Stem Der Neger Katholische Missione-Zeitschrift Herausgegeben von der Kongregation: Missionäre Söhne des heiligsten Herzen» Jesu Heft 10 Oktober 1938 41. Jahrgang Heilige Fahrt. Tiefe Furchen reißt das Schiff Zn des Meeres blaue Wogen, Stürmt dahin in stolzer Pracht Unter blauem Limmelsbogen. Steht an Bord der Missionar, Den die kühle Flutenwelle Zn die weite Ferne trägt Aus dem Frieden seiner Zelle. Das Geheimnis seiner Kraft Liegt verankert im Vertrauen Zu dem Leiland, dem er hilft Eine Gnadenwelt erbauen. Eine Welt voll Lerrlichkeit Will er schaffen in den Lerzen; -Will im finstern Leidentum Zünden an die Glaubenskerzen. Mit den Ordensbrüdern fährt Er hinaus in Christi Gnade; And das Kreuz von Golgatha Lebt als Leuchtturm sich am Pfade. Opferflammen brennen klar In der Seele heiligen Tiefen; And es ist dem Missionar, Als ob ihn die Engel riefen; Riefen zum Apostolat Zn das Reich der Todesschatten, Wo in Nacht und Finsternis Seelen hoffnungslos ermatten. Goldener Sterne goldenes Licht Rieselt um des Schiffes Planken, And der Wellen Nachtgebet Brauset um die breiten Flanken. „Stern des Meeres, strahle mir Leitend auf Apostelwegen; Gib der Fahrt auf hoher See Deinen mütterlichen Segen." Also zu der K ö ni g i n Der A p o st e l fleht er leise. In das Beten singt das Meer Seine feierliche Weise. M. Pohl. Gebetsmeimmg lm Monat Oktober: ,Dass durch presse/ Radis/ Theater und Kino öas katholische Missionsweck immer mehr bekannt gemacht und das tätige Interesse für die Missionsarbeit gefördert werde/ Mir roerlben aufgefordert, in diesem Monat und besonders am Mifsionsfonntag zu beten, daß alle Katholiken zu erfassen suchen, rotte im Herzen des Eottmenschen vorging, als er das Wort sprach: „Mich erbarmt des Volkes", daß die Katholiken sich auch zu Herzen nehmen das Wort des Heiligen Vaters in der Enzyklika „Rerum Ecclesiae“: „Wenn wir immer wieder bedenken, daß es noch fast raufend Millionen Herden gibt, fo haben wir in Unserem Geiste keine Ruhe, und es kommt Uns vor, als gelte auch Uns der erschütternde Schrei: ,Rufe aus voller Kehle, halte nicht an dich! Erhebe deine Stimme der Posaune gleich!' (Fs. 58, 1). — Aber rote sollen die Katholiken sich das Wort des Papstes zu Herzen nehmen, wenn sie es nicht verstehen, und wie werden sie es verstehen, wenn sie nicht bekehrt und aufgerättelt werden? Wie sollen aber Missionskenntnis undMisfions-eifer wachsen, roenn gerade die Mittel nicht benäht werden, die heutzutage in der ganzen Welt in einzigartiger Weise oer Belehrung und Werbung dienen und die von der Gebetsmeinung genannt werden? Die Katholiken sollen sich da ein Beispiel nehmen an der rührigen Tätigkeit der Gegner unseres heiligen Glaubens, vor alleni der gottlosen Kommunisten, die bereits in den MiWonsländern mit ganz modernen Methoden für ihre Ideen arbeiten. Auf zur Trauung! In der Zeitung lernn man es lesen, im Kirchenblättchen steht es auch, wenn in der Heimat jemand Lochzeit hält. Zeit und Ort sind genau festgesetzt, und wer zuschauen will, kann sich bequem einrichten. And wenn es sich einmal anders trifft, haben die Waschweiber ihren großen Tag, ohne lange nach dem Wetter Ausschau halten zu muffen. „Denken Sie sich, au, i weiß so halb, warum!" Darum ist es vielleicht am besten, man gibt gar keine bestimmte Stunde an. Man trifft sich an dem und dem Tag, dann hat man keinen Arger und keine Überraschung. Bei den Schwar- Der 29. Juni d. I. war ein großer Tag für das Missionshaus St. Heinrich in Bamberg. In der Hauskapelle fand die erste Priesterweihe seit der Gründung des Hauses im Jahre 1933 statt. Der hochwürdigste Herr Weihbischof Dr. Josef Kolb legte dem Kleriker Theo Bödefeld ans Frankfurt a. M. die Hände auf und weihte ihn zum Priester. (Kongreg.-Archiv.) gen ist es noch vielfach so. And davon möchte ich ein wenig erzählen. „Wollen Sie mit mir gehen und auswärts in einer Schule die hl. Meffe lesen?" fragte eines Morgens P. Rektor Riegler. „Ja, gern." — „Aber Sie müssen lange fasten heute." Das macht nichts. Mir fällt gar nicht ein, zu fragen, wohin und wie weit wir fahren. Erst als wir im Auto sitzen und P. Rektor Verschiedenes aufzuzählen beginnt: Meßwein, Hostien, Stola, Rituale, Trauungsbuch usw., frage ich doch: „Ist eine Trauung heute?" — „Ja!" — „Wie weit fahren wir?" — „90 Kilometer weit!" Befriedigt lehne ich mich in den Polster zurück. 90 Kilometer, das ist eine schöne Strecke, das ist daheim von da bis da. And wir fahren diesen Weg, um zwei Menschen glücklich zu machen, um zwei Menschen das Sakrament der Ehe zu spenden, um zwei Menschen den Segen Gottes auf den ferneren Lebensweg mitzugeben. Das lohnt sich schon. Ich freue mich auf diesen Tag, denn es ist meine erste Fahrt ins Heidenland, da ich erst von der Heimat gekommen bin. In Lydenburg fassen wir Benzin, halten an der Eingeborenenschule und nehmen noch die Lehrerin und ihren Buben mit. Dann geht es weiter in östlicher Richtung. Die Straße ist ziemlich gut, so daß wir schnell vorankommen. Auch dann, als es bergauf geht. Das Land hier ist ja ringsum bergig. Auf halber Höhe müssen wir abzweigen. In scharfen Kurven geht es abwärts, bis wir wiederum den Krokodilsfluß erreichen, den wir vor. einiger Zeit schon einmal „überfahren" haben. Krokodile gibt es hier leider nicht, kommen erst später, wenn der große Freiwildpark beginnt. Dafür sehen wir ein paar Äffchen, die zierlich im Wald nebenan auf Felsblöcken sitzen. Ganz nahe sind sie vor uns. Doch als ich zum Photoapparat greife, um so ihr bescheidenes Dasein im Dunkel der Wälder der breiten Öffentlichkeit zeigen zu können, fliehen sie entsetzt davon. Sie fühlen eben, daß sie so wenig zu bieten haben, und auch dieses Wenige wollen sie nicht preisgeben. Sie wollen nicht bekannt werden mit den Brüdern und Schwestern, die so gerne aus ihrem Argrund kommen möchten. Vielleicht werden sie zutraulicher, wenn diese „Brüder und Schwestern" zurückkehren zum Affenschwanz und ... und dann wäre vielleicht das „fehlende Glied" gefunden! — Missionshaus St. Heinrich in Bamberg. Der Neugeweihte im Kreise der Mitbrüder. (Kongreg.-Archiv.) Einige Kilometer vor der Schule begegnen uns die ersten Lochzeitsgäste. Es ist ein Trupp Mädchen, deren Führerin eine weiße Fahne trägt, das Zeichen, daß sie zu einer Hochzeit gehen. Ihre Festkleider tragen sie im Köfferchen auf dem Kopf. Später begegnen wir dem Bräutigam, der mit dem Rad angefahren kommt. Als wir an der Schule anlangen, weht auch hier eine Weiße Fahne, diesmal das Zeichen, daß der Missionär kommt. And nun ist er da, nun heißt es, alles herzurichten für den Gottesdienst. Dann werden wir wohl noch ziemlich Zeit und Muße haben, bis die Trauung beginnt. Ist es doch erst 9 Ahr. Wir gehen also in das Zimmer, in dem der Missionär schläft, wenn er übernachten muß. Aber auch sonst ist das Zimmer nie ganz unbewohnt, wenn man die Käfer und sonstiges hüpfendes Getier noch zu den Bewohnern rechnen darf. Außer dem Bett steht noch ein Tragaltar hier. Wir tragen ihn hinaus und hinüber in die Schule. Als wir dort eintreten, schlägt uns ein süßsaurer Geruch entgegen. Zuerst weiß ich gar nicht, wo das herkommt. Bis es mir klar wird, daß der Fußboden ja mit Kuhmist bestrichen ist. Das sieht aber nicht einmal so übel aus. Schön gleichmäßig und eben und auch recht eintönig nach Färbung und Linienführung. And an den Geruch gewöhnt man sich, wenn man länger im Zimmer verweilt. Außerdem soll er sehr gesund sein. Die Schwarzen sehen meistens auch nicht übel aus. — Vorne an der Wand wird der Altar auf einen Tisch gestellt, mit Linnen bedeckt, die Meßkleider ausgebreitet und alles bereitgestellt. Dann haben wir Zeit. Es wird 10 Ahr, cs wird 11 Ahr. Der Bräutigam ist schon längst da, aber die Braut fehlt noch. Zur Abwechslung üben wir im Schulzimmer mit den Kindern einige Zululieder ein, d. h. P. Rektor übt sie ein. Ich kann ja die Sprache noch nicht. Wohl singe ich mit, aber immer wieder merke ich bei einem gelinden Rippenstoß, daß ich um einige Silben zu spät daran bin. Gut, daß die Schwarzen kräftige Kehlen haben! Als es auf 12 Ahr geht, muß ich mich langsam anziehen, um noch die hl. Mesie lesen zu können. Für das Brautpaar ist vorne am Altar eine „Extraschulbank mit Matte" hergerichtet. Dort kniet also der Bräutigam, einstweilen noch allein. Komisch, er, der Leide, ist da und die katholische Braut fehlt noch. Will sie noch nicht so schnell unter das eheliche Joch kommen oder? Doch nein! Denn schon bei der hl. Opferung kniet sie still bescheiden neben ihrem Liebsten. — Mein Ministrant macht seine Sache ganz gut. Was schadet es auch, wenn er beim Oremus: Praeceptis salutaribus... sofort mit: Et cum špiritu tuo antwortet? Er will eben auch mal wieder zu Wort kommen, denn gar nichts oder bloß „Amen" sagen, das können andere auch. Zur hl. Kommunion gehen trotz der späten Stunde außer der Braut und dem Ministtanten noch vier bis fünf von den Anwesenden. Rach der hl. Messe ist die Einsegnung der Ehe, die P. Riegler vornimmt. Während der Zeit habe ich Muße, mir das Brautpaar ein wenig anzuschauen. Es ist eben das erste schwarze Ehepaar. Die Braut ist ganz weiß gekleidet: weißen Schleier, weißes Kleid, weiße Land- schuhe, weiße Strümpfe, grauweiße Schuhe. Wie da das schwarze Gesicht absticht! Ja, das Gesicht! Wie ich das sehe, denke ich im stillen: Mein lieber Bräutigam, da bist du angegangen! So ein finsteres Gesicht! Wenn das schon heute am flitterigsten Tag der Flitterwochen so ist, wie wird's dann erst später sein? Wenn sic späterhin auch so den Kopf hängen läßt wie jetzt, wo du ihr den Ring an den Finger steckst, wird er dann nicht mal abbrechen? — Doch merkwürdig, der Bräutigam ist gar nicht enttäuscht oder verwirrt. Im Gegenteil! Voll liebender Sorgfalt steckt er seiner Kolben den Ring an den Finger und versucht dann mit rührender Lilf-losigkeit, die engen Kandschuhe ihr wieder anzulegen. Erst nachher erfahre ich, daß die Braut an diesem Tage ein möglichst finsteres und grimmiges Gesicht machen muß. —■ Andere Länder, andere Sitten. — Der Bräutigam ist ganz schwarz angezogen. Die Kosen sind so lang, daß er sie beim Gehen immer emporheben muß. Aber so will's die Mode unter den Schwarzen. And breit sind sie, als ob er das nachholen will, was seine Vorfahren versäumt haben, denn die Die Primizianten dieses Jahres aus dem Missionshaus Milland, Brixen. Stehend, von links: iP. Wilhelm Kühner, P. Anton Kühner, beide aus Bachenan. Sitzend: P. Franz Xaver Schmid aus Oberschneidheim, P. Rektor Doktor Raffeiner, P. Hermann Württemberger ans Herrenzimmern. (Kongreg.-Archiv.) sind wohl sicher noch im Lendenschurz durch die Welt gegangen. — Der Trauzeuge dagegen hat ähnliche Kosen an wie hohe Offiziere, das heißt, die Kosen sind mit Streifen versehen. Ob gleich lang und gleich breit, spielt keine Rolle. Was aber bei den Offizieren immer oder meistens eine Auszeichnung bedeutet, ist hier durch Armut bedingt. . Nach der Trauung folgt, ein kurzes Mittagesien, das uns die Frau des Lehrers bereitet hat: Reis, Kaffee, etwas Fleisch. Auch die Brautleute nehmen etwas zu sich. Ein paar Aufnahmen von ihnen und ihren Begleitern beenden die Feierlichkeit oder vielmehr eröffnen sie erst, denn nun stellen sie sich zum Festzug auf. Die Lehrersfrau nimmt die weiße Fahne, tritt an die Spitze und so ziehen sie um die Schule. Dabei fingen sie abwechselnd und immer wiederholend zum Beispiel: „Wir gehen jetzt nach Lause." Das wird in immer anderen Variationen gesungen, immer neue Melodien werden gemacht. Dabei ist alles mehrstimmig und harmonisch abgestimmt. Besonders die Bäsie haben wundervolle Stimmen. Ernst und gemesien geht die Braut im Zuge mit, die schwülstigen Lippen mehr noch als sonst aufgeworfen. Vergebens bemühen sich die andern, sie zum Lachen zu bringen, sie widersteht allen Versuchungen. Mehr Aberwindung wird ihr das Gehen in den Schuhen mit den hohen Absätzen verursacht haben, die wohl auch um eine Nummer zu groß waren, denn immer rutscht sie darin vor und zurück. Da es ziemlich weit bis zum heimatlichen Kral ist, löst sich der Zug nochmals auf. Wir führen daher die Braut bis zum Fuße eines in der Nähe gelegenen Berges, in dessen Löhe sie irgendwo wohnt. Als wir umkehren und ich nochmals zurückschaue, sehe ich, wie die Brautjungfern ihr gerade den Schleier abnehmen, denn ihr Weg führt durch Dorngesträuch zur Löhe. An der Schule ist außer der Lehrerfamilie niemand mehr anzutreffen. Unsere Mission ist erledigt. Wir können gehen. Nach strammer Fahrt kommen wir heim, da die Sonne hinter den Bergen versinkt. Die Nacht steigt vom Tale auf. Im Kral der Braut werden nun die Feuer aufflammen, in deren gespenstischem Schein Gestalten sich abheben, die um Bierkrüge und Maisschüsieln lagern. And bis spät 'in die Nacht hinein wird der dumpfe Klang der Trommel zu hören sein, die zum Tanz geschlagen wird. P. Pius Z eifa ng Missionsstation Maria-Trost bei Lydenburg. Plauderei aus Südafrika. Br. A. Cagol. E i n Menschenkenne r. In einem großen Kral war ein Diebstahl verübt worden. Der Polizist war in Verlegenheit, den Täter zu entdecken. Zufällig kam ein Zauberer des Weges, der sich anbot, den Schleier des -Geheimnisses zu lüften. Am Abend versammelte er alle Mitglieder des Krals, 25 Personen, und gab jedem von ihnen einen kurzen Stab mit dem Auftrag, ihm die Stäbe am folgenden Morgen wieder einzuhändigen. Alsdann werde es sich -zeigen, wer der Dieb sei, da dessen Stab während der Nacht wachsen werde. Am Morgen überbrachten die Leute die Stäbe. Einer der Burschen übergab seinen Stab mit einigem Zögern, er hatte ein gutes Stück davon abgeschnitten. Dadurch verriet er sich selbst als den Schuldigen. Brüllender Sand. Am südöstlichen Rande der Kalahari-Wüste befindet sich eine Fläche von weißlichen Sanddünen von etwa 10 Kilometer Länge und I V2 Kilometer Breite, an deren 30 Meter hohem Abhang eine eigentümliche Naturerscheinung beobachtet wird. Wenn Leute am Sandabhang hinabgleiten, so wird dadurch ein so starkes Geräusch verursacht, daß es über einen halben Kilometer weit vernehmbar ist. Selbst wenn ein Hund über die Dünen läuft, wird ein dröhnender Lärm hervorgebracht. Wenn man nur einen Finger in den losen Sand steckt, so schnarcht er schon; zieht man den Finger zurück, so schnarcht er wieder, und zwar in höherer Tonlage. Man kratzte ein Loch in der Seite der Düne aus; das Geräusch des von oben ins Loch einfallenden Sandes war wie das Brummen eines Flugzeuges in stetiger Fahrt. Mr. A. D. Lewis, der Leiter der Bewässerungsabteilung bei der Regierung, stellte Untersuchungen über die Arsache dieser merkwürdigen Erscheinung an. Er fand, daß die „brüllenden Dünen" aus Quarzkörnern zusammengesetzt sind, die fast alle von der gleichen Größe sind. Infolgedessen ist wenig feiner Stoff vorhanden, der die ohnehin geringe Feuchtigkeit in der Kalahari aufspeichern könnte, und die große Trockenheit des Sandes ist allem Anschein nach die hauptsächliche Arsache des gesteigerten Geräusches. Mr. Lewis brachte einen Teil des Sandes in ein feuchteres Klima, und dort verschwanden die eigentümlichen Lauwerstärkungen. Sie traten aber auch dort wieder in Erscheinung, als der Sand in einem Backofen erhitzt und ausgetrocknet wurde. Kurze Zeit darauf verschwanden sie wieder, nachdem der Sand neuerdings Feuchtigkeit aus der Luft aufgenommen hatte. Auf zur Trauung in Elanshoek, Präfektur Lhdcnburg. Das Brautpaar inmitten der Hochzeitsgäste. (Photo: P. P. Zeifang.) Trauung in Elanshoek. Der Hofstaat der Brautleute. Hinter dem Bräutigam steht P. Riegler und neben diesem der Lehrer. Hinter der Braut P. Zeifang. (Photo: P. Zeifang.) Weiße Spielgefährtin. Msilikatsi, der gefürchtete König der Matabele, hatte die Reisegesellschaft des Buren Barend Liebenberg überfallen und niedermetzeln lassen. Nur zwei kleine Burenmädchen blieben durch die Laune eines der Häuptlinge verschont. Das eine der beiden Kinder starb bald darauf, und nur Sara blieb am Leben. Ihre Haut wurde durch den Sonnenbrand und durch Schmutz so dunkel, daß sie sich von den schwarzen Kindern fast nur durch ihr langes Blondhaar unterschied. Das Mädchen war kräftig und entwickelte sich gut. Es wurde bald der Liebling der schwarzen Frauen, da es sich stets bereit zeigte, ein ermüdetes Kind zu tragen und sich sonstwie nützlich zu machen. Besonders nahm Sara sich Lobengulas, des Sohnes des gefürchteten Herrschers an, der seine Mutter bei der Geburt verloren hatte. Als Sara zur Jungfrau herangewachsen war, sah sie eines Tages eine Anzahl berittener weißer Männer den Weg durch den dichten Busch nehmen. In ihrem Gedächtnis erwachten vergessene Erinnerungen, und sie zitterte am ganzen Leide. Loben-gula, der bei ihr war, fragte sie: „Willst du mit diesen Leuten deines Volkes gehen?" — „Warum sollte ich meine Freunde verlaßen wollen und zu Fremden gehen?" erwiderte das weiße Mädchen. Lobengula entfernte sich mit seiner Lanze, um die Absichten der Weißen näher zu erkunden. Währenddeffen suchte Sara ein sicheres Versteck auf. Dort wurde sie von einer giftigen Schlange gebissen und Lobengula fand bei seiner Rückkehr seine weiße Jugendfreundin als Tote. Schwarze Diener. Eine Hausfrau stellte einen neuen Hausburschen an. Da es sein erster Dienstplatz war, hatte sie ihm die gewöhnlichen Verrichtungen zu zeigen. Unter anderem putzte sie vor seinen Augen ein Tisch-messer. Bei Tisch mußte nun die Tatsache festgestellt werden, daß alle Messer nur auf einer Seite geputzt waren, genau so, wie es die Hausfrau dem neuen Diener gezeigt. Eines Tages ging es ans Fensterputzen. Nachdem die Scheiben innerhalb des Hauses gereinigt waren, beauftragte die Frau den Burschen, die Fenster auf der Außenseite zu putzen, indem sie erwähnte, er möge mit dem Badezimmerfenster beginnen und rund ums Haus gehen; ihre Unterweisung unterstützte sie durch eine Handbewegung in der entsprechenden Richtung. Während der Dauer von drei Stunden sah und hörte die Dame nichts mehr von ihrem Burschen, weshalb sie Ausschau nach ihm hielt. Wer beschreibt aber ihr Erstaunen, als sie ihren Diener vor dem Hause des Nachbarn sah, wo er die Fenster putzte. Eine andere Hausfrau unterrichtete gleichfalls ihren neuen Diener. Zum sechsten Male näherte sie sich von außen dem Eingang ihres Hauses und läutete die Glocke. Sogleich wurde die Tür von innen geöffnet von Albert, dem neuen Burschen. „Ist deine Herrin zu Hause?" fragte die Dame. — „Ja", entgegnete der Pförtner, „will die Dame hereinkommen, und ich werde es der Lerrin mitteilen." Die Lausfrau atmete erleichtert auf, denn der Wollkopf hatte endlich verstanden, wie er Besucher zu empfangen hatte. Danach kleidete sie sich zu einem Ausgang um. Währenddessen ertönte die Lausglocke. Doch nun wußte Albert ja, wie er sich zu verhalten habe. Doch die Glocke wurde wieder und wieder geläutet, und kein Albert im Lause rührte sich, um die Tür zu öffnen. Die Lausfrau beschleunigte sich und ging selbst an die Laustür. Als sie diese öffnete, blickte sie in das Antlitz des grinsenden Albert. „Was soll das bedeuten?" fragte sie ärgerlich. Des Burschen Grinsen vertiefte sich. „Sechsmal hat die Lerrin Albert zum Besten gehalten; nun hält Albert die Lerrin zum Narren!" Ein Lausbursche zeigte große Abneigung, das Wohnzimmer der Lerrschaft zu betreten. Schließlich kam man auf den Grund seines sonderbaren Benehmens. Sein Lerr besaß einen Totenschädel, den er im Wohnzimmer aufgestellt hatte. Dadurch wurde der Raum für den schwarzen Burschen ein Ort des Abels, den er floh. Sein Nachfolger war von anderer Art. Mit liebender Sorgfalt staubte er den Schädel ab. Seine Lerrin, die Malerei betreibt, ersuchte ihn eines Tages, für ein Bild zu sitzen, was er bereitwillig tat. Als das Bild fertig war, kannte seine Freude keine Grenzen. Oft und oft betrat er das Wohnzimmer, nur um sein Ebenbild zu bewundern. Eines Tages sagte er zu seiner Lerrin: „Ich habe nicht gewußt, daß ich so schön bin." Selbst seine schwarzen Freunde wußte er ins Wohnzimmer der Lerrschaft einzuschmuggeln, nur um ihnen sein Bild zeigen zu können. Ein schwarzer Koch wurde überrascht, wie er einen Teekessel mit Wasser füllen wollte, indem er die Flüssigkeit teelöffelweise durch den Schnabel einführte. Der schwarze Lausbursche wurde gefragt, wer seine Laare geschnitten habe. „Lerr", sagte er, „ein Eingeborener tat es, der ein Barbar ist." Er hatte Barbier sagen wollen. Ein Schwarzer trat in einen Laden in Johannesburg und bat den Inhaber höflich, ihm die Benutzung des Telephons gestatten zu wollen. Der Geschäftsmann hatte nichts dagegen einzuwenden. Der Schwarze kurbelte an, nannte eine Nummer und fragte dann: „Sind Sie Frau N. N.? Brauchen Sie nicht einen Diener, der kochen, waschen, flicken und jede Lausarbeit verrichten kann und ehrlich und reinlich ist?--------Oh, Sie haben be- reits einen Diener, der kochen, waschen, flicken und jede Lausarbeit verrichten kann und ehrlich und reinlich ist?---— — Das freut mich. Sie sind also ganz zufrieden mit ihrem Diener? ---------Danke! Schluß." Der Ladeninhaber, der dem einseitigen Gespräch zugehört hatte, fand Gefallen an dem Burschen und bot ihm einen Dienstplatz an. Allein der Schwarze lehnte ab, dann sagte er: „Ich bin bei Frau N. N. in Dienst und wollte nur von ihr selbst wissen, ob sie mit mir zufrieden ist." Das Brautpaar. Die Braut muß au diesem Tage ein finsteres Gesicht machen. Der Bräutigam ist noch Heide, nimmt aber schon Religionsunterricht. (Photo: P. Zeifang.) j MU Spitznamen. Wenn ein Schwarzer vom Lande in die Stadt geht, um dort einen Dienst-platz anzunehmen, so gibt er höchst ungern seinen eigentlichen Namen an, sondern zieht es vor, für die neuen Verhältniße sich einen neuen Namen zuzulegen, z. B. Jänner, falls er in diesem Monat in die Stadt gekommen, und ähnliche. Ein gar einfältiger Bursche trat in den städtischen Dienst und wußte gar keinen Namen anzugeben. Da nannte ihn die Hausfrau beim Namen „Mompara" (Dummkopf). Er blieb aber nicht lange in der Stadt. Nach geraumer Zeit sah die Dame ihn wieder und war höchlich erstaunt, daß er noch immer unter diesem Namen ging, dem er offenbar Ehre machen wollte. Manche Europäer gingen weiter. Wenn sie einem abgehenden Diener, mit dem sie nicht zufrieden gewesen, ein Zeugnis ausstellten, so schrieben sie wohl: „Fauler Strick", „hoffnungslos", „Sollte aufgehängt werden", „Schafskopf", „Am Nachmittag keinen Pfifferling wert", und dergleichen mehr. Allein die Schwarzen zahlen es ihnen heim. Für den Gebrauch im eigenen Kreise geben sie jedem Weißen einen Spitznamen, der meist in treffender Weise seine Eigentümlichkeit oder Schwäche kennzeichnet. S3 -1 Trauung in Elanshoek. Nochmals zieht der Hochzeitszug unter Gesang um die Schule, dann geht es heim in den eigenen Kral. (Photo: P. Zeifang.) Umschau. Fortschritte des Katholizismus in Missionsländern, die in Abhängigkeit tum der Propaganda stehen. Rom. In der Iuninummer des Organs „Laboremus pro Miffionibus" (Laßt uns für die Missionen arbeiten) steht unter obigem Titel ein bedeutsamer Aufsatz des Vorstandes des Statistischen Amtes der Agentia Fides Mfgr. Ea-selli: er verdient über den engeren Kreis der Laboremusleser hinaus bekannt zu werden. Nach dem Urteil des Verfassers, das in seinen Angaben ganz und gar auf den neuesten offiziellen Daten fußt, bedeutet der Fortschritt der Propagandamissionen im Jahre 1936/37 nicht etwa eine erfreuliche Ausnahme, sondern einen weiteren Schritt vorwärts auf der Straße, die man seit vielen Jahren geht. Zum Vergleich zieht Msgr. Caselli die Daten von 1927 heran, so daß der Unterschied ohne weiteres klar wird. Von den fünf Erdteilen wird an erster Stelle Asien behandelt, das im Jähre 1937 bereits 7,911.370 Katholiken zählt gegenüber 7,699.227 im Jahre 1936 und 6,029.029 im Fahre 1927. Das besagt in zehn Jahren einen Zuwachs von 1,882.341 oder eine durchschnittliche Fahreszu-nahme von über 188.000. Die Schwierigkeiten, denen das Missionsapostolat in den verschiedenen Teilen Asiens begegnet, sind gewissenhaft herausgestellt: fie führen zu einer gerechten Würdigung der mühsamen Tätigkeit der evangelischen Arbeiter und einem besseren Verständnis der von ihnen erzielten Resultate. „A f r i k a, viel weniger umfangreich als Asien und vor allem viel dünner bevölkert — kommt doch seine Bevölkerung kaum auf 150 Millionen — stellt ein viel ergiebigeres Mif-sionsfeld dar als Asten: die Katholikenzahl kommt der Asiens schon nahe und wird sie bald erreicht und überflügelt haben." So betrug die Gesamtzahl der Katholiken des schwarzen Erdteils im verflossenen Jahr 6,794.951 gegenüber 6,354.997 im Jähre 1936 und 3,202.993 im Jahre 1927. Daß in einem Dezennium die Katholiken sich mehr als verdoppelt haben, beweist, in welchem Tempo die Bekehrungen voranschreiten. Besonders bevorzugte Schoßkinder des göttlichen Heilswillens sind die Missionen von Belgisch-Kongo, Ruanda-Urundi, Tanganyika, Uganda und Madagaskar. In Ozeanien gab es 1937 2,557.803 Ka-. tholiken gegenüber '2,506.358 im Jahre 1936 und 1,911.717 im Vergleichsjahre 1927. Daraus errechnet sich ein Jahresdurchschnitt von 65.000 Bekehrungen innerhalb von zehn Jahren. Die punktartig über das weite Meer hingestreuten Inselchen des Stillen Ozeans, die Schwierigkeiten des Verkehrs, die starke Verbreitung des Islam und der zum Islam gezwungenen Walker sind nur ein Teil der Schwierigkeiten, die die Missionäre in Ozeanien hemmen. Nur ein Bruchteil Amerikas ist noch als Missionsland anzusprechen, und dabei haben diese amerikanischen Missionen einen ganz besonderen Charakter, der vielfach die kleineren Fortschritte im Vergleich zu anderen Missionen erklärt. Im verflossenen Jahr gab es in den amerikanischen Missionen 2,931.024 Katholiken gegen- über 2,853.511 im Jahre 1936 und 2,415.323 im Jahre 1927. Die durchschnittliche Iahres-zunahme in diesem Jahrzehnt beträgt also über 50.000, „für Missionen von der Art der amerikanischen durchaus keine verachtenswerte Steigerung". „Europa kommt zum Schluß; denn hier auf diesem Erdteil sind die wenigsten Missionen und die wenigsten Fortschritte." Haben doch diese europäischen Missionen mehr die Aufgabe, den Glauben der Katholiken, die inmitten protestantischer, schismatischer Bevölkerung oder, wie in Südosteuropa, unter Mohammedanern leben, lebendig zu erhalten, als das Evangelium zu verbreiten und Bekehrungen zu machen. „In den Missionen Europas, die der Propaganda unterstehen, zählte man 1937 948.180 gegen 931.163 im Jahre 1936 und 771.567 im Jahre 1927. Die jährliche Durchschnittszunahme betrug also über 17.000. — In zehn Jahren sind also die Katholiken der Welt-missionen von 14,330.629 auf 21,143.328 gestiegen. Das erscheint als eine Geringfügigkeit gegenüber der Milliarde Seelen, die noch in Finsternis und Todesschatten sitzen. Aber im- f M. |v j 'WH Jn der Armenapotheke. Zwei einheimische Schwestern von der Unbefleckten Empfängnis sind in einer Armenapotheke Nyeris (Ostafrika) mir dem Verbinden und der Wundbehandlung ihrer Patienten beschäftign Sie bilden so eine wertvolle Hilfe für die Consolataschwestern von Turin, die im Apostolischen Vikariat Nyeri (Kenya, Ostafrika) mit den gleichnamigen Missionären zusammenarbeiten. (Fides-Photo.) y§, v MW AM.« Der Milchmann kommt. Unser Milchmann geht von Hütte zu Hütte und schenkt seine Milch aus den großen in die kleinen Kalabassen; ein Wagen steht ihm für seine schwarzen Kunden nicht zur Verfügung. Unser Bild stammt aus der südafrikanischen Mission Eshowe, die den bayrischen Missionsbenediktinern übertragen ist. (Fides-Photo.) merhin, wer noch ein Gefühl für die .Poesie der Zahlen' hat, von der einmal Papst Pius XI. sprach, und auf die Kargheit der Mittel und des Personals Rücksicht nimmt, wird mit dem Verfasser Gott danken für die großen Wundertaten, die Er durch Menschen ausführen laßt." (Fides.) Japanischer Laienapostel gestorben. Sapporo (Hokkaido, Japan). Die Franziskanermission Sapporo beklagt den Tod des achtzigjährigen Genzaburo Joseph Mano, der längst vor Prägung des Wortes „Katholische Aktion" in ihrem Sinne tätig war. Schwer nur hatte sich Herr Mano als eifriger Buddhist zur Annahme des katholischen Glaubens entschließen können. Daß von seinen in Todesgefahr schwebenden beiden Söhnen nach der Taufe wenigstens der jüngere gerettet wurde, bestimmte ihn, selbst katholisch zu werden. Immerhin mußte noch der Widerstand der Frau überwunden werden, bis im April 1899 Bischof Berlioz Herrn Mano, seine Frau und zwei Kinder taufen konnte. Aber jetzt streikten die Arbeiter, auf deren Hilfe er beim Bebauen der vielen Reisfelder angewiesen war. Der Neuchrist ließ sich nicht aus der Fassung bringen. Er bestellte nur soviel Land, als er mit seiner Frau kultivieren konnte, das übrige Reisfeld verpachtete er. Im folgenden Jahr kamen die früheren Arbeiter wieder und Boten ihm ihre Hilfe an. Mano nahm ihr Angebot an, machte aber als Ehrist die Sonntagsruhe zur Bedingung. Für den Vau der Kapelle in Hiroshima-Hokkaido setzte Herr Mano seine ganze Kraft ein, alle Fuhren mit Holz und anderem Baumaterial machte er umsonst. Als dann 1913 der Missionär in der Gemeinde seinen Einzug hielt, besuchte Herr Mano regelmäßig den Sonntagsgottesdienst und Betete dabei vor, obwohl er fast eine Wegstunde von der Mission entfernt wohnte. Regelmäßig hielt er den ersten Freitag im Monat und bestellte fast immer eine heilige Messe, meist für die Bekehrung der Heiden. Dieses Anliegen lag dem eifrigen, überzeugten Katholiken besonders am Herzen. Auch auf dem Krankenbett fand er noch Zeit, mit Heiden über Glaubenswahrheiten zu sprechen. Jede Gelegenheit war ihm dafür recht. Im Hungerjahr 1913, wo es infolge Überschwemmung und Kälte keine Reisernte und deshalb im Winter für den Bauern auch keine eigentliche Hausarbeit gab, ging Herr Mano jeden Dag aus und sprach wie ein Wanderapostel unter den Heiden über den katholischen Glauben, und zwar in einer für die Zuhörer interessanten Weise. Hatte er doch zur eigenen Vertiefung im Glauben und zur Ausbreitung desselben eine kleine Hausbibliothek von religiösen Büchern und Zeitschriften angelegt. Er scheute weder Reisen noch Auslagen, wenn er glaubte, jemandem die Gnade des Glaubens verschaffen zu können, und dies alles nur um Gottes Lohn. Selbst auf seinem Kranken- und Sterbebette ermunterte er noch jene, die ihn besuchten, zur Annahme des katholischen Glaubens. Senne Bemühungen waren von Erfolg gekrönt. Manche Taufen von Erwachsenen sind seinen Bemühungen zu verdanken. Seinen vielen Belehrungen, Gebeten und bestellten Messen ist es auch zuzuschreiben, wenn zuerst der Frau des Gründers der politischen Gemeinde Hiroshima und später dem Gründer selbst auf dem Sterbebett Die Taufgnade zuteil wurde. Als Gemeinderat benutzte er seinen Einfluß, sich für den Bau des jetzigen Krankenhauses einzusetzen. Er kam mit einer Abordnung zum Bischof und bat ihn, das alte Spital zu' übernehmen. So entstand allmählich das heutige Krankenhaus der Franziskanermissionärinnen Baumstumpf als Glocke. Dieser ungeheure ausgehöhlte Baumstumpf dient als Glocke für die Mission Rorovana auf den Nord-Salomonen. (Fides-Photo.) Mariens sowie tros Waisenhaus, in dem gegenwärtig gegen 70 Kinder eine zweite Heimat und religiöse Erziehung gefunden haben. Daß sein lebendiger Glaube und sein tieffrommes Leben auch bei den eigenen Hausgenossen die besten Früchte hervorbrachten, geht aus der Tatsache hervor, daß alle Kinder vorbildliche Christen sind. So nahmen nicht bloß die Dhristen, sondern auch viele Heiden der Gemeinde an seinem Begräbnis teil. Sechs Patres, die ehedem in Hiroshima stationiert waren, gaben ihm das letzte Geleite. (Fides.) Belgisch-Kongo und das Päpstliche Werk der Elaubensverbreitung. Leopoldville (Belgisch-Kongo.) Das Werk der Glaubensverbreitung, das die Gläubigen zu Gaben und Gebeten für die Missionen auffordert, nimmt eine wunderbar rasche Entwicklung nicht nur in der christlichen Welt, sondern auch in Missionsländern. In einem Bericht an die Apostolische Delegatur schreibt ein Missionär von Ober-Kasai: „Das Werk, das wir vor Jahren als schwierige, vorschnelle Sache ansahen, ist zu einem blühenden Unternehmen geworden und unsere Dhristen begreifen es vollständig." In diesem Jahre sind die Beitragsleistungen der Missionen, die in Abhängigkeit von der Delegatur Leopoldville stehen, über .das letzte Jahr hinaus bis auf 320.872,65 Franken gestiegen : das Apostolische Vikariat Ober-Kongo hat' allein schon eine Steigerung von 30 Prozent gegenüber dem Fahre 1986 Zu verzeichnen. Das Vikariat Leopoldville hat in zwei Jahren seine Einnahmen verdreifacht; dabei ist die vom Vikariat überreichte Summe nicht etwa das Ergebnis der Sammlungen vom Mifstonssonntäg, sondern vielmehr der Mitgliedsbeiträge. Im Apostolischen Vikariat Kivu stieg die Zahl der Mitglieder von 3982 auf 5199. Bei diesem Kreuzzug haben sich die Mitglieder der Katholischen 'Aktion, die Schüler und Katechisten, besonders eifrig gezeigt; andererseits melden viele Missionen, darunter das Vikariat Ober-Kongo, daß selbst aus heidnischen Ortschaften Beiträge kommen; die Ärmsten strengen sich an, wenigstens ein,Fünfer! für die Missionen aufzutreiben und die gesammelten Summen sind nicht das Ergebnis eines zerstreut gezeichneten Schecks, sondern Summen, die Sou für Sou mit unermüdlicher, edelmütiger Liebe gesammelt wurden. „So bringt ein Junge aus Ober-Kasai einen Franken; er hat einen Vogel für 20 Centimes verkauft, dafür ein Paket Zigaretten eingetauscht und im Einzelhandel mit Gewinn wieder weiterverkauft." Ein Katechist von Mu-huga-Ruanda suchte alle Familienoberhäupter auf und bestimmte im Einvernehmen mir ihnen eine Bananenstaude — „Papstbanane" genannt —, deren Erlös den Missionen zugute kommen sollte. In Bikoro ließ ein Sterbender den Katechisten rufen und erklärte ihm: „Von den mir verbleibenden vier Franken erhält der Papst zwei und die andern zwei gehen an meine Erben über." In einem Land also, wo vier Franken ein Vermögen bedeuten, haben 6053 Christen für die Missionen 7212,4 oder 1,19 Franken pro _ Kopf geopfert. Nicht einmal Amerika erreicht diesen' Durchschnitt. Erfrischend und rührend zugleich ist der Brief eines Katechisten vom Albert-See, der die Opfergabe seines Dorfes folgendermaßen beschreibt: „Dank dem Heiligen Vater für den Brief, den er uns durch den Kardinal und Bischof übersandte. Wir haben hier viel Freude erlebt. In meinem Dorf hat es ge- 156 Stern der Neger Heft 10 geben: 165 Männer, 287 Frauen, 49 Kinder auf dem Rücken -der Mutter, 10-3 Platten mit Getreide, 7 Krüge Bier, 4 Hühner, 7 Töpfe mit Fleisch, 8 Körbe Kartoffeln, 4 Körbe Mais, 1 Korb Bananen. Das macht zusammen 646. Dank nochmals dem Heiligen Vater." Fast biblisch mutet ein Bericht aus Muanda «im Apostolischen Vikariat Boma -an: „Ein 'Leprose teilt h-ier alle seine Einkünfte mit einem Blinden, damit dieser nicht um die -Freude gebracht wird, etwas zur Sammlung für das Werk der Glaubensaerbreitu-ng beisteuern zu können." (Fides.) Mota Saheb? Von Erlebnis zu Erlebnis im Wunderland Indien. Bon Johann Baptist Müller, S. J. (Schluß.) Ungefähr zehn Schritte vor demselben blieb i-ch stehen und gewahrte zu meinem Schrecken, daß es einer von den großen Ravinenaffen mit den langen, aufgerichteten und oben henkelförmig gebogenen Schwänzen war. Wie der mich mit der Stange bewaffnet vor sich sah, zeigte er mir sein furchtbares Gebiß. Da wurde es mir aber unheimlich, * Der Abdruck erfolgt mit Zustimmung des Verlages Herder & Co. in Freiburg (Breisgau), Baden. und ich dachte und wünschte bloß: „Wenn der Kerl nur nicht Ernst macht, auf mich losstürzt und mich angreift!" Ruhig blieb ich -auf meinem Flecke stehen und wartete ab. Der Affe aber stand nach einer Weile auf, zeigte sich in seiner -ganzen -Größe — und es war der größte, den ich bis dahin gesehen — und sprang in wuchtigen Sätzen hinüber zum anderen Rande des Plateaus. Ich schlich ihm langsam nach. -Wie er das sah, verschw-and er von der Kante. „Herrschaft!" dachte ich, „der wird doch nicht den schauerlichen Sprung in die Tiefe gewagt haben!" Drüben an der so ! j !T ^ch^ ■N _ ' s- ■ I 1 li WM D mdi Japanische Hochzeit. Eine Eheschließung in der Kirche von Uwajima, Japan. Die spanischen Dominikaner haben die Missionsseelsorge auf der Insel Shikoku im südöstlichen Japan, wo das Bild aufgenommen wurde. (Fides-Photo.) Heft 10 157 Stern d er Neger Kante angekommen, sah ich ihn ungefähr fünf Meter tief auf dem Aste eines Strauches sitzen, der aus der Ritze der Felswand herausgewachsen war. Sobald er mich oben über sich gewahrte, sprang er jäh bie 40 bis 50 Meter hinunter in einen Baum hinein, schwang sich, an einem Aste hängend, ein paarmal hin und her und verschwand dann in der mächtigen Krone. Das war wahrhaftig eine Rekord-Sportleistung ersten -Ranges, wie sie ihm kein Mensch nachmachen kann. Ich mußte staunen über den Mut, die Springtüchtigkeit und die Griffsicherheit dieses Assen, -war aber auch meinem guten Schutzengel dankbar, daß er mir diesen gefährlichen Gesellen vom Leibe gehalten hatte! Jetzt, natürlich, würde es mir nicht einmal im Traume einfallen, einem solchen -Assen in freier Natur selbst auf hundert Schritte nahezurücken. Da man nun den aufsässigen Affen als heiligen Persönlichkeiten nicht mit verletzender Gewalt entgegentreten darf — sie -besitzen ja das Privileg der „persönlichen Immunität" —, wie soll man sich ihrer erwehren? In neuerer Zeit haben tonangebende Kaufleute, die zu ihrem großen Verdrusse erfahren mußten, daß allzu viele Hanumänner sich Herumtreiben, den Stadträten eine Maßnahme gegen dieselben Vorgeschlagen, die in Zeiten brahmiuischer Hochblüte undenkbar gewesen wäre. Und diese Maßnahme heißt — Verbannung ! — Tatsächlich wurden unzählige der geschwänzten Plünderer eingefangen, in Käfige gesteckt und auf Ochsenkarren nach viele Meilen entfernten -Einöden transportiert. Dort wurden sie dann losgelassen. Als -aber die leeren Karren heimkehrten, hopsten die Verbannten, die schlau genug waren, den Plan ihrer Feinde zu durchschauen und zu vereiteln, lustig neben denselben her und zogen truppweise so fröhlich in die eben ver- lassenen Ortschaften wieder ein wie Ausflügler, die -von einem Picknick heimkehren. Bon den Städten auf der einen Seite des Ganges -wurden ganze Boote voll -von lästigen Affen über den Strom gebracht und auf der anderen Seite ausgesetzt. Allein eine solche ehrlose Aussetzung -an fremder Küste gefiel ihnen durchaus nicht, und da sie -auf den heimkehrenden Booten nicht zugelassen wurden, fanden sie doch andere Boote, die sie wieder zurückbrächten. Auch die Eisenbahnen, die -so viel für den Fortschritt und die Wohlfahrt Indiens getan haben, erwiesen sich als ein herrliches Mittel, -Scharen von Affen aus den g-eplagten Ortschaften fortzuschaffen. So erhielt -der Stationsvorsteher von Sahäranpore bei Umballa zu seinem Verdrusse ein Telegranim mit der Meldung, es treffe ein Zug voll Affen ein, die er nach einer Station -an den nahen Sewalik-Bergen weiterbefördern möge, wo sie losgelassen werden sollten. Der Afsenzug lief bald ein. Beim Umladen gingen jedoch die Käfige auseinander, und die so befreiten Deportierten flohen jubelnd und Schwanz hoch davon. Ein Teil -derselben schwärmte in eine große Eisen-bähnwerkstätte hinein, lief überall herum, packte alles an, staunte die schnurrenden Riemen, die schwirrenden Räder und die rasselnden Maschinen an und war kaum mehr hinauszukriegen. Der größte Teil aber flutete in die Geschäftsstraßen und in die reichen Gärten, wo deren mohammedanische Besitzer ohne Rücksicht auf Hanuman ihre eigenen Maßnahmen gegen sie ergriffen. Solange der verknöcherte Brahmanismus und Hinduismus die armen belogenen und betrogenen Volksmassen int Banne der lächerlichen und jeder gefunden Vernunft hohnsprechenden Götterfaheln und des Hanuman- Das Geschäft blüht überall. Es sind Wahrsager nicht aus irgendeiner europäischen Hauptstadt, son-derit aus dem Fernosten, der Süd-Mandschurei. Auch hier überläßt sich der Mensch um so mehr dem Aberglauben, als ihm der rechte Glaube fehlt. Ein Glücklicher ist immer dabei, und das ist der Wahrsager selbst, der immer auf seine Rechnung kommt und vielfach noch im Nebenamt als Schreibkundiger sich der Analphabeten annimmt. (Fides-Photo.) HV.&I H. ./P Auf Mission im südlichen Jugoslawien. Ein Missionär aus Skoplje, einer der südslawischen Diözesen, die noch zum Teil Missionsland sind. Welt-klerus wirkt hier mit Jesuiten und Franziskanern zusammen. Unser Missionär benutzt zumeist das Fahrrad. Aber dort, wo der Weg unpassierbar wird, schnallt. er sein Rad mit anderm Gepäck auf den Rücken bos Esels und geht auf Schusters Rappen nebenher. (Fides-Photo.) schwindels hält, werden die Affen, das Rindvieh und alle Tierarten es tausendmal besser haben nicht nur als alle Parias, sondern auch als alle Bürger des großen Hindureiches, und werden die geschwänzten Hanumänner weiter das Land lachend drangsalieren und in Wahrheit singen können: „O selig, o selig, ein Affe zu sein!" Wenn aber einmal der Hinduismus zerbröckelt, und diese Zeit scheint zu kommen, dann werden auch die Völker Indiens, von dem ganzen Götterwahn wie von einem bösen, beängstigenden Traume befreit, zu einem neuen, menschenwürdigen Leben aufatmen, und es werden die Tage der Afsenherr-lichkeit gezählt sein! 22. Maharadscha Tiger. Odi profanum vulgus et mordeo: Den Pöbel, den gemeinen, hass' und fresse ich! (Ein Tigerspruch.) Zwar sind die Bewohner der Städte und größerer Ortschaften Indiens der Notwendigkeit, vor dem Tiger auf der Hut zu sein, vollständig enthoben, denn vom Städtelärm und Menschengewühl hält sich der Tiger gänzlich fern. Aber draußen in den entlegenen Flecken und Dörfchen und Stationen auf einsamem Lande, von Fruchtfeldern, Plantagen und Dschungeln umgeben, da muß man sich schon vor dem Tiger in acht nehmen, denn dort ist sein Revier. Da zittert alles in Furcht und Schrecken nur vor einem: dem Tiger. Da rechnet man weitaus mehr als mit allen Radschas und Maharadschas mit dem einen: dem Tiger. Da besitzt die unbestrittene Alleinherrschaft nur der eine: der Tiger. Ja, Dschungelkönig ist der Tiger! Wie viele von den Hun'derttausenden jährlich zerrissener größerer Haustiere und von den 35.000 bis 40.000 von reißenden Raubtieren vernichteten Menschenleben in einem Jahre kommen auf das Konto des Tigers! Der Tiger beschränkt sich keineswegs auf die Waldungen, den Dschungel, nein, er streift auch gerne in den Plantagen und Feldern herum und versteckt sich im hohen Zuckerrohr, im Mais und in andern Getreidearten und lauert dort katzenartig auf seine Beute. Um meine Station herum gab es früher sehr viele Tiger und gibt es deren auch heute noch genug. Auf dem Friedhof dieser Station stand seinerzeit noch ein Grabstein über dem Grab eines Engländers mit der Inschrift, er habe in der Umgebung der Station 99 Tiger erlegt und der hundertste habe ihn getötet. Und zu Dharangaon im benachbarten Bezirk hat um die Mitte des letzten Jahrhunderts der Befehlshaber des dortigen Bhil-Polizei-korps, der kaltblütige und todesmutige Offizier James Outram, mit der Lanze in der Hand 188 Tiger erlegt. Die Akten darüber habe ich selber zu Jalgaon gesehen. — Man braucht sich also gar nicht zu wundern, wenn in solch tigerreichen Gegenden einmal ein Mensch oder ein Stück Vieh von einem Tiger überfallen und zerrissen wird. In der einsamen Gebirgswelt von Khan-dalla mußten wir es einmal erleben, wie ein Tiger eines Nachts dicht neben unserer Baracke dne Kuh zerriß. Wie leicht hätte da auch einer von uns, so er hätte Hinausgehen müssen, von ihm gepackt werden können! Uns Europäern ganz besonders kann das Sicher- heitsgefühl, Las wir von der Heimat her gewohnt sind, sehr leicht verhängnisvoll werden. Wir haben selber Lie gefährlichsten Partien der Ravinen durchstreift, ohne im geringsten an eine Gefahr zu denken. „Wie konnten Sie da hingehen, Saheb", sagte mir einst ein Dschungelmann in Khandalla über eine gewisse Stelle der Ravine, „da hält sich ja zwischen den Felsblöcken neben dem Tümpel gewöhnlich ein Tiger auf!" In der Station indes, wo ich als Mifsions-pfarrer tätig war, gab es in der nächsten Umgebung des geräuschvollen, polternden Eisenbahnbetriebes wegen keine Tiger- oder Panthergefahr. Aber weiter drautzen in den einsamen Feldern und Plantagen, wo die wilden Bestien nichts zu fürchten hatten und wo es Bieh und Wild genug gab, da war die Sache eine andere, da konnte einem doch gar leicht etwas passieren, namentlich zur Nachtzeit. An eine solche Möglichkeit habe ich denn auch recht lebhaft gedacht, und es wurde mir dabei unheimlich zu Mute, wenn ich nachts ganz allein einen Bersehgang dorthin zu einer Jndierhütte machen mutzte. Ich stellte mich unter den Schutz Gottes, empfahl mich meinem Schutzengel und zog dann mit meiner grell leuchtenden Laterne in die Nacht hinaus. Wenn ich so auf dem schmalen Flurwege zwischen den Zuckerrohr- und Maisfeldern dahinschritt, war dies immer meine geheime Sorge: „Wenn doch nur alles gut geht! Wenn doch ja kein Tiger oder Panther rechts oder links herausspringt und über mich herfällt!" Ich machte mir aber wieder Mut mit dem Gedanken: „Der Heiland ist ja bei dir, — was hast du da zu fürchten?" Und ich sagte mir: „Non timebo mala, quoniam tu mecum es“ — „Ich fürchte kein Unheil, weil Du Lei mir bist!" (Ps. 22, 4.) Einmal wurde ich ganz gehörig erschreckt und bekam eine Gänsehaut, als neben mir im Mais sich etwas regte. „Um Gottes willen!" dachte ich, „jetzt ist es aus! — ein Tiger!" Aber gemach! So gelassen kommt kein Tiger. Was war das? Zwischen den Maisschäften zeigte sich das friedliche und beruhigende Antlitz eines Esels, der langsam und bedächtig hervortrat und mit aller Gemütsruhe die Maisblätter kaute, die er eben abgerissen hatte. Ein köstliches Bild völliger Unbesorgtheit. Einem Tiger bei hellem Tage in seinem Revier draußen zu begegnen, wird sich wohl kein vernünftiger Mensch wünschen, dem noch etwas an seinem Leben gelegen ist. Was mutz es dann sein, diesem furchtbaren Raubtiere auf einmal unvermutet in seiner ganzen Größe, Pracht und unheimlichen Majestät gegenüber zu stehen! Und das mußte ich bei Nagpur ersehen. Die Feierlichkeit, bei der ich auf Einladung die Festpredigt gehalten hatte, war vorbei. Da wurde ich von einem Konfrater gebeten, am Nachmittag mit ihm einen Ausflug zu machen. Windmühle auf der Insel Koos. Die Heimat dieser gewaltigen Windmühle ist Kos (Koos), eine schon im Altertum durch ihre Töpfereien und die sogenannten „Koi-schen Gewänder" berühmte Insel an der Küste Kleinasiens. Sie gehört zum Dodekanes und ist jetzt im Besitz Italiens: kirchlich gehört sie zur Erzdiözese Rhodos. (Fides-Photo.) Wir ließen uns eine gute Strecke vor die Stadt hinausfahren und spazierten dann gemütlich an einem Wald entlang, der sich weit hinzog. Die Zeitung hatte an diesem Tage gerade die traurige Nachricht von der Kriegserklärung Englands an Deutschland gebracht, und wir besprachen die verschiedenen Möglichkeiten der Kriegsentwicklung. Als wir in diesen Gesprächen einen Augenblick stehen blieben und ich zufällig aufs Gebüsch hinüberschaute, da sah ich — o Schrecken! — in einer kleinen Lichtung einen Königstiger aufrecht auf seinen Gliedmaßen sitzen und uns heob-achten. „Hochwürden, ein Tiger!" flüsterte ich meinem Begleiter zu. Ein lähmender Schreck fuhr uns in alle Glieder. Fortzulaufen wäre, gefährlich gewesen, und wir fixierten ihn so scharf, wie wir nur konnten. Welch eine Situation! Was für innerliche Anmutungen wir machten, kann man sich denken. Welche Angst und Beklemmung bemächtigte sich unser, und welch Lange Gedanken durchstürmten uns! Was wird er tun? Wird er einen Sprung auf uns wagen? Welchen ivird er sich Packen? Daß er eher Len Dicken als den Dünnen anfallen werde, war mir klar. Minuten unheimlichster Spannung! Da saß der Dschungelkönig in seiner ganzen Großartigkeit und unnahbaren Majestät dreißig Schritte seitwärts Don uns und leckte sich seinen langen Schnauzbart. Welch ein grandioses, überwältigendes, unvergeßliches Bild! Wie funkelten die grausamen, katzengrauen Augen in seinem mächtigen, runden Kopse! Wie strotzten sein sehniger, geschmeidiger, herrlicher Leib und seine gewaltigen Tatzen von unbändiger Kraft! Und wie schön erschien im WollglanH der Nachmittagssonne sein prächtiges gelbes Fell mit den tiefschwarzen Streifen die Flanken hinunter! Ja, das war Majestät! — Und da stand, absolut ohnmächtig, zitternd und bebend und gleichsam um Gnade und Erbarmen flehend, vor ihr der kleine Erdenwurm Mensch! Bor dieser unvergleichlichen Majestät fühlt er seine ganze vermeintliche Herrlichkeit in eitel Nichts zusammenschrumpfen und wird unsäglich klein, winzig klein, — nichts! — Nachdem wir die Bestie einige Minuten in banger Erwartung angeschaut hatten, sing der Tiger an, mit seinem Schweif zu wedeln, wie eine Katze, bevor sie auf die Maus springt. Das war ein schlimmes Zeichen. Wird er jetzt den todbringenden Sprung tun? Banges, vernichtendes Gefühl! — Nein, Gott sei Dank, nein, er tut es nicht! Siehe da, er erhebt sich in seiner ganzen Größe, gewährt uns nochmals einen unbeschreiblich eindrucksvollen Anblick seiner königlichen Gestalt, läßt einen tiefen, näselnden, fast ärgerlichen Grunzer ertönen, macht kehrt und schreitet gravitätisch weiter ins Gebüsch hinein. — Gewöhnlich greift der Tiger den Menschen nicht an, wenn dieser in Begleitung ist, besonders dann nicht, wenn er gerade vorher seinen Hunger gestillt hat. 06 nun dieser Umstand oder der grelle Glanz unserer weißen Talare, auf denen die volle Sonne brannte, unsern Tiger von einem Angriffe abhielt, wer weiß das? Jedenfalls hat die gütige, allmächtige Hand Gottes ihn davon abgehalten! Wir beide aber atmeten erleichtert auf und begaben uns schleunigst auf den Heimweg, schauten auch hie und da nochmals um, ob der Kerl uns nicht nachfolge. Aber er kam nicht. Wir waren gesichert und hatten das beglückende Bewußtsein: Es hat wieder einmal gut gegangen! Gefährlicher noch als der Tiger ist der Panther, weil er leichter und gelenkiger ist, gut klettern kann und keinen Pardon gibt. In seiner Frechheit und Unerschrockenheit nimmt er sich auch aus einer Gesellschaft blitzschnell einen heraus. — Das mußte auch einmal mein guter Freund, der Kollektor von Ost-Khandesch, erfahren. Auf einer Jagd in seinem Bezirk von Jalgaon hatte er, umgeben von einem stark bewaffneten Gefolge, einen Panther aufgespürt. Dieser aber versteckte sich in einem dichten Busch. Als seine Verfolger nahe genug kamen, sprang er plötzlich aus seinem Versteck hervor, stürzte sich auf den vordersten Schützen des Trupps, den Kollektor, riß ihm von der Schulter an das Fleisch der linken Körperseite herunter und würde ihn erwürgt haben, wenn der kleine begleitende Terrier ihn nicht beständig in die Beine gebissen hätte. So ließ er los und erhielt sofort von einem Unteroffizier eine wohlgezielte tödliche Kugel in den Kopf. Der '©djwerber-wundete wurde schnell ins nächste Hospital geschafft, und erst nach vielen Monaten war er wieder hergestellt. Auf einer Verschsahrt nach Rajmane bei Dhulia wurde auch ich einmal von einem Panther verfolgt. Bis zur Station Chalis-gaon fuhr ich mit einem Güterzug. Es war schon spät am Abend und stockfinster. Da gerade kein Zug nach Dhulia fuhr, mußte ich einen Ponykarren benützen. Der Fuhrmann hatte vorne eine gute Laterne, und ich auf dem Karren ließ auch eine scharfe Laterne nach hinten leuchten. Die Ponies trabten gut, obschon es ein aufsteigendes Gelände hinanging. Bald hinter der Station Jamdha sah ich auf einmal etwas entfernt hinter dem Karren zwei hellfunkelnde Punkte auf und nieder gehen und näherkommen. Ich hielt meine Laterne höher und sah zu meinem nicht geringen Schrecken, daß ein großer Panther an den Karren herankommen wollte. Sobald ich die Laterne hochhielt, so daß ihr Licht auf ihn fiel, blieb die Bestie stehen und zeigte mir ihr furchtbares Gebiß. Vor Licht und Feuer fürchten sich nämlich diese Raubtiere. Hie und da wagte sich der Panther wieder heran und blieb dann wieder stehen. Glücklicherweise kamen nun schon die ersten Häuschen von Rajmane. Der Panther aber blieb immer weiter zurück, und bald sah ich ihn nicht mehr. Der Fuhrmann wollte um keinen Preis mehr in der Nacht zurückfahren und entschloß sich, in der Station zu übernachten und am folgenden Morgen heimzukehren. Nachdem ich meine Pflicht erfüllt hatte, kehrte ich mit dem letzten Zug nach Chälisgaon zuriick, too ich bald Anschluß hatte und gegen Mitternacht glücklich nach Hause gelangte. In einem sehr aufregen-den Traume sah ich immer noch die schreckliche Gestalt des Panthers hinter dem Karren herspringen. Ohne die Laterne wäre es aber mir oder einem Pony schlecht gegangen. Das sind so einige Erlebnisse, lote sie wohl jedem Missionar ab und zu einmal in seinem Missionsleben begegnen. Solange man mit heiler Haut und dem bloßen Schrecken davonkommt, haben sie weiter nichts zu bedeuten und sind spannende Zwischenspiele im Leben des Missionars.