^N 3«. »844. Vaterländische s. Freiherr Hans Katzianer im Türkenkriege. (Beschluß.) ^Mittlerweile war Katzianer vor dem alten Schlosse Herman angekommen und griff es sogleich Mit Sturm an, weil darin, wie Banssy meinte, reiche Verrathe aufgehäuft seyn sollten. Die linkische Besatzung geneth l»,i der feindlichen Uebermacht in Furcht und erbot sich, nachdem sie nur einige Stun» den Gegenwehr geleistet, zur Uebergabe aus Gnade. Katzianer w«r entschlossen, das Schloß zu erstürmen und zum Schrecken für den Feind AlleS darin er« würgen zu lassen, nahm jedoch endlich auf den Rath der übrigen Führer die Ergebung auf Gnade an. Ueber die vermutheten Verrathe hatte man sich getäuscht. Während dessen brachten jedoch die Landlcute aus der Umgegend unter Katzianer'S Geleite gegen fünfzig Wagen nni Proviant herbei. Als indeß das ausgehungerte KriegSvolk sie wahrnahm, siel eS, trotz des Geleites, gegen alles Verbot mir Gewalt über sie her und nahm in wilder Gier ohne Bezahlung Alles hinweg; mehre Landleute wurden dabei sogar totgeschlagen, andern ihre Rosse und ihr Zugvieh ge» raubt. Katzianer war über diese Gräuel und den Ungehorsam seineS Kriegsvolkes so ergrimmt, daß er mehre der Wüthendsten mit eigener Hand nieder» stach und andere für ihre Verbrechen mit aller Stren» ge bestrafen ließ. Nachdem man das Schloß Herman mit der nöthigen Besatzung versehen, setzte das Heer seinen Marsch nach Gara fort, kam aber bald an den Fluß Vuka, dessen Brücke durch die angeschwollene Wasser» masse zerbrochen und weggerissen war. Keiner, auch nicht einmal die ungarischen Hauplleute, hatten davon gewußt, daß man hier einen Fluß zu überschreiten habe. Katziiniern war diese Gegcno ganz unbl« ke meisten Hauptleuce riechen, man möge das Geschütz zersprengen und liegen lassen, andere, man solle es zum Theil vergraben, um es später einmal wieder aufzusuchen. Katzianer ließ dann auch wirk» lich mehre Stücke verscharren. Der Zug ymg nur langsam wener forl, denn Menschen und Nosse wa» ren durch Hunger, Schlaflosigkeit und Strapazen so krafclos und ermaccet, daß es die größte An, strengung kostete, einige Meilen zurückzulegen. Dazu kam noch, daß d»e türkischen Reiter, m«t Iannscha-ren untermischt, mehre Tage lang das Heer ohne Unterlaß bald hier bald dort angriffen und ihm gro» ße, Verluste beibrachten, ohne eS zu einem entscheidenden Kampfe kommen zU lassen,, denn die Türken bezweckten nichts Anderes, als daS Heer durch Hunger und Ermattung bis auf den letzten Mann aufzureiben. Da man von Ioanka her die türkische Rel-rerei an emem Tag,- dreimal auf die Scice hart? zurücktreiben müssen, so konnte man Gara erst am nachfolgenden Tage erreichen. Als man der Stadt aber näher kam, sand man eine Anhöhe vom Femde besetzt, von wo er das Heer während snnes Fort' zugcs foro und fcrc mit fünfzehn Feldstücken be^ schoß und es i« große Bedrängnis) brachte, bis 107 endlich Katzianer, der den Vorzug führte, die An-höheIerjtüimle und den Feind zurückdrängte, so daß der Nachzug ohne Gefahr hinourchkam. Nach gehaltenem Kriegsrathe schlug er das Lager auf der Anhöhe in einer sehr vortheilhaften Stellung in der Nähe eines Gewässers, von wo man den nahe liegenden Feind durch daS übrige Geschütz bald zu« rücktried. Da kam auS Valpo ein Bote mit einem Briefe von einem Kroaten, der von Katzianer und den ungarischen Obersten dorthin gesandt worden war, um den in Valpo vorhandenen Proviant nach Gara zu schaffen, damit man ihn hier bel der Ankunft des Heeres finde. Der Brief enthielt aber die Nachlicht: eS sey in Valpo weder Proviant noch Gold vorhanden gewesen , um Proviant aufzukaufen: man wolle sich indeß Mühe geben, um in drei bis vler Tagen etwas Vorrath aufzubringen. Diese Mel», düng schlug alle Hoffnung und allen Trost nieder. HanS Ungnad und Franj Bathyan tracen in Kaz-zlaner'ö Zelt und erklärten ,h,n: ihr Knegsvolk sey ,n wildester Aufregung, wüthe und lobe wegen Mangel an LebenSmittcln und lasse sich durch Nichts Mehr zufrieden stellen^ eS sey jetzt das Schlimmste zu befürchten, denn das Volk finde sich m allen bisherigen Zusagen getäuscht und sey allgemein d«r Meinung, man gehc nur damit um, es völlig zu Grunde zu richten. Katzianer versammelte alsbald einen Knegsrath, um auch die übrlg'N Hauptleute um >yre Meinung zu befragen. Er habe, erklärte er ihnen, die Stim» lnung des Kriegsvolks schon zuvor gekannt, weßhalb er ihm auch zugesagt habe, das Heer blS Gara hin Mit keiner Belagerung aufzuhalten, um es den Vorräthen bei Gara bald nahe zu bringen. Leider aber müsse er jetzc anzeigen, daß er so eden von de» nen, die Provlanc hätren herbeischaffen sollen, schlecht ccn Trost erhallen habe; da er besorgen müsse, daß man «hm die Versä'umniß zur Schuld anrechnen werde, so erkläre er hiemit, daß keine der »hm gegebenen Zusagen und Verheißungen erfüllt worden sey. Als man sich nun berieth, waS fur die Rec, tung deS noch übrigen Heeres zu thun sey, waren Einige der Meinung, man müsse sich zunächst Ga» ra's bemächtigen, wo man reiche Vorräche finden werde; Andere machten andere Vorschläge. Hans Ungnad aber erklärte: es bleibe bei der Schwäche und Ermattung der KriegSlcute jetzt nichts AndereS übrig, als den Rückzug fortzusetzen, das Geschütz zu zersprengen und es sammt den Wagen zurückzulas^ sen. „Wir wollen dieß AlleS,'> fügte er hinzu, „bei Seiner königlichen Majestät schon verantworten, und wenn der König wegen deS Verlustes des Geschützes Beschwerde erheben würde, so woll.n wir bei unsern Landen schon bewirken, daß ihm dafür Eisatz geleistet werde." Manche, wie Heinrich Truchsci«, stiMMlen zwar gegen den Abzug und wollten, daß man zuvor Gara erstürme; allein fast alle andern Hauptlcute und KrlegSräthe traten dem Hans llngnad bei, erklärend : die Krankheiten im Heere, der Verlust an Menschen und Pferden, die Kraftlcsigke,t und Schwä» che deS ganzen noch übrigen Heeres, die späte Iah« reszcit u. s. w. seyen wohl Gründe genug zum eiligen Rückzüge. Dieß Alles konnte auch Kt>tz><"nr nicht ablä'ugnen, als er um seine Meinung befragt ward. Während man noch verhandelte, kam durch Paul Bakits die Nachricht in den Kriegsrath, daß dernahe liegenden Tüikenschaarso eben frisches Kriegs« volk zu Noß und Fuß zur Verstärkung zugeführt worden sey. Dieß gab den Ausschlag. Katzianer trat nun dem Vorschlage Hans Ungnad's und Albrecht Schlick's, Wagen und Geschütz zurückzulassen und den Abzug anzutreten, ebenfalls bei, und endlich cr-klärten sich auch Franz Bathyan und Ludwig Pe-kly, der lange gezögert, »in Ansehung der äugen« scheinlichen Noth« für den schleunigsten Rückzug. So lautet Katzianer's eigener Bericht, den er später dem römischen Könige vorlegte, um zu be, weisen, daß der Zug von Essek herab nach Gara durchaus nicht auf s.inen Nath und Willen erfolgt und der Verlust und die Auflösung deS Kriegsvolkes einzig nur durch Mangel an Proviant verursacht sey, den man ihm keineswegs zur Schuld anrech, nen könne. Katzianer aber erschien seitdem nicht mehr auf dem Kriegsschauplätze. Die unbekannte Sängerinn. Labla che, der dicke, der gute, zugleich liebenswür» oige und geistreilye Lablache, ist, wie Jedermann w,iß. Liebling der Engländer. Viele behaupten, sei» ne Lorpulenz habe nicht wenig beigetragen, um sich die Stimmen John Bull's zu gewinnen; ich für meinen Theil glaube, daß sein liebenswürdiger Cha» rakter, so w>« sein schalkhafter Frohsinn, den größr ten Antheil daran gehabt haben, um sich diese« Sieg zu verschaffen. — Im Jahre 1839 hatte Lablache einen jungen italienischen Cavalier, einen liebenswürdigen Menschen mit blondem Barte und blauen Augen, zum Schüler, der sich gar sehr in Verlegen» heir befand, weil er zwanzig Jahre alt und eine Million Renten besaß. Hätte man ihn am Forre« piano die Arie aus der Nachtwandlerinn singen ho« ren, würde man ihn sicherlich für eine blasse, überaus zarte melanschoüsche Lady gehalten haben, s» weiß war seine feine Haut, und so weich seine Stimme. Eines Tages trot Sifmor Giovanilli bei Lablache ein. Er war nachdenkend und trübe gestammt. «Was haben Sic", fragte ihn der Sänger, „sind Sie unwohl? haben Sie die Etüde, die ich Ihnen flegeben habe, nicht bei roller Stimme singen können? erben Sie eine Million mehr, als wovon Sie Gebrauch zu machen wissen?« __ „Nein", erwiederte laut Giovanilli, «nichts von Allen dem beun, ruhigct mich." _„ „Was möcht Sie denn so schweig-sam?<'—„Ich habe Langeweile"—„Sie haben Lanac-weile? S>e, der reichste Seigneur Italiens und'so jung! Sie, der Sie ein Schloß besitzen, dessen Zinnen den Himmel berühren und dessen Fuß lich in den blauen Wogen des Adour badct?« __ Ncichtlnlm macht nicht glücklich. Das Herz, das nicht beschäftigt, wird aar bald zu Eis."—„Beim Bacchus! Aignor, gutes Glück darf nicht fehlen; aber sollten Sie nicht schon, seit den acht To.aen Ihres Aufenthaltes in London, eine Leidenschaft t ihr beschäftigte, baß ihr meine Seele m»t einer echt brüderlichen Liebe, rem w,e die her himm« lischen Heerschaarrn, ergeben sey.« — ,Ich verstehe, mein Dichter, Sie wünschen eine hoffnungslose Llebe." — „Ich will," erwiederte der melancholische Italiener, »daß meine Illusionen niemals verschwln» den; ich will, daß die, der ,ch diese stumme Anbetungweihe, niemalS aus dem gehcimnlßvollen Schleier, der sie verhüllen wn-d, gleich den alcen Augu» ren, hervortrete; denn ach! bei jeder Erdenschönheir stellt sich nothwendig die Aussicht dar. . . Vollkom» wenheit existirt nicht." — ..Wahrlich, mein Herr, ,ch wünsche Ihnen gut Glück zu dem rosenfarbenen Traumbllde, das Sie suchen." — Während Lablache d»e Worte sprach, durchblätterte Slgnor Glovanilli die auf dem Tische des Salons ausgebreiteten Al» bums. — „Ach, mein Lieber«, rief er plötzlich, ^welch' ein köstliches Buch!" __ Der junge Träumer eno deckte gerade ein in der That ausgezeichnetes Album mit gepreßten Blumen, in Sammer und Golo eingefaßt, nut einem Verschluß von ganz getriebe» ner Arbeit. Vler Rubinen von ausgezeichnetem Wasser blitzten an den v«er Ecken, undauS den glat» ten Blättern duftete ein köstlicher Wohlgeruch, e»n herrliches GtMisch von Myrchcn, Reseda und V«ll« chen. Auf der ersten Seite las man, von emer Da» menhand geschrieben, diese Worte: — ^1 Ml» MISsti'tt
  • «Ihren Namen kann ich nicht nennen.« — «Welche Thor« heit, wozu eine derartige Vorsicht?" __ „Mein Herr, ich darf die Namen meiner Schülerinnen ohne Erlaubniß nicht entdecken, vorzüglich keinem Wild» fang ihres Airers, schön und gleich dem Schmetter» linge, verliebt in alle Rosen." — »Ihre Diskretion reiht mich um so mehr. Ist sie schon?" __ „Ah, was das anbelangt. ... ausgezeichnet!" ,__ ,Il)7 Haar?« — „Blond." — »Ihre Augen?" —»Blau.« -- „36 sie groß?" __ »Ja, ihre Taille ist majestä» tisch, sie hat dewundernSwerthe Zähne, und emen Geist. . . . e»ne Anmuth, die ausgezeichnet!" — „Ist sie verheirather?« — Nein, sie «st frei.« — »Dann muß >ch sie sehen, ihr den Hof machen, uad wenn sie mir gefällt-----« -, „Würden Sie sie heirathen?" — »Ohne Zweifel." — Thorheit! sie ist fortwährend durch die hohen Verwandten gebunden, die würden sie Ihnen niemals geben." __ „Meinen Sie?" — «Davon bin ,chr zu berühren wagt, theuer sey,,." — »Sind Sie lmmer Dlchter, mein Herr?« — „Ist es mein Fehler, wenn es das Jahrhundert nicht mehr ist? Die Dichtkunst ist d,e Liebe zum Schönen, die Ach' tung vor erhabenen Dingen, die beredteste aller Bit« ten, der Elnga«g des Geistes und deS Herzens." Der italienische Fürst verlebte den Winter in PariS. Er sprach ofr von der unbekannten Sänge, rinn, drückce oft resp.'ccooll seine Lippen auf die Blätter ihres Alvums; aber ach! jeder Traum hat sein Ende. Das Positive, dieß ernste und commen-tirende Kind, daß sich durch jede zerstörte Illusio» kräftigt, bemächtigte sich seiner Seele. Er kehrte nach Italien zurück, und heirathete dorr eine braune Prinzessinn, die 10 Schlösser und 100 Lieu's Land, w>e Prinzessinnen aus Feenmährchen, zur Mitgifc halte. In diesem Jahre wollte er sich leiner gewöhn. Iich.'N Lebensweise entziehen, und wünscht? seinem Frau Frankreich zu zeigen. Er kam durch Eu, um sich nach PariS zu begeben, und sah d>e versammelte Menge. Frcudelärm ertönte >n den Lüften, Kriegs' droumecen ließen das Echo erschallen. In der Mitte von versammelten Fürsten und vornehmen Damen abwählte er eine »unge Frau, »ie er sofort erkannte. .Großer Gotr!« schr>e er, .das ist sle.^die Schule, rinn von Lablache, meine unbekannte Sängerinn!" — »WaS «st Ihnen, mein Herr?" fragte seine Frau ängstlich. — »Nichts, me,n Engel, bei meiner Ehre.« __ Dann, indem er sich emem Offizier nähert,: „Herr Capirän,« sonchr er zu diesem mit zitternder Srimme, „würden S>e mir wohl den Namen die. ser Dame sagen können?« — „Die im rosenfarbe, nen Kle,de mit dem weißen Krepphute?» — „Oe. rave die!" — „Mein Herr," erwiederte der Cam» län dem bestürzten Fürsten, »nehmen Sie doch Ih" ren Hul ab, die Dame, die G»e betrachten, nennt sich Victoria, Königinn von England.« Verleger: Ignaz Alois Edler v. Kleinmayr.