(Fo&tninii plarann v gotovini. | Organ für die deutsche Minderheit im Dravabanat Schriftltilung und Verwaltung: Preiernovn ulica 5, Trlephon Nr. ZI (interurdanl t Bezugspreis« für da» Inland: Vierteljährig W Din, halbjährig 80 Sin, gnttj->ntündigungen werden in der Berwaltung zu billigsten Gebühren entgegengenommen f jährig 160 Din. Aür da» Ausland entsprechende Erhöhung. Einzelnummer Din l li» Erscheint wöchentlich zweimal: Donnerstag früh und Samstag früh mit dem Datum vom Sonntag Nummer 24 | Cslje, Sonntag, den 27. März 1932 ^ 57 Jahrgang Der schwerste Winter seit Menschengedenten Die Osterwoche des heurige» Jahres sollte in der ganzen Well von Goetheschein Geist durchweht sein, weil gerade in diesen Osterlagen allenthalben die Erinnerung an den vor 100 Jahren erfolgten Tod dieses größten deutschen Menschen gefeiert wird. Kein anderer Sprecher der Menschheit?-seele hat so wie er das Ostererlebnis aus dem zwcitausendjährigen Gefühl zu himmlischer Klarheit herausgehoben und es für immer in unser aller Seelen so hineingelegt, wie sein Genius es gesehen und erlebt haben wollte. Sein größtes Werk, unsere deutsche Nationaldichtung „Faust", schloß er mit seinem Leben, indem er am ersten Frühlingstag des durch ihn heilig gewordenen Jahres 1832 die Er. lösung vom engen irdischen Zvallen gewann. Müssen wir da nicht mit tiefster Erschütterung an seinen ringenden, verstrickten, schließlich erlösten Helden Doktor Faust denken, der der Dichter selbst ist. verkörpernd das ganze Menschengeschlecht, wie er seinen Osterspaziergang macht und von den Höhen hinunterblickt auf das bunte Gewimmel der Menschen, die des Osterfrühlings Erlösung aus der dumpfen Enge der Mauern, des irdischen Kerkers, hinausführt auf die ahnungsvollen Fluren der Freiheit! Wie er dann die Augen zu der goldenen Sonne emporhebt, seine Seele höher und höher fliegen lassend, bis er da» ferne Meer erblickt, in das alles lebendige Wasser einmal hineinfließt? Es ist der Flug der erlösten Seele, es ist die Vision seines eigenen Abschiedes von der Erde, seiner eigenen Er-lösung. Das ewige Schicksal, Gott, der im kleinsten Pflänzchen ebenso wirkt wie im Körper des Menschen und in den Millionenheeren der Sterne, hat seinen Lieblingssohn am ersten Frühlingstag zu sich zurück-genommen, so seinem Leben, das sich in seinen Werken spiegelt, den harmonischesten und sinnvollsten Abschluß vetteihend. Der Mensch, Doktor Faust, durchlebt jetzt seinen schwersten Winter, den schlimmsten seit Menschen- Ostern «u» Goethes .Zaust" Chor der Engel Christ ist erstanden! Freud« dem Sterblichen, Den die verderblichen, Schleichenden, erdlichen Wangel umwanden! Chor der Weiber Mit Spezereien Hatten wir ihn gepflegt, Wir feine Treuen, Hatten ihn hingelegt-, Tücher und Linden Reinlich umwanden wir, flch, und wir finden Thrist nicht mehr hier. Chor der Engel Christ ist erstanden! Selig der siedende, Der die betrübende, Heilsame, übende Prüfung bestanden. gedenken. Wir sind noch immer gebunden in des Winters qualvoller Enge und Bedrückung und wir sehen, wohin wir auch blicken, noch keinen Schein einer Erlösung. Verzweifelnden Herzens müssen wir im Gegenteil glauben, als gehe es weiter in noch härteren Winter hinein, als werde es keine Erlösung mehr geben. Und doch! Wenn irgendeinmal, so muß gerade uns Gegenwärtigen das Osterfest, muß uns sein wunderbarer Verkünd« Goethe Trost und Hoffnung spenden. Sein Mensch, Faust, setzte in Verzweiflung den Giftbecher an den Mund, gerade als die Osterglocken mit ihren den Himmel auf ein-mal erfüllenden Klängen die Erlösung, die Auf-erstehung verkündeten. Sie verkündeten, daß der Erlöser der Welt, Gott im Menschen, Christus, aus schwärzester Nacht, aus eisigstem Winter, aus dem Tode wieder zum Leben, zum Licht, zum Frühling auferstanden sei. Die Menschheit windet sich heute mit ihrer bergeshohen Sündenlast im heftigsten faustischen Krampfe. Sie scheint ihre Seele der Hölle verschrieben zu haben, der Diener des Höllischen, Mephisto, scheint die Well zu regieren, seinen Schein für Wahn und Verblendung, schreckliches Ungemach, einfordernd. Er wird weichen müssen! Einmal wird er weichen müssen, wenn die Menschheit genug ge-prüft sein wird. Der heurige Winter in der Natur ist ein Symbol. Er will dem Frühling nicht Platz geben. Die Fluren, auf denen sonst in anderen Jahren um diese Zeit schon die Bauern Hoffnung säten, ist mit Schnee bedeckt, eiskalle Nordwinde wehen. Wird aber deshalb jemand sagen, daß der Frühling nicht kommen wird? Kann also jemand sagen, daß für die Menschheit, die ja auch zur Natur gehört, die Auferstehung, die Erlösung, die bessere Zeit nicht mehr kommen wird? Sehen wir uns das faustischeste Volk der Erde, das deutsche Volk, an! Ihm war von seinem Kanzler angekündigt worden, daß der heurige Winter einer Chor der Zünger Hat der begrabene Schon sich nach oben. -Gebend Erhabene, Herrlich erhoben; jft er in Werde tust Schaffender Freude nah; Rch! an der Trde vrust Sind wir zum Leide da. Lieh er die Seinen Schmachtend uns hier zurück; klch! wir beweinen, Weister, dein Glücd! Chor der Engel Thrift ist erstanden klus der Verwesung Schoh! ikeihet von Landen Freudig euch los! Tatig ihn preisenden, Liebe Veweisenden, brüderlich Speisenden, predigend weisenden. Wonne verheizenden, Euch ist der Werster nah, Tuch ist er dal der schwersten seit Menschengedenken jein werde. Und er war es! Das deutsche Volk im Reiche lebte von Woche zu Woche, von Monat zu Monat. Es gab Kluge genug, die auf dem Papier errechnen konnten, daß dann und dann das Ende erreicht, der Zusammenbruch, das völlige Chaos, die Auf-lösung sicher seien. Jawohl, auf dem Papier konnte bewiesen werden, daß der Untergang unausbleiblich sei. Es war alles durchaus überzeugend. Was sich aber nicht schwarz auf weiß festlegen ließ, das waren die vielen verborgenen Kräfte einer bis zum Aeußersten bedrohten Nation, die dann erst zu wirken beginnen, wenn der Giftbecher an der Lippe sitz«. Das Fieberthermometer stieg und stieg. Ende Fe» bruar zählte Deutschland über sechs Millionen-Arbeitslose. Hingegen sank in diesem Winter der Ausfuhrüberschuß, die einzige Hoffnung für die' Bezahlung der Anleihezinsen und Schulden, von Monat zu Monat und hat noch längst nicht seinen tiefsten Stand erreicht. Noch in Februar wußte niemand zu sagen, wie man imstande sein werde» den Beamten im März die Gehälter auszuzahlen. Aber auch der März ist inzwischen halbwegs über-standen. Das alles sind Anzeichen für eine unge-heure Leistung, die das gesamte deutsche Volt, und zwar jeder einzelne, mit der Ueberwindung diese«! Schreckenswinters vollbrachte. Das ist eine Leistung von wellhistorischem Rang! Der schlimme Winter des Goethejahres 1932 blieb nicht auf das deutsche Volk beschränkt. Auch in den anderen Ländern erstarrte die Wirtschaft, von der die Menschen leben. Aber das deutsche Beispiel, das am schärssten ist, gibt uns die Host-nung, daß die Menschheit schließlich doch ihre jetzige Winterszeit überwinden wird, auf allen Gebieten. Wiederaufstieg, Auferstehung, neuer Frühling werden doch kommen! So wünschen wir allen unseren Freunden vom Herzen hoffnungsreiche und trotz allem auch fröhliche Ostern! Osterspaziergang Au« tboethe« .Faust" Vom Eise befreit sind Strom und Bäche Durch des Frühlings holden, belebenden Blick; Im Tale grünet Hoffnungsglück; Der alte Winter in seiner Schwäche Zog sich in die rauhen Berge zurück. Von dorther sendet er fliehend nur Ohnmächtige Schauer körnigen Eise» In Streifen über die grünende Flur. Aber die Sonne duldet kein Weißes- Ueberall regt sich Bildung und Streben, Alles will sich mit Farbe beleben; Doch an Blumen fehlt's im Revier, Sie nimmt geputzte Menschen dafür. Kehre dich um, von diesen Höhen Nach der Stadt zurück zu sehen. Aus dem hohlen, finstern Tor Dringt ein buntes Gewimmel hervor. Jeder sonnt sich heute so gern. Sie feiern die Auferstehung des Herrn: Denn sie sind selber auferstanden; Au» niedriger Häuser dumpfen Gemächern. Au» Handwerks- und Gewerbes banden, Au» dem Druck von Giebeln und Dächern, Seite 2 Deutsche Zeitung Nummer 24 Warum nicht Schwunditotgeld? In unserer Folge vom 17. Dezember 1931 veröffentlichten wir unter der Ueberschns! „Ein Notgeldvorschlag" die Anregung eines Freun-des unseres Blattes, derzufolge ein Notgeld, ganz unabhängig von der stabilisierten Währung des Staates, herausgegeben werden sollte, das jeden Monat um seine Zinsen weniger wert ist, sich also dergestalt auswirkt, daß die Interessenten die Zinsen bezahlen, die daher nicht für teure Anleihen ins Ausland zu wandern brauchen. Seit dem Er-scheinen dieses ersten Artikels hat sich aber die Wirt-schaftskrife, namentlich die Geldknappheit, dermaßen verschärft, daß heute große Industrien ihren Betrieb einstellen mußten, hauptsächlich deshalb, weil sie keine Kredite für die Auszahlung ihrer Arbeiter bekommen können, weder von unserer Nationalbank, noch we-niger natürlich vom Ausland. Jener Gedanke eines Notgeldes ist gerade heute brennend aktuell geworden und wir freuen uns. daß sich unser Freund wieder zu Worte gemeldet und seinen seinerzeitigen all-gemeinen Vorschlag in eine kontrete Form gebracht hat, die vorerst einmal in einem kleinerem Wirtschaftsgebiete — als naheliegendstes Beispiel nimmt unser Draubanat her ausprobiert werden könnte. Für einen Normalbürgerverstand ist das Problem natürlich schwer faßbar, weil dieser dabei seine angeblich tausendjährigen wirtschaftlichen „Tatsachen" wanken sieht. Die Wirtschaftstheoretiker dürften sich in Erwiderung des Notgeldvorschlages nicht mit der bequemen Antwort begnügen: „Un durchführbar! Unmöglich!", weil er ihnen in den Kram ihrer volkswirtschaftlichen Schulgelehrsamkeit nicht hineinpaßt, sondern sie müßten sagen, wie sie sich den Ausweg aus der erstickenden und ständig wachsenden Wirtschaftsnot dann eben „ausführ-bar" und „möglich" vorstellen. Wenn sie die» können! Der neuerliche ArtiM unseres Freundes lautet: Ich komme nochmals auf meinen Aufsatz in der Nummer 101 der „Deutschen Zeitung" vom 17. Dezember 1931 zurück. Es heißt immer: Unsere Industrie in Slowenien müsse sperren, weil keine Kredite zu bekommen sind. Wäre e» ganz unmöglich. einen Versuch mit dem Schwundnotgeld gönnen. Es sei bloß darüber verhandelt worden, was man tun solle, falls sich die Großmächte über den Beginn der Verhandlungen auf Grundlage des französischen Vorschlages verständigen würden. Lloyd Georges Angriff gegen Kriegsschulden und Reparationen Lloyd George, der seinerzeit in Versailles am leichtsinnigsten und großzügigsten mit den Ver-pflichtungen umgegangen war, an denen die Welt jetzt zusammenzubrechen droht, hat ein Buch „Wahr-hett über Kriegsschulden und Reparationen" heraus-gegeben, das die ungeteilte, ja fast begeisterte Zu-stimmung der gesamten englischen Presse fand. In seinem Buch schreibt er auch folgendes: „Rund heraus gesagt, hat der Preisfall auf dem Well-markt den realen Wert der Schulden an Amerika um .'»(> Prozent erhöht. Um die Hälfte mehr muß in Waren übereignet werden, um denselben Dollar-betrag zu tilgen. Für Großbritannien bedeutet das Abgehen vom Goldstandard eine weitere Belastung, die eine nochmalige, neuerliche Erhöhung um 50 Prozent der bereits angeschwollenen Schuld aus-macht. Es hat keinen Zweck, die Augen vor der Totsache zuzukneifen, daß die Mehrheit dieser Schulden faule Schulden sind. Ihre Zahlung hat bisher von den deutschen Reparationen abgehangen; diese Quelle ist Heute ausgepumpt. Um sie wieder fließen zu lassen, müßte man nicht nur etwas Wasser hinein-gießen, man müßte auch fortfahren, mehr hineinzu-schütten, als schließlich herausfließt. Das war die Erfahrung der Dawes-Anleihe und des Poung-Planes. Die nächste Patentanleihe wirk» ein eben-solcher Reinfall werden. Die Geschichte der Repa-rationen hat gezeigt, daß die Bemühungen, interna-tionale Zahlungen auf Kriegskonto herauszupressen, zu einer ständig schrumpfenden Ausbeute und zu dem Bankrott der Schuldner führe. Abgesehen von jeder moralischen Seile dieses Vorgehens leuchtet es jedem ein. daß, wenn Amerika feine ehemaligen Verbündeten im Weltkrieg in die Zahlungsun-fähigkeit treibt, es damit seine besten Kunden bankrottieren läßt." Auflösung des Landtages des Memelgebiets Bekanntlich hat es sich Litauen vor einiger Zett herausgenommen, das international verbürgte autonome Statut des Memelgebietes dadurch zu verletzen, daß es den das Vertrauen des memel-ländiichen Landtages genießenden Obmann des Direktoriums, Böttcher, verhaften ließ und an seine Stelle einen nationalistischen Litauer namens Simaitis setzte. Die Sache beschäftigte infolge Einschreitens Deutschlands auch den Völkerbund, der gewohnter-maßen keinen befriedigenden Beschluß aufbrachte. Als am 22. März Simaitis im Landtage die Regierungserklärung verlas, wurde ihm von diesem mit 22 gegen S Stimmen das Mißtrauen ausge-sprochen. Statt nun den so gründlich bmißtrauten Simaitis seines Postens zu entheben, hat die Re-gierung in Kowno kurzerhand den Landtag aufge-löst mittelst einer Erklärung, die dieser Herr schon in seinem Sack zur Sitzung mitgebracht hatte. Die Signatarmächte des Memelstatuts haben Litauen eine neue Kollektivncte geschickt, in welcher sie die Widergesetzlichst des Direktoriums betonen, das, wenn es am Ruder bleiben will, das Vertrauen des Landtages haben muß. Deutschland hat bei den Signatarstaaten Protest gegen die Auslösung des Landtages eingereicht und für die Wahlen, die am 4. Mai stattfinden sollen, den Schutz der vollen Wahlfreiheit gefordert. Auch ein Zeichen der Zeit, daß es selbst ein Staat wie Litauen wagt, auf Proteste der Großmacht Deutschland und der übrigen Großmächte-Signatarstaaten zu pfeifen! Rücktritt Venizelos' Der griechische Ministerpräsident Venizelos ist am Donnerstag infolge der erdrückenden Finanznot des griechischen Staates von seinem Posten zurück-getreten. Bei Grippe, Bronchitis. Mandelentzündung, Lungen-jpibenkaiarrh sor^ie man dafür, doh Vagen und Tarm durch Gebrauch dc« natärlidKN „Zran,-Josef». Bitterwasser« öfters gründlich (irrerniQt werden. Aerzilicde Fachwirte führen an, daß dat Zran»-Ios«f»Wasser auch die Echweliung der Leber behedl. dir (SaUcnadionderung erhSht, die Harnoutscheidung sleigerk, den Stoffwechsel belebt und da» Blut erfriicht. Dai Franz-Ioscf-.''uterwaffer ist in Bpolhcken, Drogerien und ^pe»ereih<»ndlu»gen erhältlich. ein ^feint.—^ ohne' ladet - durch ELI DA CREME de chaque heure Aus Stadt und Land Am Grabe Goethes huldigt die Welt dem Genius. Am 22. März fand in Weimar unter Teilnahme von Gästen aus der ganzen Well — auch unsere Hauptstadt Beograd hatte einen Unioer sitätsprofessor entsandt — die Feier der Erinnerung an den vor 100 Jahren erfolgten Tod des größten deutschen Dichters Johann Wolfgang von Goethe statt. An der Feier nahmen u. a. teil die Groß-Herzogin von Sachsen-Weimar, Reichskanzler Doktor Brüning, Reichsinnenminister Dr. Groener, die Ministerpräsidenten der deutschen Länder, der französische Botschafter Fran?ois Poncet, der italienische Botschafter Orsini Baroni, die Vertreter der Ver-einigten Staaten, Japans, Großbritanniens,Spaniens. Rußlands, Griechenlands, der Schweiz, Columbiens. Belgiens, Argentiniens, Rumäniens-, Panamas, der Niederlande, Dänemarks, Litauens, Lettlands, Schwe dens, Oesterreichs, Venezuelas. Indiens, Nicaraguas. Haitis, Perus. Paraguays. Polens, Ekuadors und viele ^andere. Die Deutschen in Jugoslawien vertrat der Obmann des Schwädisch-Deuischen Kulturbund» Herr Johann Keks aus Rovisad. Prof. Dr. Julius Petersen, der Präsident der Goethe-Gesellschaft, hielt die Gedächtnisrede in der großen Weimarhalle, vor der zwei Feuerbecken brannten. „Ziehe deine Schuhe ab, denn der Boden, auf dem du stehst, ist heiliges Land", so begann die Gedächtnisrede. Der Redner führte die Gestalt des Richters vor, der dem 19. Jahrhundert fein Zeichen aufgeprägt hat und die, je mehr wir uns von ihr entfernen, immer deutlicher vor unseren Augen wächst. Zwar haben Technik und Polstik uns scheinbar von Goethe fort-gedrängt, aber der Dichter hat selber diese Entwicklung vorausgesehen. Er ahnte alles, die Maschinen und die Veiflachung durch den Fortschritt. Aber au» seiner heraklttischen Wellansicht ergab sich zugleich der Glaube an das Ewige. So gab er auch den Glauben an die Zukunft seines Volkes und dessen hohe künftige Bestimmung nicht auf. Weimar wurde durch ihn das Herz Deutschlands — hier wurde die Idee der Hingabe an das Vaterland geschaffen. Die politische Einigung Deutschlands ist durch die Klassiker vorbereitet worden, das Bewußtfein der Einheit als Kulturnation hat uns Goethe ge-geben. Schiller wurde rascher als er in seiner Führer-rolle erkannt, sein 100. Geburtstag war sozusagen der Auftakt der Einigung. Goethe mußte länger warten, aber um so reiner leuchtet heute sein Licht. Er spendet seinen vollen Reichtum nur den einzelnen, nicht wie Schiller den Millionen, aber der einzelne gesellt sich zum einzelnen, sich steigernd, natürlich und organisch wachsend. Ein Oesterreicher, Eduard von Baue»nfeld. sprach es aus: Wie deutsch der alle Goethe war, werden die Deutschen erst erkennen, wenn sie Deutsche geworden sein werden — in einigen Jahrhunderten. „Weimar ist kein Mekka Seite 4 Deutsche Zeitung Nummer 24 C>.\e\£\ 9e ^ . cc •• vte* INLAND. ERZEUGNIS Verlangen Sie bei Ihrem Schuhmachermeister Palma - Okma - Gummi • Sohlen. Diese sind viel dauerhafter und billiger als Leder. FCr schwarze und braune Schuhe. Deutschlands", schloß der Redner, „aber es ist heiliges Land, und wenn wir heute Blumen und Kränze an der Gruft niederlegen, so geschieht dies nicht nur in Ehrfurcht, sondern zugleich mit jener Liebe, die ein Teil seines Geistes war". Zu Mittag, um II Uhr 30, in der gleichen Minute, in der Goethe vor 100 Jahren in seinem Lehnstuhl sitzend starb, betraten die Ehrengäste die Fürstengruft, in welcher Goethe seinen ewigen Schlaf schläft. Zayllose Kränze, darunter viele des Auslandsdeutschlums, bedeckten die (Brust. Bei der Weimarer Goethefeier zeigte das Auslandsdeutschtum, daß ihm Goethe mehr noch ist als dem Binnendeutschtum, denn die Auslanddeutschen brauchen einen stärkeren geistigen Halt, ihnen ist Goethe die immer gefühlte Brücke zum Mutterland, sie find stolz, dem Volke Goethes an-zugehören, und überall, wo sie leben, wird dies bemüht oder unbewußt respektiert. — Gegenwärtig finden in der ganzen Welt Goethefeiern statt. Der indische Dichter Rabindranat Tagore hat dem Reichs-Präsidenten von Hindenburg telegraphiert, daß in Bengalen eine Goethe-Gesellschaft gegründet wurde, zu teren Präsidenten er gewählt wurde. Auch in den großen Städten Sowjetrußlands wurde die Erinnerung an Goethes Tod in Massenversamm-dingen gefeiert. Frühlingswehen, Auferstehen! Das sind die zwei lvmndtöne, die um Ostern herum uns er-klingen — sollen! Frühlingswehen. Auferstehen. Richt aber doch wir wollen nicht voreilig sein. Am vergangenen Sonntag, 20. März, trat der Frühling ospziell seine Herrschaft an. Man muß schon einen Blick auf den Kalender werfen, um sich ju überzeugen, daß dem wirklich so ist. Denn die freie Natur, die ein hartnäckiger Winter erst vor ein paar Nächten wieder über den alten Schnee-resten weiß eingepudert hat, spürt noch wenig von dem „holden Lenzesblicke". Auch weiter drunten im Süden nicht. In Bosnien beispielsweise und im dalmatinischen Hinterland, besonders aber in der Lcka, herrschen gegenwärtig derart heftige Stürme und Schneeverwehungen, daß sogar zwei Schnellzüge und einige Motorpflüge in den Schneemassen stecken blieben. Drei bis vier Meter hoch türmt sich stellen-weise der Schnee zusammen; bei vier Grad unter Null. Und die Drahtberichte aus der Lila lauten weller: das Wetter verschlechtert sich. Doch auch bei uns hier im steirischen Süden sitzen die armen, schwarzgefiederten Stare, die sich wie wir auf den Kalenderfrühling verlassen haben, nicht minder be-trübt aus den Zweigen vor ihren Häuschen und schütteln mißmuttg den Kopf und das Gefieder, als wenn sie sagen wollten: Das ist doch die verkehrte Welt! Mit diesen armen Betrogenen hoffen aber auch wir, daß diese letzten Ausläufer winterlichen Grolls und Ungestüms bald verichwinden und warmen, belebenden Sonnenstrahlen Platz machen, die die Natur und die graue Sorgenwelt unserer Tage wieder in freundlicherem Lichte erscheinen lassen. — tz. Der König für die Arbeitslosen. Se. Ma- jestät der König hat dem Fond für den Bau und die Erhaltung von Arbeitereinrichtungen gelegentlich einer Sammelaktion für Arbeitslose und deren Fa-mllien die Summe von 12.000 Din gespendet. Neue Posterlagschelne mit Mahnung», formel. Die Postsparkasse hat ein neues Muster von Posterlagscheine n dem Verkehr übergeben, das gleichzeitig die Mahnung an den Schuldner enthält. Diese Posterlagscheine kosten bei einer Bestellung von 100 Stück 20 Para pro Stück, darüber hinaus 17 Para. Die kleinste Bestellung muß sich auf 500 Stück belaufen. Heimarbeit ein Lichtpunkt in der Krisis. Wir verweisen auf das Angebot im heutigen Inseratenteil der Firma: Domaca Pletarska Jndustrija Josip Kalis, Maribor, Trubarjeoa 2. Die Strickmaschine „Regentin" bildet für die Ar-beitslustigen eine neue dauernde monatliche Ver-dienstmöglichkeit. — Die Firma versendet auf Wunsch genaue Prospekte. Celje Evangelische Gemeinde. AmOsterjonntag findet der Festgottesdienst um 10 Uhr vormittags in der geheizten Christuskirche statt. Dabei werden ein dreistimmiger Frauenchor und zwei Soloviolinen Meister Inlert>erger» neueste« Tonwerk „Ehrist ist erstanden" zum Vortrag bringen. Nach dem Gottes-dienst wird dos heilige Abendmahl gespendet werden. Statt eines Kranzes für die verstorbene Frau Hlldegard Glöckler geb. Löjchnigg hat Herr van» Rechner 150 Din für die Rettungs-Abteilung der Frw. Feuerwehr in Celje gespendet. Tanz und Gymnastikabend Erna Kooac. Unsere heimische Tänzerin gab vor kurzem im Stadt-theater in Maribor einen in jeder Hinsicht wohl-gelungenen Abend. Nicht nur das seltene Ereignis eines ausverkauften Hauses, sondern auch die ganz außergewöhnlich guten Kritiken lassen uns hoffen, daß diesem Abend, der in unserem Theater am Samstag, dem S. April, stattfindet, große» Interesse entgegengebracht wird. Durch das Auftreten unjerer jungen begabten Künstlerin mit ihrem gut geschulten Ensemble können wir neuerdings Ueber' blick gewinnen über die Entwicklung der modernen Körperkultur. Näheres bringen wir in den nächsten Tagen. Kammermusik. Mll Haydn. Verdi und Ravel führte sich das neuzusammengesetzte Zika-Quartett am Ik. März abend im Stadttheater »er-heißungsvoll ein. Den beiden so rühmlich bekannten Richard Zika (1. Geige) und Lad. Cerny lang des Ortsausschusses Maribor des „Schwäbisch.Deutschen Kulturbundes" am 18. Marz abends. Der Obmann Herr Dr. Lothar Mühleisen eröffnete die Versammlung, begrüßte die Erschienenen und legte mit kurzen Worten die Ent-Wicklungsgeschichte des Kulturbundes dar. Der vorauf vorgetragene Tätigkeitsbericht berichtete über die Leistungen der jungen Ortsgruppe, die am 27. Juli gegründet wurde, nachdem die Tätigkeit des Kultur- dundes mit dem Sitze in Novifad für den ganzen Staat vom Ministerium des Innern bewilligt worden war. Sofort nach der Gründung wurde mit Eifer an die Arbeit gegangen und ein Lokal in der Strotzmayerjeva ulica gemietet, zu dessen Einrichtung verschiedene Gönner dem Bunde die Möbel leih-weise zur Verfügung stellten. Weiters wurden den einzelnen Ausschuhmitgliedern Referate überwiesen, um dadurch ein zielbewußtes Arbeiten zu ermöglichen. Solche Referate wurden geschaffen für die Kinder und Jugendgruppen, soziale Fürsorge, Kunst und Wissenschaft und Wirtschaft. Sonntags versammelt sich die Gruppe der Kleinen, die von einigen Da-men des Bandes betreut werden. Den Kindern werden Märchen erzählt, die ihnen mit Lichtbildern anschaulich gemacht werden, die übrige Zeit wird mit Spielen und Singen verbracht. Jede Woche treffen sich auch die jungen Mädchen, denen durch Lichtbildervorträge. Vortrage aus Literaturgejchichte und solche humoristischen Inhaltes Gelegenheit zur Fortbildung und Unterhaltung geboten wird. Eine erfreuliche Entwicklung zeigen auch die Abende der männlichen Jugend. Auch diese hören Vortrüge über wirtschaftliche und bildende Themen und un° Inhalten sich mit Tischtennis und Schach. Jede Woche findet auch ein Tanzabend statt, an dem alle Volkstänze eingeübt werden. Diese Gruppe konnte ihr erstes öffentliches Auftreten bei der Rapid - Redoute als schönen Erfolg buchen. Die Theatergruppe, deren Leistungen allgemein bekannt sind, brachte drei Aufführungen mit großem Erfolg heraus. Außerdem fanden vier öffentliche Vortrage statt, von denen der Vortrag des Herrm Dr. Se-metkowski aus Graz über die Kunstschätze unserer engeren Heimat und der Goeihevortrag des Pro- fesfors Dr. Zilchert aus Prag heben sind. Dank der Mitwirkuno wurde es ermöglicht, daß zu Weihnachten Stadt 56 Kinder und in drei Umgebung? orten 100 Kinder beschenkt werden konnten. Außerdem cag besonder» hervorzu-»irkung aller Mitglieder zu Weibnachten m der wurden Bedürftige in vielen Fällen mit Geldspenden unterstützt und werden an Arbeitslose Stellen ver-mittelt. Dem Tätigkeitsberichte folgte der Kassabericht, der bezeigte, daß die Finanzen der Ortsgruppe, dank der Umsicht des Kassiers, geregelte sind, was auch der Bericht der Rechnungsprüfer bestängte. Nach Vornahme der Neuwahlen, die keine größeren Veränderungen brachten, wurde die Versammlung geschlossen. Die Tragödie von Pragcrsko vor dem Gericht. Am 23. Mär; fand vor dem hiesigen Kreisgericht die Verhandlung gegen Anna G. statt, die, wie wir seinerzeit berichteten, in geistigem Irr-wahn ihrem dreimonatigen Töchterchen die Adern aufgeschnitten und ihm dann ein Messer ins Herz gestoßen hatte. Die Richter sprachen die unglücklich« Mutler, die in erbarmungswürdigem Zustand vor ihnen statt, sofort nach Verlesung des ärztlichen Gutachtens frei. In diesem Gutachten wurde u. a. gesagt, daß man die unglückliche Frau ständig werde überwachen müssen, damit sie nicht auch ihrem anderen Kinde, einem zweijährigen Mädchen, etwas zuleide tu!. _ Höchst am inroseo, oiadioien zwiebeln und Dahlienknollen schönste Sorten, hat abzugeben Richard Jakobln, Gärtnerei, Celje, Liste Nr. 11. S SPAR- UND YORSCHU SS VEREIN IN CELJE 3 ri'ifi* In nur ♦♦♦♦♦♦♦»♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦♦ :: Gegründet 1900 :: Telephon Nr. 213 internrban Giavni trg 15 ■Spareinlagen, Darleihen und Kredite I D _gegen günstigste Bedingungen _ Einlagenstand Din 30 000.000 Geldverkehr Oin 230 000.000 HRANILNO IN POSOJILNO DRUSTVO ¥ CELJU KRTeiso »♦♦«««« Einige gut erhaltene Schuhmacher-Nähmaschinen ■ind preiswert zu verkaufen. Zu besichtigen bei Fa. J. Jellenz, Leder-bandlung in Celje, wo auch nähere Auskunft erteilt wird. Betrieb mit schönem Reinertrag, auch jetzt garantiert unvermindert gutgehend, billigst zu verkaufen. Notwendig Din 500.000. Näheres unter „Keine Krise 36735»" an die Verwaltung pes Blattes. iVJöbJ. Zimmer in neuem Hause, sonnig, Zentrum der Stadt, ab 1. April zu vermieten. Anfragen in der Verwltg. d. Bl. 36?« Obstbau me in allen GiUnnpen ncd Formen, Zier-nadelbölzT, Coniforen in vielen Sorten und Grössen. Kosen hoch n. nieder, veredelt in den schönsten Sorten. Cleitiatia in allen Farben, Datalim, Perencn. Oios« Auswahl in inr besten Sorten Zierge-bö'ze nnd Bäume. Ribes, Stachelbeeren, Himbeeren nnd anderes. Sie bekommen altes fnr den Park nnd Ihren Ziergarten. Preisblatt gratis bei IB. yodiogar, Obatbaomsohulen, jetzt in Vojaik-Are in (frtlher Dobrnat. Josef Prockert gibt im eigenen und im N»men seiner Schwester stragfa Vreöko und sämtlicher Enkel- j.- -kinder die tiefbetiüdende Nachricht von dem Ableben ihrer j •/ lieben teuren Mutter, berw. Giosemutter und Schwieger- » * mutter, der Frau Louise Prockert Private welche am 23. März um 5 Uhr nachmittags nach l&ogerem Leiden und Kmpfang der hl. Sierbesakramente im Alter von 64 Jahren sanft im Herrn entschlafen ist. Die irdische Hülle der teuren Verewigten wird Samstag, den 26. März um 4 Uhr nachmittags in der Leichenhalle des städt. Friedhofes in Celje feierlich eingesegnet und hierauf im eigenen Grabe zur letzten Hohe b<*igea^tzt. Die bl. Seelenmesse wird Mittwoch, den 30. März um 8 Uhr früh in der Marienkirche gelesen werden. Baden bei Wien- Celje, den 23. Mär» 1932. Schöne Wohnung in der Stadt, 2 Zimmer, Küche u. Zugehör ist zu vermieten. Adresse in der Verwaltung d. Blattes. 36747 Wegen Auflassung des Kom. Lagers werden 15 Stück neue und renov. Schreibmaschinen deutsche und amerik. Fabrikate zu billigstem Preise verkauft. Anfragen bei Javno rkladi&ta nasl., Celje. fWtlS'tHeuer Beruf VftlSfS für Damen u. Herren VföiäfS durch Einrichtung t/Men wird, sowie andere wichtige Begebenheiten bezüglich meiner Person haben sich bi* beute buchstiblicti erfüllt . . . . Visseucbattiiches graptulDgischts Biim Jul. Titftl Slovenska BUlrica. Am alten Tor Erzählung aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts von B. M. K a r I f n * „Der du mit Dornen gekrönt worden bist!" Die Lust begann ju erkalten. Wenn sie noch lange nicht heimkehrten, würde es Zeit zum Morgen-kaffee sein. Fast konnte sie schon jetzt aufheizen. Die züngelnde Flamme, die tanzenden Lichter auf der schwarzen Fläche des Windofens, die wachsende Wärme würden das ungute (Gefühl bald verscheuchen. Und schlafen zu gehen, ehe sie eingetroffen, etwa wie ein Soldat, der das Schilderhaus vor der Ab-lösung verläßt nein, das wollte sie nicht! Draußen, auf dem engen Borsaal, von der wachsenden Kälte erreicht, krachten die Dielen wie unter dem Drucke fliehender Füße. Die alte Urscha schlug schnell das Kreuzzeichen und sprach lauter als bisher: — „Der du das schwere Kreuz getragen hast!" Was kümmerte es sie, wer oder wieviele die Treppe dieses Hauses hinauf- oder hinuntergegangen? War sie. die Magd, verantwortlich für das, was andere taten, die als ihr Fremde des Hausherrn ständiges Gastrecht genossen? Und dennoch, dennoch . . . warum sprach das eigene Gewissen, dieser unbequeme Mahner, sie nicht ganz frei? Warum flüsterten all die Jahre hindurch Stimmen um sie, wenn sie die Bodentreppe erklomm, und warum schien es gerade i h r immer, als knarrte an solchen Nächten wie die heutige die Türe zur guten Stube und . . .? So wie jetzt, leise, vergeblich, wie unter dem Druck einer ohnmächtigen Kinderhand? „Der du für uns am Kreuze gestorben bist!" Warum fürchtete sie sich? Die Fremden waren hineingegangen und sie war draußen geblieben auf der Glasveranda und hatte den Speck fertig ge-schnitten, den jemand für ihre Herrschaft am Spät-nachmittag gebracht hatte und den man, des Tau-wetters halber, schnell von der Hand bringen mußte. Sie hatte geschnitten und geschnitten bis tief in die Nacht hinein und zweimal war der Fremde in den Hof hinabgeeilt und hatte etwas geholt. Es war Schnee gewesen . . . Und dann waren ihre Hände zu müde ge-worden und sie hatte aus der Küche Pfannen und Töpfe geholt und sie mit Speck gefüllt, um sie früh am Morgen gleich zerlassen zu können. Und da . . Eine dritte Diele krachte erschreckend laut auf und machte sie zusammenschauern. Mochte es spät oder früh sem, nun wollte sie wirklich ausheizen. Sie nahm einen Kienspan und setzte ihn am Rest-chen des glimmernden Lämpchens in Brand, stopfte Papier ins Herdloch, etwas weiches Holz darauf und steckte den Kienspan darunter. Eine helle Flamme schoß beruhigend auf und fleckte den Windofen rot. „Für die armen Seelen im Fegefeuer!" Sie betete es erleichtert. Nun stellte sie Wasser auf, begann Kaffee zu mahlen, gähnte einmal laut auf. Was hatte sie endlich gehört? Während sie trotz der späten Stunde Feuer gemacht und den ganzen Speck zerlassen hatte, war es ihr im Vorbeieilen mit den Töpfen gewesen, als habe sie den zaghaften Druck einer Kinderhand auf einer versperrten Türe vernommen und einmal, etwas früher, auf dem Gange, etwas wie einen wilden, halberstickten Schrei. Vielleicht war es in Wahrheit das vorzeitige Krähen eines Hahnes, das verwehte Läuten eines Schlittens gewesen. Das Dunkel ist voll unerklärlicher Laute. Da krachte die Diele wieder! Sie warf mehr Hol; auf das Feuer und ließ das Herdloch offen; sah sich scheu über die Schulter um. Nichts . . natürlich nichts, aber . . „Für die armen Seelen im Fegefeuer!" Gebete schadeten niemals. Wenn sie der Tote nicht mehr brauchte, dienten sie dem Betenden selbst in seiner Sterbestunde. Es reihten sich da Umstände um den Fall, an die si«, selbst in Gedanken, nicht heran wollte. Schlafende Hunde ließ man am besten weiter schlasen. Sie war nicht mehr so jung wie damals aus der Treppe, als der Fremde . . . „Und vergib' uns unsere Schulden . . wie auch wir vergeben . . ." Hätte sie dennoch zu jemand davon sprechen sollen, sprechen müssen? Was hatte sie gesehen? Vier Menschen kommen und zwei gehen? Mutter und Kind waren angeblich gegangen, während sie Speck geschnitten hatte. Es konnte so gewesen sein - bei Gott war kein Ding unmöglich, Sie seunte. schüttete den gemahlenen Kaffee ins siedende Wasier. warf etwas vom alten Satz dazu, stellte die Kaffee-Maschine zurecht, rührte die aufsteigende braune Masse vorsichtig mit dem Schöpfer. Richtig betrachtet, hatte sie nichts als eine junge blonde Frau in seltsam alttnodischer Tracht und mit einer ungewöhnlich prachtvollen Perlenschnur um den Hals gesehen, eine Frau, die ein kleines Mäb-chen an der Hand geführt hatte und der sie nicht persönlich die Treppe hinabgeleuchtet hatte. Da war nichts zu erzählen, Und was der Fremde ... sie seufzte und füllte den Kaffee fast überstürzt in die Maschine . . das hatte sie alles gebeichtet und oft durch Buße abzutragen versucht. Sie vernahm Schritte auf der Stiege, fröhliches Geplauder, das Abschütteln von Schnee von den schweren Ueberkleidern. „Und erlöse uns von allem Uebel!" Sie schlug das Kreuzzeichen und öffnete die Stiegentüre . . . „Urscha, es riecht herrlich nach frischem Kaffee! Hast du etwa . .?" „Es ist beinahe Morgen und nach dem Balle fröstelt es einen leicht," wehrte die alte Dienerin jeden Dank ab. „Du Gute! Ich lege nur meinen Umhang ab und stecke die Blumen ins Waiser." Johanna Ranner flog über den Gang in ihr Stübchen. Frau Ranner nahm das Feuerzeug und setzte ein« größere Oellampe im Speisezimmer in Brand, stellte zwei brennende Kerzen auf den Tisch, um das sonderbare Frühstück festlicher zu gestalten, und ließ sich hierauf hochbefriedigt auf das alt-modische Sofa an der Wand fallen. Es war so übel nicht, Ballmutter zu sein, aber auch das Bett hatte seinen Zauber. Ihr Alter schnarchte nun wohl schon dem Erwachen entgegen. Ja, ja — Heirats-fähige Töchter! Sie lehnte sich weit zurück und tröstete sich mit dem Gedanken, daß Pflicht eben Pflicht war. In der Küche zeigte das junge Mädchen der alten Dienerin begeistert die Blumen, flüsterte von all dem, was das Herz froh bewegt hatte, und machte Miene, das Kaffeebrett selbst zu tragen. „Nichtsda!" erklärte die Urscka streng. „Damit am Ende das Tarlatankleidchen schmutzig wird?" Sie hob das Brett vom Tisch auf. „Gerne möchte ich indessen wissen . . begann sie die Stimme dämpfend. „Wegen der Perlenschnur?! Oh, Urscha, wenn ich nur nicht gefragt hätte! Wir waren in der Garderobe und Frau von Gieseck gab ihrer Tochter dieser Frage wegen vor allen Leuten zwei schallende Ohrfeigen. Die schönen Locken der Kleinen waren ganz flachgedrückt. Die Alte ist eine Hm!" Urscha glaubte im Stillen, daß sie weit mehr als eine Hue war. Dennoch fragte sie, ob die alte Dame gar keine Antwort zu den Ohrfeigen gegeben. „Sie sagte, daß Slavia Gott danken solle, überhaupt eine Mutter zu haben, und daß es eine unverzeihliche Neugierde und Ungezogenheit war, seine Eltern einem Kreuzverhör zu unterwerfen. Kinder Hütten nur zu schweigen und Gaben in Demut hinzunehmen. Weißt du, Urschl," schloß Jo-Hanna Ranner den Bericht, „sie hat ihr übrigens zur Strafe auch die Perlenschnur weggenommen und ihr gesagt, daß sie das kostbare Schmuckstück nie wieder tragen dürfe." Der allen Dienerin legte sich oll das schwer auf» Herz. Es war weder eine Bestäiigung ihres leises Verdachtes noch — leider viel weniger — ein Verscheuchen ihrer Zweifel. Versunken stand sie da und mußte erst von dem jungen Mädchen an den Morgenkaffee erinnert werden. Da schüttelte die Urscha den Bann des Ver-gangenen ab und erfüllte ihre Pflicht im zwingen-den Jetzt. Erst als Frau und Tochter sich zur Ruhe begeben hallen und sie, das Haupt auf der noch warmen Herdplatte, ein wenig übernächtig döste, zog durch den peinigenden Halbzustand von Schlaf und Wachen noch einmal das Erinnern an die eigen-artig schöne Perlenschnur und durch diese an die blonde Frau und das kleine Mädchen . . . Kigentmiur. h«>att»gebtr und Echrtsll» irr: (Watij Sckain in (Mir. — Druck unv Vertag: vernntbuchdruckero „tftlfja" >n fitljr. Jür die Dviickerei «rantworilich: Guido Echidto in felje.