1 . PROGRAMM des Am Sclilusse des Studien - Jahres 1857. —— \ KLAGENFURT. Druck von Johann Leon, I n h a 11. Seite Vibrations-Theorie der Elektrizitat von Professor Karl Robida . . . 1 Lehrplan im Scbuljahre 18 i6 / 5 , ......... 39 Zuwachs an Lehrmitteln des Gymnasiums ........ 52 Fortsetznng des Auszuges aus den gesetzlichen, die Gymnasialschuler betref- fenden Bestimmungen . . 54 Statistik des Gymnasmms . . . . . . . . . .58 j ' i (S i! I '• !!’. hi -h h Mi Mi K 1 )'?; W.\ U'-»I> • ."'U i- •; ':?h' "^^-4 ifthv/ ; k k i’Ijd ■■J.T-Uiv;'’) : |f .7 ' . . \ Vibrations-Theorie der Elektrizitat. Von Professor Karl Robida. Die bestehende Fluidumsbypothe.se der Elektrizitat, mag man sie nach Franklin oder nach Symmer auslegen, kann den Physiker niclit befriedigen, und zwar wegen der Inconsequenz bei der daraus ge- schopften Erklarung mancher Erscheinungen, z. B. jener des Elek- trophors; ferner wegen der TJnmoglichkeit irgend eine Erklarung vieler Erscheinungen aus dieser Hypothese zu geben, z. B. der elektrisehen Induction, der elektrisehen Wirkungen; endlich wegen des Wider- spruches, in welchem manche Erscheinung mit den Grundgesetzen dieser Hypothese steht, z. B. die innige Beriihrung der Elektromo¬ toren, somit auch der gevreekten ungleichnamigen Elektrizitaten und dessenungeachtet keine Neutralisirung dieser Elektrizitaten. Derlei Bedenken haben mich veranlasst, auf eine Tkeorie der Elektrizitat zu sinnen, welche sich der Naturwissenschaft besser an- schliesst und von den beriihrten Mangeln frei ist. Seit Anfang des laufenden Jahres babe ich die Vibrations-Theorie der Fluidumshypo- these substituirt, und die elektrisehen Erscheinungen aus ihr zu er- klaren versucht. Bei diesen Versuclien schien mir manche Erschei¬ nung mit Schwingungen unvereinbar, und ich war ofters daran, diese Theorie wieder aufzugeben. Allein sie drangte sich mir neuerdings auf, und bei langerem Nachdenken fand ich die unmoglich scheinende Erklarung. Meine Vibrations-Theorie lautet: Die elektrisehen Erscheinungen beruhen auf entgegengesetzten Longitu- d i n al s ch wingnn g en der Theilchen elektrischer Ktirper in der Fortpflanzungsrichtung der Elektrizitat. VII. Jahrgang. 1 2 Wenn die Vibrations - Theorie der Elektrizitat, was sich nach meinen bisherigen Versuchen hoffen lasst, bei den Physikern zur Geltung kommt: so wird sich ibr Einfluss nicht auf grossere Einfach- heit und Griindlicbkeit in der Lebre liber Elektrizitiit und den stamm- verwandten Magnetismus beschriinken, sondern auch auf Licbt, Warme und Chemie ausdehnen. Die Theorien liber Elektrizitiit, Licbt und Wanne werden in dieselbe Wechselbeziehung treten, in welcher ihre Wirkungen dem aufmerksamen Beobachter taglich erscheinen. Sowie die ausgebildete Hypothese iiber das Wesen des Licbtes auf ein analoges Wesen der Elektrizitiit bingedeutet bat, ebenso werden die griindlich erkliirten Erscheinuugen der Elektrizitiit auf eine klarere Auffassuiig der Licht- und Warme-Erscheinungen riickwirken. Aus der Wechselbezienung zwischen Elektrizitat und chemiscben Actionen sclieint bervorzugehen, dass uns die Vibrations - Theorie der Elektrizitat erst die wahre Deu- tung von chemischer Affinitat gibt, und dass uns dieser Weg zu einer tiefern Einsicbt in die ckemischen Vorgiinge fiihren wird. Diese und ahnliche Betracktungen lassen erwarten, dass die Herren Collegen diese Theorie einer vorurtheilsfreien Priifung unterziehen werden. Die Vibrations-Tkeorie der Elektrizitat wird in der kurzen Ab- liandlung A begriindet, und B auf die wichtigern elektrischen Er- sclieinungeu angewendet. Diese Eintheilung macbe ich bloss der leichtern Uebersicht wegen, und werde notbgedrungen scbon unter A Erkliirungen beibringen, und unter B Beweise nachtragen. Der Magnetismus, von welcbem in dieser Abhandliing ganz ab- gesehen wird, bleibt einer spiitern Untersuchung vorbohalten. A. Begriindung der Vibrations-Theorie der Elektrizitat. §. i. Direkter Beweis 1'iir dic Richtigkeit der Tibrations-Tkeoric. Diesei' Beweis zerfallt in die Begriindung der Behauptung, dass 1. die Elektrizitat auf Schivingungen berukt; 2. das Substrat dieser Schivingungen die Tbeilchen elektriscber Korper sind; 3. diese Sctnvingun- gen longitudinale sind, in der Bicktung der Elektrizitatsfortpflanzung stattfinden und Wellen von entgegengesetzter Form geben. 1, Die Elektrizitat beruht auf Schivingungen. a) Wenn man die angeschraubte (fixe) Zinkplatte des Fec hner’- schen Elektrpskppes (in der Folge werde ieh es Elektroskop scklecht- iveg nennen) mit dem Violinbogen anstreicht, so sclilagt das Goldbliitt- chen aus. Entstelit beim Violinbogenzuge ein Ton, so sclilagt das Goldblattchen gleicbfalls aus, und auf der mit Sand bestreuten Zink¬ platte erbielt ich eine vierstrahlige, auf der Kupferplatte eine sechs- strablige Klangfigur. Wird die Platte zur Abanderung der Klangfigur mit dem Finger beriibrt, und mit dem Violinbogen angestrieben, so gibt sie keinen Ausschlag des Goldblattchens. b) Wenn man den Violinbogenstrich nicbt in einer auf die Plat- tenebene senkrecbten Ebene, wie unter a), sondern an der Peripherie der Platte parallel zur Peripherie fubrt, so bat das Goldblattchen die der friiheren ungleicknamige Elektrizitat. In beiden Fallen sind die sich reibenden Korper dieselben und die dabei geweck,ten Elektrizitaten doch ungleichnamig. c) Wenn die auf der fixen Zinkplatte liegende Kupferplatte mit dem Violinbogen angestrichen wird, so sclilagt das Goldblattchen aus; ■vvenn man aber die isolirt gehaltene Kupferplatte, oder diese und die fixe Zinkplatte mit dem Violinbogen in Schivingungen versetzt, und dami die Kupferplatte auf die Zinkplatte legt: so stellt sich das Gold¬ blattchen in die Mittellinie, obwohl Zink und Kupfer, wenn sie abge- !* 4 sondert an das Elektroskop angeschraubt, und mit dem Violinbogen gestrichen werden, die gleicbnamige Elektrizitat zeigen. d) Eme Zinnplatte von doppeltem Durchmesser der fixen Zink- platte und von verhaltnissmassiger Dicke urarde am glasernen Hand- griffe einen Sclrah lioch ober der Zinkplatte so gehalten, dass beide Plattenebenen nahe parallel standen, und mit dem Violinbogen in Schwingungen versetzt. Das Goldblattchen zeigte sich elektrisch, und zwar starker elektrisch bei grosserer Annaherung der Platten, blieb elektrisch beim Auflegen der Zinnplatte auf die fixe Zinkplatte, sogar nocli nach erfolgter Beriihrung mit dem Finger. Den Grand daflir suebe ich in den zahlreicben sclnvingenden Theilchen der grosseu Zinnplattenmasse, und finde daber keinen Widerspruch zwischen die- sem und den andern Fallen, in \velchen bei gegenseitiger Beriihrung gleicb grosser schv/ingender Platten, oder bei Beriihrung der schwin- genden Platte mit dem Finger das Goldblattchen unelektriseh wird. e) Wenn man die mit dem Violinbogen angestrichene fixe Me- tallplatte des Elektroskopes mit dem Finger beriihrt, so kehrt das Goldblattchen sogleich in die Mittellinie zuriick, Der Ausschlag des Goldblattchens vermindert sich auch, wenn man das Glasrohrchen, welches den messingenen Goldblattchentrager umschliesst, mit dem Finger beriihrt, und somit die Sehwingungen des Glasrohrchens dampft. f) Beim Condensator divergiren ebenfalls die Goldblattchen, wenn man die Collectorplatte, oder die darauf liegende Condersatorplatte mit dem Violinbogen in Schwingungen versetzt. 2. Das Schwingungssubstrat sind die Theilchen elektrischer Korper. a) Dieses ergibt sich schon aus 1. Denn die Storung des mo¬ lekularen Gleicligewichtes versetzt die Korpertheilchen in Schvvingungen. Die eine Klasse dieser Schrvingungen ist die Quelle des Schalles; eine andere Klasse derselben ist die Quelle der Elektrizitat, fiir welche letztere keine nahere Ursache als die Theilchenschwingungen vorliegt. Die bei den angefiihrten Versucken stattfindende Eeibung ist wohl die Ursache der Schwingungen, aber keineswegs die letzte Ursache der Elektrizitatserscheinung, welche Behauptung der Versuch unter 1, b) ausser Zweifcl setzt. b) In eine 1 Zoll weite, 1 Sclrah lange Glasroln-e streute ich vom offenen Ende an bis nahe zur Mitte Lycopodiumsamen, fasste das geschlossene Ende mit der linken Hand, und fuhrte mit der rech 5 ten gegen das offene Ende der Rohre das amalgamirte Leder. Lyco- podiumtheilchen bewegten sich springend gegen das offene Ende, und viele flogen ans der Rohre hinaus. Beriihrte ich nun das offene Ende mit der Hand, so bewegten sich Lycopodiumtheilchen rttckwarts gegen die Mitte der Rohre. Ein ahnliehes, aber minder auffallendes Resul* tat gaben in die Glasrohren eingestreute Eisenfeilspane. c) Aus angestellten Versuchen darf man nach Riess schliessen, dass ein elektrischer Korper in einem luftleeren (absolut leeren) Raume seine Elektrizitat fur immer behalten wiirde. 3. Die Schivingungsrichtung der Theilchen elektrischer Korper ist eine longitudinale in der Fortpflanzungsrichtung der Elektrizitat und vcrdich- tete JVellen geben ppsitive, verdiinnte Wellen negative Elektrizitat. a) In Metallen. Obeti 1, a) und b) babe ich bereits angefiihrt, dass die Zinkplatte des Elektroskopes, wenn man sie in einer be- stimmten Ricbtung mit dem Violinbogen in Schwingungen versetzt, positiv oder negativ elektrisch wird. Hier handelt es sich um die Schrvingungsart der Metalltheilchen, bei tvelcher sie positive oder ne¬ gative. Elektrizitat geben. Bei den Versuchen mit Metali und Holz habe ich mich des Violinbogens als Schtvingungserregers vorzugstveise be- dient, weil seine Antvendung ant leichtesten modificirt wird, und weil man damit die storenden Transversal- und Rotationsschwingungen eines an dem einen Ende befestigten Stabes am sichersten vermeidet. Ein 1 Schuh langer, geschmiedeter ungefeilter Eisenstab (nicht Draht, dessen Theilchen durch den Zug in krumme Balinen geriickt \vorden sind) von der Dicke der messingenen Fassung des Goldblatt- chentragers im Elektroskope wui'de an diesen Trager angeschraubt, und mit dem Violinbogen vom obern Ende gegen das untere, oder vom untern Ende gegen das obere gestriehen. Um reine Longitudi- nalschwingungen der Theilchen des Stabes zu erhalten, muss der Violinbogen mit der Langenrichtung des Stabes einen spitzigen Win- kel bilden, und dieser Winkel sotvie die Streichstelle des Violiubo- gens muss wahrend des Striclies beibehalten werden. Uebrigens tvird der Strich kurz und leicht gefiihrt. Die durch den Violinbogenstrich erregt.en Schwingungen des Eisenstabes tverden vor Beginn des Ge- genstriches mit der den Štab beriihrenden Hand unterdrtickt. Wenn man die Versuche mit Beobachtung dieser Vorsichten anstellt, so ge- lingen sie sicher, und das Goldblattchen zeigt beim Abwartsstriche 6 positive, beim Anf\vartsstriche negative Elektrizitat, welche nacli Ent- fernung des Violinbogens, sowie die erregten Schwingungen im Štabe noch einige Zeit fortdauert. Diesen Versuch betracbte icb zur Begriindung meiner ausgespro- chenen Behanptung als den fundamentaJen, weil die dabei erregten Wellen im Metalle bleiben, und bei den Reflexionen an den beiden Metallenden keine Umkebrung der Wellenform erleiden. Denn beim Uebergange der Welle aus Metali in Luft, namlich aus einem fiir elektrische Wellen geeignetern in ein minder geeignetes Medium wird der Wellenberg als Berg, das Tbal als Thal reflektirt. Zum Funda- mentalversncbe babe ich micb des Eisenstabes, eines fiir elektriscbe Schwingungen minder gnten Metalies bedie.nt, weil mir kein geham- merter oder gegossener Kupfer- oder Messingstab zu Gebothe stand. b) Ein Holzstab, welcher zu akustischen Vcrsuchen bestimmt ist, wurde an den messiugenen Trager des Goldblattchens angeschraubt, und mit dem Violinbogen auf gleicbe Art und mit gleicher Vorsicbt, wie der eben bescbriebene Eisenstab gestricben. Bei alnvarts gerich- teten Strichen zeigte das Goldblattchen positive, bei aufwarts gerich- teten Strichen negative Elektrizitat. Der Schwingungsvorgang im Holzstabe ist jedoch complicirter, als jener im Eisenstabe, weil das Holz zur Fortpflanzung elektriscber Wellen minder geeignet ist, als der messingene Trager des Goldblattchens. Daher wird die aus dem Holze in das Metali iibergehende Welle an der Uebergangsgrenze mit Umkebrung ihrer Wellenhalften reflektirt. Beim aufwarts gefiihrten Striche bleibt die aus der Interferenz der reflektirten (verdicbteten) und der direkten (verdiinnten) Wellen resultirende Welle vorherr- sohend im Sinne der intensivern direkten, und das Goldblattchen zeigt negative E.; beim abwarts gefiihrten Striche dagegen, welcber den in- terferirenden WeHen einen grossern Spielraum gestattet, bekommt die resultirende Welle leicht die Form der reflektirten (verdiinnten), und das Goldblattchen zeigt wieder negative E., sobald der abwarts ge- fiihrte Strich nicht reine Longitudinalschwingungen geweckt hat. Man sichert sich das Gelingen des Abwartsstriches, wenn man auch diesen am untern Ende des Holzstabes fiihrt. c) In Glasplatten, Glasstaben, Glasrohreu. Wenn man gewohn- liches Glas mit amalgamirtem Leder, mit Seide oder Katzenfell reibt, und dem Elektroskope nahert, oder mit dessen messingenem Trager des Goldblattchens in Beriihrung bringt, so zeigt sich das Goldblattchen 7 positiv elektrisch; wenn man aber das elektrische Glas vom Elektro- skope entfernt, so zeigt das Goldblattchen negative E. Beide Erschei- nungen, namlieh das Auftreten positiver E. bei Annaherung und negativer E. bei Entfernung des positiv elektrischen Glases werden im §. 8 „Iufluenz“ erklart werden. Das Auftreten positiver E. im Gold¬ blattchen vahrend der gegenseitigen Beriihrung des Glases und des messingenen Tragers erklart sich aber aus der Fortpflanzung der im Glase erregten Wellen. Diese werden zwar beim Uebergange aus Glas in Metali mit Umkekrung ibrer Wellenhalften theilweise reflek- tirt, und die reflektirten Wellen interferiren mit den direkten Glas- wellen, aus welcker Interferenz jedoch wegen der grossern Intensitat der direkten Wellen, die den direkten gleichartigen als resultirende Wellen hervorgehen. Desbalb bleibt das Goldblattcben mit abnebnien- der Intensitat positiv elektrisch. Wenu man aber eine Glas-Platte, Rohre oder einen Glasstab mit der kleinern Flache auf den messingenen Trager des Goldblatt- chens aufstellt, das freie Ende mit der Hand kalt, und zwiscben Tra¬ ger und Hand mit amalgamirtem Leder, mit Seide, Katzenfell oder Violinbogen in Langenschwingungen versetzt: so zeigt das Goldblatt- chen positive E., mag der Reiber auf- oder abwarts gefuhrt werden, sobald er nach vollendetem Stričke also vor dem Gegenstriche vom Glase entfernt wird, und die durcli Reibung erregten Schwingungen der Glastheilcken mit der beriibrenden Hand oder im Nothfalle durcli Ervrarmung unterdriickt werden. Auf diese Art gefiihrte Stričke sollen getrennte Stričke heissen, zum Unterschiede von jenen, bei welchen der Reiber okne vorausgegangene Entfernung vom Glase in entgegengesetzter Ricktung allsogleich geftihrt wird. Letztere Stričke mogen zusamm enhangende Gegenstriche genannt werden. Bei diesen unterbleibt eine absichtliche Unterdriickung der bereits erregten Schwingungen. Bei getrennten Stric h en zeigt also das gewohnlicbe Glas stets positive E., mag der Reiber ein Violinbogen, amalgamirtes Leder, Seide oder Katzenfell sein, bei mattgeschliffenem Glase dagegen er- scheint nur beim Reiben mit amalgamirtem Leder positive, sonst nega¬ tive E. im Goldblattchen. — Diese Resultate stimmen mit jenen im Eisenstabe gevvonnenen , betreff des Zusammenhanges zwischen der er¬ regten Welle und der dabei im Goldblattchen beobackteten E. genau iiberein, sobald man auf die stattfindenden Reflexioaen und Wellen- 8 interferenzen gehorige Riicksicht nimmt. \Venn niimlich die Welle aus Glas in Motali, also aus einem die E. schlechter fortpflanzenden in ein dieselbe besser fortpflanzendes Mednim iibergeht, so wird sie an der Grenze der beterogenen Medien mit Umkelmmg ihrer AVellenhfilften reflektirt. Beim Aufivartsstriche des Reibers gehen die erregten ver- diinnten "VVellen (mit dem Tliale voraus) theilvveise in den Trager und das Goldblfittchen, theilvveise vverden sie in das Glas als verdichtete Wellen (mit dem Berge voraus) reflektirt. Allein die im gevvohnlichen Glase erregten verdiinnten Wellen sind vvegen der natiirlicben Beschaf- fenheit des Glases so scliwach, dass sie im Goldhlattchen keine merk- bare "VVirkung bervorbringen. Die in das Glas reflektirten, verdicbteten "VVellen gehen, als die dem Glase eigenthiimlichen, (abgesehen von den direkten verdichteten, an der Hand reflektirten) bis zur Hand auf- •vvarts. Von da vverden sie im Glase, also als verdichtete Wellen ab- vvarts reflektirt, gehen theilweise in das Metali, und treten im Gold- blattchen wirksam auf, theilweise werden sie als verdiinnte Wellen in das Glas reflektirt. Diese letztem gehen \vieder bis zur Hand auf- iviirts, von da als verdiinnte abwarts, theihveise in das Goldblfittchen, wo sie aus dem gcnannten Grunde keine merkbare Wirkung hervor- bringen, theilvveise vverden sie als verdichtete Wellen in das Glas reflektirt u. s. w. Durch diese Reflexionen iverden sie zugleich geschwacht. Diese Erklfirung der Wellenziige beruht auf der Voraussetzung, dass das gewohnliche Glas nur verdichtete "VVellen als ivirksame fort- pflanzt. Die Riehtigkeit dieser Voraussetzung ergibt sich zum Theile daraus, dass bei regelloser Reibung des Glases nur positive E. auftritt; zum Theile aus der Beobacbtung, dass eine Glasrohre, ivelche man in starke entgegengesetzte Longitudinalscluvingungen durch Reibung ver- setzt, in Triimmer geht. Es scheinen also die Theilchen des Glases keine solche Entfernung von einander zu vertragen, welche bei ent- gegengesetzten Sclnvingungen stattfindet, olme Betrachtigung ihrer Cohfision. Beim mattgeschliffenen Glase luiugt die Natur der geiveckten E. von dem Reiber ab. Das amalgamirte Leder, \velches die Glastbeil- chen stark verriickt und in intensive Schwingungen vorsetzt, weckt auch im mattgeschliffenen Glase die dem gevvohnlichen Glase eigen¬ thiimlichen "VVellen; die das molekulare Gleichgeivicht schvvficher sto- renden Reiber dagegen wecken vorzugsiveise Wellen, vvelche der matten 9 Glasoberflache eigen sind, daher die Beobaehtung negativer E. Hiei* eriibrigt noch zu erklaren die Uebereinstimmung des Auftretsns nega¬ tiver E. mit den Eesultaten des Eisenstabes. Beim Aufivartsstriehe gelit die erregte verdiinnte Welle aus dem Glase theihveise in das Goldblattchen, wo sie als die dem mattgeschliffenen Glase eigenthiiin- licbe zur Hervorbringung einer merkbaren Wirkung stark genug ist; theilweise wird sie in das Glas als verdichtete Welle reflektirt, gelit aufivarts bis zur Hand, wird da als verdichtete abwarts reflektirt, gelit als solehe theilvveise in das Goldblitttckeii aber ivegen ilirer Sckwache ohne merkbare Wirkung, tlieilweise wird sie als verdiinnte AVelle in das Glas reflektirt u. s. w. Dem Gesagten zufolge . liarmoniren die Erscheinungen des mit getrennten, Stricben geriebenen Glases mit der Behauptung, dass mit verdiinnten Wellen des Glases zugleicli negative, und mit verdichteten Wellen zugleicli positive E. auftritt. Wenn aber das auf dem messingenen Trager des Goldblattcliens steliende Glas mit zusammenhangend.en G.egenstri chen gerieben wird, so tritt die im Goldblattchen bemerkte E, beim Aufivartsstriche genau so auf, wie sie eben. besekrieben worden ist; beim Abivarts- striche dagegen gelit das Goldblattcben ivahrend des Striclies zur Mit- tellinie, und manchmal sogar jenseits iiber diese liinaus, zeigt jedocli nacli beendetem Abwartsstriche und nacli Entfernung des Eeibers die- selbe E., welche es beim Aufwartsstriche hatte. Die Ursaclie dieses Riickganges des Goldblattcliens liegt offenbar in dem Streben des Rei- bers in den Glastheilen verdichtete Wellen von oben nacli unten zu erregen, \velclie mit den von unten naeh oben fortgepflanzten ver- dicliteten Wellen-steliende Sclnvingungen einleiten. Bei z us amm enh an g en den transversalen Gegenstri- clien ist die Wirkung der eben beschriebenen ganz gleich, was eben- falls fiir die Eigentkiimlicbkeit des Glases nur gewisser Art Sclnvin- gnngen als ivirksame fortzupflanzen spricht. Bei wie immer gerichteten Stricben ober der das Glas lialtenden Hand zeigt das Goldblattchen keine Einwirkung, weil die erregten Wellen von der Hand nacli oben reflektirt werden. d) In den sogenannten negativ-elektrischen Korpern, als Harz- stab, Schellak, Siegellack, Harzkuchen, Sehwefel. Diese Korper wur- den wie das Glas zuerst regellos gestrichen, daim nachdem sie durch Erwarmung ihrer E. beraubt worden sind, mit dem einen Ende au 10 den messingenen Tiager des Goldblattchens gestellt, und am andern Ende mit der Hand gehalten, uud entweder mit getrenntcn Strichen oder mit zusammenhangen Gegenstrichen gerieben. Erscheinungen bei getrennten Strichen. Der Harzstab, d. i. ein mit einer Harzlosung iiberstricbener Glasstab gab beim Gebrauche des amalgamirten Leders oder des Vio- linbogens sowohl beim Auf- als Abwartsstriche positive E. im Gold¬ blattchen; Schwefel beim Aufwartsstriche negative, beim Abwar"tsstriche sclnvache positive E. Beim Gebrauche der Seide oder des Katzenfel- les zeigten alle genannten Korper beim AufVartsstriche negative E., beim Abvrartsstriche wabrend des Zuges die Mittellinie, und nach Ent- fernung des Reibers wieder negative E. im Goldblattchen. Daraus ist ersichtlich, dass das amalgamirte Leder uud der Vio- linbogen im Harzstabe eine ahnliche Wirkung liervorbringt, wie das amalgamirte Leder im mattgeschliffenen Glase; dass beim Scb\vefel mit verdiinnten Wellen das Auftreten der negativen E., mit verdickteten Wellen das Auftreten posit.iver E. manchmal zusammenfallt; endlich dass beim Gebrauche der Seide oder des Katzenfelles alle genannten Korper die ihnen eigenthiimlichen, verdiinnten Wellen vorzugsweise bemerken lassen. Denn beim Aufvrartsstriche geht die verdiinnte Welle in das Goldblattchen, und dieses zeigt zugleich negative E.; wahrend des Ab\vartsstriclies ist das Vorhandensein der verdichteten Welle, welche an sick sclnvach ist, nur in dem Bekarren des Blattcliens in der Mittellinie erkennbar; nach vollendetem Abwartsstriche und nach Entfernung des Reibers dagegen tritt die aus der Interferenz der di¬ rekten und reflektirten Wellen bervorgegangene verdiinnte Welle wirk- sam auf. Erscheinungen bei zusammenhangenden Gegenstrichen. Nur die Harzstange zeigt beim Gebrauche des amalgamirten Le¬ ders oder des Violinbogens als 'VVirkung des Aufwartsstriches positive E. im Goldblattchen, wie \vir sie im ge\vohnlichen Glase beobachtet haben; beim Gebrauche der Seide oder des Katzenfelles zeigen alle als negativ elektrisch genannten Korper beim Auf\vartsstriche negative E. Beim Abwartsstriche kehrt das Goldblattchen in allen Fallen zur Mittellinie zuriick, und zeigt nach Entfernung des Reibers jene E., Tvelche beim Aufwartsstrigh§ beobachtet worden ist, 11 Demnach tritt aucli bei den sogeuanuten negativ elektrischen Korpern mit verdtinnter Welle die negative E. und mit verdichteter Welle die positive E. im Goldblattchen gleiclizeitig auf, wie dieses beim Eisenstabe nnd Holzstabe der Fali ist. §. 3 . Folgcrungen aus den Versuchen des §. 1. 1. Die Korper w er d e n bei Storung ilires molekularen Gleichge- vvichtes elektriscb, und je intensiver die dabei erregten Schwingungen der Korpertheilchen sind, desto intensiver ist aueh die geweckte E. Mit derselben Leichtigkeit, mit welcher in Metallen Schwingungen un- terdrtiekt verden , lasst sich in ihnen aueh die E. unterdrucken. In Glas, Harz und in allen jenen Korpern, deren Theilchen im moleku¬ laren Gleichgewichte in starker Spannung steben, tritt die E. mit der Erregung der Schwingungen am intensivsteu auf, und diese lasst sich aueh am schwersten dureb blosse Beriihrung unterdrucken. In letztern Korpern ist die auftretende E. entrveder vorherrschend positiv, oder vorberrsebend negativ. Aber eben wegen der starken molekularen Spannung geben die erregten Schwingungen in soleben Korpern entwe- der vorzugsweise verdichtete, oder vorzugsweise verdiinnte Wellen. Demnacb folgere ieli, dass die E. auf Schwingungen berube, tvelche zum Unterscbiede von den Schall-, Lieht- und Wiirme-Schwingungen elektrische Scbwingungen heissen sollen. 2. Abgesehen von meinen eigenen Versuchen, welche dabin deu- ten, dass das Substrat elektrischer Scbwingungen die Theil¬ chen elektrischer Korper sind, .olgere ich aus den Versuchen Andereri deren Kiess in der „Lehre von der Reibungs-Elektrizitfit" §. 33 er- wabnt, und welche Versuche darthun, dass im Iuftleeren Raume ein elektrischer Korper seine E. fiir immer behalten wtirde, die Richtigkeit meiner Behauptung. Dieser Ausspruch setzt als nothwendige Bedin- gung der Elektrizitats-Fortpflanzung das Dasein materieler Theilchen voraus. Wenn also E. auf Sclnvingungen beruht, und sie sich oline materiele Theilchen nicbt fortpflanzen kann, so sind diese Theilchen die Trager der Schwingungen. Im citirten §. ist z\var nur von einem Iuftleeren, nicht absolut leeren Raume die Rede, was wohl daher riih- ren mag, vreil wir mit der Herstellung eines Iuftleeren, einen absolut leeren Raum zu baben meinen. Ich bin aber der Ansicht, dass man 12 einen absolut leeren Raum weder absichtlich herstellen kanu, noch dass cs in der Natur einen solchen gibt. Denn beim Evacuiren der Luft wird der Druck auf die den geschlossenen Raum umgrenzenden Fla- chen vermindert, dadureh aber die Trennung kleinster Theilchen von den Grenzflftchen erleichtert. Im Vaeuum, sowie im Weltraume ver- mittelt die gegenseitige Anziehung der Materie die Lostrennung der Theilchen. 3. Wenn nun die E. auf Schwingungen beruht, und das Substrat dieser Schwingungen die Theilchen elektrischer Korper sind, so ent- steht die Frage, welche Richtung und Form die ans diesen Schwin- gungen entstandenen Wellen haben? Der angefiihrte Versuch mit dem Eisenstabe, welcher noch in- structiver ausfallen wird, wenn man jedes Ende eines gebogenen Eisen-, oder Kupferstabes an ein Fechner’sches Elektroskop anschraubt, was mir wegen Mangel eines zweiten Elektroskopes unthunlich war, zeigt deutlich, dass das Goldblattchen beim Eintritte der verdiinnten longi¬ tudinalen Welle negativ elektrisch, und beim Eintritte der verdichte- ten longitudinalen Welle positiv elektrisch wird. Demgemass soli die verdiinnte Welle die negativ elektrisch e und die verdichtete "VVelle die positiv elektrische heissen. Fiir diese eben bezeich- nete Richtung und Form der elektrischen Wellen spricht auch der Versuch mit dem Holzstabe. Die Versuche mit den sogenannten positiv elektrischen und ne¬ gativ elektrischen Korpern geben die gleichen Resultate, wenn man die dabei vorkommenden Erscheinungen mit gehiiriger Beriicksichtigung der Interferenzen analysirt. Also kann man behaupten, dass bei gewissen Storungen des molekularen Gleichgeivichtes eines Korpers seine Theilchen in Sclnvin- gungen gerathen, und elektrische Wellen erzeugen. Die positiv elek¬ trische Welle hat einen verdichteten, die negativ elektrische Welle einen verdiinnten Vordertlieil. Die elektrischen Wellen entstehen aus Longitudiual-Schwing'ungen und haben mit der E. dieselbe Fortpflan- zungsrichtung. Die ausgesprocheneu Folgerungen fiir die Vibrationstheorie der Elektrizitat habe ich aus ivenigen Versuchen abstrahirt. Die Fortset- zung geeigneter Versuche, und die Priifung dieser Theorie bei der Erklširung elektrischer Erscheinungen wird entscheiden, ob sie richtig 13 sei, oder nicht. Bevor ich die Vibrationstheorie der E. zur Erklarung einiger Erscheinungen amvende, will ich die gewohnlichern Quellen der E. kurz anfiihren. §. 3 . Reibungs-Elektrizitiit. Nach der herrschenden Theorie werden die beiden Elektrizitaten des Eeibzeuges und der geriebenen Flache beim Eeiben raumlich ge- trennt, worauf sicli das eine Paar entgegengesetzter E. wieder neutra- lisirt, das andere Paar getrennt bleibt und bemerkbar wird. Korper aller drei Aggregatformen vverden beim Aneinanderreiben elektrisch. Unter den festen ist Glas, unter den tropfbar flussigen Quecksilber, unter den luftfdrmigen feuchter Wasserdampf und feuchte Luft als aus- giebigster Elektrizitatserreger bekannt. Das Glas muss von solcher Qualitat und Eorm sein, welche sich leicht in Scbwingungen versetzen lasst. Staub, Feuchtigkeit und alles, was die Schwingungen der Glas- theilchen beeintrachtigt, ist der Elektrizitatserregung hinderlicli. Da- gegen mindert Eeuchtigkeit die zu grosse Elastizitat der Dampf- und Lufttbeilchen, und macbt sie zu Elektrizitatserregern geeignet. Nach Coulomb wird von zwei an einander geriebenen Flachen diejenige leicht positiv, deren integrirende Theile die kleinste Bewe- gung um ihre Gleichgewichtslage machen. Dagegen wird diejenige Flache leicht negativ, deren Theile durch die Eauhheit der andern Flache, oder aus einer andern Ursache weiter von einander entfernt werden. Fechner rieb frische Holzer an einander, und kam zum allgemeinen Eesultate, dass die dichteren schwereren Holzarten mit leichteren gerieben negativ elektrisch werden. Demnach schreiben die Physiker stillschweige.nd die Entstehung und die Art der geweckten Eeibungs-Elektrizitat dem Vorhandensein und der Art der Schwingungen einander reibender Korper zu. Aus den von der thatigen Elektrisirmaschine ausgehenden elektrischen Schwingungen erklare ich die Entwicklung des Ozons in der benach- barten atmospharischen Luft, welches nach Andrews eine allotropi- sche Modifikation des Sauerstoffes ist. Man konnte fragen, wie die ableitende Verbindung des Eeibzeu¬ ges mit der Erde nach der Vibrationstheorie nothwendig erscheine. — Ohne Ableitung mitssten die elektrischen Wellen des Eeibzeuges in 14 dasselbe reflektirt ver d en, in den geriebenen Korper iibergehen, und mit den entgegengesetzten Wellen dieses Korpers interferiren, also sie schwachen, und bei gleicher Intensitat sie til gen. §. 4 . Beriilirungs - Elektrizitiit. Volta’'scher Fundamentalversuch. Meine mit dem Fechner’sclien Elektroskope angestellten Versucbe geben von den in Pkysikbiichern bescbriebenen wesentlich abvreichende Itesultate. a) Das parallele Abbeben der bevveglichen Platte von der fixen ist keine nothwendige Bedingung zum Auftreten der E. im Goldblatt- cben. Ich liess die bevegliche Platte tiber die fixe bingleiten, und beobachtete nach ihrer Entfernung den gleichen Ausschlag des Gold- blattchens wie beim parallelen Abbeben. b) Beruhrung gleichartiger Metalle bewirkt bei erfolgter Trennung einen Ausschlag des Goldblattchens. Wurde eine Zinkplatte von der Zinkplatte abgehoben, so batte das Goldblattchen — E.; wurde eine Kupferplatte von der Kupferplatte abgehoben, so war das Goldblatt¬ chen positiv elektriscb. Daraus folgt, dass bei der Beruhrung des Zin- kes mit Zink dieses positiv elektrisch; bei der Beruhrung des Kupfers mit Kupfer dieses negativ elektrisch wurde, v el eh e Behauptung im Artikel „Influenz“ §. 8 begriindet vird. c) Wird auf die fixe Zinkplatte eine Zink- oder Kupferplatte ge- legt, und die aufliegende mit dem Violinbogen gestrichen, so zeigt das Goldblattchen — E.; wird auf die fixe Kupferplatte eine Zink- oder Kupferplatte gelegt, und letztere mit dem Violinbogen gestrichen, so hat das Goldblattchen ebenfalls — E. Die Schwingungen der Theil- chen der aufliegenden Platte erregen also in der fixen Platte dieselben Schwingungen, welche sie zeigt, wenn sie mit dem Violinbogen ge¬ strichen wird. Diese Versuche lehren, dass bei der sogenannten Contact-Elek- trizitat die Storung des molekularen Gleichgewichtes, welche nament- lich bei der Trennung der sich beriihrenden homogenen oder heteroge- nen Korper wirksam erscheint, die Ursache der E. ist. Bei der Beruhrung soleher Korper wird die Sclnvingung der Theilchen zvar erregt, aber durch den dauernden Contact vieder gehemmt, was das 15 Nichtauftreten der E. im Goldblattcben bei der Beriihrung zvveier Metallplatten, deren jede man vor der Beriihrung mit dem Violinbogen in Schwingungen versetzt hat, beiveiset. In dem Gesagten liegt zu- gleieb der Grund, warum sich besonders Metalle als Elektromotoren eignen. Die durch Beriihrung geweckte E. bat eine geringere Intensitiit als jene, welcke in den sogenannten Isolatoren durch kraftige Bei- bung erregt worden ist. Man kann aber auch die Contact-Elektrizi- tat durch geeignete fortdauernde Storung des molekularen Gleichge- wiehtes in den Elektromotoren bedeutend verstarken, wofiir unsere galvanischen Batterien den Beweis liefern. Hier fiihre ieh beispiel- weise jenen Multiplikator an, welcher zur Versinnlichung galvani- scher Elektrizitats-Erregung absichtlich construirt ist. Wenn man das blanke Zink- und Kupferplattchen des Multiplikators in gegenseitige Beriihrung bringt, so entsteht ein kaum merklicher Strom; wenn man aber ein mit gesauertem Wasser befeuchtetes Papier zvviscben die Plattchen legt, so ist der Ausschlag der Magnetnadel bedeutend. Im letzteren Palle beriihren sich die Metalle gar nicht, und dennoch ist der Strom kraftiger, als im ersteren. Die Ursache der starkeren elektrischen Erregung suche ich darin, \veil bei Beriihrung der Saure mit Metali die chemische Action eine stiirkere Bewegung der Metall- theilchen veranlasst, als die unmittelbare Beriihrung der Metalltheil- chen unter einander. Auf diesem Grunde beruht die Wirksamkeit aller unserer galvanischen Elemente, bei welchen die gegenseitige Be¬ riihrung der Elektromotoren sorgfiiltig vermieden, und durch chemische Action mehr als ersetzt wird, §. 5. Diese Erklarung der Contact-Elektrizitat mackt die willkiirliche Annahme einer elektromotorischen Kraft, welche die bei der Beriih- rung geweckten ungleichnamigen Elektrizitaten von der Neutralisirung abhalten soli, iiberfliissig und entfernt aus der Elektrizitatslehre einen Widerspruch mit dem Grundgesetze, nach welchem sich ungleichna- mige Elektrizitaten anziehen und verhitltnissmassig neutralisiren. Der Contact ist eine unerschiipfliche Quelle der E., was sich aber keinesivegs aus der Annahme eines elektrischen Fluidums erkla- ren lasst. Denn dieses miisste sich auch bei unversehrt bleibeuden Elektromotoren erschopfen. Bei Schvringungen als Ursache der E. ist diese Unerschopflichkeit ganz natiirlich. 16 §. 5 . Elektrochemie. Die Elektrochemie wird gewohnlich unter den Wirkungen der E. angefiihrt; hier sollen chemische Actionen als Quelle der E. be- trachtet, und aus elektrischen Schwingungen erklart werden. Bei der Elektroljse des Wassers scheidet sich Sauerstoff an der Anode, Wasserstoff an der Kathode aus, und man sagt deshalb: Sauerstoff ist negativ, Wasserstoff positiv elektrisch. Nach der Vibra- tions-Theorie hingegen bewirken die elektrischen Schwingungen eines jeden Strompoles elektrische Schwingungen in den Wasseratomen und somit solche Schwingungen in den Bestandtheilen der Wasser- atome, Die erregten elektrischen Schwingungen dieser Bestandtheile sind aber entgegengesetzt, und haben entgegengesetzte Fortpflanzungs- Bichtungen. Demnach bewegen sich Sauerstoffatome mit ihren nega¬ tiv elektrischen Sctrvvingungen gegen den positiven, und "VVasserstoff- atome mit ihren positiv elektrischen Sclnvingungen gegen den negativen Strompol. Ist das Sclnvingungs-Substrat des positiven Poles von der Art, dass sich mit seinen Schwingungen jene des Sauerstoffes tilgen kbnnen, so entstelit eine chemische Verbindung zwischen den Pol- und Sauerstofftheilchen (Oxydation); wenn nicht, so bleibt der Sauerstoff frei. Im Falle, dass das Kation ein Oxyd ist, wird dieses durch den gleichzeitig ausgeschiedenen Wasserstoff reducirt, weil die Schwin- gungen des negativen Poles entgegengesetzt gerichtete Schwingungen in den Bestandtheilen des Oxydes wecken, und die negativ elektri¬ schen Schwingungen des Sauerstoffes dieses Oxydes zu den positiv elektrischen Sckwingungen des Wasserstoffes streben, mit welchen sie sich in der Verbindung zu Wasser neutralisiren, somit wird das Ea- dical mit seinen positiv elektrischen Schwingungen am negativen Pole ; abgelagert, mit welehem es sich innig vereinigt. In dieser Erklarung ist zugleich meine Ansicht iiber chemische Verwandtschaft und Wahlver- tvandtschaft ausgesprochen. Es ist namlich den Theilchen eines jeden Grundstoffes, sowie eines jeden Bestandtheiles des chemische. Produktes die eine der beideri Arten elektrischer Schivingungen als die ihnen vorzugsweise zukommende zu betrachten. Jedoch unterscheiden sich sowohl positiv elektrische Wellen unter einander, als auch negativ elektrische Wellen unter einander durch Schwingungs-Intensitat und Wellenlange. Die positiv elektrischen Wellen streben zur Vereinigung 17 mit jenen negativ elektrischen, Welehe ihnen an Schwingungs-lntensi- tat und Wellenlange die gleichartigsten sind. Hat die cbemisclie Verbin- dnng bereits stattgefunden, so hort die Elektrizitats-Erscheinung auf, weil die Theilchen der Bestandtlieile dadurch zur Kube kommen, oder rvenigstens keine solclie Bewegung mebr maclien, welche elektrische Erscheinungen bemerken lasst. So lange Sauerstoff und Wasserstoff getrennt sind, konnen sie als Elektromotoren dienen; sind sie im Miscbungs-Gewiclitsverhaltnisse gemengt, so geschehen die negativen Schwingungen des Sauerstoffes und die positiven des Wasserstoffes in allen Ricbtungen. Stort man aber das Gleicbgewicbt der Knallgastheileben durch den Verdichter Platina oder durch hinreichende Erwarmung, so schwingen je zwei nachste Atome des Sauerstoffes und Wasserstoffes einander zugewendet, und neutralisiren sich vollends in der chemischen Verbindung zu Wasser. Sowie die Warme veranlasst auch das Licht durch Weckung elektrischer Schwingungen in den Bestandtheilen ikre chemische Ver¬ bindung oder weitereZersetzung. Erstere sehen wir ih einem Gemenge aus Chlor und VTasserstoff, welclies im Dunklen ungeandert bleibt, im Ta- geslichte sicli langsam und im direkten Sonnenstrakle rapid in Salz- saure verwandelt. Alle sogenannten chemischen Wirkungen des Lichtes j darunter auch die Photographie halte ich fiir Wirkungen der durch das Licht geweckten Elektrizitiit. Zur Photographie praparirtes feuchtes Papier wurde zwischen zwei Platindrahte, welche die Pole des elek¬ trischen Stromes vorstellten, gelegt, und es schwiirzte sich in kurzer Zeit am intensivsten zwischen den Polen, schwacher seitlich von diesen \vie von verfliessender schwarzer Tinte. Nach Unterbrechung des Stro¬ mes wurde ein einziger dieser Platindrahte auf das praparirte Papier gebracht, und er schrvarzte es noch merklich; dagegen zeigte ein an- derer im elektrischen Strome nicht gebrauchter Platindraht keine Ein- wirkung auf das Papier. Demnach haben die elektrischen Schwingun- gen im gebrauchten Drahte schwach fortgedauert. Die Versuche, welehe Grove in Po gg. Annalen B. 100, S. 345 erzahlt, scheinen meine Ansicht zu bestatigen. Im Eingange seines Aufsatzes spricht sich der gelehrte Verfasser riicksichtlich des Wesens der E. dahin aus, dass er „seit vielen Jahren glaube, dass die E, nichts als eine Veran- derung oder Bervegung in der Materie ist, eine Kraft und keine Eliissigkeit." VII. Jahrgang. 2 <4 18 Freilich karm man des Lichtes beim Pliotographiren nicht ent- behren, weil es in seiner Strahlenreflexion nnd Brechung die Entste- hung des getreuen Bildes vom gewiinschten Gegenstande bewirkt; wohl aber balte ich die Vervielfaltigung einer Photographie durcli blosse Elektrizitiit fiir moglich. Naeh der Erfahrung hat das violette Spektrumsende die kraftig- sten cbemischen Wirkungen. Daraus ware zu vermutben, dass die Licbtvvellen dieses Endes den elektrischen Wellen an Schivingungs- Intensitat und Wellenlange zunaehst kommen, Wenn diese Ansicbt, dass Lichtwellen in geeigneten Korpern elektrische Wellen ivecken, richtig ist, so hat aueh der Streit, ob das violette Spektrumsende magnetisirende Wii'kungen bervorbringe oder nicht, seine Erledigung erbalten. §. 6 . Thcrmoclcktrizitiit. In guten Leitern entsteht E. sobald man verschiedenen Stellen derselben verschiedene Temperatur gibt. Verschiedene Leiter und Combinationen derselben geben bei Temperaturdifferenzen ibrer Tbeile verschiedene elektrische Intenšitaten. Die sogenannten pyroelektriscben Kristalle werden ebenfalls bei Temperaturdifferenz ibrer Tbeile elektriscb. Erhohete sowie erniedrigte Temperatur, \venn sie sicb nicht liber den ganzen Korper gleichmassig verbreitet, verriickt nur die ge- troffenen Tbeilchen aus ibrer Lage, und iibt daher gleichsam Impulse auf die nicht erwarmten oder abgekiihlten Theilčhen, \vodurcb eine scbivingende Bewegung derselben entsteht. Haben nun die entstan- denen Scbwingungen, die zur Erregung elektriscber Wellen erforder- licbe Beschaffenheit, so wird die E. bemerkbar. Fiir diese Ansicbt spricht der umgekebrte Hergang, bei \velckem elektrische Scbwingun- gen, ivenn sie eine bestimmte Intensitiit erlangt haben, in Warme iibergeben, was wir bei thermischen Wirkungen der E. nochmals be- sprechen werden. Sonnenstrahlen, welche durcli gleich dicke, verschiedenfarbige Glaser auf die Thermosaule gefallen sind, zeigen ungleiche Wirkung auf den Tbermomultiplikator, Ich beobachtete den Aiisschlagswinkel: beim iveissen Glase 7°, beim rothen 5°, beim gelben 6°, beim grii- nen 3°, beim blauen und violetten 5°. Aus dieser und andern mit 19 empfindlichern Apparaten angestellten Beobaehtungen lasst sich ver- muthen, dass die dem rothen Spektrumsende naher liegenden Strahlen vorzugsweise Warmestrahlen und durch diese elektrische Schivingungen erregen. Meine Ansicht liber Thermoelektrizitat unterstiitzt Herr B. v. Baumgartner, ivelcher in seinem Vortrage iiber „Umwandlung der Warme in : E.“, Sitzungsbericlite der kais. Akademie der Wissen- .schaften, matkeui.- naturw. Klasse, B. XXII. S. 513 schliesslich sagt, ;dass Umsetzung der mechaniscken Arbeit in Warme oder E., und umgekehrt der E. oder Warme in Arbeit an die Gesetze der Mecha- nik gebunden ist. §. 7 . Fcrnmrkung der Elektrizitat. Coulomb bat ervviesen, dass die elektrischen Anziebnngs- so- wie Abstossungskrafte dem Ouadrate des Abstandes umgekehrtpropor- tional sind. Hiemit stimmt das Gesetz der elektrischen Fernwirkung mit dem des Scballes, Lichtes und der Warme iiberein, welche Ana- logie in der Wirkung auch eine Analogie in dem Wesen dieser Er- scheinungen vermuthen lasst. B. Anwendung der Vibrations-Theorie zur Erklarung einiger elektrischer Erscheinungen. §. 8 . Mittheilung und Tertheilung oder Influenz der Elcktrizitiit. Nach der gewbknlichen Ansicht versteht man unter Mittheilung die Fortpflanzung der E. eines elektrischen Korpers in einen neutralen durch gegenseitige Beriihrung; unter Influenz die gleichzeitige Weckung beider Elektrizitaten im neutralen Korper in Folge elektrischer Action g* 20 aus der Perne. Wenn der der Influenz ausgesetzte Korper ein Leiter ist, so zeigt er zwischen den ungleichnamigen Elektrizitaten einen Indifferenzgtirtel. Der Gfirtel lialbirt nicht den neutralen Korper, son- dern er liegt in der dem influenzirenden Korper nahern Halfte. Iso- latoren sind der Influenz sowie Leiter ausgesetzt, aber die Influenz zeigt bei ilinen einige Modifikationen. Bei Leitern wirkt die Influenz augenblicklich, bei Isolatoren wachst sie mit der Zeit der Einvvirkung; bei Leitern hort die Influenz nach Entfernung des influenzirenden Korpers sogleich auf, bei Isolatoren dauert sie einige Zeit fort; die Anordnung der Influenzelektrizitat ist bei Isolatoren von den Dimen- sionen rveniger abhangig als bei Leitern. Nach der Vibrations-Theorie liegt der Unterscheidungsgrund zwi- schen Mittheilung und Vertheilung in der Art der erregten Sclnvin- gungen im neutralen Korper. "VVahrend namlich der Mittheiler nur seine elektrischen Schwingungen im neutralen Korper fortpflanzt, erregt der influenzirende Korper im influenzirten beide Arten elektriseher Sclnvingungen, von denea die ungleichartigen dem Vertheiler zugerven- det, die gleichartigeu von ihm abgewendet sind. Beispiehveise sei der influenzirende Korper der geladene Conductor der Elektrisirmasehine, und der influenzirte Korper ein isolirter Messingzilinder von mehr als 1 Schuh Lange und verlialtnissmassiger Dicke. Zwischen beiden be- findet sicli eine trockene Luftschichte. Die positiv elektrischen Wellen \verden beim Uebergange aus dem Conductor in Luft einfach, beirn Uebergange aus Luft in den Zilinder mit Umkehrung ihrer Wellen- halften reflektirt. Demnach kommt eine schwache positiv elektrische Welle in den Zilinder, welcher wegen der in der Luft stattfindenden Interferenzen noch schwachere nachfolgen. Die in der kiirzesten Linie von einem Ende gegen das andere liegenden Theilchen a, b, . . . h, i des Zilinders werden durch den erhaltenen Impuls in positiv elektrische Schwingungen versetzt bis zirm Theilchen k, bei welchem die allzu schwache Anregung schon wirkungslos ist. Die bei k an- kommende positiv elektrische Welle wird also total reflektirt. Nach- dem die Theilchen i, h, . . . b, a ihre positiv elektrischen Schwingun- gen beendet haben, bekommt a von der zweiten ankommenden Welle des Conductors einen neuen Impuls und intensivere positiv elektrische Wellen scbreiten von a gegen k n. s. w., bis die bei k ankommende Welle eine solche Intensitat erlangt hat, dass auch das Theilchen k 21 and die darauf folgenden in positiv elektrische Schwingungen versetzt werden, Ist dieses eingetreteu, so iibergeht die ankommende positiv elektrische Welle hei k gleichsam in ein elastischeres Medium, und rvird daher an der Uebergangsgrenze als negativ elektrische Welle re- flektirt. Somit hahen sich im influenzirten Korper zvveierlei von einan- der abgewendete Wellenziige ausgebildet, deren ersterer vor k liegen- der negativ elektrische Wellen, und letzterer von k bis zum Ende des Zilinders, wo er einfach reflektirt wird, fortschreitender Wellenzug positiv elektrische Wellen hat. Die nicht im Momente, sondern in der Zeit ausgebildete Vertheilung im Leiter geschah in einer unmessbar kleinen Zeit. Dafiir spricht die Beobachtung, nach welcher die Ver¬ theilung im Isolator in einer messbaren Zeit vor sich geht. Darnach ist das Vorhandensein des Indifferenzgiirtels wohl begreiflich, und zwar an der Scheidegrenze der von einander abgewendeten positiv und ne¬ gativ elektrischen Wellenziige. Aus der F1 u i d u m s hy p o t h e s e lasst sich sowenig der Indifierenzgurtel als die Nichtneutralisirung benachbarter, ungleichnamiger und gleich starker Elektrizitaten erklaren. Eine Ana- logie fiir die Vertheilung der E. haben wir in den Savart’schen Klangfiguren, ivelche aus Langenschwingungen entstehen. Bei den Versuchen iiber Mittheilung und Vertheilung kommt noch eine Erscheinung vor , welche man nach der Fluidumshypothese nicht erklaren kann. Wird nahmlich der elektrische Korper aus der Beriih- rung mit dem messingenen Trager des Goldblattchens, oder aus der bisherigen Entfernung in eine weitere gebracht: so schlagt das Gold¬ blattchen in der der urspriinglichen entgegengesetzten Richtung aus; wird der elektrische Korper dem Trager tvieder genahert, so bekommt das Goldblattchen den urspriinglichen Ausschlag. Nach der Vibrations- Theorie riihrt der urspriingliche Ausschlag des Goldblattchens von den elektrischen Wellen des elektrischen Korpers, welche sich in den Tra¬ ger und in das Goldblattchen fortpflanzen, oder auch die Vertheilung bewirken. Wird der elektrische Korper vom Trager plotzlich entfernt, so erleiden die Theilchen des Tragers einen dem urspriinglichen entgegengesetzten Impuls, und daher erfolgt die Umkehrung der elek¬ trischen Wellen im Trager und Goldblattchen. Das Gleiche findet statt, wenn man den Trager, wahrend der elektrische Korper in seiner Nahe steht, mit dem Finger beruhrt, und dann Finger und elektrischen Korper entfernt. Letzteres erklarte man bisher aus der gebundenen 22 und dann frei gewordenen E., was aber offenbar denselben Grund hat, wie im vorausgegangenen Fjflle, in welchem der Trager nicht ableitend beriihrt worden ist. Die itn benachbarten Leitcr erregten Sclnvingun- gen sind also bei Entfernung des Mittbeilers den mitgetheilten entge- gengesetzt; bei Entfernung des Vertheilers gleichartig den vertheilenden Schwingungen in dem nachsten Theile des influenzirten Korpers, und entgegengesetzt in dem entferntern Theile. Aus der Vibrations - Theorie ergibt sich ebenfalls die Erklarung der zerstorenden Wirkung, des .. Ruckschlages. Wenn die atmosphari- sche E. einen leicht beweglichen Korper z. B. Wasser influenzirt, so \verden durcli die elektrischen Wellen Wassertheile gegen den influen- zirenden Korper gehoben, und wenn die E. des influenzirenden Kor¬ pers neutralisirt wird, so horen auch diese elektrischen Sclnvingungen der Wassertheile auf, und die gehobene Wassermasse sinkt durch die Sclnvere und durch den entgegengesetzten Wellenzug. §. 9 . Elektrophor. Mit Uebergehung der bekannten Erklarung des Elektrophors’ welche inconsequenter Weise im elektrischen Harzkuchen selbst eine lnfluenzwirkung voraussetzt, und den auf dem. elektrischen Kuchen auf- liegenden Deckel durch Influenz elektrisch werden lasst., gebe ich so- gleich meine eigene. Wenn man mit der fixen Zinkplatte des Elektroskopes einen unelektrischen Harzkuchen in Beriihrung bringt, so gerath das Zink in negativ elektrische Schwingungen, welche sich in der Bewegung des Goldblattchens bemerken lassen; wenn man aber den Harzkuchen von der Zinkplatte abhebt, so ist das Goldblattchen positiv elektrisch. — Wird die auf der Zinkplatte aufliegende Kuchenplatte mit Katzenfell gerieben, also in die ikr eigenthiimlichen negativ elektrischen Schwin- gungen versetzt, so pflanzen sich diese sowohl in die den Harzkuchen umgebende Luft, als in die den Kuchen beriihrende Zinkplatte tkeil- weise als negativ elektrische Schwingungen fort, theihveise werden sie an der Grenze heterogener Medien reflektirt, und zwar beim Ueber- gange aus Kuchen in Luft, \veil beide Isolatoren sind, als negativ elektrische; beim Uebergange aus Kuchen in Metali als positiv elektri¬ sche Wellen. Die von der untern Harzkuchenflache reflektirten positiv 23 elektrisehen Wellen interferiren mit den von der obern Kuchenflache kommenden reflektirten und direkten negativ elektrisehen Wellen, und die resultirende Welle ist wegen der grossern Intensitat der negativen Componente negativ elektriseb. Diese letztere geht theihveise in die Zinkplatte und das Goldblattchen, theiliveise wird sie als positiv elek- trisebe Welle in den Harzkucben reflektirt u. s. w. Somit bleibt die fhce Zinkplatte negativ elektrisch mit abnehmender Intensitat. Wird nun der Harzkuchen von der Zinkplatte abgelioben, so ist diese posi¬ tiv elektrisch, welche Erscbeinung bei der Influenz bereits erklart wor- don ist. Daraus folgt zur Erklarung des Elektropliors: Zink mit dem negativ elektrisehen Harzkucben in Beriihrung gebracht, gerath in negativ elektrische Schwingungen, aus dieser Beriihrung entfernt, in positiv elektrische Schwingungen. Legt man aber auf den negativ elektrisehen auf der fixen Zink¬ platte aufliegenden Harzkuchen eine zweite mit isolirendem Handgriffe versehene Zinkplatte, so wird die fixe Zinkplatte positiv elektrisch. Denn die negative E. des Harzkuchens geht auf dem nachsten Wege zum Theile in die aufliegende Zinkplatte, und der au der Ueber- gangsgrenze reflektirte Theil geht mit positiv elektrisehen Wellen durch den Kuchen theihveise in die fixe Zinkplatte, theihveise wird er an der Uebergangsgrenze mit negativ elektrisehen Wellen gegen die obere Zinkplatte reflektirt u. s. w. Aus den Interferenzen ent- steht daher mit : Riicksicht auf die obere Zinkplatte ein negativ elek- trischer, und mit Riicksicht auf die untere Zinkplatte ein positiv elektrischer Wellenzug als Resultirende. Wird nun die obere Zink¬ platte ableitend beriihrt, also ihrer negativ elektrisehen Schwingungen beraubt, und dann isolirt abgelioben, so ist nach dem oben angeftihr- ten Versuche die vom Harzkuchen entfernte Zinkplatte positiv elek¬ trisch, wahrend der Harzkuchen und die fixe Zinkplatte negative E. haben. Wird aber die obere Zinkplatte ohne vorausgegangene Dara- pfung ihrer negativ elektrisehen Sclnvingungen isolirt vom Kuchen abgelioben, so neutralisiren sich die in ihr beitn Aufliegen auf dem Kuchen erregten negativen mit den beim Abheben entstandenen posi- tiven Schwingungen, und die abgchobene Zinkplatte zeigt keine E. Wenn man statt Zink andere Metalle nimmt, so bleibt die Erschei- nung dieselbe, wie bei Zinkplatten. Dasselbe findet statt, wenn die eine Platto von Zink, die andere von Kupfer ist. 24 Diese Theorie des Elektrophors stiitzt sich auf Versuche und allgemeine Selnvingungsgesetze, daher lialte icli sie fur die richtige. §• 10. Condensator, lejdner Flasche. Del' Condensator scheint mir ein Apparat von unsicherer Leistung wegen der elektrisclien Erscheinungen belm Nahern und Ent- fernen des Harzes nnd Metalles §. 9, wodurch die angestrebten Re- sultate durcb Nebenwirkungen getriibt werden. Nacbfolgende Versuche dienen zur Erklarung des Condensators. Zwischen die fixe und be- wegliche Platte des Eechner’scben Elektroskopes wurde ein diinnes Kautschukblatt gelegt, und die untere Flache der fixen Platte wurde mit Seide gerieben. Das Goldblattchen zeigte — E. Darauf wurde die bewegliche Platte an der isolirenden Handbabe abgeboben, und das Goldblattchen zeigte starkere — E. ohue Unterschied, mochte die bewegliohe Platte vor dem Abheben ableitend beriihrt worden sein oder nicht. In einem anderen Versuche ivurde die mit Katzen- fell geriebene Harzstange mit der fixen Platte in Beriihrung gebracht, und das Goldblattchen zeigte — E., und nach Abhebung der beiveg- lichen Platte und Entfemung der Harzstange — E. Bei Wiederho- lung dieses Versuches, bei ivelchem vorausgegangene Beriihrung der beweglichen Platte mit dem Einger ohne Einfluss blieb, traten die gleichen Erscheinungen mit abnehmender Intensitat auf. Am Conden¬ sator selbst beobachtete iclT bei Anwendung der Harzstange nach Ab¬ hebung der Condensatorplatte ohne vorausgegangene Ableitung, einen Ausschlag der Goldblattchen; wahrend der Ableitung der aufliegenden Condensatorplatte ein Zusammenschlagen der Blattchen und ein star- keres Divergiren derselben nach erfolgtem Abheben. Die Erklarung der erzahlten Ercheinungen ist im §. 9 enthalten mit Ausnahme des entgegengesetzten Ausscldages des Goldblattchens bei Enlfernung des elektrischen Harzstabes, welche letzte Erscheinung gegen das Ende des §. 8 erklart worden ist. Bei der Leydnerflasche pflanzen sich die an der innern Be- legung geweckten positiv elektrischen Wellen theihveise in das Glas fort, theilweise werden sie an der Uebergangsgrenze zur innern Be- legung reflektirt. Die im Glase fortschreitenden positiv elektrischen Wellen gehen theibrase in die aussere Belegung liber, theilvreise 25 werden sie an der Uebergangsgrenze als negativ elektrisehe Wellen in das Glas reflektirt. Ist die Flasche mit dem Erdboden in leitender Verbindung, so verlieren sich die positiv elektrischen Wellen der aus- sern Belegung im unbegrenzten Leiter, und in ihr iverden durch die negativen Scbwingungen des benachbarten Glases auch negativ elek- trische Wellen erregt. Im Glase interferiren die reflektirten negativ elektrischen Wellen mit den direkten positiv elektrischen, und es pflanzen sich wieder positiv elektrisehe VVellen aus dem Glase in die aussere Belegung theihveise fort, theihveise werden sie als negativ elektrisehe VVellen in das Glas reflektirt. Die neu angekommenen po¬ sitiv elektrischen Wellen in der aussern Belegung interferiren mit den vorhandenen negativ elektrischen "VVellen, und geben zu resultirenden negativ elektrisehe Wellen in der aussern Belegung, welche durch die reflektirten negativ elektrischen Wellen des benachbarten Glases ver- starkt werden u. s. w. Auf diese Art wachst bei fortgesetzter Ladung der innern Belegung mit positiver E. die Intensitat der negativen E. in der ausseren Belegung, und die Flasche wird geladen. Wenn man aber der innern Belegung negative E. zufuhrt, so erlialt nacli der ge- gebenen Erklarung die aussere Belegung positive E. Ist die zu ladende Leydnerflasche isolirt aufgesellt, so verschvvin- den die positiv elektrischen Wellen, welche die aussere Belegung das erste Mal erhalten bat, nicht so schnell und so vollstandig, daber ent- steht aus ihnen und aus den durch die reflektirten negativ elektrischen "VVellen des benachbarten Glases eine schwachere negativ elektrisehe Welle in der aussern Belegung, daher kann eine solehe Flasche nie so stark geladen werden, als die nicht isolirt aufgestellte. Wird den entgegengesetzten elektrischen VVellen beider Belegun- gen die angestrebte Vereinigung durch einen guten Leiter ermoglicht, so neutralisiren sie sich, aber im ersten Augenblicke nicht ganzlicb, theils wegen der grossen Sclnvingungsintensitat der Theilchen der Be- leguugen, theils \vegen des verhaltnissraassig kleinen Querschnittes des Leiters. §• H. Elektrischer Strom. Nacli der Fluidumshvpothese wird der elelektrische Strom folgen- der VVeise erklart. Man denke sich Punkte des Leiters, welche nacb 26 seiner Lfiugo in kiirzester Linie liegen. Wenn einer dieser Punkte elektriscli govvorden ist, so wird seine E. von dom ilin unmittelbar beriihrenden Punkte abgeleitet. Die elektriscbe Diclitigkeit des ersten Punktes nimmt ab, die des ziveiten zu solange, bis der zweite Punkt die Dichtigkeit des ersten erlangt bat. Darauf viederhoklt sich das- selbe Spiel zwischen dem zweiten und dritten Punkte u. s. w. Ein eigener elektriseher Zustand, der in einer Zunakme und dann in einer Abnahme der Dichtigkeit besteht, wird jeden Punkt ergreifen, und dann zu einem andern in einer bestimmten Zeit iibergehen. Was in einem Punkte des Leiters geschieht, gilt gleicbzeitig fur den ganzen durch ihn gelegten Querscbnitt. Legt man auf die oben besprockene Linie senkrechte Schnitte nacli der ganzen Lange des Leiters, so er- halt man an einander grenzende Querscbnitte. Alle Punkte eiues sol- chen Quersclmittes \verden gleicbzeitig elektriscli und unelektrisch, und die Entladung gebt durch den Leiter, indem sicb ein bestimmter elek- trischer Zustand von einem Querschnitte zum naclistfolgenden fortpflanzt. Diese Eortpflanzung gebt von beiden Enden des Leiters in entgegenge- setzten Richtungen, ibre Gescbwindigkeit hangt muthmasslicli von der Dichtigkeit der E. im Erreger und von der Beschaffenheit des Leiters ab. Nach der Vibrations - Tlieorie dagegen lautet die Erklarung des elektriscben Stromes: In jedem Elektrizitatserreger entstehen entge- gengesetzt elektriscbe Wellen, vvelcbe in den sie beriibrenden Quer- schnitten des Leiters ibnen gleicbartige Wellen wecken. Somit pflan- zen sicb im Leiter, rvelcber an jedem seiner Enden die eine der beiden Formen elektriseher Wellen erbalt, diese in entgegengesetzten Richtungen von einem Ende desselben zum andern fort, und heben sicb in jedem Querschnitte des Leiters auf, sobald seine Natur und seine Dimensionen die Eortpflanzung nicht bemmen. Liisst sicb der Leiter in Wellen, deren Intensitat jener des Erregers entspricht, nicht versetzen, oder wird die Leitung unterbrochen, oder in einen Leiter, welcber die Wellen des ersten nicht mit gleicber Intensitat fortzulei- ten vermag, gefuhrt, so treten elektriscbe Wirkungen auf. Ueberdies ist zu bemerken, dass der Strom ein Resultat aus elektriscben Ele- mentanvellen ist, welche sich zu .einer resultirenden Welle combini- ren. Ich glaube, dass die oherflacblich liegenden Elementarwellen des Leiters wegen der freiern Bevvegung der Leitertbeilchen intensiver sind, als die an der Axe des Leiters fortschreitenden Elementar- 27 wellen. Die Gesclnvindigkeit der elektrischen Wellen liangt vou d or Sclnvingungsdaner eiues Theilchens, und die Intensitat von der Schwingungsintensitat und Menge der Tlieilcken des Erregers zunachst ab, und wird iiberdies durch die Beschaffenheit des Leiters modifi- zirt. Daber gibt die Reibungs-Elektrizitat einen vorsugsweise intensiv starken Strom; die Contact-Elektrizitat gibt einen intensiv starken Strom beim Gebrauche vieler galvanischer Elemente, und einen quan- titativ starken Strom beim Gebrauche eines Elementes mit grossen Elektromotorenflacben, §. 13 . Elektrisclie Jnduction. In der Elektrizitatslehre vverden die Induetions - Erscheinungen ohne alle Erkliirung aufgezablt; die Vibrations-Theorie vermag sie zu erklaren. Beispielweise. fiiltre icb einen Inductionsfall hier an. „Beim Beginne des primaren Stromes im Hauptleiter A B ent- steht im Nebenleiter A’ B’ ein sekundarer Strom mit entgegengesetz- ter Richtung und momentaner Dauer; beim Aufhoren des primaren Stromes entsteht ein sekundarer mit gleicher Richtung und momenta¬ ner Dauer. “ Zur Unterstiitzung der Erklarung dieser Ersclieinung wird an den messingenen Goldblattchentrager des Elektroskopes ein Messingdrabt oder Holzstab angesckraubt, und die mit amalgamirtem Leder geriebene Glasstange nahe parallel vom obern Ende des Mes- singdrahtes, Holzstabes gegen das Goldblattcben, oder vom Goldblatt- chen gegen das obere Ende gefuhrt. Im ersten Falle zeigt das Gold- blattchen negative, im zweiten positive E. Denn die Glasstange mit ihren positiv elektrischen Sclnvingungen weckt durch Influenz in jedem Querschnitte des Drahtes, Ilolzes elektrisclie Schwingungen, und zvrar in der nahern Halfte des Querschnittes negativ elektrisclie, in der entferntern Halfte positiv elektrisclie Sclnvingungen. Wird die Glas¬ stange in irgend einem Querschnitte des Leiters ruhig gehalten, so streben die negativ elektrischen Sclnvingungen des Querschnittes zu den positiv elektrischen Sclnvingungen der Glasstange, und die posi¬ tiv elektrischen Sclnvingungen des Querschnittes pflanzen sicli in das Goldblattchen fort. Wird aber die Glasstange am Leiter fortbewegt, so ricliten die influcnzirten Querschritto ilirc negativ elektrischen Schwin- gungen gegen den jedesmaligen Stand der influenzirenden Glasstange, 28 und ihre positiv elektrischen Schivingungen von der Glasstange weg. Somit sirni bcim Herabgange der Glasstange die induzirten positiv elek- trischen Schvvinguiigen im Leiter vom Goldblattchen abgewendet, und beim Hinaufgange der Glasstange dem Goldblattchen zugewendet. Da¬ ber entsteht beim Beginne des primaren Stromes im Hauptleiter ein sekundarer Strom im Nebenleiter mit entgegengesctzter Richtung. Die¬ sel' sekundare Strom bat eine momentane Dauer, weil bei fortdauern- dem primaren Strome jeder Querschnitt dieses Stromes im entsprechen- den Querschnitte des Nebenleiters elektrische Schwingungen influenzirt, welclie senkrecht auf die Lange des Nebenleiters gericlitet sind, folglich in ihm keinen . elektrischen Strom geben. Anderartige Impulse zur Fortdauer des sekundaren Stromes sind keine vorlianden. Wenn man die positiv elektrische Glasstange dem Goldblattchen des Elektroskopes nahcrt,.so \vird das Goldblattchen positiv elektriseh influenzirt; wenn man die Glasstange aus der bisherigen Nahe ent- fernt, so zeigt das Goldblattchen negative E. Letzteres findet auch statt, wenn man die positiv infiuenzirende Glasstange in ihrer un- geanderten Stelluug mit der Hand beriihrt, ihr also die wirksamen influenzirenden Schwingungen benimmt. Dadurch bekommt namlich das Goldblattchen den friihern entgegengesetzte Impulse, und zeigt da- her eine der friihern entgegengesetzte E. Aus eben dieser Ursache entsteht beim Aufhoren des primaren Stromes ein sekundarer Strom, \velcher dem primaren gleich gerichtet ist. Dieser beim Aufhoren des primaren entstandene sekundare Strom hat ebenfalls nur momentane Dauer, weil kein neuer Impuls elektrische Schwingungen im Neben¬ leiter kervorruft. Die elektrische Induction stimmt also mit jenem Falle der In- fluenz iiberein, in welchem der infiuenzirende Korper in Bewegung ist. §. 13 . Mechanische Wirkangen der E. Der Leiter wird durch den Strom verbogen, zerrissen, zerschmet- tert. Diese Wirkungen richten sich nacli der Starke des Stromes, nach der Form und materielen Beschaffenheit des Leiters. Die erste mechanische Wirkung, die ein diinner Leitdraht erfahrt, besteht in einer merkbaren Erschiitterung des Drahtes, und in dem Losreissen der Metalltheilcheu von seiner Oberfliiche, die sich in Gestalt eines 29 dichfen, grauen Dampfes erheben. Pel ti er fand, dass gut leitende Schliessungsdrahte, wenn sie aueh gegen aussere Einfliisse geschiitzt sind, durch Einwirkung eines andauernden Stroraes nach einer gewis- sen Zeit sprode und briicliig werden; der Herzog zu Leuchtenberg bemerkte an verhaltnissmassig schwaelien Stromen, dass sie bleibende Veranderungen in dem Molekularzustande der Drahte hervorbringen. Die mechanisehen "VVirkungen sind besonders auffallend, wenn der Strom durcli Isolatoren geleitet wird. Eine Luft- oder Gasmasse wird durcbbrochen, und nach allen Seiten geschleudert. Abria bat mittelst Kreidepulver gezeigt, dass die durcli E. erzeugte Bewegung der Lnfttheilchen jener ahnlieh ist, welche durcli Knallerbsen oder durch Seifenblasen, welche mit Knallgas gefiillt sind, hervorgebraclit wird. Ein fester Isolator wird bei binreicbender elektriscber Intensitat durchbohrt und zerschmettert. Das Holz wird gevrohnlich gespalten, und in Stiicken umhergeworfen, durcli Glas und Glimmer wird ein Loch geschlagen. Auf hartem Glase, Bergkristalle und anderen harten Mineralien zeichnet die nach ihrer Oberflacbe geleitete Elektrizitat solcbe Spnren, als ob die Politur durch groben Sand fortgescheuert ware. Auf 'vreichem Glase, Glimmer und weichen Kvistallen haben die Spuren eine Beschaffenheit, welche auf chemische Aendemng der Ma- terie in einiger Tiefe deutet. Lockere, unvollkommene Isolatoren als Papier, Baumwolle iverden von der Elektrizitat leicht durchbohrt. Ein Flocken zusammengedrtickter Baurmvolle als Verbinder des Ausladers wird durch die Elektrizitat nach allen Seiten zerzaust und aufgelockert. Die Wirkung der Elektrizitat auf Flussigkeiten ist jener auf feste Iso¬ latoren analog. Befindet sich die Fliissigkeit in einer verschlossenen Glasrohre, durch deren Enden die Leitungsdrahte geben, so wird die Rolire zerschmettert. Quecksilber als Elektrode angewendet, stieg in Form eines Kegels auf, wenn es positiv war, und sank bedeutend un- ter der Spitze, wenn es negativ war. Alle mechanisehen Wirkungen der E. deuten auf eine schwin- gende Bewegung der Leitertheilchen und unterstiitzen die Vibrations- Theorie der Elektrizitat. Ist die Intensitat des Stromes, entweder an sicli oder mit Riicksicht auf die Beschaffenheit des Leiters so gross, dass die scbivingenden Leitertheilchen ihre Elastizitatsgrenze iiberschrei- ten, so. erleidet der Leiter entweder eine Veranderung in seinem Mo¬ lekularzustande oder die Theilchen verlieren ihre Coharenz. An Isola¬ toren , deren Theilchen sich schwer in elektrische Schwingungen 30 versetzen lassen, sind diese Wirkungen besonders auffallend. Die durck ein Gas dringende Elektrizitat versetzt es in solche Schwingun- gen, wie jede andere gleicbartige Storung des molekularen Gleicbge- wichtes. Das weiche Glas, dessen Theilchen sicb leiehter in schrvin- gende Bervegung versetzen lassen, als jene des harten, zoigt die Wirkungen der Elektrizitat in grosserer Tiefe als das harte Glas. Die kegelfiirmige Hebung des Quecksilbers am positiven Pole, und die Senkung am negativen spricht fur verdiditete Wellen der positiven, und fur verdiinnte Wellen der negativen Elektrizitat, und fur die Fortpflanzung der elektriscben Wellen in der Eicbtung des Stromes. §. 14 . Warmende und leuchtende Wirkungen der E. Wenn man den elektrischen Strom nach und nacb steigert, tre- ten die tbermischen Wirkungen in folgender Eeibe auf. Der Dralit wird warm, er wird erschiittert, er erhiilt Einbiegungen, er gliiht, er reisst von seinem Befestigungspunkte ab, er zersplittert, er scbmilzt, er zerstaubt. Die Temperatur des Leitungsdrahtes, bei weleher er gliibt, ist nacb Eiess zu nieder, um das Gliihen aus der gesetzliehen Steigerung der Envarmung des Drahtes zu erklaren. Wenn Feuer auf ein Metali wirkt, so erkitzt es dasselbe fortwahrend als ganze zusammenbangende Masse bis zum Schmelzen; die Elektrizitat hinge- gen erbitzt das Metali unverletzt nur bis zu Temperaturen, die tief unter dem Scbmelzpunkte liegen, und scbmilzt stets durcb gleichzei- tige Zerkleinerung und Erbitzung. Den von Eiess angegebenen thermiscben Wirkungen der Eei- bungselektrizitat wollen wir wegen der daraus zu ziehenden F^olge- rungen noch einige aus dem Galvanismus, Marbach 2. Aufl. anrei- ben. Wabrend der Dauer des galva:iischen Stromes konnen im Lei- ter selbst die strengfltissigsten Metalle geschmolzen werden. Man nimmt zu derlei Versucben sebr dimne Platin- oder Eisendriihte. Ebenso bringt der galvanische Strom sehr glanzende Lichterscbeinun- gen liervor, wenn man an die Poldralite Kohlenspitzen befestigt, und letztere mit einander beruhrt. Der Licbtbogen, rvelcber sicli durch eine grossere Kette erbalten liisst, bat meist cine zilindrische oder ellipsoidische Gestalt, dessen grosste Dicke in der Mitte ist, und dessen obere Seite eine convexe Biegung annimmt. Der Licbtbogen 31 zeigt sich auch zwischen z\vei Metallspifzen, und selbst zwisehen einer Metallspitze und einer Metallplatte. Als Breda den Abstand zwi- sclien z\vei Kugeln als Strompolen, oder zwischen einer Kugel ittid einer Platte hinreicliend klein nalim, brachte er obne vorhergebenden Contact einen Metallfaden liervor, der die beiden Elektroden mit einander verkniipfte. Die Ablagerung der fortgefiihrten Substanz bildet auf der Platte, wenn sie negativ, und die Spitze positiv ist, eine Art von selir regelmassigem Eing, dessen Mittelpunkt die Projection der Spitze auf die Platte ist. Da dieses sowobl bei vertikaler als borizontaler Lage der Platte stattfindet, so gibt sich darin eine bestimmte Eicbtung in der Eortfiibrung der Substanz von dem positiven zum negativen Pol zu erkennen. Mit einer Grove’schen Saule aus 50 Elementen und in hochst verdiinnter Luft bildete sich, wenn eine Platinplatte als posi- tiver, und eine Platinspitze als negativer Pol diente, auf der ersteren ein blaulicher, vollkommen rurider Eleck ganz vom Anseben der No- biliscben Einge. In atmosphiirischer Luft erschien derselbe Eleck, allein von balb so grossem Durchmesser und von viel weniger lebbaften Earben. Bei Umkehrung der Pole erbielt die Platte von der positiv elektrischen Spitze einen weissen runden Eleck, welclier aus einer ungebeuren Zalil kleiner Platinkornchen bestand, welcbe eine hohe Temperatur erlitten haben, und an der Platte liaften blieben. Der Fleck war in verdiinnter Luft viel grosser als im Vacuum. Spitzen und Platten von Eisen, Silber, Kupfer gaben abnliche Eesultate. Die Silber- und Kupferplatten zeigten als positive Elektroden sehr ent- schiedene Vertiefungen. Eine Spitze und Platte von Kupfer gaben einen Bogen von schonem griinen Lichte. Sind beide Spitzen von gleichem Metalle, so wird nur die positive ibrer ganzen Lange nacb gltihend. Die Frage, an welcbem Pole sicb vorzugsvveise Licht, an wel- chem Warme entwickelt, hat Neeff durch Versuche entscbieden. Mit Hilfe des Mikroskopes unterscliied er zwei verscbiedene Licktarten. Die erste besteht aus glšinzend iveissen, aber unmessbar kleinen Piinktcheu von lebliaftem Glanze, \velche am Platin festsitzen, sei nun die Ebene des Platinplattcliens oder die koniscbe Spitze des Platindrahtes negativer Pol. Die Liclitpunkte sind hocbst feine Spit¬ zen der rauhen Oberfiacbe, ivelcbes Licbt man bei der Keibungs-Elek- trizitiit Spitzenliclit nennt, Die andere Lichtart nennt Neeff Flamme, 32 da sie einer schwach leuchtenden violetten Flamme gleicht. Erscheint sie an der Spitze, so umgibt sie diese als leuchtende Hiille; tritt sie aber am Pliittchen auf, so liegt sie auf dessen Ebene. Das sichtbare Gesammtphanomen rtihrt stets vom negativen Pole her. Je kleiner das Lichtphanomen ist, desto vveisser; je grosser, um so violetter er- scheint es. Die Thatsacbe, dass das Licht ausschliesslieh am negati¬ ven Pole auftritt, brachte Neef auf die Vermuthung, dass die War- meentwicklung vorzugsweise dem positiven Pole angehoren moge. Versuche haben diese Vermuthung bestatigt. Moigno erzahlt, dass er die Entstehung des Licbtes am negativen Pole im grossen Massstabe bei Rumkorff gesehen babe. Man brachte in das Vacuum zwei Platinkugeln als Pole eines Inductionsstromes. Die negative Kugel war leuehtend und relativ kalt, die positive dunkel und relativ warm. Naeh der Vibrations-Theorie lassen sicli die thermischen Wirkun- gen der E. folgender Weise erklaren. Wenn sebr intensive Schvrin- gungen der Stromquelle zur Bildung weniger Elementarwellen vereinigt, und iiberdies auf Theilchen, \velche fiir elektriscbe Scbwingungen nicht besonders geeignet sind, iibertragen vverden, so gehen sie in Warme- und Licbtschwingungen iiber, und zwar die negativ elektriscben in Lichtsclnvingungen, die positiv elektriscben in Warmeschwingungen. Dass Schwingungen der Korpertheilchen Warme erregen, bewei- set die Entstehung der Warme durch Eeibung, Stoss, Scblag; dass Warmeschwingungen elektriscbe wecken, haben wir bei der Thermo- elektrizitat §. 5 besprochen. Umgekehrt beobachten wir bei hinrei- chend intensiven elektrischen Schrvingungen das Auftreten der Warme- schwingungen. Nach dem Schmelzungsvorgange eines Elektrizitatsleiters zu urtheilen, erleichtern elektriscbe Schvvingungen die durch Warme- Schwingungen angestrebte Volumensvergrosserung und Verschiebung der Theilchen, daher die Temperatur des schmelzenden Leiterdrahtes unter seiner gewohnlichen Schmelz-Temperatur liegt, und die bereits geschmolzenen oberflachlich liegenden Schichten abgestossen werden. N e eff sah zwar auf beiden Elektroden von Platina sehr feine Spitzen auf rauher Oberflache aufsitzen; doch scheinen mir diese Spitzen nur an der negativen Elektrode aus Substanzgewinn, an der positiven aus Substanzverlust herzuruhren. Denn die Beobachtung Moigno’s stellt ausser Zweifel, dass vorzugsweise an der positiven Elektrode W;irme auftritt, also nur von dieser die schwingenden Theilchen in der 33 Schwingungsrichtung fortgerissen, und an der negativen Elektrode abgelagert werden konnen. Dass Licktschwingungen, namentlich die der minder intensiven Lichtstrahlen elektrische Sclnvingungen wecken, liaben wir bei Erkla- rung der Elektrochemie §. 4 bereits bemerkt. Die aus elektrischen Schwingungen hervorgehenden Lichtsckwingungen ara negativen Pole behalten die Eortpflanzungsrichtung bei. Die entstebenden Lichtwellen gelien aus elektrischen EIementarwellen hervor, daher decken sie die Elache der negativen Polplatte, und umhullen die negative Polspitze. Die im §. 11 gegebene Erklarung des elektrischen Stromes wird durch Entstehung des Einges oder des runden Eleckes an der Elektrode bestatigt. Ist die eine Elektrode eine Platte, die andere eine Spitze, so fallt der Mittelpuukt des Einges mit der verlangerten Spitze zu- sammen. Der Eleck an der positiven Platte (Lichtfleck) ist in ver- diinnter Luft lebhafter blau und grosser als in atmospharischer; der Eleck an der negativen Platte (Warmefleck) besteht aus Platinkornchen und ist in verdiinnter Luft grosser als im Vacuum. Es pflanzet sich namlich Licht in diinnerer, und Warme in dichterer Luft besser fort. Der Fleck ist desto weisser, je dichter die Platinkornchen an einander liegen; desto violetter, je entwickelter die Lichtschwingungen sind. Der Lichtbogen zwisehen den Polen hat die Form der Lagerung der Elementanvellen im Leiter beibehalten, und hat im schlechten Leiter einen grossern Querschnitt angenommen. Dort, wo sich positiv und negativ elektrische Wellen begegnen, kriimmt er sich dem Luftzuge folgend convex nach oben. §. 15 . Schall erregende Wirkung der E. Ueber das Tonen der Leiter, durch welclie E. strifmt, hat de la Eive Versuche angestellt. In eisernen Drahten und Štaben ent- stand ein Ton, ahnlich jenem eines Savart’schen gezahnten Eades, wenn durch diese Leiter ein discontinuirlicher Strom ging. Es wer- den aucli musikalische Tone geliort, und zwar die harmonischen von solcher Art, wie sie der Draht oder Štab durch Querschwingungen gibt. Man kann sie zum Verschwinden bringen, wenn man den Kor- per mit der Hand anfasst, ohne dass dadurch das eigentliche Derausch aufhort, Die Art des Toneš ist verschieden nach der Geschwindigkeit, VJI, Jahrgang, $ 34 mit welcher die discontinuirlichen Strome einander folgen. Ist dieser Wechsel sehr rasch, so ahnelt der Ton dem Gerausche eines stark wehenden Windes. Die Lange des Drahtes liat keinen Einfluss auf die Art des Toneš, sondern nur auf die Intensitat desselben insofern, als bei schwacheren Stromen eine geringere Drahtlange erforderlicli ist, wenn der Ton merklicli sein soli. Der Ton, rvelchen verschiodene Metalle geben, wenn sie einen discontinuirlichen Strom leiten, sclieint nacb de la Rive herzuriihren von periodischer Verschiebung der Mo¬ lekule. Zur Hervorbringung dieser Vibrationen, rvelclie sowohl sicht- bar als horbar sind, bedarf es elektrischer Strome von grosser Intensitat. Nocb muss ich meines eigenen Versuches errvalmen, welcher mir zwar nur bei sehr trockener, kalter Luft gelungen ist, aber dessen ungeachtet ftir die Vibrations-Tbeorie der E. entschieden spricbt. Ein Fensterfliigel wurde in der Nahe einer Van Marunfschen Elektrisirma- scbine, welcbe 3 Zoll lange Funken gibt, so aufgestellt, dass die Mitte einer Fensterscheibe von dem kugelformigen Conductor, welc'ber 8 Zoll Durcbmesser hat, in der Verlangerung des horizontalen Durch- messers gemessen 6 Zoll abstand, und die Flache dieser Fenster¬ scheibe gegen diesen Durchmesser bei 70° Neigung hatte. Der Con¬ ductor blieb isolirt, und die Masehine wurde in Thatigkeit gesetzt. Die Fensterscheibe gab nun ganz deutlich den Ton nahe C, weleher in regelmassigen Intervallen stossweise sich warnehmen liess, und mit dem Grundtone des Pfeifenapparates verglichen wurde. Dieser Ver- such wurde im Marž im ungeheizten Kabinete gemacht, und das Eingehen auf Modalitaten und Bedingungen des Versuches wurde auf spatere Zeit verschoben. Allein in den Monaten April, Mai und Juni wollte der Versuch selbst bei kraftiger Wirkung der Masehine nicht gelingen. Daber halte ich eine niedere Lufttemperatur, bei welcher intensive elektrische Luftschwingungen entstehen, fur die erste Bedin- gung des Gelingens dieses Versuches. Die Erklarung der elektrischen Schallerregung ist die von de la Rive angedeutete. Damit der Stromleiter in SchallscbwinguDgen versetzt werde, miissen sehr starke, gleichnamige, entgegengesetzt gerichtete Strome in kitrzesten Intervallen einander begegnen, oder mit andern Worten: Die Leitertheilchen miissen in sehr intensive, gleichartige, aber entgegengesetzt gerichtete Schwingungen sehr schnell binter einander versetzt werden, Dadurch entstehen wie bei einfachen 35 Reflexionen stehende elektriscke Wellen von solcher Intensitat, dass sie den Schall zu erregen vermogen. Die Schwingungen der Leiter- theilchen bleiben in der Regel, wenn sie auch in Scballscliwingungen iibergegangen sind, der Lange des Leiters parallel; in manchen Fal- len . scheinen die elektrischen Langenschwingungen in Querschwingun- gen des Schalles iiberzugehen. . Diese Sehallschvmgungen konnen durch Dampfung aus Tonschivingungen in Gerauschschwingungen um- gewandelt, aber nicbt ganz unterdriickt werden, sobald der disconti- nuirliche Strom fortdauert. Der Umstand, dass die Lange des Drali- tes keinen, wohl aber die Intensitat des Stromes einen Einfluss auf die Art des Toneš tibt, spricbt fiir die gegebene Erklarung. Diese Unabhangigkeit des Toneš von der Lange des Leiters ist analog den verschiedenen Tonen, welche ein verscbieden intensives Anblasen der- selben Pfeife entlockt. §. 16 . PhysioIogische Wirkungen der E. Der elektrisehe Strom durcliziebt den ganzen Theil des Korpers zwischen den beiden mit den Poldrahten verbundenen Stellen, aussert aber die starkste Wirkung an diesen Stellen selbst. Bringt man nack Rit ter einen Pinger von jeder Hand mit den discontinuirlich elek- trisehen Polen in innige Beriihrung, so wird der Pinger am negati¬ ven Pole von seinem Verbindungsorte mit dem Stromerreger nacb iunen zu wie in geraden Linien schneidend durcbdrungen. Alles, was sicb mit diesem Pinger im Augenblicke des Sehlages zutragt, ge- schielit ibm wie von aussen nacb innen, und man kann den ganzen Vorgang mit keinem bessern Namen als dem einer Contraction im eigentlichen Sinne des Wortes belegen. Dem Pinger auf der positiven Seite hingegen wird im Augenblicke des Sehlages seine Hillle gleich- sam zu eng. Statt dass im andern Finger alles in sebneidenden Stralilen nach innen kineingeht, will in diesem alles von innen nacb aussen. Der Pinger befindet sich in einem Zustande von Auftreibung und Spannung, als ivenn er entziindet und angescbwollen ware. Diese Charakteristik der Wirkung zeigt sich auch in andern Theilen des Korpers. Die Wirkung der E. auf andere Sinnesorgane besteht in Erscheinungen, welche den natiirlicken Punktionen dieser Organe ent- sprecken. Das Auge eieht einen blitzahnlichen Lichtschein, das Ohr 3 * 36 empfmdet ein eigenthiimliches Gerausch, eine Art von Zischen. Ritter unterscheidet deti Scliall im Ohre nach Verschiedenlieit des eingefiihr- ten Poles, und schreibt dem negativen Pole einen tiefern Ton zu. Die pbysiologischen Ersclieinungen sprechen ebenfalls fur die Annalime elektrischer Wellen in der von mir angenommenen Form und Richtung. §. 17 . Elektrodjnamische Wirkungen der E. Diese wollen wir in zwei Fallen betrachten, und nacli der Vi- brations-Theorie zu erklaren suehen. 1. „Zwei parallele Scbliessungsdrahte zieken einander an, weun der elektrisebe Strom in beiden nacb derselben Riebtung gebt; sie stossen einander ab, wenn die Strome entgegengesetzte Riebtung haben.“ Es seien die beiden Scbliessungsdrahte A B und A’ B’ mit gleichgerichteten gleicknamigen Stromen. Die elektrischen Schwingun- gen irgend eines Querschnittes a des Drahtes A B erregen durcb In- fluenz im Querschnitte a’ des Drahtes A’ B’, weleher Querschnitt mit a in derselben Ebene liegt, und zwar in der naheren Halfte entge¬ gengesetzte Schwingungen. Daher wird der Querschnitt a’ vom Quer- scbnitte a in der gemeinschaftlichen Ebene angezogen. Das gleiche gilt von jedem andern Querschnitte des Drahtes A’ B’ mit Riicksicht auf den entsprechenden Querschnitt des Drahtes A B. Somit ziebt der Draht A B nach seiner ganzen Lange den Draht A’ B’ an. Aus gleicher Ursache und auf gleiche Art zieht aber auch der Draht A’ B’ den Draht A B. So sclrvvach auch die gegenseitigen Anziehungen der einzelnen Querschnitte sind, so wachst doch ihre Summe zu einer merkbaren Grosse an, und dies ohne bedeutende Storung der Strome selbst. Haben aber die Strome der parallelen Schliessungsdrahte ent¬ gegengesetzte Richtungen, so entstehen im Strome A B Influenzwellen, welche mit A B gleichartig sind, weil der beginnende positive Strom B’ A’ im benachbarten Leiter A B positiv elektrisebe Schwingungen in der Richtung A B induzirt; ebenso entstehen im Strome B’ A’ mit ihm gleichartige Inductionswellen. Diese Inductionswellen verstarken die urspriinglichen elektrischen Wellen des zugehorigen Stromes, und die beiden Strome streben in die geradlinige Riebtung A B B’ A’, da- ber sie sich abstossen, oder vjelmehr drehen. 37 2. „Zwei geradlinige Leiter, die einen Winkel mit- einander bilclen, ziehen sicli gegenseitig an, wenn der elektrisclie Strom in beidcn zugleicli zum Scheitel oder vorn Scheitel des Winkels gelit; sie stossen einander ab, wenn der Strom in dem einen Leiter zum Scheitel, in dem andern vom Scheitel des Winkels geht.“ Es seien A B und A’ B’ die beiden einen Winkel mit einander bildenden Leiter, a und a’ homolog gelegene Punkte in denselben, q und q’ die dureh diese Punkte gelegten, auf die Stromrichtung senk- rechten Querschnitte. Die Ebenen der Querschnitte q und q’ bilden mit einander einen Neigungswinkel, welcher den Winkel der Leiter auf 180° erganzt. Da diese Querschnitte bei gleichgerickteten Skro¬ men in beiden Leitern dureh Influenz auf einander anziehend wirken, so suchen sie sich in dieselbe Ebene zu stellen. Das gleiche gilt von jedem Paare zusammengehijriger Querschnitte, also streben die Leiter iti die einander parallele Lage. Haben aber die Strome in den beiden Leitern die entgegengesetzte Richtung, so stossen die zusammengeho- rigen Querschnitte aus dem unter 1 angegebenen Grunde einander ab, also entfernen sich die Leiter von einander. Die Vergleichung meiner Erklarungen der elektrischen Induc- tion und der elektrodynamischen Wirkungen zeigt, dass ich eine Influenzwirkung in allen vom elektrischen Korper ausgehenden Rich- tungen fiir zulassig halte. Denn ich betrachte jedes Theilclien des elektrischen Korpers als eine Quelle elektriseher Schwingungen, welche nach allen Richtungen von diesem Theilchen aus in den be- nachharten materielen Theilchen erregt werden. Die Influenzwirkung, welche ein in der Scbwingungsrichtung der Stromtheilchen liegender Korper erfahrt, ist unter sonst gleichen Umstanden der Wellenbewe- gung gemass die kraftigste. Sie nimmt an Intensitat ab, je grosser der Winkel ist, den die Influenzrichtung mit der Stromrichtung bil- det, daher am sclnvachsten, wenn letzterer Winkel ein rechter ist. Somit ist die Influenzwirkung bei der Induction nocli eine kraftige, obwokl nur von momentaner Dauer; dagegen ist sie bei elektrodyna- mischen Erscheinungen eine schwache, welche sich in der gegensei- tigen Anziehung oder Abstossung der Stromleiter aussert. ' ■ . ■ ' f.r ■ ' . ■ - . ■ • ' : : /.■ ,• ft5«V;’. 'talifUMfija f.r-s ■ : ’ ■■■}:• --'L i ;.V; < ■' ib •<■■>:<<<>;. ' i" ' ■ • ;' ■: U7m'f j ’ ' , vi . • . . ... i . , .« ! ' " • ' ■ ■ Lehrplan. I. Classe. Classenvorstand: Herr Maurus Peringer. 1. Religion: Kurze Uebersicht der Glaubenslehren, nach dem R e g e n s b u r g e r Katechismus. Wocbentlieb 2 Stunden. Religionslehrer Othmar Gachoivetz. 2. L a t e i n is ch e Spraebe: Formenlehre der wichtigsten regel- massigen Flexionen., eingeiibt in beiderseitigen Uebersetzungen aus dem lateinischen Elementarbucb von Maurus S c h i n n a g 1; Memoriren, spater hausliches Aufschreiben von Uebersetzungen; vvochentlich eine halbe Stunde fiir eine Composition. Wocbentlich 8 Stunden. Prof. Maurus Peringer. 3. Deutsche Sprache: G-rammatik (nach dem Leitfaden von Dr. J. C. A. Heyse), zusammengesetzter Satz, Pormenlehre des Verbum 1 Stunde; orthographische Uebungen 1 Stunde; Lesen, Sprechen, Vortragen 1 Stunde; Aufsatze 1 Stunde; im 2. Semester 1 Aufsatz jede Wocbe oder alle 2 Wochen als hausliche Arbeit. Lektiire aus Mozart’s Lesebuche I. Bd. Wochentlich 4 Stunden. Prof. Maurus Peringer. 4. Geographie und Gescbichte: Topische Geograpbie der ganzen Erde; Hauptpunkte der politischen Geograpbie, als Grund- lage des geschiehtliehen Unterricbtes — nach J. Bel lin g er’s Leitfaden der Geographie; Anknupfiing biographischer Schilderun- gen als Vorbereitung des historischen Unterrichtes; Uebungen im Kartenzeichnen. Wocbentlich 3 Stunden. Suppl. Othmar Gachowetz. 40 5. Matkematik: Im 1. Semester 3 Stunden Eechnen: Erganzung zu den 4 Species und den Briichen; Decimalbriiche. Im 2. Semester 2 Stunden Anschauungslehre: Linie, Win- kel, Parallel-Linien, Construction von Dreiecken und Paralle- logrammen, und dadurch Veranschaulichung ihrer Haupteigen- sckaften; 1 Stunde Eechnen — nack Močnik’s Lekrbuch der Aritkmetik und Dr. P. K. Hillardt’s geoinetrisclien Wandtafeln. Wochentlich 3 Stunden. Prof. Ambros Pauler, 6. Naturgeschichte: Zoologie, im 1. Semester: Saugethiere; im 2. Semester: Krustazeen, Insekten etc. — nach A. P o k o r n y’s »Naturgeschichte des Thierreiches.“ Wockentlick 2 Stunden. Prof. Meinrad v. Gallenstein. II. Classe. Classenvorstand: Hen- Ignaz Kowald. 1. E e ligi o n: „Erklarung der Ceremonien und Gebrauclie unserer heil. katholischen Kirche“ (8. Auflage, Eger). Wochentlich 2 Stunden. Eeligionslelirer Othmav Gachoivetz. 2. Lateiniscke Sprache: Im ersten Semester Formenlekre der selteneren und unregelmassigen Flexionen; im 2. Semester Er- weiterung der syutaktischen Formen, und die Lekre vom Acc. c. Inf. und die Ablativi absoluti; Einiibung wie in der I. Classe; Memoriren, spater auch kausliches Prapariren — nack Dr. Ferd. Sckulz’s kleiner lateiniscker Spracklekre; Lektiire aus M. Sckin- nagl’s lat. Lesebucke; ivochentlick 1 Sckulpensum von einer kalben Stunde, alle 14 Tage 1 Hauspensum. Wochentlich 8 Stunden. Prof. Ignaz Koruald. 3. Deutsche Sprache: Grammatik (nack dem Leitfaden von Dr. J. C. A. Heyse), Satzverbindungen, Verkiirzungen etc., Formenlekre des Nomen, 1 Stunde; Lesen, Sprechen, Vortragen 2 Stunden — Lekture aus Mozart’s Lesebucke II. Band; Aufsatze 1 Stunde; alle 2 Wochen ein Aufsatz als hausliche Arbeit. Wochentlich 4 Stunden. Prof. Ignaz Kowald. 41 4. Gescliichte utici Geographie: Alte Gescliichte bis 476 n. Chr. mit vorausgehender Geographie jedes in der Geschicbte vor- kommenden Landes, auf Grundlage der in der I. Classe vorge- tragenen allgemeineu Geograpliie — nach dem Grundriss der Geographie und Gesehiclite von Wilh. Prit z; Febungen im Kartenzeicknen. Wocbentlich 3 Stunden. SuppJ. Othmar Gachovoetz. 5. Mathematik: Im 1. Semester 2 Stunden Eeehnen, 1 Stunde Anschauungslehre; im 2. Semester 1 Stunde Eeehnen, 2 Stunden Anschauungslehre. Eeehnen: Proportion, Eegeldetri mit ihren versebiedenen An- vvendungen, Masskunde etc. nach Močnik. Anschauungslehre: Grossenbestimmung und Berechnung der drei- und mehrseitigen Figur en.; Verwandlung und Theilung der- selben; Bestimmung der Gestalt der Dreiecke — mit Beniitzung der geometrischen Wandtafeln von Dr. P. K. Hillardt. Wochentlich 3 Stunden. Prof. Amhros Pauler. 6. Na tur ge s chi eh te: Im 1. Semester Vogel, Amphibien, Pische, nach A. P o k o r>n y, wie oben; im 2. Semester Botanik nach Pokorny’s „Naturgesehichte des Pflanzenreiches.“ Wochentlich 2 Stunden. Prof. Meinrad v. Gallenstein, Sli. Classe. Classenvorstand: Herr Meinrad v. Gallenstein. 1. E e 1 i g i o n: Eeligionsgeschichte des alten Bundes , verbunden mit det biblischen Geographie und Archaologie -— nach Dr. J. S c h u s t e r’ s „ bibl. Geschichte. “ 'VVochentlich 2 Stunden. Eeligionslehrer Othniar Gachovoetz. 2. Lateinische Spraehe: 2 Stunden Grammatik, Casuslehre — nach Dr. Ferdinand Schulz’s kleiner lateinischer Sprachlehre; 4 Stunden Lekture „Historja antiqua“ von E. Hoffmann, 1, 2,3,8, 10, 11 und 12. Buch ; alle 14 Tage ein Schulpeusum von 1 Stunde; im 1. Semester jede Woche, im 2. Semester alle 14 Tage ein Hauspensum. Wochentlich 6 Stunden. Prof. Meinrad v. Gallenstein 42 3. G r i e c h i s c h e S p r a c h c: Regelmassige Formenlehre bis zu den Verbis mit verstarktem Praesens-Stammo — nach Dr. Kuhner’s Elementargrammatik; Uebersetzungen der Lesestiicke in der Grammatik; Memoriren, Prapariren; — im 2. Semester alle 14 Tage ein Hauspensum, alle 4 Wochen eine Schulaufgabe. Wochentlich 5 Stunden. Prof. Arnbros Pauler. 4. Deutsche Sp rac h e: 2 Stunden Lesen und Vortrag von me- morirten Gedichten und prosaischen Aufsatzen — Lesebuch von Mozart HI. Band; 1 Stunde Aufsatze; alle 14 Tage ein Auf- satz als hausliche Arbeit. Wochentlich 3 Stunden. Prof. Meinrad v. Gallenstein. 5. Geschichte und Geographie: Im 1. Semester mittlere, im 2. Semester neuere Geschichte — nach Welter’s „Lehrbuch der Weltgeschichte im Auszuge“ mit Hervorhebung der Haupt- ereignisse aus der Geschichte des osterreichischen Staates; die Geographie der in der Geschichte vorkommenden Lander vrarde jedesmal vorausgeschickt; Uebungen im Kartenzeichnen. Wochentlich 3 Stunden. Prof. Moriz Bossbacher. 6. Mathematik: Vertheilt wie in der II. Classe. Eechnen: 4 Species in Buchstaben , Klammern, Potenziren , Qua- drat- und Kubikwurzeln, Permutationen, Combinationen — nach M o č n i k’ s Lehrbuch der Arithmetik. Anschauungslehre: Der Kreis mit mannigfachen Constructionen in ihm und um ihn, Inhalt und Umfangsberechnung — mit Be- niitzung der geometr. Wandtafeln von Dr. F. K. Hillardt. Wochentlich 3 Stunden. Prof. J. Chrysost. Sepper. 7. Nat ur geschichte: Mineralogie — nach der mineralogischen Anschauungslehre von Jos. Stocker. Wochentlich 2 Stunden im 1. Semester. Prof, Meinrad v. Gallenstein. 8. Physik: Allgemeine Eigenschaften der Korper, Aggfegat-Zu- stande, Grundstoffe, Warmelehre — nach S-chabus Naturlehre fiir Unterrealschulen und Untergymnasien. Wochentlich 2 Stunden im 2. Semester. Prof. Anibros Pauler. 43 Vi. Classe. Classenvorstand: Herr Engelbert Pasi er. 1. Religion: Religionsgeschichte des neuen Bundes, und kurze Geschickte der Kirclie bis auf unsere Zeit — nach dei' bibl. Geschiehte von Dr. J. Schuster. Wochentlich 2 Stunden. Religionslehrer: Othmar Gachoivetz. 2. Lateinische Sprache: 3 — 2 Stuuden Grammatik, Modus- und Tempuslehre — nach der kleinen lateinischen Sprachlehre von Dr. Ferd. Schulz; gegen Ende des 2. Semesters eine kurze Abhandlung liber die lateinische Prosodie; 3 — 4 Stunden Lekture des Julius Caesar de bello gallico, die ersten 8 Bticher, und zur Einiibung der Prosodie ausgewahlte Briefe von O vid nach G r y s a r; jede Woche ein Haus- und ein Schulpeiisum, Wochentlich 6 Stunden. Prof. Engelbert Pasler. 3. Griechische Sprache: Wiederholung der regelmassigen For- menlehre in Verbindung mit den Unregelmassigkeiten beim No- men und Verbum; aus der Syntax Gebrauch des Artikels, der Genera, Tempora und Modi des Verbi, — nach Dr. Kit h n er’s Elementargrammatik; Uebersetzung aus der griechischen Chresto- mathie von Feldbausch und Siipfle; alle 14 Tage ein Haus- pensum, alle 4 Wochen eine Sehul-Composition. Wochentlieh 4 Stunden. Prof. Benedikt v. Romani. 4. Deutsche Sprache: Wie in der III. Classe; Lesebuch von Mozart, IV. Band. Wochentlich 3 Stunden. Prof. Engelbert Pasler. 5. Geschiehte und Geographie: Im 1. Semester Schluss der neueren Geschiehte — nach W el ter’ s Lehrbuch der Weltge- schichte; zusammenfassende und erganzende Wiederholung des geographischeu Unterrichtes; im 2. Semester populare Vaterlands- kunde (nach dem Lehrbuche „osterreichische Vaterlandskunde"), als Einleitung hiezu eine kurze tabellarische Zusammenstellung der Hauptmomente der osterreichischen Geschiehte. Uebungen im Kartenzeichnen. Wochentlich 3 Stunden. Prof. Moriz Rossbachef. 44 6, Mathematik: Vertheilt wie in cler II. Classe. Rechnen: Zusammengesetzte Verhaltnisse mit Amvendung, Glei- chungen des 1. Grades mit 1 Unbekannteu — nach Močnik’s Lehrbuch der Arithmetik. Anschauungslebre: Stereometrische Ansehauungslehre, Lage von Linien und Ebenen gegen einander, korperliche Winkel; Haupt- arten dcr Korper, ihre Gestalt und Grossenbestimmung — mit Beniitzung von Modellen. Wochentlicb 3 Stunden. Prof. J. Chrysost. Sepper. 7. Physik: Gleickgewicht und Bewegung, Akustik, Optik, Magne- tismus, Elektricitat, Hauptpunkte der Astronomie und pliysischen Geographie — nacli S c b a b u s Naturlehre ftir Unterrealscbulen und Untergymnasien. Wochentlich 3 Stunden. Prof. Arnbros Pauler, V. Classe. Classenvorstand: Herr J. Chrysostomus Sepper. 1. Religion: Im 1. Semester die vorcbristlichen Offenbaruugen nebst einer kurzgefassten Einleitung in die heil. Schriften des alten Bundes; im 2. Semester die cbristlicbe Offenbarung nebst einer kurzgefassten Einleitung in die heil. Biicher des neuen Bundes — nacb Dr. Mar ti n’s Lehrbuche. Woehentlich 2 Stunden. Religionslehrer Benno Scheitz. 2. Lateiniscbe Sp rac h e: 5 Stunden Lektiire aus T. L i v i i "ab urbe condita librorum partes selectae, ed. C. J. Grysar I. XXI. und XXII. Bucb, und aus P. Ovidii Nasonis carmina selecta ed. C. J. Grysar Metamorph. ausgewahlte Stiicke; 1 Stunde grammatisch - stilistische Uebungen nach Siipfle; jede Woche 1 Haus- und 1 Scbulpensum. Wochentlich 6 Stunden. Prof. Engelbert Pasler. 3. Griechische Sprache: Alle.8Tage 1 Stunde grammatische Uebungen — nach Dr. Kiibner’s Elementargrammatik; Lek- 45 tiire: Xenoph. Anab. I. urni V. Buch, im 1. Semester 4 Stunden, im 2. Semester 1 Stunde; Homer. Ilias II. und III. Gesang (oach P. Hocheggers Auszug), im 2. Semester 3 Stunden; Praparation mit Memoriren der Vocabeln; alle 4 Wochen ein Plauspensum und eine Scbul - Composition. Woclientlich 5 Stunden. Prof. Benedikt v. Romani. 4. Deutsche S p r a c h e: 1 Stuude Lekture und Erklarung einer Auswahl von Musterstiicken aus der neueren Literatur, aus J. Mozart’s deutschem Lesebucbe fiir die oberen Classen der Gymnasien I. Bd.; 1 Stunde Besprechen der Aufgaben und Zu- riickgabe der corrigirten Aufsatze; alle 14 Tagc ein Aufsatz als hauslieke Arbeit, alle 4 Wochen 1 Schulcomposition. Wochentlich 2 Stunden. Suppl. Benno Scheitz. 5. Geschichte und Geographie: Alte Geschichte bis zur Un- terjochung Griecbenlands durch die Horn er -— nach dem Lehr- buche der Geographie und Geschichte von Piitz; die Geogra¬ phie der betreffenden Lander wurde jedesmal vorausgeschickt. Wocbentlicli 3 Stunden. Prof. Maurus Peringer. G. Mathematik: Algebra 2 Stunden. Zahlensystem, Begriff der Addition, Subtraction etc., nebst Ableitung der negativen, irra- tionalen, imaginaren Grossen; die 4 Species in algebraischen Ausdriicken; Eigenschaft und Theilbarkeit der Zahlen; vollstan- dige Lehre der Briiche. Geometrie 2 Stunden — Longimetrie und Planimetrie — nach Močnik. Wochentlich 4 Stunden. Prof. J. Chrysost. Sepper. 7. Naturgeschichte: Im 1. Semester Mineralogie in enger Ver bindung mit Geognosie, nach Sigmund P e 11 o o k e r’ s „Anfangs- griinde der Mineralogie.* Im 2. Semester Botanik in enger Aerbindung mit Palaontologie und geographiseher Verbreitung der Pflanzen, nach Dr. Georg Bill. Wochentlich 2 Stunden. Direktor Dr, Johann Burger, 46 VI. Classe. Classenvorstand: Herr Rudolf Sorinaun. 1. Eeligion: Die besondere katboiisclie Glaubenslehre, nacb Dr. Martin’ s Lekrbuche. Woclientlich 2 Stunden. Beligionslehrer Benno Scheitz. 2. Lateiniscke Spracke:5 Stunden Lekture. C. Jul. Cae- šaris Comment. de bello eiv. Lib. I.; C. Sallustii bellum Jugurthinum 60 Capitel; P. Virgilii Aen. Lib. I. und II. und Eeloga I. u. V. nacli Em. Hoffman n’s Epitome; — 1 Stunde grammatisch-stilistiscbe Uebungen nach Siipfle; alle 14 Tage ein Hauspensum, alle 4 Wochen eine Schul-Composition. Wochentlicb 6 Stunden. Prof. Rudolf Sormann. 3. Griechiseke Spracbe: Alle 8 Tage 1 Stunde grammatische Uebungen — nach Dr. K ti h n er’ s Elementar-Grammatik; Lek¬ ture: im 1. Semester X e no p h. Cyropaed. VIL Buch, 2 Stun¬ den; Homer. Ilias XXII. und XXIII. Gesang, 2 Stunden; im 2. Semester Herodot de bello pers. VI. Buck, 3 Stun¬ den; Homer. Ilias XXIV. Gesang, 1 Stunde (nach F. Hoch- e g g e r’ s Auszug); Pensa und Compositionen \vie in der V. Classe. Wochentlich 5 Stunden. Prof. Benedikt v. Romani. 4. Deutsche Sprache: 2 Stunden Lekture und Erklarung einer Ausivahl aus dem Mittelhochdeutsehen und aus der neuhochdeut- schen Literatur bis H e r d e r, mit gedrangter Uebersicht der Lite- rarhistorischen; Lesebiicher von Karl Weinkold und Mozart II. Bd.; Aufsatze wie in der V. Classe. "VVochentlick 3 Stunden. Prof. Rudolf Sormann. 5. Gesckichte und Geographie: Im 1. Semester romische Ge- schichte bis zur Voikerwandemng; im 2. Semester mittlere Ge- schichte bis zum Papst Gregor VII., mit besonderer Eticksicht- nahme auf die Geschichte des osterreichischen Staates — nach P ii t z; Geographie wie in der V. Classe. IVochentlich 3 Stunden. Prof. Rainer Graf. 47 6. Mathematik: Vertheilt wie in d er II. Classe. Algebra: Potenz, Wurzel, Logarithmen , Gleicbungen des 1. Grades mit 1 und mebreren Dnbekannten. Reduction algebrai- scber Ausdriicke. Geometrie: Stereometrie und Trigonometrie. Nach Močnik. Wocbentlich 3 Stunden. Prof. Carl Robida. 7. Naturgeschiehte: Zoologie in enger Verbindung mit Palaon- tologie und geographischer Verbreitung der Thiere, nach Dr. L. K. S e lun ar d a. Wochentlich 2 Stunden. Direktor Dr. Johann Burger. YII. Classe. Classenvorsfaisd: Herr Rainer Grafi 1. Religion: Die besondere katholische Sittenlekre — nach Dr. M a r t i n’ s Lehrbuche. Wochentlich 2 Stunden. Religionslehrer Benno Scheitz. 2. Lateinische Sp ra eh e: 4 Stunden Lekture. Cie er o’s Re¬ den gegen Catilina, pro lege Manilia und pro Marcello; VirgiFs Aen. III., VI., VIII. und XII. Gesang und eine Auswahl aus Ge¬ org. Lib. I. und II. nach E. HoffmaniFs Epitome; 1 Stttnde grammatisch-stilistische Uebungen nach Siipfle; alle 14 Tage ein Hauspensum, alle 4 Wochen eine Schul-Composition. Wochentlich 5 Stunden. Prof. Rudolf Sormann. 3. Griechische Sprache: Lekture Xenoph. Cyropaedie und Anabasis mit Auswahl, nach SchenkeFs Chrestomathie; Homer’s Odyss. I., X., XI. und XII. Gesang, nach HocheggePs Epi¬ tome; Herod. VII. Buch, nach Wilhelm; alle 14 Tage 1 Stunde grammatische Uebungen; alle 4 Wochen ein Haus¬ pensum und eine Schul-Composition. Wochentlieh 4 Stunden. Prof. Dr. Carlmann Flor. 4. Deutsche Sprache: 2 Stunden Fortsetzung und Schluss der Lekture und Literaturgeschichte seit H e r d e r; Lesebuch von M o- zart (I. Band; Aufsatze wie in der V. Classe. Wocheutlicb 3 Stunden. Suppl. Benno Scheitz. 48 5. Geschiclite und Geographie: Im 1. Semester mittlere Ge- schichte bis zum Ausgange des Mittelalters; im 2. Semester neuere Geschiclite bis zum Schlusse des 17. Jahrhunderts -— mit beson- derer Riicksicht auf die Geschiclite des osterreickischen Staates — nacli Piitz; Geographie wie in der V. Classe. Wochentlich 3 Stunden. Prof. Rainer Graf. 6. Mathematik: Vertheilt wie in der II. Classe. Algebra: Unbestimmte Gleickungen des 1. Grades, quadrati- sche Gleickungen mit 1 Unbekannten , Progressionen, Combinations- lehre und binomiseher Lehrsatz, Elemente der Wahrscheinlich- keitsrecknung. Geometrie: Anwendung der Algebra auf die Geometrie, analy- tische Geometrie in der Ebene, nebst Kegelschnitten. Nacli Močnik. Wochentlick 3 Stunden. Prof. Carl Robida. 7. Phy sik: Allgemeine Eigenschaften; chemische Verbindung; Gleich- gevvicht und Bewegung; Wellenlehre und Akustik — nach Baum- gartner’s „Anfangsgriinde der Naturlehre." Wochentlich 3 Stunden. Prof. Carl Robida. 8. Philosophische Propadeutik: Allgemeine Logik —- nach Dr. J o s. Beck’s Grundriss der Logik. Woclientlick 2 Stunden. Prof. J. Chrysost. Sepper. VIII. Classe. Classenvorstand: Herr Carl Robida. 1. Religion: Die Lehre von der Kirclie und die Kircliengeschichte — nach Dr. Jos. F e s s 1 o r’ s Handbuch der Kirchengeschickte. Wochentlich 3 Stunden. Religionslehrer Benno Scheitz. 2. Lateinische Sprache: 4 Stunden Lekture. Tacit. Annal. I. bis VI. Buch mitAuswalil; Horat. ausgewahlte Oden, Satiren, Briefe (nach Grysar’s Auswahl); 1 Stunde granimatisch - stilisti- sche Uebungen nach Siipfle; alle 14 Tage ein Hauspensum, 49 zuvveilen ein lateinischer Aufsatz in Beziehung auf die Lektiire, ali« 4 Wochen 1 Schul-Composition, Wochentlich 5 Stunden. Prof. Dr. Carlmann Flor, 3. Griechische Sprache: Lekture, P lat o n’s Apologie des Socrates, und Criton ed. Ludwig; Homer’s Odyss. 5., 6., 14. 15. und 16. Gesang; X e n o p k. Memorab. mit Auswahl; Grain- matik und Pensen wie in der VII. Classe. Wochentlich 5 Stunden. Prof. Dr. Carlmann Flor. 4. Deutsche Sprache: 2 Stunden Lekture von Musterstticken vom aesthetischen Gesichtspunkte aus in Verbindung mit analyti- scher Aesthetik. Lesebuch von Mozart III. Band. 1 Stunde Bespreehen der Aufgaben und Zuriickgabe der corrigirten Aufsatze. Alle 14 Tage oder 3 Woehen ein Aufsatz als bausliche Arbeit, und 1 Schul-Composition. Wochentlich 3 Stunden. Prof. Rainer Graf. 5. Geschichte und Geographie: Im 1. Semester Schluss der neueren Geschichte, mit besonderer Rucksichtnahme auf die Ge¬ schichte des osterreichischen Staates -— naeh P lit z; im 2. Seme¬ ster: Kunde des osterreich. Staates, d. h. genauere Kenntniss der wesentlichsten erdkundlichen und statistischen Verhaltnisse dieses Staates — nach Prasch „Handbueh der Statistik der osterrei¬ chischen Monarchie." Wochentlich 3 Stunden. Prof. Rainer Graf. 6, Mathematik: Uebungen in Losung mathematiscker Probleme; zusammenfassende Wiederholung des mathematischeu Unterrichtes. Wochentlich 1 Stunde. Prof Carl Robida. 7. P h y s i k: Magnetismus, Elektrizitat, Warme, Optik, Anfangs- griinde der Astronomie und Meteorologie — nach Baumgart- ner’s B Anfangsgriinde der Naturlehre.* Wochentlich 3 Stunden. VII. Jahrgang. Prof. Carl Robida, 4 50 8. Philosophische Propadeutik: Empirische Psyeliologie — nach Lichtenfels. Wochentlich 2 Stunden. Prof. J. Chrysost. Sepper. Slovenische Sprache. Der Unterricht, in der slovenisclien Sprache wurde in 4 Abtheilungen, je 2 Stunden vvochentlich, ertheilt. I. Abtheilung fiir deutsche Anfanger: Formenlehre und die wichtigsten Regeln aus der Syntax nach dem Lehrbuche „leichtfassliche slovenische Sprachlehre,“ 3. Auflage, von A. Janežič; alle 14 Tage eine schriftliche Aufgabe. H. Abtheilung fiir getihtere Deutsche: Lekture, Formen- und Satzlehre nach obiger Grammatik; alle 14 Tage eine schriftliche Schulaufgabe. III, Abtheilung fiir Slovenen des Unter-Gymnasiums: Formen- und Satzlehre nach „ slovenska slovnica in slovst¬ vena zgodovina" von A. Janežič; als Lesebuch „ slovensko berilo za 3. gimnazialni razred" von B 1 ei w ei s; alle 14 Tage eine schriftliche Schulaufgabe. IV. Abtheilung fiir Slovenen des Ober-Gymnasiums: Grammatik, Wortfiigung und Wortbildung; slovenische Literaturgeschichte — nach -slovenska slovnica" von A. J a- nežic; als Lesebuch „slovensko berilo za 6. gimnazialni rasred," von Dr. Franc Mikložič; alle 14 Tage eine Schulaufgabe. Suppl. A. Janežič. Freie Gegenstande. 1. Schreib-Unterricht, Wochentlich 2 Stunden. Prof, Rudolf Sormann. 51 2. It ali eni seli e S p ra c h e. Nadi der Grammatik von A. J. v. F o r n a s a r i - V e r c e. Wochentlich 5 Stunden. Prof. Rainer Graf. 3. Zei ch en unterricht. Wochentlich 6 Stunden. Lehrer Fram Hauser, 4. Gesangsunterriclit. Wochentlich 4 Stunden in zwei Abthei - lungen. 5. Unterricht in der Gy m n as ti k. Lehrer Ignaz Francisci. Lehrer Carl Meinhardt. 6. Unterricht in der Stenographie. Lehrer Josef Šetlik. Zuwachs an Lehrmitteln des G y m naši u m s. I. Biicher und Landkarten, der Gymnasial - Bibliothek ehorig, als: 1. Friedrich Bauer, Grundziige der neuhochdeutschen Gram- matik fur hohere Bildungsanstalten. 4. fiir Oesterreicb be- stimmte Aufl. Nordlingen, C. H. Beck. 1857. 2. G? n er als tab s -Kart e des Konigreichs Illyrien, 7 Blatter auf Leiuwand gezogen. 3. Gene ral-K ar te des Konigreichs 111 y r i e n mit dem Lito- rale, auf Leimvand mit Querleisten. 4. Erdkarte in Mercator s Projection von H. K i e p e r t. Berlin, D. Keimer. 1856. Auf Leinwand mit Querleisten. 5. Spec ial-Ka rte der Markgrafschaft M ah r e n mit dem Her- zogthume S c h le si en, nach der neuen politischen und gericht- lichen Eintheilung. 1854. 6. Arnold Guyot, Grundziige der vergleiclienden physikalischen Erdkunde in Beziehung zur Geschichte des Menschen. Deutsch bearbeitet von Dr. Heinrich Birnbaum. Leipzig, J. C. Hinrichs. 1851. 7. Mittheilungen aus dem Gebiete der Statistik. Herausgegeben von der Direktion der administrativen Statistik im k. k. Handels-Ministerium. IV. Jahrgang, 2., 3., 5. Heft. — V. Jahrgang, 2. Heft. Wien. 1855. 1856. 53 8. P. Sigmund F o 11 o c k e r, Lehrbucb der Mineralogie und Geognosie fiir Obergymnasien und Oberrealschulen. Wien, C. Gerold’s Sohn. 1855. 2. Aufl. 9. P. Sigmund Fellocker, Anschauungsunterricht in der Mine¬ ralogie, fiir die k. k. Untergymnasien und Unterrealschulen bearbeitet. Wien, C. Gerold’s Sohn. 1857. 10. Eduard Sc.hmidlin, populare Botanik. Zugleich ein Hand- buch zum Bestimmen der Pflanzen auf Excursionen. Mit mehr als 1600 colorirten Abbildungen. Stuttgart, Krais und Hoff¬ manu. 1857. 11. Na d elin, kalligraphische Vorlegeblatter. 2. Abthlg. 24 deutsche Vorschriften. Stuttgart, E. Schweizerbart. 12. Dr. Ch. Weiss, Vorlegeblatter zum Unterricht im Schonschrei- ben. III. Cursus. 4 Hefte. Leipzig, C. B. Lorck. 13. August Bruno, Vorlegeblatter zur Erlernung des Schon- scbreibens. 3 Hefte fiir die lateinisehe Handschrift. Hannover, C. Hornemann. 14. L. Strahlendorff, grundliche Anweisung zur Erlernung einer sehonen und gelaufigen Handschrift in 24 Lektionen. 3. Aufl. Mit 32 in Stein gravirten Tafeln. Berlin. 1857. 15. Bernhardt Kotli e, katholische MannerchSre fiir alle Zeiten des Kirchenjahres zum Gebrauche fiir Kirchen, Gymnasien etc. Oppeln, W.. Clar. 16. Zeitsclirift fiir die osterreichischen Gymnasien. VIII. Jahrgang. 1857, Wien, C. Gerold’s Sohn. 17. Julius Kayser, griechisehe Worter und Wortfamilien zur Forderung des Aus wen d igl eni en s. Darmstadt, Leopold Dietzsch. 1856. 18. Jos. Seheda, Sehuhvandkarten, als: die Planigobien, Mitteleuropa und E u r o p a — sammt Anleitung und Er- klarung. Wien, k. k. Schulbiicher-Verlag. 19. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. 1855. VI. Jahrgang. Nro. 4. und 1856. VII. Jahrgang Nro. 1., 2., 3. Wien, k. k. Hof- und Staatsdruckerei. 20. -Giuseppe Fr app ort i, sulla filosofia di Dante Alighieri Commentario. Vicenza, G. Longo. 1855. Anmerkung, Nr. 1 — 16 wurden aus den Anfnahmstaxen heigesehafft, Nr. 17 und 18 vom h. Unterrichts-Ministerium, Nr. 19 von der Direktion der k. k. geologischen Reichsanstalt und Nr. 20 von der k. k. Delegation von Vi¬ cenza eingesendet. 54 II, Das physikalische Kabinet vvurde vermehrt durcb 2 Skalen-Ariiometer, 1 Haarrohrchensystem, 1 Elektrophor von Guttaperclia, 1 Stereoskop mit 6 Ansichten, 1 Tellurium , 1 diamagnetischen Apparat. III. Das naturhistorische Kabinet wurde vermehrt durch 13 Skelette nnd einen bedeutenden Zuwachs zur Kafersammlung, letzteres ein Gesebenk des Gymnasialschulers Alois Goban z. Fortsetzung des Auszuges aus den gesetzlichen, die Gjnmasialscliiiler betreffenden Bestiminungen. (Siehe IH., IV., V. und VI. Programm.) A. Das hohe Unterrichts - Ministerium, ddo. 8. Juni 1856 Zahl 5217 verordnet als Erganzung der Vorschrift in Betreff des Aus- leihens von Biicbern z um bauslichen Gebranche aus Bibliotheken offentlieber Lebranstalten Folgendes: 1) An Orten, wo sich eine k. k. Studienbibliothek und zugleich zwar keine Universitat, aber eine theologische oder k. k. medizinisch- ehirurgische Studienanstalt, oder ein Obergymnasium, oder aber eine Oberrealscbule oder sonst eine hohere Speziallehranstalt befindet, wird die Befugniss, Biicher aus der genannten Bibliotbek zu entlehnen und dieselben zu Hanse zu benutzen, auch den Zoglingen dieser Lebran¬ stalten, jedoch mit Ausscbluss der Untergymnasial- und Unterrealsehii- ler zugestanden. 2) Die Befreiung vom Erlage der Caution kommt aucb diesen Zoglingen zu statten, wenn sie von dem Vorsteher der Lehranstalt, an weleber sie eingeschrieben sind, und ihren Sludien obliegen, in Ansebung ibrer Strebsamkeit und ihres soliden Charakters dem Biblio- tbeksvorstande besonders empfoblen, und vom letztern dieser Begiin- stigung wurdig erachtet werden. B. Das bobe Unterrichts - Ministerium hat mit Erlass vom 11. Marž 1857 Zahl 4395 fiir die als offentlicbe Unterrichtsanstalten erklarten Gymnasien angeordnet: 1) Die Anzahl der Sehiiler einer Classe darf nicbt iiber 50 betragen. 2) Da, wo die Scbiilerzabl dieses Maximum iibersteigt, ist eine solche Classe . in zwei Abtbeilungen aufzulosen, welche, so lange das 55 Bediirfniss dauert, als Nebenclassen neben einander zu besteben baben. Die Vertbeilung der -Schiller in solchen Fallen darf jedocb nicht in der Weise vorgenommen werden, dass mit Auswahl der einen Ab- theilung die besseren, der andern die schw8chern Schiiler zugewiesen iverden. C, Knndmachung wegen Aufnabme von Militar- und Ci vil-Z oglingen in das k. k. Mil i tar - Thi er - Ar zn ei-In- stitut tur das Schuljahr 1857/58. Ftir das kommende Studienjabr 1857/58 werden an dem k. k. MilitSr-Thier-Arznei-Institute Militar- und Civil-Sehiiler, und zivar er- stere ftir Aerarial-FreiplStze und ftir Zahlplatze aufgenommen. Der Lebrkurs dauert durcb 3 Jahre. — Die Bedingungen und Erforder- nisse zur Aufnahme sind folgende: 1. Miissen die Aspiranten osterreichische Staatsangehorige sein. 2. Miissen dieselben das 17. Lebensjahr vollendet und diirfen das 24. nicht iiberschritten baben. 3. Eine gesunde und kraftige Leibesbescbafienbeit und vollkom- mene physische Taugliehkeit zur Erflillung aller Pflichten und zu den Verrichtungen des kiinftigen militarthierarztlichen Berufes besitzen. 4. Der Nachweis liber die, ivenigstens mit Erhalt der 1. Fort- gangsklasse stattgefundene Absolvirung des Untergymnasiums oder der der Unterrealsckule. 5. Die Nachireisung tiber untadelhaftes Vorleben und gutes sitt- liches Betragen des Aspiranten. 6. Der Erlag des Equipirungsgeldes im JBetrage von 100 fl. beim Eintritte in das Institut. Mittellose Aspiranten auf Militar-Aerarialplatze mit sebr guten Fortgangsclassen und Sittenzeugnissen werden auch mit Nachsicht vom Erlage des Equipirungsgeldes aufgenommen. 7. Die Verpfiichtung, naeh Ablegung der strengen Priifungen und erlangtem Diplome acht Jahre als Thierarzte in der k. k. Armee zu dienen. Die Geniisse und Vortbeile der Zoglinge bestehen in Folgendem 1. Sie erbalten die Unterkunft und volle Verpflegung in der Art \vie in den iibrigen k. k. Militar-Akademien. 2. Ein monatliches Pauschale von 10 fl. ftir Kleidung, Biicher, Schreib.materialien, Instandhaltung der vom Hause mitzubringenden Wasche etc., 2 fl. davon sind als Taschengeld bestimmt. 3. Sie geniessen ferner den vollstiindigen Unterricht in der Tbier- heilkunde unentgeldlich und sind 4. von der Entricbtung der fiir Civilschiiler vorgeschriebenen Eigo- rosen und Diplomstase befreit. 5. Die Zoglinge \verden nach Absolvirung des Lehrkurses und entsprechender Ablegung der strengen Priifungen als Thierarzte appro- birt, und es werden ihnen hieriiber die Diplome ausgefertiget, durcb 56 \velche sie alle Rechte erhalten, die den an k. k. Thierarznei-Instituten ilberhaupt kreirten Thierarzten zukommen. 6. Nach erlangtem Diplome werden die Militarzoglinge als Unter- Thierarzle mit dem Gehalte von 300 fl. in der k. k. Armee angestellt, nnd haben das Vorriickungsreebt in die hoheren Chargen von Thierarz¬ ten 2. und 1. Classe, mit welchem die Gehalte von 400, 500, 700 und 900 fl. nebst den entsprechenden iibrigen Beziigen verbunden sind. 7. Den an dem k. k. Militar-Thierarznei-Institute gebildeten Mili- tar-Thierarzten wird bei Bewerbung um eine Anstellung im Civil-Staats- dienste der absolute Vorzug vor allen Ci vil-Thierarzten eingeraumt, wenn sie 12 Jahre zur Zufriedenheit im Militar Dienste geleistet haben. Die Zoglinge, welchen ein Aerarial-Freiplatz verliehen wird, wer- den unentgeldlich verpflegt, die Zahlzoglinge miissen hiefur eine Ver- giitung leisten. Gegemvartig ist der Betrag fur Zahlplatze auf 250 fl. jahrlich festgesetzt, und wird in der Folge von Zeit zu Zeit naeh den Theuerungsverhaltnissen geregelt. Dieser Betrag ist in y 2 jahrigen Ratcn in vorhinein, u. ziv. mit Beginn eines jeden Studiensemesters bei dem Militar-Commandanteu des Institutes zu erlegen. Zahlzoglingen, welche im 1. Studienjahre durchaus sehr gute Fortgangsklassen erhalten haben, und deren Auffiihrung ohne Tadel ist, kann auf gemeinsehaftlichen Antrag des Studiendirektors und des Mili- tar-Commandanten ein Aerarialfreiplatz fur die fernere Studienzeit vom Armee-Ober-Commando verliehen vverden. Die Gesuche um Verleihung von Militar-Aerarial- oder Zahlplatzen sind von den Eltern oder Vormiindern der Aspiranten von nun an bis langstens 10. August 1. J. bei der Direktion des k. k. Militar-Thierarznei- Institutes in Wien einzubringen. In dem Gesuche muss ausgedriickt sein: ob der Aspirant als Mili¬ tar-Aerarial- oder Zahlzogling aufgenommen zu werden wunscht, und es miissen demselben folgende Dokumente beiliegen: , 1. Der Taufsehein, 2. das Impfungszeugniss, 3. das von einem graduirten Militararzte ausgestellte Zeugniss iiber die physische Qualifi- kation des Aspiranten, 4. das Sittenzeugniss, 5. die gesammten Sclml- und Studienzeugnisse. Jene Bewerber, welche ihre Studien unterbroehen haben, miissen sich iiber ihre Beschaftigung oder sonstige Verwendung rvahrend der Dauer der unterbrochenen Studienzeit legal ausweisen. 6. Die ausdriickliche Erklarung, boi der Aufnahme das Equipi- rungsgeld im Betrage von 100 fl. und bei Aspiranten auf Zahlplatze den fur Unterkunft, Verpflegung, Bekleidung und sonstige Bediirfnisse je- weilig bestimmten Betrag in halbjahrigen Raten in vorhinein zu erlegen. 7. Der von dem Aspiranten ausgestellte, vOn dessen Vater oder Vormunde bestatigte und von 2 Zeugen mitunterfertigte Bevers iiber die einzugehende achtjahrige Dienstverpflichtung. 57 Gesuche, welche nach dem anberaumten Termine einlaufen, welche nicht gehorig belegt sind, oder welche nicbt ersehen lassen, ob der Ge- suchsteller um einen Militar-Aerariah oder Zahlplatz kompetirt, konnen nicht in Betracht gezogen werden. Bei Verleihung der zu besetzenden Platze werden vorerst die volk kommen geeignet befundenen Aspiranten auf Zahlplatze, und dann erst die Kompetenten auf Aerarialplatze beriicksichtiget. Die als Zoglinge Angenommenen werden hievon durch die Insti- tuts-Direktion verstandiget, und mtissen wfihrend der letzten 10 Tage des Septembers 1. J. an dem Institute eintreffen, iverden hier nochmals hinsicbtlich ihrer physischen Eignung durch einen hiezu bestimmten Mili- tararzt untersucht, und wenn sie hiebei auch fiir tauglich befunden worden sind, ferner das Ecpiipirungsgeld von 100fl. und dieZahlzoglinge die halb- jahrige Verpflegsrate erlegt haben, in den Stand des Institutes aufge- nommen. Die Civil-Schiiler fiir den thierarztlichen Lehrkurs werden nach den fur die diessfailigen Civil-Lehranstalten geltenden Normcn aufgenommen, haben am Institute alle nach dem aligemeinen Unterrichtsplane vorge- schriebenen Gegenstande zu boren, und geniessen den Unterricht ganz in derselben Weise und Ausdehnung, wie er an den iibrigen thierarztlichen Lehranstalten der k. k. Monarchie ertheilt wird. Die Priifungen der Civilschiiler, so wie die Ertheilung derZeugnisse und Diplome und der hieraus fliessenden Reckte erfolgt von Seite des In- stituts nach der bestehenden aligemeinen Vorschrift. Die Civilschiiler unterstehen dem Studiendirektor des Militar-Thier- Arznei-Institutes, welcher alle dieselben betreffenden Eingaben direkte im Wege des Institutes an das k. k. Untefrichts-Ministerium einžusenden und von dieser Behorde auch alle die Civilschiiler betreffenden Verfii- gungen zu empfangen h at. Ueber die Anzahl der in jedem Jalire vorhandenen Civilschiiler wird dem k. k. Armee-Oberkommando ein summarischer Ausweis ein- gesendet. K. k. Landesregierung fiir Karaten. Klagenfurt, 20. Mai 1857. Nr. 6759. Statistik des Gymnasiums. 59 Anmerkungen zur Statistik des Gjninasiunis. 1. Das Benedietiner-Stift zu St. Paul in Karaten hat die Ver- pflichtung, die Lehrer des Gymnasiums zu stellen und zu erhalten; nur der Direktor erhalt die Besoldung und die Nebenlehrer fiir Zeichnen-, Gesang- und Schreib - Unterricht Remunerationen aus dem Studienfonde; der prov. Lehrer der italienischen Sprache wird aus den karat, standi- schen Fonden bezahlt. — Alle Iibrigen auflaufenden Kosten fur das Gymnasialgebaude treffen den Studienfond, woraus auch das physikali- sche Cabinet mit jahrl. 100 fl., das naturhistorische Cabinet mit jahrl. 50 fl., und die k. k. Lyceal-Bibliothek mit jahrl. 300 fl. dotirt ist. 2. Der Lehrkorper gehort dem Benedictiner-Orden des Stiftes St. Paul an, mit Ausnahme des Direktors, des Supplenten der slo- venischen Sprache und der Nebenlehrer fiir den Unterricht im Zeichnen, Gesang, in der Gymnastik und Stenographie, welche weltlich sind. 3. Die in beiden Semestern eingehobenen Schulgelder betragen 1086 fl. C. M. 4. Die eingegangenen Aufnahmstaxen betragen 122 fl. C. M, 5. Die Lehrmittel bestehen: a) aus der k. k. Lyceal-Bibliothek mit einem eigenen weltlichen Bibliothekar, enthaltend 30499 Bande; b) aus einem physikalischen Cabinete mit den nothigen Apparaten; c) aus einem naturhistorischen Cabinete, dessen Mineralien-Samm- lung geniigend, die zoologische und botanische Sammlung hin- gegen noch unvollstandig sind; d) aus einer besondern Gymnasial-Bibliothek, welche aus den Schen- kungen und Aufnahms-Taxen nach und nacli gebildet wird; e) aus einer Sammlung von Zeichnungs-Vorlagen. 6. Zur Maturitats-Priifung haben sich 10 Schiller gemeldet. 7. Nebengegenstande des Unterrichtes: a) italienische Sprache — 32 Schiiler; b) Zeichnen — 44 Schiller; c) Gesang — 40 Schiiler; d) Kalligraphie und Ortliograpliie — 56 Schiller; e) Gymnastik — 29 Schiiler; f) Stenographie — 6 Schiiler. # KLAGENFURT. Pručk von Johann Leon, i s 5 r.