorläufig wohl nur der Mond in Frage, während man sich den Planeten bestenfalls stark nähern und sie umfahren könnte, ohne jedoch auf ihnen niederzugehen. Immerhin aber kann man erhoffen, daß es im Laufe der Zeit — und zwar mit Hilfe des schon eingangs erläuterten Stufenprinzips"") — schließlich gelingen wird, selbst mit den heute bekannten technischen Mitteln auch solche Raumraketen zu schaffen, die sogar Landungen auf den uns benachbarten Planeten durchführen ließen. Damit sind aber wohl alle Möglichkeiten erschöpft, die sich bei dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft im besten Falle für die Raumschiffahrt zu bieten scheinen. Denn noch viel größer wären die Schwierigkeiten, die sich einem Besuche der entfernteren Gestirne des Sonnenreichs entgegenstellen. Nicht nur, daß die bis dahin zurückzulegenden Wege um ein Vielfaches länger sind als die bisher betrachteten. Da alle diese Himmelskörper von der Sonne sehr viel anders abstehen als die Erde, spielt bei ihrer Erreichbarkeit auch das Schwerefeld der Sonne "■) Siehe Seite 51 bis J3. bereits eine bedeutende Rolle; denn dieses muß ja, wenn man sich beispielsweise von der Sonne entfernt (d. h. von ihr „aufsteigt"), in ganz gleicher Weise, wie es in solchem Fall auch für das Erdschwerefeld notwendig wäre, unter Arbeitsleistung überwunden werden, was eben in der schon früher erwähnten""), bei Fernfahrten durch den Planetenraum erforderlichen Änderung der Umlaufgeschwindigkeit um die Sonne zum Ausdruck kommt. Wollte man aber auf einem dieser Himmelskörper gar auch niedergehen, dann würden sich dafür ganz ungeheuer große Betriebsstoffmengen als notwendig ergeben, insbesondere bei Jupiter und Saturn, da dieselben infolge ihrer gewaltigen Massen sehr starke Schwerefelder besitzen. An eine Erreichung der Fixsterne ist aber nach dem nun Ausgeführten allein nur wegen ihrer enormen Entfernung gegenwärtig naturgemäß schon gar nicht zu denken. Ferne Welten. Doch dies will nicht besagen, daß wir für alle Zeiten nur an das Erdenreich und die ihm nächsten Himmelskörper gewiesen bleiben müssen; denn würde es gelingen, bei der Rückstoßerzeugung die Abstoßungsgeschwindigkeit über jenes Maß von etwa 4000 (vielleicht 4500) Meter je Sekunde, mit welchem man zurzeit als praktisch höchst erreichbar rechnen darf, weiter zu steigern, bzw. eine Möglichkeit zu finden, sehr große Mengen Energie auf kleinem Raum untergebracht mitzuführen, dann lägen die Verhältnisse ganz anders. Und warum sollten es die Chemiker der Zukunft nicht zu einem Treibstoff bringen, der die bisher bekannten an Wirkung noch bei weitem überbietet? Ja es wäre sogar denkbar, daß es mit der Zeit tatsächlich gelingt, jene ungeheuren in der Materie gebundenen Energiemengen, von deren Vorhandensein man heute bereits weiß, auch technisch auswertbar zu machen und für den Antrieb von Raumfahrzeugen heranzuziehen. Vielleicht, daß man Siehe Seite 167, 168. einmal auch ein Verfahren finden wird, die elektrische Erscheinung der Kathodenstrahlung hierfür auszunützen, oder sonst auf eine Weise durch elektrische Beeinflussung eine vielfache Erhöhung der Abstoßungsgeschwindigkeit zu erreichen. Auch eine diesem Zweck gemäße Verwertung der Sonnenstrahlung oder des Radiumzerfalles u. a. könnte schließlich in Frage kommen. Jedenfalls sind naturgesetzliche Möglichkeiten für die Forscher und Erfinder der Zukunft in dieser Hinsicht noch vielfach vorhanden. Sollte sich daraus Erfolg ergeben, dann würden wohl auch manche andere jener fremden Welten, die wir bisher nur unermeßlich fern am Sternenhimmel sahen, von uns besucht, betreten werden können. Ein uralter Menschheitstraum! Ob seine Erfüllung uns auch Nutzen brächte? Der Wissenschaft gewiß, sie würde außerordentlich gewinnen. Über den praktischen W^rt aber ist heute noch kein eindeutiges Urteil möglich. Wie wenig wissen wir doch selbst von unseren nächsten Nachbarn unter den Gestirnen! Der Mond, noch ein Teil des Erdenreichs, unserer „engeren Heimat" im Weltall, ist uns von allen fremden Himmelskörpern am meisten bekannt. Er ist erkaltet, besitzt keine Lufthülle, ist ohne jedes höheres Leben: ein riesiger, im Räume schwebender Felsenkörper, zerklüftet, unwirtlich, totstarr — eine vergangene Welt. Aber schon bedeutend weniger Klarheit haben wir über den nach dem Mond noch am besten beobachteten Himmelskörper, über den uns benachbarten Planeten Mars, obwohl wir von ihm in Vergleich zu anderen Gestirnen doch noch verhältnismäßig Vieles wissen. Auch er ist ein, allerdings viel weniger als der Mond, gealterter Weltkörper. Seine Masse und damit auch seine Anziehungskraft smd beide wesentlich kleiner als jene der Erde. Er besitzt zwar eine Lufthülle, aber von viel geringerer Dichte als die irdische (an seiner Oberfläche ist der Luftdruck gewiß noch bedeutend niederer als selbst auf dem höchsten Bergesgipfel der Erde). Auch Wasser findet sich auf ihm wahrscheinlich vor. Es dürfte aber ein ziemlich großer Teil desselben vereist sein; denn seine mitt- lere Temperatur scheint wesentlich unter der der Erde zu liegen, wenn auch stellenweise, wie in der Marsäquatorgegend, schon verhältnismäßig bedeutende Wärmegrade festgestellt wurden. Die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sind wegen der Dünnheit der Atmosphäre sehr hoch. Die eigenartigste und am häufigsten besprochene unter allen Marsbeobachtungen ist die Erscheinung der sogenannten „Marskanäle". Wenn auch in letzter Zeit vielfach nur als optische Täuschung angesehen, ist man darüber eigentlich doch immer noch im unklaren. Jedenfalls bietet das bisher über den Mars Bekannte nicht genügend Anhaltspunkte, um sich ein endgültiges Urteil darüber bilden zu können, ob dieser Himmelskörper von irgendwelchen oder gar von intelligenten Lebewesen bevölkert ist; für Erdenmenschen würde er, vor allem wegen der Dünnheit seiner Atmosphäre, wohl kaum bewohnbar sein. Er böte also der Raumschiffahrt in wissenschaftlicher Hinsicht gewiß ein außerordentlich interessantes Forschungsziel; ob ein Betreten desselben aber auch praktischen Wert hätte, läßt sich heute zwar mit Sicherheit noch nicht erkennen, scheint jedoch wenig wahrscheinlich zu sein. Anders verhält es sich mit dem zweiten uns unmittelbar benachbarten Planeten, der Venus, dem uns als „Morgen- und Abendstern" bekannten, prächtig leuchtenden Gestirn. Ihre Größe sowie ihre Masse und demgemäß auch die auf ihrer Oberfläche herrschende Schwerewirkung ist nur unwesentlich kleiner als Jene der Erde. Sie besitzt auch eine Lufthülle, die der irdischen sehr ähnlich, wenn auch etwas höher und dichter als diese, sein dürfte. Leider ist die Venus von der Erdoberfläche aus schwer zu beobachten, weil sie sich stets in Sonnennähe zeigt und daher nur bei Dämmerung sichtbar wird. Man ist sich infolgedessen über ihre Eigendrehung noch gänzlich im unklaren. Sollte dieselbe annähernd so wie bei der Erde, also etwa in 24 Stunden verlaufen, was von manchen Seiten angenommen wird, dann bestünde zwischen Venus und Erde äußerst weitgehende Ähnlichkeit. Man kann daher bei diesem Planeten noch am ehesten damit rechnen, auf ihm den irdischen ähnliche Lebensbedingungen vorzufinden, selbst wenn die Vermutung, daß er andauernd von einer Wolkenhülle umschlossen sei, wirklich zutreffen sollte; denn auch auf der Erde war hochentwickeltes Pflanzen- und Tierleben bereits vorhanden, zu einer Zeit, als vermutlich ein Teil des heute die Meere erfüllenden "Wassers, infolge der damals weniger fortgeschrittenen Abkühlung der Erdkugel, noch dunstförmig war und unseren Heimatplaneten daher als dichte Wolkenhülle ständig umgab. Jedenfalls ist bei der Venus unter allen uns bekannten Himmelskörpern noch am meisten Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß sie für eine Besiedlung geeignet sein und somit als Auswanderungsziel der Zukunft in Frage kommen könnte. Da sie sich außerdem unter allen Planeten uns auch am nächsten befindet, dürfte sie für die Raumschiffahrt wohl das verlockendste Reiseziel bedeuten. Noch ungünstigere Beobachtungsbedingungen als die Venus bietet der Merkur, da er der Sonne noch näher steht. Er ist unter allen Planeten der kleinste, besitzt eine Lufthülle, die wahrscheinlich aber nur äußerst dünn ist und eine Oberflächenbeschaffenheit, die vermutlich jener des Mondes ähnlich sein dürfte. Deshalb und insbesondere wegen seiner großen Sonnennähe (rund 9mal stärkere Sonnenstrahlung als auf der Erde!) müssen auf ihm höchst ungünstige Temperaturverhältnisse herrschen. Als Reiseziel dürfte der Merkur demnach sehr wenig einladend sein. War es bei der Beurteilung vorstehend besprochener Gestirne doch immerhin noch möglich, zu einem einigermaßen wahrscheinlichen Ergebnis zu gelangen, so reicht das über die entfernteren Planeten: Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun bisher Bekannte hierzu schon kaum mehr aus. Wohl hat man feststellen können, daß alle von ihnen dichte Lufthüllen besitzen. Die Frage der Oberflächenbeschaffenheit dieser Himmelskörper ist jedoch noch gänzlich ungeklärt; bei Jupiter und Saturn deshalb, weil dieselben von Kondensationsprodukten (Wolken irgendwelcher Art) so dicht umhüllt sind, daß wir ihre eigentliche Ober- Noordung. 12 fläche vermutlich gar nicht sehen, bei Uranus und Neptun, weil ihre große Entfernung sie einer genaueren Beobachtung entzieht. Über ihren Wert als Raumfahrtziele kann daher schwer etwas gesagt werden. Doch allein schon der Umstand, daß man bei diesen Planeten eine verhältnismäßig sehr geringe mittlere Dichte festgestellt hat (Vi bis Ys von jener der Erde), was auf eine von der Erde stark verschiedene physikalische Beschaffenheit schließen läßt, muß unsere Erwartungen in dieser Hinsicht gewaltig dämpfen. Eher noch wäre es vielleicht möglich, daß einige der Monde dieser Himmelskörper (am meisten kämen dafür die des Jupiter in Betracht) verhältnismäßig günstigere Voraussetzungen bieten. Eines ist jedenfalls sicher; daß nämlich die im Vergleich zur Erde um Vieles größere Masse und dadurch bedingte Mächtigkeit der Schwerefelder dieser Planeten einen Besuch derselben außerordentlich erschweren würde, insbesondere bei Jupiter und Saturn. Bezüglich der übrigen, verschiedenartigen Weltkörper schließlich, die noch zum Sonnensystem gehören, steht aber schon heute mit ziemlicher Sicherheit fest, daß wir aus einer Bereisung derselben kaum bedeutenderen praktischen Nutzen ziehen könnten. Wir sehen also, daß man im allgemeinen sich nicht in gar zu großen Hoffnungen ergehen darf bezüglich der Vorteile, die wir von anderen Himmelskörpern unseres Sonnenreiches zu erwarten hätten. Immerhin aber wissen wir von ihnen doch noch viel zu wenig, um dem Fluge der Gedanken in dieser Hinsicht nicht freien Lauf lassen zu dürfen: Wohl könnte es sein, daß alle diese Welten für uns völlig wertlos wären! Vielleicht aber fänden wir auf manchen von ihnen fruchtbaren Boden, Pflanzen- und Tierwelt, möglicherweise von uns gänzlich fremder, eigentümlicher Art; oder wohl auch von gigantischer Größe, wie sie früher auf der Erde vorhanden war. Ja es wäre nicht undenkbar, daß wir selbst Menschen oder solchen ähnliche Wesen anträfen, vielleicht sogar mit Kulturen, die sehr viel anders oder auch älter als die unseres Heimatplaneten sind. Es ist ja höchstwahrscheinlich, daß sich das Leben auf den fremden Gestirnen — falls solches dort vorhanden ist — auf einer anderen Stufe befindet, als jenes der Erde. Wir könnten dann das Wunderbare erleben, aus der Entwicklung unseres irdischen Seins Bilder zu erschauen: gegenwärtig, wirklich, lebendig und-doch — Bilder aus undenklicher, millionenjähriger Vergangenheit bzw. ebensoferner Zukunft. Oder, daß wir besonders wertvolle, auf der Erde sehr seltene Stoffe wie z. B. Radium in großen, leicht gewinnbaren Vorkommen anträfen? Und, wenn die vorgefundenen Lebensbedingungen uns auch für dauernden Aufenthalt entsprächen, vielleicht werden dann — so unglaublich dies heute wohl noch klingen mag — mit der Zeit einmal dennoch fremde Himmelskörper sogar als Auswanderungsziele in Frage kommen. Daß solche Gestirne auch unter jenen unseres Sonnenreichs vorhanden sind, ist nach dem früher Angedeuteten allerdings nur wenig wahrscheinlich, außer wie schon gesagt bei der Venus. Könnten Fixsterne jemals erreicht werdend Viel günstiger wäre es in dieser Hinsicht jedoch, wenn auch die außerhalb unseres Sonnensystems liegende Sternenwelt hierfür in Betracht gezogen werden könnte; denn ungeheuer ist die Zahl nur jener Himmelskörper, welche, weil sie sich in glühendem Zustande befinden, uns sichtbar und daher als Fixsterne bekannt sind. Viele von diesen sind unserer Sonne ähnlich und, als gewaltige Massenanziehungszentren, vermutlich ebenso wie diese von einer Menge kleiner und großer Weltkörper verschiedenster Art umlaufen. Sollten sich darunter nicht auch solche vorfinden, die unseren Planeten gleichen? Wohl wäre es viel zu weit bis hin, um sie auch wahrzunehmen; aber die Wahrscheinlichkeit spricht sehr für ihr Vorhandensein: Hat doch die neuere Wissenschaft — als eines ihrer wunderbarsten Ergebnisse — zeigen können, daß das ganze Universum, selbst in seinen fernsten Teilen, sowohl von denselben Naturgesetzen beherrscht, als auch aus den gleichen Stoffen aufgebaut ist wie die Erde und unser Sonnensystem! Müßte unter diesen Umständen (also aus der gleichen Materie und unter dem Einfluß derselben Gesetze) denn nicht auch noch an anderen Stellen des Alls Ähnliches, ja vielfach nahezu Gleiches, hervorgegangen sein wie bei uns? Es ist also gewiß nicht unberechtigt zu vermuten, daß es im "Weltall auch noch andere dem unseren mehr oder weniger ähnliche Sonnensysteme gäbe, und unter deren zahlreichen Planeten sich wohl auch solche vorfinden dürften, die der Erde in ihren physikalischen wie sonstigen Bedingungen nahezu gleichen und daher durch Erdenmenschen bewohnt, besiedelt werden könnten, ja voraussichtlich von irgendwelchen, vielleicht sogar von intelligenten Lebewesen überhaupt schon bevölkert sein mögen. Mindestens ist die Wahrscheinlichkeit, daß dies so sei, in vorliegendem Fall bedeutend größer, als wenn wir nur die verhältnismäßig wenigen Gestirne unseres Sonnenreiches hierfür in Betracht ziehen. Doch wäre es denn überhaupt denkbar, daß jene unermeßlichen Entfernungen, die uns selbst von den nächsten dieser Fixsterne noch trennen, von Menschen je zurückgelegt werden könnten, allein nur mit Rücksicht auf die Grenze, welche der zeitlichen Ausdehnung einer Reise durch die mittlere Lebensdauer des Menschen gesetzt ist, ganz abgesehen von der dazu notwendigen technischen Leistungsfähigkeit des Fahrzeuges. Nehmen wir zuvor erst an, es sei das für unsere heutigen Begriffe allerdings noch ungeheuerlich Erscheinende bereits gelungen: den Rückstoßantrieb so zu vervollkommnen, daß man dem Raumschiff während sehr langer Zeit, selbst Jahre hindurch, ständig eine Beschleunigung von etwa ijm/sec^ erteilen könne, welche der Mensch bei allmählicher Gewöhnung wahrscheinlich auch auf die Dauer vertragen würde. Es wäre dann möglich, um eine bestimmte Weltraumstrecke zurückzulegen, das Fahrzeug auf der ganzen ersten Hälfte seines Weges fortgesetzt /16- ■hß Zurüdt1 ¥ Ii Mi, I? k I ra / V '