Das Herrenrecht. Komische Volksoper in 3 Akten von M. ZUNKOVIC. Musik von KARL MOOR. KREMSIER 1914. Selbstverlag der Rutoren, — Druck von H, Slovak in Kremsier. Alle Autorrechte Vorbehalten. lOfOTö a°°r/t<Ä Xtvir.^y/: 3> *T£3 %*y. nfjjjj. Personen : Der Graf. Die Gräfin. Der Amtmann, Der Theriakmann. Der Kellermeister. Der Dorfälteste.; Der junge Bräutigam. Der Schneider. Ein alter Bauer. Ein junger Bauer. Ein Bursche. Führer der Bauerndeputation. Der Wirt. Bräute, Rostj junge Mädchen. Bauern, Burschen, Dirnen, Kinder, Reisige, Jäger und Kriegsknechte; die Zofe, der Turmwächter. Ort der Handlung: Das Gailtal in Kärnten. Zeit der Handlung: Unj das Jahr 1700. Grete | Kathi \ I. Akt. (Dorfplatz. Rechts das Gemeindegasthaus mit einem Steinbogenvorbau; im ersten Stockwerke ein hölzerner Balkon. Links ein einstöckiges Bauernhaus mit einem Erkerfenster, I.iesls Wohnung; sonst ebenerdige Wohnhäuser. In der Mitte des Platzes ein vergitterter Wellenradbrunnen; daneben die Statue des hl. Florian. Im Hintergründe eine, auf einer hohen Felskuppe gelegene alte Burg. — Mondhelle Nacht; es ist etwa zwei Uhr morgens; Liesls Kammerfenster ist noch beleuchtet. Beim Auf gehen des Vorhanges ziehen die Burschen vom Fen-sterln eben singend heim.) 1. Szene- Chor der Burschen (nicht sichtbar, in der Ferne vet-klingend): Dirndl, hör’! Der Morgen graut, Schließe schnell das Fenster zu; Küsse nicht mehr, wenn es taut, Gönn' dir kurze Frist der Ruh! — Abends kommt die Lieb zurück, Steigt der treue Mond herauf, Machst du unsrem stillen Glück Wieder frisch das Fenster auf! Dirndl hör', Schließ das Fenster zu, Küss’ nicht mehr, Gönn' dir kurze Ruh! 2. Szene. (Graf und Amtmann treten indessen aus einer Gasse heraus.) Amtmann: Endlich zieht die Bande heim! Hier ist das Haus, tretet nur ein! Grai: Bedenk’ er doch, ich habe eine Braut! Amtmann (mit abwehrender Geste): \ . Ach, denkt jetzt nicht an die Braut! Glaubt mir, die Eh' kommt stets zu früh, Drum erst die Lust und dann die Müh'! Hier ist das Haus, tretet nur ein, Die Dirn ist wach, wär' gern zu zwein! Graf: Ich kenne wohl das Herrenrecht; Es ist ein Usus schlecht und recht. Amtmann: O tut doch nicht so tugendhaft, Als ob ihr ständig so gedacht, Denn wo Genuß und Liebe frei, Da wußt ich doch euch stets dabei! Herr Graf, nun tretet ein, Es soll euch nicht gereun! Graf; Mich dünkt es feig ein Wild zu jagen, Das längst für mich gefangen war; Bist Junggesell, magst du es wagen, Vorbei ist Burschenfaustgefahr! Amtmann: Ihr meinen Eifer arg verkennt, Der nur nach eurem Danke brennt! — Nach mir verlangt die Dirne nicht, Nur gräflich sie der Hafer sticht. Und wie der schönen Liesl, seht, Es allen Mädchen hier ergeht. Wollt ihr ein Kostverächter sein? Hier ist die Kammer, tretet ein! Graf: Ich lasse gern das Vorrecht dir, Und bleib zu deinem Schutze hier, Amtmann: Herr Graf, erlaubt, das paßt sich nicht, Das Recht ist euer, meines nicht! (Er beginnt nun auf seiner mitgebrachten Laute zu klimpern, indes sich der Graf hinter der Erkernische deckt. Singt): Aus dem Wälschland kam ein Sänger Einst in unsre schöne Mark; War ein rechter Mädchenfänger, In der Liebe kühn und stark. Wo er Rast und Ruh genoß, Geld in seine Taschen floß. Zog aus einem Dorf er fort, Blieb nicht eine Jungfrau dort. — Dieser Sänger hat natürlich Weit es in der Welt gebracht; Wurde Lehnsherr, wie gebührlich, Lebte frei in üppger Pracht. Alternd wollte Dirn und Weib Nicht mehr dienen seinem Leib, Da ersann er schlau ein Recht, Hielt sich dienstbar das Geschlecht. Jeder Untertan Mußte ihm fortan, Nahm er sich ein Weib Erst zum Zeitvertreib Bringen sie ins Schloß, Eh' er Lieb' genoß, Denn die erste Nacht War doch zugedacht Immerdar dem Gutsherrn nur, Bei sonstiger Tortur. — Es ist seither im Land Als »Herrenrecht« bekannt! 3. Szene. Chor der Burschen (dumpf, noch unsichtbar): Herbei, herbei! Den Sänger . . . dort! Faßt ihn rasch und still! (Kaum hat der Amtmann die Ballade beendet, stürmen schon die Burschen auf ihn los.) Ei, ei, ei seht, Zur Liesl es geht! Nicht zaudert lang, Glückauf zum Fang! (Ein Bursche faßt den Amtmann.) Bursche: Holla, du Wicht, Zeig her dein Gesicht! Amtmann: Zum Teufel, du Tölpel, Laß los auf der Stell'! Burschenchor (durcheinander): Der Amtmann, der Amtmann! Auf, gerbt ihm das Fell! (Der Amtmann schlägt ihn mit seiner Laute auf den Kopf, daß die Splitter fliegen, und wehrt die Schlage nach allen Seiten ab.) Amtmann (zugleich mit dem Burschenchor): Die Ehre dem, dem Ehr gebührt; Den Kopf verliert, wer mich berührt! Für jeden Hieb, den jetzt ihr tut, Zahlt ihr noch heut’ mit eurem Blut! Chor der Burschen (zugleich mit dem Amtmanne): Den Marder, den wir aufgespürt, Die Ehre wird, die ihm gebührt: Als Bauernbraten ist er gut, Wenn mürb' das Fleisch und dick das Blut! (Die Burschen bilden eine Gasse und stoßen den Amtmann von einem zum andern, bis er erschöpft zusammenbricht.) Der Liesl, die euch hergenarrt, Sagt Dank für diese Liebesfahrt! (Der Zwischenvorhang fällt.) Varu>ai\dlung. (Ortsgasse, vor der Wohnung des Dorfältesten und nächst des Gemeindegasthauses. Im Hintergründe ist eine Höhe mit dem Galgen sichtbar. Sonnenschein. — Ein Bauerntrupp des Nachbardorfes erscheint und bleibt vor der Wohnung des Gemeindevorstehers mit dem gefesselten Theriakmann in der Mitte stehen. Der Scherge trommelt einen Trauermarsch, wie er beim Gange zur Richtstätte üblich war. Volk läuft von allen Seiten zusammen.) 4, Szene. Chorführer (zum Dorfältesten, der eben aus dem Hause tritt): Liebe Nachbarn! Ehre, Recht und Pflicht Heischt ein hochnotpeinliches Gericht! Dieser Galgenvogel, der schon lange Zauber übt mit seiner Salbenkunst, Und um Geld und Weib uns machte bange, Ward nun unser durch des Zufalls Gunst. Doch als jüngst wir einen Fettwams hingen, Unser morsches Rüstzeug ging kaput; Borgt uns heut den Galgen, um die Sünden Abzutun an diesem Tunichtgut! Dankbar sind zu jeder Zeit Wir zum Gegendienst bereit! Chor: Dankbar sind zu jeder Zeit Sie zum Gegendienst bereit. — (Die Dorfbewohner werden über diese Zumutung sehr aufgebracht, und nehmen der Deputation gegenüber eine drohende Stellung an.) Der Dorfälteste: Liebe Nachbarn! Euer groß Malheur Mit dem Galgen rührt uns wirklich sehr. Doch det Bitte gnädig zu willfahren Sind wir leider in der Lage nicht, Denn es gilt seit vielen hundert Jahren Ehrgeiz als des Dorfes höchste Pflicht. Unser Galgen ist für uns allein Aufgerichtet und für unsre Kinder; Muß für uns stets reingehalten sein, Baumeln darf auf ihm kein fremder Sünder! Unsres Dorfes höchster Stolz Dangt an unsrem Galgenholz1 Chor: Unsres Dorfes usw. Ein alter Bauer (spricht): Wa—as, das einzige Recht, das uns der Gutsherr noch nicht genommen, soll nun auch zum Teufel gehen! — Der Galgen ist für uns allein; wir lassen ihn durch niemand Fremden besudeln! Nicht wahr? Alle: Nein, nein! — So eine Zumutung! Der junge Bauer: Das ist eine Beleidigung, eine Gemeinheit! Gebt dem Hallunken einen Groschen und er soll sich hängen lassen, wo es ihm behagt! — Auf unserem Galgen wollen doch wir hängen! — Jagen wir sie doch zum Dorfe hinaus! — Alle: Hinaus, hinaus! — So eine Frechheit! (Die fremden Bauern werden nun ungestüm durch die Ortsgasse hinausgedrängt. Die Liesl benützt diese Verwirrung und bindet dem Theriakmann die Hände frei. Auf der Bühne bleibt zum Schlüsse nur die Liesl und der Theriakmann, dann der Wirt, der sich jedoch bei seinen Tischen zu schaffen macht.) Theriakmann (ZUr Liesl): Hast die Hände mir befreit, Schönen Dank, vielholde Maid! Glücklich ist zu jeder Frist, Wer nicht lange Schuldner ist. (Er küßt sie rasch, schwenkt seine Kappe und geht dann eiligst in entgegengesetzter Richtung ab. Man hört in der Ferne noch seinen Gesang): Zwischen Galgen, Kuß und Glück Launisch herrscht der Augenblick. Glücklich ist zu jeder Frist, Wer die Freiheit froh genießt. — Wirt: Gott sei Dank, die kriegtens tüchtig; Ja, unsre Burschen haben Schwung! (Will den Becher an den Mund führen, findet ihn abei leet.) Liesl (lachend ins Haus ab): Ha, ha, ha! — Wirt: Tut mir wer 'nen Schaber an, Hat die Hexe Freude dran; ln jeder Nacht brennt sie das Licht, Das scheint mir rechte Tugend nicht! Da geht was vor, nimm dich in acht, Denn Reu und Leid kommt über Nacht. Wirst tragen bald den Kranz von Stroh Am Pranger coram publico! — 5. Szene. (Aus den Häusern kommen Mädchen, darunter auch die Liesl, mit Blumengewinden und Leitern, um das Gasthaus zu schmük-ken. Die Liesl stellt die Leiter vor dem Torbogen auf und bringt dort Guirlanden an. Bei dieser Arbeit singen die Mädchen folgendes Volkslied): Liesl: Mutter fraget, Mutter forschet, Wo ich gestern weilte: Tanzen tat ich, tanzen tat ich Auf dem Hochzeitsfeste. Chor: Hai, hoi, tanzen tat ich usw. Liesl: Mutter fraget, Mutter forschet, Was ich morgen mache: liegen werd' ich, Kinder wiegen Nach dem Hochzeitsfeste. Chor: Hai, hoi, wiegen werd' ich usw. (Inzwischen kehren die Bauern zurück, kündigen überall den nahenden Hochzeitszug an und besetzen die Wirtshaustische. Aus den Häusern sehen Neugierige; Weiber mit Kindern am Arme stehen vor den Haustoren. Auch der Wirt erscheint wieder. — Nun trifft der Hochzeitszug ein: vorne der Hochzeitsführer zu Pferde; diesem folgt die Dorfmusik. Hierauf langt ein Wagen mit einem älteren Brautpaare an; eine häßliche, vierschrötige Braut und ein mageres Männlein (Schneider und Kathi) steigen vom Leiterwagen. Sie werden unter Gelächter und verschiedenen Bemerkungen beglückwünscht. Dem Brauche gemäß folgt dann ein Wagen mit verschiedenem Hausrate, wie: Bett, Spind, Spinnrocken, Federbetten, Wiege u. drgl. beladen. Diesem folgt ein junges, hübsches Brautpaar mit gleicher Ausstattung zu Wagen. Hochzeitsgäste beschließen den Zug. — Alles setzt sich zu den Tischen; die Musikanten haben sich im Hintergründe auf einem Podium gruppiert. — Der Wirt begrüßt alle; Kellnerinnen stellen Weinkrüge auf den Tisch. Die Brautleute nehmen Ehrenplätze ein. — Junge Mädchen und Burschen kommen nun mit Blumen und bringen Grüße in Gstanzlform.) 6, Szene. Chor der Mädchen und Burschen: Da eure Lieb uns worden kund, So wünschen wir euch zu der Stund, Daß euch es immer wohlergeh: Die treue Lieb in langer Eh'! —- Chor der Bäurinnen und Bauern (einfallend): Es steht geschrieben; Gottes Wort Ist aller Menschen Schirm und Hort; Sein Segen zieh in euer Dach, Dann schadet euch kein Ungemach. — Liesl und ein junger Bursche (treten vor. Duettp Froher Tag löst frohe Zung' Lind dieweil wir frisch und jung Bringen wir nach Art und Stand Euch ein Lied als Gruß und Pfand. (Zu dem jungen Brautpaare gewendet). Ein Bursche: Kirschenblütezeit Macht das Herz erglühn; Wer in ihr gefreit Sieht das Glück erblühn. Liesl: Sprach das erste Wort Liebe dem Verein, Wird sie fort und fort Euch zur Seite sein. — Beide: Harret treu und fest Aus in Sorg' und Leid, Gott stets folgen läßt Kirschenblütezeit! — Chor: Harret treu und fest usw. (Das junge Paar dankt den beiden, worauf sie an das ältere Paar treten.) Beide: Auch euch, Herr Meister, grüßen wir; Seid nun mit eurer Liebsten hier. Habt stets genäht und stets getrennt, Lrnd euch am Ende doch verbrennt! Ein Bursche: Im Dorfe war an Schneidern Not, Als euch der Storch gebracht hieher, Da folgt die Mutter dem Gebot Und gab das Bürschchen in die Lehr*. Liesl: Vom Bügeln ward der Rücken krumm, Das Aug' verlor der Jugend Kraft, Das arme Herz vor Arbeit stumm, Hatt' keinen Sinn für Leidenschaft. Beide: Und dennoch kam ins Kämmerlein Die Lieb' zu später Stund herein; Es führe euer Eheglück Verstand zum schönen, stillen Sieg! — Chor: Und dennoch kam usw. (Das Brautpaar dankt und fühlt sich hochgeehrt. Da tritt der Bursche nochmals vor und singt): Ein Bursche: Zu Wein und Bräutekranz Gehörn Musik und Tanz Und lustige Leut', Denn heute ist heut'! — (Jauchzer, in den die Burschen einfallen. — Die Musik spielt zum Tanze auf; die jüngeren Leute gruppieren sich dazu. Die Brautpaare tanzen zuerst.) Einer: Seht den Schneider, wie er hupft . . . Eine: Wie sein Weib das Röckel lupft! Burschen: Männchen, halt dich doch zurück . . . Dirnen: Daß dich nicht dein Weib erdrückt! (Die alte Braut schwankt; sie wird gestützt und auf den Platz geführt, Gelächter und Pantomime. Mitten im Reigen schreien die Kinder auf; der Tanz stockt; alles sieht nach rückwärts.) Mehrere: Der Amtmann, der Amtmann! Ein Bursche: Er kündigt wohl den Grafen an! Mehrere: * Doch bringt er auch paar Knechte mit! — Ein Bursche: Das ist bei ihm einmal so Sitt'! — 7, Szene. Amtmann (betritt die Bühne mit einer Pergamentrolle. Die Knechte umstellen ihn, ihre Hellebarden aufpflanzend.) Im Namen des Grafen, eures Herrn, Gebiete ich Ruh’ und Gehör! Es trete vor zu dieser Stund, Wer heute schloß den Ehebund! (Die beiden Brautpaare treten vor; das ältere zuerst, sich geradezu hervordrängend, dann zögernd das jüngere.) Schneider: Euer Gnaden aufzuwarten-Nenn' mich Nazi Rebenbach; Schneider bin ich; sie heißt Kathi; Keiner sagt uns böses nach. Amtmann: Saurer Apfel — solche Braut, Gnade Gott, wer sie verdaut! — Und ihr? (zum jüngeren Paare): Näher, näher, daß ich sehe, Ob ihr auch schon reif zur Ehe! (Hebt das Kinn der Braut.) Der junge Bräutigam: Bin des I odners einz'ger Sohn; Meine Braut, die Fischer Grete, Liebe ich seit langem schon; 'Wüßt' nicht, wer uns Böses täte! Amtmann: Fürwahr, das muß ich ehrlich sagen: Deine Wahl behaget mir; Solcher Schönheit Blüten tragen Wahrlich wenig Bäume hier. — Cher: Solcher Schönheit Blüten usw. Amtmann: Vernehmt nun Bauer, Dirn und Knecht, Was mir befohlen ward zu Recht! (Entfaltet die Rolle und liest): »Seit mein Geschlecht allhier regieret, Vererbt vom Vater auf den Sohn, Ein Recht, bisher nicht praktizieret, Sich langsam nun verjähret schon. Bei allen unsren Untertanen Erliegt das weibliche Geschlecht Fortan bei Bauer, Knecht und Mannen Dem altgewohnten Herrenrecht. Dies Recht, das heute ich erneue, Ein Unterpfand seis eurer Treue! — Es wird die Braut zur ersten Nacht, Bevor der Bräut’gam sie berühret, Vorerst noch auf die Burg gebracht Und ihrem Gutsherrn vorgeführet; Dadurch wird erst die Eh’ legal. Doch schon nach zwölf vertrauten Stunden Ist frei sie einfürallemal Und aller Pflicht an uns entbunden. — Es dien’ zu aller Wissenschaft: Die Urkund tritt noch heut in Kraft! Die Urkund' schließt mit meinem Namen; Ich bleib' euch stets gewogen. — Amen«. — (Der Amtmann rollt das Pergament wieder zusammen und übergibt es dem Dorfältesten. Schon zu Beginn des Lesens hat sich der Bauern eine lebhafte Unruhe bemächtigt, die sich zum Schlüsse gewalttätig zu gestalten beginnt. Die Bauern drohen dem Amtmann mit Fäusten. Die junge Braut flüchtet sich zu ihren Eltern; die ältere lächelt jedoch, indes ihr Bräutigam von den Umstehenden gepufft wird, doch welche Aufregung zu dokumentieren.) Chor (durcheinander): Das ist zu viel . . . Wir duldens nicht; Das geht weit über . . . Lehenspflicht! Wir kommen all . . . Mit Eisenhand, Und stecken ihm . . . Das Schloß in Brand. Das Ständchen zu . . . Der Liebesnacht, Wenn Keulenhieb . . , Auf Eisen kracht. Ja, unser Wunsch . . . Er wird gar fein Mit Stahl ins Herz . . . Geschrieben sein! — Der alte Bauer: Gemach, ihr Leute, nur gemach; Erst forscht genau der Sache nach! Der Graf ist solcher Schande frei; Der Amtmann, glaubt mirs, brachts ihm bei! Ein Bursche: Eh' wir zum Grafen dringen ein, Der Amtmann muß gehangen sein! Chor (durcheinander): Zum Galgen den Amtmann! Hängt der erst fest, Dann auf mit Feuer Zum Raubtiernest! (Die Burschen stürzen nun auf den Amtmann, doch die Knechte bilden einen Kreis um ihn und schützen ihn vor Gewalttätigkeiten.) Amtmann: Was der Graf befohlen, bleibt bestehn; Lasse sonst das Dorf in Brand aufgehn! (Der Anführer der Reisigen marschiert unter Trommelschlag, mit dem Amtmann in der Mitte, wieder ab, Hohngelächter und Flüche begleiten sie; die Frauen schluchzen. Die Burschen bilden eine drohende Gruppe, indes sich die älteren Leute um den alten Bauern, einen Dorfklugen, scharen.) Der alte Bauer: Hört eines Mannes Rat, Der vieles schon erlebet hat! — Des Grafen Recht ist wahr und echt, So schwer es trifft den Bau’r wie Knecht. Doch glaub' ich, daß er nur zum Schein Mit solcher Drohung stellt sich ein. Er war stets gütig, wenn er kam, Dazu ist selbst er Bräutigam! Ein junger Bauer: Was, solches wir ertragen nicht; Auf, schreiten wir zum Selbstgericht! Der alte Bauer: Die Jugend prahlt mit ihrer Kraft, Und unterliegt der Leidenschaft. Ein junger Bauer: Ist euer Nacken krumm und weich, Wir fürchten weder Zwang noch Streich! Alle Burschen: Und wenns um unsre Dirnen geht, Da einer für den andern steht. Wir graben unsre Waffen aus, Und dann sind wir die Herrn im Haus! (Während dieser Szene hat sich die Gräfin mit ihrer Zofe, beide in der ortsüblichen Tracht, doch von niemandem gekannt, den Bauern genähert und über das Gehörte näher erkundigt. Der Dorfälteste reicht ihr das Pergament zum Lesen; sie ist vom Inhalte auf das Aeußerste betroffen. Plötzlich tritt sie vor). Gräfin: Wi3t euch, wie ich sehe, keinen Rat; Hier kann helfen, retten einzig nur Eines mutgen Weibes kühne Tat! Für Kathi ist mir bange nicht, Die scheint mir ernstlich nicht bedroht; Allein für Grete, dünket mir, Ist Beistand unser erst' Gebot; Für Grete stelle ich mich ein, Für sie will ich das Opfer sein! Chor (durcheinander): Was wir vernommen, ist es wahr? Sie bietet sich als Opfer dar! Für fremdes Glück und fremde Ehr Gibt da sie ihre Tugend her! Sag an, wer bist du, schöne Maid, Die so uns zwingt zur Dankbarkeit? Gräfin: Der Name hat wohl nichts zur Sach'; Denkt lieber meinem Vorschlag nach! Der alte Bauer: Nein, wer nicht seinen Namen nennt, Sich nicht zu unsrem Stand bekennt! Ihr glaubt auch an den Ernst wohl nicht? Gräfin (bittend): Ach laßt mich gehen Zum Grafen heut, Vielleicht ich helfe Für alle Zeit! Ein junger Bauer: Hoffst du durch Reiz und Weibeskunst Dir zu gewinnen seine Gunst? — Sie währt nur, bis der Tag sich blaut, Denn hör, der Graf hat eine Braut! Dir bringt nur Schmach, uns nicht Gewinn, Dein Uebermaß an Edelsinn! Gräfin: Ich wag' es doch! Es ist des Mannes rohem Sinnen Ein arm Geschöpf das schwache Weib; Im Flitterstaat geschmückt den Leib, Erschaffen ihm zum Zeitvertreib, Ihm sklavisch nur zu dienen. Es ist des Weibes zartem Sinnen Ein roh Geschöpf der starke Mann; Doch was er auch gebieten kann, Durch Liebe läßt sich jeder Mann Bestricken und gewinnen. (Die Zofe übernimmt nun den Brautkranz von der Braut und befestigt ihn der Gräfin ins Haar.) Der alte Bauer: Nur großes Leid, Nur große Lieb So selbstlos sich Als Opfer gibt. Wir lassen nicht Von uns dich fort, Hast Heimatsrechte Dann im Ort! Gräfin: Es mag mit mir, was will, geschehn, Werd' still, wie ich gekommen, gehn. Der alte Bauer: Liebe Leut', es sandt' uns Gott Diesen Engel in der Not; Schütze dieser grüne Kranz Ihrer Tugend Ehr’ und Glanz! Gräfin: Gott segne euer hoffend Wort, Der unser aller Schirm und Hort! Es stör’ den Tag kein schriller Ton; Ich fühl’ die Kraft des Sieges schon. — (Die Musikanten spielen wieder zum Tanze auf.) Ein Bursche: Zu Wein und Bräutekranz Gehört Musik und Tanz; Und lustige Leut, Denn heute ist heut! (Alles in freudiger Stimmung. Die Gräfin tanzt mit dem jungen Bräutigam. Der Tanz artet schließlich zu einem allgemeinen Volksjubel aus. — Der Vorhang fällt langsam.) (Ende des I. Aktes.) « II. ftkt. (Burghof. Rechts Gesindewohnungen, rückwärts der Wartturm. Als weiteste Perspektive der Horizont. Die folgenden Szenen spielen sich zum Teile auf dem Burghofe, der als eine erhöhte Terrasse gedacht ist, zum Teile am Eingänge des Burgtores, also im freien Raume ab. — Im Burghofe ist alles in Bewegung, da die Rückkehr des Grafen von der Jagd erwartet wird. Am Burgtore stehen einige Reisige. Der Turmwächter hat eben den Jagdruf geblasen und hiemit die Heimkehr des Grafen angekündigt. Aus dem Tale antworten Jagdhörner.) 1. Szene. Chor der Dienerschaft: Reiche Beute, Frohes Spiel, Scharfem Auge Sichres Ziel. Kampf ums Leben, Reiz und Lust, Stolzes Streben, Kraftbewußt. Nah und ferne, Jederweil, Winkt dem Jäger Weidmanns Heil! (Knappen bringen auf Baumzweigen die Beute; Jäger mit Gewehren und Spießen begleiten sie.) 2. Szene. Chor der eintreilenden Jäger: Tief im Forste Jagten wir, Trieb die Meute Auf das Tier, Heil dem Grafen! Er allein Ließ mit Meister Petz sich ein; Traf ins Herz ihn Mit dem Speer; Keiner jagt So kühn, wie er! Beide Chöre: Heil dem Grafen, Sei ihm Ehr! Keiner jagt So kühn, wie er! — (Die Knappen und eine Gruppe nachfolgender Jäger passiert das Burgtor und ist schon im Burghofe, als der Graf die Bühne betritt.) 3. Szene. Graf (zu einem Reisigen am Tore): Rufe mir den Amtmann! Gerne hört ich, was er bringt. (für sich) Frohsinn will ich Um mich sehn, Und in Freude Soll vergehn Dieser Tag! Sagt ein Sprüchlein: Lobe nie, Preise nie Vor dem Abend Noch den Tag! — Doch das Sprüchlein Sei verlacht, Denn hier spielet Nur die Nacht. — (Ab.) 4. Szene. (Der Kellermeister, ein ältlicher dicker, brummiger aber gutmütiger Mann erscheint auf dem Burghofe mit einer Kanne Wein.) Kellermeister: Rosl, wo steckst du? Den Trunk für den Herrn! — Du weißt doch, er wartet Auf diesen nie gern! Rosl (aus einem Fenster des Wirtschaftsgebäudes ) Doch ist er geduldiger Immer als du; Du bleibst ein Quäler Und ein Brummbär dazu! Chor der Jäger: Kommt der Maulwurf Mal ans Licht, Geht es ohne Schelte nicht. Bring uns lieber Still und fein Aus dem Baue Kühlen Wein1 — (Rosl erscheint auf dem Burghofe und wird von den Jägern freudig umringt. Der Kellermeister ist empört und drängt die Jäger zur Seite.) Kellermeister: Laßt mir die Rosl, ihr keckes Blut, Für euch ist die Kleine Doch wahrlich zu gut! Rosl: Aber Kellermeisterlein, Tust, als wärst der Liebste mein! Chor der Jäger: Kellermeister, Meisterlein, Wollt ihr gar ihr Liebster sein? Kellermeister: Schert euch das, wie alt ich sei? Hätt' ich nicht den Wein als Lieb, Tauscht mit euch ich Stich und Hieb! Chor der Jäger: Nach der Reihe, Mann für Mann, Zapften wir das Fäßlein an! Kellermeister: (zur Rosl): Nimm die Kann' und laufe schnell! Rosl: Gib her, bin gleich da zur Stell'! —-Chor der Jäger: Was ist mit uns? Sollen wir zum Brunnen laufen! Kellermeister: Habt doch Geduld! Denkt nur immer an das Saufen. — (Der Kellermeister steigt in den Keller. Der Turmwächter bläst die Mittagsstunde. Inzwischen kehrt der Kellermeister schnaufend zurück und stellt zwei große Humpen Weines auf den Tisch. Die Jäger gruppieren sich malerisch im Schatten um den Steintisch, denen sich auch später der Kellermeister zugesellt. Sie singen alle, ihre Kappen abziehend, die Melodie gedämpft mit. Nun kehrt auch Rosl zurück; man macht ihr Platz; sie bildet den Mittelpunkt der Gruppe.) Rosl: Da bin ich schon! Kellermeister: Rosl, sing uns einmal wieder was! Rosl: Weshalb denn nicht! Doch was? Kellermeister: Vom Glöcklein in dem Faß! Rosl: Natürlich, dein Leiblied! Chor der Jäger: Ja, singe vom behexten Faß! Rosl: Tief im Keller liegt ein Faß, Birgt jahrhundert altes Naß. Niemals wird davon gezecht, Nur wenn in der Zeiten Lauf Wahres Glück blüht dem Geschlecht, Kommt ein Krug ans Licht herauf. Ein Geheimnis ist mir kund Still ruht es auf des Fasses Grund: (alles rückt nähml Naht des Glückes Stund heran, Fängts im Faß zu klingen an. Wie ein Glöcklein Läutets hell, Tönet leise, Läutet schnell; Früh am Tag Bis Mitternacht, Bis das Glück Dem Hause lacht. Chor: Wie ein Glöcklein u. s, w. Rosl: Bricht das Unglück einst herein, Bis das End' vom Stamm wird sein, Kann kein Kellermeister mehr Geben dann vom alten Naß Auch nur einen Tropfen her, Denn es ward zum Stein im Faß. — Ein Geheimnis ist mir kund, Still ruhts auf des Fasses Grund: Naht des Unglücks Stund' heran, Fängts im Faß zu donnern an. (alle noch nähet Dumpfe Schläge Dröhnen dann, Alles eilet Fort sodann; Keiner will Zeuge sein, Wenn das Unglück Bricht herein! Chor: Dumpfe Schläge u. s. w. Kellermeister: Das Lied ist aus! Chor der Jäger: Wie schade! Rosl: Nein, noch nicht! Wisset noch, was ich erlebet hab'! (Von allen unbemerkt erscheint der Graf auf dem Burghöfe und hört zu.) Höret, was mir heut geschah: Stieg zum Keller just ich da, Wollt’ nach unsrem Meister sehn; Dachte an des Grafen Braut, Wie es da um Lieb' mag stehn, Bei der Gräfin jung und traut; (lebhafter): Plötzlich drang ein süßer Ton An mein Ohr, und kaum entflohn, 7. önte wieder silberhell Aus dem Faß ein Glöcklein schnell: (freudig) Hochzeitsglocken Klingen drein, Jubelnd, jauchzend Stimmt ich ein: Unsres Grafen Glückesstund Künd' ich laut Mit Herz und Mund! Chor: Hochzeitsglocken Klingen drein, Jubelnd, jauchzend Stimmet ein: Unsres Grafen Glückesstund Kündet laut Mit Herz und Mund! — (Der Hornruf des Turmwächters verkündet die Heimkehr des Amtmannes; in der Mitte der Knechte befindet sich der auf dem Wege eingefangene Theriakmann. Die Gruppe am Steintische geht auseinander, um von der Umfassungsmauer nach den Kommenden zu sehen.) 6. Szene. Amtmann (zum Grafen, der nun offen auf den Burghof hervortritt): Herr, ich tat, was meine Pflicht, Doch die Bauern wollen nicht! Graf: Wie, sie wagen Den Gehorsam zu versagen! Verlangt ich nicht mein Recht? Amtmann: Was scheren die sich um das Recht! — Sie brennen hier uns aus! Graf: Ja, sind die Leute toll Und des Uebermutes voll? Bauerntrotz und Bauerntück’ Zum Gehorsam muß zurück! — Bringen sie die Bräute nicht, Wie es Untertanenpflicht, Hol' ich sie im Sturm! ... 7. Szene. Liesl (kommt erschöpft heran und wirft sich auf die Kniee vor dem Grafen): Gnade, lieber Herr, o Gnade! Graf (verw undert): Was ist denn los! — Bist du auch schon Braut? Liesl (flehend): Ach Gott, dieser Pechvogel! (zeigt auf den Gefangenen) Laßt ihm doch das Leben, Wer weiß, wo er euch nützen kann! — Herzenssprünge er kurieret Liebesbrüche er verschmieret, Jede Wunde er verkleistert, Jede Krankheit er bemeistert. Für behexten Kindersegen Kennt er Tropfen mancherlei; Für den Kropf, den allergrößten, Schafft er Salben euch herbei. Schiefen Blick und Knochenfraß, Rote Milch und schwarzes Aas, Goldne Ader, Wassersperr’, Klauenseuche, schwer Gehör, Alles kann kurieren er! — (Auf dem Burghofe sammeln sich indessen immer mehr bewaffnete Reisige und horchen staunend zu.) Chor: Alles kann kurieren er. Liesl: Ach, laßt ihm doch das junge Leben! Und war er auch ein wildes Blut, Bezaubert von dem Tunichtgut Hab' ich mein Herz ihm doch vergeben. Graf (zu den Knechten): So laßt den Vogel wieder aus! — Ist heute doch der Bauernstrauß, Seine Künste mag er da erweisen! (zur Liesl): Steh doch auf! Er kann fortan bei uns verweilen Und unsre Wunden flicken, heilen! (flb.) Theriakmann (zur Liesl zutretend, als die Fessel fallen): Hab Dank, du Mägdlein jung und zart, Das solchen Schutz mir lieh, Daß Ritterwort und Ritterart 21 u mildem Spruch gedieh! — Ich war ein loses Vögelein, Flog frei von Ast zu Ast, Durchzog das Land talaus, talein Als fahrender Scholast. Da gab es oft kein Stückchen Brot, Nur Gottes klaren Quell, Und doch bei aller Sorg' und Not Blieb' ich ein Frohgesell! — Den Bauernfäusten kaum entwischt, Hat mich, eh' ichs gedacht, Ein Fähnlein Reisger aufgefischt Und auf die Burg gebracht. — (innig): Der Fahrt durchs Land sag ich Ade, Das Vöglein fand sein Nest, Des Herzens Glück, des Herzens Weh Hält mich bei dir nun fest! — (Bewaffnete füllen immer mehr die Bühne. Liesl und der The-riakmann ziehen sich unter Liebkosungen in den Hintergrund zurück. Nun ertönt das Alarmsignal des Turmwächters. Da es mittlerweile dunkel geworden, kommen einzelne Knechte und stecken brennende Kienfackeln in die Eisenringe an den Mauern. Die Torwache wird verstärkt. Alles drängt zur Burgwehr, um das Anrücken der Bauern zu sehen. Langsam wird es sternenhell.) Chor der Reisigen: Sie kommen an . . . Ein langer Zug . . . Und wenn es klappt . . . Gibts Arbeit genug! — Dort in der Mitte . . , Blitz und Stein . . . Das können nur Die Bräute sein! — Bäuerlein tik, Bäuerlein tak, Spielst dir selbst Den Schabernack! All', was dein Ist unser Lohn, Sparst für uns, Gehst leer davon! Bäuerlein tik usw. — 8. Szene. (Die Bauern kommen auf die Bühne, voran die Dorfältesten in Feierkleidung und ohne Waffen, Ihnen folgen jüngere und ältere, mit Dreschflegeln, Sensen, Spiessen u. ä. bewaffnete Bauern. Dann erscheinen die Bräute; die Gräfin von der Zofe und der eigentlichen Braut begleitet. Die Schneiderbraut atmet schwer; das Erklimmen des steilen Berges brachte sie in Atemnot. doch sieht sie den kommenden Ereignissen mit sichtlicher Freude entgegen. Ihrem kleinlaut gewordenen Bräutigam sucht sie beizubringen, daß dies doch eine Ehre für beide sei. Die Bauernburschen drehen den Reisigen an der Ringmauer mit Fäusten. Diese hingegen antworten mit Gelächter und Grimmassen. Der Mcnd bricht nun hervor. Der Dorfälteste tritt nun an die Torwache.) Dorfältester: Meldet dem Amtmann, Daß wir zur Stell! — (Der eine Knecht klopft ans Tor; das Guckloch öffnet sich und der Knecht gibt die Botschaft weiter.) Gräfin (für sich): Heute steh zum erstenmale Ich vor ihm als seine Braut; Steh dabei in gleichem Falle Heut vor ihm als falsche Braut. In der Wiege schon verlobet Hat man mich mit diesem Mann, Doch was ich als Kind gelobet, Keine Geltung haben kann! — (ZUr Zofe); Komme, was da kommen mag, Harre mein zum nächsten Tag! — (Inzwischen kommt der Amtmann zum Tor, das sich nun halb öffnet. Die Dorfältesten gehen ehrerbietig auf ihn zu.) Amtmann (auf die bewaffneten Bauern weisend): ihr fügtet euch des Herren Gebot, Doch solcher Aufwand tat nicht not! — Nun bringt die Bräute mir ans Tor; Ich rufe sie mit Namen vor! (Die Dorfältesten gehen zurück um die beiden Bräute. Die Gräfin verabschiedet sich rasch von der Zofe und der wirklichen Braut. Die Schneidersbraut umarmt etwas ungeschickt ihren Bräutigam und folgt lächelnd und allseits knixend den Dorfältesten. Der Schneider will ihr folgen, doch halten ihn die Nebenstehenden zurück. Die Gräfin folgt der Schneiderbraut. Die Bauern gruppieren sich nun so, daO sie der offiziellen Uebergabe nahe sind. Der Mond beleuchtet die Bauerngruppe.) Dorfältester; Hier sind die Bräute säuberlich, Wie wir sie amtlich übernommen; Hier sind die Bräute jüngferlich, Wie sie vom Altar sind gekommen! (Feierlich): Für Sünden vor der Trauungszeit Nicht bürgen wir der Obrigkeit! — Amtmann: Wird zur Kenntnis genommen! — Kathi, des Rebenbachers Braut! — (Sie tritt rasch und tänzelnd vor.) Nehme dich auf meines Herrn Verlang Für die erste Nacht jetzt in Empfang! — (Deutet ihr auf seine linke Seite. Gelächter oben an der Mauer.) Grete, des Lodnerbauers Braut! (Die Gräfin tritt bescheiden vor.) Nehme dich auf meines Herrn Verlang Für die erste Nacht jetzt in Empfang! — (Die Gräfin tritt an dessen rechte Seite. Verwunderung oben an der Mauer.) (Feierlich). Nun ich die beiden Bräute übernommen, Dürft morgen früh ihr wieder kommen; Doch Ruh' und Ordnung haltet mir in Acht, Dann wünsch' ich allen: Gute Nacht! Dorfältester: Herr Amtmann, nein, Was unser ist, Des harren wir Bis um die Frist! Amtmann: Wollt ihr verlieren Schlaf und Ruh, Mich kümmerts nicht, Harret immer zu! (Auf seinen Wink bilden nun die Fackelträger und Reisigen Spalier und ziehen mit den Bräuten in den Burghof ein.) Chor der alten Bauern (andächtig gestimmt): Was Gott schickt, das ist wohlgetan, Er nehm' sich gnädig unser an! (Die Bauern lagern sich nun in verschiedenen Gruppen auf der Felsplatte vor dem Burgtore.) Ein alter Bauer: O seht, wie sich das Schicksal rächt! — Die Nachbarn ließen uns in Stich, Da ihr den Galgen borgtet nicht; Zu schwach seid nun im Kampf ums Recht! — 0 übet doch zu jeder Zeit Die Tugend der Gefälligkeit! — Chor der Knechte (VOn der Mauer): Bäuerlein tik, Bäuerlein tak, Hast fürwahr ein Gut Geschmack! Chor der Bauern: (mit Fäusten und Waffen hinauf drohend): Spart da oben Euer Wort! Chor der Knechte: Ihr da unten Schert euch fort! — (Der Wächter am Turme bläst nun sein Feuerabendlied; unter dessen Klängen fällt der Vorhang.) (Ende des II. Aktes.) 111. fl kt. (Großer Saal im Schlosse; matt beleuchtet. Spätabend. Die Rückseite des Saales hat drei große Bogenfenster, durch welche das Mondlicht einfällt. Rechts und links je eine Türe; überdies eine Geheimtüre. In der Mitte des Saales, zwischen zwei Pfeilern, ist ein Tisch mit dem Abendbrote des Grafen gedeckt gewesen. Der Graf tritt an ein Fenster, öffnet es und sieht hinab auf die lagernden Bauern.) 1. Szene. Graf (allein. Man hört unter dem Fenster den Brummchor der Bauern.) Chor der alten Bauern: Immer neuen Zins und Zoll Zahlen noch der arme Bauer soll! — Gräflein, Gräflein, Gib doch acht, Daß es heute Nicht noch kracht! Chor der Bauernmädchen: Doch die Steuer, heut uns auferlegt, Keine Bauerndirne mehr verträgt! Cher der Bauernburschen: Nicht im Drohen, nicht im Beten, Nicht im Warten hoffnungslos, Im Zertrümmern seiner Ketten Liegt des Sklaven Freiheitslos! Bauernchor: Nicht im Drohen, nicht im Beten usw. Gräflein, Gräflein usw. Graf: Welches Drohen, welcher Trotz! Das sind Untertanen? Pfleg' ich alter Rechte nur, Rechte meiner Ahnen! Knechtlein, Knechtlein Gib nur acht, Daß es heute Nicht noch kracht! (Geht zum Tische, schlägt wuchtig auf denselben und ruft): Wo bleibt die Rosl mit dem Wein? 2. Szene. Rosl (eintretend, mit einer großen Kanne Wein; etwas erregt): Verzeiht, verzeiht, o gnädger Herr, Daß ich mich mit dem Trunk verspäte; Ich wollt die Bräute sehen doch, Und fast die Pflicht vergessen hätte! Graf (nachdem er getrunken): Dein Lied vom Glück, Es wurde wahr: Statt einer Braut Hab zwei ich gar! Rosl: Sprach ich von Liebe, Meint ich eine Braut; Sprach ich vom Glücke Meint ich eure Braut! Graf: Für deinesgleichen paßt sichs nicht, Was unbedacht dein Mund jetzt spricht! Schenk mir noch Einen Becher ein, Dann, gute Nacht, Laß mich allein! (Rosl ab.) 3, Szene. (Es pccht und auf des Grafen Ruf tritt der Amtmann ein; sich tief verbeugend nähert er sich unsicher dem Grafen.) Amtmann: Stelle mich als Bote ein; Herr, die Bräute bracht ich ein! Nur die eine magdlich ist, Doch die zweit’, Herr Jesu Christ, Hab sie jetzt genau betracht', Taugt für die Walpurgisnacht; Gäb' mit einem Besenstab Wohl die ärgste Hexe ab! Graf: Wie auch immer, laß sie ein, Sieh auf Schönheit nicht allein! (Der Amtmann wendet sich nach der Türe rechts und klatscht dreimal in die Hand.) 4. Szene. (Durch die von einem Knappen geöffnete Türe tritt Kathi in den Saal. Sie ist verlegen, nimmt einen Schürzenzipfel in den Mund, bleibt bei der Türe stehen und knixt wiederholt sehr tief, jedoch schwerfällig.) Graf (zum Amtmann) Und so was nennt sich eine Braut! Amtmann: Ja ich muß sagen, daß mirs graut! (Der Graf bricht in ein schallendes Gelächter aus; der Amtmann, erst verdutzt, beginnt nun auch laut mitzulachen; die Kathi nimmt dieses Gelächter als eine Anerkennung auf, kichert vorerst, lacht aber dann dröhnend mit, wobei sie ihre Schüchternheit ganz verliert. Sie sieht sich neugierig im Saale um, tritt vor und bemerkt): Das ist ein gspaßig Zimmer: Ist doch kein Bett darinnen! Grai (für sich): Willkommen soll Der Spaß mir sein, Ich sperr sie mit Dem Amtmann ein. ^ Und hat er einmal N So gefreit, “ Hat er genug Für alle Zeit! Amtmann (für sich): Wer diese Braut 'Ne Nacht genießt, Die schwerste Sünd Hat abgebüßt. Hätt' jeder einmal So gefreit, Wär' Lieb, verdammt Für alle Zeit! Kathi (für sich): Den Herren scheints Gefalle ich, Ein jeder spricht Vergnügt zu sich. Beglückt, wer einmal So gefreit, Es bleibt mein Stolz Für alle Zeit! Graf (zur Braut): Ich geh' voran, Du folgest mir, Wenn leis sich öffnet Diese Tür! (Deutet auf die Türe links. Zum Amtmann): Und du gibst ehrbar Ihr Geleit, Auf daß du Zeuge Jederzeit, Daß sie als Braut Und keusch und rein Betreten hat Mein Kämmerlein. (Graf nach der Türe rechts lachend ab. Der Amtmann geht, durch das Alleinsein mit der Braut unliebsam berührt, mit großen Schritten auf und ab. Die Kathi läuft ihm mit watsche-ligen Schritten fort nach und so geschieht es, daß sie beide bei einer plötzlichen Wendung des Amtmanns derb aneinander stoßen.) Amtmann: Zum Teufel, renn' nicht blind herum! Kathi: Ihr kehrtet gar zu plötzlich um, Da wußt ich gleich mir keinen Rat; Verzeiht, wenn ich 'nen Fehltritt tat! Amtmann: Um deinen Fehltritt kümmre sich, Dein Bräutigam, was schert das mich! Kathi: Ihr habt mich mißverstanden, Herr! Doch, wie ihrs meint, ists mir 'ne Ehr, Zu der erhoben mich der Graf, Wenn ich in seiner Kammer schlaf! Amtmann: Du glaubst im Ernst? Bist du verrückt! Kathi: Der Graf war doch von mir entzückt! Er lachte herzlich doch . . . Amtmann: . . . herzlich über dich? Kathi: Er sah mich freundlich an . . . Amtmann: . . . es ist fürchterlich! Kathi: Mein Nazi ist ja gar kein Mann, Der meine I.ieb erwidern kann, Der Graf allein, so jung, so schön . . . Amtmann; Möcht' doch die Welt Amtmann (für sich): Ich halt den Kopf, Es schwindelt mir, Die Alte da Sie redet irr'! Der Graf und sie Ein liebend Paar? Ist toll das Weib Doch offenbar! N e ID 2 0' ff zugrunde gehn! Kathi (für sich): Es pocht mein Herz, Mir schwindelt schiel Vor Liebesglück, Dem nahen, mir. Der Graf und ich Ein liebend Paar, Er schätzet mich Doch offenbar! (Kathi hat sich dem Amtmann schon während des Duettes zärtlich genähert und steht nun knapp bei ihm.) Kathi: Mir iacht das Glück, Das dank ich euch Mit diesem Wort Und Kuß zugleich! (Sie küßt ihn vehement; der Amtmann fährt willenlos zusammen.) Amtmann (mit gebrochener Stimme): Sie küßte mich Wie Blei so schwer, Mir ists wie toll, Ich weiß nichts mehr! — (Pause) Es glich der Ton Von diesem Kuß, Als zog die Kuh Aus tiefem Sumpfe just Den einen Hinterfuß! — (Kathi hält den Amtmann förmlich aufrecht und streichelt ihm zärtlich den Kopf.) Kathi: Er liebet mich Der gute Mann, Hätt’ gern ihm mehr Zulieb getan! — (Die Türe links öffnet sich und zwei Knechte postieren sich am Eingänge mit Fackeln.) Ein Knecht: Der Graf befiehlt! Amtmann (fährt empor, schüttelt die zudringlichen Liebkosungen ab und findet wieder seine alte Laune.) Gottlob, ich bin befreit! (Kathi geht mit seligem Lächeln, recht neckisch humpelnd, rasch der Türe zu; der Amtmann ihr nach, dann die Knechte. Die Türe wird von innen versperrt. Aus der Geheimtüre tritt der Graf; er reibt sich vergnügt die Hände und tritt in den - Vordergrund.) Grat: Die erste Braut der Liebesnacht War' glücklich an den Mann gebracht! (Will gerade Anstalten treffen, daß die zweite Braut vorgeführt werde, da stürzen Liesl und der Theriakmann plötzlich von der Türe rechts herein.) 5. Szene. Liesl, Theriakmann (zugleich); Verzeiht, Herr Graf, Die Pflicht der großen Dankbarkeit Uns zwingt zu stürmischem Bescheid! O, höret doch, wenn ihrs nicht wüßt; Liesl (leise): Die Braut, ich hab's erlauscht, Hat heimlich man vertauscht! Graf: So eine Niedertracht! Beschreib mir und vergleiche Die zweite Vogelscheuche! Liesl (leise): O Herr, die falsche Braut, Die hab' ich nicht geschaut, Doch soll sie noch viel schöner sein! Graf; Da kann die Strafe milder sein! 6. Szene. Rcsl (stürtzt herein): Herr Graf, Hilfe, Hilfe! Dumpfe Schläge Schaurig wild In dem Fasse Dröhnen wild! Das Geheimnis Ist uns kund, Heute gehen Wir zugrund! 7. Szene, Kellermeister (stürzt atemlos herein.) Herr Graf! Nur Gott uns helfen mag, Es naht der jüngste Tag! Naht des Unglücks Stund heran, Fängts im Faß zu donnern an. Theriakmann: Eine Hexe ist, ich sag es laut, Eine Hexe ist die schöne Braut! Graf: So empfange du sie! Bist bei Weibern wohl erfahren, Kennst der Liebeslist Gefahren, Kommst nun dazu, wie geschaffen; Spiele du einmal den Grafen! — Ist die Braut vertauscht, Braucht der Bräutigam Auch nicht echt zu sein! — Ziehe rasch dich um! (Theriakmann ab. An der Türe links wird stürmisch gepocht.) Amtmatin (hinter der Türe): Herr Graf, verzeiht 'nen Augenblick Zu künden euch ein Mißgeschick! (Der Amtmann stürzt ihm in einer desparaten Verfassung entgegen; ihm nach folgt gleich die Kathi.) 8. Szene. Graf (über des Amtmannes Aussehen belustigt): Wie seht ihr aus? Sprecht frei heraus! Amtmann: So zärtlich, wie ihr mich erschaut, Hat mich gekost die erste Braut. Was euch bestimmt, ward mein Gewinn: > Jus primae noctis« fahre hin! Erst hätscheln, Dann tätscheln, Ein Drücken Und Zwicken, Umarmen, Erbarmen! — Dann müssen Gar küssen! — Gezogen, Getrieben Mit Drohen Vor Hieben. Doch schwankt ich, Auch zankt ich, Auf'daß ich mich rett’, Vom Tische zu Tische, Vom Ofen zur Nische. So fiel ich ins Bett! Alles weitere zu beschreiben, Ei, das laß ich lieber bleiben! Welch ein Elend, welch ein Graus, Seh' ich noch wie Amtmann aus! (Allgemeines Gelächter. Der Graf winkt allen fortzugeben. Zum q j Amtmann): Laßt die zweite Braut herein, Sie bleib mit mir allein! (Alles ab. Der Graf geht zur Geheimtüre. Der Theriakmann tritt nun heraus und beginnt des Grafen Rolle; der Graf verschwindet in der Geheimtüre. Die Türe rechts öffnet sich; zwei Knappen stellen sich zur Seite. Die Gräfin betritt langsam und bescheiden den Saal. Die Knappen ziehen sich wieder zurück und schließen die Türe.) 9. Szene. Theriakmann (festgebannt durch den Anblick der schönen Erscheinung): Mein schönes Kind! — (Pause.) Du sagst mir nichts? — Kein Wort des Grußes Mir gönnt dein Mund? — Mein Lieb sollst sein Für diese Nacht, Mein eigen ganz! (Pause.) Noch immer stumm? — Gräfin: B i n doch eure Braut! Theriakmann: Gewiß! Auf zwölf vertraute Stunden, Wenn auch kirchlich nicht verbunden! Gräfin: ich war schon eure Braut! Theriakmann: Das weiß ich nicht! Ich hatt' schon Bräute überall, Wer merkt sich da Gesicht und Zahl! Gräfin: Wurde in der Wiege Euch schon angelobt! Theriakmann: Das ist einmal bei uns schon so! — (protzig): Vererbter Macht ist alles untertan, Und wie die Erd’ mein Eigen ist, soweit Der Türmer schaut ins blühende Land, Ist jedes Weibes Leib und Leben Mir zum Genüsse freigegeben! (Will sie umfassen und küssen.) Gräfin (schreit auf): Scheusal! (Stößt ihn von sich weg; in diesem Momente tritt der Graf ein.) 10. Szene. Graf: Verzeiht, was eben hier geschehn, Als Prüfung ist es anzusehn! Es muß das Volk zu jeder Zeit Gehorsam sein der Obrigkeit! — Gräfin: Ei, ei, die Prüfung ist sehr kurios! Graf: Bewährt sich auch nicht anstandslos! Gräfin: Sagt nun, wer ist denn da der Graf: Ihr oder jener Frechdachs dort? Graf: Ich bin’s! (Zum Theriakmann): Geh hinaus und künde jedermann, Baß meine Braut begrüße man! (Theriakmann ab.) Gräfin: Herr Graf, Diese säubern Rittersitten Duld' ich rundweg nicht! Meine Zofe komme her; ich gehe! Graf (für sich): No, die verstehts! Das wird ein böses Regiment! (Zu ihr): Verzeiht, das ganze ist ein Spaß; Mein Amtmann arrangierte das! Gräfin: Dem Amtmann kratz' ich dann die Augen aus! Doch ihr, seid ihr 'ne Puppe hier im Haus? Graf: Was ich gefehlet, Ist euch klar, Doch wie ihr sehet, Bin jeder Schuld ich Frei und bar. — Doch wüßt ich gerne Jetzt den Grund, Der euch in fremder Weis' und Tracht Zum erstenmal Zu mir gebracht? Gräfin: Stets wollt ihr Männer klüger sein, Doch fällt euch oft das Nächst nicht ein' Ich wollt' euch sehen unbekannt, Ich wollt' euch prüfen unerkannt! Auch wollt ich wissen nebenbei, Wie euer Wort zu nehmen sei! Gral: Ei, ei, die Braut, Sie brennt der Neugier Feuer! So, so, die Braut, Sie geht auf Abenteuer! Wir sind nun quitt! Gräfin: Wollt gar eine Tugend aus der Not In der Eile wohl noch schmieden? — Wir sind nicht quitt! — (Feierlich ernst.) Soll der Eltern Wunsch und Wort Werden unsrer Liebe Hort, Heisch' ich Treue bis zum Grabe Und zum Pfand die Morgengabe: Schwöret ab für alle Zeit Euer »Herrenrecht« noch heut! Graf: Auf der Rache schnellen Flügel Naht der Buße Feierstund, Doch mit Eid und Brief und Siegel Meine Treue werd euch kund! (Läutet; ein Knappe erscheint.) Der Amtmann komme sofort! Gräfin: So ists brav! (Für sich.) Wie rasch so einen wilden Mann Ein schwaches Weib bezähmen kann! (Beide treten zum Fenster.) Graf: Welch eine wundervolle Nacht, Die dich, Geliebte, mir gebracht; Mein Lebenstraum ward heut Zur schönen Wirklichkeit! — Erfüllt ist nun der Kreis der Zeit, Gelöst das Rätsel mein und dein, Und jubelnd schall’ ins Land es weit: Glückauf, du hehres Kleinod mein! (Er küßt sie.) 11. Szene. (Der Amtmann wird gemeldet und tritt gleich ein. Der Graf, der die Braut umfaßt hält, kommt vom Fenster.) Amtmann: Herr Graf, wünschet mich dringend? Graf: Ja wohl, sehr dringend! Das Herrenrecht, getreten Erst heute früh in Kraft, Noch heute und auf ewig Wird wieder abgeschafft! — Verfaßt die Urkund mir sofort! (Amtmann ab.) 12. Szene. (Das ganze Schloßgesinde tritt nun ein, um der Gräfin zu huldigen.) Rosl (mit einem großen Rosmarintopfe vor die Gräfin tretend): Wir bringen Herzensgrüße Euch, künftge Herrin, hier: Des Rosmarines Zweige, Die bräutlich schönste Zier; Sie sind der treuen Liebe wohl, Sie sind der Ehe schönst' Symbol! Gräfin (zupft einen Zweig ab und steckt ihn an den Busen; einen zweiten hält sie in der Hand.) Dank euch allen, Herzensdank! — Rosmarin, du Blume wunderbar, Die mich schmücken soll zum Traualtar; Mögest mir der Liebe Segen In des Kranzes Düfte legen! Denn beständig bist du, Rosmarin, Duftest auch, ob trocken oder grün; Wollte Gott, daß unsrer Liebe Ewig gleiche Kraft verbliebe! — 13. Szene. Kellermeister (kommt keuchend mit einem großen Humpen Weines): Ich komme schon spät, doch höret: Es donnert im Fasse nicht mehr, Doch klingelts im Fasse gar sehr. Tief im Keller liegt ein Faß usw. Hochzeitsglocken Klingen drein usw. Chor (wiederholt: Hochzeitsglocken u. s. w. — Der Kellermeister reicht der Gräfin, dann dem Grafen den Humpen; sie trinken.) 14. Szene. Amtmann (mit einer Pergamentrolle vor den Grafen tretend): Hier die Urkund! (Der Graf liest und fertigt sie und reicht sie dann der Braut zum Lesen. Diese liest und gibt die Schrift, freudig gestimmt, dem Grafen zurück.) Graf (zum Amtmann): Ruft mir alles herein, Was da vor der Burg rumort! — (Das Volk zieht in den Saal ein; darunter sind auch die Brautpaare sowie die Zofe.) 15. Szene. Grai: Ich grüß euch alle frohgesinnt, So Knapp, als Bauer wie Gesind! Die falsche Braut, wie ihr nun seht, Als künft'ge Herrin vor euch steht! (Die Bauern machen verdutzte Gesichter; einzelne gehen ihr die Hand küssen, andere begucken und betasten sie von allen Seiten.) Was ihr erhält als Gab' zur Stund, Mein Amtmann macht euch gleich es kund. — (Reicht dem Amtmann die Pergamentrolle.) Amtmann: Im Namen des Grafen gebiete ich Ruh! (Nach einer Pause feierlich); ; Seit mein Geschlecht allhier regieret, Vererbt vom Vater auf den Sohn, Ein Recht, bisher nicht praktizieret, Sich langsam nun verjähret schon. Bei allen unsren Untertanen Erlag das weibliche Geschlecht Formell bei Bauer, Knecht und Mannen Dem altgewohnten »Herrenrecht«. Doch dieses Recht, das kaum ihr kennt, »Jus primae noctis« man's auch nennt, Wird heut in aller Form und Kraft Für alle Zeiten abgeschafft! — Die Urkund' schließt mit meinem Namen; Ich bleib' euch stets gewogen! — Amen«. — (Er rollt die Urkunde zusammen und übergibt sie den Dorfältesten. Allgemeine freudige Überraschung. Die Burschen erheben die Fäuste gegen den Amtmann, in dem sie den Anstifter dieser Szene sehen.) Chor: Wir hören froh Des Wortes Kraft; Das »Herrenrecht« Ist abgeschafft! (Die Bursch en jauchzen auf.) Glückesglöcklein Klinge laut, Dank dem Grafen, Dank der Braut! Schnöder Steuer Alle Zeit Dnsre Mädchen Sind befreit! (Begeisterte Stimmung; einige Paare beginnen zu tanzen. Unter allgemeinem Jubel fällt der Vorhang.)