ln dieser Nummer: Die Missions- .schwestern Januar/Februar 1956 19. Jahrgang - Heft 1 Zeitschrift der Missionäre Söhne des Hist. Herzens Jesu r STERN DER NEGER Zweimonatsschrift Janiiar/Febriiar 1956 INHALT B. R. Lechner, Generalsuperior Dank und Bitte zum neuen Jahr....... 1 Erzbischof Sigismondi Nicht Untergang, sondern Aufgang ... 2 Erzbischof Hurley Vater des Volkes, Bruder der Bischöfe . 3 P. W. Kühner Sonntags nach der hl. Messe......... 4 Br. L. Käs tei Meine Reise nach Peru............... 7 Unsere Schwestern in Gien Cowie .... 8 Mit diesem Heft wird der Bezugspreis für 1956 fällig. Wir bitten um baldige Einzahlung Die Missionsschwester ................ 11 Hugo Kocher Der Schatz des Inka (Fortsetzung) .... 16 P. K. Lohr Lorito real, der königliche Papagei ... 21 Max Klingler Schwesternschleier im Steppenbrand . . 22 Kurz berichtet........................24 Titelbild Ursulinenschwester der Erzdiözese Ranchi mit einer kleinen Inderin aus ihrem Kindergarten. (Fides-Foto) Bestellung Deutschland: Missionshaus Josef stai (14a) Ellwangen/Jagst (Württemberg) Österreich: Missionshaus Maria Fatima Unterpremstätten bei Graz Italien: Herz-Jesu-Missionshaus in Milland bei Brixen Jährlicher Bezugspreis DM 2.50 - S 12 - 300 Lire Einzahlung Deutschland: Missionshaus Josef stai Postscheckkonto Stuttgart 540 66 Österreich : Scheckkonto 86211 „Stern der Neger“ Italien: Herz-Jesu-Missionshaus in Milland bei Brixen Herausgeber und Verleger Kongregation der Missionäre Söhne des Heiligsten Herzens Jesu Josefstal bei Ellwangen/Jagst Schriftleitung P. Edmund Schümm, Josefstal Druck Schwabenverlag AG Zweigniederlassung Ellwangen/Jagst Mit kirchlicher Druckbewilligung und Erlaubnis des Generalobem V______________________________________J 19 K + M + B 56 Bine wunderbare Glaubensinnigkeit strahlt uns aus dem gegenüberstehenden Bilde an. Sie haben keine ebenmäßig schönen Gesichter wie die Heiden der Kinoplakate, diese drei Könige. Dafür aber spricht aus ihnen ein kindlicher Glaube, ein reiches Innenleben und eine tiefe Kraft des Herzens. Hingerissen von einem unsichtbaren Licht, einer unendlichen Schönheit, sind sie wie edles Wild, das in den Lichtkegel der Gottheit gebannt ist. Sic sind ganz hingegeben an den Dienst des neugeborenen Gottkönigs, diese drei — Könige und Kinder zugleich. So sind sie nicht nur Vertreter der drei Menschheitsrassen, sondern aller von Herzen Glaubenden. Schon ist der erste hingesunken in schenkender Anbetung, nicht nur die Gabe, sondern in der Gabe sich selbst opfernd. Gleich werden es auch die beiden andern tun. Sie werden die Mitteilsamkeit Gottes entfesseln zu einer Gnadenflut für ihre bereiten Herzen. Heute müßte allerdings die Reihenfolge umgekehrt sein. Denn heute scheinen sich von allen Rassen die Neger am meisten dem göttlichen Licht zu öffnen. Daß aus dem Bild eine seit Jahrhunderten verlorengegangene Glaubenstiefe spricht, sagt schon sein Kunststil. Jede Zeit hat ihren eigenen Stil und legt in ihm bewußt oder unbewußt ihr Innerstes bloß. Unsere heutige bildende Kunst ist zum großen Teil so katastrophal wie die geistige Welt unserer Zeit. Der gotische Stil, in dem unsere Drei Könige geschaffen wurden, dauerte etwa von 1200 bis 1500. Es war die Zeit, in der der christliche Glaube noch einmal mit großer Kraft auf glühte und z. B. die himmelanstrebenden gotischen Dome hervorbrachte, in der aber auch schon die Zeichen der Auflösung und des Zerfalls sichtbar werden. Dieser Stil drückt eine wunderbare Fülle und Vielfalt des Glaubens aus, noch zusammengefaßt zur Einheit, aber doch schon so aufgegliedert, so weit- und naturnah, daß er den kommenden Niedergang ahnen läßt. Deswegen tragen unsere Könige im Gegensatz zur erhabenen Überweltlichkeit der vorausgegangenen Romanik schon ganz natürliche Gesichtszüge. Aber der glühende Glaube hebt ihre Gesichter doch noth in die Übernatur, und das harmonische Gewirr der Gewänder löst die Erdenschwere der Leiber auf. Möge uns in diesem neuen Jahr des Heiles etwas von solcher Glaubensinnigkeit zuteil werden. P. Otto Heinrich Die Hl. Dreikönige, Köln, Dom Dank und Bitte zum neuen Jahr Von P. Richard Lechner, Generalsuperior Liebe Leserinnen und Leser! Zum Beginn des neuen Jahres sei es mir gestattet, einige Worte an Euch zu richten. Es sind vor allem Worte herzlichen Dankes für Euere bisherige treue Mitarbeit am Missionswerk der Kirche und unserer Kongregation. Ihr lest vielleicht sdion seit Jahren den „Stern der Neger" und seid dadurch im Bild über unsere Missionsbemühungen in Südafrika und Peru, über unsere Erfolge und auch die großen Schwierigkeiten. Durch Euere Opfer und Gebete, durch die Spenden zur Rettung der Heidenkinder, durch Mitgliedschaft im „Werk des Erlösers" und auf andere Weise habt Ihr uns geholfen, das Reich Gottes auszubreiten und zu vertiefen. Während der letzten zwanzig Jahre durfte ich in unserer südafrikanischen Mission wirken, und im Namen aller meiner Mitbrüder in Transvaal kann ich Euch versichern, daß wir Euere stille Mithilfe oft merkbar fühlten. Dafür danken wh Fi1'*’ von Herzen. Mit unserer Bekehrungsarbeit fördern wir nicht nur die Ehre Gottes und das Heil der Seelen, sondern auch den Frieden unter den Völkern. Heutzutage ziehen ja so viele mit der Brandfackel des Rassen-, Klassen- und Religionshasses durch die Welt. Wehe uns, wenn es ihnen gelingen sollte, einen Weltbrand zu entfachen, bevor die Glaubensboten, diese Lichtträger der Wahrheit und Liebe, die Herzen der meisten Menschen mit Christusliebe erfüllt haben; denn in Christus allein ist Heil. Wird die Frohbotschaft vom ewigen Gottesreich den Heidenvölkern, die zu einem großen Teil die maßgeblichen Völker der Zukunft sein werden, vorenthalten oder den alten christlichen Völkern genommen, dann beginnt ein Kapitel furchtbarer Unheilsgeschichte der Menschheit. Darum laßt uns auch in diesem Jahr 1956 alles daransetzen, daß die christliche Glaubensbotschaft in Heimat und Mission triumphiere über die Kräfte alt- und neuheidnischer Auflösung und Zwietracht. Laßt uns werben für die Sadie Christi; laßt uns weitschauende und opferbereite Jungmänner und Jungmädchen für den Missionsberuf gewinnen; laßt uns die Mitchristen ermuntern, für den absoluten und ewigen Sieg Christi großzügig zu opfern, solange es Tag ist. Und wenn Ihr dieser Zeitschrift, die auch ein Werkzeug unserer Missionstätigkeit ist, neue Leser gewinnt, tragt Ihr dazu bei, daß Christus immer mehr das Licht zur Erleuchtung der Heiden werde. Liebe Leser! Unsere irdischen Wünsche für dieses neue Jahr mögen zahlreich und wichtig sein. Aber wichtiger sei uns der Wunsch Christi, das Licht der Wahrheit und das Feuer der Liebe zu entzünden in unseren Herzen und unseren Familien, in unserem Heimatland und bei den Heidenvölkern; alles andere wird uns hinzugegeben werden, wenn auch nicht immer genau nach unsern Wünschen, sondern nach der besseren Einsicht Gottes. In diesem Sinne wünsche ich jedem Leser und allen unseren Wohltätern ein gesegnetes Neues Jahr. Nicht Untergang, sondern Aufgang Von Erzbischof Pietro Sigismondi, Sekretär der hl. Propagandakongregation Trauer und Freude wechseln in unserm Herzen, wenn wir an die Missionen denken. So wie Christus rettet auch die Kirche die Menschen, indem sie Leiden durchmacht. Bischöfe, Priester, Gläubige, die keine andere „Schuld" haben, als daß sie treu zu ihrem Glauben stehen, sind in die Gefängnisse Chinas, Koreas und Nordvietnams gewandert; ihr Zug hält an, und viele von ihnen werden nicht mehr herausfinden. Anderswo wurden das Gift der Zauberer und die barbarischen Bluttaten, mit denen man ehedem dem Evangelium und seinen Kündern den Weg zu versperren suchte, abgelöst durch die feindselige Haltung der Mächtigen, die dasselbe Ziel verfolgen. Diesen unsern Brüdern, die auserwählt wurden, für Christus Schmach zu leiden, wollen wir vom Rom des heiliger Petrus aus die Verheißung des Herrn zurufen; „Jetzt seid ihr traurig, aber ich sehe euch wieder; da wird euer Herz sich freuen, und niemand wird eure Freude von euch nehmen.“ Das unwiderlegliche Zeugnis, das diese Schwergeprüften in ihrem Leiden der Wahrheit und Liebe ausstellen, ist allein schon ein Grund zur Freude für uns, ein Beweggrund, der zu anderen kommt, und der uns dazu führt, die Worte des Apostels Paulus zu den unsern zu machen: „Uberfließende Freude wohnt in mir inmitten all unserer Trübsal.“ Von jedem Punkt des Erdballs, aus jedem Volk heraus und in allen Sprachen der Welt steigt ohne Unterbrechung das Gebet zu Gott dem Herrn empor, „der auf dem Throne sitzt“, aus den Werkstätten, den Schulen, vom Lager der Kranken und Sterbenden. An der Seite der Künder des Evangeliums, die aus den alten katholischen Ländern kamen, und in immer engerer Zusammenarbeit mit ihnen, wächst, schweren Garben vergleichbar, in den Missionsländern der einheimische Klerus heran: zwei Kardinäle, Dutzende von Bischöfen, Hunderte und aber Hunderte von Priestern; die Ordensberufe von Männern und Frauen nehmen ständig zu, und immer mehr wird das Laientum in den Missionen ausgebaut, das so unentbehrlich ist für die Christengemeinden von heute. Nach Zahl und Qualität schreitet das Werk der Erziehung und des Unterrichtes voran, des Unterrichtes, der die Gläubigen formt, und der Erziehung, die dazu beiträgt, Männer heranzubilden. Immer mehr tritt in Erscheinung die Tätigkeit der Kirche für den Fortschritt der Menschen, ihrer Einrichtungen, ihrer wahren Freiheit, für die Ausgestaltung der wahren Stadt auf Erden Se. Exz. Erzbischof Sigis-mondi, Sekretär der hl. Propagandakongregation und Präsident der Päpstlichen Missionswerke, an seinem Arbeitstisch. (Fides-Foto) als Bild und Anfang der Stadt Gottes; dazu die Sorge zum Schutz der Armen, der Arbeiter, der Unglücklichen. Für die Fortführung dieses heiligen Werkes, das durch so viele Hindernisse geprüft wurde, für die Förderung des übernatürlichen und irdischen Wohles der Völker, auf das sich jenes heilige Werk erstreckt, für die schwere Aufgabe der Vorbereitung eines einheimischen Klerus und Schulung eines christlichen Laienstandes, um so der Kirche zu helfen, in jedem Volke Wurzeln zu schlagen und jenen Umfang zu erreichen, der so weit wie die Welt ist — für all das zu beten und zu opfern, ist heute jeder pflichtbewußte Christ eingeladen. Die Missionen haben diesen sichtbaren Beweis christlicher Zusammengehörigkeit verdient und verdienen ihn noch. Klerus und Gläubige in den Missionen haben gezeigt und zeigen noch, daß sie die Losung unseres Heiligen Vaters, des sichtbaren Mittel- und Ausgangspunktes des Missionsapostolates, verstanden und in die Tat umgesetzt haben: „Die Zukunft gehört denen, die lieben, und nicht denen, die hassen. Die Sendung der Kirche in der Welt, weit davon entfernt, überlebt zu sein, geht neuen Erfahrungen und neuen Unternehmungen entgegen." Wie die Kirche stehen auch die Missionen heute nicht vor einem Sonnenuntergang, sondern vor einem Sonnenaufgang. Vater des Volkes, Bruder der Bischöfe Aus der Ansprache des Erzbischofs Hurley von Durban am Grab Sr. Exz. Johannes Riegler, Bischofs von Lydenburg Es scheint erst vor kurzer Zeit gewesen zu sein, daß wir hier versammelt waren zur Einweihung dieser neuen Ka-» thedrale, bei welcher Gelegenheit Se. Gnaden Bischof Riegler pontifizierte mit all dem Glanz seines hohen Amtes, in der ganzen Kraft seines noch jungen Lebens. Und heute sind wir in der gleichen Kirche versammelt bei seinen irdischen Überresten und empfehlen seine Seele dem allmächtigen Gott. Wenn wir keinen Glauben hätten, würden wir mit Recht das Ende eines Lebens und den Abschluß einer bloßen Karriere beklagen. Aber wir haben Glauben und wir wissen, daß er immer noch fortlebt in der Kirche, der er so gut gedient hat, obwohl wir seiner sichtbaren Gegenwart beraubt sind. In Zukunft wird er keine Anstrengungen mehr machen als Mitglied der streitenden Kirche. Wir nehmen an, daß er für eine Weile ein Mitglied der leidenden Kirche sein wird. Deshalb haben wir diese feierliche Seelenmesse für ihn aufgeopfert, damit die Zeit der Läuterung für ihn abgekürzt und er bald in seine wahre Heimat aufgenommen werde, wo er ewige Ruhe finden wird in der triumphierenden Kirche. Wir hatten uns ein langes und erfolgreiches Wirken von diesem energischen Bischof erhofft, der sich seiner Aufgabe mit so viel Begeisterung widmete und körperlich allen so stark erschien. Aber im Juni dieses Jahres wurde er von dieser schrecklichen Krankheit getroffen, der er am vergangenen Freitag zum Opfer fiel. Welch ein Schlag für die Priester und Brüder, die mit ihm zusammengearbeitet haben, für euch Schwestern, die ihr ihm so treu gedient habt, für euch, liebes Volk, die ihr ihn als Vater in Christus geehrt und geliebt habt! Er war ein Bruder zu uns Bischöfen, auf dessen Charakterstärke sich alle verlassen konnten und der alle erfreute mit seiner geselligen und frohen Natur. Wie hat er sich so ganz und gar hingegeben an sein Missionsideal, wie hat er seine Diözesanen und besonders seine Eingeborenen geliebt und für sie gearbeitet! Er war ein starker Turm für die CAU (Vereinigung der katholischen Schwarzen), er war ein Führer für die eingeborene Lehrerschaft und der geistliche Sonntags nach Von P. Wilhelm K ü Der Missionar sollte auch wie manche Heilige die Gabe der Bilokation haben, d. h. es sollte ihm möglich sein, an zwei oder mehr Orten zugleich gegenwärtig zu sein. Besonders wäre diese Gnade erwünscht nach der Sonntagsmesse. Weiter Kirchweg Nach der ersten Messe um 8 Uhr in der Kirche der Weißen ist das nicht so wichtig. Aber nach der 10-Uhr-Messe für die Schwarzen hätte das eine große Bedeutung. So gegen 11.30 Uhr sind Pre- Leiter dieser Vereinigung, acht Jahre lang, bis ihn der Tod wegraffte. Er arbeitete an der Verwaltungsbehörde der Bischöfe Südafrikas als Leiter des Rates für Eingeborenenfragen mit; und gerade zu einer Zeit, da wir ihn am notwendigsten brauchten, wurde er uns genommen. Sein Hingang ist ein großer Verlust. Wir wissen, daß wir von ihm vom Jenseits her unterstützt werden mit der Kraft seiner Fürbitte. Aber nie mehr wird er für euch die hl. Messe feiern. Nie mehr wird er die hl. Sakramente spenden. Nie mehr werdet ihr seine Stimme hören bei der Ausübung seines heiligen Lehramtes. Er wird euch nicht mehr leiten und führen auf dem Weg zum Himmel. Er ist nicht mehr ein Mitglied und Führer, ein Apostel und General der kämpfenden Kirche; sie hat am Freitagmorgen von ihm Abschied genommen nach der hl. Ölung mit den erschütternden Worten: „Ziehe hin, christliche Seele, aus dieser sündigen Welt im Namen des Vaters, der dich erschaffen hat, im Namen Jesu Christi, des lebendigen Gottes, der für dich gelitten hat und gestorben ist, im Namen des Heiligen Geistes, der dich geheiligt hat, im Namen der glorreichen und gebenedei-ten Jungfrau und Mutter Gottes Maria." Mögen sie ihn aufnehmen in die Herrlichkeit des Himmels zur glorreichen Anschauung Gottes. Er ruhe im Frieden! der Iil. Messe hner, Lydenburg digt, hl. Messe und Andacht mit Segen vorüber. Es wäre zuviel verlangt, wollte ich meine schwarzen Katholiken zu einer Nachmittagsandacht oder zum Abendrosenkranz' einladen. Denn „viele sind weit hergekommen", manche haben bis zu 10 km Fußmarsch; hin und zurück sind das vier Wegstunden. Unser Bischof Joh. Riegler hat das am letzten Sonntag genau abgemessen. Er hatte für mich zuvorkommenderweise die 2. hl. Messe und die Predigt in Zulu übernommen. Trotz des strömenden Regens waren einige Dutzend Neger zum Gottesdienst gekommen, manche bis auf die Haut durchnäßt; denn nicht alle können sich Regenmantel oder Schirm leisten. Als echter guter Hirte fühlte der Bischof Mitleid mit seinen Schäfchen. Als es nach dem Segen immer noch in Strömen vom Himmel goß und das Wetter keine Miene machte, sich aufzuheitern, gab Se. Exzellenz bekannt, die Leute sollten warten, er werde sie mit dem Auto heimbringen. Also bestieg der erste Trupp für Richtung Pot-loodspruit (Bleistiftbach) den Wagen, jung und alt, Männlein und Weiblein, und der Sechssitzer mußte heute bedeutend mehr Leute aufnehmen. Danach kam die zweite Gruppe dran für die Richtung Sterkspruit (Starkbach). Der Bischof sah bei jeder Fahrt genau auf den Meilenzähler, um festzustellen, wie weit die Leute zur Kirche haben. Freilich konnte er sie nicht bis unmittelbar an ihre Behausung bringen. Von der Landstraße mußten die Leute noch auf schmalen Fußpfaden vollends zu ihrem Kraal marschieren. Eine dritte Gruppe fuhr in Richtung Spekboom (Spedtbaum) und eine vierte in Richtung Rooidraai (Rotkurve). Alles zusammen machte das bischöfliche Auto 35 Meilen (56 km). Religionsunterricht Heute nun war ich allein, der Bischof hatte zu einer Versammlung nach Pretoria fahren müssen. Auch an diesem Morgen hatte es wieder stark geregnet. Ich hatte eigentlich nach Pilgrimsrest, einer 35 Meilen entfernten Außenstation, fahren wollen. Aber da ich keine Ketten für mein Auto habe, wagte ich die Fahrt nicht. Denn der Weg ist sehr steil und schlüpfrig und an manchen Stellen durch Erdrutsche gefährdet. So übernahm ich denn hier die beiden Gottesdienste. Nach der zweiten Messe erschienen zunächst sechs Mischlinge, die hier Farbige genannt werden, um Katechismusunterricht zu erhalten. Ich hatte die betreffenden Familien schon öfters besucht und ihnen eingeschärft, die Kinder, die die Regierungsschulen besuchen, wo kein katholischer Religionsunterricht erteilt werden kann, zur Kirche zu schik-ken. Heute waren sie nun Gott sei Dank gekommen. Aber sie verstehen nicht gut Zulu. So kann ich sie nicht in die Klasse schicken, die allsonntags nach dem Gottesdienst vom Katechisten Franz unterrichtet wird. Ich versuche daher mein Glück mit Afrikaans. Das ist eine gute Gelegenheit, mich auch in dieser Sprache zu üben. Wie froh bin ich, daß die Kinder wenigstens einige Begriffe mitbringen, das Kreuzzeichen machen können und das Vaterunser und Gegrüßet seist du Maria wissen — ein Beweis, daß in der Familie daheim doch etwas getan wird. Zu gleicher Zeit möchte eine Mutter ihr Kind getauft haben. Es tut mir leid; sie und ihre Taufgesellschaft müssen warten, bis ich mit dem Unterricht fertig bin. Dann wird auch der kleine Philemon Anton im Wasser und im Heiligen Geist wiedergeboren zum Leben der Gotteskinder. Kirchensteuer Nachdem ich diesem jungen Christen eine wundertätige Medaille umgehängt und ihn in Frieden entlassen habe, kommt die nächste Bittstellerin: Eine alte Christin möchte ein „ticket", d. h. eine Karte, auf der ihre Taufe bescheinigt und die Taufnummer angegeben ist und auf der auch die bezahlte Kirchensteuer eingetragen wird. Unsere schwarzen Katholiken müssen nämlich langsam lernen, die Kirche zu unterstützen. So besteht für sie die Vorschrift, jährlich einen kleinen Beitrag zu leisten. Die Männer zahlen oder vielmehr sollten zahlen 5/- oder 2/6 Schilling, je nachdem, ob sie in der Stadt oder auf dem Land arbeiten und mehr oder weniger verdienen. Die Frauen zahlen 1/6 Sch., die Kinder einen Sixpence (ein Schilling = DM 0.55, ein Sixpence = Va Schilling). Die genannte Frau nun hatte ihr „ticket“ verloren und wollte ein neues. Seit mehreren Jahren hatte sie keine Kirchensteuer mehr gezahlt. Nun war sie in sich gegangen und wollte ihre Schuld begleichen. So wickelt sie also 14 Schilling aus einem nicht mehr ganz sauberen Tüchlein, das vielleicht einmal ein Schnupftuch gewesen war und das sie mit dem Geld unter ihrem Kopftuch mit St.-Theresia-Kirchlein in Lydenburg nach dem Sonntagsgottesdienst. Im Turm hängen zwei vor Jahren von Altkrautheim gestiftete Glocken. Selbst die „große“ Reformierte Kirche hier hat nur eine Glocke. (Aufn. W. Kühner) siđi trägt — ein Ersatz für den fehlenden Geldbeutel. O diese M-Namenl Idi frage nach ihrem Namen: „Elisabeth Mona". O ihr guten Geister, wieder ein M! Wohl ein Drittel aller Izibongo *= Familiennamen der Schwarzen fangen mit einem M an. Da kann ich denn heute nachmittag stundenlang im Tauf register nachsuchen, um diesen Namen zu finden. Sie ist verheiratet. Vielleidit ist sie auch unter ihrem Mädchennamen, dem Namen ihres Vaters oder ihrer Mutter, eingetragen, wer kann das wissen. Wie viele Seufzer sind schon von unsern Missionaren hier bei der Suche nach einem M-Namen ausgestoßen worden! O diese Malebe und Mabusa und Mahole, Ma-shego, Mashlangu, Maseko, Mokwena und Maphanga usw. usw.! Meine Elisabeth weiß natürlich das Datum ihrer Taufe nicht. Die meisten NegeT vergessen das. Sie kann nur angeben, daß sie von Bischof Riegler in Maria Trost getauft wurde, vielleicht vor 25 Jahren. Ich verspreche ihr, das ticket bis nächsten Sonntag fertigzustellen und nehme die 14 Schilling in Empfang. Wie sie so die einzelnen Silbermünzen herzählt, bekomme ich Mitleid mit dem alten Weiblein und gebe ihr wieder vier Schilling zurück. „Ngiyabonga impela, ich danke sehr!“ ist ihre Antwort, und als weiteres Zeichen der Dankbarkeit schlägt sie wiederholt ein großes Kreuz. Der Postschilling Dann muß ich noch mit ihr ins reine kommen wegen der Post. Sie benützt wie die meisten unserer Katholiken unser Postschließfach. Denn der Briefträger bringt Briefe an Schwarze nicht in den Kraal, und ein eigenes Schließfach können sich die meisten Schwarzen nicht leisten. Wir teilen also die Briefe sonntags nach der hl. Messe aus, verlangen aber als Entgelt 'von jeder Familie jährlich einen Schilling, gewiß nicht viel. Nun hatte Elisabeth nach dem Gottesdienst mit meinem Küchen- und Gartenjungen Lorenz einen Krach, weil er ihr einen Brief nicht aushändigen wollte, bevor sie nicht ihren Schilling gezahlt hätte. Sie behauptete, sie hätte das schon im November getan, was höchst unwahrscheinlich klang, da das Geld immer zu Anfang des Jahres eingezogen wird. Aber Negerfrauen können schwer mit der Zeit rechnen. Ich schenke ihr also auch den Postschilling und sage Lorenz, er solle ihr den Brief herausgeben. Wiederholtes Dankeskreuzzeichen und Ngiyabonga kakhulu... Ich drücke ihr noch zwei Äpfel in die Hände, die mir die Schwester von der Klosterschule als Frühstück nach der zweiten Messe geschickt hatte, wofür ich aber keine Zeit fand. Die Zeit ist inzwischen über 1 Uhr hinaus vorgerückt. Der Katechist hat seine Katechumenenklasse längst entlassen. Ich hätte eigentlich dabei sein und etwas den Unterricht beaufsichtigen sollen, aber leider kann ich eben nicht an zwei Orten zugleich sein wie etwa der hl. Alfons von Liguori. Ein junger Bursche wartet noch auf mich. Auch er will ein ticket. Auch sein Name fängt mit einem M an: Maila. Ich habe im Taufbuch schon nachgesehen. Ich lese ihm den Namen seiner Eltern und das Datum seiner Taufe vor. Er behauptet, das sei ein anderer. Seine Mutter habe Mdluli geheißen. Ich finde im Namensregister der ganzen Diözese keinen zweiten Maila Elias. O heilige Geduld, verlaß mich nicht. Ich möchte heiraten Da möchte noch einer zu mir. Ja? Vater, ich möchte heiraten. So, das auch noch! Dabei bin ich von der Regierung gar nicht als marriage-officer anerkannt, d. h. ich darf keine vor dem Staat geltenden Trauungen vornehmen. Der Staat ist nämlich der Ansicht, es seien schon genug Missionare als marriage-officer angestellt. Bei mir hat er einfach einen Strich gezogen und gesagt: Schluß! So muß ich denn meinen Nachbarn in Maria Trost bitten, die beiden Brautleute, die schon drei Kinder haben, zusammenzugeben. Dann nehme ich das Allerheiligste aus dem Tabernakel, berge es in der Brusttasche und fahre mit dem Rad zurück zum etwa eine Meile entfernten Pfarrhaus, wo ich das Sakrament in die Privatkapelle des Bischofs zurückbringe. Müde setze ich mich zum Mittagessen nieder. Müde, aber doch froh, daß ich wieder einmal im sonntäglichen Andrang meiner Gemeinde dienen konnte. Meine Reise nach Peru Von Br. Ludwig Käs tei, Huänuco Bin nun am 16. März (1955) an meinem vorläufigen Posten in Huänuco eingetroffen, und es wird Zeit, daß ich von mir hören lasse, wie es mir auf der langen Reise ergangen ist. Für den Missionsberuf gewonnen Um meine Sendung und Reise in die Mission zu beschreiben, müßte ich eigentlich auf meine Jugendzeit zurückgreifen. Ich kann mich noch erinnern, wie unser Herr Pfarrer Wagner im Religionsunter- richt des öfteren von Patres und Brüdern in Klöstern Beispiele erzählte, wie sie fromm lebten und fleißig arbeiteten, und wie dadurch in mir ein Flämmchen brannte und der Wunsch wach wurde, auch einmal so zu leben. Schneller, als ich dachte, kam dann auch der Anstoß dazu. Der „Bubenklau" H. H. P. Stang kam Ende Januar 1930 wieder einmal nach Manholz und Waiting. Mit großer (Fortsetzung auf Seite 10) HERMANN KLINGLER DI EN h RIN OHNE LOHN Von tapferen Frauen in der Mission — Mit 16 Bildtafeln, 188 Seiten, 6.80 DM Hermann Klingler rückt die verborgenen Leistungen der Missionsschwestern ins helle Licht. 23 Berichte, die sich an Dokumente aus deutschen Missionsarchiven halten, geben dem Leser Einblick in das Leben dieser tapferen, aufgeschlossenen Frauen in fremder und gefahrvoller Welt. Unser Beitrag „Schwesternschleier im Steppenbrand“ ist diesem Buch entnommen. Erschienen im Verlag Herder, Freiburg i. B. »v Der allzu früh verstorbene Bischof Joh. Riegler hat sich ein bleibendes Denkmal gesetzt durch die wagemutige Gründung einer Genossenschaft eingeborener Schwestern. Er nannte sie .Töchter des Unbefleckten Herzens Mariä". Daher ist das Herz-Mariä-Fest am 22. August ihr Hauptfest. Sie tragen die marianischen Farben weiß und blau. Nach zweijährigem Noviziat legen sie die drei Ordensgelübde ab. Am 2. Februar 1950 war die erste Einkleidung, am 2. Februar 1952 die erste Profeß. Generaloberin der kleinen, aber hoffnungsvoll aufblühenden Genossenschaft ist die Links: Bischof Johannes Riegler inmitten seiner jungen Ordensgründung. Unten links: Mutter Ida, Generaloberin (links) und Mr. Consiglio, Novizenmeisterin (rechts). — Die übrigen Bilder geben Einblick in die praktische Arbeit, in die die Schwestern in Gien Cowie eingeführt werden. (6 Aufn. Frz. Bratina, 2 Aufn. Letmaier) Eingeborene Schwestern in bien Cowie Provinzialoberin der Loretoschwe-stern. Die „Töchter des Unbefleckten Herzens Mariä" werden in Unterricht, Krankenpflege und Haushalt verwendet und entsprechend ausgebildet. Begeisterung erzählte er von Afrika und den tapferen Schilluknegern. Da dachte ich mir, jetzt mußt du zugreifen. Aber fast wäre ich davon abgehalten worden. Als Bub ist man bei uns meist ein Taubenfreund, und so war es auch bei mir. Mit meinem Freund hatte ich schon ausgemacht, am Sonntagnachmittag zum Taubenhändler zu gehen. Schweren Herzens habe ich davon abgelassen, habe auch meinem Freund mitgeteilt, daß ich heute keine Lust dazu hätte, ohne zu sagen, warum. Nach langem Zögern habe ich mich dann aufgemacht und H. H. P. Stang aufgesucht, und bald hatte er mein Herz für die Sache Gottes vollends erobert. Bin auch schon nach acht Tagen ins Missionskloster Josefstal bei Ellwan-gen in Württemberg abgewandert. Nun sind seitdem schon 25 Jahre vergangen. Ich habe in verschiedenen Häusern der Kongregation gearbeitet als Koch, Gärtner und Landwirt; dazu war ich noch fünf Jahre Soldat. Dann kam endlich der Ruf in die Mission. Das Bewußtsein, Gottes Willen zu erfüllen und für die Sache Gottes zu arbeiten, machte mich auch in der Heimat glücklich und macht mich jetzt erst recht glücklich, da ich sehe, wie notwendig es ist, durch meiner Hände Arbeit die Patres beim Wirken am Heile der Seelen zu unterstützen. Möchten doch auch heute noch recht viele junge Menschen erkennen, wie glücklich es macht, auch als Bruder in der Heimat oder in der Mission zu arbeiten. Abschied von der Heimat Nun beginnt, was ich eigentlich erzählen will, meine Reise nach Huänuco in Peru, Südamerika. Im Missionshaus Milland, Südtirol, wo ich zuletzt stationiert war, erhielt ich die Erlaubnis, in die Mission zu gehen. Reiste von dort am 9. November ab nach Bad Mergentheim, wo ich früher fünf Jahre verbracht hatte, um mir dort meine Ausreisepapiere zu verschaffen. Uber Weihnachten verbrachte ich noch einige Tage zu Hause und nahm dann am 29. Dezember Abschied, vielleicht für immer. Meinen Dank auch noch der Gemeinde, die mir einen kleinen Abschied veranstaltete und eine ganz schöne Summe als Reisegeld überreichte. Von zu Hause ging es nochmals nach Josefstal, von da über München nach Milland. Dort traf ich dann meinen Mitreisenden, P. Peter Taschler. Hier erhielten wir die kirchliche Sendung, um hinauszuziehen in die Welt. Einen herzlichen und fröhlichen Abschied bereitete uns da noch die begeisterte Missionsjugend des Hauses. Am 11. Januar ging es in die ewige Stadt Rom. Von Röm zu erzählen, scheint mir überflüssig, denn vom Mittelpunkt der Kirche weiß ja jedes Kind. Was mich dort am meisten beeindruckte, sind die altehrwürdigen Stätten der ersten Christen, die dort lebten und auch ihr Blut für Christus gaben; unter anderem der Mamertinische Kerker, in dem die beiden Apostelfürsten in Ketten lagen, dann noch die Katakomben und das Kolosseum. Gut acht Tage konnte ich in Rom verbringen. Was mir aber sehr leid tat, ich hatte nicht das Glück, den Heiligen Vater zu sehen, er lag zu dieser Zeit krank darnieder. In Genua Nun ging es mit der Bahn weiter nach Genua, wo wir uns am 21. Januar einschiffen wollten. Sehr abwechslungsreich sind die 700 Kilometer bis Genua. Es geht fast immer der Küste entlang. Hier schweift auch mein Blick zum erstenmal hinaus aufs weite Meer. Mir kommen fast schauerliche Gefühle, wenn ich sehe, wie die Wellen an den Felsen abprallen und wie das ganze Meer in Bewegung ist. Auf ihm soll ich nun die nächsten 24 Tage verbringen? Gegen Abend treffe ich in Genua ein. Dort erwartet mich schon mein Mitreisender, P. T a s c h 1 e r, der eine andere Strecke nach Genua fuhr. Das erste ist nun die Suche nach einem Nachtquartier. Zuletzt finden wir liebevolle Aufnahme bei den Karmeliten. Am nächsten Tag haben wir Zeit, uns Genua näher anzusehen, und auch für die Reise ist noch manches zu erledigen. Die ganze Stadt läßt großen Reichtum erkennen. Das beweist schon der schön und groß angelegte Friedhof mit den vielen und mächtigen Grabmälern und Familiengrüften — schöne, kunstvolle Kapellen, in deren Wänden ganze Ahnenreihen von Familien beigesetzt sind. Sehr interessant sind auch die beiden Wolkenkratzer mit 32 Stockwerken, und gleich daneben das einfache, kleine Geburtshaus des großen Kolumbus. Abends legen wir uns stockmüde nieder. Etwas unruhig geht es am nächsten Tag aus dem Bett, denn heute am 21. Januar, sollen wir den europäischen Boden verlassen. Aber es kommt anders. In der Frühe wohne ich noch der heiligen Messe bei und bete besonders um eine gute Reise. Hernach geht es mit Sack und Pack hinaus zum Hafen. Aber welche Überraschung. Da heißt es: „Mit welchem Schiff fahrt ihr?“ „Mit der ,Usodi-mare'.“ „Fährt nicht, die Arbeiter streiken. Zeit der Abfahrt unbestimmt." Wir können wenigstens das Gepäck abgeben und haben nun noch Zeit, die Stadt näher anzusehen. Am Abend erfahren wir (Fortsetzung auf Seite 14) Die Missionsschwesler Als auf dem Katholikentag Altötting/Passau 1950 die etwa 30 Delegierten der Abteilung für Missionsfragen in einem großen Frauenkloster Altöttings beisammensaßen, sprach auch eine Missionsschwester. Sie erzählte in einfachen, leisen Worten von ihrem und ihrer Mitschwestern Wirken unter den Aussätzigen in Ostafrika. Fast andächtig lauschten die anwesenden Missionsbischöfe, Prälaten und Vertreter der Orden, und für manchen mochte dies das bleibendste Erlebnis des ganzen Katholikentags gewesen sein, so rein und schön erstand vor ihnen die Größe fraulichen sich Opferns aus der Kraft tiefer Frömmigkeit. Unsere Missionsschwestern sind an dem königlichen Diadem der Kirche' einer der strahlendsten Steine. Damals, als sie zur heiligen Profeß vor dem Altar knieten, haben sie sich vorbehaltlos Gott zur Verfügung gestellt, haben für die Geborgenheit der Familie, die Annehmlichkeiten der Zivilisation, die Freude am geordneten kirchlichen Leben eingetauscht ein Leben auf einsamem, weltfremdem Posten, Ungemach jeglicher Art, Verleumdung, Ausweisung, Gefahren durch ungesundes Klima, ja oftmals auch Verzicht auf tägliche heilige Messe und Kommunion. Trotzdem gehören sie zu den glücklichsten Menschen. Sie demonstrieren einer verweichlichten und unzufriedenen Welt, daß Opfer und Glück nahe beieinander wohnen. Tief im Glauben wurzelnd und doch zugleich weltoffen und praktisch eingestellt, der leiblichen und seelischen Not der Menschen zugewandt, mit ganzem Herzen auf die Ausbreitung des Reiches Christi bedacht — das sind die Merkmale dieser hochgesinnten Frauen. Auf den nächsten Seiten zeigen wir einige Missionsschwestern bei ihrer verschiedenartigen Tätigkeit. Diese Schwestern mögen stellvertretend stehen für unzählige andere, deren edles Wirken niemals vor das Auge eines Fotoapparates gelangt. Das kleine indische Struwwelpeterchen aus dem Christendorf Mariampura in der Diözese Ahmedabad wird täglich mehrmals von den Missions-schwestern mit Milch amerikanischer Herkunft versorgt. 'lissionssclwesern in aller W ell Oben: Eine Schwester behandelt hier einen Aussätzigen. Rechts: Zwei „Töchter U. L. F. vom Hist. Herzen" im Ap. Vikariat Merauke, Neuguinea, vor der Ausfahrt zu einer benachbarten Insel. Sie fürchten sich nicht vor den vor kurzem noch wilden Papuas. Einer der Bootsmänner trägt den so beliebten Nasenschmuck. Mitte : Das Kindchen hat einen kranken Hals. Bald wird wieder alles gut sein. Unten: In einer primitiven Landschule der Ap. Präfektur Mopoi, Sudan, unterrichtet eine Schwester der „Frommen Mütter des Negerlandes“, Verona. Die Tische bestehen aus großen Brettern, deren Stützen in den Boden aus gestampfter Erde eingelassen sind. Unten: Die von P. de Foucauld gegründeten „Kleinen Schwestern Jesu“, die jetzt auch im fernen Osten arbeiten, haben eine größere Gruppe zur weiteren Ausbildung nach Rom geschickt. 27 Nationen sind unter ihnen vertreten. Das Bild zeigt eine Gruppe auf dem Petersplatz. (6 Aufn. Fides-Foto) / NV -. [•/iv • - inati ■P!! dann, daß am nächsten Morgen um 8 Uhr eingeschifft wird. Wir sind am Morgen zeitig zur Stelle. Das Gepäck wird kontrolliert, was nicht so genau geht, und eingeladen. Auch unsere Papiere werden nochmals durchgesehen, und dann können wir unsern Dampfer besteigen. Mit feierlichem Schritt gehen wir beide über die Schiffsbrücke und suchen bald unsere Kabine auf, sehen auch sonst das Schiff im großen etwas durch. Dann geht es wieder auf Deck, um das ganze Treiben von oben zu sehen. Gegen 10 Uhr ist man mit dem Einladen fertig. Nun ertönt die Schiffssirene zum Zeichen der baldigen Abfahrt. Die Schiffsbrücke wird hochgezogen. Jetzt sind wir vom Lande abgeschnitten und schweben auf dem Wasser. Die Anker werden gelichtet, und um 10.45 Uhr setzt sich das Schiff langsam in Bewegung. Ein letztes Winken und Zurufen auf beiden Seiten. Die zwischen den Fahrgästen und den Zurückbleibenden gezogenen Papierbänder reißen nacheinander ab, und bald ist der Hafen unsern Blicken entschwunden. Auf dem Mittelländischen Meer Meine Gedanken gehen jetzt in dieser Stunde heim zu meinen Lieben, zu Mutter und Geschwistern, zu den lieben Mitbrüdern, mit denen ich bereits 25 Jahre zusammen gelebt habe. Wann werden wir uns Wiedersehen? Es steigen einem da ganz gemischte Gefühle auf: einerseits das große Erlebnis der Seefahrt, neue Länder und Völker; und dann der Blick in die Heimat, die sich immer weiter entfernt. Das Schiff fährt mit 25 km ruhig dahin, und bald sehen wir nichts mehr als Wasser. Jetzt nehmen wir uns Bilder von links nach rechts: Br. Kästel mit dem Inzwischen auch nach Peru abgereisten P. Huber zum Abschied lm winterlichen Milland, Südtirol. Auf dem Friedhof ln Genua, rn den Wänden des Ganges sind die Toten beigesetzt. P. Taschler und Br. Kästel auf dem Schiff. Links oben erinnert ein Rettungsboot daran, daß das Meer keine Balken hat. Mit den andern geistlichen Mitreisenden 1st bald Freundschaft geschlossen. Ein Gläschen auf die entschwindende Heimat. lm schäumenden Kielwasser spielt das Licht des Himmels. Vor der Unterkirche auf dem Tlbidabo, Barcelona. (6 Aufn. Archiv) auch Zeit, unsere Kabine häuslich einzurichten. Wir sind nur zu zweit, so können wir uns auch etwas freier bewegen. Aber ich halte es nicht lange aus da unten. Die Wellen haben es mir angetan. Man kann sich nicht satt sehen an dem Spiel der Wogen, wie sie an die Schiffswand anprallen und dann wieder gegeneinander stürzen. Schnell vergeht der erste Tag, die Sterne beginnen zu leuchten. Wir senden ein kurzes Dankgebet empor zu dem, der über den Sternen wohnt, und bald gehen wir schlafen. Das Schlafen hatte aber seine Schwierigkeiten. Denn das Arbeiten der Motoren durchzittert den ganzen Schiffsraum, und da die Kabinen der 3. Klasse ziemlich weit unten sind, stört es uns umso mehr. Aber nach einigen Tagen hat man sich daran gewöhnt, und ich habe auch alle Tage ausgezeichnet geschlafen. Während der Nacht fährt unser Schiff in Richtung Süden, nach Neapel. Als wir am nächsten Morgen aufstehen, merken wir, daß es ganz schön ins Schaukeln gekommen ist. Ich finde das Auf und Ab unseres Schiffleins ganz angenehm, aber für viele andere war das nicht der Fall, und sie sangen: „Ich hab mich ergeben...", aber nicht mit Herz und Hand, sondern mit dem Inhalt des Magens. Am 23. Januar gegen 11 Uhr treffen wir in Neapel ein, können aber erst um 16 Uhr in den Hafen einfahren. Es bleibt uns nicht viel Zeit, die Stadt zu besichtigen, denn um 20 Uhr geht die Fahrt weiter, Richtung Spanien. Der alte Wassergott Neptun meint es mit uns nicht gut. Unser Schiff wackelt wie betrunken auf und ab, hinüber und herüber. Da wird man herumgeschubst, wie wenn man zu viel getrunken hätte. So zwischendurch war es auch mir nicht ganz wohl, aber ich ließ mich nicht klein-kriegen. Manche hat es aber schwer gepackt, die liefen umher wie lebendige Leichen. Das solltet ihr einmal sehen, wie das aussieht, wenn in allen Gängen und Ecken die Leutchen herumsitzen und -hängen und sich erbrechen müssen und doch nicht mehr können, weil der Magen schon leer ist. Andere strecken den Kopf über die Schiffswand und lassen die Sachen den Fischen zugute kommen. Im Speisesaal wird es immer lichter, trotz des guten Essens, das es alle Tage gibt. Die Zeit vergeht schnell. Am 25. Januar um 11.45 Uhr treffen wir in Bar z e 1 o n a ein. Viele sind froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Diese spanische Hafenstadt macht, im Gegensatz zu den italienischen Städten, den Eindruck der Sauberkeit und Regsamkeit. Wir sehen uns die Stadt an und besteigen auch den Berg Tibidabo, wo eben die neue Christ-Königs-Kirche der Vollendung entgegengeht. > Quer über den Ozean Schnell vergeht die Zeit, und um 22 Uhr geht es wieder weiter, Richtung Gibraltar und hinaus in den Atlantischen Ozean. Einige Zeit bleibt noch die afrikanische Küste in Sicht, und dann sehen wir vom 27. Januar bis 6. Februar nichts als Wasser und Himmel. Jetzt wird auch das Wetter schöner und die See ruhiger. Wie geht es nun auf unserm Schiff zu? An guter Gesellschaft fehlt es nicht. Wir sind 22 Ordensleute: sieben Patres, acht Theologen der Salesianer, sechs Schwestern und meine Wenigkeit. Um 6 Uhr beginnen die hl. Messen im Aufenthaltsraum, sonntags ist dann noch jedesmal eine hl. Messe auf Deck. Dann sehen wir uns nach einem ordentlichen Frühstück um. Bei uns ist das manchmal schwierig, da wir meist später kommen. Hernach sucht man sich auf irgend eine Weise zu unterhalten mit Lesen oder Schreiben oder dergleichen. Um 12 Uhr ist Mittagessen, und dann gönnt man sich ein Schläfchen. Um 7 Uhr gibt es ein reichliches Abendessen. Zwischendurch sieht man sich das Schiff näher an, den Maschinenraum und die Kommandobrücke. Im Maschinenraum laufen sieben schwere Dieselmotoren mit einem Kolbendurchmesser von 20 cm. (Schluß folgt) MAX KLINGLER Eroberer oline Land Von wagemutigen Missionaren in aller Welt Mit 19 Fotos. 204 Seiten, 6.80 DM. Dieses Buch behandelt in ähnlicher Weise wie das Seite 7 genannte vielfältige Leben unserer Missionare in den Heidenländern. Erschienen ebenfalls im Verlag Herder, Freiburg i. B. Und jetzt war die Stunde des Abschieds gekommen. Gepanzert und gerüstet stand Don Fernao, ein stolzes Bild kraftvoller Männlichkeit, vor dem Gitter des Klosters und hielt Lucias zitternde Hand in seiner Rechten. „Um deinetwillen habe ich den Vater verlassen. Niemand gehört mir mehr auf der weiten Welt, als du, Fernao. Nun willst du von mir gehen, das Schwert schwingen wider den, der mich gezeugt hat. Kehrst du nicht zurück, so bin ich verloren; kehrst du zurück, so klebt meines Vaters Blut an deinen Händen!" „Unnötig sind deine Sorgen, Lucia. Dein Vater ist nicht mit Don Franzisco ausgezogen. Sicher wird alles gut; ich kehre zurück und du wirst an meiner Seite den Frieden finden, nach dem dich verlangt. Hast du vergessen, was wir uns in der Stunde der Not gelobten, einander die Treue zu halten bis zum Tode, was immer auch geschehe?" Lucia klammerte sich wie eine versinkende an das Gitter. Ihre Lippen waren halb geöffnet, sie flüsterte: „Glaubst du, Fernao, daß es einen Weg für meinen Vater geben kann aus dieser Wirrnis? Tag und Nacht gräme ich mich, daß ich ihn verlassen habe; vielleicht hätten meine Bitten ihn zum Guten zurückgerufen. Vielleicht vermag es mein Gebet. Ich will büßen dafür, daß idi seinem Willen zuwider handelte, büßen für alles Unrecht, was er auf sich lud. Fernao, glaub mir, Vater ist nicht schlecht, er ist nur rauh geworden in dem wilden Leben, das er führte.“ „Es war nie und nimmer ein Unrecht, daß du der Stimme der Liebe gehorcht hast mehr als dem harten Gebot deines Vaters. Tröste dich, Lucia; ich kehre zurück, und wie ich dich auf dem Zug durch das feindliche Land bewahrte, so will ich dich fürderhin bewahren auf allen Wegen und Stegen. Vertrau mir, Lucia; und die Heiligen mögen dich behüten und bewahren!" Das Mädchen sah voll zu dem Geliebten auf. „Die guten Heiligen sollen dich geleiten auf dem Kriegszug. Hier nimm und trag es zum Gedenken. Das Kreuzlein an der Goldkette hing mir dereinst die Mutter um den Hals. Nie gab ich es von mir, bis zum heutigen Tag. Jetzt will ich es dir umlegen, da du das Liebste bist, was ich auf Erden kenne. Der Mutter Segen, der darauf ruht, mag dich geleiten!" Fernao kniete nieder und beugte das Haupt. Zwei Mädchenhände griffen durch das Gitter und legten ihm das Kett- Auf Bergeshöhen, die weiten Ausblick in die Flußtäler boten, lagerten in den Mauern, die einst die Sonnenjungfrauen von der Außenwelt abgeschnitten hatten, die Soldknechte de Gascas. In den von Felsen gebildeten natürlichen Becken badeten sie ihre von der Rüstung geschwärzten Leiber und staunten über die verwilderten Gärten und die Hallen, die von der einstigen Größe des Inkareiches kündeten. Vorbei an einem Palast, den der Inkaherrscher zuweilen bezogen hatte, schlängelte sich der Heerwurm. Weite Täler Indianermädchen haben sich zum uralten Sonnentanz geschmückt. Auf dem Stirnband das Abzeichen der Sonne. (Aufn. Archiv) lein um. Er fühlte, wie ihm Lucia über die Haare stridi, er fühlte den Hauch ihres Mundes. Dann war er allein. Im Tal von Albancay In drängender Eile führte Don Alonso de Alvarado sein Heer, das wenig über zweitausend Mann zählte, über die Berge auf Cuzco zu. Zweitausend Mann kämpften jetzt um das Inkareich, dessen Herrscher dereinst mehr als zweihunderttausend rote Krieger unter die Waffen rufen konnten. Rauhe Winde fegten um die Paßstraßen; Berge, die mit ihren Gipfeln die Wolken berührten, säumten den Pfad. Eine Indianerfamilie vor ihrer Hütte. Die Familien sind meist sehr zahlreich, da oft Eltern und verheiratete Kinder unter einem Dache wohnen. Alles spielt sich auf dem Boden ab, da Hausrat zumeist fehlt. (Aufn. L. Unfried) taten sich auf, der Marsch führte durdi baumbestandene Savannen. Dann schoben sich die Berge wieder näher zusammen. Seltsame Kakteen blühten am Wegrand, nie gesehene Vögel umschwirrten die Bäume, meterlange Eidechsen huschten im Gras, Gürteltiere gruben sich vor den stampfenden Pferden blitzschnell in die Erde und bewarfen die neugierigen Knechte mit Erde und Steinen. Ausgesandte Späher kehrten auf schäumenden Pferden zurück. Der Feind war nah. Er hatte sich vor dem anrückenden Heer in das Tal von Albancay zurückgezogen. Mit einem Reitertrupp, dem auch Don Fernao und Hauptmann Miguel angehörten, ritt Don Alonso aus, um sich von den umliegenden Bergen Einblick in das Lager der Empörer zu verschaffen. Der klirrende Reiterzug war weithin zu vernehmen. Don Fernäo konnte sich nicht enthalten, den Feldhauptmann zu warnen. Ein Überfall in dem waldigen Bergland konnte leicht gefährlich werden. Don Alonso lächelte. „Dank für den guten Willen, aber es hat keine Gefahr. Die Späher und Kundschafter haben mir die Gewißheit gebracht, daß es schlecht steht um Pizarros Sache. Es herrscht Uneinigkeit im Lager. Allnächtlich laufen Herren und Knechte davon. Des Statthalters Mahnung, sich in letzter Stunde zu unterwerfen, ist nicht ohne Wirkung geblieben. Jetzt hielt der Trupp auf freier Höhe. Tief unten barg sich das Zeltlager der Empörer auf einer Halbinsel, die eine Schleife des Rio Pampas bildete. Don Fernao, der sein Pferd neben das Miguels getrieben hatte, lachte. „Sieht es nicht wie Kinderspielzeug aus, das bunte Gewimmel da unten?" „Wie klein und bedeutungslos muß es erst von Himmelshöhe aus zu erschauen sein, was wir hier unten treiben und tun", lachte der Soldmann. Aber dann trieb er sein Pferd an, der Feldhauptmann winkte ihn an seine Seite. „Miguel, Ihr versteht Euch darauf, ein Lager anzusehen. Was meint Ihr, in welche Löcher die Ratten fahren werden, wenn mir morgen wie Gottes Zorn durch das Tal herniederfahren.“ Miguels Augen wurden eng. Dann wies er mit der gepanzerten Rechten südwärts. „Soviel ich erkennen kann, führen drei Saumwege aus dem Sack, in dem Pizarro liegt. Der eine zur Linken ist die Straße nach Cuzco, die andern zwei führen bergwärts. Dort müßte man sich auf die Lauer legen.“ Don Alonso de Alvarado nickte. „Das ist auch meine Meinung. Wieviel Reiter braucht Ihr, um noch heute abend die Pässe zu verlegen?“ „Hundert an den Hauptweg, je fünfzig feste Kerle auf die Seitenpfade, das genügt. Sind sie erst im Laufen, so klauben wir uns die Anführer, auf die es ankommt, leicht heraus." „Ihr wißt, was ich will, Hauptmann. Holt die Leute und reitet ab, nehmt die Besten, die im Lager sind. Mir scheint, es kommt mehr auf die Rattenfänger als auf die Hetzhunde an. Pizarro und Fran-zisco de Carvajal muß ich haben, auf jeden Kopf tausend Maravedis." Er nickte Gewährung, als Don Fernao bat, sich den Streiftrupps anschließen zu dürfen. Schon eine Stunde später ritt ein in drei Abteilungen geordneter Haufe aus dem Lager. Den vordersten führte Hauptmann Miguel Stechlin. War es eine Schlacht zu nennen, was im Tal von Albancay geschah? Ein einziger Griff, und ganz Peru lag in des kaiserlichen Statthalters Faust. Als die Trompeten beim ersten Tagesgrauen schmetterten, da lief alles, was noch bis zuletzt bei Gonzalez Pizarro und seinem Feldhauptmann ausgehalten hatte, nach allen Seiten. Hier war kein Gold zu holen, hier regnete es Schläge, und danach verlangte keiner der heimatlosen Abenteurer, die sich an Pizarros Sache gehängt hatten. Zum Kampf kam es nur an den Paßstraßen, die Don Alonso in weiser Voraussicht hatte verlegen lassen. Dort warfen sich Pizarro und Franzisco mit einer Handvoll Getreuer in wütendem Ansturm auf die Bedränger. Aber einer nach dem andern stürzte aus dem Sattel. Geleitet von Hauptmann Miguel, der Pizarro mit dem Zweihänder das Schwert aus der Faust geschlagen hatte, wurden sie in das Lager zurückgebracht, wo in- zwischen Gascas Feldhauptmann Nachlese hielt. Don Fernao ging von einer Gruppe der Gefangenen zur andern. Jedem der Eingebraditen spähte er in banger Sorge ins Gesicht. Don Carlos Orgaz war nicht darunter, und er war auch nicht unter denen, die beim Einbruch in das Lager oder auf der Flucht erschlagen worden waren. Das Ende der Encomenderos Sie sitzen am nächtlichen Feuer, mit dessen Rauch sie die Moskitos abhalten, und hängen ihren trüben Gedanken nach. Ist das auch noch ein Leben? Seit drei Wochen ziehen sie fern von allen menschlichen Siedlungen auf Schleichpfaden dahin, über Berge und durch tiefeingeschnittene Täler. Und jetzt sind sie in die Sümpfe geraten. Lucas y Marcos, Juan y Mateo mögen wissen, ob sie je wieder mit heiler Haut herauskommen. Was nützt es, daß ihre Satteltaschen prall mit Goldstücken gefüllt sind, daß Don Carlos selbst ganze Beutel mit Edelsteinen am Gürtel und auf der Brust unter dem Lederwams trägt. Sie können mit all ihrem Reichtum nicht einen einzigen Krug Wein, ja nicht einmal einen Schluck kühlen Wassers kaufen. Nutria und Capibaras schmecken ja gut, fast so gut wie ein Spanferkel, aber sie haben genug davon, alle drei. Vergebens versucht Don Carlos, seine Knechte Joao und Felipe mit rauhen Spässen aufzuheitern oder mit einem Kartenspiel zu unterhalten. Was nützt es, wenn man den Gewinn nicht in Wein umsetzen kann? Finstere, böse Gedanken kriechen um das kleine Lagerfeuer. Sie wollen nicht weichen. Da ist das Gold, da sind die Edelsteine. Ein einziger Dolchstoß genügt, und alles ist ihnen zu eigen. Aber allein mit dem Gefährten einer solchen Tat die Rückwanderung an treten? Ja, wenn man alles für sich haben könnte, wenn man mit niemand teilen müßte! Die Zikaden schrillen in den umliegenden Wäldern. In den Sümpfen quirlen und springen die Blasen. Die Geister der Unterwelt selbst sind es, die in Sumpf und Wald umherkriechen und ihre Lok-kungen den Männern in die Ohren bla- sen. Oder heulen und klagen da hinten die Seelen Erschlagener, winseln Gefolterte unter glühendem Eisen, Ach nein, es ist nur ein Nachtaffe. Oft genug haben sie ihn schon gesehen und gehört. Warum denken sie alle drei an Urupo? Genau so hat er unter ihren erbarmungslosen Griffen gestöhnt und geächzt. Wäre es ihnen gelungen, ihm sein Geheimnis zu entreißen, so hätten sie den Tempelschatz von Ahuanca heben können. Felipe spuckt in das Feuer. Er brummt etwas vor sich hin. Die andern sehen auf. Huscht da nicht ein leiser Schritt in den Büschen, schillern nicht grünliche Augen hier und dort, Unwillkürlich greift Don Carlos nach der Muskete, die er neben sich liegen hat. Aber dann sieht er, daß es nur die Leuchtkäfer sind, die ringsum schwirren. Er gähnt. Gerne möchte er sich zum Schlaf in seine Matte rollen, aber das Mißtrauen läßt ihm keine Ruhe. Er kann den beiden Bravos die Gedanken von den niedrigen Stirnen lesen. Ein Höllenleben, wahrhaftig. An diesen Zug durch die Sümpfe wird er denken, so lange er atmet. Jedes Knacken läßt ihn herumfahren, jede verdächtige Bewegung, die Felipe und Joao machen, jagt ihm das kalte Grauen über den Rücken. Hat Don Carlos je über sein wildes Leben nachgedacht, hat er sich jemals Rechenschaft über seine Taten abgelegt? Wohin er blickt, überall sieht er ver- zerrte Geeichter, wundgeschlagene Rük-ken. Er stöhnt, ohne daß er es merkt. Büßen, bereuen, ja. Allmählich fällt alle Selbstsicherheit von ihm ab. Er bettelt in Gedanken um ein paar Jahre, um Monate oder doch um Wochen. Er will wieder gut machen, er will eine Kirche stiften, gute Werke tun. Nur aus dieser Hölle soll ihn Gott erlösen, er soll ihn beschützen vor Felipe und Joao, die Böses planen, die ihm alles, das Letzte, nehmen wollen. Don Carlos wird ganz schwach und elend. „Es muß das Fieber sein", denkt er. So etwas vergeht, wenn er erst einmal aus den Sümpfen herauskommt. Warm streicht der Nordwind über das niedergebrannte Feuer hin. Die an langen Seilen weidenden Pferde und Packtiere schnauben. Irgendwo faucht ein Jaguar. Felipe erhebt sich. Er reißt einen Ast aus dem Feuer und schwingt ihn zu heller Glut. Dann umkreist er die weidenden Tiere. Als er zurückkehrt, hat sich Joao zum Schlaf niedergelegt. Auch Don Carlos brummt etwas und rollt sich in seine Matte. Felipe ist wütend. Nun soll er wieder die Wache übernehmen, ihre Tiere, ihr Gold hüten. Er wartet, bis ihm die tiefen Atemzüge der andern verraten, daß sie eingeschlafen sind. Dann legt auch er sich auf die Seite, nachdem er nocheinmal das Feuer ange- facht und ein paar Hände voll Grünzeug darüber geworfen hat. Es qualmt und raucht, die Moskitos summen, die Zikaden schrillen, der Nachtaffe unkt. Jetzt verstummt er. Eine Schweineherde wird mit Quicken und Blasen flüchtig. Irgend etwas umschleicht das Lagerfeuer im Sumpf. Dunkel ist die Nacht, ein Schatten löst sich aus den Büschen. Lautlos, auf nackten Sohlen kommt er heran, beugt sich über die Schlafenden. Don Carlos stöhnt im Schlaf und zieht die Beine an. Ein Stich läßt ihn zusammenzucken. Jetzt bewegt sich auch Felipe und schlägt im Halbschlaf um sich. Ein winziger Blutstropfen perlt aus dem Ritz an seinem Hals. Joao spürt es nicht, wie ihn der Tod streift. Auf seiner nach oben gekehrten Stirn rötet sich ein fingerlanger Riß. Der Schatten ist verschwunden, das Dunkel hat ihn aufgesogen. Leiser werden die Atemzüge der Schlafenden, und jetzt erstirbt der letzte Laut. Ein Röcheln, ein gemurmeltes „Herr Jesus“, dann nichts mehr. Auf leisen Sohlen schreitet Urupo der Inka durch den nächtlichen Sumpf. Sein Gesicht ist ruhig und unbewegt, so friedlich, wie das eines Menschen, der das Gute getan hat. Als die Sonne über den Bergen aufgeht, ist er schon in der Savanne. Uber ihm ziehen die Geier. Urupo weiß, wo sie sich niederlassen werden. (Schluß folgt) HUGO KOCHER Hue du Ucwaldbectyz Bei den neuentdeckten Volksstämmen im Innern Neuguineas 248 Seiten - Steyler Verlagsbuchhandlung Kaldenkirchen Hugo Kocher, der Verfasser vieler beliebter Jugendbücher, den Lesern des „Stern der Neger“ wohlbekannt durch seine beiden Romane „Die Station am Rio Begas“ und „Der Schatz des Inka“, legt ein neues Werk vor, das wir unsern Lesern wärmstens empfehlen möchten. In den Jahren vor dem zweiten Weltkrieg entdeckten Steyler Missionare im Hochgebirge Neuguineas unbekannte Bergstämme, die noch auf der Kulturstufe der Steinzeit standen. Die Originalaufzeichnungen und mündlichen Berichte der Missionare hat der Verfasser zu einer spannenden Handlung zusammengefügt, die bis in die kleinsten Einzelheiten den Tatsachen entspricht. Der Held der Erzählung, Teime, ein wilder, unbändiger Bergkanake, muß wegen Blutschuld sein Heimatdorf verlassen. Auf dem Weg zur Küste begegnet er den ersten Missionaren in diesem Teil Neuguineas, zieht als ihr Führer mit ihnen in seine Heimat zurück und empfängt schließlich nach Überwindung vieler Schwierigkeiten als erster im Waghital die hl. Taufe und wird die rechte Hand des Missionars. Das alles ist äußerst anschaulich und sehr lebendig erzählt, Welt und kündet von der Segenskraft des Kreuzes Christi. enthüllt eine uns unbekannte St. L. Diese beiden Amazonenpapageien im Pfarrhaus von Pozuzo bewundern das einen halben Zentner schwere Bananenbündel, von dem sie auch ihren Teil, bekommen werden. Rechts der uralte, weise Lorito real, links sein unfreundlicher Junger Kollege. Zwei deutsche Siedlerkinder vor Ihrem Haus. Sie sprechen noch unverfälschten Tiroler Dialekt, obwohl sich ihre Vorfahren vor bald hundert Jahren hier angesiedelt haben. (Beide Aufn. Archiv) Lorito real, der königliche Papagei „Loro, Lorito real!" pflegt der größere unserer Papageien zu rufen, wenn er Langeweile hat und wünscht, daß man siđi mit ihm befassen möge. Doch über Langeweile braucht er siđi wahrhaftig nicht zu beklagen; denn im Pfarrhaus der Tirolerkolonie Pozuzo, weit drinnen im peruanischen Urwald, gibt es für ihn immer die nötige Abwechslung. Am liebsten hält er siđi in der Küche auf bei der Pfarrköchin Cres-cencia; denn da fällt ihm meist ein guter Brodcen zu; kein Wunder: beide kennen sich ja schon über 55 Jahre, eine alte Liebe, die mit zunehmendem Alter immer noch wächst. Und wehe, wenn er beim Mittagessen nicht dieselben Speisen bekommt wie die Patres; dann rächt er sich mit ein paar wohlgezielten Bissen seines kräftigen Schnabels in die Hand oder das Ohrläppchen! Und wenn er mal ganz übel gelaunt und nicht gut auf die Köchin zu sprechen ist, rächt er sich auf eine ganz ungezogene Weise. Dann setzt er sich auf den Pfosten oberhalb der Küchentüre, und im selben Augenblick, da die Köchin durch die Türe geht, läßt er das Mittagessen vom vergangenen Tage in verdauter Form wohlgezielt auf den Kopf der Köchin fallen. Und schon ist er verschwunden; nur sein schadenfrohes Lachen kann man aus der Ferne noch vernehmen. Ist aber sein Magen zufriedengestellt, dann empfiehlt er sich als wohlgezogener Geselle mit einem freundlichen: „Danke schön, Danke schön!“ Sein Tagewerk beginnt mit der Morgenvisite an der Tür eines jeden Hausbewohners. „Guten Morgen, guten Morgen!", so begibt er sich von einer Tür zur andern. Nach dem Frühstück, das meist aus Bananen und in Milch getauchtem Maisbrot besteht, klettert er eilends auf den Dachfirst und schaut mit vergnügten Sinnen dem lauten Treiben unten zu. Pünktlich erscheint er beim Mittagstisđi, dem das Nachmittagsschläfchen folgt. Da ist er für einige Stunden für niemanden zu sprechen. Erst am Abend wird er wieder quicklebendig. Wenn die Frösche zu quaken beginnen, schaut er verächtlich herunter auf die Erde, als ob er sagen wollte: „Was seid ihr Frösche doch elende Kreaturen im Vergleich zu mir; mit euch nehme ich's noch jederzeit auf!" Dann beginnt er zu quaken, daß den Hausbewohnern Hören und Sehen vergeht! Manchmal vergeht aber auch anderen Bewohnern der Pfarrei Hören und Sehen; dann nämlich, wenn Hochzeit gefeiert wird. Da kommt für ihn die Stunde, in der er auf dem Höhepunkt seines rednerischen Talentes anlangt. Wenn das vor dem Altar soeben getraute Paar glückstrahlend die Kirche verläßt, er- lönt auf einmal von des Daches Zinnen der weithin vernehmbare Ruf: „Du Luder! Du Luder! 's ist hohe Zeit zum Heiraten!" Erschrockene und lachende Gesichter soll es da jedesmal geben. Seitdem er es aber einmal zu bunt trieb, und die jungvermählte Frau, ohne einen Grund zu haben, im ganzen Gesicht die Farbe der feuerroten Federn eines Papageis annahm, muß er, sooft Hochzeit ist, hinters Gitter wandern. Um so reumütiger benimmt er sich dann am Abend, sobald im Kirchlein, das in 20 Meter Entfernung dem Pfarrhaus gegenüberliegt, der allabendliche Rosenkranz beginnt. Dann zeigt er sich von der schönsten Seite: bei der Litanei antwortet er laut und kräftig: „Bitt für uns!" Weniger angenehm empfindet es allerdings der Chordirigent, P. Johann Pezzei, wenn er mit seinem Chor gerade ein zartes Marienlied anstimmt und der Loro gleichzeitig mit den Fröschen wieder um die Wette quakt. Zu müde und zu faul, um noch, wie am Morgen, jeden Hausbewohner einzeln zu begrüßen, begnügt er sich am Abend damit, über den ganzen Dachfirst zu klettern, um ununterbrochen etwa fünf Minuten lang „Gute Nacht!" in die ganze Gegend zu rufen. Der jüngere der beiden Papageien, den wir auf dem Bilde sehen, ist noch nicht in die Schule zum Deutsch- und Spanischunterricht gegangen; er ist ein heimtük-kischer Draufgänger, vor dem man sich sehr in acht nehmen muß; nur selten Schwesternschleier Von Hermann Monoton war das Motorengeräusdi des Ford-Lastwagens, monoton die grasbewachsene afrikanische Steppe, monoton auch das Lied, das der indische Fahrer vor sich hinpfiff. Schwester Ebba war längst neben dem Fahrer eingenickt. Der breitrandige Tropenhelm war tief in ihre Stirne gesunken und wehrte den stechenden Sonnenstrahlen. Neben Schwester Ebba saß eine zweite, schon betagte Ordensfrau. Es war die Generaloberin der Schwestern vom Kostbaren Blut, die nun schon eine Weltreise hinter sich kommt er so nahe, daß man sich mit ihm unterhalten kann. Umso großzügiger verhält sich der alte: stundenlang könnte man mit diesem spielen. Doch einmal hätte bald seine Todesstunde geschlagen; kam da der Pfarrer von Pozuzo, P. Michael Wagner, von seiner anstrengenden Reise zum Zahnarzt von Huänuco zurück, vier Tage hin, vier Tage zurück, immer durch dichten Urwald und über einen Hochgebirgspaß von 4600 Meter. Glückstrahlend zeigt er mir sein künstliches Gebiß, das er soeben in der Stadt hatte machen lassen: „So, jetzt hab' ich mein Leben lang Ruh mit meinen Zähnen!" In der Nacht legte er es auf das Nachtkästchen; wie er es am nächsten Morgen wieder seiner Bestimmung zuführen will, ist das ganze Gebiß spurlos verschwunden. Der Verdacht fiel natürlich gleich auf den Loro, zumal er nicht zum Morengruß bei P. Wagner erschienen war. Man kann sich den Schrecken und den Zorn vom Pfarrer vorstellen, als er sein zertrümmertes Gebiß in einer Ecke liegen sah! Aber nach einigen Tagen ward wieder Versöhnung gefeiert. Man kann ihm einfach nicht böse sein, wenn er mit seinen treuen Äuglein einen anguckt. Leider läßt sein Gedächtnis schon etwas nach; einige Sätze hat er schon vergessen; das ist aber auch kein Wunder; denn er kann sich rühmen, der älteste Einwohner weit und breit in der ganzen Kolonie zu sein: bald wird er seinen 100. Geburtstag feiern können. P. Konrad Lohr im Steppenbrand K1 i n g 1 e r hatte. Sie hieß einfach Mutter Paula. Fast wäre sie nun auch eingeschlafen. Aber da sah sie etwas durch die kurz geöffneten Augen, als ein Schlagloch allzu unsanft mit ihnen verfuhr. Lange spähte Mutter Paula durch die Brillengläser halb rechts nach vorn. Je länger sie schaute, desto sicherer wurde es ihr, daß dort etwas nicht stimme. Zunächst sah sie Antilopen und Giraffen eilig den Weg kreuzen. Auffallenderweise nahmen sie keine Notiz von dem einsamen Fahrzeug. „Halt mal an, Mundo!" befahl die General- oberin plötzlich. Der trat heftig auf die Bremse. Die Schwester öffnete den Wagenschlag und ging wortlos um den Wagen herum. Sie steckte den Zeigefinger in den Mund und hielt ihn dann in die Luft. Mundo sah erstaunt zu. Denn er wußte nicht, wie gut man mit einem feuchten Finger die Windrichtung feststellen kann. Schwester Paula machte ein ernstes Gesicht. Sie kletterte auf die Ladefläche mit den Reissäcken, um das Land besser überblicken zu können. „Mundo, reich mir doch mal den Feldstecher!“ Der kletterte aus seinem Sitz, und da erwachte auch Schwester Ebba. „Was ist denn los, ehrw. Mutter? Hab ich aber einen Schrecken bekommen! Ich dachte schon, Löwen hätten uns angefallen.“ Und vorsichtig blickte die junge Schwester seitwärts in die nahen Büsche. Es waren ideale Verstecke für die Könige der Steppe. Mutter Paula kletterte wieder vom Wagen herunter und blickte die beiden ernst an. „Kinder, das sieht gar nicht gut aus. Die Steppe brennt! Der Wind geht auf uns zu. Es ist keine Zeit zu verlieren, los! Du, Mundo, fahr, so schnell du kannst, und wenn's geht, noch etwas schneller!" Der Motor sprang an, und Mundo gab Gas, daß der Wagen auf dem unebenen Pfad umzustürzen drohte. „Der Steppenbrand rast mit ungeheurer Geschwindigkeit auf uns zu“, sagte Mutter Paula. „Hinter uns ist der Weg schon abgeschnitten. Wir haben nur noch eine kleine Chance, nach vorn durchzukommen." Fast wäre Mundo in eine Gazellengruppe hineingefahren, die vor dem Kühler daherfegte. Die riesige Feuerwand war jetzt deutlich in der Ferne zu erkennen. Nur wer die ungeheure Schnelligkeit von Steppenbränden kennt, konnte die Gefahr ermessen. „Nur nicht in einem Sandloch steckenbleiben!" rief Schwester Ebba. Man sah ihr die Aufregung an. Sie merkte nicht einmal, daß neben ihr die Oberin trotz der wahnwitzigen Fahrt noch eine Hand frei bekam, um ein zerknittertes Papier hervorzuziehen. Es war die Kartenskizze eines Urwaldpaters aus der Gesellschaft der Misionare vom Heiligen Geist, der die Gegend wiederholt durchforscht hatte. „Da vor uns ist ein großes Sandgebiet. Das müssen wir erreichen. Sand brennt nicht!" schrie Mutter Paula dem Fahrer zu. Ein plötzlicher Windstoß entriß ihren Händen das kostbare Papier und. fegte es mit der Staubwolke, die hinter dem rasenden Fahrzeug aufgewirbelt wurde, ins Weite. Drei Augenpaare starrten nach rechts und nach vorn. Würde man es schaffen? Die riesige Feuerwand hatte die Form einer Sichel, deren eines Ende sie bereits nach hinten abgeschnitten hatte, während das andere vor ihnen den Weg abzuschneiden drohte. Trotz des Motorengeräusches lag ein Höl- lenlärm in der Luft. Es war das charakteristische Donnern eines Steppenbrandes. Mundo lag halb über dem Steuerrad und starrte gebannt nach vorn. Die Sicht wurde zunehmend schlechter. Der Wind trieb riesige Rauchschwaden über die Fahrrinne. Rechts stand die lodernde Flamme eines brennenden Waldes. Krachend barsten die Baumstämme in der rasenden Glut. Da schrie Mundo auf: „Das Feuer hat uns abgeschnitten!" Lodernde Feuerstreifen hatten den Fahrweg überschritten. Mundo schien zu zögern. Mutter Paula merkte es. „Willst du wohl Gas geben!“ Nun war auch die Sonne hinter der Rauchbarriere verschwunden. Es wurde finster um den dahinfliegenden Wagen. Und dieser Wagen raste direkt auf eine Feuerwand zu. „Jetzt gilt es!" schrie Mutter Paula den beiden zu. Und dann noch eine letzte Warnung aus dem Mund dieser sonst so unscheinbaren und jetzt so kaltblütigen Frau: „Festhalten!" Die Feuerwand war erreicht. Der Wagen schoß in die Flammen hinein. Mundo sah nichts mehr. Es war alles nur noch Hölle aus beißendem Rauch, glühender Asche und lek-kenden Flammen. Es war eine Hölle lärmender Vernichtung. Ein Funkenmeer sprühte auf. Mundos Fäuste hielten das Steuer mit unmenschlicher Anstrengung umkrampft. Da stürzte ein brennender Baum auf die Ladefläche und riß einen Teil der Reissäcke herunter, andere begannen zu brennen. Mutter Paula wußte, daß neben ihnen die Benzinkanister standen. Mit großer Anstrengung beugte sich die alte Oberin nach hinten und schob mit einer Stange einen weiteren Teil der Ladung rückwärts vom Wagen. Nun ging die Fahrt noch schneller. Wenn nur das Benzin nicht mit den Flammen in Berührung kommt! Wenn nur der Gummi der Reifen nicht Feuer fängt! Plötzlich hatte Mutter Paula wieder etwas in den Händen. Keiner achtete darauf. Mundo hielt sich am Steuerrad fest. Schwester Ebba hatte sich am Armaturenbrett angekrallt und wehrte sich stöhnend gegen das beißende Funkenmeer. Die Ohren waren wie taub, die Augen schwollen in der mörderischen Hitze mehr und mehr zu. Einmal hörte man das grauenvolle Schreien von Tieren durch den Lärm. Und plötzlich schlug den beiden kaltes Wasser ins Gesicht. Immer mehr Wasser strömte über Schwester Ebba und Mundo. Sie verstanden im Augenblick nichts von alldem, was um sie vorging. Sie wußten nicht, daß es das Trinkwasser war, das Mutter Paula über sie gegossen hatte. Sie selbst schüttete sich den Rest über den Kopf. Zischend er-löschten die ersten Brandstellen, die an ihren Kleidern aufgeglommen waren. Da, ein fürchterlicher Knall und dann ein heftiges Poltern des Wagens. Er schleuderte von einer Seite zur andern, aber schwan- KURZ BERICHTET Ausreise nach Peru. In den Tagen vor Weihnachten bestieg P. Erich Huber in Genua das Schiff zur Fahrt in unser Arbeitsfeld in Peru. Am 11. Dezember 1955 erfolgte in seiner Heimat Bad Peterstal. Baden, durch P. General Richard Lechner die kirchliche Aussendung. Seine Heimatgemeinde bereitete ihm einen herzlichen Abschied und beschenkte ihn reichlich. P. Huber machte in Bamberg das Noviziat und studierte dann in Brixen (Südtirol) Theologie, wo er 1954 zum Priester geweiht wurde. P. Stephan Untermann, der bisherige verdiente Schriftleiter des „Stern der Neger", wurde zum Generalsekretär unserer Kongregation ernannt. P. Dr. Wilhelm Kühner leitet als Kapitularvikar bis zur Ernennung eines neuen Bischofs die Diözese Lyden-burg. Der hochwürdigste P. General ernannte zum Superior unserer Mitbrüder in der Diözese Lydenburg P. Matthias Roth aus Petersbuch, Diözese Eichstätt. Das gleiche Amt wurde für Peru P. Andreas Riedl aus St. Jodock, Tirol, erneut übertragen. Neue Rektoren. Mit Ausnahme der Missionshäuser in Ellwangen und Rom erhielten alle andern neue Rektoren. Wir bringen sie auf der nächsten Seite. P. Adolf Stadtmüller, der seit Januar 1955 in den Vereinigten Staaten weilte, um für die südafrikanische Mission in anstrengender Predigttätigkeit Geld zu sammeln, ist nađi einem Zwischenaufenthalt in Irland im Dezember in Josefstal eingetroffen. Nach einem kurzen Erholungsurlaub — er lag in Amerika längere Zeit schwer krank darnieder — wird er nach Südafrika zurückkehren. (Fortsetzung von Seite 23) kend ging es weiter: Ein Reifen hatte Feuer gefangen und war geplatzt! Eine Wahnsinnsfahrt durchs Flammenmeer. Und dann — Ein Blitz leuchtete vor ihnen auf. Die drei mußten für Sekunden die Augen schließen. — Doch nein, es war nicht das fürchterliche Ende, es war die Sonne, die wieder vor ihnen aufgetaucht war. Der Wagen hatte die Flammenwand durchstoßen. Mundo raste weiter. Im Wagen saßen drei Menschen, die kaum noch zu erkennen waren. Ihre Gesichter waren verschwollen und geschwärzt. Jeder hatte blutende, aufgeplatzte Hautstellen, am meisten Mutter Paula. „Da vorne, Mundo, da beginnt das Sandgebiet. Schnell!“ Die Warnung war nicht umsonst. Mit Höllengeschwindigkeit war das Feuer hinter ihnen her. Aber die Steppe fand ihre Opfer nicht. Völlig erschöpft sanken Mundo und die beiden Schwestern nach dieser fürchterlichen Schlacht mit den Naturgewalten aus dem Wagen in den rettenden Sand und starrten fassungslos auf die wogende Feuersbrunst zurück, die sich weiter nach Süden fraß. Und plötzlich sammelten sich um sie ganze Rudel von Tieren, als suchten sie Schutz bei jenen, die sie sonst tödlich fürchteten. Kein Tier riß das andere. Auf dem Sandgebiet war Friede. Mutter Paula war die erste, die wieder zur Besinnung fand. „Ehrwürdige Mutter, das Wasser hat uns gerettet. Meine Kleider hatten schon Feuer gefangen!" sagte Mundo. „Ja!" sagte die Generaloberin nur und reichte Mundo den Schraubenschlüssel, den er gerade gesucht hatte. Schwester Ebba kam hustend herbei. Verstört und vom Schrecken noch ganz benommen, half sie dem Fahrer beim Reifenwechsel. Indes goß die Oberin Treibstoff in den Tank. Keiner sah, wie schwer die Flammen ihre Hände verbrannt hatten. Nur ein Zufall brachte es später ans Tageslicht. Das rettende Wasser hatte nur für zwei gereicht P. Hermann Bauer, Rektor des Missionsseminars St. Josef, Ellwangen/Jagst (Württemberg). Leitet, mit Unterbrechungen, seit 1929 dieses Seminar. Er stammt aus Aschhausen, Kreis Künzelsau (Württemberg). — P. Johann Deisenbeck, Missionsseminar Ritterhaus, Bad Mergentheim (Württemberg). Zugleich Generalassistent. Von 1938 bis 1955 Generalsuperior. Aus Mühldorf/Inn (Oberbayern). — P. Eduard Weiß, Missionshaus Josefstal bei Ellwangen/Jagst (Württemberg). Zuletzt Rektor in Mellatz, Aus Iglersreuth, Kreis Tirschenreuth (Oberpfalz). P. Josef Bayerl, Missionshaus in Mellatz, Post Opfenbach über Lindau i. B. Zuletzt Verwalter in Bamberg. Aus Günzlas, Kreis Kemnath (Oberpfalz). — P. Anton Fichtner, Missionsseminar in Neumarkt (Oberpfalz). Zuletzt Verwalter in Ellwangen. Aus Oberndorf, Kreis Feuchtwangen (Mittelfranken). — P. Karl Mönch, Missionshaus St. Heinrich, Bamberg, Obere Karolinenstraße 7. Zugleich Generalvikar. Zuletzt Rektor in Premstätten. Aus Lauterach, Kreis Ehingen (Württemberg). P. Anton Fink, Missioni Estere, Roma, Viale Vaticano 50. Zugleich Generalprokurator für die Geschäfte mit dem Heiligen Stuhl. Aus Altlag, Gottschee, Jugoslawien. — P. Paul Vogel, Missionshaus Maria Fatima, Post Unterpremstätten bei Graz. Zuletzt hier Präfekt. Aus Hüttlingen, Kreis Aalen (Württemberg). — P. Josef Etti, Herz-Jesu-Missionshaus in Milland bei Brixen, Provinz Bozen, Italien. Von 1921 bis 1955 Novizenmeister, zuletzt auch Rektor in Bamberg. Aus Neuhausen, Kreis Deggendorf (Niederbayern). Einkleidung in Dillingeii Am 25. Jul'i 1955 wurden im Mutterhaus der Franziskanerinnen in Dillingen/Donau 26 Kandidatinnen eingekleidet und begannen damit ihr Noviziat. Der „Stern der Neger" bringt Bilder dieser Feier, weil sich zwei der Eingekleideten (M. Daniela und M. Philippine) unserer Kongregation besonders verbunden Oben: Die Kandidatinnen ziehen zur Einkleidungsfeier in die Kirche. Vierte von links M. Daniela (Rosa Mayr aus Prad. Vintschgau, Südtirol). Sechste von links M. Philippine (Frida Gruber aus Weißenbach. Pustertal. Südtirol). Links: 9!e haben Kranz und Brautschleier abgelegt und empfangen das Ordensgewand. Unten: Der weiße Schleier der Novizinnen wird überreicht. Unten links: Heilige Kommunion, Höhepunkt der Feier. (4 Aufnahmen M. Bernida) I fühlen: Sie wollen einmal in einem I unserer Missionsgebiete als Mis-I sionsschwestern wirken. Die Fran-I ziskanerinnen in Dillingen haben I sidi nämlich in dankenswerter I Weise bereit erklärt, Mädchen, die I Franziskanerinnen werden und sich I zugleich später unserer Kongre-I gation als Missionsschwestern zur I Verfügung stellen wollen, aufzu-I nehmen und in verschiedenen Be-I rufszweigen für das spätere Wir-I ken vorzubereiten. Bereits sehen I fünf weitere Missionskandidatinnen I der Einkleidung entgegen, drei I Mädchen haben sich zum Eintritt entschlossen und zwei Schülerinnen an der Klosterschule in Dillingen wollen einmal als Lehrerinnen in die Mission ziehen. Junge Leserinnen, die sich näher interessieren, erhalten gern Auskunft von einem unserer Missionshäuser oder wenden sich direkt an das Mutterhaus der Franziskanerinnen (13b) Dillingen/Donau, Klosterstraße 6.