MITTHEILUNGEN d e s historischen Vereines für Krain im October 18»». Redigirt vom Dr. W. I\ 14 In n. Vereins-Sccretär und Geschäftsleiter k. tc. Beiträge zur Lösung der Preisfrage des Durchlauchtigsten Erzherzogs Johann, über Jnnerösterreichs Geschichte und Geographie im Mittelalter, insonderheit der w i n d i s ch c «r Mark. (Fortsetzung.) icser weigerte sich aber, weil in Carinula (Kleinkärnten, Carniolia?) ein Aufstand ausgebrochen sei; doch schickte er nach gepflogenem Rathe den Priester Latinus. (Sin neuer Aufstand, und dieser Latinus ging zurück. Nachdem aber Carinula*) beruhigt war, schickte Bischof Virgil wieder einen Priester, den Medalhod**) (Medalhoh liest P. Eichhorn), und nach diesem de» War mann. Nach Kethumars Tode war in den darauf folgenden Unruhen einige Jahre gar kein Priester in Karantanien , bis der neue Herzog Walinch (Waldung, Walchun, Waldkönig) sich von Virgil neuerdings Priester erbat, der ihm denn auch die Priester Hi emo, Reginbald, den Diacon Majoran und andere Cleriker schickte (769). Daß dieser Waldung den Winden vom Baier-herzoge aufgedrungen worden, steht zwar nirgends geschrieben, aber ein wenig historische Combinationsgabe läßt es vermuthen. Daß ein allgemeiner und zwar im östlichsten Theile Karantaniens zuerst entglommener Aufstand des Christenthums wegen zweimal stattgefunden, ist schon aus dem Anonymus zu entnehmen. Was mochte wohl die Ursache sein? Der Glaube allein? Keineswegs; im Gegentheile dürfte es dem gemeinen Karantanerslaven wohl zugesagt haben, wenn er *) I änderbar! Linhart, der sonst Alles und aus allen Ecken zusammensucht, was auf Krain nur die entfernteste Beziehung hat, geht über diese zweimalige Empörung in ^Carinula mit einem Querstriche hinweg! Aber ist Carinnl, wirklich das heutige Krain, warum dieß verschweigen? **) Das klingt slavisch. von den viehischen Ausschweifungen der Avalen befreit, unter fränkischem Schutze nach den Gesetzen des Christenthums behandelt wurde. Aber das heidnische Priesterthum, seines Ansehens beraubt, die Zupane, diese mächtigen Demagogen der Slaven, dürften unter der Herrschaft eines christlichen, von den Deutschen beschützten Herzogs nicht ihre Rechnung gefunden haben. — Von einem slavischen Adel nach fränkischen Begriffen kann gar keine Rede sein. Aber, die neuen christlichen Kn e-zen mit ihrem mächtigen Einflüsse auf das getaufte Volk, mit ihren Zehenten und Sporteln, diese waren der Stein des Anstoßes, dort am meisten, wo, ob der Entfernung von Salzburg und Karnburg, ein etwas freierer Geist waltete. Baierns Tassillo fand hier in dem aufgewiegelten Karanta-nien die schönste Gelegenheit zur Erweiterung seines Herzogthums; obendrein galt es der Beschützung des christlichen Glaubens. — Mit den allerwestlichsten Winden an der Enns und in Tirol wurde der Anfang gemacht. Die dreißig slavischen Familien nach Kremsmünster geschenkt, die Zehenten des Bischofs von Freysingen int Lurnfelde, das an denselben Bischof geschenkte Jnnichen, Windisch-Matray und die Windischen Tauern (770) dürften den Karantanci-Slaven , besonders den Zupaneil und Götzenpriestern, zu Genüge die Augen geöffnet haben über das künftige Schicksal ihres Landes. Darum der allgemeine Aufstand, und so die allgemeine Unterjochung, die in der That um so leichter dürste gewesen sein, als daS Land in Parteien getheilt, überall offen, und nirgends eine geordnete Gegenwehr unter einem erfahrenen Woywoden zu finden war. Unter solchen Umständen erscheint ein eingeborner Herzog von dem Sieger gesetzt, noch als eine große Gnade, und wenn sich der gemeine Winde seine Huldigung durch eine für den neuen Herzog demüthigende Ceremonie bezahlen ließ, so beweisen die Privilegien der Gradeneker, der Räuber, Pottendorfer und Mord are nicht, wie es scheint, die Macht des damaligen »'indischen Adels (denn der Slave, es kann nicht genug wiederholt werden, kannte unter sich keinen Adel in jenen Zeiten), sondern sie beurkunden, wie es bei der. Eroberung Karantaniens zugegangen, bis sich die Winden wieder einen Herzog gefallen ließen, der den rechten Glauben hatte. Der wahre Glaube war die Bedingung, unter welcher Karantanien Friede und einen selbstgcwählten, von Tassilo, im Namen de-S allgemeinen Franken- fund gar bald auch Langobarden-) Herrschers bestätigten Herzog bekam, der wahre Glaube, und Alles, was in seinem Gefolge war, wie die häufigen Kirchenguter in Jnnerösterreich beweisen. — Was Ing» o spater mit der Oppositionspartei des christlichen Glaubens, mit den noch immer heidnisch gesinnten Götzenpriestern, VolkSältestcn, Zupanen, Wladiken gethan, beweiset durchaus keinen Adel nach fränkischen Begriffen, obwohl nicht zu läugnen ist, daß die reicheren und angeseheneren Slaven nach diesem Vorzüge möge» lüstern gewesen sein. Uebrigens demct schon der Name dieses neuen karantanischen Herzogs Walchun, Waldung, Waldkönig, das Verhältniß an, in welchem er zu Baiern oder vielmehr zu Franken stand. Er wurde des fränkischen Königs Hof- oder Erzjägermeister. Der noch immer nicht ganz enträthselte heil. D o m i-tian dürfte aus einem fränkisch- oder baier'schen Ritter ein karantanischer Bischof geworden sein (zur selben Zeit), und nach fränkischer Eroberungsart damit seine Belohnung für geleistete Dienste erhalten haben, wenn er nicht gar schon vorher Bischof, die Macht des Salzburger Stiftes gegen die rebellischen Slaven geführt, und sich dergestalt seine Diöees, oder doch das Recht, zu christianisiren, selbst erobern half. Denn seit dieser Katastrophe häufen sich die Salzburg'schcn Geistlichen in Karantanien. „Nicht lange hernach ersuchte er (Waldung) und erhielt wieder obbenannten Hi emo, Dupli ter us und Majoran, Priester, »ebst andern*) Ein anders Mal schickte der Bischof von Salzburg den Priester Gotzar (der war schon einmal da), Majoran (der auch), Erchenbert, »ach ihnen den Regenbald und Reginhard, endlich den Majoran und Augustin, und nochmals den Regenbald und Gotzar oder Gothar. Und dieß geschah, während Virgi-lius Bischof war (also bis 784}.« Unterdessen hatte Carl der Große das longobardische Reich im I. 772 über den Hansen geworfen; ihm gehörten nun auch jene Slaven, die sonst »ach Friaul den Tribut bezahlten. Mit der Absetzung Tassilo's hörte die Herzogswürde für Baiern ganz auf. — Grasen verwalteten sie. Doch gab es damals noch keine »'indische Mark; wohl aber ein Krain, daS aber jetzt mit Unrecht also hieß; denn die slavischen Granzer saßen zu Jnnichen, Windisch-Matrei und Windisch-Garsten. Ursprüngliche Wohnsitze der Slaven und Colonisation durch sie (von Carl dem Großen häufig *) Dir Diacoii Majoran war unterdessen vollends ausgeweißt worden. Scheint ei nicht, als wenn diese Geistlichen nur jährlich zu den hohen Feste» in das Land geschickt wurden, um den Gläubigen die heil, Sacramentc auszutheilen, und daß sie dann wieder nach Hause gingen? Für gar so sicher dursten sich diese Apostel wirklich noch nicht halten. versucht, so wie mit Sachsen imb Franken) müssen jedoch stets unterschieden werden, und sind doch oft sehr schwer zu unterscheiden. §. 7. Nach dem Heereszuge Pipius wiver die Avaren (796) gehörten das windische Land zwischen der Drau und Save, ferner Krain, b. h. das Land zwischen dem Karst, zwischen Karantanien im engeren Sinne, und Croatien zur italischen Ostmark (Austria Ilaliae) oder zum H e r zogt h u m Fr iau l, welches auch Istrien, das fränkische Dalmatien und Croatien in sich begriff. Der Herzog war jener tapfere Heinrich oder Erich, welcher zugleich mit dem slavischen Woywoden W on i mir oder Bojno mir dem Avarenrciche das Ende machen half*). In diesem Herzogthuine nun ist die »'indische Mark enthalten. Weil aber weder Friaul int engeren Sinne, noch Karantanien, noch Croatien, Dalmatien unv Istrien die wiu-Lischc Mark sein können, so muß sich dieselbe aus jenen Landstrichen bilden, welche zwischen Friaul, den Avaren und Karantanien in der Mitte lagen, und da durfte denn wohl das zwischen Drau und Save, Save und Culpa gelegene Land für's erste als »'indische Mark anzunehmen sein, bis diese im Verlaufe der Zeit deutlicher hervortritt. Uebrigens darf nicht vergessen werden, was Joan; Lucius schreibt, Carl der Große habe Liburnien zugleich mit den Pannonien an sich gebracht, Carolum Liburniam quoque simul cum Paiinoniis acquisivisse. (Unter Liburnien soll das fränkische Croatien mitbegriffe» sein.) Gleichwie in Oberpannonien die Gränzgrafen noch manchen Aufstand der unterjochten Slaven niederzukämpfen hatten, wie denn auch der Gränzgraf Gerold bei einem solchen Zuge gegen die Rebellen umkam, also fehlte es auch in Liburnien, Dalmatien und Croatien nicht an freiheitliebenden Slaven, welche lieber ganz unabhängig geblieben wären, oder doch wenigstens der griechischen Herrschaft anzngehören wünschte», und bei deren Bekämpfung 799 Herzog Erich, dieser tapfere, siegreiche Gränzhüter, fein Leben verlor **). Carl der Große erhielt diese Trauerbotschaft zu Aachen, und brach sogleich auf, um die treulosen Beivohner von Ter-satica, einer alten liburnischen Stadt unweit Fiume, für diesen Mord zu bestrafe»***); ein sicherer Beweis, daß ihm die Behauptking der Gränze gegen Byzanz in diesen Gegenden am Herzen lag. Er ernannte de» Ca doloch zum Her- *) Scheinleben Carniol. autiq. et nova ad aim. 797. Frcih, von Valvasor's Ehre des Herzogthums Krain. A. X. Joannes Luc. de regno Dahn, et Croat, c. i5, **) Eginhard bei Luc. Dahn, in Schwandtneri Script, rer. Hungar. c. iS. pag. 81. Die Ermordung dieses Herzogs wird von Einigen, wie z. B. von Sigbert, seinen eigenen Leuten, von Andern den Bürger» von Tersatica zugeschrieben. ***} Sigon. bei Luc. 1, c. Carolus in 11 alia in digressus , recto itincre Liburniam properavit, ibi nex Hcnrici , inerito sumto de Tersaticensibus supplicio vindicata etc. jog von Friaul, und setzte sodann seine Reise nach Rom fort, wo er zu Weihnachten die Kaiserkrone empfing (800)*). In kirchlicher Hinsicht gehörte alles Land zwischen dem adriatischen Meere und der Dran schon seit der Römerzeit unter Agnileja, dessen Patriarchen aber bis auf Paulin schwerlich viel Missionare unter die Winden geschickt haben durften. Den Patriarchen Paulin aber schätzte Alcuin, und wechselte mit ihm Briefe. I» einem derselben ermahnt Alcuin den Patriarchen zu frommer und lo b en sw ür d i g er Arbeit im Weinberge des Herrn, und zur Ver-mehrung des Dienstes Christi: „er befinde sich in der Nachbarschaft und besitze den Glanz der Weisheit**)." Daß der thätige, für den Glauben eifernde Patriarch bem Wunsche des Kaisers und Alcuin's entsprochen, besonders da er an beut Salzburger Bischöfe Arno einen großen Rivalen hatte, unterliegt keinem Zweifel. Es fehlte auch nicht an Aufmunterung von Seiten des Kaisers; denn der Rechtsgc-lehrte Candidus schreibt in seinen aquileja'schen Covimen-tnrien: „Paulinus wurde von Carl deut Großen sehr gütig aufgenommen, und erhielt von ihm herrliche Freiheiten, eine Menge Dörfer und Patronate in F riaul, Istrien und Noricum***)." Wie aber die Bekehrung der Slaven von Aquileja aus geschah, in slavischer oder lateinischer Sprache, docemlo sive cogrndo, darüber dürfte es schwer sein, Auskunft zu geben. Der friaulische Herzog Cadoloch soll eine weit ausgedehnte Wirksamkeit gehabt haben. Ist den krainischen Geschichtschreibern, Schönleben, Valvasor und dem Dalmatiner, Lucius, zu trauen, so war er Granzherzog über Friaul, Ka-rantanien (Ober- und Untersteier, tvas aber Casar widerspricht), Krain, Istrien, Dalmatien, Liburnien, Croatien und Slavonien. Aber wie laßt sich diese großmächtige Gränzgraf-schaft mit den Grundsätzen Carls des Großen vereinigen, der solche Massen durchaus nicht leiden mochte? Bedurfte es ettva in dieser Gegend noch einer mächtigen Granzntark, theils zur Niederhaltung der noch keineswegs ganz verläßlichen Slaven, theils zur Sicherheit der Gränze wider Byzanz? Da unter dent friaulischett Herzoge noch eine Menge theils slavischer, theils fränkischer Herzoge standen, so scheint es hier fränkische Politik gefordert zu habe», daß ein *) Idein. Cudulocus dux Forojulionsibus datus. Schönlebcn und Valvasor 1. c. **) De Rubels pag. 36g. Sicht auch P. Eichhorn's Beiträgt u. s. tv. S. 123. ***) Joan. Caudidi Juris Consulti Commentariorum Aquilejen-sium 1. IV. A epio clcmcntissime exccplus muuificentissima retnlit privilegia. Eidern enim mnitos pagos et jurisdictiones in loro julio, in Istria et Noricis concessit. Palladius schreibt cbcusalls! Sandi Paulini praeclara gesta tam multa extitermit ut Aquilcjensis Ecclesia praeter disciplinam suam prae ciptie amplitudiuem iJlius apud Ca-roliiin Imp. auctoritati dcbcat. Ob das Diplom echt ist, wodurch der Kaiser (bei Paliad.) dem Patriarchen sechs Bischöfe unterwirft, bezweifelt Schönlebcn. Land mit Hilfe des andern, ein Herzog mit Hilfe des zweiten int Zaum gehalten wurden. Wirklich liest man in dem Anonymus de convers. Garant, eine Menge theils slavischer, theils fränkischer Herzogsnamen, welche darauf hindeuten. — Es dürfte hier der schicklichste Ort sein, die Gränzen des neuerweckten occidentalischen und des alten orientalischen Kaiser-thumes auszumitteln, indem gezeigt wird, wie weit sich die Gerichtsbarkeit des friaulischen Herzogs nach Often hin erstreckte, und wie weit in späteren Zeiten die fränkischen Waffen vorgedrungen sind. Niemand kann hierin zu einem besseren Wegweiser dienen, als Joan. Lucius*). Er gesteht und bedauert zwar selbst, daß die Byzantiner hievon nichts berichten, aber er stellt die Sache so ziemlich in's Klare. Seitdem Pipin den Venetianern also zusetzte, daß sie ahnen konnten, das adriatische Meer, ihr Element, werde ganz in fränkische Gewalt kommen, erforderte es ihr Vortheil, sich an das fränkische Interesse anzuschließen und den byzantinischen Schutz zu verlassen. Die fränkischen Krieger drangen von Liburnien aus immer tiefer in das Land der Slaven ein, und Cadoloch dürfte wohl eben deßwegen am kaiserlichen Hose so gut gelitten gewesen sein. Die Eroberungen gegen Südosten unter den freien Slaven wurde demnach seit 800 immer weiter fortgesetzt, so daß selbst die dalmatinischen Seestädte, welche bisher byzantinischen Schutz genossen hatten, die Nothwendigkeit erkannten, sich auf die Seite des occidentalischen Kaisers zu schlagen. Also lesen wir r daß 806, und zwar zu Anfang des Jahres, Willarius und Beatus, Herzoge von Venedig, Paulus von Jadera (Zara) sammt dem Bischöfe daselbst, Donatus, als dalmatinische Gesandte in die Gegenwart des Kaisers mit Geschenken gekommen seien**). Diese Gesandtschaft wird um so begreisticher, wenn man bald darauf liest, daß zur selben Zeit oder kurz vorher eine byzantinische Flotte vom Kaiser Nicephorus unter dem Befehle des Patricius Ničeta ausgesendet wurde, und im adriatischen Meere erschien, um Dalmatien wieder unter *) h. c. observandum est , Eginhardum ct ex eo Sigoninm nominate provincias eo modo, schof, wie die Karantaner, aber doch italienische Vicarien. Dieß ist weltkundig; dieß beweisen die ältesten krainischen Pfründen mit ehemals aquilejischem, nun kaiserlichem Patronate. §. 8. Der Tod Carls des Großen 814 änderte in diesen Gegenden gewaltig die Gestalt der Dinge. Der allgemein geehrte und zugleich gefürchtete Kaiser war nicht mehr; das Ruder eines ungeheueren Staates führte ein schwacher Fürst; Aufmunterung genug für die slavischen Völkerschaften in Osten zum Auf- und Widerstände. Ludwig der Fromme sah noch auf dem große» Hostage zu Paderborn 815 die Fürsten der Ostslaven in Demuth um seinen Thron versammelt. Aber es sollten ihm bald betrübte Nachrichten aus den Gegenden der Save einlaufen. Schon 817, als er nach Aachen kam, fand er eine byzantinische Gesandtschaft von Kaiser Leo, dem Armenier, an deren Spitze sich ein gewisser Nicephorus befand, und zwar in dalmatischen Angelegenheiten. Die Unbestimmtheit der Gränze gegen Südosten hatte die fränkischen Slaven (Croa-ten und Dalmatiner) und die romanischen (die unter byzantinischer Hoheit standen) so unter einander gebracht, daß es einer eigenen Gesandtschaft bedurfte, um die Sachen auszugleichen. — Hätte Pipin, dem die Ortsverhältnisse wohl bekannt waren, noch gelebt, so wäre die Sache bald entschieden gewesen; aber Ludwig dem Frommen war der ganze Streit zu verwickelt. Er verwies daher die Gesandtschaft zur Geduld, bis Cadoloch, der Herzog von Friaul, am Hoflager einträfe, dem die Sachen nothwendig bekannt sein mußten. Aber selbst als dieser erschien, konnte der Handel zu Aachen nicht beigelegt werden, sondern der Kaiser befahl, den Streit an Ort und Stelle, und zwar durch eine Commission zn schlichten, welche zusammengesetzt war aus dem byzantinischen Gesandten, aus dem Herzoge von Friaul, Cadoloch, und einem gewissen Albigarius, einem Enkel oder Neffen Unroch's, wahrscheinlich des ehemaligen Herzogs Heinrich oder Erich von Friaul*). Damals war ein gewisser Ljudevit**) als Woywod über die Slaven zwischen der Save und Drau gesetzt, ein *) Eginhard 1, c. und der Biograph Ludwig des Fromme». **) So dürfte er am richtigsten geschrieben sein, und so hat der 91min selbst eine Bedeutung. Die Verehrung des heil. Veit unter kn Slaven ist allgemein bekannt. Er galt für einen besonderen n Mner, ehrgeiziger, freiheitliebender Fürst. Die fränkischen j Sache zurückkehrte*).« Hütte man sich auf die Slaven in Annalisten schreiben freilich nicht viel Gutes von ihm, aber das ist begreiflich. — Seine Woywodschaft gehörte mit zu den Landern, welche dem Herzog Cadoloch von Friaul untergeordnet waren. Dieser Ljudevit liefert seit Samo wie-derum das erste Beispiel eines großen Slavcnbnudes, und zwar dießmal zur Abwerfung der fränkischen Hoheit; er ist gleichsam der Vorläufer jenes furchtbaren Swatopluk, der später alle West- und Südslaven unter seinem Scepter vereinigte, und den deutschen Thron zittern machte. Wahrscheinlich besorgte Ljudevit eine Beschränkung seines Gebietes durch Cadoloch, oder hatte er sie vielleicht schon erfahren, oder er besorgte durch irgend einen italienischen oder fränkischen Grafen verdrängt zu werden; für jeden Fall aber mochte die neue Ordnung der Dinge den Slaven zwischen der Kulp und Drau eben so wenig anstehen, als den Karan-tanerslaven nach Kethumars Tode. Kurz, er schickte seine Gesandten an Ludwig den Frommen nach Heristall mit Beschwerden über Bedrückungen und Grausamkeiten des friauli-schen Herzogs Cadoloch im J. 818. Damals waren eben auch die Gesandten des slavischen Fürsten Borna, welcher über die Guduscaner und Slaven am Tim ok herrschte, der von den Bulgaren sich so eben getrennt hatte und zu den Franken übergegangen war (wofür ihm Cadoloch, zu Ljudevits Berdrnffe, Dalmatien zugeordnet hat), bei dem Kaiser angelangt, um demselben im Namen ihres Herrn zu huldigen* *). Der Kaiser konnte unmöglich seinen Herzog Cadoloch, der so eben diesen Borna sammt dessen Völkern auf fränkische Seite gebracht hatte, abwesend und auf eine verdächtige Klage hin verdammen; er würde dadurch die slavischen Woywoden so keck gemacht haben, daß sie am Ende gegen jeden kaiserlichen Markgrafen Klage geführt hätten, der ihnen nicht in Allem zu Willen sein wollte. Ljudevit wurde demnach mit seiner Klage abgewiesen, und da er allerdings Ursache zu fürchten hatte, Cadoloch werde an ihm Rache nehmen, so glaubte er nichts anderes übrig zu haben, als vom Gehorsame gegen ihn und den Kaiser abzufallen, und sein Heil in den Waffen zu suchen. Unternehmend, herrschsüchtig, wie alle Rebellen, sah er wohl ein, daß er bald würde unterliegen müssen, wenn er nicht die benachbarten Slaven auf seine Seite brächte. Demnach wendete er Alles an, das Volk nicht bloß in Slavonien, sondern auch in Croatien, in Krain und Kärnten für sich zu gewinnen, stellte sich an die Spitze, und hoffte Gewalt mit Gewalt zu vertreiben. Den Beweis dafür liefert die Stelle in den Fuldenser Jahrbüchern: „Gegen Liudevit, einen rebellischen Slaven in Pannonien, wurde ein Heer aus Italien gesendet, das aber nicht sehr glücklich, fast unverrichteter Schutzhciligcn ber Nation. Könnte man demnach nicht vielleicht Ljudevit als Volksbefchützer, Volkshcld verdeutschen, so wie man Ludmilla mit VolkSfrcundin oder Mcnfchcn-frcundin übersetzt? *) Eginhard und der Biograph Ludwigs des Frommen bei Joan. Lucius, der hierüber sehr unterrichtend ist. Kärnten, Krain und Croatien verlassen können, so würde Cadoloch mit diesen allein den Rebellen leicht bezwungen und keines italienischen Heeres bedurft haben, besonders da der Woywode Borna von Dalmatien her die fränkische Sache vertheidigte. Ljudevit hatte also gegen dieses italische Heer den Sieg davon getragen, und ließ dem Kaiser durch Gesandte einen Frieden anbieten, dessen Bedingungen ziemlich hochgestellt sein mochten, weil sie der Kaiser nicht annahm, und durch seine Gesandten andere vorschlug. Diese aber wollte Ljudevit nicht annehmen (er war vom Glücke aufgeblasen, schreibt Anselm) **), und wiegelte neuerdings die Nachbarvölker zum Kriege auf. Also brachte er die Timotianer (Slaven am Timok), welche unlängst sammt dem Herzoge Borna von den Bulgaren, und somit auch von Byzanz abgefallen waren, durch Ueberredung von der fränkischen auf seine Seite. Da er von Cadoloch, welcher auf dem Rückwege aus Pannonien von einem Fieber befallen, wahrscheinlich in dem heutigen Krain starb***), nichts mehr zu besorgen hatte, so drang Ljudevit, dem linken Drauufer folgend, gegen Karantanien vor. Allein Baldcrich, der Herzog von Karantanien und Krain (Oberkrain), der nach Cadoloch's Tode den Oberbefehl über die friaulisch - italienische Armee übernommen hatte, setzte sich ihm mit geringen Streitkräften entgegen, schlug ihn, nöthigte ihn, nach bedeutendem Verluste Karantanien zu verlassen, und wendete somit den gänzlichen Abfall dieser Provinz glücklich ab. Jetzt kehrte Ljudevit seine ganze Macht nach Süden gegen den Herzog Borna, der mit einem ansehnlichen Heere an der Knlpa stand. Gleich in dem ersten Gefechte verließen die Guduscaner ihren Woywod, und gingen zu Ljudevit über. Borna gericth dadurch in solche Gefahr, daß er zur Noth unter dem Schutze seiner Leibwache ans der Schlacht entkam. Aber Ljudevit hatte einen wichtigen Bundesgenossen an Dragomasus, dem Schwager des Borna, verloren; dieser war nämlich gleichs anfangs, als er die Guduscaner von Borna wegführte, tin Treffen geblieben. Das mag wohl auch die Ursache sein, warum die Letzteren, als sie kaum nach Hause gekommen waren, sich neuerdings dem Borna unterwarfen. Obgleich es schon spät im Jahre war (819 tin December) , so fiel Ljudevit dennoch mit einem ansehnlichen Heere Pannonier, d. h. Slavonier, zwischen der Drau und Save in Dalmatien ein, und verwüstete alles mit Feuer und Schwert. Borna, solcher Uebermacht nicht gewachsen, schloß seine ganze Habe in feste Plätze ein, und beunruhigte mit einer ausgewählten Schaar das Heer LjndevitS auf allen Seiten bei Tag *) Annul, knick, bei Seli o uh I: u pag. 4uß **) Ibid. ***) Ibid. Dux Forojuliensis sebi e e>.n i plus in ipsa Marclia (Vinidorum scilicet) ducessit. und Bei Nacht, bis dieser nach manchem Verluste sich genöthigt sah, Dalmatien zu verlassen. Borna hatte ihm gegen 3000 Menschen getödtet, 300 Pferde und viele Beute aller Art abgenommen. Alles dieses berichtete er dem Kaiser*). Ljudevit wendete sich hieraus aus Liburnien durch Krain nach Kärnten **). Auf einem hohen Berge zwischen der Drau und Save baute er eine Festung, die ihm sichere Zuflucht gewähren sollte. Der Kaiser aber hielt zu Aachen eine Versanimlung seiner Großen, darin man sich über den Abfall Ljudevits und über die Mittel, ihn zu bestrafen, berathschlagte. Man beschloß, mit drei Heeren von drei verschiedenen Seiten den Rebellen anzugreifen; Borna selbst erschien beim Kaiser, um sein Gutachten über den bevorstehenden Feldzug abzugeben. Als demnach der Frühling so weit vorgerückt war, daß er das nöthige Futter für das Zugvieh darbot, setzten sich die drei Heere gegen Ljudevit in Marsch***). Das eine aus Italien nahm seinen Weg über die julischen Alpen, das andere durch Karantanien, das dritte durch Baiern und Oberpannonien. Das erste bildete gleichsam den rechten Flügel, und hatte zur Bedeckung seiner Flanke den Herzog Borna mit seinen Dalmatiern. Das dritte bildete den linken Flügel; das zweite, aus Karantanien vordringende, das Centrum. Die Heere konnten sich aber nicht sogleich vereinigen; denn Ljudevit hatte die Pässe über die julischen Alpen wohl besetzt, und das italienische Heer mußte sich mit Gewalt den Weg bahnen. Die Nordarmee, bestehend aus Sachsen, Franken, Alemannen und Baiern, hatte einen weiten Umweg zu nehmen, und konnte nicht ohne Widerstand über die Dran setzen. Demnach gewann das mittlere Heer, das durch Kärnten eindrang, einen bedeutenden Vorsprung, und obwohl es an drei Orten Widerstand fand, bewegte es sich dennoch vorwärts, setzte über die Drau, und langte in der Gegend a», wo sich Ljudevit aushielt. Dieser rührte sich nicht ans seiner Burg, die, auf einem rauhen Berge, jedem Angriff trotzte; sondern hielt sich mit den ©einige» ruhig, ja er schickte nicht einmal einen Gesandten, um zu unterhandeln. Ohne den geringsten Widerstand konnten sich die drei fränkischen Heere vereinigen; ohne den geringsten Verlust verwüsteten sie die Gegend rings umher mit Feuer und Schwert, und kehrten sodann in ihre Heimat zurück- Nur von der Nordarmee, als sie wieder über die Drau setzen mußte, ging ein großer Theil an Kolik und Abweichen, Folgen der Erkühlung und feuchten Luft, zu Grunde, weil die ausgetretenen Gewässer die Gegend sehr ungesund machten. Die unmittelbare Folge dieses Feldzuges war, daß sich die Krainer (Carniolcnses, das erste Mal, daß sie unter diesem Namen vorkommen), welche an der Save wohnten, dem Herzoge Balderich von Friaul unterwarfen. Ihrem Beispiele folgte auch jener Theil der Karantaner, der von der frän- *) Adelmus bei Schöntebcn 1. c, **) Schönleben zum Jahre 830. ***) Den ganzen Feldzug erzählt Adamar von Anselm, der Fortsetzer des Haimo. Schönleben S. 407 citirt ihn wörtlich. kischen Herrschaft abgefallen war und sich zu Ljudevit geschlagen hatte. Hiermit war die Sache aber noch keineswegs beendigt. Als die Armeen sich entfernt hatten, trieb Ljudevit sein altes Wesen, so daß man zu Aachen im Februar 821 neuerdings, aber dießmal einen Sommerfeldzug in diese Gegenden zu thun beschloß. Ljudevit hatte nämlich in diesem Jahre seinen gefährlichen Nachbar, den Herzog Borna, verloren, an dessen Stelle der Kaiser den Sohn oder Neffen des Verstorbenen, den Ladislaus, ernannte. Dem slavischen Rebellen fehlte es auch dießmal nicht an fremder Unterstützung. Der Patriarch For-tunatus von Gradns wurde durch den Priester Tiberius beim Kaiser Ludwig verklagt, daß er den Ljudevit zur Beharrlichkeit im Widerstande gegen die Franken aufmuntere, daß er ihm Handwer'ksleute und Kunstverständige zur Befestigung seiner Burgen zukommen lasse. Als hierauf Fortunatus nach Hofe ritirt wurde, flmulirte er Gehorsam, schiffte nach Istrien und von da nach Jadera zum Präfecten Johannes, der ihn nach Constantinopel beförderte*). Der neue Feldzug gegen die windische Mark dauerte drei Monate; die ganze Gegend wurde verwüstet, und die Krieger gingen nach Hause. Diese Verwüstungen brachten das windische Volk zwischen der Drau und Save zur Besinnung; es ließ die Sache seines Volkshelden fallen, so wie die Oberkrainer schon voriges Jahr gethan, und unter die sriaulische Herrschaft zurückgekehrt waren. Nur in Unterkrain gegen Siffek (Siscia) war Ljudevit noch mächtig und bedrohte Bornas Nachfolger, den Woywoden Ladislaus in Dalmatien. Darum mußte »och ein dritter Feldzug von Italien aus gegen Ljudevit unternommen werden (822). Kanin erfuhr dieser den Anmarsch der Franken, als er zu den Serbliern (Serviern) entfloh. Hier wurde er von einem Woywoden gastfreundlich aufgenommen, den er aber mcuchelmörderisch umbrachte. Er bemächtigte sich darauf der höchsten Gewalt in diesem Orte, und schickte Bot-'chaft au den Kaiser, daß er kommen und sich ihm unterwerfen wolle. Es scheint, daß er sich bei den Serviern ob seiner ruchlosen That nicht mehr sicher glaubte, und daß er durch diese Gesandtschaft des Kaisers Gnade ansuchte. Vielleicht begab er sich in Erwartung dieser Gnade aus dem Lande der Serblier nach Dalmatien zum Herzoge Ljudemisl, einem Vetter des Borna und Anhänger der Franken (823). Dieser entweder um dem Kaiser einen Gefallen zu thun, oder um Rache zu nehmen wegen des vor zwei Jahren verwüsteten Landes, erschlug den Ljudevit und meldete die That dem Kaiser. *) Eginhard in Annal. ad ann. 821 bei Joan Luc. 1. c. pag. 88, und Schönleben zum Jahre 821. DaS ist der klarste Beweis, daß Ljudevit von Byzanz her, und sei tS auch nur durch die griechischen Städte, in Dalmatien und Istrien unterstützt wurde. Der Patriarch von G r a d u s wurde damals als ein schism a tisch er eben so von Byzanz beschützt, wieder aqu i leji sch e von den Franken. Es wußte aber auch die • fränkische Partei in Friaul damals nicht, sollte sic cS mit Bernhard oder mit Lothar halten? Als jener geopfert war, machte Lothar wieder Partei gegen den eigenen Vater, der 819 nochmals sich vermält hatte. Der gefährliche Maim, der Trost und die Hoffnung der Unruhigen und Unzufriedenen in dieser Gegend, war nicht mehr, der Rest der heidnischen Opposition verkroch sich in die Schlupfwinkel, die windische Mark blieb eine fränkische Provinz. Nach hergestellter Rnhe fanden stch auch die christlichen Missionäre wieder ein, und das Christenthum griff immer weiter um sich. Also lesen wir, daß in Karantanien nach Theodorichs, deö windischen Slaven-Bischoss, Tode ein anderer, mens Otto, dessen Stelle besetzte. Kaiser Ludwig verstattete diesem Chorbischos, jeden Nichtsreien (mancipium), der sich taufen ließ, in den Stand der Freien zu setzen *)• Aber auch in Croatien und Dalmatien war viel für das Christenthum geschehen. Nicht nur die den Franken unter« thänige» Herzoge, das ganze Croatien war getauft **). Die dalmatische Geistlichkeit (römischer Kirche) wetteiferte in dieser Hinsicht mit der salzbnrg'schen, und wenn Kaiser Ludwig 831 den 19. Juni der salzburger Kirche eine Colonie am Zusammenflüsse der Kurriza und Gurk schenkte, so waren die Herzoge von Croatien zu jener nicht weniger freigebig; denn ein gewisser Woywod Tirpimir stiftete zugleich mit seinen Znpanen 838 ein Kloster, und überließ der Kirche von Salona dafür, daß der Erzbischof Peter 11 Pfund Silber hergeliehen, um die nöthigen Kirchengeräthschasten für das Kloster machen zu lassen, mehrere Güter. Die Urkunde ist aus Wichacz (Biaczi) datirt, und bei acht Zupane, nebst anderen Großen, sind unterschrieben ***). Man sieht daraus, daß die Herzoge von Croatien schon damals einen wohlgeordneten Hof hielten. Es kommen in diesem Stistsbriefe ein Kämmerer und Caplane, vermuthlich Hosraplane, vor. Man schließt aber auch nicht mit Unrecht daraus, daß der Herzog ohne seine Zupane nichts verschenken konnte; denn diese werden als Mitstifter des Klosters genannt. Vergleichen wir das bisher Erzählte mit den Nachrichten, welche Const. Porphyr, über die Croaten gibt, so sieht man deutlich, daß jener Porinus, unter welchem die Chrobaten die Taufe von Rom begehrten, kein anderer sei, als der Herzog Borna bei den abendländischen Schriftstellern, und man wird demnach alle Ursache haben, Mißtrauen in das gute Gedächtniß der kaiserlichen Historiographen zu setzen, da Strittcr diesen Porinus zwischen 610 und 641 verzeichnet, wo hingegen Borna bei den Abendländern erst 818 erscheint. Die Folgezeit wird noch mehr derlei chronologische Irrthümer aufdecken. Aus dem Erzählten ergibt sich aber auch zum Theil die Ansicht vo» der östlichen Ausdehnung der fränkischen Herrschaft. Ein flüchtiger Blick auf die Karte lehret, daß Borna, wenn er über die Slaven am Timok herrschte, der nächste Nachbar der Bulgaren war. Für ihn war von Byzanz her kein Bortheil zu hoffen; im Gegentheile sah er seine Unabhängigkeit durch die Bulgaren, diese alten Freunde des griechischen *) Anonym, de Conv. Garant, und P. Eichhorn'S Beiträge S. 133. **) Const. Porph. de Croat, apud Strittcr in Croat,, et apud Joan. Luc. de regno Croat, et Dalmat. ***) Siehe die Urkunde bei Joan. Luc. ;>ag. 99. Kaisers, in Servien bedroht. Darum mußten ihm Schutz und Bündniß der in seiner Nachbarschaft mächtig gewordenen Franken sehr erwünscht, und die Vermehrung seiner Macht durch die ihm zugewiesenen dalmatiner Slaven sehr willkommen sein. Dagegen rechnete Ljudevit, als er sich empörte, mit Sicherheit auf den Beistand Borna's; als er sich aber in ihm getäuscht fand, war kein anderes Mittel, als sich an Byzanz anzuschließen und mit den Vulgaren gemeine Sache gegen Borna und die Franken zu machen. Hätte Ljudevit den Herzog Borna auf seine Seite gebracht, es wäre um die italienische Ostmark geschehen gewesen. Das mochte man wohl auch am fränkischen Hofe, das mochte vorzüglich Lothar eingesehen haben; für jeden Fall war der Beitritt Borna's aus die fränkische Seite ein Meisterstreich in der Politik, den der sriaulische Herzog Cadoloch dem Rebellen Ljudevit spielte. Aber auch die byzantinischen Küstenstädte in Istrien und Dalmatien liefen Gefahr, fränkisch zu werden. Daß es nicht geschah, davon lag die Ursache in der gespannten Lage des fränkischen Hofes, so wie in der klugen Behutsamkeit des byzantinischen, welcher letztere sich wohl hütete, öffentlich als Unterstützer des windischen Anführers zu erscheinen. Aus allem diesem ergibt stch, daß die windischeMark zwischen der Drau und Save (Inter amnia) und Kulp zu suchen sei, und daß mit diesem Namen eigentlich alles Land bezeichnet wurde, welches nach der Bezwingung des Rebellen Ljudevit unter die fränkische Herrschaft als eroberte Provinz kam. Gränzen möchten gewesen sein die heutigen, welche den Cyllier und Marburger Kreis (aus dem rechten Drauuser) von Kärnten scheiden, nördlich die Ostmark, östlich Bulgarien, südlich die Kulp und die Borna'schen Slaven. Weil aber Borna auch in den fränkischen Länderverband getreten, so reichte die fränkische Macht damals bis an die Bulgaren, oder bis an die byzantinischen Slaven. (Schluß folgt.) Die Sage vom Schloß in Laibach. Obwohl man allerwärts gewohnt ist, von alten Schlöffern Sagen zu hören von romantischen Abenteuern, vergrabenen Schätzen, gespensterhaften Geistererscheinungen, so haben dergleichen Sagen, die theilweise auch vom Laibacher Schlosse in Schwung sind, doch meistens nur geringen geschichtlichen Werth. Anders scheint es sich mit der Sage zu verhalten, die über den Laibacher Schloßberg noch hie und da vom Großvater dem Enkel erzählt wird, und die in Verbindung mit gewissen Thatsachen eine größere Bedeutung erhält. Vor vielen Jahrhunderten—• so wird erzählt — als noch Morast und dichte Wälder die Laibacher Ebene und die angrän-zenden Berge bedeckten, hauste ein furchtbarer Drache am jetzigen Schloßberge, unter dem er nun begraben liegt, man weiß nicht ob todt, oder nur, von der Oberwelt vertrieben, dort unterirdisch fabelhafte Schätze hütend. — Diese Sage an und für stch ist nun zwar durchaus nicht ungewöhnlich, und findet sich in vielen Gegenden Deutschlands (Drachenfels am Rhein — fränkisch, u. A. *). Aber dazu kommt ferner, daß noch heut zu Tage das Kirchlein des Schlosses dem heil. Georg geweiht ist, der von da als Schutzpatron des Schlosses und der Stadt (in welcher sich weiter keine Georgen-Kirche findet) verehrt wird. Und wenn auch dieß noch sonst häufiger vorkommt, daß die Kapellen hoch über den Städten gelegener, befestigter Schlösser dem heil. Georg geweiht find (Salzburg, ». 31.), so ist doch jedenfalls der Umstand äußerst merkwürdig, daß die Sage des Laibacher Schloß-berges sich selbst aus den alten Münzen dieser Stadt ausgeprägt findet. Die mittelalterlichen Laibacher Denare (um 1200) zeigen nämlich auf der Hauptseite (nicht den heil. Georg, sondern) einen mit Zinnen versehenen Thurm, unter welchem ein Ichup-piger Drache sich krümmt, der den aufgesperrten Rachen nach oben richtet (gerade wie man dieß so oft auf Bildern des heil. Georg steht), während die Rückseite fünf Lilien darstellt**). Wenn es nun schwerlich je gelingen dürfte den geschichtlichen Zusammenhang zwischen diesen: Gepräge der alten Laibacher Münzen, der Schloßkapelle und der alten Sage aufzufinden , so mag es wenigstens vergönnt sein, diese Drachensage mit den übrigen Sagenkreisen altdeutscher Vorzeit zusammenzuhalten, indem daraus vielleicht einige Andeutungen zur richtigen Auffassung derselben sich ergeben. Zuvörderst aber möge man int Gedächtniß behalten, daß Laibach (Aemona) im I. 452 von den Hunnen unter Attila zerstört wurde, — daß im I. 788 unter Carl dem Großen die Franken als Eroberer und Herrscher nach Krain kamen und am rechten Ufer der Laibach (dein neu aufgebauten Aemona gegenüber) die »neue Stadt" erbauten***), wahrscheinlich auch alsbald den Schloßberg besetzten und befestigten, — und daß die Franken darauf bedeutende Kriege mit den benachbarten Hunnen zu bestehen hatten, denen angeblich der fränkische Markgraf von Krain, Erich, ihre ungeheuren, durch viele Kriegsbeute vermehrten Schätze wegführte f). Dieses vorausgeschickt, wird eine Vergleichung der Lai-i bacher Drachensage mit ähnlichen Theilen der altdeutschen Heldensage erst verständlich. In dieser nun nimmt die Sage von' überwundenen Drachen einen nicht unbedeutenden und, wie es scheint, nicht bedeutungslosen Platz ein. Im rränkisch-burgun-dischen Sagenkreise (Nibelungen — Gibelliuen) erscheint Sigfrid der Drachentödter als Hauptheld, während andrerseits der gothische Sagenkreis (Amelungen— Wölfingen) durch Dietrich mit der Geschichte Attila's und der Hunnen in Verbindung gebracht wird. Im Nibelungenliede werden diese großen Sagenkreise germanischer Stämme zusammengefaßt und Sigfrid mit Chriemhild erscheinen als die verbindenden Mittelglieder zwi- *) Vergl. die Sage von Ncumarktl und dem Lindwurm in Kla-gciisurt. Mittheilungen des histor. Vereins für Krain, 1847- p. 21. **) Siche Klim's Archiv II. Heft, p. 48 und Abbild. Nr. 1. sqq. ***) Klun, Archiv I. p. 100. t) Valvasor, B. X. p. 177. sehen den Franken und Burgunder» und den Hunnen und Gothen. So werden im Liede und in der Sage Mythus und Geschichte, dem Raun: und der Zeit nach fern liegende Stämme und Personen zu einem harntonischen Ganzen verwoben. 3lber wenn auch die Erkenntniß und Scheidung dieser verschiedenen Elemente bisher noch nicht gelungen ist, so ergeben die wissenschaftlichen Untersuchungen doch einzelne sichere Haltpunct^ Da stehen auf der einen Seite die christlichen Franken und Burgunder, gruppirt um die Heldengestalt Sigfrid Drachen-tödters, den sie jedoch aus Besorgniß um ihre Hausmacht aus dem Wege räumen. Die Ueberwindung des Drachen und der Mord des Drachentödters bedingen ihr Wachsthum und ihren Verfall. Die Wappen der Franken und Burgunder: die weißen Lilien (Bourbons) und die rothen Rosen (Rosengarten bei Worms) haben sich theilweise bis auf den heutigen Tag erhalten; beide Blumen find das Kennzeichen der Gibeliinen gegenüber den Welfen, und von daher führen noch heute die Banner so vieler Länder, Städte und Familien die roth-weißen Farben*). Die Gothen (Wölfingen — Welfen) dagegen gruppiren sich in der Sage mit den heidnischen Hunnen um Dietrich und Attila. Der Gothe Dietrich (Theodorich) von Bern (Verona) kämpft mit dem Hunnen Etzel ('Attila) gegen die Burgunder (Franken) und bereit Könige, eine Wahlverwandtschaft, bereit Spuren bis in die allerneueste Zeit reichen. Das Wappen der Wölfingen (Welfen) ist ein Adler, der einen (blauen) Drachen hält. Diese beiden Parteien: christliche Franken und heidnische Hunnen, durch Sigfrid und seine Gemalin in gewisse Beziehungen gebracht, gerathen mit einander in Kampf, dessen schauervoller Ausgang Hauptgegenstand des Liedes von »der Nibelungen Noth" und der »Klage" ist (um 1200). — Dieselben Erscheinungen bietet die ältere Geschichte der Stadt Laibach. Da sind: die verheerenden Hunnen, die christlichen Franken an und auf dem Schloßberg, der Kampf zwischen Franken und Hunnen, und (etwa als Mittelglied zwischen beiden) der heil. Georg Drachentödter — der christliche Sigfrid — in der Schloßkapelle. Ja, da ist sogar der überwundene Drache (gewissermaßen das Wahrzeichen der Franken) unter dein Schloßberge, da find selbst die fränkischen Lilien auf den Münzen, und noch gegenwärtig zeigt das Laibacher Stadtwappen einen Drachen auf einem hohen, festen, mit Zinnen versehenen Thurme, — offenbar aus Mißverständniß das Oberste zu unterst gekehrt. —• Gewiß, diese Uebereinstimmungen zwischen Geschichte, Sage und Lied sind überraschend und zu auffallend tint zufällig zu sein; dennoch aber zu dunkel, um mehr als Vermuthungen und Andeutungen zu gestatten. Wirb jemals der Schleier gehoben werden, der für jetzt noch das geschichtliche Verständniß derselben verhüllt? Th. Elze. *) So würden geschichtlich denn auch dic kra in i sche n L and c Ssarb en sein: roth-weiß, die fränkischen Farben, umschließend die slavische Nationalfarbc: blau, abgesehen von späteren Aenderungen. D. Vers. Druck von Jgn. v. Kleinmayr 8i Fedor Bamberg in Laibach.