3V. Jahrgang. Nr. 9 Zeitschrift für vaterländische Interessen. Erscheint jeden Dinstag und Freitag und kostet: Mit der Post: Für Laidach sammt Zustellung: Ganzjährig fi. 6— Ganzjährig fi. 5,— Halbjährig „3. — Halbjährig , 2.50 Einzelne Nummer 5 kr. Die Redaktion befindet sich am alten Markt Nr. 155, I. Stock. Die Administration in Ottokar Klerr's Buchhandlung Hauptplatz, Nr. 313. Insertionsgebühren: Für die Lipaltige Petit-Zeile oder deren Raum bei Imaliger Ginschaltuug ß kr., 2 Mal 8 kr., 3 Mal 1« fr. Stempel jede« Mal 3N kr. Inserate übernimmt Haasenstein N Vogler in Wien, Wolizeile 9 Hamburg, Berlin, Leipzig, Frankfurt a M., Basel. Geldsendungen sind zu richten an den Eigenthüme r des Blatte?. Manuskripte werden nicht zurückgesendet, anonyme Mittheilungen nicht berücksichtiget. Laibach, Dinstag am 30. November 1869. Die Bureaulratie in Kram, i. I n einer Zeit, wo selbst Blätter, deren Tendenz man für slaven­freundlich zu halten sicherlich nicht den geringsten Anhaltspunkt hat, es öffentlich aussprechen, daß der dalmatinische Aufstand lediglich nur das Resultat bureaukratifcher Mißwirtschaf t ist, dürfte es wohl nicht befremden, wenn wir auf das bureaukratische Leben und Wirken in Krai n einige Streiflichter werfen, theils um zu be­weisen, daß der Vureaukratismus nicht allein in slovenischen Landen, sondern in Oesterreich, ja in allen Ländern, die sich der Fortschritts» strömung angeschlossen, überhaupt ein nouLSn», ein Faktor ist, der Länder und Staaten vernichten kann. Daß der Vureaukratismus von der Zeitströmung längst über­holt ist, brauchen wir nicht erst zu beweisen; es genügt der Hinweis auf den Umstand, daß die Blätter, welche nicht durch Dispositions­fonde unte r dem Niveau des Fortschrittes gehalten werden und deßhalb als beachtenswerter, maßgebender Ausdruck der öffentlichen Meinung gelten, schon längst über denselben den Stab gebrochen haben, indem sie ihr Urtheil nicht etwa auf presönliche Rücksichten oder Parteiinteresfen, fondern auf Fakt« stützen. Die bureaukratische Maschine ist eben veraltet, oder wenn man will, völlig verdorben, sie thut ihren Dienst nicht mehr, sie ist in unserer Zeit ein Ding der Unmöglichkeit und wird mit der Zeit von selbst außer Gebrauch kommen und zwar je früher, desto besser für Oesterreich, für die Menschheit, denn der Begriff von Menschenwürde ist bei ihr in der Subordination, im blinden Gehorsam völlig untergegangen. Doch gehen wir speziell auf Krain über. Seit die österreichische Politik darin gipfelt, slavische und slovenische Länder zu germani­siren, konnte sie kein drastischeres, lächerliches Mittel wählen, als die Bureaulratie, welche zwar in dem Bestreben, ihre Aufgabe zu er­füllen, groß wurde, da es ihr gelang, auf einzelne Dorfmagnaten zu wirken, indem sie dieselben auszeichnete, wenn sie der Germani­sirungssucht zugänglich waren; im großen ganzen jedoch diente dieses Bestreben nur dazu, das Landvolk der Regierung zu entfremden, es mit Mißtrauen gegen dieselbe zu erfüllen, so daß die Saat voll­ständig verloren ging. Der Vorwurf zentralistischer, slavenfeindlicher Blätter, die öster­reichische Regierung habe eine große Unterlassungssünde begangen, indem sie es versäumte, die Slaven zu germanisiren, ist sicherlich ungerecht; sie hat alles gethan, um diesen Zweck zu erreichen, und wenn sie in ihren Bemühungen nicht reussirte, so waren andere hin­derliche Momente daran schuld; noch weniger kann dieser Vorwurf die Bureaulratie treffen, insoferne nämlich der Wille für die That genommen wird. Mißgriffe kommen eben überall vor, dieß beweist am deutlichsten Oesterreichs allerneueste Geschichte. Germanismus ist also mit Vureaukratismus wenigstens in allen slllvischen Ländern wie Krain eng verknüpft. Krain erhielt immer — Ausnahmen kennen wir fast nicht — Beamte, welche weder der Landessprache kundig waren, noch die Sitten und Gebräuche des Volkes kannten. Und diefen Beamten ging es in Krain gar nicht schlecht, denn trotz der verhältnismäßig geringen Besoldung und mit­unter zahlreichen Familie wurden sie buchstäblich fett in ihrem Amte; was Wunder, wenn diese Erscheinungen auf einzelne Individuen demoralisirend wirkten! Die Bezirksämter, die Notariatskanzleien u. f. w. waren Schulen für nationale Renegaten, die, wie wir an mehreren Persönlichkeiten nachweisen können, dabei sehr gut fuhren. Die verkommensten Indi ­viduen, welche aus irgend einer Schule fortgejagt worden waren, lenkten ihr gestrandetes Schiff in den Hafen irgend eine« k. k. Gerichtes oder Amtes, um dann neben dem Schreiberdienste ungestört das viel einträglichere Amt von Winkelschreibern zu betreiben, da ja jede Quittung deutsch geschrieben sein mußte. Wir brauchen auf diefe trüben Zeiten nicht zurückzugehen, sie sind gottlob ohne wesentlichen Nachtheil für die Nation vorübergegangen, doch spurlos nicht, es sind eben noch Ueberreste da, an denen die Konstruktion des ganzen einstigen Baues deutlich zu sehen ist. Und mit diesen Ruinen, welche vergeblich die alle Herrlichkeit zu repräsentiren und zu erhalten suchen, welche nur noch als Uebcr­bleibsel der einst mächtigen Zwingburgen furchtsamen Naturen durch die Erinnerung Schrecken einflößen, wollen wir uns beschäftigen. Die dalmatinische Insurrektion als eine slavische Frage. Wir lesen in der „Politik" über dieses Thema unter anderm: „Eine böse That war es, als das Wiener Ministerium, getragen von der parlamentarischen und Kanzleibureaukratie und verhimmelt von den Börscnspielern, die Bocchesen mit Waffengewalt zu der gouvernementalen Ansicht über die Unübertrefflichteit und Notwen­digkeit des ministeriellen Landwehrfystems zu bekehren beschlossen hatte. Fort und fort erzeugte diese That nur Böses. Das Nieder­brennen der Dörfer und Ortschaften, womit man die Insurgenten schrecken, und das Errichten von Galgen, womit man die Insurgenten einschüchtern wollte, hatte nur für die Insurrektion einen positiven Erfolg, indem die Anhänger derselben mehr denn je zum äußersten Widerstände gereizt und zur Vergeltungspolitit entflammt wurden. Millionen von Gulden sind bereits von den Folgen dieser bösen That verschlungen und noch immer ist der Rachen dieses Molochs bereit, weitere Millionen zu verschlucken. Tausende von Menschen­leben fielen bereits derselben bösen That zum Opfer, und doch scheint dieß erst der Anfang des Anfangs zu sein. All die Gräuel, welche uns das Lesen der Kriegsgeschichte vergangener Jahrhunderte an­schaulich macht, kann man heutzutage in dem aufgeklärten neunzehnten Jahrhundert in Wirklichkeit praktizirt und vielleicht leider noch über­ treffen sehen; die Geschichte dieses Aufstandes wird ein sprechendes Zeugniß von der Barbarei liefern, die nicht gegen die wilden Ka^ raiben oder Menschenfresser, sondern gegen einen flavischcn Stamm in Oesterreich beliebt wurde, der seiner Pflicht dem Staate gegen­über nicht untreu, sondern derselben wie bisher, aber in seiner Weise, treu bleiben wollte. Statt umzukehren auf der verderblichen abschüssigen Bahn, statt die Hand der Versöhnung und des Vergessen« auszustrecken, redet man sich immer wieder in eine größere Wuth hinein und opfert Geld und Leute dem Fantom der Autorität, oder, was noch schlimmer, der persönlichen und nationalen Leidenschaft. Anfangs hatte man es mit den Bewohnern einiger Ortschaften zu thun, die lieber in die Gebirge flüchteten, als das t. und k. zweifarbige Tuch anzuziehen. Als die Leute zum Unterhandeln kamen, fielen Schüsse, die nicht nothwendig waren, und die Insurrektion begann. Aus Rache wurden die Behausungen der Insurgenten niedergebrannt, aus Nache wurde gehängt, aus Rache wurden Oel- und Weinpflanzungen vernichtet und die sämnitliche Habe selbst ruhiger Ortschaften dem Verderben geweiht. Infolge dessen wuchs die Zahl der Insurgenten, wuchs ihre Macht, ihre Tapferkeit. Jetzt handelt es sich um die Eristenz, um die Vertheidigung des heimatlichen Bodens, der, wenn auch kahl und felsig, immer heimatlicher Boden bleibt, auf dem Vater und Mutter gclcbt und der ihnen streitig gemacht wird. Man verhöhnt die In« snrgenteu als Wilde, und doch ist die Liebe zu dem Vaterlande, das hochsinnige Gefühl der Achtung zu dem Boden der Eltern immerhin der grausamen Blasirtheit der Galgenzivilisation weithin vorzuziehen. I n der gewohnten Unkenntnis; über die Gefühle und die Macht der slavischen Welt glaubeu die Slavenfeinde in Wien, ihr türkischer Alliirlcr werde Montenegro paralysiren können. Mögen sie diesem Wahne nachhängen wie lange sie wollen, das Erwachen aus dem­selben wird für sie desto schrecklicher werden. Das Ueberziehen Montenegros von Oesierreich oder der Türkei mit Krieg ist die Losung für die slavischen Völker der Pforte, den orientalischen Brand anzufachen, und diesem ist auch die türkisch­österreichische Allianz nicht gewachsen. Oesierreich hat infolge der Fehler seiner Staatsmänner blutwenig Sympathien unter den slavi­schen Völkern des Ostens und dieß selbst dann, wenn es nicht alles gelhan hätte, um die Gunst der eigenen slavischen Völker zu ver­scherzen; an dem Tage aber, an welchem Oesterreichs Machthaber den unglückseligen Beschluß fassen sollten, das unabhängige slavische Montenegro anzugreifeu, an dem Tage erlifcht auch der letzte Funke der Sympathie jener Völker für Oesterreich, das man in gleiche Fluchlinie mit der Türkei stellen wird. Aus Italien und Deutschland hinausgeworfen, ohne Sympathie und Achtung bei den Großmächten, zerstört Oesterreich geradezu muthwillig das eigene Glück und bereitet 'ür sich im Osten das schon im Westen erlittene verdiente Schicksal. I n der eilften Stunde noch rufen wir den Verständigen zu, sie Feuilleton. Bekenntnisse eines Vagabunden. Novelle. Viertes Kapitel. In Polen. (Fortsetzung.) Der Garten stellte eine Art Park dar, die Natur war stellen­weise durch Kunst recht täuschend nachgemacht, namentlich erregte eine künstliche Grotte meine Aufmerksamkeit. „Diese Grotte", sagte mein Begleiter mit einer eigenthümlichen Betonung, „hat zwar das Aussehen einer natürlichen Höhlung, aber bei weitem nicht jene Festigkeit, welche wir bei der Natur finden. Dieß mußte einmal ein russischer Kommissär erfahren, dem ein vielleicht durch Einwirkung des Negens gelockertes Felsstück den Kopf zerschmetterte. Es ist in Polen, ich versichere Sie, oft ein unge­wöhnlich schlechtes Wetter, wobei gewöhnlich die Russen am schlech­testen wegkommen," Ich begriff den Sinn dieser Worte vollkommen, doch hatte ich keine Gelegenheit, vom jungen Polen — er hieß Miroslawsky — weitere Aufklärungen zu fordern, denn in diesem Momente erblickten wir Aurora, welche mit einer Gießkanne in der Hand dem nächsten Nasserbecken zueilte und als sie uns erblickte, stehen blieb. Ihre Augen waren auf mich gerichtet, ihre Wangen prangten in holder Röthe. Doch ich will mich kurz fassen, denn das Gefühl der eisten Liebe ist stets das ganz gleiche, mag auch die Art und Weise der Annäherung, die Innigkeit des Herzensbündnisses, der Ausgang und das Resultat verschieden sein. Ich liebte Aurora mit der ganzen Gluth eines Südländers, sie wußte diese Gluth durch eine tiefe Leidenschaft immer zu steigern, mögen die Unverständigen am Zaume halten, damit aus der süddal­maltinischen Insurrektion nicht eine slavische Frage werde. Sie ist es noch nicht, sie ist aber auf dem besten Wege dazu, und Oester­reich geräth dann in eine Falle, aus welcher es weder Goröakow, noch Bismarck, noch Napoleon wird retten wollen und können, und in welcher es nur den Trost genießen wird, sich in Gesellschaft mit dem Großtürten zu befinden, ein Bewußtsein, das weder zur Ehre noch zum Ruhme gereicht und das nicht einmal die Agonie des Staates zu verlängern vermag. Aus Dalnilltien. Aus Ragusa , 26. November, wird die Räumung der Forts Dragalj und Cerkuice seitens der österreichischen Truppen gemeldet. Ueber die Schlappe des Hauptquartiers berichtet man dem „Wand.": „Das Hauptquartier rückte, da man die Straße von Cerkvice bis zum Fort Dragalj als frei von den Insurgenten hielt, und links und rechts die Regimenter Maroiöiö, Erzherzog Albrecht und das neunte Iägerbataillon stationirt waren, gegen 3 Uhr Nach­mittags von Cerkvice nach Dragalj vor. Es war bloß von einer Abtheilung von ungefähr 12 Gensdarmcn gedeckt. Als der General Graf Auersperg mit dem ganzen Offiziersstabskorps an die Schlucht vor Dragalj kam, wurden sie zwischen Stopa und Gradovina plötz­lich von 60 Insurgenten überfallen. Da sie noch vor sich eine Pro­viantkolonne für das Fort Dragalj hatten, sielen die Insurgenten zuerst auf riefe, und eroberten sie auch. Die Proviantkolonne bestand aus 40 Tragthieren mit Treibern und Führern. Alle mußten, um das Leben zu retten, im raschen Laufe zurückeilen. Sie halten die ganze Bagage und die Kanzleirequisiten für das Hauptquartier mit sich; diese mußten sie, sowie die Kleider, Wäsche, und einige auch die Mäntel den Insurgenten überlassen. Die Insurgenten kümmerten sich bloß um die Proviantkolonne und die Offiziersbagage, und nach­dem sie das ganze Hauptquartier in die Flucht gejagt, feuerten sie demselben nicht einmal einen Schuß nach, sondern ließen es laufen." Die militärischen Operationen gegen die Aufständischen sollen bis zum Frühjahr sistirt werden. Ma n begnügt sich mit der Ver­folgung der Insurgenten mit dem — Perspektiv. Ueber die Zustände im Kreise Cattaro spricht sich der „N . fr. Lloyd" folgendermaßen aus: An der Niederlage der k. k. Armee bei Magenta und Solferino waren die gezogenen Kanonen und die kurz, es gab Stunden, wo wir in trauter Einsamkeit des Gartens Brust an Brust die ganze Glückseligkeit genossen, die eine reine, ungetrübte Liebe bieten kann. Aurora's Augen erglüheten immer in unauslöschlichem Hasse, wenn man auf Nußland zu sprechen kam. I n einem feierlichen Momente hatte ich ans meine Liebe den Russen ebenfalls ewigen Haß schwören müssen. — Der Gutsbesitzer und seine Frau behandelten mich und Paw­lowsly bald als Familienglieder, der junge Miroslawsky schloß sich unserm Bnnde an und ich wurde sammt meinem Freunde in einen Klub aufgenommen, der sich monatlich zweimal in einem abgelegenen Iagdhaufe zu versammeln pflegte. Die Verhandlungen, welche hier gepflogen, die Reden, die gehalten wurden, weihten mich alsbald in den geheimen Zweck dieser Versammlung ein; es war eine Versamm­lung von Agitatoren für den polnischen Aufstand, der gastfreundliche Gutsbesitzer deren Obmann. Ich hatte keine Idee von der staatsgefährlichen Tendenz des Klubs, ich hielt anfangs auch die Vorsichtsmaßregeln, die getroffen wurden, um uns vor Entdeckung zu schützen, in dieser Einsamkeit für überflüssig, ja sogar für übertrieben, denn weit und breit stand keine menschliche Wohnung, das Jagdhaus war durch seine Lage jedem Späherauge vollständig entrückt. Unterdessen wurden die Früchte der „Agitation", wie russische Journale die Bemühungen der polnischen Anführer, den Aufstand zu organisiren, nannten, immer reifer, hie und da hatte die Lohe in einzelnen Widersetzlichkeiten gegen russische Beamten bereits empor­ geschlagen. Russische Pikets durchstreiften die Gegenden und uns wurde einigemale der Besuch solcher Streifschaaren zu Theil, doch zogen sie alsbald wieder ab, ohne verdächtiges entdeckt zu haben. Ich muß gestehen, daß die feurigsten Reden in den geheimen Versammlungen mich nicht zu jener Begeisterung entflammen konnten, welche Pawlowsky und selbst Aurora beseelte, daß vielmehr die letz­franko-sardinische Übermacht schuld; den Denkzettel an Sadowa brachten ihr die vertrackten Hinterlader bei; in Dalmatien nun hat die Armee gezogene Kanonen und Hinlerlader und auch die lieber­macht ist auf ihrer Seite — das Resultat aber ist schier das näm­liche, wie in Italien und Böhmen. Es müssen also auch hier unge­wöhnliche Ursachen vorwalten, und die Weisen und Schriftgelehrten der zisleithanischen Negierung haben sie auch glücklich erforscht. I n strategischer Hinsicht sind es die ungeschlachten Gebirgsmassen, an welchen die Tapferkeit der Soldaten und die Geschicklichkeit der Führer so kläglich scheitern; in politischer Hinsicht aber ist es die bekannte Knickerei der Delegationen, welche die Entfaltung einer entsprechenden Heeresmach! verhindert und somit der Insurrektion Vorschub leistet. — Unterdessen aber nehmen die Dinge in Dalmatien einen stets traurigeren Verlauf. Es wüthet daselbst ein mörderischer Kampf, eine wahre Hetzjagd, in welcher Wild und Jäger verbluten. Die „Schlach­ten", die dort geliefert werden, sind in Wahrheit eher „Schläch­tereien" zu nennen. Ma n kennt keine Schonung und selbst jene zwei­felhafte Menschlichkeit, welche in „ordentlichen" Kriegen geübt wird, scheint verbannt zu sein. Die friedlichen Hütten, von der männlichen Bevölkerung verlassen, welchen durch die unselige Bureaukratenwirth­schaft die Mordwaffe in die Hand gedrückt wurde, bieten den Wei­bern und Kindern kein Asyl; ganze Dörfer gehen in Flammen auf — ein Autodafe zur Verherrlichung der freiheitlichen Aera Oester­reichs. Und um diese Schrecknisse womöglich zu erhöhen, waltet die Militärjustiz ihres entsetzlichen Amtes. Das nennt man in Öster­reich — Pazifiziren. Daß solche Pazifikationsmittel unmöglich ver­fangen können, leuchtet wohl jedermann ein; nur die österreichischen Mandarinen schütteln darob verwundert die Köpfe und die Zöpfe und können es nimmer begreifen, wie es zugeht, daß der Aufstand an der einen Stelle unterdrückt, an der andern desto gewaltiger zum Ausbruch kommt. Es muß also eine größere Militärmacht entfaltet werden, damit ganz Dalmatien ein großes Kriegslager sei, die Energie muß verschärft werden, damit der Schreck wirke, wo Kanonen und Bajonette nichts ausrichten — ganz die alte Weisheit der alten Schule, in welcher die Haynau's großgezogen wurden. Und es werden stets neue Regimenter, stets frische Streitkräfte auf den Kriegsschau­platz beordert, um sich stets neue und frische Niederlagen zu holen; und die Gräuel des Krieges werden potenzirt, um die Bevölkerung nur noch mehr zu erbittern und sie vollends der Verzweiflung in die Arme zu treiben. — Wer hat nun mehr Anspruch auf unsere Teil ­nahme, auf unser Mitleid? Die Soldaten, die in den Tod gehen, tere das einzige war, was mich in Polen zurückhielt, wo ich zu völliger Unthätigkeit verdammt war. Die russischen Uniformen flößten mir durchaus nicht jenen Haß ein, den die übrigen Bewohner des Schlosses kaum zu verbergen sich bemüheten. Da sollte sich eines Tages etwas ereignen, das auch mich zum äußersten trieb und wo» durch ich gezwungen wurde, mit den Polen gemeinsame Sache zu machen. Wie bekannt, hatte Pawlowsky eine große Menge falscher Ru­belscheine nach Polen importirt, von deren Verwendung ich späterhin nichts erfuhr. So oft ich mich deßhalb an Pawlowsky wandte, sagte er eigenthllmlich lächelnd: „Die haben ihre Mission angetreten, die Erfolge müssen sich binnen kurzem zeigen." Eines Nachmittags kehrte ich von einem Iagdausfluge zurück und war nicht wenig überrascht, das Schloß mit russischen Jägern besetzt zu finden, deren Kommandant, sobald ich eingetreten war, erklärte, daß zwar der Eintritt niemandem verwehrt, der Ausgang jedoch vorläufig keinem gestattet sei. I m Innern des Schlosses nahmen russische Zoll- und andere Beamte eine genaue Untersuchung vor. Auf meine Frage über die Veranlassung dieser ungewöhnlichen Maßregel erfuhr ich, daß man nach falschen Kassascheiuen fahnde, deren Fabrik, wie die Nachforschungen erwiesen, in diesem Hause sein müsse. Ich fand den jungen Miroslawsky mit Aurora und Pawlowsky in höchster Aufregung und nur der Alte konnte sie von Thatlichkeiten zurückhalten, welcher mit Pathos rief: „Wahrlich, daß ist das letztem«!, daß wir uns diese Schmach gefallen lassen müssen. Heute ist die Zeit noch nicht da, aber sie bricht heran. Verbergt einstweilen euren Grimm, damit er durch die Fesseln größere Spannkraft erlange und, wenn losgelassen, desto fürchterlicher wüthe." (Forts, folgt.) oder — was schlimmer als der Tod — zu Krüppeln geschossen wer­den für eine Sache, die sie nichts angeht; oder die Bevölkerung Dlllinatiens, die von Haus und Hof vertrieben, flüchtig wie ein ge­hetztes Wild auf kahlen Bergen und in Wäldern umherirrt und gegen den Tod in hunderterlei Gestalten kämpft, um schließlich, wenn einst — wissen die Götter wann — Frieden gemacht wird, ihre Wohn­städten niedergebrannt, ihre Felder verwüstet wiederzufinden? Ma n sage nicht, daß wir mit Rembrandt'schen Farben gemalt, daß unsere Schilderung übertrieben sei. Die Details einer solchen Kriegführung — wie in Ungarn, haben es erfahren, wie grauenhaft sie sind, wie unendlich viel Leid und Weh sie über eine ganze Generalion ge­bracht. — Und fragen wir aber: „Warum mußte so Schreckliches geschehen?" — was für Antwort kann man darauf erthcilen? War das Blutvergießen denn wirklich unvermeidlich? War etwa eine staatsgefahrliche Idee die Triebfeder des Ausstände«, streben etwa die Morlaken die Losreißung von der Monarchie an? Wer kann guten Gewissens darauf mit „Ja" antworten? Wer namentlich im zisleithanischen Regiernngslager hat überhaupt ein ungetrübtes Ur° theil über den Charakter der dalmatinischen Bewegung? Nein, keine staatsgefahrliche Idee und kein Losreißnngsgelüste kaim die Herrschaft gewonnen haben über den schlichten Sinn dieses halbzivilisirten Stam­mes, dessen Gesichtskreis von seinen heimatlichen Bergen begrenzt ist, dessen ganzes Dichten und Trachten um ein erträgliches mate­rielles Wohlbefinden sich dreht, und dessen ganze politische Aspiration in dem Verlangen nach Schonung seiner nationalen Eigenart gipfelt. — Ma n zerstöre ihm diesen bescheidenen Zirkel nicht und er wird nie aus demselben sich hinausbewegen, und am allerwenigsten wird er auf den tollen Einfall gerathen, die Monarchie aus den Angeln heben zu wollen. Allein die Wiener Bureaukraten verstehen es vortrefflich, eine friedliche Bevölkerung aus ihrer Ruhe aufzu­scheuchen, sie zu Schritten der Verzweiflung zu treiben und das Uebel dann nach Eifenbart'scher Manier zu kuriren. So lange sich die Unzufriedenheit bloß in Klagen und Beschwerden äußerte, hatte man nur taube Ohren dafür, und als sie sich in verzweifelten Thalen Luft machte, da fetzte man ihr Kanonen und Galge n entgegen, niemandem aber kam es in den Sinn, den Weg friedlicher Vcrstän­digung einzuschlagen. Freilich, die österreichische Großmacht darf nicht vor der erstbesten Nationalität lapituliren; sie muß die Dinge auf's äußerste treiben, damit — das Fiasko ein vollständiges sei. — Wie die Sachen heute stehen, ist wenig Hoffnung vorhanden, daß der Aufstand durch militärische Macht in kurzer Zeit bewältiget werden wird, man darf aber nicht warten, bis die Flammen über die Grenzen der Monarchie hinausschlagen und — die orientalische Frage in Fluß bringen. Mi t den Waffen richtet man nichts aus, das ist nun klar; wohlan, so mache man Frieden auf friedliche m Wege, so versuche man denn in Wahrheit das Land zu pazifiziren. Die blutige Fehde muß eingestellt werden, je früher je besser, und man wird auf dem Wege der Unterhandlungen das Ziel sicher erreichen, welches immer unnahbarer wird, je höher die Leichenhaufen und die Trümmer eingeäscherter Ortschaften sich thürmen. Und die Repu­tation der Monarchie wird durch einen, auf solche Weise zu Stande gekommenen Frieden weniger leiden, als wenn neue militärische Ope­rationen fehlschlagen. Tagesneuigkeiten. Lllilillch, 30. November. — (Di e öitalnica ) gibt künftigen Sonntag eine „Beseda", wobei unter Mitwirkung des dramatischen Vereines die Posse „8ur­vu8 ketslillöell " zur Aufführung kommt. Ausführlicheres über diefe „Beseda" nächstens. — (Generalprobe.) Vergangenen Sonntag hielt die Ka­pelle des hiesigen k. k. Regiments Graf Huy n eine Generalprobe im Nedoutensaale, zu welcher die meisten hiesigen Vereine, darunter der dramatische und die Üitalnica eingeladen waren. Der Saal war gut gefüllt, die vorgetragenen Piecen befriedigten allgemein, wenn schon Blechharmonie in einem geschlossenen Raum selbst in der Größe des Redoutensaales sich nicht besonders gut anhören läßt. — (?arturiuut moute» eto.) Nach den neuesten Tele­grammen ist die viel mißbrauchte, stark ausgebeutete und von Dich­tern von Schauerromanen nach allen Richtungen hin bearbeitete und ausgenützte Ubryk-Affair e dadurch beendet, daß das Landesgericht die Untersuchung einstellte. So ist denn, da die Staatsanwaltschaft auf den Rckkurs verzichtete, die Untersuchung ohne Schlußverhandlung abgebrochen und das ihr vorangegangene Geschrei in den „liberalen" Verstorbene. Blättern ein blinder Lärm. Hier hat der kreißende Berg nicht ein­mal eine Maus geboren, — (Gemäß einer k. Entschließung) sollen, wie der „Zut." aus Laibach berichtet wird, die Religionsfonds-Domänen, welche bekanntlich aus den zur Zeit Josef II . eingezogenen Kloster­gütern bestehen und bisher von der Finanzbehörde des betreffenden Kronlandes verwaltet wurden, in Kürze in die Verwaltung der po­litischen Behörden übergehen. Krain hat zwei solche Domänen: Sittich und Landstraß, ehemals Zisterzienserstifte, gegründet 1135 und 1234. — (Napoleon im Straßenausschuß.) Aus Görz belichtet man folgendes Kuriosuni: Villa Vizentina bei Görz ist eine Besitzung des Sohnes Napoleon III. , der sie von einer Schwester Napoleon I. erbte. Napoleons Sohn ist nun als Besitzer der Villa Vizentina der Höchstbesteuerte des Bezirkes und gehörte demnach in den Bezirksstraßenausschuß; aber der Landeöausschuß negirle das mit der Motivirung, daß der Prinz (von seinem Vater vertreten), weil nicht österreichischer Staatsbürger, nicht im Straßenbau-Komits sitzen tonnte. Dagegen returrirte Napoleon an das Ministerium. Eingesendet. Au die Adresse des Hrn. H. Ritt. v. Pergcr, k. t. Ober­realschullchrcrs in Laibach. Ihre Schüler erzählten uns, daß Sie in die Vorträge über Chemie Sätze, als da sind: „Es kann niemand beweisen, daß Gott die Welt erschaffen habe — Die Welt hat sich selbst gebildet eben so, wie sich noch gegenwärtig immer neue Welten bilden" — ein­zusiechten belieben. Sollte das wahr sein, so fordern wir Sie hiemit auf: 1. Die obzitirten Aussprüche uns zu beweisen, 2. darzuthun, mit welchem Rechte Sie den Glauben, der den zarten Kinderherzen über die Schöpfung Gottes eingepflanzt wurde, zu untergraben sich erkühnen. Mehrere Eltern und Qnartiergeber Ihrer Schüler. Den 19. November. Barbara Kachnc, Taglöhnersweib, alt 59 Jahre, im Zivilsvital, «n der allgemeinen Wassersucht. — Herr Baltasar Oblasser' Buchhalter, alt 46 Jahre, in der St. Petersvorstadt Nr. 139, »n der Tu­berkulose, — Agnes Norman, Krämerswitwe, alt 80 Jahre, in der Krakau­vorstadt Nr. 7t, an der Lungenlähmuug. Den 20. November. Dem Franz Osmek, Hausbesitzer, sein Kind Aloifia, alt IV, Jahre, im Hühnerdorfe Nr. 41, an der brandigen Halsbräune. Den 21. November. Georg 8me, Hübler, al. 53 Jahre, im Zivilspital, am Wundstarrkrämpfe. — Dem Herrn Jakob Kobenz, Maschinfiihrer, seine Tochter Iva, alt ö'/, Jahr und 14 Tage, in der St. Petersuorstadt Nr. 11, an der Tuberkulose. Den 22. November. Johann Kalan, Kaischlerssohn, alt 12 Jahre, im Zivilsvital, an Erschöpfung der Kräfte. — Maria Röthel, Inwohnersgattin, alt 49 Jahre, im Zivilspital, an Entartung der Unterleibsorgane. Den 23. November. Anlonia Peüdir, Inwohnerin, alt 56 Jahre, im Zivilsvital, am Typhus. — Thomas Norman, deutschen Oroens-Pfründnel, alt 63 Jahre, an der Lungcnlähmung. Den 24. November. Franziska Pol, alt 24 Jahre, Tochter des Herrn Josef Pol, lürgerl. Hutmachermeisters, Haus- und Realitätenbesitzers, in der Stadt Nr. 162, an der Lungentuberkulose. — Maria Ov^jaf, Inwohners­witwe, alt 50 Jahre, im Zivilspital, rm der Lungenlähmung. Den 25. November. Johann Peterza, Halbhübler, alt 52 Jahre, im Zi­vilfpitol, am Lungenodem. — Maria Lutek, Hausbefitzerswitwe, alt ü? Jahre, in der Tirnauvorstadt Nr. «6, an der Lungcnlähmung. Den 26. November. Dem Johann Iamnik, Sattler, sein Kind weibli­chen Geschlechte«, »lt 1 Minute, nothgetauft, in der Stadt Nr. 119, in Folge schwerer Geburt. — Der Frau Amalia Hauptmann, Hausmeisterswitwe, ihr Sohn Wilhelm, »lt 11 Jahre und 7 Monate, im Kinterspital Nr. 67, am akuten Lungenödem. Gänzlicher Ausverkauf. Goldrahmen-Spiegel mit 13, 15 st., auch feine 109—1 . Große Auswahl in Xin Herfiel-, ^lauterie-, KI»8» ck?l>rx«IIan ->Vaaren> empfiehlt zu billigen Preisen H,. ^ViläUSl . Vi6 SI'StS KininiäliO I^6ic;Il6!ld68ta.ttN!1A8­lind ^nidalii'niiAZ-Anstalt in I^idaoli Kesnrt »ick hiermit 2ur örlLutlionsn ^euntni38 2U nrinzeu, äa88 äieäelde äie 8e8UIßUUß 2llei 2Ul Ü28 I.eiellellve8eu beiüßlietleu I.ei8tullßell üdei-nimint, unä s^ar: 200, init ^utd»l»rnnK