Vaterland, Kunst, Wissenschaft und geselliges Leben.
Nedigirt von Johann Hladnik.
«H/? ^H^                 Samstag den 2. Juni.                      FS^O.
Von dieser Zeitschrift erscheinen wöchentlich zwei Nummern.   Dinstag und Samstag.   Der Preis des Blattes ist im Comptoir  ganzjährig   3 fi. halbjährig  i fi. 30 kr. Durch die Post ganzjährig h ss., halbjährig 2 fi. <Z, M.
Der Maskenball.
Kchwank von Dr. N. E. P.
^3Ianz Zwiebelhein war in endloser Bewegung über das seit Langem nicht gelesene Worr »Maskenball," welches in gothischen Lettern an den straßenkrümmenden Ecken unter den melancholischen Laternen, unter den windzersaußenden Zeigern der Schenken, zu schauen war. »Maskenball!" scholl es in den Werkstatren, und die Meister trösteten ihre Gesellen bei der verdoppelten Arbeit mit der reizenden Aussicht auf den längst rückständigen Lohn; »Maskenball!" scholl es in den unbemittelten Haushaltungen, und die Frau warf dem Manne den unwirchschaftlich verdampften Tabak, er ihr in gewohnter Zärtlichkeit den leidigen Kaffeh vor. „Maskenball!" riefen die Dandy's dem Kaufmanne und Schneider zu, als sey dieß Wort Motiv genug zu neuen Schulden. »Maskenball! heut über acht Tage," brummte der Herr Bürgermeister Schlauchdorn, und blinzelte mit vielsagenden Blicken seine heiraths-lustigen Töchter an. »Wird großartig! wahrhaftig," brummte er weiter und legte die halbverrauchte Cigarre nachdenkend auf die Kaffchtasse, »hatte nicht geglaubt, daß die wandernden Comödianten so viel Geschmack hätten, als ihr Dircctor in der Decorirung des Elephantensaales bewies. Nun, der Ausschuß Wollzwickel, der dürre Uhrmacher, übernimmt dießmal statt meiner die Aufsicht; ich will mich mit euch herumtreiben, natürlich 6n ,n38li„6, d^ als was? das rathet Kinderchen." Die Madchen mochten rathen, wie sie wollten, immer lachte d" gut gelaunre Consul sein überraschendes »Nein!" heraus, b's er zuletzt mit der interessanten Aufklärung kam: »werdet schon selbst sehen am Ballabende. Aber, Mädchen! delicat wird meine Maske, das s^e mir sogar der gewandte W ollzwicke l, der doch selbst in seiner Jugend Regisseur eines Liebhaber-Theaters war und solche Dinge kennt. Delicat nannte er auch mit
terdirectorS Sulpicius, und das will bei dem edlen Uhrmacher sehr viel sagen.    Doch, nun gebt mir den Amtsrock,
Kinderchen! Ihr keimt die Parteiungen unserer guten Stadt und da muß man gewaltig eingeweih't seyn in die Umwal-zungen eines jeden einzelnen Raoes, um die Maschine in einen solchen Gang zu setze», daß ihr großer Zeiger »auf allgemeinen Frohsinn" stehe. Alles yarmonirr für diesen Abend, manche ehrsame Altgesellen, manches Zimmermädchen lösten zwar auch ihre Karte für ihren Gulden, alvr was fashionable Welt ist, bleibt fashionable Welt, — ihr versteht mich'. Da ist denn nun die Postmeistersfamilie Krähen fingel mit ihren versippten Vettern und Schwägern, und auf der andern Seite die Familie des Gutsbesitzers Knopfhuber zu Gans-büchel mir ihrem Anhange, welche schwer zu vereinen sind. Was silld die Welsen und Ghibellinen, was die Capuletti und Montecchi, die Representans und Negativs, die Hüte und Mützen gegen diese zwei Parteien, die sich hassen, schmähen und verfolgen, daß jeder halbe Amtstag bloß ihren Streitigkeiten zu opfern ist.''
Schlauchdorn trippelte gemächlich fort und die Mädchen machten sich emsig an die Vollendung ihrer Maskenkleider, welche selbst dem guten, aber etwas geschwätzigen Papa unbekannt geblieben waren. Jetzt ließ sich im Vorsale eine laute Altstimme hören: »das ist die Tante Concord ia, die verwitwete Amtsräthin," flüsterten die Mädchen, und im Nu wurden die begonnenen Zigeunercostüme unter den Bettdecken verborgen. »Ach, Kinderchen! ich biu ganz außer Athem; wo ist mein Bruder, euer verehrter Papa? Nein! Das ist nicht zum Aushalten. Diesen Affront, noch dazu im Angesicht der ganzen Welt, so was muß zu Protocoll!" »Aber, Tante, beruhigen sie sich doch! was gab es denn, und wer?" forschten die Mädchen. »Laßt mich zuerst zu Athem kommen, — den Capuchon weg, so; die Mantille auf — nun wird mir leichter. Also stellt euch vor: ihr kennt doch den Windbeutel, den Sausewind, den zungen Arthur, den Vetter des Herrn Knopf-huber? der steht euch lang und stolz vor dem Kaffehhause, lorgnettirt und schaut die Gasse hinab gegen des Postmeisters Haus; so so, dachte ich mir, der wartet auf schön Malchen,    des   Herrn   von   K rähenflü g els   hübsche Nichte;
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prosit! aus denen beiden wird auch nichts; ei- romantisch, sie romantisch, die Familien feindlich gegen einander, gibt ein herrliches Trauerspiel, dachte ich mir, und jetzt ein Stelldichein, charmant! auf keinen Fall. Ich setze nuch in Bewegung gegen den jungen Herrn, er zieht ein saures Gesicht, will den Kurzsichtigen spiele» und den Weg durch das nächste Durchhaus einschlagen ; ihr aber, Mädchen'. kennr meine Methode. Frisch — ihm den Pfad versperrt, und Iinn Honr! Guten Morgen, Junker Arthur! (!0lnm6iU vn»i8 porlex v mix? »„Sehr übel!"" murmelte der junge Herr durch die Zähne, als müßte er Glasscherben zerbeißen. Vielleicht ein böses Omen gehabt beim Ausgehen? fragte ich den Ueberspannten. »»O gar nichts, außer einer Mandelkrähe."" Mich brachce die Grobheit nicht aus der Fassung. Also heut über acht Tage, begann ich mit bedeutendem Wink auf den Anschlagzettel. »»O! ich glaube, der Maskenball beginnt schon heute, denn wahrlich die Fledermäuse um-schwirren mich."" Ob es mich anging, oder Frau v. S ch m a ch-tin g, wußte ich in dem Augenblicke nicht, aber aus dem Gelächter der müßigen Ladendiener, welche aus dem Gewölbe horchten, aus dem eilfertigen Entfliehen des Iuukers mußte ich wohl auf mich schließen. Doch, das soll er mir büßen! Nun, sagt mir aber, Kinderchen! ist es denn wahr, daß ihr in dem abgetragenen Costüm schwäbischer Bauernmädchen erscheint? Seh'c, Kinder, das taugt nicht; wenn es nach meinem Sinne ginge, einen Zug aus Walter Scott." „»Ja, Tantchen, da sie es schon wissen, so rechnen wir auf ihre Discre-tion wegen der schwäbischen Bauernmäochen."" »O, kein Wort soll man aus meinem Munde erfahren; ihr kennt meine Grundsätze." und im Nu hatte sie Mantille und Capuchon, um im nächsten Hause «uli rosa mitzutheilen, was sie hier erfahren. (Fortsetzung folgt.)
Die feindlichen Brüder
Sage  aus   dem   Lande   der   „steicrmärkischcn   Slowenen."
Von I. G. Seid l. (Aus »Ost u. West."   Jahrg. 1838.)
Mächtig herab von der Bergspitze drohte vor vier Jahr-Hunderten die Feste »Neichenburg," in Untersteier, am linken Ufer des Saustromes. Aber nicht minder ansehnlich blickte von unten hinauf ein anderes, knapp am Flusse gelegenes Schloß, gleichen Namens. Zum Unterschiede wurde jenes nur »Ober-", dieses »Unter-Reichenburg" genannt. Oben auf dem Berge thronte, wie ein Adler in seinem Horste, Niklas v. Reichen bürg, ein übermüthiger, unwirscher Mann, dem nur seine sanfte Gemahlin, Timutha Drachen bürg er, die ihm als Mitgift die Drachenburger Güter zubrachte, manchmal ein freundlicheres Gesicht abschmeichelte. Unten am Strome hockte dessen Bruder Jörg, ein menschenfeindlicher, empfindlicher Geselle, wie eine lichtscheue Nachteule, ein düsteres Hagestolzenleben führend. Niklas streifte gern in den Gebirgen gegen St. .Jacob oder gegen Kopreiniz umher, um das Wild des Waldes aufzustöbern, oder ritt auf seine Schlosser zu Drachenburg und Reichenstein, und hinüber zu seinem Thurm im Rann, wahrend Jörg einsam umheiwandelte am Ufer der Save, und mit düstern Blicken   die   waldigen  An-
höhen maß, an deren Fuße jenseits im Krainerlande die Straße nach Gurkfeld dem Laufe des Stromes folgt, oder sich die langen Tage damit verkürzte, Angel und Netze nach den Fischen des Flusses auszuwerfen, oder im klaren Brestanza-Bäch-lein Forellen zu fangen. Was das Natürlichste schien, nämlich daß die Brüder im wechselseitigen Umgänge Behagen und Erheiterung finden würden, fand gerade nicht Statt; denn sie haßten sich von dem Augenblicke an, als sie sich in die Erbschaft ihres Vaters Wilhelm theilten.
Mir Hohn sah Niklas auf seinen Bruder, wie auf einen Vasallen hinab, und rühmte sich mehr als ein Mal mir herbem Spotte, daß er die Fische auf seines Bruders Schüsseln vom Fenster aus zählen könne, was allzeitgeschättige OH-. renbläser dem Beschimpften getreulich zu berichten nicht ermangelten. Jörg, darüber gekränkt und enttüster, schwor, seinem Bruder solchen Spott noch ein Mal theuer büßeu zu lassen.    Auch dieser Schwur fand seine Herolde.
So wuchs der Haß der beiden Brüder gegen einander von Tag zu Tage. Auch ihren Unterthanen theilre sich diese Spannung mit, und es kam nicht nur unter den Knechten der Schloßherren, sondern auch unter dem Landvolk zu ernstlichen Auftritten und blutigen Schlägereien. Kein Insasse oder Gast des Oberreichenburgers zog mehr sicher und unge-neckt am untern Schlosse vorüber; eben so wenig aber durfte sich Jemand, der diesem angehörte, ungestraft in den Gehölzen am Doushka-Bach, oder auf den Höhen des Loger-berges blicken lassen.
Was die ganze Nachbarschaft gefürchtet hatte, geschah endlich in der That. Die langgenährte Feindschaft kam zum Ausbruche, und zwar auf traurigere Weise, als man gefürchtet harte.
Es war am St. Nicolai-Tage des Jahres »434, wo neue Krankungen beide Brüder so sehr erbittert hatten, daß sie ihre Rache nicht länger zu verschieben entschlossen waren. Im obern Schlosse ging es eben toll und voll her, weil Niklas das Fest seines Schutzpatrons feierte. Wild glühten des Schloßhertn Augen, und Timutha, welche das Zucken seiner Gesichtsmuskeln und das Spiel seiner Mienen wohl verstand, ahnte mir Entsetzen ein Unglück. In der That sprang Niklas, als ihm seine Gäste ein lautes Lebehoch ausbrachten, vom Wein erhitzt, in leidenschaftlicher Hast auf, stürzte einen weitbauchigen Humpen in einem Zuge auf den Tod seines Bruders hinunter, und schmetterte das Gefäß mit solcher Wuth auf den Boden, daß es in tausend Splitter zersprang. Alles war erschüttert, und Gemahlin und Freunde suchten ihn zu beruhigen, aber umsonst; er war nicht mehr zu halten. Wie vom Wahnsinn erfaßt, rannte er in seine Waffenkammer, nahm das längste und sicherste Feuerrohr, das er besaß, lud es in Eile, und zielte am Fenster, welches vom Eckchurme auf das untere Schloß hinabsieht, genau so, daß er Jörg's Fenster, aus welchem dieser oft Abends neidisch emporgrinste, gerade auf's Korn bekam.
Denselben Augenblick schien aber auch Jörg erlauert zu haben; denn eben so schnell fuhr er mit seinem Feuerrohr auf,  und maß nach oben.    Zwei Schüsse   fielen   gleichzeitig.
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Als des Niklas Leute in die Kammer traten, lag er, tätlich getroffen, in seinem Blut am Boden. Auch Jörg war todt.    Die Brüder hatten sich wechselseitig erschossen.
Da war denn große Trauer im Schlosse, und das ganze Land nahm Thril an dem entsetzlichen Vorfalle, welcher an die alten Zeiten des Tyebaner-Krieges erinnerte.
Noch jetzt stehen die beiden Schlösser; aber nur das obere behielt sein Ansehen bei. Hart an das Schlafgemach des Schloßherrn stößt eine Capelle, welche in einer Nische, auf der Evangelienseite des Altars, die Schädel der feindlichen Brüder zum Gedächtnisse bewahrt. Man sagt, daß sie hinter ihrem Gitter, so ofc man sie mit den Stirnen zusammenstellte, stecs ei» Poltern und ein Lärmen bei Nacht anrichteten, welches die Hausleute mir Grauen erfüllte, worauf man sie dann des Morgens in entgegengesetzten Ecken von einander abgewendet gefunden habe. Jetzt aber stehen sie sich Tag und Nacht mit den Stirnen gegenüber, und starren einander beständig mit ihren leeren Augenhöhlen schauerlich-trüb an, ohne ihres alten Grolles eingedenk zu seyn. Vierhundert Jahre mögen wohl hingereicht haben, um die feindlichen Brüder im Grabe zu versöhnen.
Details
über
das neuere Attentat gegen die Königin von England.
(Ausd. „Ab. «eil. zur Wien.Zeitg.")
Ein Elender hat es gewagt, seine Hand gegen die Königin Victoria zu erheben, die von einer im Park gemachten Spazierfahrt zurückkehrte. Nach dem „Globe" scheint das Attentat nicht aus politischer Absicht, sondern aus dem wahnsinnigen Wunsche nach einer entsetzlichen Berühmtheit hervor gegangen zu seyn.
Der Verbrecher ist im Augenblicke der That von einem Parkwächter ergriffen worden, der ihm das abgefeuerte Ter-zerol entriß. Tr wurde hierauf auf das nächste Polizeiamt inmitten der nachdrängenden Volkshaufen geführt, die, ohne das schützende Einschreiten der Polizeisoldaten, ihn in Stücke zerrissen hatten.
Die Königin war nach dem im Buckingham-Pallast abgehaltenen Lever um 5 Uhr in einem mit 4 Pferden bespannten offenen Wagen in den Park gefahren. Pnnz Albert und die Pinzessinneu Alice und Helene begleiteten Ihre Majestät. Der Prinz folgte dem Wagen zu Pferde in Begleitung sei„es Stallmeisters und des Generals Wemyß, des Stallmeisters der Königin. Nach einer Tour durch den Ne-gencspark beurlaubte sich der Prinz von der Königin, und kehrte in den Pallast zurück. Die Köuigin setzte ihre Spazierfahrt im Hydepark fort, und fuhr eben gegen den Pallast zu, als ein Mann, im Anzüge eines Maurers, der sich hiu-ter dem Eisengitter des Parkes auf dem Rasen befand, eine Pistole in dem Augenblicke abfeuerte, in welchem der Wagen vorüberfuhr.
Die Königin hörte den Schuß, und obwohl sie sich der Gegend zuwendete, in welcher er gefallen war, so zeigte ihr
Gesicht doch nicht die mindeste Spur von Schrecken. Der Wagen fuhr weiter, da die Vorreiter durchaus nichts bemerkt hatten; Wemyß ritt aber auf den Mann los, der sich hinter dem Gitter befand; bevor er ihn jedoch erreichen konnte, hatte sich schon der Parkwächter, George Maulder, der früher in den Diensten des Lords Palmerston gewesen, seiner bemächtigt.
Unterdessen war der königliche Wagen in den Buckingham-Pallast zurückgekehrt; die Köuigin war vollkommen gefaßt, und'suchte ihre Kinder zu beruhigen. Bei ihrer Ankunft wurden Ihre Majestät von dem wenige Augeublicke zuvor angelangten Prinzen Albert empfangen.
Der Gefangene ließ sich ohne Widerstand auf das Polizeiamt in Gardiners.-Lane führen, wo er verhört wurde. Er heißt Wilhelm Hamilton, ist ein Irländer aus Li-merick, 24 Jahre alt, Maurer von Profession, und seit fünf Jahren in England.
Seine Wirrhin hatte am Samstag Morgens, als sie sein Zimmer aufräumte, ein kleines Terzerol mit einem Steinschloß bemerkt, welches sich im Besitz ihres Mannes seit sieben Jahren befand, und mit dem ihre Kinder gewöhnlich zu spielen pflegten. Er begehrte es von ihr, angeblich um es zu putzen. Die Frau hatte nichts dagegen, und der Gefangene schickte sogleich eines der Kinder, um für einen halben Penny Schießpulver zu bringen. Damit verfügte er sich in den hinter dem Hause gelegenen Hof und überzeugte sich, daß man mit dem Terzerol schießen könne. Von diesem Augenblicke an war er sammt der Pistole unsichtbar geworden; erst vor sechs Uhr ward man seiner im Park, in der Gegend von Constitution-Hill, wieder ansichtig.
Dort näherte er sich einer Frau und fragte sie, worauf sie denn warte? Als sie ihm antworten wollte, unterbrach er sie mit den Worten: »Gewisi auch auf die Königin! ist sie schon vorübergekommen?" Die Frau verneinte'dieses, und meinte, daß er nur ein wenig warten dürfe, um sie zu sehen. Sie hatte kaum geendet, so wurde man auch schon der königl. Vorreicer ansichtig, worauf ihm die Frau zurief: »Jetzt kömmr sie!"
Mit den Worten: »es ist gut!" zog der Gefangene sogleich die kleine Pistole aus der Brust, die er gegen den Wagen losfeuerte, in welchem sich die Königin uud ihre Kinder befanden. Er muß schief gezielt haben, da der Wagen in dem Augenblicke schon vorüber war, in welchem der Schuß fiel. Trotz aller polizeilichen Untersuchungen hat man weder an dem Wagen, noch in der Umgebung die Spur einer Kugel auffinden können.
Wäre das Terzerol scharf geladen gewesen, so hätte man das Pfeifen der Kugel nothwendig hören müssen. Auch alle andern Anzeichen deuten darauf hin, daß die Pistole nur mit Pulver geladen gewesen. Auf dem Polizeibureau erklärte der Gefangene, daß nur die Noth ihn zu diesem Schritte getrieben, uud er durchaus keinen Mitschuldigen hätte. Uebrigens hält die Polizei die weitern Resultate des Verhörs geheim. In den Taschen Ham'ilron's befand sich eine Tabakspfeife, noch etwas Pulver und einige Kupfermünzen.    Er zeigt keine
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Spur von Geistesverwirrung   und   scheint  im   vollen   Besitze aller seiner Geistesfähigkeiteu.
Wahrend dieses in der Nähe des Pallastes vorgefallenen Ereignisses hatten die Minister eine gewählte Gesellschaft geladen, um das Geburtsfest Ihrer Majestät zu feiern. Plötzlich erhalten sie die Nachricht von dem Geschehenen. SirG. Grey und Lord John Rüssel eilten sogleich, sich um das Befinden Ihrer Majestät zu erkundigen und die geeigneten Maßregeln zu treffen.
Es wurde beschlossen, am folgenden Tage eine Ministersitzung abzuhalten, um den Staatsanwalt von dem bis dorthin erhobenen Thatbestand in Kenntnis; zu setzen, und zu entscheiden, ob der Gefangene des Hochverraths anzuklagen, oder nach dem nicht weniger strengen, von Sir Robert Peel bei Gelegenheit der Attentate Oxford's undBeau's eingebrachten Gesetze zu behandeln wäre.
Bevor wir über die Resultate dieser Conferenz berichten, müssen wir der Aufregung und des Enthusiasmus erwähnen, der sich bei der Bekanntwerdung des Attentats in der ganzen Stadt aussprach. In der Nähe der großen Clubbs ertönte ohne Unterlaß der Ruf: »Es lebe die Königin!" im St. James Park wurde die Nationalhymne zu wiederholten Malen gesungen, die auch in allen Theatern unter den lebhaftesten Ausrufungen begehrt wurde. Der Adel strömte zum Pallaste der Königin, um Nachrichten über ihr Befinden einzuholen, und die am Geburtstage Ihrer Majestät gewöhnlichen ceremoniellen Besuche waren dießmal der Ausdruck der innigsten Theilnahme.
Nach der Aussage eines Büchsenschmiedes, der die Pistole untersuchte, konnte dieselbe mit keiner Kugel geladen gewesen seyn.
Zwei Umstände erregen jedoch Zweifel gegen die Richtigkeit dieser Behauptung.
Ein Mal scheint es, daß der Angeklagte einen Char-tistenclubb der niedrigsten Gattung in Pimlico häufig besuchte; andererseits hat er dem Gefängnißaufseher vertraut, daß er schon in Paris wegen Theilnahme am Iuniaufstande verhaftet worden wäre; man hat ferner Beweise, daß er in Belgien und Nantes an den Eisenbahnen gearbeitet, und nach Frankreich zu jener Zeit gekommen war, als esLouis Napoleon aus Ham zu entfliehen gelang.
Verhalten sich diese Umstände wirklich so, so hat sein Verbrechen vielleicht einen mehr politischen als persönlichen Charakter. Viele sind jedoch der Ansicht, daß er die That nur deßwegen begangen habe, um, wie Oxford, für den Rest seines Lebens aller weitern Sorge für Kleidung, Nahrung und Wohnung enthoben zu seyn; in solchem Falle hat sich jedoch der unglückliche Irländer verrechnet, da er wahrscheinlich zu lebenslänglicher  Zwangsarbeit verurtheilt werden
dürfte.
Den 20. d. M. ist er abermals in Gegenwart des Mi-nisters des Innern und des Staatsanwaltes verhört worden;
seine Antworten waren lakonisch und zeigten einen verstockten, mürrischen Charakter. Nach diesem zweiren Verhöre ist er nach Newgate abgeführt worden, und wird vor die nächsten Assisen von Old.-Bayley aus dem Grunde gestellt werden, weil er weder aus Haß gegen die Person der Königin das Attentat verübt, noch irgend einen  Mitschuldigen geHabs hatte.
^ Literarischer Courier.
Am 18. Mai verlor die Wissenschaft und Pädagogik durch den Tod» einen ihrer ältesten Vertreter in Berlin, den Professor Dr. Hein sius, welcher schon vor mehreren Jahren sein  fünfzigjähriges Amtsjubiläum gefeiert harre.
Feuilleton.
Täuschung. — Eine komische Anecdote lesen wir im »IVnlinn»!." Der Präsident der französischen Republik begab sich kürzlich nach Troyes. In Moret angekommen, hielt der q„38l kaiserliche Train im Bahnhofe stille. Ein Mann aus dem Volke, eiu alter Tagwerker, ehedem Milirär in der glor. reichen Armee, näherte sich dem Waggon, welcher die Ehre hatte, den Präsidenten zu umschließen, und da — mit einer Stimme, welche die Echo's des Thales erzittern machte, schrie er: »Es lebe Napoleon! — Ein Dankeslächeln erglänzte bereits auf den Lippen der ausübenden Gewalt, als der gute alte Mann sich sammelte, um seine Gedanken zu ergänzen, und hinzufügte: »Es lebe Napoleon — der gestorben ist!" Hierauf wurde geläutet, und der Train letzte seinen Weg fort.
Gine Thatsache sonderbarer Art — hat sich in
Paris am l 4. Mai herausgestellt, welcher ein geheimes Verbrechen zu Grunde zu liegen scheint. E>'ne junge Arbeiterin, welche vom I. Mai angefangen ein Zimmer im obersten Stockwerke eines Gasthauses bewohnte, hatre eine große Katze bei sich, welcher sie jeden Morgen, wenn sie ausging, schon für den ganzen Tag das Fntter vorbereitete. Manchmal geschah es aber, daß das Mädchen zwei bis drei Tage von ihrer Wohnung ausblieb, und da mußte die Katze fasten und Hunger leiden. Ein Mal, als das Mädchen wieder so lange abwesend war, gelang es der Katze, durch eine Oeffuung des Zimmers auf's Dach zu kommen, wo die Miethleute ihre alten und unbrauchbaren dachen liegen haben. Einer der Kellner, welcher an diesem Tage auf die Dachstube ging, um ein Gurt-bett herunter zu holen, fand hier die Katze und war sehr erstaunt darüber, als er dieselbe mir einem runde,, Gegenstande von bedeutendem Umfange und fremdartiger Form spielen sah. Er hob ihn auf, und wie groß war sein Schrecken, als er darin einen Kindskopf erkannre, dessen Haur und Fleisch abgenagt und das Ganze schon m Fäulnis; übergegangen war. Man holte einen Polizcicommissär herbei; dieser begab sich im Beiseyn eines Arztes an den Ort, und es stellte sich heraus, daß dieser Leichenkopf von einem gesund gebornen Kinde herstamme, und daß dessen Tod vor^beiläufig z,vei Monaten er-folgt seyn mußce. — Der ganze Thatbestand schwebt noch im Dunkeln.
Tchichatowacz — das schönste serbische Kloster im Fruskaer Gebirge, ist am 10. Mai ein Raub der Flammen geworden. In diesem Kloster werden Reliquien der serbischen Heiligen und sonstige kostbare alterthümliche Kleinodien bewahrt. Ob diese Nationalgüter gerettet oder zu Grunde gegangen, konnte man noch nicht erfahren. Alles deutet darauf hin, daß das Feuer vorsatzlich angelegt worden ist.
Verleger: Ignaz 2ll«,is Kleinmayr.