KamstHI den 19. Movember 1831. .Das Manvelreis. v __ (Aus dem Französischen des Alfonse de Lamartine.) «^lüthenreicheö Mandelreischen, Ach! der Schönheit sterblich' Vild, So, wie du, verwelkt das Leben, Eh' den Sommer cs gefühlt. Ob man es nun übersehen, H>b mit Liebe pfiiicken mag, So, wie Vlcttt für Vlatt die Blüthe, Welkt die Freude Tag für Tag. Darum laßt uns mit dem Weste , Buhlen um dieß karge Glück; Laßt den süßen Kelch uns leeren, Eh' ein Gott ihn nimmt zurück. Denn die Schönheit gleicht der Blume, Die am Morgen lächelnd winkt, Hch — und oft vor'm Schluß deö Festeb Von dcs Zechers Stirne sinkt. Tage kommen, Tage schwinden, Und die Zeit des Lenzes flieht. Jede Blume ruft im Sinken: »Pflücke mich, eh' ich verblüht!« Nun denn, wenn ihr schon, o Blumen, Wenn für ewig, welken müßt. Welkt nicht anderö, als vom Kusse Treuer Liebe welk geküßt! Prof. Johann Gabriel Ssidl. Ner Doppelgänger. „Man redete von, Nowanbaften, vom Geisterhaften, und als der Alte cnnge gute Geschichten dieser Art künftig zu erzählen versprach, vcrsci'tc das Fräulein: Sie wären recht artig und würden viclcn Dank verdienen, wenn Sie uns gleich, da wir eben in der rechten Stimmung beisammen sind, cinc solche Geschichte vortrügen; wir würden aufmerke sam zuhören und Ihnen dankbar scyn." Goethe, Unterhaltungen teutscher Ausgewanderten. Der Lieutenant von V. kehrte eines Abends spät aus einer Gesellschaft lustiger Camcradcn zurück. Ein Theil seines Officier-Corps war vereinigt gewesen, und die Gespräche hatten den Gang genommen, den sie m einer solchen Versammlung gewöhnlich zu nehmen pfle. gen; man hatte erst von den schönsten Damen der Hauptstadt, vom Theater, von Hoffestcn, dann von Krirg und Abenteuern, von Schwanken und Pagensireichen gesprochen, der Champagner war nicht gespart worden, und die Gesellschaft ging spat und ungewöhnlich ani-mirt auseinander. Sein Quartier lag weit ab von dem Orte, wo ge, zecht worden war, und er mußte noch bei zwei Wachen die Runde machen; als er eben in eine dunkle Gasse bog, war ihm, als sähe er Jemand vor sich hergehen; kaum würde er den späten, und doch hier nicht ungewöhnlichen Wanderer bemerkt haben, wenn nicht der lautlose Schritt der Figur ihm aufgefallen wäre; als er näher kam, überzeugte er sich jedoch, daß nur der lange Schatten eines Laternenpfahls, durch das wehende Licht einer Straßenlaterne bewegt,'vor seinen Augen gezittert hatte. Er ging weiter; die Stille dieser abgelegenen Gassen stimmte ihn ernst, nur das Klirren seines Säbels auf dem Pflaster unterbrach sie; als er unweit der zweiten Wache war, kam es ihm wieder hor, als sähe'er elne Gestatt gerade vor sich her gleiten; er fuhr auf aus seinen Träumereien; mit dieser Be« lvegung schien auch die Gestalt zusammen zu fahren, und war verschwunden. Er überzeugte sich, da das Gesehene ganz seinen eigenen Bewegungen gefolgt war, daß es nur eine Täuschung seines Auges gewesen sei; sich selbst unbewußt, beschleunigte er jedoch seine Schritte. Die benachbarte Thurmuhr that eben vier volle Schläge; ihnen folgte lange nachsummend der bedenkliche Schlag Eins, der die Marken eines verdächtigen Reiches mit seinem einfachen Laute bestimmt, der ganz untheilbar, unangreifbar und unwiderruflich ist, wie eine eiserne Nothwendigkeit, auf die der bewegte, lebenswarme Mensch.plötzlich schaudernd stößt. Er erreichte die Wache und besorgte den Dienst. Die Sol» daten in der Wachtstube sahen ihn groß an; ein Paar standen stisternd in einer Ecke, er hörte, als er vorüber ging, einige ihrer Worte: «heute zwei Mal?« schloß eben der Eine fragend seine Nede. »Still! die Herren hatten ein Souper bei..." erwiederte der Andere, ein Untcrofficier. — »Ach so!« sagte der Soldat lächelnd, und schwieg. B. achtete es nicht; er verließ die Wache, und ging aus dem Thore. Ein kühler Nachtwind jagte eben ein Paar Wolken über die Sichel des Mondes; er hüllte sich fester in seinen Mantel, und-eilce durch die große Pappel-Allee, welche aus dem Thore führte; ihr seitwärts verlor er sich in einem Labyrinth von Gärten und dunklen Hecken, aus dem er sich heuce zum ersten Male nicht zu finden wußte. Er stand vor einem Kreuzwege, und sann, und sann umsonst, es siel ihm nicht ein, welche Richtung er ein; schlagen müsse, die Localitälen kamen ihm ganz verändert vor. »Mein Gott!« rief der Lieutenant von V. aus, '»bin ich dcnn so zerstreut, oder...?" ,Er füllte die Phrase in Gedanken aus, und überzeugre sich, daß er vollkommen nüchtern sey; „der e^rste Gedanke, die erste Bemerkung eines Betrunkenen,« setzte er sein Selbstgespräch fort, «ist zwar immer, daß er nicht betrunken sei, ich habe aber doch gewiß und wahrhaftig nicht zu'viel, ich habe ja fast nichts getrunken, und gewiß nicht aus dem in dem Berlinerwitze angegebenen Grunde: daß ich eben einen auf die Lippe genommen hatte.« Er mußte laut über sich selbst lachen. Wunderlich, geisterhaft u^nd doch profan schallte ihm sein Lachen, aus der tiefen Stille zurück; einen Augenblick blieb er betreten stehen, was ihm Gelegenheit gab, die seltsame Nachtbelcuchtung einiger weniger Sterne, die aus zerrissenen Wolken hervor schauten, zu bemerken. Ihr gab er alle Schuld. Er war den Weg nur im Mondscheine gegangen. Während die Freunde ruhig und heiter beisammen gewesen waren, hatte ein Ge- witter sich ausgetobt, dessen Nachzügler noch am Nacht-Himmel spuckten. Der Lieutenant stand, seine Re-cognoscirung vom Himmel zur Erde wendend, noch verwirrt da; er mußte wirklich den rechten Weg verloren haben. «Ist es einem Jäger erlaubt, sich nicht Ms diesen Hecken-Desilccn heraus zu finden?« sagte er^zn sich selbst. »Aber wirklich, ein wahrhaftes Bocage, dem Terrain der Venöse gleich ! Ha! dort ist noch Licht in einem Hänse! Dort wird man mich doch zurechtweisen können!« Er bahnte sich den Wcg zu diesem Lichte durch manche Kreuz- und Quersprünge über Hecken und Planken; zwar lag es in gerader Linie vor ihm, da er aber nicht in gerader Linie darauf zugehen konnte, wegen der vielen localen Hindernisse, so wurde es ihm zum Irrlichte, dem er, Trotz vielfacher Bemühungen, nicht näher zu kommen schien; denn es ist eine bekannte Eigenthümlichkeit der Nacht, über Nähe oder Ferne eines Lichts in beiderlei Sinn ,so völlig zu täuschen, daß das Ferne uns oft nahe, und das Nächste fern scheint, weil der Glanz eines Lichtes in der Dunkelheit die Gesetze der Perspective, hinsichtlich des Lichtes und der Farbe, auch wirklich aufhebt/ und sie nur im abstracten Bezüge auf die Form bestehen läßt. Ein Paar Male wäre er beinahe in ernsthafte Unannehmlichkeiten gerathen;, mit Mühe entging er einem Fußeisen, und als er in binen lauten Fluch, über oicse un' christliche Gewohnheit ausbrach, sah das Ende einer Nachtmütze aus einem Fenster, und eine rauhe Stim' me rief: „Wer Da?"— «Ein Vcrirner!« antwortete der Lieutenant. »Es hat sich was zu verirren in den Gärten von Potsdam!« entgegnete der Kopf, indem er sich zurückzog; statt seiner ward ein Arm mit einer Flinte heraus gereckt". Hier galt es eilige Flucht, die denn auch bewerkstelliget wurde. Schon schalt der Lieutenant das Ungemach dieser Nacht, als er sich auf ein Mal durch seine Flucht, auf den rechten Weg versetzt und alle Noth gehoben sah. Er befand sich auf einer breiten Straße, die, nur von einer andern Seite, zu dem Hause, welches er dermalen bewohnte, führte; er schritt sie wohlgemuth und" freudig, im'Vorgefühls einer längst ersehnten Nachtruhe, hinab, als er zu sei" ner Verwunderung Licht in seilisn Zmimern, die gerade hier hinaus gingen, erblickte. Sein Dicncr schlief auf der andern Seite deg kleinen Hauses, neben dem Vorzimmer, welches zu seiner Wohnung führte. »Tausend, was ist denn das? Der Bursche pflegt )a sonst' nicht so lange wach zu bleiben!" rief er aus; da sah' er deutlich zwei Schatten sich zwischen Licht und Fen- ,' ster hin und her bewegen. Er wollte hinauf stürmen, besann sich aber eines Bessern, 'und sprang an die entgegengesetzte Sc^ite -der Straße,, von der eosein Zimmer bequemer übersehen konnte. Aber hier blieb «r entsetzt stehen: sein Auge starrte lhlnauf, seine Arme hingen schlaff herab, seine Zunge klebte am Gaumen, er war unfähig, sich zu regen, einen Laut von sich zu geben, einen Blick abzuwenden von dem, was ihn schaudern machte. Er sah — sich selbst, wie- er vol. den Spiegel trat, sich von dem Bedienten leuchten ließ, seine Abend-Toilette, wie gewöhnlich, machte, und alle seine kleinen gewohnten Geschäfte der Reihe nach vornahm, ohne eines auszulassen, ohne ihre gewöhnliche Reihenfolge zu überspringen. Mit der heißesten, angstvollsten Begierde folgte er den Bewegungen des entsetzlichen Doppelgängers; er hätte so gern etwas von seiner Art und Weise Abweichendes darin entdeckt, was ihm gesagt hätte, du bist es nicht, es ist cin Anderer ! Aber cr sah nur die vollkommenste Gleichheit. Wenn du träumtest! dachte er; wenn, vermöge einer magnetischen Kraft, es Augenblicke gäbe, in denen wir unsere eigene äussere Erscheinung mit unserem höhern Ich fassen können wie eine fremde, wo wir sie davon abzusondern vermögen — aber dann stände ich ja nicht hier auf der Strasse, zum zweitenmale in meiner äußern, in derselben Gestalt, die denn doch die wirkliche ist! Und der Soldat, der mit eben dem schläfrigen Ge-sichte, wie sonst mich, die Figur bediente — ensetz-lich! — Vielleicht verwundern Sie sich, meine verehrten Leserinnen, daß mein Freund in tmsem Augenblicke «och so vielerlei denken konnte; erlauben Sie mir denn Ihnen z l sagen,— und jeder, der selbst Momente der höchsten Angst erlebt hat, wird es wissen, — d«ß die Dichter diese fälschlich wie eine Leere in der menschlichen Seele schildern, wie eine Pause im Laufe ihres Da^ seyns, eine Kluft, die sich zwischen sie und das Lebendige legt, die nur ein Gedanke ausfüllt. Allerdings schont ein gähnender Spalt vor unsern Augen sich zu öffnen, und wir habcn das Gefühl, als wenn wir in einen Abgrund stürzten; aber die Angst, wiewohl sie nur einen Moment Dauer hat, dehnt, ihrcr Natur nach, diesen Moment zur Ewigkeit aus, und nicht nur ein Gcdanke füllt diesen endlosen Naum, sondern eine Menge Gedanken durchkreuzen sich darauf mit Blitzesschnelle aber alle versinken nach augenblicklichem Auftauchen wieder in dieNacht des allgemeinen Zustandes, der uns umfangt, alle entspringen aus einer Wurzel, aus dcr Finsterniß dieses Zustandes selbst; sie zucken auf, gleich Blitzen, und kehren in dieselbe Nacht, dic sie gebar, zurück; und ich glaube eben in dieser schnellern Denkfähigkeit und der Monotonie in der Grundlage unserer Stimmung, welche alle diese Gedanken wieder sollen. Die Kraft des destillirten Asphaltöhls hat sich ' bei Luna.eneitcruna.cn vielfä'ltia beitätiat. wie kl? " 188 ^------ Sammlung für practische Aerzte und mehrere Beobachter bezeugen.« Man möchte fast glauben, daß in grossen Städten, wo alle Herde, Kamine, Oefen und Werkstätten von Steinkohlcndampfe rauchen, müsse das Uebermaß desselben schaden, und so Krankheiten veranlassen. Dieser Zweifel aber schwindet gleich, wenn man die Stcrb-lichkeitslisten solcher Städte, wo keine Steinkohlen gebrannt werden, gegen die halt, wo dergleichen unaufhörlich dampfen. Doch könnte auch dieser Beweis zweideutig scheinen, wenn man nicht das Gegentheil aus richtigen Wahrnehmungen darthun, wenn man nicht überzeugend beweisen könnte, daß häufiger Stein-kohlenrauch eine wichtige Verbesserung der verdorbenen Luft großer Städte und morastiger Gegenden abgehe. Das zuverlässigste Gegenmittel der epidemischen Krankheiten morastiger Gegenden fand mnn in der Gegend von Lyon im Steinkohlendampfe. In London gras-sirte ehedem ein gewisses ansteckendes, bösartiges Fie-ber, welches nach Einführung der Steinkohlen gänzlich nachließ. Ansteckende Krankheiten sind in London etwas höchst seltenes; —es gibt Leute zu 10? und llO Jahren daselbst. In Halle erreichen die Salzsi'eder unter häufigem Steinkohlendampfe ein gesundes und hohes Al;er. Seit in Kyrn, im königl. preußischen Negierungs-Bezirke von Koblenz, bei der Allaunhütte Steinkohlen gebrannt werden, sieht man keine ansteckende Krankheiten mehr, die sonst ^»selbst häufig waren. D'e alten Aerzte benutzten diese Erfahrung, und räucherten bci ansteckenden Krankheiten mit Schwefel imd Asphalt unter dem besten Nutzen. Die Einwohner um Dresden, wo Steinkohlen gebrannt werden, sind gesund und werden alt. Scheuchzer ahmte das in Lungensuchten so berühmte und heilsame Schinznacher Bad mit allen seinen Tugenden nach, indem er glühende Steinkohlen in Wasser ablöschte. Nach Hcchnemann kommen die Quellen, die in Steinkohlenstötzen entspringen , oft mit der Natur eisenhaltiger Gesundbrunnen überein (vermuthlich wegen des in den Steinkohlen häufig vorkommenden Schwefelkieses) wovon eine Menge Beispiele angeführt lvcrden können. Nie ist etwas >die Gesundheit Nachtheiliges, vielmehr sind oft heilsame Kräfte darin entdeckt worden. Selbst der Staub der Steinkohlen muß eher gesund als schädlich seyn, da die Steinkohlenbergleute in Schottland ein Alter von unglaublicher Höhe erreichen. Auch aus dem großherzogl. weimarschen Steinkohlcnberglvvrke zu Kammerberg bei Ilmenau bestätigt sich bis jetzt noch diese Erfahrung, daß die Berg: leute, welche nicht in der Grube verunglücken , ein sehr hohes Alter erreichen. Selbst der vorige Großhcrzog von Weimar, Carl August, ließ, auf diese Erfahrung gestützt, bis in sein hohes Alter, seine Wohn; zimmcr nur mit Steinkohlen heitzen, wobei sich derselbe stets einer vortrefflichen Gesundheit zu erfreuen hatte, und nicht die geringste Unbequemlichkeit dabei in seinen Zimmern spürte. M i s c e l l e n. Der Consul der vereinigten Staaten zu Juan Vavtista Tnbasco (Guatemala), Hr. Heinrich Perrin, hat unlängst dem Dr. Samuel Mitchell zu Newyork eine Büchse voll ve-juco dol guacn, einer Pflanze, die in den dortigen Gegenden wegen ihrer Heilkraft beim Schlangenbisse berühmt ist, übersendet. Die Einge-bornen und die Schwarzen von Santa Fn (in Kolumbien) bedienen sich ihrer schon seit langer Zeit mit dem besten Erfolge. Nicht allein thut sie auf der Stelle der Vergiftung Einhalt, sondern sie dient auch als Ver. Wahrungsmittel dagegen. Die Eingebornen, die ihre Heilkraft kennen, tragen sie gewöhnlich bei sich und können die gefährlichsten Schlangen unbeschädigt in den Händen halten. Don Pedro Oribe y Wargao, der zuerst die Eigenschaft dieser Pflanze in dem spanischen Mercur beschrieben hat, sah einen Schwarzen, der eines der giftigsten Reptilien dieser Art in den Handen umhertrug, ohne im Geringsten verletzt zu werden. Auch fügt Oribe hinzu, daß er es häufig mit dem be»' sten Erfolge angewendet; auch er gab von diesem schätzbaren Gegengifte in einer periodischen Schrift von Santa Fä Nachricht. Man nennt die Pflanze vejo clel gii2c)o, von dem Namen eines Raubvogels, der sich vorzüglich von Schlangen nährt, und dessen Geschrei mit dem Worte Guaco Aehnlichkeit hat. In den zahlreichen nordamerikanischen Städten bestehen nur etwa dreißig Theater, obschon die Einrichtung einer Schaubühne Jedermann frei steht. Der französische Schiffscapi'tän, welcher von dem Marineminister abgesandt worden war, die neuentstandene Insel Pantellaria, an der sicilianischen Küste, zu untersuchen, hat in seinem ausführlichen Bericht die Vermuthung ausgesprochen, daß diese Insel, wenn sie nicht durch neue Eruptionen vergrößert wird, bei der lockeren Beschaffenheit ihres Bodens, bald ins Meer versinken werde. Nevacteur: F-r. Vav- Weinrich. Verleger: Dgnaz M. Evler v. Uleinmavr,