U'DK 886.3.03=30(091) Hans-Joachim Kirchhoff Filozofska fakulteta, Ljubljana ZUM PROBLEM SPRACHLICHER ADÄQUATHEIT/ANGEMESSENHEIT Einige Bemerkungen zu ausgewählten Ubersetzungen einiger slovenischer Gedichte ins Deutsche unter besonderer Berücksichtigung des Bildaspekts Avtor poskuša teoretično utemeljeno v nemščino prevedene izbrane slovenske pesmi kot primer obravnavati s stališča podob, da bi prišel do nekaterih sklepov okrog izbire besed, vsebine podob in pomenov, s tem pa tudi izpovedne sile umetnin. The author discusses, on a theoretical background, and by way of example, selected German translations of Slovene poems from the point of view of imagery, in order to arrive at certain conclusions about the choice of words, about the content of images and meanings, and consequently about the expressive force of literary works of art. Beim Lesen des Geleitwortes zu Andrej Kókots »Die Totgeglaubten«, Darmstadt 1978, zu dieser Untersuchung angeregt, soll im folgenden der Frage nachgegangen werden, inwieweit den verschiedenen Übersetzern eine »literarisch gültige Ubersetzung«1 — was auch immer das heißen mag — vom Slo-venischen zum Deutschen unter dem Bildaspekt gelungen ist. Ob dies immer sinnvoll und möglich ist, erscheint bereits bei einem ersten Betrachten des jeweiligen Wortschatzumfanges2 m. E. zumindest problematisch. Problematisch nicht in dem Sinne, dal! die slovenische Sprache mit ihren relativ geringen Umfang an Wörtern minder geeignet sei, in ihrer Sprache Schönheit, Vielfalt und Reichtum literarischer Bilder zu entfalten. Vielmehr dürften die Probleme beim Finden des sprachlichen und bildlichen Äquivalents liegen, wie sich noch zeigen wird. Der Vergleich unterschiedlicher Erscheinungen der Wirklichkeit miteinander oder mit einer Größe, die uls Vergleichsmalistab fungiert, ist eine häufige geistige Operation, die bewußt oder unbewußt vom Menschen vollzogen wird. Dabei werden ebenso äußere Merkmale der Erscheinungen in den Vergleich einbezogen wie auch jene, die das Wesen der Erscheinung ausmachen und bzw. oder deren spezifische Leistung determinieren. So gesehen kann auch die Sprache zum Gegenstand des Vergleichs werden. Theoretischer Ausgangspunkt der Überlegungen ist die unumstrittene Tatsache, daß der Autor im Kunstwerk eine ganz individuelle spezifische und farbige Kunstwelt aufbaut, in die er den Leser zum Eintreten einlädt, in der dieser sich umtun soll und die besondere Art der Emotionalität und Weltbeziehung, die besondere Art der Fragestellung und die versuchte Antwort auf die im Bild gestalteten Probleme des Lebens, die Schönheit der sprachlichen Gestal- 1 Wie es dort heißt, sei mit dem Gedichtband der literarische beweis erbracht worden, »dali sowohl der Reichtum an Bildern als auch die innige Gefiihlsbezogen-heit der slovenischen Sprache eine literarische gültige Übersetzung ins Deutsche zuläßt« (Ebenda. S. 5). 2 Im Deutschen schätzt man etwa 500.000 Wörter, wobei der Durchschnittsbürger ca. 6000 — 10.000 beherrscht, bei Goethe ca. 100.000. Vgl. Die dt. Sprache. Kl. Enzyklopädie, S. 536. Im Slovenischen rechnet man mit etwa 300.000 Wörtern; Preserns Wortschatz umfaßt ca 5300 Lexeme, wobei zu berücksichtigen ist. das der Uberlieferte korpus rei. klein ist (mdl. nach Orešnik). tung, von Klang und Rhythmus und nicht zuletzt die spezifischen Möglichkeiten, in dieser Bild weit seine Phantasie zu entfalten, erleben soll. Auch wenn die Ansichten zum künstlerisch — literarischen Bild mitunter weit auseinandergehen,3 sollen für unsere Untersuchung folgende Standpunkte zum künstlerisch-literarischen Bild hervorgehoben werden: Ausgehend von dem Standpunkt, daß das künstlerische Bild ein vielschichtig strukturiertes Ganzes ist, wird oft unterschieden zwischen Hauptschichten, Schichten oder Ebenen (Saporow/Gej/Schlenstedt) bzw. Bildern erster, zweiter, dritter . . . Ordnung (John) und dabei auf die Einheit und Wechselwirkung dieser Schichten hingewesen. Schlenstedt beispielsweise unterscheide die Ebenen^ — der materiellen Übermittlungsformon. des Textes, — der Darstellung, »als Zentrum der Leistungsfähigkeit des Textes«, — der Bedeutung (vgl. Schlenstedt. zitiert nach Gesellschaft-Literatur Lesen, S. 304 ff.). Literatur als eine Weise praktisch-geistiger Aneignung der Wirklichkeit gestaltet ihre spezifische Weitsicht und ihr Weltverhältnis in einmaligen, sinnenhaften, unterschiedlich konkreten Bildern, die eine oft vielschichtige Bedeutung4 aufbauen, die weit über die bloße Wortsemantik hinausgeht. Selbst wenn wir das Bemühen der Übersetzer um treffende Wortwahl in Rechnung stellen, wird sich zeigen, dali die Wortsemantik bereits allein Übersetzer vor scheinbar unlösbare Aufgaben stellt. Gemüli den voranstehenden theoretischen Überlegungen, das literarische Kunstwerk als ein vielschichtig strukturiertes Ganzes zu verstehen, sollen im folgenden mehrere lyrische Werke unterschiedlicher Autoren und verschiedener Übersetzer vergleichend untersucht werden. Dabei wollen wir uns beim Bildbegriff der Einfachheit halber und aus Zeitgründen lediglich auf einzelne lyrische bztv. sprachliche Bilder beschränken.5 Diese Unterscheidung s Einerseits wird mit dem Bildbegriff gearbeitet, um bestimmte Textstellen zu markieren und um ihnen einen hohen Stellenwert bei der poetischen Weltaneignung, beim Aufbau des Bildganzen und bei der Rezeption zuzuweisen. Andererseits gehen trotz umfangreicher Literatur über die Theorie des künstlerischen Bildes (angefangen von Lessing über Hegel und Belinski bis zur heutigen Zeit) die Ansichten weit auseinander. was am literarischen Text als Bild zu bezeichnen sei. — Andere Analysen kommen ohne den Bildbegriff aus. — Vgl. die Standpunkte von Koch/Träger/ Pracht/Sommer und John in : Zur Theorie des soz. Realismus. Bln. 1974. insbesondere S. 'îSSff., 405ff.. 661 f.. 701. — Pracht: Abbild und Methode. Halle 1974. — Girnus: Wozu Liertatur ? Leipzig 1976. — John: Einführing in die Ästhetik. Leipzig 1987. 4 Es sei an dieser Stelle angemerkt, daß diese vielschichtige Bedeutung auf gesellschaftliche Zusammenhänge weist und für den Leser bedeutsam werden kann. Wir unterscheiden hier bewußt zwischen der Stufe der Bedeutung, verstanden als den Wert des Werkes, den es in seiner Gesamtheit in einer sozial determinierten Situation für die Gesellschaft hat (oder haben soll) und der Stufe der Bedeutsamkeit, verstanden als der Stufe der individuellen Bedeutung, d.h. den Wert des Werkes, den es im individuellen Lesakt für den Einzelnen real erhält, da sich gesellschaftliche Bedeutung in unzähligen individuellen Lesakten realisiert, in denen das Werk finden Leser einen persönlichen Sinn erhalten kann, der durchaus nicht mit der gesellschaftlichen Bedeutung identisch ist. Zudem treten zu unterschiedlichen gesellschaftlichen und historischen Gegebenheiten oftmals andere Seiten der Bedeutung in den Vordergrund, was auch ein Grund für das sogenannte Absterben von Kunstwerken sein dürfte. 5 Bedenkt man diesen Standpunkt, dal.l das lyrische Werk ein vielschichtig hierarchisch strukturiertes Ganzes ist und sich die Rezeption von einem ersten. undifferenzierten. unvollständigen Erfassen des Ganzen (Gesamtbildes) über die Analyse ist insofern notwendig, als sich lyrische Bilder vorrangig an die Vorstellungskraft und an das bildlićhe Denken des Lesers wenden, verlangen, sich ein Bild zu machen und solche Tätigkeiten wie flic Sinnsuche und Sinngebung, wobei alle Sinne, das Gefühl und der Verstand des Rezipienten gefragt sind." Das sinnenhaft-konkret Dargestellte als Teil einer (Teil-)Bedeutung und eines Sinns sowie einer Funktion in einein höheren Ganzen ist deshalb als eine poetische Verschlüsselung in einem größeren poetischen Zusammenhang zu lesen. Lyrische Bilder können neben bildlossen Teilen7 auch sprachliche Bilder enthalten.8 Beim sprachlichen Bild ist zwischen dem Gesagten ifnd dem Gemeinten zu unterscheiden, d. h. ist das tertium comparationis zu suchen. Mit der Entschlüsselung von Sprachbildem ist nach deren Funktion zu fragen, was von besonderem ästhetischen Reiz sein kann.® Wenden wir uns nach den notwendigen theoretischen Voriiberlegungen nun der eigentlichen Untersuchung zu. Anzahl und Auswahl der zu untersuchenden lyrischen Werke sind weitgehend vorbestimmt durch die Vorkommenshäufigkeit der Übertragungen vom Slowenischen ins Deutsche durch verschiedene Übersetzer. Neben den dabei uns interessierenden grundsätzlich verschiedenen Übersetzungen finden sich auch solche Fassungen, in denen merkwürdigerweise eine weitgehende Übereinstimmung, d. h. nur geringfügige, jedoch ohne Belang erscheinende Abweichungen — manchmal nur einzelne Wörter betreffend — festgestellt werden konnten.10 — Interessanterweise findet sich auch ein Beispiel völliger Übereinstimmung: Kokot, Meinem Wort. der wesentlichen und bestimmenden Teile in ihrem Bezug zum Ganzen und in ihren l'unktionszusammenhänngen zu einem tieferen, umfassenden Begreifen des Ganzen in seiner poetischen Vielfalt und seinem Beziehungsreichtum vollzieht, ahnt man die Komplexität des Problems, vor dem letztendlich auch der Übersetzer steht. — (Vgl. dazu Rubinstein: Grundlagen der Allgemeinen Psychologie. Bln. 1971. S. 315f.) " Solche Bilder könnte man nennen: Frühling läßt sein blaues Band / Wieder flattern durch die Lüfte.« (Mürike, Er sit's) In WELT IN DER LYRIK schreibt Maurer: Ein einziges Bild in einem Lied Eichendorffs evoziert die rinnende Melancholie der Romantik: In einem kühlen Grunde. da geht ein Mühlenrad .. . Wir haben nicht das Gefühl, daß hier Landschuft beschrieben werden soll. Das Bild ist verzauberte Sprache. Es heil.lt nicht: ich bin fromm- Es heil.it so: Da strahlte der volle Mond, da standen sie still am Altar. (Sappho)«. " Das sind solche Elemente der Bildstruktur, die stärker begrifflich bestimmt sind. Sie nennen Urteille. Zusammenhänge und Probleme direkt (mittels Spruch. Urteil), wenden sich inelir an das rationale Denken und sind über unterschiedliche formale Mittel wie Reim und Rhythmus in das Gesamtbild eingefügt und können von ganz besonders poetischen Reiz sein. Hier {lenken wir z.B. an Storm's Abseits, in dem sozusagen als Schlußwort mit der Reflexion eines lyrischen Subjekts das Bedauern ausgesprochen wird, daß die dargestellte Idylle der »aufgeregten Zeit« weichen muß. " Vgl. dazu Fleischer; Michel : Stilistik der deutschen Gegenwartssprache, Leipzig 1975, S. 161 f. — Ein Beispiel, daß lyrische Gestaltung auch ohne sprachliche Hilder auskommt, dürfte Goethes »Über allen Gipfeln ist Ruh« sein. * Erinnert sei nur an solche sprachlichen Bilder wie »Freude, schöner Götterfunken« oder die Benennung der Arbeit als »die große Selbstbegegnung des Menschen«. 10 Vgl. Minatti: »Jemanden muß du gern haben« in der Übersetzung von Olof (Auf dem grünen Dach des Windes, S. 53) und Heiliger (le livre Slovene 1/2 85, S. 28) zu denen es aber eine dritte, stärker von diesen beiden abweichende Übersetzung von Messner gibt (le livre Slovene 1 68, S. 14). — Vgl. auch Kokot: »Die Offen bleibt die Frage, warum neben der vom Verfasser des Gedichts selbst vorgelegten Übersetzung (vgl. Die Totgeglaubten, S. 25) eine weitere, völlig identische von MerlakTlichter (vgl. le livre slovene V4 73. S. 163) existiert. Der einfachheithalber sind die vergliechenen dt. Übersetzungen im Anhang in Reihenfolge zusammengefaßt angeordnet. Methodisch, weil des Slowenischen leider nicht in dem Maße mächtig, und aus Platz- und Zeitgründen sowieso schon zum Exemplarischen gezwungen, wurde im weiteren folgender Frage nachgegangen. Wenn schon mehrere Übersetzungen (was durchaus legitim erscheint) zu slowenischen Gedichten existieren, dann soll unsere Aufmerksamkeit den bestehenden sprachlichen Unterschieden in den deutschen Übersetzungen gewidmet sein, mit dem Ziel, einige Konsequenzen unter dem Bildaspekt und somit der Aussagekraft des Kunstwerkes und der Weltsicht des Autors aufzuzeigen. Es kann nicht Ziel dieser Darstellung sein, die literarisch gültige Übersetzung eines Teils oder des gesamten Kunstwerkes feststellen oder gar liefern zu wollen.11 Vielmehr soll bei der vergleichenden Betrachtung der Übersetzungen den bestehenden Unterschieden im einzelnen insofern nachgegangen werden, als überprüft wird, welche der verschiedenen möglichen Deutungen »ins Bild« pallt, d. h. der spezifischen ästhetischen Eigenart des Kunstwerkes, der Spezifik der vom Autor gestalteten farbigen Kunstwelt, der besonderen Art der Emotionalität und Weltbezielumg, der besonderen Fragestellung und versuchten Antwort auf die im Bild gestalteten Probleme des Lebens sowie von Klang, Reim und Rhythmus beim Aufbau des Bildganzen entspricht und somit die spezifische Weltsicht des Autors am besten verdeutlicht. Ein erste Beispiel12 kann das o.g. bereits eindruckswoll belegen, indem wir uns einem wunderschönen Bild in Udovič lyrischem Werk »Kahler Hügel« zuwenden, wo »Unter dem schon grauen Stroh der Dächer« es später sinngemäß weiter heilit, daß Moose auf die Wand des Hauses Gesichter längst vertriebener Wesen malen (vgl. Anfang der der 2. Strophe). Welch eine Herausforderung an unsere Vorstellungskraft und Phantasie, dieses Bild auszumalen und zum Leben zu erwecken. In beiden Übersetzungen finden sich attributiv zu Haus Konkretisierungen und urteilen sie selbst, wie bereits ein Wort den Sinn des Ganzen verändert: Heiligers Übersetzung spricht von einem »verfallenden Haus«, Olof's von einem »abgerissenen«. Sie stimmen sicher mit mir überein, dali mit Heiligers »verfallenden« dem Bild am ehesten entsprochen wird, impliziert es doch den auch jetzt noch im Gang befindlichen Prozeß. Vgl. wir noch die Schlußverse, so dürfte sich hier Heiligers Übersetzung Das Brunnenivasxer ist oergiftet: jemand ertrank im Brunnen. Heimkehrt in der Übersetzung von Kokot selbst (Die Totgeglaubten, S. 29) und M e r 1 a k / H i c h t e r (le livre slovene 3/4 73, S. 164). — Vgl. Merlak /Richter zu Kokot: »Die Ahnung« (le livre slovene 3/4 73, S. 163 f. und Kokot (Die Totgeglaubten, S. 22). 11 Mit Bedacht wird das dem aufmerksamen und sachkundigen Leser zugestanden, du dazu m. E. weitere Informationen, v. a. aber Zweisprachigkeit gehören. 1,2 Vgl. werden hier die Ubersetzungen von 01 o f (Auf dem grünen Dach des Windes, S. 47) und Heiliger (le livre slovene 1/2 85, S. 15) zu Udovič' Gedicht »Kuhler Hügel«. zu sehr vom Original entfernen, hingegen Olofs in ihm ist ein Menach ertrunken. auch mehr menschliche Wärme und Anteilnahme atmen und sich so insgesamt besser in den Stimmungsgehalt des Gesamtkunstwerkes einfügen und darüber hinaus beide von uns angesprochenen Textstellcn der gemeinten Geschichtlichkeit und somit der Weltsicht des Autors entsprechen. In bezug auf Kocbeks »Regen« wirft die Ausgabe »le livre slovene« 1/2 85 neben weiteren Problemen13 v.a. die Frage auf, warum man nicht wie in den Ausgaben 3 4 64 bzw. I 72 auf die schon äußerlich weitaus gelungenere Übersetzung von Smerdu zurückgreift, welcher in seiner Wortwahl das Reimschema (a/b/a/b) als durchgängiges Prinzip beachtend dem Kunstwerk mehr Aussagekraft verleiht. Seine Wortwahl ist dann auch, die mit den langen, dunklen a-Vokalen am Versende die düstere, zum Bild der langen Regennacht passende Stimmung zeichnet, was der Aussageabsicht des Werkes dienen dürfte. Während Smerdu das Bild eines über sich und die Welt Nachdenkenden, eines sich in einer verzweifelten Situation Befindlichen zeichnet und ihn in die der psychischen Situation angepaßten, dunklen Stimmung einer ihm bewußtwerdenden, nicht enden wollenden Regennacht stellt und ihn beim Nachsinnen erkennen läßt, daß ihnen (vielleicht denkt er an jemanden) »das Schicksal nie gelacht«, reiht Heiliger die Sachverhalte lediglich aneinander — ohne auch nur im entferntesten das Bild, die Stimmung oder auch den Reim als Bindemittel zu nutzen. Schon allein folgender Vergleich verdeutlicht dies: es gießt die lange, lange Nacht beidhändig köpft des Schicksals Macht um mich wurde ein Ring gemacht (Vgl. le livre slovene, 3 4 64. S. 95.) Wie allgemein, nicht unbedingt im Zusammenhang stehend, hören sich dagegen folgende Verse an. den gleichen Sachverhalt betreffend: regenttropfen fallen in dunklen nächten beidhändig klopft das schicksal an die tiir eingefangen bin ich im kreis (Vgl. le livre slovene 1/2, 85, S. 11.) Viel mehr noch. Smerdu gelingt es in beeindruckender Weise den Blick des Beirachters vom Äußeren zum Inneren, vom mehr Allgemeinen zum Kon- 13 So ist hier Grafenauers Gedicht »Zwischen den Lidern des Himmels« in der Übersetzung von Heiliger init weiteren 8 Versen abgedruckt, offensichtlichen hat man weitere 2 Gedichte ohne Titel angefügt. Ein Vergleich mit der von 01 o f übersetzten Fassung (Auf dem grünen Dach des Windes, S. 129), wo auch das Original abgedruckt ist, zeigt unabhängig davon einige syntaktische Abweichungen, die Olofs Übersetzung gefälliger, flüssiger erscheinen lassen. kreten zu führen, so daß man die schwere o.a. Situation nachvollziehen, nachempfinden kann, vom regelmäßig kehrenden Vers »dumpf trommelt die Trommel« drohend unterstrichen. Kommen wir als nächstes zu Udovič »Kleine Nachtmusik«, so läßt ein Vergleich der Übersetzungen von Kersche und Heiliger zuerst die Vermutung zu, daß das im Zusammenhang mit den Grillen von Heiliger verwendete »zirpen« anstelle von »musizieren« bei Kersche das treffendere Wort sei. Betrachten wir aber unabhängig davon die 1. Strophe als Ganzes, dann wird eine lyrische Figur vorstellbar, die ein bereits vergangenes (oder vorgestelltes) nächtliches Erlebnis wiedergibt und den Leser/Betrachter unmittelbar einbezieht. Während Kersche im unmittelbar Dargestellten sofort das nächtliche Bild musizierender Grillen, das Zirpen also im virtuosen Einklang/Konzert, projiziert: Sterne, Grillen des Himmels, musizierten auf der Wiese der Nacht (Vgl. Auf dem grünen Dach des Windes, S. 45) beginnt Heiliger mit einer Feststellung: Die Sterne sind die Hausgrillen des Himmels, sie zirpen auf nächtlichen Wiesen (vgl. le livre Slovene 1/2 85, S. 17) und geht erst jetzt ins Bild: als sich die Nachtmusik näherte. Trotz kleiner Unterschiede »ging vorbei« — »erreichte« bzw. »im Tal des Mondes« — »im Mondtal«1'4, erscheint die Personifizierung der Nacht bei Kersche — hier noch ohne konkrete Gestalt — hervorhebenswert. Diese Gestalt wird im weiteren durch die Sichtweise eben der lyrische Figur immer weiter konkretisiert und dem Leser nahegebracht, vom zuerst nur Äußeren (2.) Strophe) bis zum Innersten. Kersche greift mit dem Verb »kam« die Bewegung und das unmittelbare Beteiligtsein aus der 1. Strophe auf und bleibt gleichsam im Bild der schreitenden Gestalt. Hingegen Heiliger wählt mit »trug« einen gewissen Abstand, was das Nachsinnen — vielleicht auch einen zeitlichen Abstand — betont. Allerdings dürften weder der Verzicht Heiligers, die Vogelstimmen attributiv näher zu kennzeichnen, noch die Ubersetzung von Kersche, »schmächtigen Vogelstimmen«, dem slovenischen Original entsprechen, das mit einiger Sicherheit »zierliche Vogelstimmen« meinen dürfte, was auch der Sache angemessen erscheint. 14 Als wirkungsvoller Strophenschluß wäre hier sowohl syntaktisch als auch rhythmisch eine Mischform aus beiden Ubersetzungen denkbar: »i/?r Schritt hallte / im Tal des Mondes«. — (Vgl. hierzu auch die von uns im Anhang angefügte korrigierte Übersetzung, S. 30). Kersche bleibt auch weiterhin im Bild, wenn er schreibt: Und sie zündete die Kerzen an und wandelte mich zum Kind, Gärtner, Wanderer. und somit dem Prozeß des Wandels poetisch Ausdruck verleiht. Bei Heiliger finden wir hier zu viele Festlegungen: Sie zündte eine Kerze an und verzauberte mich in ein kleines Kind, in einen Gärtner, in einen Reisenden. Der nächte, 4. Vers erweist sich in beiden Übersetzungen als problematisch. Sowohl das »bebte« bei Heiliger als auch das »in der Stimme« bei Kersche scheinen unangemessen, erst eine Kombination paßt augenscheinlich ins Bild: ihre Stimme zitterte wie eine weiße Rose, oder vielleicht wie ein weißes Windröschen? Ein besserer Abschluß — obwohl kaum anders und doch flüssiger — gelingt wiederum Kersche: ihre Augen waren dunkler Safran mit Goldstaub und ihr Herz eine fliehende Schwalbe. gelingt es ihm doch so, seiner in der 1. Strophe personifizierten Nacht weiter Gestalt zu verleihen. (Vgl. die im Anhang beigefügte, von uns korrigierte Übersetzung auf S. 278 dieses Beitrages). Einige Schwierigkeiten mehr bereitet eine vergleichende Betrachtung der Übersetzungen Koebeks hervorragenden Gedichts »Nächtlicher Spielplatz^ durch Heiliger und Olof, wenngleich letzterer durch eindrucksvolle Vergleiche, durch schöne, ausdrucksstarke Bilder zu gewinnen scheint. So ist es auch Olof besser gelungen, die lyrische Situation darzustellen, in der sich seine lyrische Ich-Figur befindet, wenngleich die ersten vier Verse beider Übersetzungen fast ebenbürtig erscheinen und das trotz aller Verschiedenheit der verwendeten sprachlichen Mittel: einsam wandere ich durch verächtliche Nächte Stille durchdrang die grenzenlose Finsternis Ich verirrte mich in verworfene Nacht. Stille zerfiel zu abgrundtiefer Finsternis Beide Übersetzungen verwenden im weiteren einen Vergleich, wobei bereits Olofs »ich stürze in mich« wirkungsvoller ins Bild paßt, die lyrische Situation treffender ausgestaltet als Heiligers »ich ging in mich ein«. Welch Vergleich folgt bei Olof: ich stürze in mich wie der Ungeborene in die noch nicht gekostete Frau, hebt er so den Vorgang des vom lyrischen Ich unbeeinlfu libaren Bestürzens hervor und verstärkt diesen Eindruck auch beim I.eser. Heiliger verwendet hier das Bild einer schwitzenden Frau — eine völlig andere, aus dem Bild fallende und die lyrische Situation störende Wertung. Olof bleibt weiter im Bild, lallt in seiner Übersetzung das lyrische Ich in seiner Bestürzung langsam zu sich kommen, steigert zuvor jedoch den Prozeß der Verängstigung sogar noch, um dann das auf's höchste erregte und angespannte lyrische Ich Hoffnung ertasten zu lassen. Sehen wir uns diesen beschriebenen Vorgang an: Und als ich rings ins Leere griff, um Rettung zu suchen in Todesangst, ertastete ich plötzlich in den Trümmern des Nichts den letzten Pfeiler der Welt. Im weiteren können wir sehen, wie es Olof in einem Vergleich mit weniger Worten treffender gelingt, dem sprichwörtlichen Griff des Ertrinkenden nach dem Strohhalm Ausdruck zu verleihen: Ich hielt mich fest wie der Seeräuber am sinkenden Mast Im Vergleich dazu Heiliger: »wie ein Seeräuber den untergehenden Mast seines Schiffes« (Vgl. Olof in: Auf dem grünen Dach des Windes, S. 21 und Heiliger in le livre Slovene 1/2 85, S. 10.) Schon das Bild — der Seeräuber am sinkenden Mast — reicht aus, die Situation sinnenhaft-konkret und somit ausmalbar, vorstellbar und gefühlsmäßig nacherlebbar zu machen. Hierbei sind die zusätzlichen Informationen unerheblich, ob es der Mast des eigenen, seines Schiffes oder der eines anderen ist. »Der nächtliche Spielplatz« von Kocbek erweist sich für uns als ein Spielplatz für die Phantasie, wendet sich der Dichter doch vorrangig an die Vorstellungskraft der Leser, die in Konturen vorgezeichneten Bilder zum Leben zu erwecken und eigene Erfahrungen mit ins Spiel zu bringen. Nach diesen relativ umfassenden, häufig das gesamte Kunstwerk einbeziehenden Darlegungen sollen abschließend einige weitere Beispiele exemplarisch einander lediglich gegenübergestellt werden, wobei es dem Leser/Betrachter anheimgestellt ist, sich ein Bild zu machen. Nehmen wir als erstes Gedicht Minattis »Allein sind wir, Pappel« in den Übersetzungen von Broda (vgl. Auf dem grünen Dach des Windes, S. 51) und Heiliger (vgl. le livre slovene 1/2 85. S. 29). Während die verschiedenen Titelübersetzungen ebensowenig ins Gewicht fallen dürften wie u. a. das entsprechende Wortpaar »plätschert« und »gurgelt«, ist es allerdings schon von Belang, ob ich vom »ermüdetem« »mühelos« »lichtvolle« glasklaren oder oder oder oder glasigen« erschöpftem »kraftlos« »graue« Himmelsauge. Herzen, Abende spreche. Abschließend eine letzte Betrachtung. Abgesehen vom verschieden übersetzten Titel des Gedichts Udovič' »Verwirf nichts« (Heiliger) bzw. »Und trotzdem« (Olof) sowie einigen weiteren Unterschieden in der Wortwahl, so u.a. »burgunderrotem moos und mutterliebe« bzw. »weischelfarbenem Moos und Atem« ist es v.a. Olofs aktive, auffordernde, den Dingen und Erscheinungen auf den Grund gehende syntaktische Gestaltung: die dem Gedicht mehr Wirksamkeit verleiht (vgl. Olof, Auf dem grünen Dach des Windes, S. 49 und Heiliger, le livre slovene 1 2 85. S. 14). Bewußt wurden Schwierigkeiten und Probleme am Bildaspekt ausgewählter lyrischer Werke versucht aufzuzeigen, ohne jedoch bei Anerkennung aller bestehenden Unterschiede festlegen zu wollen und zu können, welche der verglichenen Übersetzungen die literarisch gültige — sofern dieser Begriff überhaupt als existent anzusehen ist — darstellt, geschweige, welcher der Übersetzer der kompetentere ist: eine Frage, die — wie zu sehen war — nicht immer einfach und eindeutig zu beantworten sein wird und letztendlich dem sachkundigen und feinfühligen Leser überlassen werden muß, der mit Gefühl und Verstand, mit Vorstellungskraft und Phantasie in die Bildwelt des Autors eintritt, sich darin umtut, indem er die lyrische Figur in die lyrische Situation stellt und mit Leben erfüllt, dabei seine eigenen Erfahrungen ins Spiel bringt und für sich mit Genuß und Gewinn die Intentionen des Autors erschließt und neue Erfahrungen bei der Aneignung der Wirklichkeit erlangt. Wie an den ausgewählten übersetzten lyrischen Werken zu sehen war. ist die slowenische Literatur — und dies trifft mit Sicherheit ebenso für die Literatur der anderen jugoslawischen Völker zu — reich an schönen Bildern, literarischen Figuren und Konflikten und deshalb hervorragend geeignet, einer weiteren Funktion von Kunst und Literatur Rechnung zu tragen, nämlich einen Beitrag zu leisten zur Völkerverständigung und Friedenssicherung. Ein weites Feld tut sich auf. besonders die relativ kleinen Sprachen durch Ubersetzungen in andere Sprachen über die Landesgrenzen hinaus bekannt und wirksam zu machen. Meinen Beitrag möchte ich in diesem Sinne als Ermunterung verstanden wissen, als Ermutigung, beim Ubersetzen die aufgezeigten Probleme und Schwierigkeiten erfolgreich zu meistern. sieh hinter ... hier entsteht neue Gegenwärtigkeit« ANHANG Andrej Kokot MEINEM WORT Es gibt keinen Wind, der die Wolken meines Geheimnisses vertreiben kann. Keinen Blitz, der den Kettenring meiner Liebe zu dir, schüchternes Wort, sprengen kann. Es gibt keine Sprache, die deine Schönheit in den Schatten stellt. M. Merlak Richter Joie Udovič KAHLER HÜGEL Unter ergrauten Strohdächern verwandeln unsichtbare Würmer uralte Gebete der Baumblätter die zwischen den Jahresringen der Baumstämme verborgen liegen in gelben Staub. An die Wand eines verfallenden Hauses malen Moose langsam die Gesichter bereits ins Land ewiger Winter vertriebener Wesen. Die Lebenswirklichkeit ist in die alte Erzählung einer Zeitepoche entrückt, die alles verbrennen wird. Die Sonne stammelt verstört, die Wege haben die Ortsnamen vergessen, die kleine verdrießliche Kirche läßt vertrocknete Seufzer der Blumenkränze den ganzen Winter vor der verriegelten Tür warten. Das Brunnenwasser ist vergiftet: jemand entrank im Brunnen. W. Heiliger KAHLER HÜGEL Unter dem schon grauen Stroh der Dächer verwandeln unsichtbare Würmer längstvergangene Gebete des Laubs der Bäume in gelblichen Staub, Gebete, die verborgen sind unter den Jahresringer in den Körpern alter Balken. Auf die Wand des abgerissenen Hauses malen Moose langsam Gesichter von Wesen, die schon vertrieben sind in das Land ewiger Winter. Alles ist entrückt in die alte Erzählung von einer Zeit, die alles verbrennen wird. Die Sonne stammelt verstört, die Wege haben die Namen der Orte vergessen, die kleine mißmutige Kirche läßt trockene Kränze von Seufzern den ganzen Winter vor der verschlossenen Tür warten. Aus dem Brunnen kann man nicht trinken: in ihm ist ein Mensch ertrunken. K. D. Olof Edvard Kocbek: REGEN Dumpf trommelt die Trommel es gießt die lange, lange Nacht, dumpf trommelt die Trommel, beidhändig klopft des Schicksals Macht, dumpf trommelt die Trommel, um mich wurde ein Ring gemacht, dumpf trommelt die Trommel, ich schreie um Hilfe, in Angst gebracht, dumpf trommelt die Trommel, habe zitternd nur an dich gedacht, dumpf trommelt die Trommel, und nun erinnere ich mich sacht dumpf trommelt die Trommel, daß uns das Schicksal nie gelacht, dumpf trommelt die Trommel, es gießt die lange, lange Nacht. F. Smerdu REGENTROPFEN dumpf trommelt die trommel regentropfen fallen in dunklen nachten dumpf trommelt die trommel beihändig klopft das schicksal an die tür dumpf trommelt die trommel eingefangen bin ich im kreis dumpf trommelt die trommel verzweifelt rufe ich um hilfe dumpf trommelt die trommel ich finde keinen ausweg dumpf trommelt die trommel ich erinnere mich zitternd dumpf trommelt die trommel wie es in der Vergangenheit war dumpf trommelt die trommel legentropfen fallen in dunklen nachten Joie Udooič: KINE KLEINE NACHTMUSIK Die Sterne sind die I lausgrillen des Himmels. sie. zirpen uuf den nächtlichen Wiesen; als sich die Nachtmusik näherte, uls sie den brennenden Busch erreichte, hallten ihre Schritte im Tal des Mondes wider. Sie trug ein Kleid aus Vogelstimmen und Schuhe aus gläsernem Wind. Sie zündete eine Kerze an und verzauberte mich in ein kleines Kind. in einen Gärtner, in einen Reisenden: ihre Stimme bebte wie eine weiße Rose. ihre Augen leuchteten wie dunkler, goldumrandeter Safran, ihr Herz war eine filehende Schwalbe. W. Heiliger KLEINE NACHTMUSIK Sterne, Grillen des Himmels, musizierten auf der Wiese der Nacht, als sie nahte, sie ging vorbei am brennenden Busch, ihr Schritt hallte im Mondtal. Sie kam im Kleid, geflochten aus schmächtigen Vogelstimir.eu, in Schuhen aus gläsernem Wind. Und sie zündete die Kerzen an und wandelte mich zum Kind. Gärtner, Wanderer. In der Stimme zitterte ihr eine weiße Anemone. ihre Augen waren dunkler Safran mit Goldstaub und ihr Herz eine fliehende Schwalbe. P. Kersche EINE KLEINE NACHTMUSIK Sterne, Grillen des Himmels, musizierten auf der Wiese der Nacht, als sie nahte, sie ging vorbei am brennenden Busch, hallte ihr Schritt im Tal des Mondes. Sie kam im Kleid, geflochten aus zierlichen Vogelstimmen, in Schuhen aus gläsernem Wind. Und sie zündete die Kerzen an und wandelte mich zum Kind. Gärtner, Wanderer. Ihre Stimme zitterte wie ein weilles Windröschen ihre Augen waren dunkler Safran mit Goldstaub und ihr Herz eine fliehende Schwalbe. II. J. Kirchhoff F.doard Kocbek: NÄCHTLICHER SPIELPLATZ einsam wandere ich durch verächtliche nächte stille durchdrang die grenzenlose finsternis ich ging in mich ein wie das ungeborene kind einer schwitzenden frau ich lief in leere richtungen und versteckte mich in tödlicher f u rcht in den trümmern des nichts erblickte ich die letzte Hoffnung dieser weit: erinnerungen un kindermarchen und das karussell ich umklammerte die achse der ewigkeit wie ein Seeräuber den untergehenden mast seines schiffes ich war erleichtert die todesfurcht hauchte wonnevolle liebesempfindungen in die gartenrose der errinnerungen die türangel der weit verschob sich leise und begleitete mich auf dem wege der erlösung nächtelang voller betäubungen W. Heiliger NÄCHTLICHER SPIELPLATZ Ich \erirrte mich in verworfene Nacht, Stille zerfiel zu abgrundtiefer Finsternis, ich stürzte in mich wie der Ungeborene in die noch nicht gekostete Frau. Und als ich rings ins Leere griff, um Rettung zu suchen in Todesangst, ertastete ich plötzlich in den Trümmern des Nichts den letzten Pfeiler der Welt, Erinnerung an ein Märchen, das warme und sichere Kinderkarussel. Ich hielt mich fest an der Achse der Ewigkeit wie der Seeräuber am sinkenden Mast. Und in diesem Moment ließ es nach, die Todesangst hauchte Liebe in das kleine Windrad der Erinnerung, und die alte Weltenangel verschob sich still und nahm mich mit auf den erlösenden Weg rund um Nacht und Taumel. K. D. Olof loan Minatti WIR SIND ALLEIN, PAPPEL Wir sind allein. Pappel, unter dem glasklaren Himmelsauge. Du — mit erhobenem Händen, Ich — mit ermüdetem Herzen, Du — einsam unter den Gräsern, Ich — fern von den Menschen. Himmel und Erde wiegst du in deinem Zweigen, Pappel, alle kleinen Geheimnisse der Verliebten, der Gräser und Wolken — mühelos umklammerst du leere Vogelnester. Schwarzer Nährboden war ich einst für das Saatkorn des Guten und Schönen, Pappel, doch versteinert ist mein Herz, versteinert sind meine Hände, zu schwer, zu dunkel, um zu liebkosen Kinder und Blumen. Die letzten Wandervögel fliegen davon. Durch uns ergießen sich steingraue Morgen und lichtvolle Abende. Hohl plätschert unseren Wurzeln der Schlund der Stille. ALLEIN SIND WIR, PAPPEL Allein sind wir, Pappel, unter dem glasigen Himmelsauge. Du — mit erhobenen Armen, ich — mit erschöpftem Herzen. Du — einsam unter Gräsern. Ich — fern von den Menschen. Himmel und Erde wiegst du in deinen Zweigen, Pappel, alle kleinen Geheimnisse der Verliebten, der Grashalme und Wolken — und kraftlos unklammerst du leere Nester; schwarze Erde war ich einst für das Saatkorn des Guten und des Schönen, Pappel, doch Stein ist mein Herz, Stein sind meine Arme, zu schwer, zu dunkel, um zu liebkosen Kind oder Blüte. Die letzten Vögel flüchten über unsern Köpfen. Durch uns ergießen sich graue Morgen, graue Abende, hohl gurget unter unsern Wurzeln der Schlund der Stille. ^ , I. ]. Broda Joie Udooič VERWIRF NICHTS verwirf nichts. da sich überall lebensžeichen verstecken: hinter der zerbröckelnden mauer. hinter der holzwand. hinter dem alten gemälde, im wasserlosen krug, hinter der tür der einsamkeit, im zerstörtem heim, unter dem aschenhaufen. unter dem toten körper des feuers, hinter der Schüchternheit, unter den tränen und hinter der schuld, unter der erhärteten handfläche. in den wortwurzeln, unter den steinen, in den wunden, in der bebenden angst, auf verlassenen wiesen, hinter einsamen büschen; irgendwo muß es noch eine verborgene Zuflucht geben. einen weichen mutterschoß, der nach gefieder und gedichten. nach burgunderrotem moos und mutterliebe riecht, wo eine neue gegenwärtigkeit entstent. UND TROTZDEM Und trotzdem verwirf nichts. Uberall verbergen sich Zeichen, sieh hinter die zerfressene Mauer, hinter die Holzwand, hinter das alte Bild, in den Krug ohne Wasser. hinter die Tür der Einsamkeit, in das zerstörte Heim. unter den Aschenhaufen, unter den toten Körper des Feuers. hinter die Scheu, hinter das Weinen und hinter die Schuld. unter die verhärtete Handfläche, unter die Wurzeln der Wörter. unter den Stein, in die Wunde, in die bebende Angst, auf die verlassenen Wiesen, hinter den einsamen Busch — irgendwo ist noch unbekannte Zuflucht verborgen. ein weicher Schott aus Gefieder und Gedichten. aus weichselfarbenem Moos und Atem. hier entsteht neue Gegenwärtigkeit. K. D. Olof POVZETEK Izhajajoč iz vprašanja, izpeljanega iz spremne besede h Kokotovim Die Totgeglaubten, in sicer koliko je posameznim prevajalcem uspel literarno veljaven prevod« iz slovenščine v nemščino, poskuša avtor s primerjalnim motrenjem prevodov podati nekaj sklepov s stališča podobe, ne da bi se pri tem potegoval za popolnost ali da bi si mogel ali hotel na zastavljeno vprašanje tudi odgovoriti. To s premislekom prepušča veščemu in fino čutečemu bralcu, ki s čustvom in razumom, s svojo predstavno silo in domišljijo vstopa v svet avtorjevih podob, se ob njih mudi, pri tem uveljavlja svoje lastne izkušnje in zase odkriva z užitkom in dobičkom avtorjeve intenzije. V tem smislu zainteresiranemu bralcu in poznavalskemu bralcu avtor po nekaj teoretičnih razlagah umetniškoslovstvene podobe poskuša podati tu natisnjene prevode izbranih pesmi Udoviča, Kocbeka in Minattija kot zgled, kako že kar ena sama beseda lahko spremeni celoto, ker je pač že pomembno, npr., če se v Udovičevem ■Kahler Hügel« o hiši reče, da je »verfallend« ali »abgerissen«, ali če se v Minat-tijevi pesmi »Allein sind wir, Pappel« o nebesnem očesu reče. da je »glasklar« ali »glasig«, in za večer, da je »lichtvoll« ali »grau«. Ob nekaterih primerih avtor skuša obširneje prikazati, da pomenita bogastvo in lepota slovenske lirike izziv in zahtevek obenem, če ju skušamo prevesti v druge jezike in tedaj zadostiti še eni vlogi literature, tj. da prispeva k sporazumevanju med ljudmi.