Volkslieder aus Kram Uebersetzt Anastasius Grün. relpstg, Wcidmann'sche Buchhandlung. 1850. S 5 6 : A % * . // V Vorwort. Colligüc, quae superaverunt fragmenta, ne pereant. Joan. VI. Wie cin gewaltiger Eroberer, dem das große Bild eines Weltreiches vor Augen schwebt, reiht die moderne Bildung eine gewonnene Provinz an die andere und steckt ihrem Reiche immer weitere Grenzen, oder vielmehr, sie ist auf ihrem unaufhaltsamen Stegeszuge noch nicht dazu gekommen, den Umfang ihres Gebietes abzumarken. Kein Land liegt ihr zu fern, keine Sprache klingt ihr zu rauh, kein Stand und Beruf dünkt ihr zu gering, wenn es gilt, den Entwicklungsgang der Menschheit in seinen Spuren zu verfolgen, auf seinen Bahnen zn fördern. Im Gegensätze zu der altern, hinter dem geheiligten Bollwerke der Schulgrenzc und des Zunstidioms sich streng und stolz abschließenden Gelehrsamkeit tritt sie unmittelbar ins freie Leben und verschmäht es nicht, die bishin verachtete Sprache des Volkes zu lernen, dem sic in politischer wie in kulturgeschichtlicher Hinsicht die alten unveräußerlichen Rechte wiederzugeben strebt, dessen Stimmbefähigung sie anerkennt, und dessen Stimmen sie Ohr und Herz öffnet. So hat auch das Volkslied seine rechtmäßige Stelle in der Kulturgeschichte wiedergewonncn und es wird erklärbar, wie in Deutschland seit Herder das Interesse an Volkspoesie und somit auch die Zahl der Sammlungen sowohl einheimischer als fremder Volkslieder fortwährend im Steigen begriffen sein mußte. Im gläubigen Vertrauen auf dieses mit den edelsten Bestrebungen und Kämpfen der Neuzeit innig ver-schwistcrtc Interesse, durfte cs der Herausgeber dieser Blätter wagen, die bereits allmählich verklingende poetische Stimme eines merkwürdigen Volksstammes zu vermitteln, der freilich in der großen Staaten -und Kulturgeschichte ein so bescheidenes Plätzchen einnimmt, wie in der Touristenliteratur sein kleines Wunderland hart an der äußersten Grenze des alten herrlichen deutschen, oder wenn man lieber will, des neugeträumten großen Slavcnreiches. Krains Volk und Land aber haben dieses gemein, daß sie ihre guten Eigenschaften und unbestreitbaren Vorzüge nicht zur Schau zu tragen wissen, wie denn daS Land gerade seinen unschönsten und unfruchtbarsten Theil an der großen Heerstraße ansgebreitet t;at, das Volk selbst aber gegen die seiner Sprache und Sitten unkundigen Fremden kalt und verschlossen, mißtrauisch und unzugänglich bleibt. Die Sprache in der die Lieder der vorliegenden Sammlung ursprünglich gedichtet und gesungen worden, ist die slovenische, auch krainische, wendische (windische) genannt, eine Mundart der in so viele Haupt- und Nebendialekte zerfallenden slavischen Stammsprache. Diese Mundart wird von der südwestlichen Slavenfamilie Europas, und zwar in ganz Krain — mit Ausnahme der germanischen Sprachinsel Gottschce — in den vormals zu Krain gehörigen Distrikten Istriens und des Küstenlandes, in der untern Steiermark, in einem Theile Kärn-thens und in einzelnen Grenzgebieten Ungarns (Szaladcr- und Eisenburger Comitat) gesprochen.*) *) Im Ganzen von -einer Volksmenge, die man in> timber Zahl auf 1,180,000 Seelen schätzen darf; Scha? Obschon .(train zunächst die Heimath dieser Volksgesänge und ihres Sammlers ist, so wurden doch auch Lieder der benachbarten, insbesondere der steiermärkischen Wenden der Sammlung dcßhalb unbedenklich eingcreiht, weil das Volkslied bei so blut-und sprachverwandten Stämmen, seine individuelle Heimath verläugnend, schnell Gemeingut wird und, die politische Grenze wenig achtend, ungebunden hinüber und herüber klingt, dem freien Vogel des Waldes nicht unähnlich, der heute dich-, morgen jenseits des Gränzpfahls seine Lieder erschallen läßt. Das Volkslied ist die Blüthe des Volkslebens; beide erzeugen, trage» und bedingen stch gegenseitig. Wo sich ein selbstständiges Volksleben ausgebildet hat, mtrb auch ein eigenthümliches Volkslied klingen. Und wie stch das Volksleben in ein äußeres öffentliches und in ein inneres häusliches theilt und trennt, so zerfällt entsprechender Weise auch das Volkslied in Fest- und Helden -(historisch-epische) und in häusliche (lyrisch-idyllische) Gesänge. Selbst das religiöse Volkslied, so gerne farif (Narodopis) gibt eine etwas höhere (1,151,000), bas ’Bureau der administrativen Statistik zu Wien eine etwas geringere Ziffer (1,143, 514) an. vn es überall feine himmlische Abkunft geltend machen möchte, Bequem! sich dieser irdischen Sonderung und tritt entweder als öffentliches (Kirchenlied) oder als häusliches (einfach geistliches) Lied auf. Den innigen organischen Zusammenhang des Volksliedes -als Volksstimme mit dem Volksleben und der Volksgeschichte können auch diese Lieder auS Kram nicht verlängnen. Aus der älteren heidnischen Zeit dürfte sich kein Lied vollständig bis zu unseren Tagen erhalten haben; nur isolirte Spuren heidnischer Vorstellungsweise finden sich hie und da in einzelnen Anklängen vor. Daß der christliche Clerus während und unmittelbar nach der Einführung des Christenthums einen unversöhnlichen Vertilgungskrieg gegen das noch widerstandsfähige Heidenthum führte und dieses in all seinen Erscheinungen unterdrückte, in all seine Schlupfwinkel verfolgte, mag nicht nur erklärlich, sondern auch preiswürdigerscheinen; denn für die in jenem Kampfe erlittenen Verluste ist das Volk durch das Licht und die Segnungen des Christenthums überschwenglich entschädigt worden. Minder zu rechtfertigen dürste es aber sein, daß die süd-slavische Geistlichkeit, nachdem der glänzende Sieg des Christenthums längst befestigt war, in angewohnter Kampflust noch immer gegen die unversäng- vili lichstcn Erscheinungen einer weltlich heiteren Lieder-poeste forttobte und dem Volke dafür asketisch-düstere Büßlieder und Psalmen aufzuzwingen suchte*). - Seit dem dreizehnten Jahrhundert bis zur Gegenwart mit Oesterreich unter einem Scepter vereiniget (mit alleiniger Ausnahme der kurzen französischen Zwischcnregierung 1809— 1813) theilte Krain fortwährend treu und ehrlich die Kämpfe und Geschicke Oesterreichs. Den glänzendsten und einen beinahe selbständigen Antheil nahm cs aber an den langjährigen blutigen Türkenkriegen. Nicht nur unter den Fahnen Oesterreichs stets in erster Reihe kämpfend, sondern auch unter eigenen Heerführern *) So z. B. ward in den von der Agramer Diöcese unter dem Bischof ?ewr lwtretie herausgcgebenen, 165t zu Gratz gedruckten „Szveti Evangeliomi“ (Sonntags-Evangelien) der Versuch wiederholt, beliebten Volksweisen, deren weltliche Liederanfänge dort genau angeführt sind, geistliche Terte unterzuschiebcn. Dieser Versuch scheint nicht ganz gelungen zu sein, da einige jener verpönten Lieder im Volksmunde erhalten blieben. Aehnliche Travesticcn populärer Gesänge find freilich auch anderwärts z. B. in Schottland durch die puritanische Geistlichkeit und mitunter in sehr komischer Weise, unternommen worden. In Deutschland war selbst Luthers Beispiel, wiewohl in edlerer Form, vvrauSgegangcn. (Katzianer, Auersperg, Th ur n, Lamberg, Lenko-witsch u. A. m.) dem Erbfeinde christlichen Namens selbstständige und mörderische Schlachten liefernd, floß das Blut seiner Söhne in Strömen auf allen Wahlstätten jener Kriege. Durch seine geographische Lage den, trotz aller Friedensschlüsse, fast jährlich wiederholten Einfällen der Gränzpaschas bloßgegeben, war das ganze Land Krain durch Jahrhunderte ein großes Feldlager, eine von Geschützen und Rüstungen starrende Burg; die ganze waffenfähige Bevölkerung, wie die Mannschaft einer großen Borpostenwacht, in jedem Augenblicke marsch- und kampffertig und der Signale (Kreuth- auch Creuz-fcucr) gewärtig, die, von allen Höhen aufflammend, binnen wenigen Stunden das ganze Land zu den Waffen rufen konnten. Da war jedes Haus eine Schanze, Schlösser und selbst Kirchen waren befestigte 'Außenwerke mit Thürmen, Ringmauern und Gräben (Tabor), vornehmlich zur Aufnahme der Wehrlosen und der geflüchteten Habseligkeiten be-stimmt. Diese Epoche der ausdauerndsten und erbittertsten Kämpfe ist der Glanzpunkt der Landesgeschichte, ihr gehören alle poetischen Erinnerungen an, ihr die Entwicklung eines eigenthümlichen kriegerischen Volkslebens und somit auch eines selbst-. ständigen Volksliedes. Dieses nimmt die Helden, die es verherrlichen will, theils aus der Zahl ein-borener Kriegsmänner und Abenteurer, größercn-theils aber, bei dem Verschmelzen der eigenen Landesgeschicke mit denen seiner Nachbarvölker, aus der Geschichte und Tradition der letztern. So hat, wahrscheinlich durch Kampfgenossen aus Slavonien und Kroatien vermittelt, die abenteuerliche Gestalt des Serbenhelden Marko noch im Volksliede Krains einige Geltung; so überragt in diesem alle Andern ein fterndcs, fast fabelhaftes Wesen, König Mathias (Kralj Maijaš) genannt. Wo sich diese mythische Gestalt auf historischem Wege beikommen und erfassen läßt, gibt sie sich als Mathias Corvinus Hunjady, König von Ungarn (ungar.: Matyas l(iräly) zu erkennen, welcher hier nicht nur die eigenen Thatcn und Schicksale, sondern auch die seines Vaters Johann Hunjady und anderer Helden, ja vielleicht sogar die moralischen Fehltritte der letzten Grafen von Cilli auf sich nehmen muß. (Vergl. die Amnerkun-gen 17, 18. 20. 21). Seine bedeutungsvolle Rolle ist aber noch nicht zu Ende; denn das Volk ist dankbar gegen seine Lieblinge und Beschützer und läßt sich selbst vom Tode den kostbaren Besitz nicht rauben. So glaubt der böhmische Bauer seinen Wohlthäter Josef II. noch jetzt am Leben und nur auf einer Rundreise in entfernte Provinzen begriffen, die er in einem altmodischen Wagenkasten mit alten magern Mähren bespannt, nach alter Gewohnheit incognito durchfährt; so läßt mancher franzö-stsche Veteran seinen großen Kaiser noch nicht verstorben sein, sondern fern im Orient Barbarenheere in europäischer Kriegskunst und Mannszucht unterrichten; und so ist nach der Sage der Südslaven auch König Mathias noch nicht gestorben, sondern schläft nur, des Wiedererwachcns gewärtig, in einer Grotte im tiefen Ungarn, wie Friedrich Barbarossa im Kyffhäuser und Karl der Große im Salzburger Untersberge, wie Holger der Däne in einem Gen'ölbc bei Kronburg und Artus der Britte in einem Berge seiner Heimath. Dort sitzt er mit seinen Kriegern (schwarze Legion, eerna voiska) a» einem Tische unter dem in der slavischen Volkspoeste so charakteristischen Lindenbaume, unter welchem alle Haupt- und Staatsaktionen vorzugehen Pflegen. Ein Lied, bas jedoch seiner sonstigen llnbedeutenb-heit halber in die Sammlung nicht ausgenommen wurde, läßt ihn sogar, wie Orpheus um Eurydice, mit einer Geige in der Hand zur Hölle steigen, um seine tobte Geliebte heraufzuholcn, was ihm aber. da diese unterwegs das gebotene Stillschweigen bricht, eben so wenig glückt, als seinem thrakischcn Vor-bilde. *) In solcher Art knüpft das Volk an die Personen seiner Lieblingsheldcn ohne kritische Sichtung deren eigene und fremde Eigenschaften, Handlungen und Erlebnisse, wie diese durch die Uebcrlieferung zu seiner Kenntniß gelangt sind. Das belebende Element jener, nach dem Gesagten wohl größtentheils dem 16. und 17. Jahrhunderte angehörigen romanzenartigen Lieder ist ein unersättlicher, oft in blutdürstige Grausamkeit ausartender Türkcnhaß (Vgl. S. 96. 117); bezeichnend und für ihre echt oolksthümliche Abkunft zeugend ist das Uebertragen der eigenen Anschauungsweise, Geschäfte und Hantirungen des Volkes auf seine Helden (S. 83. 90), der eigenen Sitten und Gebräuche auf fremde Volker (S. 114), der gegen die nächsten Nachbarn sich kundgcbende Provin- *) So konnte cs eben nur die große Popularität jenes flavischen Heldennamens sein, welche einen neuern südsta-vischen Dichter vcranlaßte, beiUcbertraguugberllhland'schen Romanze: „König Karls Mecrfahrt" für sein Publikum ten Kralj Matjaž in entsprechender Begleitung an die Stelle Karls und seiner zwölf Genossen zu setzen. (S. S. Vraz’s Gusle i tambura. Prag 843. S. 131.) zialhaß und Spott (S. 130) u. dgl. m. Obschon Krams Volkslied sein nahes Verhältniß zur Poesie der übrigen slavischen Völker nicht verlängnet, steht es doch mit der serbischen Volkspoesie in allernächster Verwandtschaft. Wenn jedoch das serbische Volkslied, im Einklänge mit der Geschichte Serbiens, als wohlgegliedertes Epos zur Feier vaterländischer Helden, als stolzer Triumph - und Siegesgcsang nach glanzvoll beendigten Kriegen, breit und feierlich dahinrauscht; so klingt, eben auch im Einklänge mit der Landesgeschichte, Krams Volkslied rasch und abgerissen, als kurze Romanze, als frisches Waffenlied, wie es Nachts am Vorpostenfeuer von wachenden Kriegern gesungen zu werden pflegt, die sich munter erhalten, die Nacht kürzen, vor allem aber den Faden, den jeder Augenblick durch Auszug oder Ueb erfüll durchschneiden kann, nicht über Gebühr ausspinnen wollen. Beachtenswerth ist in dem späteren Zeitabschnitte, bei wachsendem Verkehre mit deutschen Völkern, der allmähliche Uebergang des altslavischcn, gegenwärtig nur noch durch den serbischen revräsentirtcn Volksgesanges in die Auffas-sungs- und Darstellungsweise des deutschen Volksliedes, Aehnlichkeit der Motive und insbesondere die Aufnahme des den älteren Slaven fremden Rei- utež.*) Im 18. Jahrhundert verminderte sich durch die veränderte Art der Kriegsführung die Bethei-ligung des Einzelnen am Kampfe und ntithin auch die des Volksliedes; so klingt aus den letzten Türkenkriegen ein Lied . „London vor Belgrad" bereits ziemlich matt und farblos. Der gemachte halboffizielle Patriotismus aus den Preußen- und Franzosenkriegen konnte auch nur erzwungene Frücbte tragen. In neuerer Zeit ist mit der Physiognomie eines eigenthümlichen Volkslebens auch die des älteren krainischen Volksliedes in Allgemeinheit und Unbestimmtheit zerflossen und an seine Stelle ist eine aus kümmerlichen Inspirationen ländlicher Presbyterien, Schul- und Trinkstuben hervorgegangene Liederkunst**) getreten, welcher das belebende Element *) Auch in der böhmischen Poesie tritt der Reim erst mit der von K. Wenzel I. begünstigten Nachahmung deutscher Dichtkunst ei»; mit dem Vorherrschen des Reimes aber verlor sich allmählig der Geist ächtnationaler Poesie. (Vgl. I. E. Wocel, böhm. Alterthumskuudc. Prag 1843.) **) Es konnte hier nur von den verunglückten Versuchen modernster Volksdichtung die Oicbc sein; die Leistungen der neuern slovenischen Kunstpoesie, welche mitunter von sehr achtbaren Kräften wie Vodnik, Preserin, Koseski (Vestel) u. 5t. herrühreu, liegen außerhalb des Bereiches dieser Blätter. wahrer Volkstümlichkeit fehlt, und der sich aus dem Volke selbst gereimte Klagen über erhöhte Salzpreise, Abführung der Geliebten als Rekruten, drückende Steuern und Frohndienste it. s. w. traurig beigeselltcn. Eine wiewohl nicht sehr erhebliche Ausnahme von diesem Verstummen echter und ursprünglicher Volkspoesie bilden nur noch die kurzen, meist vierzeiligen Lieder, in der Landessprache Viže (Weisen) genannt. Ihre Heimath dürfte an der Grenze der deutschen Nachbarprovinzen oder vielmehr in der mit jener zusammenfallenden Alpenregion zu suchen sein, denn auffallend und unläugbar ist ihre Verwandtschaft mit den Liedern („Schnadahüpfln"^) der baierischen, österreichischen und steiermärkischen Gebirgslande. Eben die Verhältnisse der Alpenwelt bedingen ihre Art und Weise, indem in der Einsamkeit des Hochgebirges einzelne Aufschreie der jeweiligen Stimmung, Festhalten momentaner Eindrücke und Einfälle, kurze Zurufe der Nachbarn von Berg zu Berg natürlicher sind, als das Absingen längerer, auf gesellige Theilnahme angewiesener Gesänge. Mir ihren ursprünglichen Erfindern stie- *) lieber diese vgl. v. Spaun'S trefflichen Aufsatz: „die österreichischen Volksweisen" im Album aus Oesterreich ob d. Enns. Linz, 1843. gen jene Lieder im Herbste aus der reiner» Alpenregion herab in die Thalgründe, wo sie den Winter hindurch in Spinnstuben, auf Tanzböden und in Schenken An- und Wiederklang, oft auch ergänzende Elemente fanden. Da ihr Ursprung somit außerhalb des rein nationalen Elementes liegt, fehlt ihnen auch das scharfe Gepräge nationaler Eigen-thümlichkeit.*) Sie sind es aber, die gegenwärtig einzig und allein das Volkslied in Krain repräsen-tiren; denn das alte echte volksthümliche Lied hat längst aufgehört Gemeingut zu sein und fristet nur noch in einzelnen erlesenen Individuen ein fragmentarisches Dasein. Und so möchte denn beinahe, im Gegensätze zu dem einst in allen Landeskirchen angestimmten Gebete um Abwehr des blutdürstigen Erbfeindes, heutzutage die Muse des krainischen Volksliedes in ihren Tempeln um baldige Wiederkehr des liederweckenden Türken inbrünstig beten. Merkwürdig bleibt cs, daß die Reformation, die wie ein glänzendes Meteor auch über Krain gefeuchtet, in dem Adel und den Ständen des Landes *) Damit auch diese Gattung, obschon sie außerhalb der enggezvgenen Gränzen unserer Sammlung steht, in ihr nicht gänzlich unvertretcn sei, folgen in einem kurzen Anhänge einige Proben derselben. mächtigen Anhang und Schirm, in seinen Predigern und Gelehrten energische Organe gefunden hatte, dennoch in dem Volkslicdc keine Spuren zurückgelassen;*) erklärlich aber wird dicß, wenn man in der Geschichte des Landes von jenen, an die ältesten Christenverfolgungen erinnernden Gcwaltthaten liest, durch die cs den Männern des Staates und der Kirche jener Zeit gelungen, die keimkräftige Saat Luthers in diesem Lande mit Stumpf und Stiel auszurotten. Von den bis auf unsere Tage gekommenen Volksliedern Krams ist eine große Anzahl in der Originalfprache bereits durch den Druck aufbewahrt worden. **) Aus diesen und einigen handschriftli- *) Ei» jener Zeit angchöriges Sieb „Vom Jurj Kobila" (Spottname des evangelischen Predigers und Bi-belübersctzcrs Georg Dalmatin) befand sich nach dem Zeugnisse des Grammatikers P. Marcus Pochlin unter den von dem Priester Dismas Sakotnig (t 1793) gesammelten Volksliedern; doch scheint es eben so wenig als die Sammlung selbst unseren Tagen erhalten geblieben zu sein. (Vgl. Vraz's Narodne pesni, S. X.) **) Cs seien zunächst hier folgende Sammlungen erwähnt: Slovenske pesmi krainskiga naroda. v’Ljublani 1839—1844. Fünf Bändchen. (Dieser Sammlung liegt die von Emil Koritko, einem 1839 zu Laibach im Eril d;en Sammlungen, die ich freundschaftlicher Mittheilung verdanke, ist meine Auswahl hervorgegangen. Auf das rein Volksthümliche sie begränzend, das Interesse eines deutschen Publikums stets vor Augen, mußte ich Alles ausscheiden, was mir nicht unmittelbar aus dem Volke hervorgegangen, sondern das Werk unberufener Hände schien und Manches unübersetzt bei Seite legen, was für die Herausgeber des slavischen Textes nur in philologischer oder ethnographischer Hinsicht von Belange war. Bei Varianten habe ich und) an die volksthümlichste Lesart gehalten und mir überhaupt erlaubt, Den Maßstab eigener Kritik selbstständig anzulegen. Dabei ist jedoch nie die gewissenhafteste Achtung vor der Unverletzbarkeit eines als ed;t anerkannten Urtextes außer Augen gelassen worben. Die Uebersetzung verstorbenen talentvollen jungen Polen begonnene Zusammenstellung von Volksliedern zu Grunde. Zu bedauern bleibt es, daß die Reichhaltigkeit dieser Sammlung sich auf den Mangel strengkritischer Auswahl stützt.) Narodne Pesni ilirske, koje se pevaju po Stajerskoj, Kranjsko), Koruškoi i zopadnoi ugarske, Skupio i na svet izdao Stanko Vraz. Razdelak I. V’Zagrebu 1839. (Eine mit umsichtiger Kritik auf das streng Volksthümliche sich beschränkende Sammlung.) selbst aber darf sich der ängstlichsten Treue rühmen; das slavische Original mit all seinen eigenthümli-chen Rcdeformen, seinen vielen kindlichen Diminutiven, seinen plastischen Wiederholungen u. s. w. ist Vers für Vers, ja meistens Wort für Wort wiebergegeben. Wo das Original reimte folgte ihm auch die Uebersctzung, eben so wenig als jenes die im Volksliede eingebürgerten Assonanzen undZwit-terreime gänzlich verschmähend. DaS Metrum der meisten Lieder — mit Ausnahme jener, bei welchen man die nachbefserndc Hand unschwer herausfühlt — ist im Originale sehr ungleichartig, gelockert und zerfallen; vielleicht baß ursprünglich kein strenges Versmaß eingehaltcn wurde und der Text sich geschmeidig nur nach dem Tonfalle der begleitenden Melodie richtete; vielleicht daß jenes sich auf dem langen Wege der Ueberlieferung im Munde der Sänger oder in den Federn der Copisten auflöste und zerbröckelte. Jedenfalls hat sich noch so viel von innerem Rhythmus erhalten, daß ein geübtes Ohr das vorherrschende Versmaß, (meistens vier-füßige Jamben und Trochäen, seltener fünf- und drcifüßige Trochäen) hcrauszuhören vermag. Dieses ist in der Ueberfetzung, jedem einzelnen Liede entsprechend, durchgängig beibehalten worden, da sich ein deutsches Ohr mit der metrischen Zerfahrenheit des Urtertes schwerlich befreundet hätte. Ucbcrblicken wir nochmals die in diese Sammlung aufgenommenen Lieder, deren Werth der Herausgeber keineswegs überschätzt, deren Vcrloreuge-hcn er aber jedenfalls bedauern müßte, so mögen sich uns die meisten und schönsten derselben als ächte, wiewohl nur fragmentarische Ueberreste einer einst umfangreicheren politischen Volkspoestc der Wendenslaven darstellen. Ihr allmähliches Verstummen in späteren Tagen gibt aber zugleich den Fingerzeig, daß ihre eigentliche Lebensquelle bereits zu versiegen begonnen, denn wie ein geistvoller Schriftsteller der Neuzeit treffend bemerkt: „die Welle der Zeit macht es umgekehrt wie die Welle des Stromes; sie läßt die Leichen zu Grunde fahren und trägt nur das Lebendige.*)" Noch vor wenigen Jahren mochte diese Wahrnehmung vielleicht zu der Annahme verleiten, daß das slavische Element in den wendischen Landestheilen einem andern, dem germanischen, zu unterliegen beginne; eine Annahme, die insbesondere in neuester Zeit als eine *) Rvb. Peutz, bic politische Poesie der Deutschen. 3m Lit. bist. Taschenb. 1843. irrthümliche sich dargethan hat. Jene Erscheinung findet nielmehr ihren einfachen Erklärungsgrund in der auch anderwärts gemachten Erfahrung, daß der selbstständige, poetisch schaffende Volksgeist allmäh-lig und überall durch die Eroberungen der wachsenden Cultur verdrängt werde; die cigcnthümlichen alten Volksstttcn weichen den allgemeineren Formen des neueren Kulturlebens, die populären Helden der Vorzeit verlieren jede Beziehung zur Gegenwart und fliehen von den Lippen des Volkes in die Pergamente der Geschichte zurück, und an die Stelle des dahinstcrbendcn Volksliedes treten die anspruchsreicheren Schöpfungen der Kunstpoesie. Während dieser culturgeschichtliche Wendepunkt bereits zurückgelegt ist, stehen auf dem Hcimathboden unserer Lieder Germanismus und Slavismus noch im Kampfringe wohlgerüstet sich gegenüber, beide Rich-tungen vertreten durch Eingeborne, je nachdem bei den Einen die tiefwurzelnden Einflüsse germanischer Cul-turclcmcntc, bei den Andern die neu erwachten Ideen politisch-nationaler Staatcnbildungen maßgebend überwiegen. Noch hat das Gcrmanenthum, seines scheinbaren Uebergewichtes ungeachtet, einen vollständigen, dauernden Sieg nicht errungen, noch hat sich das Slaventhum nicht als besiegt bekannt, ja neuerdings führte es nach langer Kampfscheue jugendlichere und kräftigere Truppen in’3 Treffen. Auf welche Seite die Wünsche eines deutschen Dichters sich neigen, darüber kann wohl kein Zweifel walten; doch ist er zugleich nicht engherzig genug, das Maß der Berechtigung, die Macht der Begeisterung und heroischen Thatkraft auch in dem andern Lager zu verkennen und über dem einseitig starren Festhalten des nationalen Parlcipvstens die höheren wcltbeherrschcnden Losungsrufe der Menschheit zu überhören, vor denen das Fcldgeschrci der Nationalitäten verstummen muß, wie das Wort des Individuums vor der Stimme der Nation. Daß die großen Fragen, welche die Menschheit bewegen, nicht ohne Mitwirkung der mächtigen Slavenfamilie nachhaltig zu lösen sind, hat in neuester Zeit das weithin vernehmbare Rauschen der alten und vielästigen Slavenlinde deutlich genug angekündigt. Ein Zweiglein dieses BaumeS aber rührte sich schon vorlängst in den Liedern unserer Sammlung. Thurn am Hart in Kram, im Spätherbst 1849. Volkslieder aus Lrain. ,,Stufe anderer Wurzel erwuchs der Baum slnvischer Poesie und seine erquicklichsten Blüthen sprossen an den wilden Zweigen, die nicht die Hand geschickter Kunstgärtner, die nur der frische harmlose Sinn des Volkes pflegt." UeujahrsUcd. *) Guten Abend, Herr von Hause, Schenk' uns Gott manch gute Gäste, Vor dein Haus die grüne Föhre, Dran gebunden einen Rappen, Auf dem Rappen einen Sattel, Auf dem Sattel eine Wiege, In der Wieg' ein junges Söhnlein! In des Söhnleins Hand ein Becher, In dem Becher eine Rose, Auf der Rose dann ein Vöglein; Und das Vöglein lustig finge, Und sich in's Getreide schwinge, Daß das Wcizenkörnlcin springe! Volkslieder aus Strain. i Murscgcn.2) Steht ein Baum auf unsrem Felde, Wohl ein Apfelbaum von Golde, Unterm Baum ein Tisch von Golde, Sitzen dran Gott und Maria, Gott, Maria und Sankt Peter; Dieser hält ein golden Stäblein, Wirst es nach dem Apfelbaume, Daß herab drei Aepfel fallen. Fällt der erst' in unser Dvrflein, Und er macht es fröhlich werden; Fällt der zweit' in Ackerfelder, Und er macht sie kornreich werden. Jede Aehre trägt zwei Scheffel, Kolbenhirse füllt den Kasten; Fällt der tritt’ in's Weingebirge, Und er macht es weinreich werden. Altes Holz trägt ein Saumlast, Grubenrebe eine halbe, Bogenreis wohl einen Eimer! Hochzeit der Öügel.3) Vögel Hochzeit feiern Auf dem Feld im Freien. Fink' ist der Neuvermählte, Finkin ist die Erwählte. Festmeister^ ist der Geier, Nickt bei der Tafel statt Zweier; Brautmutter ist die Eule, Kürzt sich am Tisch die Weile; Wolf ist heute Metzger, Drüben das Messer wetzt er; Hase ist heute Kellner, Bringt den Wein und die Teller; Hausmagd ist die Katze, Fegt de» Tisch mit der Tatze. Spielleute find die Hunde Mit dem breiten Munde : Fliege tanzt mit der Mücke, Geht die Welt fast in Stücke! Fliege aber beim Holpern Bricht sich ein Bein im Stolper». Schickt um den Bader in Eile, Daß er den Beinbruch heile! Ehe der Bader sich sputet, Längst die Fliege verblutet. Käuzchen und Eule. Käuzlein sitzt nuf dem Zweige, Gute sitzt auf dem Steine. Winkt die Eule dem Käuzlein: „Kämpfen wir ein Sträußlein, Raufen wir um eine Kürbisflasche mit Weine!" Haben den Wein im Magen Und den Kürbis zerschlagen. „Wenn du mich willst knacken. Wer wird Brot dir backen? Brichst du mir die Knochen, Wer wird dein Süpplein kochen?" König Ämsci. Schwarzainsel hat Provinzen neun, Das erste Land heißt Föhrenhain, Das zweite Land heißt Ulmenreich, Das dritte Land heißt Weidenzweig, Das vierte Land heißt Erlenstatt, Das fünfte Land heißt Hasclblatt, Das fcchste Land heißt Eichenwald, Das siebente Land heißt Buchenhald', Das achte Land heißt Ahornast, Das neunte Land heißt Lindcnrast, In jedem Land der Schlösser drei, In jedem Schloß der Liebsten drei. Von jeder Liebsten Söhnlein drei, Ein jedes Söhnlein Röcke drei, In jedem Rocke Taschen drei, In jeder Tasche Dukaten drei. Dm Liebchen. Schwarze Amsel singt gar schön Auf des grünen Buchbaums Höhn; Späht empor ein Jägerknab Schöffe sie so gern herab. „Jägerknabh o schone mein, Will noch froh des Lebens sein! Sieh, mein sind der Länder drei, Und darin der Liebchen drei. „Erste ist die Schreiberin Zweite ist die Schaffnerin, Dritte ist Marjetka fein, Die mein achtes Lieb allein. „Aß mit der erste» Backwerk süß, Mit der zweiten Braten vom Spieß, Mit der dritten trocknes Brot, — Beste Kost ist trocknes Brot! ---- 8 ------ „Schlief mit der ersten auf Polstern nett, Mit der zweiten im Federbett, Mt der dritten im Farrenkraut, — Bestes Bett ist Farrenkraut! Winter. Es hat bei uns viel Schnee geweht, Der über's Knie den Männern geht. Er sie! wohl über Dörfer neun Und sieben Kirchen obendrein: Man sieht ringsum auf weiter Flur-Des neuen Kirchthurms Spitze nur. Schwarzamsel sitzt auf Kirchthurms Höhn, Da zwitschert sie und singt gar schön: ,,O daß der Lenz bald wiederkam', Den Schnee bald von den Bergen nahm', „Daß er in Wuchs Erdbeeren trieb, Erdbeeren klein und Veilchen lieb, „Und Mädchen pflückten in der Näh, Schwarzamsel dann sie wiedcrsäh1,1 Freiheit. Seglern finget Auf dem grünen Baume. Das erschaute Weißen Schleffes Herrin: Komm, mein Seglern, Her ine weiße Schlößlein! Bei mir wirst du Köstlich Naschwerk naschen, Köstlich naschen, Malvasier auch trinken. Wirst beim Prinzlein, Jungen Prinzlein sitzen, Bei ihm sitzen, Lieder schön ihm fingen. „Will nicht, will nicht Zu dir, junge Herrin, Möchtest sperren Mich ine weiße Schlößlein. Lieber flieg' ich In dem grünen Walde; Esse vollauf Gelbe Weizenkörner; Trinke vollauf Schönes frisches Wasser, Singe vollauf Frei nach guter Laune." Täubchen. Daß voll Than die 'Schuhe dein, Wo magst du gegangen sein Bei der Nacht? War im grünen Walde brin, Wo die schönen Täubchen sind Bei der Nacht. Haben rothe Wängelein, Schöne rothe Schnäbelein, Bei der Rächt. Nur die Täubchen liebt' ich fein. Doch ein einzigs fing ich cm. Bei der Nacht. Hat das schönste Schnäbelein, Hat die röthsten Wängelein, Bei der Nacht; Liebt dies Täubchen mich allein, Wollen leben schön zu Zwein, Bei der Nacht. Liebesbangrn. „Was ist dir, mein Vöglein, Weißes Turteltäubchen, Daß so bleich geworden Dir das rothe Wänglein?" Wie soll nicht erbleichen Mir das rvthe Wänglein, Da vom Liebsten trennen Mich die Leute wollen! Wenn die Leute trennen Mich vom Liebsten werden, Wird zu Tode traurig Auf der Welt mein Leben. Und wenn meine Thränen Auf die Steine fallen, Wird der Stein sich spalten In zwei morsche Theilc. ---- 14 ------ Wermuth, Wermuthstaude, Mir ter scharfen Blüthe, Werde dich dann pflücken Und um’8 Herz mit legen. Wo mein Liebster gehe, Rosmarin erstehe, Daß von Rosmarine Rings um ihn es grüne! Ständchen. Gar sv schön kukukt der Kukuk Dort im grünen Buchenhain, Und es schlägt gar schön die Wachtel Dort am grünen Wiesenrain; Seine Sense wetzt mein Liebster Dort am grünen Wiesenrain. Kühler Than und schärft Sense, Und das Gras sinkt lustig ein! Trockner Ostwind, warme Sonne, Und das Heu wohl trocknet fein! Weiches Bettlcin, schönes Liebchen, Kurze Nächte werdend sein! Zuruf. Trinket, fresset, Meines Bruders Rößlein! Dann heißl's laufen Bis zum neunten Lande; Dort zu finden Meines Bruders Čitbfie. Wie ihr Kopfputz? Bunte Bänder flattern. Was am Mieder? Blanke Nadeln schimmern. Was am Händchen? Helle Ringe glänzen. Was am Füßchen? Schmucke Schuhe flimmern. Was am Leibe? Reiches feines Röcklein. Goldne Sichel Schwingt ste, Klee zu mähen; Was beginnt sic? Gibt den Rößlein alles. Wcltjammer. O scheine, Sonne, scheine Du gelbe Sonne du! „Ich kann dir nimmer scheinen Vor großer Traurigkeit. Wenn Morgens ich erstehe, Das Weibervolk schon greint: Wenn Abends fort ich gehe, Das Hirtenvolk noch weint: Wenn ich zu Berge scheine, Nur arme Teufel gibts! Wenn ich zu Thale scheine, Nur Bcttelweiber gibts! Fragen. Wozu ist mein langes Haar mir dann, Wenn ich kein Band drein flechten kann? Wozu ist mein Füßchen mir flink und fein, Darf tanzen ich nicht mit dem Liebsten mein? Wozu ist mir nur die weiße Hand, Darf sie nicht halten de» Liebsten umspannt?» Wozu ist mein Slug' mir so schwarz und scharf, Wenns nicht mehr den Liebsten erspähen darf? Wozu sind mir die Gedanken mein? Zu denken, mein Liebster, allimmer dein! Minka. „Geh bed), Minka, jetzt nach Haus!" „„Will nicht, will nicht, darf nicht gehn."" „Wer nur, Minka, verwehrt es dir?" ,„,,Thut cs der Liebste, der Liebste mein."" „Was gibt, Minka, der Liebste dir?" „„Thaler, Thaler, Thalcrlein zwei."" „Was dann, Minka, thust du damit?" ,, „Kauf ein Wieglcin, ein Wieglein mir."" „Wozu, Minka, das Wiegelein?" „„Söhnlein, mein Söhnlcin wiegen drein."" „Was wirst, Minka, singen dabei?" „ „Eja popei, Gatt gcb' bald zwei!" " Die Läuferin. Die Läuferin läuft Am Bergesrain, Die Nadel am Busen Wirft glänzenden Schein, Kaum streift den Baden Das Füßchen klein; Es laufen drei Bürschlein Wohl hinterdrein, Da spricht ihr Vater Zu diesen drein: Wer kann sie erlaufen Deß soll ste sein! Mara. Auf und nieder wallt Schön Mara An des Donaustrands Gestade, In den Donauspiegel schaut sie. Und sich selber drin erschaut sic. „Gottes Wunder, Gottes Gnade, Wie bin ich doch gar so schöne ! Meine schönen, schwarzen Augen Alle Bursche mir bezaubern, Sie bezaubern alle Bursche, Sie vernichten alle Bursche Nebst dem türkschen Harambassen, Der dort trabt durch Kriegesmaffen, Der durch Kriegesmaffen wallet, Blanken Säbel umgeschnallet!" Wohin damit? Kommt zu Roß geritten Aus dem Schloß mein Liebster, Auf dem Pferde trägt er Einen Weißen galten. Auf dem Hute trägt er Rosmarins ein Sträußlein, Und das Rößlein wiehert, Rosmarin erblühet. „Meine süße Liebste, Sprich, wohin das Rößlein?^ ,, „O mein süßer Liebster, Nach dem weißen Stalle!"" „Meine süße Liebste, Sprich, wohin den Falken?" ,, „O mein süßer Liebster, In mein lichtes Zimmer!" “ „Meine süße Liebste, Sprich, wohin das Sträußlein?" ,, ,,O mein süßer Liebster, An mein blankes Mieder" Drei Töchter. Hatt' ein Wcib drei Töchter. Hat vermählt all dreie; Hat vermählt die eine Fern zum grauen Meere. Hat vermählt die andre Fern zum ebnen Felde. Hat vermählt die dritte Fern in steile Berge. Auf Besuch die Mutter Geht zur ersten Tochter, Fern zum grauen Meere, Grauen, tiefen Meere. ,,Töchterchen, mein liebes, Ist dir gut zu Muthe Hier am grauen Meere, Grauen^ tiefen Meere?" ,, „ Gut ist mir zu Muthe, Drob sei Gott gepriesen! Bade mich in Weine, Trockne mich in Seide," " Auf Besuch die Mutter Geht zur zweiten Tochter, Fern zum ebnen Felde, Ebnen breiten Felde, ,,Töchterchen, mein liebes, Ist dir gut zu Muthe Hier im ebnen Felde, Ebnen breiten Felde? " ,,,,Gut ist mir zu Muthe, Drob sei Gott gepriesen! Bade mich in Molken, Trockne in Mußlin mich," " Auf Besuch die Mutter Geht zur dritten Tochter In die steilen Berge, Steilen hohen Berge, Volkslieder aus Strain. 2 „Töchterchen, mein liebes, Ist dir gut zu Muthe Hier in steilen Bergen, Steilen, hohen Sergen?" ,, „Gut ist mir zu Muthe, Drob sich Gott erbarme! Bade mich in Thränen, Trockne mich in Wermuth. „ „Jede Nacht fort eilt er. Jede Nacht heim kehrt er, Jede Nacht heim bringt er Eines Tobten Haupt mir." " Weinend zieht die Mutter Schleunig aus dem Hause. In der Nacht nach Hause Kommt der Mann der Tochter. „Hörst du Weib, mein theures, Kennst Du dieses Haupt nicht? " ,, „Wie sollt' ich erkennen Meines Vaters Haupt nicht!" " „Hörst Du Weib, mein theures, Kennst Du dieses Haupt nicht?" ,, „Wehe, dreimal wehe. Meiner Mutter Haupt ist's !““ „Wenn Du aber weinest Bring ich dich zum Schweigen, Bring ich dich zum Schweigen, So wie Deine Mutter." Mit dem Munde lächelt, Doch im Herzen weint sie, In dem Herzen weint fie, Athmet aus die Seele. Des Helden Sitte.-) Auf bem schwarzen Berge Brennt ein helles Feuer, Dran vorüber reiten Dreimal zehn der Helden. Dreimal zehn der Helden, Auserlesne Krieger; Einer unter ihnen Ist gar schwer verwundet. „Bitt um Gvtt euch Brüder, Laßt mich hier nicht liegen, Doch hinaus mich führet Nach dem ebnen Felde; Dort bei Sankt Johannes Grabt mir eine Grube, Tief für meine Büchse, Breit für meinen Säbel. Aber laßt mir draußen Meine Hand, die rechte, Aber breitet drinnen Meinen Reitermantel. In das Grab mir leget Rosmarins ein Sträußlcin, An den Arm dann bindet Mir inem Pferd, den Rappen. Rößlein, um mich traure, Da's nicht will die Liebste. Trauern würd' auch Liebchen, Wenn's die Arme wüßte! Brüderlein, dich 6itt’ ich, Wenn du gehst vorüber An dem weißen Hofe, Bleibe stehn und fag’ ihr: Daß ich mich vermählte Mit der schwarzen Erde, Daß ich mich vermählte Mit der grünen Wiese." Der Gefangene. Liegt ein armer Krieger In dem Thurm gefangen. Väterlein, mein theures, Löst mich aus dem Kerker! „Söhnlein, mein vielliebes, Was für dich zu geben?" Ist nicht viel zu geben: Die drei schwarzen Pferde. ,.Söhnlein, mein vielliebes, Ist zu viel zu geben! " Liegt ein armer Krieger In dem Thurm gefangen. Mütterlein, mein theures, Löst mich aus dem Kerker! „Söhnlein, mein vielliebes, Was für Dich zu geben?" Ist nicht viel zu geben: Die drei weißen Burgen. „Söhnlein, mein vielliebes, Ist zu viel zu geben." Liegt ein armer Krieger In dem Thurm gefangen. Brüderlein, mein theures, Lös' mich aus dem Kerker! „Brüderlein, vielliebes,^ Was für Dich zu geben? Ist nicht viel zu geben: Die drei blanken Büchsen. Brüderlein, vielliebes. Ist z» viel zu geben. Liegt ein armer Krieger In dem Thurm gefangen. Schwesterlein, mein theures, 8of’ mich aus dem Kerker! „Brüderlein, vielliebes, Was für dich zu geben? " Ist nicht viel zu geben: Die drei schönen Zöpslei». „Brüderlein, vielliebes, Ist zu viel zu geben." Liegt ein armer Krieger In dem Thurm gefangen. Liebchen, theures Liebchen, ^ Lös' mich aus dem Kerker! „Mein geliebter Liebster, Was für Dich zu geben? " Ist gar viel zu geben: Traun, dein weißes Händchen. „Mein geliebter Liebster, Ist nicht viel zu geben; Ist nicht viel zu geben. Nur mein weißes Händchen. Leicht für dich zu geben Hand und auch das Leben." Trost -er d erlassenen. Wer wirb, Mädchen, bann dich trösten, Wenn ich dich verlassen Hab'? ,,Werden's thun die kleinen Vöglein, Die in Lüsten fliegen hin. Und erheitern meinen Sinn." Neue Flinte werd' ich kaufen All die Vöglein schießen ab. — Wer wirb, Mädchen, bann dich trösten. Wenn ich dich verlassen Hab'? ,,Werden's thun, die kleinen Fischlein, Die im Meere schwimmen hin, Und erheitern meinen Sinn." Neue Netze werd' ich kaufen All die Fischlein fangen ab. — Wer wird, Mädchen, bann dich trösten, Wenn ich dich verlassen Hab' ? „Werdend thun die kleinen Röslein, Die am Felde blühen hin, Und erheitern meinen Sinn." Neue Sense werd' ich kaufen, All die Röslein mähen ab. -Wer wird, Mädchen, dann dich trösten, Wenn ich dich verlassen Hab' ? ,, Werden's thun die jungen Bürschlein, Die am Felde pfeifen hin Und erheitern meinen Sinn." Großen Krieg werd' ich beginnen, All die Bürschlein fangen ab. — Wer wird, Mädchen, dann dich trösten, Wenn ich dich verlassen bab' ? Der Schcintodte. „O baut ein Kirchlein, Mütterchen, Daß Messe höre, wer da sei, Vielleicht mein Liebchen auch dabei," Das Kirchlein baute Mütterchen, Da kam zur Messe, wer da war, Doch Liebchen war nicht in der Schaar, ,,O grabt ein Brünnlein, Mütterchen, Daß Wasser hole, wer da sei, Vielleicht mein Liebchen auch dabei," Es grub das Brünnlein Mütterchen, Da kam um Wasser, wer da war, Doch Liebchen war nicht von der Schaar, „Sagt daß ich todt sei, Mütterchen, Daß beten komme, wer da sei, Vielleicht mein Liebchen auch dabei." Daß to dt ihr Sohn sagt Mütterchen, Da kam zu beten, wer da war, Sein Liebchen eilt voran der Schaar: ,, „Was ist das für ein Todter mir, Der durch die Fensterladen guckt Und mit dem Fuß zum Tanze zuckt! Was ist das für ein Todter mir Der Hände zum Umarmen regt Und seinen Mund zum Kuße trägt! "" Mn Johannisfest.,«) Johannis feiern Jungfraun bte'i, Erhöhn im Dorf den Maibaum frei: „O Königssohn, Gott mit dir fei! " Ihr Lied so wundersam erklingt, Daß in die Ferne weit sich's schwingt Und bis zum neunten7) Lande dringt. Was spricht der junge Königssohn? „Ist das geweihter Glocken Ton? „Ist das der Ton von Vöglein klein? Ist das der Ton von Jungfraun rein? Führt mir herbei ein Rößlein risch! Daß an den Ort ich sprenge frisch ! „Daß selbst ich Höf in schnellster Frist Was für ein seltner Ton das ist! " Da sprengt der Königssohn herbei, Da findet er die Jungfrau» drei, Ihr Lied so wundersam erklingt, Daß cs sein ganzes Herz bezwingt. Zur ältstcn Jungfrau kehrt er sich: „Wie sangst du deine Lieder, sprich," Antwortet ihm die Maid: „Ich sang Als halle der großen Glocke Klang." Zur zweiten Jungfrau kehrt er sich: „Wie sangst du deine Lieder, sprich," Antwortet ihm die Maid: „Ich sang Als klingle des kleinen.Glöcklcins Klang," Zur jüngsten Jungfrau kehrt er sich: „Wie sangst du deine Lieder, sprich." Antwortet ihm die Maid: „Ich sang So gut ich's kann und mir'ö gelang," Die allste Jungfrau fragt er nun : „Sprich, was ist deines Vaters Thun? Antwortet ihm die Maid darauf: „@i, meines Vaters Thun, das ist, Daß stets er gelben Weizen mißt." Die zweite Jungfrau fragt er nun: „Sprich, was ist deines Vaters Thun? Antwortet ihm die Maid darauf: „Kein andres Thun mein Vater wählt. Als daster weiße Thaler zählt." Die jüngste Jungfrau fragt er nun: „Sprich, was ist deines Vaters Thun? Antwortet ihm die Maid darauf: „Gestorben Vater, Mutter sind, Ich bin ein arm, verwaistes Kind." Der Königssohn faßt ihre Hand, Führt sic mit sich in's neunte Land: Und also spricht er zu der Maid: „Das ist das Stimmlein, dessen Klang Wohl bis zum neunten Lande drang !" Gestrafte Untreue. Wer schläfrig ist mag schlafen gehn. Bin schläfrig nicht, geh' schlafen nicht; Jung Schreiber kommt noch heut zu mir. Da stellt sic auf der Wächter drei, Ob ihr Gemahl im Kommen sei: Der erste draußen steht im Feld, Der zweite Wach' im Hofraum hält, Der dritte vor dem Kämmerlein. Sie hört den ersten Wächter schrein: Holla, Holla, jung Frauchen mein, Jvankowitsch schon reitet heim! Wir sahn ihn zwar mit Augen nicht, Doch hörten wiehern wir sein Roß, Sein blanker Säbel Blitze schoß. Ist nichts, ist nichts, jung Schreiber lieb, Der Wächter weiß nicht, was er spricht. — Sie hört den zweiten Wächter schrein: Holla, holla, jung Frauchen mein, Jvankowitsch schon reitet heim. Wir sahn ihn zwar mit Augen nicht, Doch hörten wiehern wir sein Roß, Sein blanker Säbel Blitze schoß. Ist nichts, ist nichts, jung Schreiber lieb, Der Wächter weiß nicht, was er spricht, Sie hört den dritten Wächter schrein: Holla, holla, jung Frauchen mein, Jvankowitsch ist schon daheim. „Holla, holla, jung Frauchen mein. Nun schließt mir auf bas Kämmerlein." Die Frau schließt auf bas Kämmerlein, Jung Schreiber springt Lurch's Fcnstcrlcin, Und stößt dabei die Scheiben ein. „Holla, holla, jung Frauchen mein, Wer stieß die Fensterscheiben ein?" Ist nichts, ist nichts, gestrenger Herr, Die Katze sprang dem Mäuslein nach. „Holla, holla, jung Frauchen mein, Was mag so wirr das Haar euch sein? " Ist nichts, ist nichts, gestrenger Herr, Die Hand der Magd kämmt mich so schlecht. „Holla, holla, jung Frauchen mein. Was mag zerstört das Bettlein sein? " Ist nichts, ist nichts, gestrenger Herr, Die Schlüssel suchte fc'tin die Magd. „Holla, holla, jung Frauchen mein, Was mag tu’t Mieder offen feilt? " Ist nichts, ist nichts, gestrenger Herr, Dem Söhnchen gab ich erst die Brust. Der Herr zieht seinen Säbel blank, Der Herrin Haupt zu Boden sank. Janko. Altes Mütterlein wallt an dem Berge, Holen Wasser dort drei junge Bursche, Habt ihr nicht gesehn mein Söhnlein Janko? „Nicht gesehn, doch ward uns von ihm Kunde, Daß ihn fortgeführt drei junge Türken, Erster sagt' ihm: Janko, lauf' zu Berge! — Bin kein Hirschlein, daß ich lief zu Berge, Zweiter sagt ihm: Janko, lauf in's Wasser! Bin kein Fischlein, daß ich lief in's Wasser! — Dritter sprach : Uns, Janko, dich verkaufe! — Bin kein Mädchen, daß ich mich verkaufe, Doch ein Held bin ich, der Mädchen liebet! " Der Schwimmer. Liegt dort, liegt die schöne Ebne, Lange Ebne, breite Ebne. Führt ein Pfad wohl durch die Ebne, Langer Pfad und wohlgebahnter. Auf dem Pfade wallt ein Mädchen, Gar ein schönes, junges Mädchen. Und sie schaut ins stille Waffer, Stille Waffer, klare Donau. In der Donau, in der Donau Ist der Mond drin, ist's die Sonne? Nicht der Mond isüs, nicht die Sonne, Schwimmt im Strom ein junger Krieger. „Schwimme, schwimme junger Krieger, Schwimme und erschwimm' das User!" ,,„D mein Mädchen, theures Liebchen, O daß ich's erschwimmen könnte! Doch mein schöner scharfer Säbel Zieht mich tiefer in die Donau; Meine schone blanke Büchse Zieht hinab mich bis zum Grunde," " von dcr schönen vida. Schöne Vida stand am Meeresstrande, Wusch da ihres Wicgenkind's Gewände, Kam ein schwarzer Mohr durchs Meer, das Helle, Hielt den Nachen an und sprach zur Stelle: „Warum bist du, Vida, nicht so blühend, Nicht so blühend mehr und wangcnglühend, Wie du warst, noch ist nicht dessen lange? " Schöne Vida ihm antwortet bange: „Wie doch war' ich blühend, wangenglühend. In so schwerer Unglückslast mich mühend! Ach, daheim mein Söhnlein liegt, das kranke, Thorenrath that mir's gar schlecht zu Danke, Da ich mir zum Mann nahm einen Alten! Habe wenig frohen Sinns behalten, Weint des Tags mir vor der kranke Junge, Hustet Nachts mir vor des Alten Lunge," Draus der schwarze Mohr ihr dieses sagte: ,,Menu's dem Kranich nicht daheim bchagte, Zieht er über's Meer; du aber eile Fort mit mir, daß so dein Herzleid heile. Schöne Vida höre, dich zu holen Hat mir Spaniens Königin befohlen. Sollst dort Amme sein dem Königleine, Ihrem Sohne, unferm Kaiserleinc, Wirst es säugen, wirst sein Wieglein wiege», Wirst es locken und sein Bcttlein betten, Singst in Schlaf es ein durch schöne Lieder, Plagst mit schwerer Arbeit nie dich wieder," In das Schifflein sich Schön Vida senkte. Wie es abstieß und vom Ufer lenkte, Wie das Schifflein durch die Wogen jagte, Weinte Vida bitterlich und klagte: „Wessen Hab ich Arme mich vermessen Ach und wem daheim vertraut indessen Meinen kranken Säugling, den verwaisten, Meinen Mann, den armen und ergreisten? “ Sonntagsmorgen drei von hinnen schwanden Bis die Beiden bei der Fürstin landen, Schöne Vida harrt in aller Frühe An dem Fenster bis die Sonn' erglühe. Und zu stillen ihres Herzens Klagen Thät ste sv die gelbe Sonne fragen: „Sonne, Helle Svnne, gib mir Kunde Wie mein Söhnlcin sich gehabt zur Stunde?" „Wie doch soll dein Söhnlein sich gchaben, Hielten ihm die Kerze gestern Abend! Und dein Mann ist fort von Haus gezogen, Und er sucht dich, fährt durch Meereswogen Und er sucht dich und er weint gar kläglich, Bersten will sein Herz vor Gram unsäglich." Kommt des Nachts der weiße Mond gezogen, Schöne Mda steht am Fensterbogen, Und zu stillen ihres Herzens Klagen Thal sie so den weißen Mond befragen: „Mond, du heller Mond, o gieb mir Kunde Wie mein Söhnlein sich gehabt zur Stunde? " „Wie doch soll dein Söhnlein sich gehoben, Heute ward das arme Kind begraben; Und dein Vater ist von Haus gezogen Und er sucht dich, fährt durch Mecrcswogen, Und er sucht dich und er weint gar kläglich, Bersten will sein Herz vor Gram unsäglich." Schöne Vida bitter weint' und klagte; Trat zu ihr die Königin und fragte: Volkslieder aus Krain. q „Was ist dir geschehen, Vida, sage, Daß Du weinest in so bittrer Klage?" Zu der Fürstin Vida spricht im Harme: „Ach wie sollst ich meinen nicht, ich Arme! Als das Gvldgeschirr am Fensterboge» Ich gescheuert, stel mir's in die Wogen, Fiel der Becher mir, der goldesschwere, Von des Fensters Höh zum tiefen Meere! " Und die Königin spricht Trost und Gnade: „Nicht in Thränen drob dein Antlitz bade, Kaufen will ich einen andern Becher Und für Dich beim König sein Fürsprecher: Zu dem Königlein geh, zu dem kleinen, Daß es Dir vertreibe Schmerz und Weinen." Kauft die Königin wohl einen Becher Ist für sie beim König wohl Fürsprecher; Vida steht am Fenster alle Tage, Weint um Vater. Kind und Mann mit Klage. Lin Verlasiner. Es liegt, es liegt ein schmaler Pfad, Ein schmaler Pfad, ein glatter Pfad, Der führt in’s Dickicht tief hinein, Tief in den grünen Wald hinein. Ein Sünder liegt im Wald allein, Er liegt gar krank und ächzt gar schwer, Wünscht sich herbei den Priester sehr. Da fliegt ein Vögelein heran, Zum Vöglein spricht der arme Mann: ,, ,,Da lieg’ ich kranker sünd'ger Mann, Und wünsche mir den Priester sehr; Wenn mir nur da ein Bote war'! “ " So spricht und sagt das Vögelein: „Ich selber will dein Bote sein," Das Vöglein in die Lust sich wiegt Und an des Pfarrers Fenster fliegt, Da zwitschert es und fingt so fein, Daß drob bet Pfarrer wach muß sein: „3m Wald liegt Einer, krank gar schwer Und wünscht herbei den Priester sehr! " Das Vöglein auf den Thurm sich schwingt. Und an die große Glocke klingt. Daß drob der Meßner wach muß sein. Der Meßner eilt zur Kirche schnell, Den Pfarrer fand er schon zur Stell'. Der Pfarrer spricht und redet dieß: „Ein Sterbender mich rufen ließ, Jedoch wohin? das weiß ich nicht! " Das Vöglein aber also spricht: „Jn'S Schnäblein mir das Glöcklein thut, So will ich vor euch springen gut, Wohl springen gut und klingeln gut." Sie reichen stink das Glöcklein ihm. Vor ihnen hurtig springts dahin, Wohl springts dahin und klingelt hin, Zum Kranken dort im Waldesgrün. — Der Sünder beichtet allsoglcich, Die Seele stiegt in's Himmelreich. Agnes. Es steht, es steht ein weißes Schloß, Jung Agnes steht am Fensterlein, Kämmt ihr gelb Haar mit goldnem Kamm. Gefreit hat böser Türk' um sic, Gefreit wohl hat er sieben Jahr' In jedem Jahre siebenmal, Doch gaben sie die Maid ihm nicht „Was ich euch bitte, Mütterlein, O Mütterlein und Herrin mein, Laßt mich zur Türkengrenze gehn Mir schöne Blumen zu ersehn." „Was ich dir sage, Töchterlein, Magst nicht zur Türkengränze gehn Dir schöne Blumen zu ersehn, Dort finge böser Türke dich, Der um dich freite sieben Jahr Und siebenmal in jedem Jahr, Wir aber gaben Dich ihm nicht." Jung Agnes doch beachtet's nicht, Zur Türkengränze wallte sie Unb kleine Blumen pflückte sie. Das erste Sträußchen schon sie band Und es mit Bändern schön umwand: „Das sei dir, Königssohn in Wien! " Das zweite Sträußchen schon sie band Und es mit Bändern schön umwand: „Das soll für mich, die Agnes, sein! " Das dritte Sträußchen schon sie wand. Hielt schon die Blumen in der Hand, Wie sie sich aber umgcdreht Der böse Türke vor ihr steht, Erfaßt sie bei der weißen Hand Und schleppt sic sort in's Türkenland. Zum Türken Agnes also spricht: „Dieß, böser Türke, bitt' ich Dich, Laß mich zur Mutter auf Besuch, Daß ich doch Abschied nehmen kann! " Sollst erst zur Mutter auf Besuch Bis du ein Söhnlein mir gebarst. Roch schöner wird's zu sehen sein, Trägst du am Haupt ein Wiegelein." Jung Agnes wohl erwartet's schwer, Daß ihm der.Sohn geboren tote’. Zum Türken Agnes also spricht: „Dieß, böser Türke, bitk' ich dich, Laß mich zur Mutter auf Besuch, Daß ich doch Abschied nehmen kann/' „Sollst erst zur Mutter auf Besuch, Wenn sieben Jahr bas Söhnlcin alt, Noch schöner roitfc’ei zu sehen sein Wenn vor dir wallt das Söhnchen klein/' Jung Agnes wohl crwartet's schwer. Daß sieben Jahr das Söhnchen war'. Zum Türken Agnes also spricht: „Dieß, böser Türke, bitt' ich dich, Laß mich zur Mutter auf Besuch, Daß ich doch Abschied nehmen kann/' „Sollst erst zur Mutter auf Besuch, Wenn vierzehn Jahr das Söhnchen alt, Daß lesen es und schreiben lern', Zu rathen wisse jedem Herrn," Jung Agnes wohl erwartets schwer, Daß vierzehn Jahr das Söhnlein war', Zum Türken Agnes also spricht: „Dieß, böser Türke, bitt' ich dich, Laß mich zur Mutter auf Besuch, Daß ich doch Abschied nehmen kann/' „Was soll ich täuschen dich »och mehr, Nach Hause kehrst du nimmermehr! " „Herbei, herbei, d» Svhnchen mein, Und schreibe schnell ein Briefchen fein An Vater mein und Mütterchen, Daß sie mich nimmer Wiedersehn, Und schreib' ein andres Briefchen fein Dem Königssohn nach Wien hinein, Er mag ein andres Lieb ersehn, Mich wird er nimmer Wiedersehn." Ein friedfertiger Herr. Es ragt eilt blankes Schloß empor Drei Lindenbäume stehn davor. Im Schatten sitzen edle Herrn, Der Schloßherr ist des Kreises Kern. Er nimmt ein Blumenblatt zur Hand Und pfeift, daß bebt der Berge Wand. Er pfeift zum ersteninal und wiitkt, Herbei der erste Diener springt. ,,Wie geht wohl in der Welt es zu? Bericht' uns das, mein Diener du." ,, „Ich komme her vom ersten Land, Ein fröhlich gutes Volk ich fand, Mit aller Welt es friedlich stand." " Er pfeift zum zweitenmal und winkt, Herbei der zweite Diener springt. „Wie geht wohl in der Welt cs zu? Bericht' uns das, mein Diener du." ,,„Jch komme her vom zweiten Land, Ein Volk, halb Mensch, halb Pferds ich fand, Gerüstet stets in Kriegesgrimm Und wie der Blitz so schnell und schlimm; Die Hundeköpfe »s drängt es schwer, Die kennen nichts, das menschlich war'." Er pfeift zum drittenmal und winkt. Herbei der dritte Diener springt. „Wie geht wohl in der Welt es zu? Bericht' uns das, mein Diener du." ,,,,Jch komme her vom dritten Land, Wo ich ein Volk von Riesen fand; Die Berg' auf Berge thürmen sie, Den Himmel wollen stürmen ste, Je höh'r sie klimmend sich gerafft, So tiefer stürzt sic Blitzeskrast." " Er pfeift zum viertcnmal und winkt, Herbei der vierte Diener springt. „Wie geht wohl in der Welt es zu? Bericht' uns das, mein Diener du." ,, „Ich komme her vom vierten Land, Ein Reich der Vögel dort ich fand, Die Klaun und Schnäbel eisern tint, Ihr Blick allein behert geschwind; Sie wüthen unter sich im Streit, Wie Hagel fallen Todte weit."" Er pfeift zum sünftenmal und winkt, Herbei der fünfte Diener springt, „Wie geht wohl in der Welt es zu? Bericht' uns das, mein Diener du," „ „Ich komme her vom fünften Land, Den König hat das Wild ernannt, Ein jedes will nur mehr und mehr, Doch zittert's für sich selber sehr, . Ein Heulen, Brüllen Nacht und Tag; Glück Jedem, der's nicht wissen mag ! " '' Er pfeift zum sechftcnmal und winkt, Herbei der sechste Diener springt, „Wie geht wohl in der Welt cs zu? Bericht' uns das, mein Diener du," ,, „Ich komme her vom sechsten Land, Wo kluge Köpf' ich herrschend fand, Geheimnisse durchdenken sie. Mit Blicken Alle lenken sie, Weißbärte spreche» dort so fein Als ob sie vflanzten Blümelein; Leicht ohne Speisen, ohne Trank Lauscht' ihnen ich mein Lebelang." " Er pfeift zum siebenten Mal und winkt, Herbei der siebente Diener springt. „Wie geht wohl in der Welt es zu? Bericht' uns das, mein Diener dn." „„Ich komme her vom siebenten Land Wo Helden ich als Herrscher fand, Von aller Welt mit Ruhm genannt. Sie stimmen, wo sie gehn im Frei'» Nur Heldenlieder, Heldenreih'n, Für sie ist in der Welt nichts schwer. Menu's gilt erftegen Ruhm und Ehr; So weit des Meeres Woge wallt Herrscht ihres Feldpanier's Gewalt, Geleitet sie manch Talisman, Der gegen Unheil schützen kann." " Er pfeift zum achten Mal und winkt. Ein Vögelein herbei sich schwingt. „Wie geht wohl in der Welt es zu? Bericht' uns das, mein Vöglein dn." ,, ,,Jch komme her vom achten Land, Wohin kein Pfad von hier bekannt; Es herrschen Fraun und Jungfräulein Dort ohne Männer ganz allein, Und ihre Schönheit sänstigt mild All' was da lebt, selbst grimmes Wild; Von Straßen ist durchfurcht das Land, Von gold'ner Hügel Zaun umspannt. Auf Goldsand rinnt das Wasser auch, Die Blumen duften Gottes Hauch; Doch wer da lüstern nach dem Reich Fällt schonungslos dem Todesstrcich, Uns schützen Himmels Mächt'ge gleich. Der Frieden ist verbrieft gar gut, Die Unterschrift, die reines Blut, Zu löschen hat kein Kaiser Muth," " Er pfeift zum neunten Mal und winkt, Ein weißes Entchen her sich schwingt, Drei Federn stink es fallen ließ, Ein Maidlcin wie vom Himmel ist's! ,,Wie geht wohl in 6fr Welt es zu? Berich't uns das, lieb Mädchen tu." ,,,,Jch komme her vom neunten Land, Wohin den Weg noch Keiner fand. Da herrschen Weiber übcr's Reich Die weiser sind als wer von euch. Gar manches Mannweib find'st tu da, Das schwarze Kunst dich lehren kann. Sich und das Reich entiückt im Bann." '' Sie öffnet einen kleinen Schrein Und streut daraus Gewürzstaub fein, Verschwunden wie ei» Blitz ist sic Und Keiner weiß wohin und wie? Der edle Schloßherr aber spricht: ,,Wir kämpfen mit den Weibern nicht. Die Ruh'gen lassen wir in Ruh, Die Hundeköpfe noch dazu, So bleiben selber wir in Ruh." TcrLoglav.'v) Ragt cin schwarzes Schloß empor, Das nicht Fenster hat noch Thor, Innen hell von Gold es glänzt, Außen nur von Moos umkränzt, Nur ein Fenster auswärts geht, Dran Marjetiza jetzt steht, Kämmend ihr lang wallend Haar, Draus entfliegen Perlen klar. Und Demantensteine klein, Alles rings wirst goldncn Schein Kam ein junger Königssohn, Einst bestimmt für Spaniens Thron, Hasen jetzt im Feld er jagt; Dieser spricht zu ihr und sagt: „O, von Leib so schön und rein, Mochtest du getauft nur sein, Traun, du müßtest werden mein!" „Ward zur Taufe längst gesandt Und Marjetiza benannt, Dir als Schwester blutverwandt!" „In dieß Schloß wie kamst du her? Künde, Schwester, mir die Mähr'." „Als vom Taufstein mich gebracht, Pathenvolk, jung, unbedacht, Legt's am Kreuzweg nieder mich, Schlug kein Kreuz auch über mich, Schnell kam Terdoglav heran, Hoffend, daß er mich gewann. Neun der Ammen dienten mir, Tugend war nicht ihre Zier, Sie betranken fleißig sich, Schlugen nie das Kreuz für mich, Bis mich Terdoglav errafft Und gebracht in diese Haft." „Kann ich dir ein Helfer sein? Dich erlösen, Schwesterlein? „Brüdcrlein, o leicht, gar leicht Wird mir Hülf' in dir erreicht! Bon heut' Abend noch acht Tag' Am Quatember - Donnerstag Mußt vor diesem Schloß du sein, Tcrdoglav ist nicht daheim. Er verreist nach Ungarn fort, Denn zwei Männer schwören dort, Eine Seele wird dann sein! Bringe diese Gaben fein: Weihewafsers Tropfen Brei, Bring' dazu der Körner drei Von Sankt Stefanssalz herbei: Nebst Maricnkerzcn sei, Noch ein Meßgewand mit dir, Es zu breiten unter mit." Hebend treu was sie beschloß, Kam er als die Woch' entfloß; Terdoglav ist nicht im Schloß, Ist verreist nach Ungarn fort, Denn zwei Männer schwören dort. Eine Seele wird da fein! Jetzt besprengt das Brüderlein Dreimal mit dem Weihbronn sie, Dreimal mit dem Salze sie, Brennt Maricnkerzcn an, Legt das Meßkleid auf den Plan, Drauf an goldner Kette fest Sich bas Mädchen niederläßt, Doch gewalt'ger Klang erklingt, Daß er in neun Länder bringt. Terdoglav sich drob entsetzt: ,,Schwöret! Eile treibt mich jetzt! Da die goldne Kette hallt, Litt Marjetiza Gewalt." Terdoglav kommt heimgerannt. Längst Marjetiza entschwand. Und er sprach zum Königssvhn: „Trugst Marjetiza davon, Doch sie wird zum Weib dir nie, Denn du nennest Schwester sic, Drum, o laß sic bleiben mein. Was dafür du willst sei dein." „Bring', daß ich sie lasse dir, Eine goldne Henne mir, Goldne Küchlein obendrein. Dann soll sie dir eigen sein." Terdoglav bringt alles stink, Auf des Königssohnes Wink. Dieser spricht: „Glaubst du sie sei Feil um solche Kinderei? Bring' ein Schloß von Golde mit, Dann erst wirb das Mädchen dir." Terdoglav bringt Alles flink Auf des Königssohnes Wink, Dieser spricht: „Dein sei die Maid, Wenn zu waten eine Zeit, Lurch's Taufwaffer du bereit," Terdoglav darauf ihm sagt: „Kauf mit dir mir nicht behagt," Zu dem Mädchen ging er dann, That ihr schon und so begann: „Komm, Marjetiza, sei mein, Wird dir nicht so übel sein," „Bring' mir einen Kamm von Gold, Der das gelbe Haar mir rollt," Gvldncn Kamm bracht' er heran, Schmeichelnd wieder er begann: „Komm, Marjetiza, sei mein, War nicht schlecht bei mir zu sein." „Bürst' und Wanne bring' aus Gold, Daß ich mit dir wandte hold?' Beides bracht' er flink heran, Schmeichelnd wieder er begann: „Komm, Marjetiza, sei mein, War's bei mir so übel sein?" „Mit dir geh' ich nicht zurück. Bis du Goldes gabst solch Stück, Daß ein Schloß ich baue draus, EH' ich ziehn mag in dein Haus." Terdvglav bringt ihr auch dieß, Drauf ein Schloß sie bauen ließ, ' Ries dann Mönche noch hinein, Die das Schloß mit Segen weihn, Daß man drin mag sorglos sein. Terdvglav daraus entwich, Riß das halbe Schloß mit sieb. Ein verzauberter Prinz. Schöne Vida jätet Hirse Frühe, früh im Tagesdämmern. Jätet Hirs' am ersten Morgen, Sieht den Than schon abgeschüttelt: „Gäbe Gott mir das zu eigen, Was heut Nacht hier mochte steigen," Jätet Hirs' am zweite» Morgen, Sieht den Than schon abgeschüttelt: „Gäbe Gott mir das zu eigen. Was heut Nacht hier mochte steigen," Jätet Hirs' am dritten Morgen, Große Schlang' ist drin verborgen, Schlange hat der Schweife nenne, lind an jedem Schlüssel neune. „Nicht erschrecke, schöne Vida, Was du'wünschtest, hast erhalten; Bin ja keine böse Schlange, Bin ein Königssohn ein junger Ja ein Königssohn ein junger. Der im weißem Schlosse herrschet. Wandle du auf glattem Wege, Ich in dichtem Waldgehege, Bis Len Pfad entlang wir kommen, Aus das Feld zum weißen Schlosse. Pflücke du drei seine Ruthen, Die gerade alt drei Jahre." Wie sie schlug mit erster Ruthe, Ward die Schlange Mensch vom Haupte; Wie sie schlug mit zweiter Ruthe, Ward die Schlange Mensch zu Hüften; Wie sie schlug mit dritter Ruthe, Ward die Schlange Mensch zu Fersen. „Holla, holla, schöne Vida, Was du wünschtest, hast erhalten! Nimm von den neun Schlangenschweifen, Von neun Schweifen je neun Schlüssel, Offne Dir Die weißen Burgen, Nehme dir all Gold und Silber. War bis jetzt ich eine Schlange, Bin ieh jetzt ein Fürst ein junger. Der obherrschet neun der Burgen, Mit der schönen muthgen Vida." Der page. Der Pag' cntschuht Len alten Grafen, Da fällt ihm aus der Brust ein Kettlein, Von Gold und Silber war das Kettlein. Der alte Graf den Pagen fragte: ,,Wv, Page, stahlst du diese Kette?" „ „Die .tot’ ich nicht gestohlen habe. Von meinem Lieb’ ist's eine Gabe."" „Dieß Liebchen, Page, sollst du nennen, Sonst mußt für sie den Kops du geben!" ,, „Viel lieber will den Kops ich geben. Als nennen der Geliebten Namen."" Drauf hurtig sie den Pagen fassen, In dunklen Thurm hinab ihn lassen. Der Monde sechs blieb er darinnen, Ein neu Verhör sie dann beginnen: „Dein Liebchen, Page, sollst du nennen, Sonst mußt für sie den Kopf du geben!" „Mel lieber will den Kopf ich geben, Als nennen der Geliebten Namen." “ Sie führen ihn hinaus zum Felde, Wv anfragt der bemalte Bildstock; Zum Richtplatz wandern alle Leute, Des Grafen Tochter auch mit ihnen. — Des Pagen Haupt rollt auf die Wiese, Des Grafen Tochter, was that diese? Zur Leiche stürzt sie bleich mit Beben, Da hat den Geist sie aufgegcben. Volkslieder aus Kram. 4 Losch lin und Verjanko. „Was ist zu thnn? Wie soll es sein? Du bist zu jung, ein Weib zu frein, Zu alt ich, daß ein Bräutgam mein! " „Heirathet, Mutter, immerhin, Und wählt nur frei nach eurem Sinn; Doch nehmt Roschlin den Bösewicht, Der stets mein Todfeind war, nur nichts Er schlug mir Bruder, Vater tobt, Ich selbst entkam ihm nur mit Roth." Die Mutter hielt sich wenig dran Und nahm Roschlin den bösen dann Verjanko's Erzfeind sich zum Mann. Als Nachts die Beiden schlafen gehn, Vorm Fenster bleibt Verjanko stehn. Die Mutter spricht im Kämmerchen: „Wie ists um Hab und Gut doch schad. Das jetzo seiner Theilung naht! Was fag’ ich dir, o mein Gemahl, Am Buchbaum springt ein Quellenstrahl, Verborgen durch die Buche dort Vollbringe du Berjanko’s Mord! Ich stell’ am Morgen krank mich an, Dem Sohne will ich sagen dann, Daß ich nur erst genesen kann Sobald ich trank vom Wasser kalt, Das aus dem schwarzen Berge wallt; Mein Sohn gehorchte stets mit schnell, Sv send ich dir ihn leicht zum Quell." Verjanko schleicht gar still sich sort Und wahrt im Herzen gut ihr Wort. Doch als der weiße Tag anbrach Trat er zur Mutter ins Gemach Und zuihr diese Worte svrach: „Lieb Mütterchen, was sag ich doch, Die Sonne steht am Himmel hoch, Sonst wars doch eure Sitte kaum, So lang zu ruhn in Bettes Flaum!" „Lieb Söhnlein krank bin ich gar schwer, Genesen werd’ ich nimmermehr, Bis daß ich trank vom Wasser kalt, Das aus dem schwarzen Berge wallt!" 4* Ein Krüglcin nimmt der Sohn zur Hand, Den Säbel um den Leib sich spannt. Wirst sein Gewehr zur Schulter schnell, Zu gehn am Buchenbaum zum Quell. „Was nimmst du deine Waffen, Sohn, Da wilde Thier' am Berg nicht dröhn, Längst aus dem Land der Türk' entstehn?" „Das Vvglein hat die Schwingen fein, Floßscdern hat das Fischelein, Den Burschen seine Waffen sreun!" Verjanko sort zur Buche rennt, Los aus Roschlin die Flinte brennt, Sein Säbel dem die Adern trennt; Draus aber in sein Krüglcin weiß Fängt er das Blut auf, das noch heiß. Zur Mutter eilt er dann nach Haus Und diese Worte spricht er aus: „Hier Mutter trinkt vom Wasser kalt, Das aus dem schwarzen Berge wallt! Das Blut des Sohnes dünkt euch gut, Hier kostet von Roschlin das Blut!" lion Äcr ungetreuen Gräfin. „Kues Mithel, schön guten Morgen, Füttrc reichlich mir die Rosse, Sollst mich führen aus dem Laude, Denn cS schrieb mein Herr und Gatte, Daß ich sein daheim nicht warte. Will ein golden Kleid dir schenken. Wenn dirs Werth genug nicht hätte Schenk ich dir die goldne Kette, Die wohl schwer achttausend Gulden." Nicht dieß Wort die Gräfin endet, Als ins Haus der Graf sich wendet; Kniet die Gräfin auf den Boden, Hält die Hand' empor gehoben: „Gnade, Gnad' o Herr und Gatte!" Ihre weiße Hand berührt er. Sie mit sich zur Kammer führt er, In der Kammer hin sie schreiten, lind mit herbe» Worten streiten. „Nenn ihn, nenn ihn mir, o Gattin ! Will dich strafen nicht, noch schelten, Ihm nur fall's das Leben gelten!" Drauf die Gräfin ihm crwiedert: „Gott nur kennt ihn, Gott nur nennt ihn! Nächtlich kam er, nächtlich schied er. — Komme, komm nun, meine Amme, Bringe mir mein junges Söhnlein, Daß kaum alt erst zwcithalb Jahre, Daß ich nochmal es gewahre." Amme bringt das junge Söhnlein Und die Gräfin an sich schließt es Und von Herzen kost und küßt es. Faßt dann in den seidnen Bentcl, Bringt draus eine goldne Kette. „Amme, nimm die goldne Kette, Die wohl schwer achttausend Gulden. Säuge treu mir mein lieb Söhnlein; Wird dich nicht dein Dienstherr zahlen, Wird der ew'ge Gott dich zahlen." In der Kammer hin sie schreiten, Und mit herben Worten streiten. Er erfaßt sie um den Gürtel, Schleudert sic zum Strom durchs Fenster. —- 79 --------- Eh fie in dm Strom gefallen, Läßt fie noch dies Wort erschallen: „Was ich noch dich bitte, Amme, Hüte treu mir mein lieb Svhnlein, Wird dich nicht dein Dienstherr zahlen, Wird der ew'ge Gott dich zahlen!" Sieht der Graf ihr nach dnrchs Fenster: „Ach ihr schönen weißen Hände, Stets der Arbeit gern beflissen, Ach ihr schönen weißen Glieder, Sollt zum Fraß setzt Fischen taugen! Ach ihr schönen schwarzen Augen, Die im Strom ihr schwimmt und schimmert Und um mich euch nimmer kümmert!" 3m Todc Wahrheit. Es steht, es steht ein weißes Schloß, Der junge Burgherr wallt durchs Schloß, Er ruft zu sich nun feinen Knecht, Gehorsamen, getreuen Knecht: „Mein Knecht, mein Knecht, nun ungesäumt Vernimm was mir heut Nacht geträumt, Daß mir zu eigen Täubchen zwei; Entflogen sind mir alle zwei, Zur Kirch' am Berg das eine zog, Und nimmermehr zurück mir flog, Zum Dorf im Thal das andre zog, Zu meinem Lieb Marjetka flog. Nun sattle flink der Pferde zwei, Mir eines, dir das andre sei. Er schwingt sich auf das Rvßelein, Wie ein gefiedert Vögelein, Er reitet fort und immer fort Zum Dorf im Thal zur Liebsten dort. Es steht out There traversal« Die Supanin") und scheint voll Gram. ,,O sprecht, was ist euch Supanin, Daß heut so traurig euer Sinn? Und ist Marjetika daheim, Hat sic gefahn das Täubelein?" „Die läuft wohl keinem Täubchen »ach, Die ringt am Tedbctt im Gemach!" Er tritt ins lichte Kämmerlein. Da liegt sic krank und ächzt gar schwer. Ein seidnes Säckchen öffnet er Und zieht hervor ein edles Kraut:12) „Dieß sei, Marjetka, dir vertraut; Sollst du genesen, Liebchen mein, Schnell wird davon dir besser sein, Doch sollst du sterben, Liebchen mein, Schnell wird davon dir schlimmer sein." Er schwingt sich auf das Rößclein, Wie ein gefiedert Vögrlein, Cr reitet fort mit) immer fort Bis zu dem weißen Schlosse dort. Da nahm er weder Speist noch Trank, Bis wieder er zu Roß sich schwang. Die Supanin am Schwellenrain Wischt sich die schwarzen Aeugelein. „Was wischt ihr, so betrübt von Sinn Die schwarzen Aeuglein, Supanin?" „Wie soll ich nicht in Thränen sein? Gestorben ist Marjetka mein." Er geht hinauf ins Kämmerlein. Marjetka liegt im Todtenfthrein, Ein Rosenstrauß im Arm ihr liegt, Ein goldnev Kranz ihr Haupt umschmiegt. Er nimmt vom Arm den Strauß hinweg, Er nimmt vom Haupt den Kranz hinweg: „Nicht ziemt, Marjetka, dieser dir. Zwei Söhnlein ja gcbar'st du mir, Der eine soll einst Priester sein, Die Mutter vom Fegseuer befrei»." Üoir dev Lönigstachtcv. Königssohn tränkt seine Pferde, Daß der Sec erbebt zur Erde, Königssohn pfeift mit dem Munde, Daß der See erdröhnt im Grunde. Königstochter am Fenstcrhange, Flieht zurück in schnellem Gange, Wird vorm Königssvhn ihr bange. Ruft zu sich das junge Mägdlein: „Komme, komme, junges Mägdlein, In die Kammer geh ich schlummern. Lass' in deiner Hand den Schlüssel. Kommt der Königssöhne erster, Der einst meine erste Liebe, Und er fragt dich junges Mägdlein: Wo ist hin die Königstochter? Gib ihm diese Antwort, Mägdlein: Masken, Mummen sind gekommen, Die zum Tanz sie mitgenommen. — Kommt der Königssöhne zweiter, Wehe, der nun mein Verlobter, Und er fragt dich, junges Mägdlein: Wo ist hin die Königstochter? Gib ihm diese Antwort, Mägdlein: In die Kammer ging sic schlummern, Ließ in meiner Hand die Schlüssel." Kam der Königssöhne erster, Der einst ihre erste Liebe, Und er frng das junge Mägdlein: Wo ist hin die Königstochter? „Masken, Mummen sind gekommen, Die zum Tanz sie mitgenommen." „Nein! Zur Kammer ging sie schlummern, Ließ in deiner Hand den Schlüssel. Gib in meine Hand den Schlüssel, Will ihn mit Zechinen lösen, Thun kein Leid der Königstochter, Wollen im Gespräch uns laben, Wie wir einst geliebt uns haben." Und er schritt zur hellen Kammer, Wo sic lag in Bettes Flaume, Eben süß erfaßt vom Traume. Durch die Kammer hin er wallet, % In Gedanken tief versunken: „Traun, ein Weib voll Reiz und Schönheit! Schade wär's, sollst du erblassen, Will dich Andern doch nicht lassen!" Greift in sein Gewand von Seide, Zieht hervor ein blankes Messer, Taucht es tief ihr in das Herze, Setzt dann an den Tisch die Leiche, Legt vor sie ein Buch ein schwarzes, Und verläßt die lichte Kammer. Gibt die Schlüssel draus dem Mägdlein: ,,That kein Leid der Königstochter, Thäten im Gespräch uns laben, Wie wir einst geliebt uns haben." Kam der Königssöhne zweiter, Jener, der nun ihr Verlobter: „Auf, wohlauf, du junges Mägdlein, Wo ist hin die Königstochter?" „In die Kammer ging sic schlummern, Ließ in meiner Hand den Schlüssel." Und er geht zur hellen Kammer, Fragt ein Wort die Königstochter, Doch sie gibt kein Wort, kein Zeichen, Längst schon war sie von den Leichen. Und er fragt zum andern Male, Doch sie gibt kein Wort, kein Zeichen, Längst schon war sie von den Leichen. Königssvhn im Zornesdrange Schlägt der Königstochter Wange, Nieder stürzt sie von dem Streiche, Längst schon war sie eine Leiche. Königssvhn schreit auf im Schmerze: „Wer war bei der Königstochter, War der Königstochter Mörder?" Und aufschreit im Schmerz das Mägdlein: „Hol der Teufel die Zechinen, Büße nun den Kopf ob ihnen." Lamberg und pegam.,3) Das weiße Wien vor euch dort steht, Vernehmt nun wic'S in Wien ergeht! Es liegt ein Marktplatz mitten drin, Drauf sproßet eine Linde grün Und kühlt mit ihrem Schatten Wien. Ein gelber Tisch im Schattenplan, Von Stühlen ist der Tisch umfahn, Viel große Herren fitzen da Der Majestät des Kaisers nah. Da trabt Herr Pegam stolz heran. Zum mächt'gen Kaiser hebt er an: „Hast du den Helden unter dir, Der sich im Kampfe mißt mit mir?" Antwortet ihm der Kaiser dann: „Was fragst du? Traun, ich weiß den Mann, Der dich vom Sattel werfen kann! Sein Nam' ist Christoph Lamberger, Nicht groß, wohl aber breit ist er, Auf grauer Felswand nistet er. Nur weit von hier ist er daheim Im Kraincrland am weißen Stein." „Und ist er nah, so schickt um ihn, Und ist er fern, so schreibt um ihn! Ein Bursche wird zu finden sein, Dem kund der Weg zum weißen Stein? Ein Bürschlein jung fand bald sich ein, Dem kund der Weg zum weißen Stein; Er nahm wohl unter’» Arm den Hut, Nahm in die Hand das Brieflein gut. Der Bursche durch die Felder geht, Herr Lamberg dort am Fenster steht, Und also spricht und redet er: „Ein Wienerbürschlein kommt daher, Und bringt wohl neue Wienermähr!" Dem Boten er entgegen wallt Und trifft ihn auf der Treppe bald, Mit einer Hand er ihn umfangt, Um's Brieflein mit der andern langt. Das Schreiben er gar schnell durchliest, Zum Mütterlein dann sprach er dieß: „Alt Mütterlein, was sag ich dir. Der bose Pegam schickt nach mir!" Antwortet draus alt Mütterlein: ----89 -------- „Du hast ein Roß, wie'» Vögelein, Das kam noch nie cm's Sonnenlicht Und sah den weißen Tag nocti nicht, Steht an der Krippe sieben Jahr, Trank nie vom Quelle kalt unb klar, Das trinkt nur süßen wälschen Wein,4) Und kaut das goldne Weizkbrnlein. Zwei Teufel stehn dem Pegam bei, Besiegen wirst du alle zwei! Du wirst ihn mit drei Häuptern sehn, Die beiden äußern lasse stehn, Doch soll dein Schwert das mittre mahn!" Er schwingt sich auf sein schnelles Roß, Das flink mit ihm von dannen schoß, Er saust euch wie ein Donnerkeil, Und hält euch nirgends Rast und Weil', Wie in der Lust das Vöglein schnell. Am nächsten Tag war er zur Stell'. Er sprengt die Wienerstadt entlang, Der Scheiben Glas in Splitter sprang, Der Löffel sank aus Pegams Hand, Der eben froh beim Mahl sich fand: „Herbei, herbei, bu mein Lakai! Sprich ob Erdbeben, Donner grollt? Ob Sturmwinds Wagen kommt gerollt?" „Nicht Donner, nicht Erdbeben grollt, Nicht Sturmwinds Wagen kommt gerollt, Der Herr Lamberger trabt herein." Zum Imbiß lädt ihn Pegam ein, Doch also Herr Lamberger spricht: „Ich kam zu dir zu Gaste nicht, Doch kam ich dir zum Kampfe her, Dein graues Haupt zu treffen schwer, Und deine Feder weiß und rein, Ein goldner Rand umsäumt sie sein, Zu treten in den Koth hinein!" Drauf Pegam ihm erwiedert so: „Mich macht ein einzig Ding nnfroh, Mich dauert dein spinatfarb Hemd, Jetzt wird cs bald mit Blut verbrämt!" Und weiter fragt ihn Pegam fort: „Sprich, wo für unfern Kampf der Ort, Ob in des Kaisers Hof wir gehn? Ob in den Straßen Wiens wir stehn?" Herr Lamberger entgegen spricht: „In Höfen man die Schweine sticht, In Gaffen Weiberzunge steht, Da schlagen sich die Helden nicht! Laß auf das ebne Feld uns gehn, Daß uns die Leute alle sehn, Und alle Herren von ganz Men!" Da wallten sie zur Ebne hin. Jetzt rennen an zum Strauß die Zwei, Sie sausen Ohr an Ohr vorbei, Doch bleiben Selb’ an Schaben frei, Die Helme flogen auf den Grund. Und wieder sprach des Pegams Mund: „Noch siegte über mich fein Mann! Ficht, Christoph, dies dein Herz nicht an? Dein Rößlein doch wird trauern dann, Allein im Feld wird's irren fern, Und suchen wird es seinen Herrn." Drauf Christoph ihm crwiebernd spricht: „Was mir jetzt einzig von Gewicht, Dran denkst bu wohl im mindesten nicht! Dein schönes Weib im Seidenkleid, So jung bestimmt zu Wittwenleid, Weiß Gott, sie wird von mir gefreit!" Pegam sprengt an zum zweiten Stoß, Nun Christophs Blut vom Finger floß, Geschah ihm erst nicht Leides groß. Ansprcngcn sic zum Dritten bann, Jetzt greifen sie sich wacker an! Aufs Mittelhaupt zielt Christoph blos, Die äußern zwei hält er nicht groß. Und haut vom Rumpf das mittre los. Drauf fängt er's auf dem Sperre hoh, Und trägt es vor den Kaiser froh. Des Kaisers Majestät begann: ,,Was willst zu Lohn du, tapfrer Mann? Willst hundert weiße Burgen du?" Herr Lamberger doch sprach dazu: „O gebt mir nur neunzig und neun, Das wird noch mehr zu zählen sein!" König Marko.15) Ein grauer Fels, ein weißes Schloß, Drin wuchs bet junge Marko groß, Drin wohnt er und Alenka fein, Ein schönes Türkenmägdclein. Sie standen auf des Morgens früh, Zum hohen Gange wandeln sie, Die breiten Fenster öffnen sie. Alenka also zu ihm spricht: „Wie kommt cs wohl, daß heut so dicht. Der Nebel dort das Feld umflicht?" Antwortet so Jung Marko drauf: „Das ist fürwahr kein Nebelrauch, Das ist nur türkscher Rosse Hauch; Die reiten wohl zu Gast mir auch. Wenn sie am Schlosse reiten vor, Dann öffne ihnen selbst das Thor; Und fragen sie um Marko dich, Geberden sie acht türkisch sieh, Dieß ihnen dann als Antwort sprich: Es ist Jung Marko nicht zu Haus, Und kommt auch Abends nicht nach Haus, Und bleibt wohl auch noch morgen aus. Mach ihnen Platz am gelben Tisch, Gib vollauf Trank und Speisen frisch, Doch ihre Waffen insgeheim Verberge tief im Kämmerlein. Jndeß schleif' ich den Säbel bloß, Daß zittern soll das weiße Schloß." Am Schloß die Türken reiten vor, Alenka öffnet selbst das Thor, Empfängt sic mit der rechten Hand, Umfängt sie mit der linke» Hand:16) „Ihr Türken, seid willkommen mir! Nicht trefft daheim Jung Marko ihr, Er kommt auch Abends nicht nach Haus Und bleibt wohl auch noch morgen aus." Sie setzt sie an den gelben Tisch, Bringt vollauf Trank und Speisen frisch, Doch ihre Waffen insgeheim Verbirgt sie tief im Kämmerlein. Vom Weine trinkt sie ihnen zu, Gießt ihn ins Mieder aus im Nu, Den Säbel schleift Jung Marko bloß. Daß zittern muß das Weiße Schloß. Da fragt der Türken einer sie: „Wie kommt denn dieß, wie ist dieß, wie,. Daß es so lärmt dort oben hoch? Wohl ist daheim Jung Marko noch, Der droben seinen Säbel wetzt?" Alenka aber drauf versetzt: „Nicht ist daheim Jung Marko jetzt, Und kommt auch Abends nicht nach Haus, Und bleibt wohl auch noch morgen aus. Nur unsre Hühner scharren so, Und bringen junge Eier froh." Vom Weine trinkt sie ihnen zu, Gießt ihn ins Mieder aus im Nu, Sie macht die Türken Weines voll, Daß sie. am Grund sich wälzen toll. Da springt Jung Marko rasch herein. Er schwingt herum sein Säbelein, Daß alle Türken sinken drein. Sich bergend unterm Tisch, entfloh Ein Türk' allein, der spricht jetzt so: „Jung Marko, dieses bitt' ich dich, O lasse du am Leben mich, Am Leben mich und unverletzt, Daß ich dann Jedem sagen kann, Was Marko für ein Held und Mann!" Jung Marko drauf ihm dicß versetzt: „Ich will dich lassen leben jetzt. Zwar leben, doch nicht unverletzt," Zog unterm Tisch ihn vor hernach, Und seine Rippen ihm zerbrach. Und seine Augen ihm ausstach. Drauf setzt' er ihn auft Pferd gewandt, Gab ihm die eigne Fahn' zur Hand, Dieß Wort hat er zugleich entsandt: „So! Bring dem Türkenkaiser dieß Und also sag ihm ganz gewiß: Sollt' ihm um mich zu thun cs sein, Komm' er zu mir als Gast allein, Daß wir versuchen uns, wir Zwei, Ein größrer Held wer von uns sei?" Der Türke reitet still davon Bis tief im Türkenlande fort; Der Kaiser steht am Fenster dort. Er ruft zu sich die Kaiserin: „Hieher, hieher, o Kaiserin, Das gibt uns endlich frohen ©inn. Die Türken reiten schon nach Haus, Sie tragen Markos Fahn' voraus. Ihn selbst führt hinten wohl der Troß." Und wie der Türke ritt ans Schloß, Der Türkenkaiser zu ihm spricht: „Warst du zu Gast bei Marko nicht?" Der Diener drauf dieß Wort erfaßt: „Wohl war bei Marko ich zu Gast, In Tcufelsklaun doch lieber fast! Die Rippen er mir dort zerbrach, Die Augen er mir dort ausstach; Drauf setzt er mich zu Pferd gewandt, Gab seine Fahn' in meine Hand, Dieß Wort auch hat er dir entsandt: Sollt' um ihn dir zu thun cs sein, Geh selbst zu ihm als Gast allein, Daß ihr euch dort versucht, ihr Zwei, Ein größter Held wer von euch fei? " Volkslieder aus Kram. 8 Drei Sriidcr. Das waren edler Helden drei: Ha, Markv jung und Debelak, Der dritte dann war Jankotitsch. Jung Markv so zu ihnen sprach: „Nun, laßt euch sagen, Brüder mein, Die Glieder bindet mir recht fest. In Schellen Arm und Bei» mir preßt. Knüpft Knoten in die Schlingen auch, Einschmiedet mich nach Türkenbrauch, Und werft in dunklen Kerker mich. Dann geht ins tiefe Türkenland Und bietet dort mich zum Verkauf Um eine Saumlast gelben Golds, Um eine weißer Thalcrstück, Und zwanzig weiße Gulden drein." Sie gehn ins tiefe Türkenland, Sie gaben Marko dort zum Kauf Um eine Saumlast gelben Golds, Um eine weißer Thalerstück, Und zwanzig weiße Gulden drein. Drauf also fragte Jankotitsch: „Was sag' ich, gibst du, Türkenzaar, Wohl siebenhundert Krieger mit?" „Noch drauf gcb' ich dir siebenzehn Und will auch selber mit euch gehn!" Sie brechen auf und wallen fort, Wohl weit dahin in fernes Land, Wo Markv's dunkler Kerker stand. So aber sprach der Türkenzaar: „Laß mich den jungen Marko sehn, Doch nimmer frei und »ngeschwächt. Nach Türkenart geschmiedet recht." Den dunklen Thurm sie öffnen frisch, Wo Marko sitzt an seinem Tisch Und mit den Zähnen knirscht ergrimmt. Daß Feuer rings im Kerker stimmt. Und also sprach der Türkenzaar: „Kein junger Marko ist's, fürwahr, Das ist der Hvllcnteufel gar!" Jung Marko führen sie mit sich, Sie zichn ins tiefe Türkenland, Wohl weit dahin in fernes Land, Bis an des Flusses Kulpa Strand. So aber sprach Jung Marko jetzt: ,,O Gnade, Gnade, Türkenzaar! Gefangne hatt' ieh selber einst, Doch jedem that ieh eine Gunst, So thu auch du mir, Türkenzaar! Mach frei mir rechten Arm und Fuß, Daß ich das Haupt mir wasch' im Fluß, Im Haupte fühl' ich argen Schmerz Und auch nicht wohl ists mir ums Herz. O gebt mir doch mein Säblein her, Mein Säblein, das zwei Zentner schwer. Zwei Zentner und drei Pfunde mehr!" Sie reichen ihm ein Becken dar. Und auch sein blankes Säblein dar. Er hieb die Türken und zerhieb, Wohl siebenhundert und siebzehn. Schnell zog Jung Marko heim und trat Zuerst ins Schloß des Jankotitsch. Die Brüder sitzen an dem Tisch Und theilen sich die Gelder froh. Jung Marko aber sagte so: ----- 101 ------- „Was ft)eilt ihr unter euch das (Mb, Das ihr doch nicht verzehren sollt?" Zog aus der Scheib' sein Sablein scharf, Vom Rumpf bie Kops er beiben warf. Gregors Schwester Älenka. Dort liegt vor mir ein Pfad gebahnt, Der führt tief in das Türkenland, Das Auge da gar weit mir sicht Tief in das türkische Gebiet; Es wallt den Pfad heran ein Knecht, Des Türkenkaisers junger Knecht. Alenka steht ain Schwellenrain, Alenka, Gregors Schwesterlein. „Laß dich befragen, junger Knecht, Des Türkenkaisers junger Knecht, Ob du nichts zu Gesicht bekamst, . Ob du auch Kunde nicht vernahmst, Mags Gutes oder Schlimmes sein, Von Gregor, meinem Brüderlein?" Antwortet drauf der junge Knecht, Des Türkenkaisers junger Knecht: ,,93mt Gregor weiß ich Kunde nicht/! Bon Gregor man auch nirgends spricht, Ich selber sah niemals den Mann, Drum ich ihn auch nicht kennen kann." Es spricht darauf Alenka fein, Alenka, Gregors Schwesterlein: „Ein langes Oberklcid ihn hüllt. So lang, daß bis zur Fers' es quillt, Mit Blumen ist cs ausgestickt, Mit Seidenschnüren ist's geschmückt, Ein rothcs Käppchen ihn bedeckt, Drei Federn sind darein gesteckt, Drei Kranichsfedern mögend sein. Er führt ein blankes Säbelein, So blank als wie der Sonnenschein Und wie Schcrmester scharf und fein; Inmitten eine Schlange liegt, Und Feuer aus der Spitze fliegt, In Schlangenblut ist es gestählt, Die Türken hat sichs auserwählt." Antwortet draus der junge Knecht, Des Türkenkaisers junger Knecht: „Todtschlugen Türken solchen Mann, Der dein Gregor oielleicht sein kann." Was that darauf Alenka fein, Alenka, Gregors Schwesterlein? Sie läuft in's Helle Kämmerlein, In lang Gewand den Leib sie hüllt, So lang, daß bis zur Fers' cs quillt, Mit Blumen ist cs ausgestickt, Mit Seidenschnüren ist's geschmückt. Sie hat sich ganz so angelegt, Wie sich ihr Bruder Gregor trägt. Ein rothes Käppchen sie bedeckt, Ins Käppchen sie drei Federn steckt, Drei Kranichfedern mögen's sein. Schnallt um ein blankes Säbelein, So blank als wie der Sonnenschein Und wie Schcrmesser scharf und fein; Inmitten eine Schlange liegt Und Feuer aus der Spitze fliegt, Mit Schlangenblut ist es gestählt, Die Türken hat sich's auserwählt. Sie geht zum lichten Stall hinein, Da sattelt sie ein Rösielein, Das schnellste, flinkste Rösielein; ----- 105 ------- Drauf in die Bügel sie sich schwingt, Ihm hurtig auf den Rücken springt; Wie Vogclflug sv saust sie fort, Bis fern ins Türkculagcr dort. Sic sprengt im Lager kreuz und quer, Ihr Sabel trifft die Türken schwer, Daß hinter ihr sie sinken her, Wie Korn wohl hinter Schnittern knickt, Wie Gras wohl hinter Mähdern nickt, Wenn Gott ein gutes Jahr geschickt. Der Türkcnzaar am Fenster stand, Uni) dieses Wort hat er entsandt: „Ihr schnöden Türken rühmtet euch, Ihr gabt Gregorn den Tvdesstreich Und dennoch seh ich ihn zugleich Durchs Lager sprengen kreuz und quer, Sein Säbel trifft die Türken schwer, Daß hinter ihm sie sinken her, Wie Korn wohl hinter Schnittern knickt, Wie Gras wohl hinter Mähdern nickt, Wenn Gott ein gutes Jahr geschickt!" Was that daraus Alenka fein, Alenka, Gregors Schwesterlein? Sie zeigt schön schwarze Zöpfchen zwei, Sie zeigt schön weiße 93ritfitem zwei: „Hat solche deine Kaiserin? Hat solche deine Kaiserin?" Des iVomuotim Janko Hochzeit.,7) Hat verlobt sich der WoiwoLc Janko In der Ferne, im Lateincrlande. Schreibt gar schlau der schelmische Lateiner Einen Brief dem Woicwoden Janko: „Lade, Janko, schmucke Hochzeitgäste, Nur dm Helden Sckol mir nicht lade, Der nicht ißt, nicht trinkt vor Ilebcrklugheit, Der ein Schalk voll Lift »nd Schelmereien." Janko ladet schmucke Hochzeitgäste, Nur den Helden Sekol er nicht ladet. Spricht Held Sekol tranrig diese Worte: „Gott mit euch, mein Mütterlein, mein altes! Wie verwirkten wir des Oheims Gnade, Daß er uns nicht lud zum Hochzeitmahle?" Gab sein altes Mütterlcin ihm Antwort! „Steig' auf's Roß, daß cs der Ohm nicht wisse, Nimm dein Schwert, daß cs der Ohm nicht merke, Menge so dich zu den Hvchzeitgästen." Also zog er zum Lateinerlandc. Trat tier sie der schelmische Lateiner, Gab das erste Probestück zu lösen; Also sprach der schelmische Lateiner: „Gott sei gnädig dir Woiwode Janko, Hast du nicht in deiner Schaar den Helden Der drei gleiche Lanzen überspringe!" Ward nicht gut zu Muth den Hochzeitgästen, Alle sahn beschämt zur Erde nieder. Trat hervor Held Sckol aus der Menge, Ueberspraug gewandt drei gleiche Lanzen. Trat vor sie der schelmische Lateiner, Gab das zweite Probestück zu lösen, Spießt' auf eine Lanze einen Apfel, Und so sprach der schelmische Lateiner: „Gott sei gnädig dir, Woiwode Janko, Hast du nicht in deiner Schaar den Helden, Der dm Apfel aus dem Speer durchschieße!" Ward nicht gut zu Muth den Hochzeitgästen, Alle sahn beschämt zur Erde nieder. Doch nicht also hat gethan Held Sekol, Hat am Speer den Apfel rasch durchschossen. Trat vor sie der schelmische Lateiner, Gab das dritte Probestück zu lösen, Stellte vor sie hin neun schöne Jungfrau«, Aehnlich ganz an Aug' und Antlitz alle, Und so sprach der schelmische Lateiner: „Gott sei gnädig dir, Woiwode Janko, Wählst du nicht aus diesen Neun die Rechte!" Ward nicht gut zu Muth den Hochzeitgästen, Alle sahn beschämt zur Erde nieder. Trat gar stink Held Sekvl aus der Menge, Breitet' auf den Grund den Scidenmantel, Legte drauf drei blanke Golddukaten: „Frisch heran nun, ihr Latcinermädchen! Nimmt nicht Jankv's wahre Braut die Münzen, Haut mein Säbel allen ab die Kopfe." Lief heran die wahre Braut des Janko, Hob empor die blanken Golddukaten, Nahm vom Boden auch den Seidenmantel, Warf ihn wieder hin dem Helden Sekol. Als zu seinem weißen Schloß er kehrte, Sprach Held Sekol fröhlich diese Worte: „Gott mit euch, mein Mütterlein, mein altes! Meinte dort der schelmische Lateiner, Daß kein Held sich find' in unsrer Mitte, Der sich messe seinen Schelmenkünsten!" born ini nig Matjasch.18) Der König Matjasch hat zur Braut Alenka jüngst sich angetraut, Das junge schöne Mägdelein, Die Königin Ungarns lieb und fein. Er schläft bei ihr nur kurze Zeit, Drei Nächte nur, gar kurze Zeit! Am vierten Tag ein Vöglein sang: „Wohlauf zum Kampf, die Gränz' entlang! Hinab zur Flur des Donaustrands, Zum Gränzstein deines Ungarlands!" Doch Matjasch ihm entgegen spricht: „Zu Felde kann ich jetzt noch nicht, Noch lendenlahm sind meine Knecht', Die Pferde nicht beschlagen rechts Die Säbel noch nicht scharfgewetzt, Noch nicht bereit die Flinten jetzt." — Ill — Am zweiten Tag das Vöglein singt, Matjasch dieselbe Antwvrt bringt; Doch wie's am dritten Tag erscheint, Ist er gerüstet ganz dem Feind. Der König ruft Alenka sein, Die Königin so lieb und fein, Und so spricht er zu ihr und sagt: „Schnell muß ich sort, die Zeit entsagt, Hinab zur Flur des Donaustrands, Zum Gränzstein meines Ungarlands. Wird Nachts die Zeit dir etwa lang, Und macht das Herzeleid dir bang, Durchzähl' des gelben Goldes Schwall, Bewahr' der festen Burgen Wall; Nur wandle nicht im Gartenplan, Daß dich die Türken dort nicht sahn." Er schwingt sich aus sein schnelles Roß Und sprengt aus seinem weißen Schloß Hinab zur Flur des Donaustrands, Zum Gränzstein seines Ungarlands. Die Krieger bauen aus ein Zelt, Für Matjasch wirds zurecht gestellt, Sic jauchzten aus so wie er kam, Daß jenseits es der Türk' vernahm. Im Krieg herum saust er gewandt. Den nackten Säbel in der Hand, Und wenn er schwingt um sich den Stahl, Neu» Häupter fallen jedesmal. Am Himmel fliegt das Vögelein, Schon wieder her, das Sängcrlein, Und Matjasch siehts verwundert an, Dreimal fliegts um sein Zelt die Bahn, Setzt auf den goldnen Apfel sich Und singt und zwitschert trauriglich: „Fürst Matjasch aus, zu Pferd, zu Pferd! Ist dir ein fremd Geschäft so Werth? Die fremden Gau'n bringst du in Ruh, Fürs eigne Land nicht sorgest du! Sieh, schütz - und schirmlos ist dein Land, Die Königin ist dir entwandt, Ein Türkenschwarm geritten kain, Alenka dir gefangen nahm." Fürst Matjasch ihm entgegnet drauf: „Was drängst du dich in meinen Lauf! Nicht scherze, Vögelein, mit mir, Ein Rohr, weittrcffend, Hab' ich hier!" „Und treib ich Vöglcin Scherz mit dir, So nehme Kopf und Leben mir!" Der König springt aufs Pferd in Hast So wie ein Vöglcin auf den Ast, Und heimwärts sprengt er unoerweilt, Die äBtitt’ am Himmel nicht so eilt, Zu seinem festen Schlosse heim, Zu seinem weißen Hause heim. Sein Hausgcfind' drängt sich um ihn, Es wallt voraus die Nähterin, Sie seufzen, jammern, weinen all', Wehklagend mit gar lautem Schall. Der König redet so und spricht: ,,O fürchtet euch, ihr Leutchen, nicht! Bevor drei Tagesfristen aus, Bring ich die Fürstin euch nach Haus. — Ihr Knechte kleidet jetzt zur Fahrt Mich unterhalb nach Mönchesart, Mein Haar verschneidet mit der Schcer', Wie's einem Mönche passend war." Nimmt drüber noch nach Türkenschnitt Den Kaftan, der zur Ferse glitt, Umschnallt den Säbel blank und licht, • ' .r ----- 114 -------- Dran eine rvthe Schnur er sticht. Ein heilig Kreuz ins Kleid er schmiegt, Wie Donner, Blitz und Wind er fliegt; Er sucht ein rasch, ein feurig Pferd, Besteigt de» Schimmel laufbewährt. Es dröhnt der Hufe Schlag, es stäubt, Daß Funken es und Feuer treibt, Dahin durch Ungarns Gränzeflrand, Hinab ins tiefe Türkenland. Tief drinnen in dem Land Türkei Stehn grüner Lindcnbäume drei. Am ersten ist der Pferde Stand, Da legt man an das Tanzgcwand; Am zweiten wird verkauft der Tanz,lg) Am dritte» dreh» sie sich im Kranz. Der König tritt zum grünen Tisch Und also redet, spricht er frisch: „Wollt mir die Frag', ihr Herrn, verzeih». Wie thcucr ist bei euch der Reihn?" Der Türkenpascha ward ganz froh, Und freundlich redet, spricht er so: „Um gelbes Gold ist er zum Thcil, Zum Thcil um weißes Silber feil, Doch ist ein Held uns gleich und werth Dem wird er auch umsonst verehrt." Hervor aus seidncr Börse holt Der König schnell das rothe Gold, Und schüttet's vor ihn aus den Tisch, Daß drauf es springt wohl dreimal frisch; Vorm Türkenpascha licgts zuletzt. Der Pascha spricht und redet jetzt: „Bekannt thät dieß Gcpräg mir sein, Vom König Matjasch ists allein!" Drauf König Matjasch sagt und spricht: „Ich sag es dir, ich lüge nicht, Den König Matjasch ich erschlug, Und all sein Gold davon ihm trug." Er sucht sich eine Tänzerin, Gebeut den Geigern den Beginn, Er wählte sich Alenka sein Die Königin so lieb und fein. Sie reichen sich die Hände weiß, Sie drehn sich schnell dahin im Kreis. Er fragt sie drauf: „Kennst du mich jetzt? Bin ich nicht wie Matjasch zuletzt?" Sie sieht gar scharf ihn an: „Das Haupt Des Matjasch hast du wohl geraubt, Geschorner Dieb, vermönchter Dieb! Welch Zeichen dich zu kennen blieb?" Er zu den Türken spricht sofort: „Was sag ich euch, ihr Herren dort, Darf ich der Jungfrau schenken ein, Zutrinken ihr den Becher Wein?" „Ja trills' ihn immerhin nur zu, Ein heil'ger Mann uns scheinest du, Der König Matjasch ja erschlug Und all sein Gold davon ihm trug!" Er senkt ins Glas den Ring von Gold, Sic flüstert: „Mein Geliebter hold! Dein hofft' ich immer unverzagt; Die Tröpfe, die mich so geplagt, Zudringlich all' um mich gcschaart, Abwischen können sie den Bart! " Der König aber redet so: „Es ist mein Herz nun wieder froh! Merk auf, wenn ich zu Roß mich warf, Verbleibe mir zur Seite scharf, Dann will ich hurtig schwinge» dich Aufs flinke Schimmelchen vor mich; Hau ich zur rechten Seite drein Dann ducke dich zur linken fein." Und weiter fragt Matjasch: „Ihr Herrn, Wohl.nahm' ich von ihr Abschied gern?" „Auch das mag immerhin geschehe!. Da du ein hcil'ger Mann zu sehn!" Er nimmt sie bei der weißen Hand, Schwingt sie vor sich auss Roß gewandt. Fliegt übers Feld zum Savcrain, Wie ein geflügelt Vögelein; Sein Arm den nackten Säbel schwingt. Am Griff sich eine Schlange ringt, Der Spitz' entlodert Feuers Glut, Matjasch weiß ihn zu führen gut. Die Türken sehn verblüfft sich an, Verfolgen sic in Schaaren dann; Der Pascha streichelt seinen Bart Und lacht und redet dieser Art: „War sein Gefangner ich vor Zeit, So bringt mir seinen Schädel heut. Bringt auch Alenka mir heran, Die ich so herzenslieb gewann! “ Matjasch haut beider Seiten drein, Sic duckt sich beider Seiten sein, Nach Blitzesart sein Säbel geht, Zu Schwaden wird das Korn gemäht. Das Heu sinkt hinterm Mähder ein. Und hinter ihm der Türk' in Reihn. Der Schimmel rennt, bis er sie führt Hin zn dem Schmiede rnßbeschmicrt; Dem sagt Matjasch: „Was willst du Lohn? Als Türkenschmied dich kenn' ich schon, Beschläge rasch aufs Neu mein Pferd, Schlag' ihm die Eisen an verkehrt." Der Türkenschmied beschlägts verkehrt, Des Königs Linke Gold bescheert. Die Rechte ihm den Kopf abschlägt. Das Roß sie fort zur Save trägt. Das Roß greift aus und wiehert laut, Gut kennt's die Last, die ihm vertrant, Weiß gut: es trägt der $1)euren zwei, Matjasch den König hoch und frei. Und die befreite Königsbraut Alenka sein, so lieb und traut; Durchs breite Strombett schwimmts gewandt Zum heimathlichen Ungarstrand. König Matjasch gefangen?") Gcwaltgcr Fürst, Matjasch, Matjasch, Des Ungarlandes Kron' ist schön! — Dreimal war er auf Kriegesfahrt, Zum vierten er gefangen ward, In türk'schen Thurm geworfen ward. Im Kerker blieb er Jahr und Tag, Daß er nicht mehr den weißen Tag, Nicht mehr die gelbe Sonne sah. Bekam zu sehn nichts andres da, Als Jung Marjetiza allein, Des Türkenkaisers Töchterlein. Ihm zum Besuche kam die Maid, Ihm kürzte sie die lange Zeit. So sprach zu ihm Marjetiza: „Matjasch, o laß dein Weib mich sein. Dich aus dem Thurm will ich befrei» !" Doch ihr entgegnet so Matjasch: „Das wird nicht sein, das darf nicht sein! Daheim lebt mir die Herrin mein, Die dreimal schöner ist als btt, Die dreimal jünger ist als bit! Doch lebt ein jüngrer Bruder mir, Er ist Matjasch genannt wie ich, Mit schöner Kron' umkränzt wie ich; Und den Matjasch dir sag ich zu, Marjetiza, willst ihn auch du?" „Wohlan, so sei es, Fürst Matjasch!" „Wohlan so sei's, Marjetiza, Du Türkenkaisers Töchterlein!" „Geduld, Geduld noch Fürst Matjasch, Bis anbricht Sankt Mariens Tag, Das Gastmahl ich bereiten mag; Die Türken zech ich voll mit Wein, Dazu mein altes Väterlein. Dann hol' ich mir der Schlüssel drei. Der erste führt zum Roffestall, Der zweit' ins lichte Zimmerlein, Der dritt' in Kerkerthurm hinein. Im Zimmer nehm ich Silber, Gold, Sv schwere Last, als schwer wir zwei, Dem Stall entführ' ich Rosse drei, Dem Thurme, was das Beste sei. Marjeta kaum erwarten mag, Daß anbricht Sankt Mariens Tag. Sie richtet ein groß Gastmahl zu, Bezecht die Türken all' in Wein, Dazu ihr altes Väterlein. Dann holt sic sich der Schlüssel drei, Entführt dein Stall der Rosse drei, Dem Thurme, was das Beste sei. Das eine Pferd trägt Silber, Gold, So schwere Last als schwer sie Zwei, Die andern zween bestiegen sic, In aller Hast entstiegen sie. Sie reiten weit dahin durchs Land, Zum alten Schmiede kamen sie. „Du alter Schmied, wohlauf, geschwind. Leicht sind dir hundert Kron' verdient! Beschlag aufs Neu die Rosse drei, Daß vorn die Stollenzacken frei, Rückwärts das glatte Eisen sei." Zu Rosse eilig stiegen sie, Zum Donaustrand hinfliegen sie; Der König Matjasch redet da: „Wie wirds nun sein, Marjetiza? 6 Volkslieder aus Krain.- Wir kommen durch dieß Wasser nie!" Ins Wasser wirft den Goldring fie, Sic schwimmen drüber ohne Müh. Hersprcngen grimme Türken da: „Zurück, zurück, Marjetiza, Des Türkenkaisers Töchterkein!" Die Türken fragen weiter sie: „Wie kamt ihr durch die Donau, wie?" „Am Hals befestigt Steine gut, Sv schwimmt ihr spielend durch die Flut!" Die Türken, an dem Hals den Stein, Ertrinken all' und sinken ein. Sie kommt mit Matjasch vor sein Schloß, Am Fenster steht die Herrin sein: „Herbei Matjasch, du Schwager mein! Dort bringt Matjasch ein andres Weib, Das dreimal schöner ist als ich, Das dreimal jünger ist als ich!" Matjasch ward freudenvoll cmpfahn, Marjetiza sie scheel ansahn. Marjetiza so sagt und spricht: „Was will ich nun, was will ich nicht? Kann vorwärts nicht, darf rückwärts nicht!" „Herbei, Matjasch, mein Brüderlein, Ich brachte dir die Herrin dein, Des Türkenkaisers Töchterlein!" Nun schnell zni» Pfaffen Einer jag', Daß er sie traun und segnen mag! t>om Ableben des üönigs Matjasch.21) Steht, dort steht ein weißes Städtlein, Gidi, heitres, schönes Städtlein, Drin die Linde grün sich spreitet, Drunter ist ein Bett gebreitet, Weiche Federn sind gebettet, Reine Linnen weißgeglättet, Theure Kiffen, Decken oben, All' aus türkschcm Stoff gewoben. Dort ist Königs Matjasch Lager, Dort liegt krank im Hellen Tag er. Zu Schön Trommlerin geschlichen Hat einst Trommler ihn beschliche», Und im Zorn ihn todverwundet, Daß er nimmer wohl gesundet. In Verband, voll Blut, geschlagen Thät Matjasch die Schwester fragen: „Wolle nach den Wunden spähen, Ob sie roth, ob schwarz zu sehen? Wciin sie teti) sind," spricht er, ,,feige Daß zum Arzte Einer jage, Herben Ted mir abzuwehren; Dech wenn schwarz die Wunden waren, Sehwester, dann gesund' ieh nimmer, Schick' ums heilge Oel nur immer." „Bis ins Herz die Wunden gehen, Schwarz sind, Bruder, sie zu sehen! Fert und fett macht' ich di eh warnen, Nicht die Weiblein zu umgarnen; Fremde Weiber, Herzenswunden!" Draus Matjasch dieß Wert gefunden : „Gett nur so eiet Kraft mir reiche, Daß ich nochmals zu ihr schleiche!" Aber kaum dieß Wert verhallte, Als die Bahn des Ted's er wallte. Durch ganz Cilli Glocken tönen. Bei Sankt Peter fünf mit Dröhnen Von dem weißen Thurm her beben. Trommler saß zur Mahlzeit eben; Junge Trommlerin ihn fraget: „Sprich, wer starb, daß um ihn klaget Durch ganz CM ©luden tönen, Bei Sankt Peter fünf mit dröhnen Von dem weißen Thurm her -eben?" „Deuten kann ieh dirs, mein Leben, König Matjasch fährt zur Erden, CH' ihrn's glückte alt zu werden, Diesem läuten unsre Glocken." Trommlerin da ganz ersehrucken, Ließ den Löffel fallen nieder. Trommler fragt sein Weibchen luicter: „Ist der Löffel dir entwichen Weil dein Vetter, Ohm verblichen. Weil der Tobte dein Verwandter?" „Nicht ist er mein Anverwandter, Nicht mir Vetter, Ohm verblichen ; Ist der Löffel nur entwichen. Weil zugleich wir Lehr empfingen, Und zugleich zur Kirche gingen." Zorn hat Trommlern überkommen, Hat ein Messer scharf genommen, Und durchbohrt sein junges Weibchen, Junges, ungerathnes Weibchen. Als er so sein Weib erstochen, Hat er drauf zum Knecht gesprochen : „Knecht du flinker, eile, eile, Daß ich hier nicht länger weile, Sattle schnell der Rößlein zweie, Rasche, wie der Vöglein zweie. Eins soll dir, eins mir sich schicken, Wirf das Ränzlein aus den Rücken, Daß uns keine Zeugen finden. Daß uns keine Schergen binden!" Denkt und spricht bei sich das Knechtlcin „Wills mir doch zu Kopf nicht recht ein, Fortzurcnnen flächigen Leibes, Ob des ungerathncn Weibes !" Vom Herrn lumber. 22) Dicß ist Türkcnpascha's Streben, Der den Türken treu ergeben, Wie zu ordnen seine Heere, Wie zu mausen Siffek wäre? Ab und auf durchs Zimmer geht er, Der Gedanken viel berätst er. Einen hält der Wolfskopf feste, Also frommts aufs allerbeste: Daß er seine Truppen küstre Und vor Siffek alle führe. Können nicht die Kulp durchwaten, Fragen ihn, wie jetzt zu rathm? An den Strand der Pascha wallet, Eine Trommel umgeschnallet, Schlägt sie grimmig daß sie stöhnte Und bis in den Himmel dröhnte; Pascha ruft im Zorncsbebcn, Der den Türken treu ergeben: „Spannet Seile straff hinüber,23) Und befestigt Häute drüber! “ Und nachdem sic also thaten Konnten sic die Kulp durchwaten, Konnten sich vor Sissek sammeln Und in Gräben sich verrammeln. Was beginnt der Pascha eben, Der den Türke» treu ergeben? Setzt ins Gras sich, schreibt ein Blättlcin, Schickts dem Hauptmann in das Städtlcin: „Adam, hör von Allah's wegen, Siffcks Haupt, du Heldendcgen! Willst du dich mir jetzt ergeben, Oder deinen Kopf mir geben? " Adam schrieb ihm drauf entgegen, Siffeks Haupt, der Heldendcgen: „Will mich willig nicht ergeben, Will auch meinen Kopf nicht geben! Will mich lieber etwas sträuben, Siffcks Kommandant noch bleibe»; Euch wird noch die Reue brennen, Lernt ihr meine Krainer kennen!" Adam wie wird das sich legen, Siffcks Haupt, du Heldendegen? Thät Befehl' und Brief' erweitert, Läßt sie in drei Länder eilen; Hin nach Kärnthen, Krain und Steier Zur Stadt Laibach, schön und theuer, Daß der Türkenblitz entglommen, Und uns Siffek gern genommen. Als den Steirern kam die Kunde, Saure Mienen gabs zur Stunde, Bebten sehr, davon sie schlichen, Vor dem Türken all' erblichen. Als den Kärnthnern kam die Kunde Sprachen sie mit Einem Munde: „Mit dm Türken ist schlecht spaßen. Laßt uns heißen Brei nicht blasen; Hosen hat der Türk' so weite! Und Schnauzbärte, lange, breite! Wenn er unsre Hälse schaute, Gott weiß, was er uns vertraute?" Als nach Laibach kam die Kunde Ging ein Mus nur durch die Runde: „Sucht den Retter ohne Weile Noth gebeut die größte Eile. Wenn der Türk uns Sissck nähme, Kreuz und quer uns alles käme, Laibach würde Grenzstadt werden, Krainerland z» Türkenerdcn! Laßt uns schnelle Hüls auftrcibcn Und dem Herren Räuber schreiben, Er weiß gut im Feld zu streiten Und den Krieger» vor zu schreiten." Ei» weiß Bricflei» sie vollenden Das sie schnell nach Kreutberg senden, Wo der tapfre Räuber lieget, Haupt der Reiter unbesiegt!. Räuber, der schon früh erwachte, Einen Gang durchs Schloß schon machte, Seine Fenster öffnet jetzt er Und am goldnen Feld sich letzt er. Wie rings seine Augen kreisen. Sieht er auf den ebnen Gleisen Ein jung Bübchen eilig jagen Und ein weißes Brieffcin tragen. Räuber klatscht in seine Hände Eilt entgegen ihm behende, Wie er durchgeschaut das Schreiben Lacht er zu des Paseha's Treiben. Geht zurück nach feinem Saale Zu Kathrinen, dem Gemähte: „Drei Sonntage sei gewärtig, Bis ich mit dem Pascha fertig." Freilich Frau Kathrinens Wange Hat verrathen, Laß ihr bange, Angst um ihren Herrn sich regte Als sie ihm sein Schwert umlegte. Aus den Stuf des Herrn erschienen Achtzehn Tschitsehen, die ihm bienen:24) „Holla, aus! Schon tagts der Erde, Rasch zur Tränke führt die Pferde. Sattelt sie, zäumt sie zum Ritte, Rüstet euch zu Kriegessitte, Fort nach Laibach laßt uns reiten, Nach dem festen, hohen, weiten! Schwingen sich zu Roß die Reiter, Sprengen, jagen lustig weiter, Halten nimmer an die Zügel Bis zum grünen Savespiegel. Räuber ruft die Ueberführer Von Thernutsch die Schiffsregierer: „Auf die Füße, nimmer träge! Steuert durch den Strom uns rege!" Schliefen noch die Schiffer alle, Bangend vor dem Waffcrschwalle, Denn der Strom war angeschwollen, Hat die Ufer überqollcn. Drauf der gcrg’ Andrej gesprochen: „Hat der Strom sein Bett durchbrochen, Drum nicht können wir euch leiten. Und ihr nicht gen Laibach reiten!" Räuber ruft zum andcrmnale, Bietet Gold von hellem Strahle; Thäten sich die Schiffer winken: „Ha, da giebts noch Eins zu trinken!" Stießen schnelle vom Gestade, Baten Gott, daß seine Gnade Glücklich ihre Reise lenke Und viel türk'sche Aspern schenke! Räuber ihnen Goldes spendet Drauf durchs ebne Feld sich wendet, Eilends sie gen Laibach reiten, Nach dem festen, hohen, weiten. Weckt in Laibach aus die Leute: „Städtcrleute, faule Häute! Holla, aus den Federn schreitet, Und zum Kricgszug euch bereitet! " Doch die Städterinnen gehen Zu Herrn Räuber jetzt und stehen, Bietend Silber, Gold in Masse, Daß er ihre Liebsten lasse. „Mütter junge, Frauen feine, Bleibt ein Weilchen hübsch alleine, Nicht ist's Zeit sich loszukaufcn, Jetzt hcißt's frisch im Felde raufen! Türkcnblitz droht an der Gränze, Daß er uns um Siffck schwänze; Wenn der Türke Sissek nähme, Kreuz und quer uns Alles käme, Laibach würde Gränzstadt werden, Unterkrain zu Türkenerden." Jetzt erschallen Trvnimelschläge, Daß man nichts mehr hören möge. Räuber sich Genossen kührtc. Sie hinab ge» Sissek führte, Wo von Türken solch Gedränge, Wie im Amcisnest die Menge! Räuber sprengt voran den Seinen, Spricht zum Großknecht: „Flink von Beinen, Schleich auf jenes Baumes Höhe Gut mir nach den Bannern spähe! Wirst du weiße Banner sehen. Gilt es harten Strauß bestehen, Siehst du rothe Banner schweben, Braucht das Herz uns nicht zu beben; Wollen dann die Türken fressen Gleich als ob wir Kirschen äßen. Und nicht eher ruhn und rasten Bis sie all' am Boden lasten! " Rothe Banner steht er schweben, Recht ist das den Krainern eben, Ans die Türkenschaar sie dringen, Alle fallen ihren Klingen, Sankt Ulrich.2S) Sankt Ulrich stand frühmorgens ans. Er rief zu sich sein Mütterlein: „Wohlauf, wohlauf, mein Mütterlein, Und legt mir meinen Traum nun atls: Durch ein halb Stündchen träumte mir Hochzeiter sei mein Brüderlein, Mein Brüderlcin, der Pabst in Rom." Die alte Mutter redet so: „Nur schnell, nur schnell, Ulrich mein Sohn, Und deinen Diener ruf' herbei, Der sattle dir der Rößlein zwei, Daß eins für dich, für ihn eins sei, Daß ihr nach Rom dann hurtig trabt. Wenn ihr versäumt die Hochzeit habt, Dann gibt's nicht heil'ge Messen inehr, Gibt's keinen heil'gen Ablaß mehr, Gibt's keine heil'gen Feste mehr! " Auszäumt der Knecht zwei Rößelein, Eins ist für Ulrich, eines feilt, Sie steigen auf, sic traben fort, Sie reiten weithin, fort und fort, Bis fern nach Rom, dem heil'gen Port. Der Pabst, der dort am Fenster steht, Dem Bruder schnell entgegen geht: „Kommst du zu Gaste mir herbei? Kommst du zur Hochzeit mir herbei? Willst du mein Hochzeitmcistcr fein? " „Nicht komm' ich dir zu Gaste her, Doch komm' ich wohl zur Hochzeit her, Soll ich dein Hochzeitmeister sein. Die Gäste lade schnell mir eilt." Die Braut zu ihnen dieses spricht: „Ihr kommt mir in die Kirche nicht, Bis ihr mir löst drei Näthsel auf! " Das erste Räthsel gibt sie auf: „Wo ist die Erd' am schwersten wohl? " Stumm sind die andern Hochzeitgäst', Sankt Ulrich nur sich hören läßt: „Da wird die Erd' am schwersten sein Wo sie Herrn Jesus gruben ein, Auf seinem Grube liegt ein Stein." Das zweite Räthscl gibt sie auf: „Wie lang ist und wie breit die Welt? " — Stumm sind die andern Hochzcitgäst', Sankt Ulrich nur sich hören läßt: „Gleich lang als breit, wenn gut ihr meßt!" Das dritte Räthscl gibt sie aus: „Wie weit vom Himmel ist's zur Holl'?" — Stumm sind die andern Hochzeitgäst', Sankt Ulrich nur sich hören läßt: „Daß du mich fragst begreif' ich kaum, Da du durchmessen selbst den Raum, Als Gott dich warf zum Hüllengrund! “ Sankt Ulrich liest die Bibel laut, Da wächst ein Hörnleinpaar der Braut, Die Erde vor ihr weitaus springt Und tief in sich die Braut verschlingt. Anhang. Kleine Lieder, Vierteilen, Tanzreime. ' /.'Si 1. Ich sprach nur ein wenig: Was wirst du mir taugen? Da hatte ste gleich Voll Wasser die Augen. 2. Ich sprach nur ein wenig: Mein Liebchen bist du! Und fröhliehen Herzens War sie im Nu! 3. Maid, nimm dir den Geiger, Stets fröhlich bleibst du, Und fehlt es am Brote So geigt er dazu. 14*2 4. . Hats ich gar nichts anders Als den schönen Mann, Stets säß ich beim Tische Und sah mir ihn an. 5. Ich mag nicht die Reiche, Der Verwandten Wahl, Die zählte ihr Gold mir Bei jeglichem Mahl. 6. Hör' immer dich jammern Du schlafest allein, Doch kennt sichs am Kissen Hier lag man zu Zwein. 7. Alt bin ich geworden, Zur Arbeit zu schwach; Da fidel» die Geiger, Der Tanz ist mein Fach! 8. Es kneipt mich, es reißt mich. Der Kops ist mir wund, Da zeigt sich der Liebste Da bin ich gesund! 9. Ohne weißes Papier Ohne Tintenschwärze Schrieb ich mein Liebchen Mir in bas Herze. 10. O betet und bittet Ihr Pfaffen für mich, Was andere Weiber Will haben auch ich ! 11. Schön Vöglcin im Walde, Gern locEt’ ich mir's her, Und kommt es nicht balde So sing' ich nicht mehr. 12. Hätt' ihn wohl gerne, Er will nicht dran, Bänd' ihn mit Reben, Doch geht's nicht an! 13. Du Geiger beginne, Die Gröschlein gewinne; Die Gröschlein sind dein, Die Mädchen sind mein! 14. Stand unter der Linde, Nahm Abschied von ihr, Da kam ihr das Weinen, Das Lachen kam mir. lö. Du liebliche Maid, Sprich, wie dirs gedeiht? ,,Was sragst du um mich, Nicht srag' ich um dich! “ 16. Mein Mann, mein Mann Hat 'ličitifingen Bart, Für den Ofen, für Len Ofen Ist ein Besen erspart. 17. Was stehst du, was stehst du Unterm Fenster drauß? Und weißt doch, und weißt doch Du darfst nicht in's Haus! 18. Halt' einst einen Liebsten, Verlor ihn sodann; Glückselig das Mädchen, Das ihn finden kann! 19. Nach Bergen und Thälern Zum Vogelfang ging ich, Die Vögelein lockt' ich, Ein Mädchen doch fing ich. Volkslieder aus Ärain. 7 20. Mir lehnt an tie Wmigc Die Liebste sich an, Hält mit den zwei Händen Den Hals mir umfahn Und mir in dem Schooße Ausruht sie gar liud, Als schlummre am Busen Der Mutter ein Kind. 21. Nun Hab' ich ein Liebchen, Dach freut es mich nicht, Sie gab mir ein Sträusche», Doch duftet es nicht. 22. Gibt es kein Sonnenlicht, Gibt es Mondenschein, Kommt der Liebste nicht Schläft sie allein. 23. Brauchst nur über der Leiter Rechtshin dich z» biegen — Frage nur die Katzen Wo die Mädchen liegen? 24. Kaum schlummert' ein wenig Kaum schlief ich fast tin, Legt' ein Schelm mir Fetter Ins Kämmerlein. 23. Das Kämmerlein brenne, Es brenne in Gluth, Nur bleibe das Bcttlein, Drin Liebchen ruht. 26. Auf schönem Felde Der Nebel steht. Inmitten des Nebels Mein Liebster mäht. 'V f ■ 27. .... 'V:- *L O triebe der Wind dreh Die Nebel feldaus, Daß den Liebsten ich sähe Mit seinem Strauß l Anmerkungen. 1) und 2) Es war in älteren Zeiten allgemeiner Landesbrauch, daß vom St. Nicolaitage bis zu Mariä Lichtmeß aus jedem Kirchspiel eine Anzahl junger Bursche in Waffen, mit Musik, Gesang und Tanz im Lande hcr-umzog, ähnlich den Sternsingern in Deutschland; man nannte diese Leute in der Landessprache Koledniki. Mit dem Erlös ihres Gesanges kauften sie gelbes Wachs, aus welchem sie lange dünne Kerzchen verfertigten. Diese wurden je drei in Flechten zusammengedrcht und sämmtliche Flechten dann standartenartig um eine lange Stange befestiget, deren Spitze überdieß mit Rauschgold, Seidenbändern und Fähnlein und mit allerlei aus Birkenschwamm geschnittenem Zierrath, Sternen, Vögeln u. dgl. geschmückt war. Mit diesem kolossalen Wachsstocke begannen die Umzüge von Neuem, bis er zu Lichtmeß feierlich in die Kirche getragen, dort geweiht und als Opfer dargebracht wurde, (vgl. Valvasor, Ebre des Herzvgth. Krain. II. 472.) Noch gegenwärtig finde» hie und da ähnliche Umzüge zu Weihnachten und Neujahr statt, doch mit geringerem Lärmen und Pompe; sehr häufig werden auf diese Weise die Kosten der Kirchenbeleuchtung von Haus zu Haus eingesammelt. Ein bei solchen Anlasse abgesungenes Festlied heißt Kolednika. Das erste und zweite Lied unserer Sammlung können als Proben dieser Gattung dienen. 3) Man vergleiche damit „die lustige Hochzeit,"' wendisches Spvttlied in Herder's Stimmen der Völker, dann „Vogelhochzeit" in Uhland's hoch - und niederdeutsche» Volksliedern (Bd. I. S. 34) und das „Lügenmärchen" in Wackcrnagels deutschem Lesebuch, II. IX. Auffallend ist die Verwandtschaft unseres Liedes, in welchem beim Absingen nach jeder Strophe der Kehrreim wiederholt wird; Alje čudo , al ni čudo? Čudo more bilti! Jft's ein Wunder, ist's kein Wunder? Wunder muß es sein ! mit zwei andern, ebenfalls bei Wackernagel (a. a. O.) mitgctheiltcnVolksliedcrn und zwar aus dem Solothurner-gcbiet mit dem Refrain: 'S nimmt rni Wunger, über Wunger, Uugerdcffe nimmtä mi Wunger! aus dem Kuhländchen (nach Mcinert, I, 282) mit dem Refrain: Wounder, Woundcr, teber Wounder! 4) Es wird hier nicht am Unrechten Orte sein, Einiges über die Hochzeitgebräuchc der krainischen Slaven anzuführen. Der Freier pflegt vorerst einen Werber (Snubač) abzusenden und tritt erst selbst auf, wenn der Antrag angenommen wurde; kleine Geschenke beschließen die Unterhandlung. Brautführer und Brautführerin Drug, Družica) laden nun die Gaste zur Hochzeit, bei welcher in ganz Jllyrien der Starašina die Hauptrolle spielt, dem die Besorgung der Festlichkeiten obliegt (darum auch in der Uebersetzung Festmcistcr, Hvchzeitmeister genannt). Er führte den Zug des Bräutigams zur Braut, wobei Musik und Pistolenschüsse nicht fehlen dürfen. Die Braut heißt an den meisten Orten Nevesta , die Ungewisse, da sie ehemals förmlich geraubt wurde; wesentlich in ihrem Putze sind Rosmarinzweige und Bänder von allen Farben in die Haare gebunden und vorzüglich der Kranz von schwarzem Sammt um die Stirne, Šapel genannt. *) Beim Hochzeitmahle hat der Starašina den Vorsitz, er macht förmlich den Wirth. Oft wird schon nach der ersten Tracht Speisen einmal getanzt, wobei der Geiger auch wohl den Possenreißer abgibt. Zum Schluffe der Mahlzeit erscheint der große Kuchen Pogača**) oder eine große *) Auch altdeutsch schapel. schappil, hier wie dort der ausschließlich jungfräuliche Kopfputz, nur bei den Deutschen in reicherer Ausstattung, eine mit Edelsteinen, Perlen, Goldflittern, Kunst-blumen u. dgl. durchflochtene Binde (Zicmanns mittelhochdeutsches Wörterbuch); französisch cdapel, edapslet, doch in minder ausschließlicher Bedeutung. (Vgl.: le Grand, Fabliaux.) **) Auch altdeutsch pogaz, latein. foeatius, Aschkuchen. (Ziemann.) in derSchweiz Roggenbrod, franz. fonasse, fouage, ital. fociaccia, pams subcinericius. (Mvne in Aufseß Anzeiger, 1832.) Schüssel Bntterkuchen (Štrakli). Ein Mann, der ten Koch vorstellt, bringt und vertheilt dieses Gebäcke trotz eines ungeheuren Lärmens mit Ofengabeln und allerlei Küchengeschirr, womit man ihn scheinbar daran zu hindern sucht. Er sammelt dasür Geld auf einen Teller, ebenso ein Geiger, der nach ihm erscheint, ein mit Rosmarin umwundenes Glas herumreichend und während des Trinkens eine Weise spielend. Nach der Mahlzeit wird das Ehepaar nach Hause begleitet und der Zug geht noch zur Brautmutter u. s. w. die ganze Nacht hindurch. Ist das Paar nicht ganz arm, so dauert die Hochzeit mehrere Tage. Einem Wittwer, noch mehr einer Wittwe, die wieder hei-rathet, wird ein Charivari beim Kirchzuge gebracht. — In Unterkrain pflegt die Köchin sich nach der Mahlzeit ein Trinkgeld in einem großen Löffel zn sammeln. Sehr selten sieht man noch die zu Valvasors Zeiten übliche und von ihm beschriebene sogenannte Aschenkomödic. Ein zerlumpter Fiedler erscheint nämlich bei Tische und bietet einen Ochsen zum Verkauf. Nach einer Tracht Prügel, da man ihn für den Dieb des Ochsen hält, macht man für ihn und die übrigen Musikanten eine Sammlung. Hier kommt auch die anderwärts verbreitete Sitte vor, dem Bräutigam zuerst vermummte alte Weiber vorzusühren und endlich nach langer Neckerei die Braut. (Nach A. Schmidt, das Königr. Jllyrien. Stuttg. 1840, und Linhart, Versuch einer Gesch. vonKrain. Laibach 1791). Diese wesentlichsten Hauptzüge eines krainischen Hvchzeitfestes unterliegen jedoch nach den verschiedenen Landesgcgenden manchen Aenderungcn, worüber bei Hacquet (Beschreibung der Illyrer, Wenden und Slaven. Leipz. 1801) und bei Valvasor (a. a. O.) genauere Aufschlüsse, bei Letzterem insbesondere über ältere seither abgckoinmene Gebräuche die anziehendsten Einzelheiten. 5) Man vergleiche damit die neugriechischen Volkslieder „des Räubers Abschied" und „das Grab des Di-mos" in Wilh. Müllers neugriechischen Volksliedern nach Fauriel (I, 19 und 21), und man wird auch hier die deutlichen Spuren jenes tieferen Vcrwandtschaftsbandes zwischen griechischen und slavischen Völkerschaften nicht verkennen, das bereits von Fallmcraycr gründlich nachgewiesen und in neuerer Zeit von I. H. Sanders (das Volksleben der Neugricchen. Mannh. 1844.) mit vorwiegendem Hinblick aus Volksglauben und Volkspoesic ausführlich erörtert wurde. 6) In diesem und den zwei nächstfolgenden Liedern „bestrafte Untreue" und „Janko" wird von jeder nur zweizeiligen Strophe beim Absingen der zweite Vers wiederholt und dadurch die ursprünglich durchgängige Dreizeile hcrgestcllt. 7) Die Neunzahl ist, so wie Skandinaviern und Orientalen, auch den Slaven eine heilige. Im Liede der Südslavcn bezeichnet sie übcrdicß öfter die größte denkbare Zahl; es kennt nicht mehr Länder als eben nur neun, daher die Ausdrücke: in's neunte Land klingen, in's neunte Land reisen u. s. w. die möglichste Entfernung andeuten sollen. 8) und 9) Polkonj (Halb - Pferd) Pesoglavec (Hundskopf), fabelhafte Wesen aus der slavischen Mythen- welt, vielleicht verwandt ersteres mit dem Centaur, letzteres mit dem Kynvkephalvs (Hermes, Anubis, Hermannbis) der Alten; wie denn auch die Elemente des ganzen Liedes ein Gemenge von Vorstellungen bilden, die theils der antiken Mythe, theils der slavisch-heidnischen Vorzeit, theils dem germanisch-christlichen Mittelalter angehören. 10) Terdoglav (wörtlich Hartkopf), nach dem Volksglauben ein koboldähnliches Wesen, der Hüter und Beschützer unterirdischer Schätze; vielleicht auch der mythische Repräsentant der geologischen Beschaffenheit des Krainer-landes, seiner zahlreichen Grotten, Bergwerke, unterirdischen Flüsse und andern Wunderdinge. Die Erinnerungen an den ursprünglichen CultuS der Slovene» sind selbst gänzlich verschwunden; die auf uns gekommenen Ucberreste bezeugen, daß sie einen höchsten guten Gott (Bog, Belibog, Gott des Lichtes, Svantevid) , dann ein urbvscs Grundwescn (Čart, Černi-bog, Gott der Finsternisse und des Unheils) ferner eine große Zahl von Untcrgvttern verehrt haben. Die Mora (Alp, Drude) erdrosselt die Bösen im Schlafe; Kurent (der slavische Priap,) war Beschützer des Gastmahls und der Schwelgerei, Badegast Gott der Freude und der Wohllebens, Živa*) die liebliche Göttin des Lebens und *) Schon Dobrowskv (Slavin, Prag, 1834) und neuerdings Z. E. Wocel (Grundzüge der böhmischen Alterthumskunde. Prag, 1845.) machten auf den Glcichlaut des Namens der indischen Gottheit Schiwa mit der slavischcn Živa (belebendes Naturprinzip) und auf die Verwandtschaft der slavischcn mit der indischen Mythologie aufmerksam. bcr Ehe, die Venus der Wenden (der Planet Venus trägt ihren Namen), endlich Triglav (Dreihaupt), welcher mit einem Haupte die Erde, mit dem andern die Lust und mit dem dritten das Wasser beherrschte. Man glaubte, daß die Götter in Wäldern, Bäumen, Flüssen und Seen wohnten, weihte ihnen Haine und opferte ihnen im Hram (Opferplatz) Thicre und Früchte. (Nach Linhart a. a. O. und J. V. Sonntag: ,,die Slovene» in Untcrsteier-mark" in Frankl'S Sonntagsblättern 1842.) Auch kennt und nennt Lied und Sage noch die Rojnice, parzenähnliche Wesen, Vila, die Wile in bekannter gleicher Bedeutung wie in Serbien, Torka, ein Gespenst das beim Spinnen das Rad mit einer Hundspfote umdreht, Skra-telj, das Bergmännlcin (deutsch schrcttcl, scrat. Vcrgl. Grimm's deutsche Mythologie) Dioji moš Waldgeist, Povodni moš Wassermann, Rakuš eine Erscheinung i» Krebsengestalt u. m. a. Koleda (daher koledniki und kolednica, vgl. Anmcrk. 1 und 2) wird von Einigen für die Gottheit der öffentlichen Feste gehalten. Vrag, Slode , Hudič (Hu-dir), einst Benennungen einzelner dämonischer Wesen, bezeichnen im heutigen Sprachgcbrauche sämmtlich nur den Teufel. 11) Die Župane, eine Art slavischer Dorfschulzen, waren ursprünglich die Ausbietcr des Volkes zu irgend einer gemeinschaftlichen Unternehmung (etym. vielleicht von Zoopan der rufende Herr). Nach dem Verfalle der demokratischen Rcgierungsform der alten Slaven blieben die Župane die Ueberbringcr obrigkeitlicher Befehle, sie sagten Abgaben und Frohndienste an und waren die Ver- mittler bei Aushebung der jungen Mannschaft zu Kriegsdiensten. (Vgl. Linhart a. a. O.) Die Würde der Kneze (S. 88.) (kleinere Fürsten, regierende Grasen) war den Kraincrn weniger, vielleicht nur an den Grafen von Cilli bekannt, die den größten Theil ihres Landes besaßen. 12) Auch der deutsche Volksglaube kennt ein Kraut mit ähnlichen magischen Wirkungen. Eine in Hofmann's von Fallersleben Fundgruben (1, 326.) mitgctheilte Krank-hcits - und Heilmittelkunde aus dem 14. Jahrh. sagt darüber Folgendes: ,,Ein krut heizet uerbena, daz ist für meinig bind) gut vnde nutze, von dem selben krute saget vnS macer, si habe groze kraft an ir. Ewer ft neme mit wurtzc mit alle vnde bchielde ft in der rechten haut vnd ge zu dem stechen, daz er der wurtz nicht wurde gcwarc vnde spreche zu im: versitzest du dich zu (ebene, vnde toi gehabes du dich? Sprichct der steche: wol; zwar er geniset. Spri-chet er: ich gchabe mich übel; des sichtums kumt er nimmer vf. Spricht er: ichn mac nu nicht baz gehabcn mid), oder sprichct er: id) gehabte mich gerne wol; er muz aber ntidjel arbcit üben in dem selben leger." 13) Der tim Geschichte und Topographie Krams so verdiente Chronist Freiherr von Valvasor berichtet Folgendes : „Inwendig im Schloß (Stein in Oberkrain) sollen an der Wand eines Zimmers abgcmalt sein zween zu Pferde eisrigst kämpfende Männer, von denen einer diese Worte: Helff dir Gott! der andere aber: Gnad dir Gott! spricht. Und sagt man daß diese Zween den Streit bemerken, so ein Herr von Lamberg ans Crain mit einem böhmischen Riesen ausgenommen. Für diesem hatte sich Jedermann entsetzt und sich ihm Niemand widersetzen wollen; biß endlich dieser Herr von Lamberg einen Kampf auf Leib und Leben mit ihm angenommen und in solchem öffentlichen Streit ihm den Schädel weggeschmiffcn. Wie solche Geschichte noch täglich von den Bauern in einem Crainerischgemachtcn Liede abgesungen und auf die Nachkommen fortgepffantzct wird/' (Valvasor n. a. O.) Kein Volkslied erfreut sich einer so großen Ausbreitung hi Kram und zugleich so vielfältiger Varianten als das von Lamberg und Pegam. Es dürfte auch eines der ältesten unserer Sammlung sein. Nach Hvrmayr's Angabe (Taschenb. 1833) fallen „die alten Sagen und Mythen vom Kampfe christlicher germanischer Helden mit heidnischen ungarischen Riesen, wie jener des krainerischen Ritters Lamberg mit dem P e g a m und jener berühmteste H a N ns Dollingers (in Regensburg) mit dem ungarischen Hceresfürsten Krako, Abgesandten an den deutschen König Heinrich nach Regensburg, in die Epoche der magyarischen Schrecken des 10. und 11. Jahrhunderts." — In dem alten deutschen, des erwähnten Dollingers Thai feiernden Liebeheißt derHeide nicht Ungar, sondern Türke: „Es mit ein Türckh au« Türckhcnlandt Rait gen Regensburg in die stat u. s. to. Von verwandter Auffassung des deutschen mit unserem slavischen Liede zeugen folgende Stellen : ,,Sie fuertcit gegeneinander zwei scharffe Speer Das eine gkeng hin. das andre gieng her, Da stach der Türkh den Dollinger ab, Das er an dem ruckhen lag ,,D Herr Jhesu fteh mir jetzt bei Steck!) mir ein Zwei (vai\ Zweig) Sind Irer drei Bin ich allein Bnd fuer mein Seel in das ewig Himmelreich." und am Schluffe, nachdem der Heike gefallen: „Du versetzter Teufst nun steh im bei Sind tret drei V in ich allein Vnd fuer sein Seel in die bitter Hellenpein. (Vgl.A.C. Kaisers Beschreibung von Regensburg. 1797.) 14) Diese ungewöhnliche Kost des Streithengsles mag wohl zugleich auf dessen ungewöhnliche Eigenschaften deuten. Auch der Königssöhn Marko lehrt im serbischen Volksliede sein Leibroß den Schecken Scharatz Wein trinken. (Talvj, Volkslieder der Serben. I., 180.) 15) Der Held dieses und vielleicht auch des nächstfolgenden Liedes „Drei Brüder" ist wohl kein Anderer, als der berühmte, vielbesungene und gepriesene Serbcnhcld Kraljewttsch (Königssohn) Marko, der abenteuerliche, riesenstarke und stets unerschrockene Sohn des in der Schlacht am TänaruS (1371) gegen den siegreichen Sultan Murad I. gebliebenen Königs Wukaschin. Der Glanz mit dem die Poesie seines Volkes, mehr als die Geschichte, Markös Heldengestalt umschließt, drang weithin zu allen sprachverwandten Slavenstämmen, die nun in dem Königssohn Marko ihren gemeinschaftlichen Nationalhelden, den Repräsentanten ihres eigenen ticfgewurzelte» Türkenhaffcs verehren und in Lied und Sage verherrlichen. 16) Vielleicht eine Andeutung der auch von Valvasor fn. n. D.) erwähnten seltsamen Begrüßungsart der Weiber in Unterhain „daß sie sich Kreutzweise umfassen, indem sie sich über die Achseln und Lenden einander greif: sen, als ob sie sich werffen wollten." 17) „Der Woiewode Janko", „der Siebenbürgcr Janko", so heißt bei den Serben und anderen Südslaven der große Gubernator Ungarns, der ritterliche Türkcn-besieger Johann Hunyady, (unter seinen Titeln auch Vaivoda Transilvaniae) der zugleich den Türken und ihren Kindern ein Widerhall des Scbreckens. (Janko heißt auf türkisch das Echo. S. v. Hammer's Gesch. d. Osman. Reiches. 1. 346.) Der Sekol unseres Liedes (bei den Serben Sekula) ist Johann Szekely (von altern deutschen Geschichtschreibern z. B. Gcbhardi, Johann von Zecke! genannt). Er war ein Schwestersohn, nach Gcbhardi Schwestermann des Hunyad und Banns von Slavonicn. Die serbischen Volkslieder bezeichnen ihn als einen großen Helden. Er fand seinen Tod in der Schlacht am Koffowo polje, dem berühmten Amselfelde der serbischen Volkslieder, welche Hunyad 1448 gegen die Türken verlor. — Hunyad's Gemahlin war Elisabeth Szilägy. Ein im Stoffe und Gange der Erzählung mit unserem Liede ziemlich übereinstimmendes, nur viel längeres' in den Einzelheiten auszeschmücktcreS Volkslied aus der slavonischen Militärgränze (mitgethcilt in S. Jowisch, Ethnographischem Gemählde der slavonischen Militärgränze, Wien 183b) nennt die Stadt Temcswar als den Schauplatz der geschilderten Brautwerbung: „Als der Siedenbürger Janko freite, Ging er alle Schlösser durch und Burgen, In Bosnien und Herzegowina, Dalmatien, Likka, Korbavien; Nirgends könnt' er eine Braut sich finden Als in Temeswar die schöne Janja," u, s. w. („Die Hochzeit des Joh. Hunyad" nach Jowisch,) Dieser Umstand mit dem Hinblicke auf die dako-walachischen Bewohner des Banats, die sich selbst Rumuni (Römer) nennen, und deren Sprache das pcrdorbenc Latein der römischen Ansiedler ist, mag den richtigsten Fingerzeig geben, wo die „Lateiner" unseres Liedes zu suchen sind, 18) Daß König Mathias Cvrvinus von Ungarn der ,,Kralj Matjaž“ des slvvenischen Volksliedes sei, wurde im Vorworte (S, X) erörtert, 19) lieber die hier erwähnte Sitte berichtet Valvasor a. a. O, (II. 284.) wie folgt: „Wann in Oberkrain eine Kirchweih einfällt, so nehmen jhrer Zwecn die Spielleute und gehn mit denselben zu dem Landt-Gerichts-Herrn und kauffen von ihm denTantz um eine» Dukaten in Gold. Alsdann bezahlen selbige zwcen Tantzkäuffer die Spielleute und wer tanzen will muß sich zuvörderst mit ihnen abfin-bc»; Fremde bezahlen zwei Batzen, Einheimische einen Batzen. Den Tanz eröffnen die beiden Tantzkäuffer mit drei Täntzcn, ziehen hernach den Säbel aus der Scheide, werffen ihn in die Höhe, fangen ihn wieder auf und mache» damit ein Kreutz auf die Erden. Hierauf folgen die klebrigen." u. s. f. 20) Hier verwechselt das Volkslied offenbar den Vater mit dem Sohne; denn von König Mathias Corvi- nus Hunyady ist es nicht bekannt, daß er jemals in türkische Gefangenschaft gerathen; wohl aber soll nach Angabe einiger Geschichtschreiber sein Vater, der Gubernator Johann Hunyady nach der unglücklichen Schlacht am Amselfelde von Türken gefangen worden sein, jedoch wenig strenge bewacht, sich wieder durchgchauen haben und nach manchen Abenteuern glücklich entkommen sein. Das vorzüglichste derselben hatte er auf seiner Flucht zu bestehen. Der Jesuit Palma (Notit. rer. hungaric. II. 237) erzählt es mit folgenden Worten: „In fuga interceptus a Georgio Rasciac Despota, S. Coronae flunguricae liduciario, non prius libertatem obtinuit, quam jurejurando promitteret, se Matthiae filio Girici Cilejensis, qui Georgii gener fuit, filiam Elisabetham conjugem accepturum. Factum id etiam; sponsa pro ejus aetatis more continuo in Hunyadii domum translate, sed prius, quam matrimonium iniri posset, praematura morte sublata fuit.“ Nach Mailath (Geschichte dcrMagyaren. III. 11 und 16) stellte Hunyady bei seiner Entlassung aus der Gefangenschaft des Despoten seinen Sohn als Geißel. Nach Anderen soll das beschlossene Ehebündniß sich nicht auf die obgedachte Enkelin des rascischen (serbischen) Despoten Georg Brankowitsch, sondern auf dessen eigene Tochter bezogen haben. Jedenfalls bleibt es von Interesse, an der Hand der Geschichte die Werkstättc der Volksdichtung zu belauschen; alle Grundelemente unseres Liedes finden sich bereits in jener, Gefangenschaft und Flucht, die Jungfrau als Retterin, die Verlobung, bis auf die Namenglcichheit des älteren und des jüngeren Helden, auf welche eine Stelle des Liedes sich bezieht. 21) Es dürste schwierig sein, den Ursprung dieses Aedes auf historischem Wege aufzufinden. Die Bezeichnung der Stadt (Silit als Schauplatz der Handlung mag aus die vielleicht nicht ganz verwerfliche Annahme hin-lciten, die Volkstradition habe sich der Kunde von dem blutigen Ausgange des letzten der Grafen von Cilli (Ulrich) bemächtigt, ihn mit einem der zahlreichen Liebesabenteuer, um derentwillen dieses ganze Geschlecht so berufen war, in Verbindung gebracht, zum geeigneten Träger des Ganzen aber den populären Helden Kralj Matjaš erkoren. Mathias Corvinus hatte sonach im Vvlkslicde zu seiner sonstigen Glorie und Herrlichkeit gar »och die Licbesdrangsalc der Grafen von Cilli auf sich nehmen müssen, obschon er selbst — der jener Maria Claus ein Schloß mit zwei Dörfern geschenkt hatte ,,ob nimiam ddectationem corporis nobis ab ilia praestitam“ (Hormayr, Ta schenk. 1841.) — in dieser Hinsicht Einiges auf seinen starken Schultern zu tragen vermöchte. 22) lieber den Entsatz Siffek's berichtet von Hammer (Gesch. d. osman. Reiches. II. 582.) wie folgt: „Din-stag vor Frvhnleichnam (15. Juni 1593) lagerte Hasan, der Statthalter Bosniens, mit 25—30,000 Man» am rechten Ufer der Kulpa; ging in der Nacht mit dem von Memi, dem Beg von Swornik, angeführten Fußvolke über die Knlpa, belagerte Siffek. Erdödy, Auersperg, Eggenbcrg, Reder» und Paradeiser eilten zum Entsätze herbei. In dem Winkel, welchen mit der Kulpa die in dieselbe einströmend« Ordra bildet, ward die Schlacht geliefert (19. Juni) und die Türken an die Flüsse zurück- gedrängt. Die Brücken, zu schmal und zu schwach, brechen ein, 18000 Mann bluten auf dem Felde übet ertrinken in der Flut, unter diesen Hasanbeg selbst, der Statthalter von Bosnien, Ghasi Memi, der Beg von Swornik, Mustafa, der Beg von Klis, der Sohn Ahmedpaschas (dessen Gemahlin die Tochter Mihrmah's) und der daher Sultansade beigenannt war, und Mohammed, ebenfalls der Sohn der Tochter einer Sultanin u. s. w. Ob namhaften Verlustes von Geschütz und Heer, von mehreren Segen und zwei Enkeln von Sultaninen heißt das Jahr in der osmanischen Geschichte das Jahr des Verderbens." Nach Valvasor (a. a. O. IV. 323.) führte der Held unseres Liedes „Herr Adam Räuber zu Weineck und Kreutberg, einer löbl. Landschafft in Crain Rittmeister" nächst Herrn Andre von Auersperg, Obristcn der „Craba-tischen und Meer-Gräntzen" die zum Entsätze Siffeks aufgebotenen Hülfsvülker aus Krain. Räuber befehligte die sogenannten ständischen Gültpferde „200 Crainerische Arquebufrrer" und nahm mit seiner Mannschaft den rühmlichsten Antheil an dem Treffen. Sonderbarerweise betheilt unser Volkslied mit dem Vornamen seines Helden (Adam) den Kommandanten Siffeks, welcher nach Valvasor und Hammer Nikolaus Mikaczy hieß, Domherr zu Agram war und die Stadt eifriger als redlich vertheidigtc, indem er die Boten Hasan-pascha's über die Mauer in den Fluß werfen ließ und die durch verstellte Bereitwilligkeit der Uebergabe in die Festung gelockten Sipahi durch angezündete Pulverfässer in die Lust sprengte. Das alte, bereits durch K. Marimilian l. in den Frci-herrnstand erhobene Geschlecht der Räuber war überhaupt durch Tapferkeit und Körperstärke ausgezeichnet. Berühmt wegen seiner ungemeinen Gewandtheit im Ringkampfe, verbunden mit riesiger Leibeskraft, so wie ob seines über drei Ellen langen Bartes war Andreas Eberhard v. Räuber, K. Marimilians II. Hofkriegsrath; er zerbrach die stärksten Hufeisen, riß einst im Kampfe einem Juden den Bart ffltnmt der daran hängenden Kinnlade aus, steckte im Wettkampf um die schöne Scharseckin, des Kaisers natürliche Tochter, seinen Gegner, einen himmellangen Spanier, in einen Sack, und dgl, mehr. 23) Noch im April 1839 überschritt die türkische Armee den Euphrat und seine Nebenflüsse auf Flössen, welche aus aufgeblasenen Ziegenhäuten (türkisch Kilek) verfertigt wurden. (Allgem. Ztg. 1839. Nr. 176.) 24) Čiče, Tschitschcn, heißen die abgehärteten, kriegerischen Bewohner jenes Felsenlandes im mittäglichen Krain, welches vormals die Japoden der Alten inne hatten. 25) Das Lied von H. Ulrich gehört unter die Zahl der einst so beliebten Räthsellieder, einer Form, die in der Poesie der verschiedensten Völker eine bedeutende Rolle spielt lind sich nach ihren einzelnen Erzeugnissen als eben so alt, vielgestaltig und mannigfaltig darstellt, wie ihr unerschöpflicher Erfinder, der menschliche Scharfsinn. Von Interesse dürfte die Vergleichung der dritten Räthsel-frage unseres Liedes mit der nachfolgenden Stelle sein. welche den altdeutschen „Räthselfragen aus einem alten Passional'' (in Mone's Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, 1839) entnommen ist: „Biten, biig er mich laze, sprach er, wissen noch ein dine wie perre von des himels rinc st nutz uf den IjcUcgrunt i ist im die Meisterschaft tod funt, so lat die maze mir in sagen," Die Botschaft wart hin in getragen vur den Meister der euch sprach : „deistoar mein lunst ist zu stoach, Da; ich die maze ich! schowe," Die tuvelische junefrotoe sprach do vor in allen: ,,ei secht, nu mnz ich vasten von hinnen in der hcste grant, mir ist tool die maze funt wände ich st her aider 111,15, do ich wart ein schänden vaz unde zu tat von obene fiel in den hellischen ziel, Dar ich ouch nur sali zehant." Dieses Stück ist Theil einer Legende worin der Teufel in Gestalt einer Jungfrau einen Meister verführen will, den der h. Bartholomäus dadurch rettet, daß er als Pilger vor der Thüre erscheint und die Räthselfragen gibt, — Eigenthümlich, obschon'schwer erklärbar ist die Betheiligung des Pabstes in unserem Liede, wenn dieses nicht etwa ein Spottlied aus der Zeit der Reformation in Krain sein sollte, deren Jdeenkreisen die Vermählung des Pabstes mit dein Teufel nicht allzuserne lag. Eben so wenig vermag ich aus bet mit »vrliegcnbcn Heiligenlegenbe in dem Leben des heiligen Mannes und Bischofs Ultich itgcnb einen nnbevn Beruf zum Räthsellösen zu cntbecken, als baß er zweimal in Rom unb „seine Reben mit bem Saltz bet Weisheit begleitet" gewesen. Inhalt. Seite Vorwort..............................................IV Ncnjahrslied..........................................I Flursegen.............................................2 Hochzeit der Vögel....................................3 Käuzchen und Eule.....................................5 König Amsel...........................................6 Drei Liebchen.........................................7 Winter................................................9 Freiheit............................................ 10 Täubchen.............................................12 Liebesbangen.........................................13 Ständchen............................................15 Zuruf................................................16 Weltjammer...........................................17 Fragen...............................................18 Minka................................................19 Die Läuferin.........................................20 Mara.................................................21 Wohin damit..........................................22 Drei Töchter.........................................21 Des Helden Bitte ..... 28 Der Gefangene........................................30 Trost der Verlassenen................................34 Der Schcintodtc......................................36 Ein JohanniSfest.....................................38 Bestrafte Untreue....................................41 Seirc Janko .................................................44 Der Schwimmer..........................................45 Von der schönen Vida . . . . . . 47 Ein Verlassener........................................51 Agnes..................................................53 Ein friedfertiger Herr.................................57 Tertoglav..............................................63 Ein verzauberter Prinz.................................69 Der Page...............................................72 Roschlin und Verjanko ....... 74 Von der ungetreuen Gräfin..............................77 Im Tode Wahrheit.......................................80 Von der Königstochter..................................83 Lamberg und Pegam......................................87 König Marko............................................93 Drei Brüder............................................98 Gregors Schwester Alenka...............................102 Des Woiewoden Janko Hochzeit...........................107 Vom König Matjasch.....................................110 König Matjasch gefangen................................119 Vom Ableben des K. Matjasch -..........................124 Vom Herrn Räuber.......................................128 Sankt Ulrich..........................................136 Anhang : Kleine Lieder, Vierzeilen, Tanzreime . . 139 Anmerkungen............................................147 OtiCINE Druck von Otto Wigand in Leipzig.