JOHANN LUCAS CONTE DI PALLÄY1C1NL / i5\6 JOHANN LUCAS CONTE DI PALLAVICINI, k. k. Feldmarschall. Biographische Skizze von Martin Zunkoviö, k. u. k. Hanptmann des 3. Infanterie-Begiments. ie folgenden Zeilen sollen das Bild eines Mannes liefern, der als Diplomat, Flottenführer nnd Feldherr gleichzeitig gewirkt und seinem Namen einen Ruhm erworben, anf den sowohl Genua Österreich, sein zweites Vaterland, stolz sein müssen, dessen Thaten aber in der kriegsgeschichtlichen Literatur noch nicht die verdiente Würdigung fanden. Mag auch die so vielseitige Verwendung die Vollkraft eines Mannes zersplittern und dem Gfesammterfolge nicht günstig sein, dessungeachtet: Wahrlich verloren ist nichts, was im Geiste des Ganzen gethan wird; Nur den Einzeln begräbt rauschend die Woge der Zeit. Es ist dies Johann Lucas Conte di Pallavicini.*) Derselbe wurde am 23. November 1697 in der gleichnamigen Hauptstadt der damaligen Republik Genua geboren. Sein Vater Joseph Conte di Pallavicini war vermählt mit Livia Oltremarino, welch letztere Familie den Beinamen Centurioni führte. Diese Linie der Schon damals sehr alten, viel genannten und berühmten Familie der Pallavicini nahm nun auch den Beinamen Centurioni an, jedenfalls um die vielen Äste des schon weitverzweigten Stammbaumes näher zu bezeichnen. Mit Ausnahme davon, dass Gianluca, wie er daheim genannt wurde, im 24. Lebensjahre in das „goldene Buch“, die Adelsmatrikel der Republik Genua, eingetragen wurde, ist bis zu dessen Auftreten auf österreichischen Boden über denselben nichts näheres bekannt. Im Jahre 1731 tritt derselbe als genuesischer Gesandter am Wiener Hofe zuerst in die Öffentlichkeit, woselbst er in Angelegenheit des Aufstandes auf Corsica zu intervenieren hatte. r- Unter dem kühnen Pompilioni kämpften die aufständischen Corsen gegen ihre bisherige Beherrscherin, die Republik Genua, im Jahre 1729 und 1730 *) Es bestand ursprünglich die Absicht, auf dem Maria Theresien-Denkmale in Wien auch das Bildnis J. L. Pallavicini’s zur Darstellung zu bringen, doch musste davon abgegangen werden, da der Zahl der darzustellenden verdienstvollen Männer eine beschränkte Grenze gesetzt werden musste. als auch mit solchem Glücke, dass den Genuesen nur der Besitz der Hauptstädte Bastia und Ajaccio verblieb, das Innere der Insel sich aber bereits unabhängig fühlte; die Republik machte zwar Friedensvorschläge, aber dieselben fanden bei den Empörern kein Gehör, da erfahrungsgemäß die schon oft gemachten Versprechungen nicht ernst zu nehmen waren; nachdem auch die Spanier, besonders aber die Franzosen, die Corsen fast oflen unterstützten, fühlte sich Genua bald zu schwach, mit eigener Kraft das Inselvolk zu bezwingen und rief durch seinen Gesandten Pallavicini den Beistand des deutschen Kaisers an. Kaiser Carl VI. sandte von Mailand eine entsprechende Heeresmacht nach Corsica, welche die Aufständischen nach einigen empfindlichen .Niederlagen zwang, die Oberhoheit der Republik Genua w'ieder anzuerkennen. Aber während noch die Verhandlungen in Corte tagten, glaubten die Genuesen zu entdecken, dass einige Rebellenhäupter wieder die Empörung im Innern von Corsica vorbereiten. Auf Befehl der Republik wurden daher vier corsische Abgeordnete verhaftet und nach Genua als Geiseln gebracht. Im April 1782 überreichte nun der vorerwähnte genuesische Gesandte in Wien ein Schreiben und zugleich ein erstes Memoire über die corsischen Angelegenheiten an den Prinzen Eugen von Savoyen, in welchen er sich hauptsächlich über die römische Politik hinsichtlich Corsicas beklagt; auch soll in dieser Angelegenheit Pallavicini persönlich in Mailand mit dem Prinzen verhandelt haben. Doch hatten weder dieses noch zwei weitere Memoires den gewünschten Erfolg, da es weder die Republik mit der Erfüllung der gemachten Versprechungen ernst meinte, noch auch die Corsen der Regierung Genuas Vertrauen entgegenbrachten; wrenn man überdies weiß, dass so manche Beschwerde der Corsen ihre Berechtigung hatte, dass der Vertrag zu Corte nicht geachtet wurde, dass die Gefangennahme von Abgeordneten dem Völkerrechte Hohn sprach und dieser Gewaltstreich von allen Höfen Europas offen getadelt wurde, so muss man die Lage des genuesischen Geschäftsträgers als eine nichtsweniger denn angenehme bezeichnen, weil dessen eigene Regierung auf keinen der Vorschläge eingieng und überhaupt keine Con-cessionen machen wollte. Nach endlosen Verhandlungen kam es im Jahre 1733 endlich dahin, dass Genua, durch eine kaiserliche Drohung erschreckt, die vier gefangenen Corsen in Freiheit setzte und sich auch beeilte, die zu Corte gemachten Versprechungen zu erfüllen. Pallavicini erklärte im Mai 1733 auf Befehl der Republik die Bereitwilligkeit derselben, sich der kaiserlichen Willensmeinung mit allem Eifer zu unterwerfen. Pallavicini war etwas über 30 Jahre alt, als ihm Genua die Leitung ihrer Angelegenheiten am kaiserlichen Hofe in Wien anvertraute. Die Meinung, welche die Republik von der Einsicht und dem diplomatischen Talente desselben hatte, muss besonders günstig gewesen sein, da sie ihn zu ihrem Organe in einer so kritischen und die höchste Umsicht heischenden Angelegenheit wählte — eine Meinung, die durch eine Reihe großartiger Bestrebungen und hoher Ehrenstellen später auch in glänzendster Weise ihre Rechtfertigung fand. Auch dem kaiserlichen Hofe entgieng es nicht, welch hervorragendes Talent dem jungen Genuesen innewohnte. Es wurde ihm daher im letzten Augenblicke, als er seine Functionen als Gesandter von Genua beendet hatte und bereits Anstalten zu seiner Abreise traf, am 5. Juni 1733 vom Grafen Sinzendorf eröffnet, es sei der kaiserliche Wille, ihm die Leitung des österreichischen Seewesens anzuvertrauen, mit dem gleichzeitigen Aufträge, die Reorganisierung der k. k. Marine zu übernehmen. Noch in diesem Jahre brachen infolge des Todes August’s II. in Polen die Thronstreitigkeiten aus ; ein Theil der polnischen Eeichsstände wählte Friedrich August, den Kurfürsten von Sachsen, zum Könige, während eine andere Partei Stanislaus Leszczynski zum zweitenmale auf den Thron erheben wollte. Als sich nun Karl VI. und Russland für den ersteren erklärten, unterstützte der König von Frankreich die Partei seines Schwiegervaters Leszczynski. Dieses war für Spanien ein willkommener Anlass, gegen das Haus Österreich feindlich aufzutreten; indem es sich sofort auf die Seite Frankreichs schlug, erblickte es jetzt die günstigste Gelegenheit, Neapel und Sizilien an sich zu reißen. Die nächsten Schläge Spaniens waren gegen Neapel gerichtet. Das kaiserliche Heer war in diesem Königreiche für die Aufnahme eines erfolgreichen Kampfes entschieden zu schwach; von einer Flotte, welche eine feindliche Landung hätte hindern können, war kaum eine Spur vorhanden. Pallavicini machte daher der Regierung am 19. November 1733 den Antrag, die k. k. Marine von 3 auf 6 Kriegsschiffe zu vermehren, das bisherige, wenig-verlässliche und überwiegend aus Neapolitanern bestehende Marine-Regiment aufzulösen und ein anderes auf eigene Kosten aus 1000 Dalmatinern zu errichten. Indessen landeten 30.000 Mann spanischer Truppen unter Führung des Grafen von Montemar 'in Livorno und drangen, da das österreichische Heer nur geringen Widerstand leisten konnte, in raschem Siegesschritte gegen Neapel vor, schlugen am 25. Mai 1734 den Vicekönig von Neapel, Julius Visconti, und wurden so mit einemmale Herren des ganzen Königreiches. Zu dieser Zeit kreuzte auch Pallavicini mit seinen Schiffen im Golfe von Neapel, zog sich aber, als er die hoffnungslose Lage der Dinge auf dem Festlande sah, in den Hafen von Messina zurück. Nachdem der Feind auch schon Sizilien bedrohte, suchte Pallavicini auf alle erdenkliche Weise mit seinen Galeeren die Unternehmungen der Spanier gegen die Insel zu hemmen. Doch die unbedeutende, vom Landbeere nicht unterstützte Flotille konnte das Landen des spanischen Heeres nicht verhindern. Messina, sowie die Hauptstadt Palermo wurden genommen und die Österreicher fast gänzlich von der Insel verdrängt. Da nun sowohl in Neapel als auch auf Sizilien jede Hoffnung auf einen Erfolg geschwunden war, segelte Pallavicini mit der gesannnten Marine, nachdem er auch alle in den neapolitanischen Häfen stationierten Schiffe herangezogen, den Feind durch kluge Manöver täuschend, ohne den mindesten Verlust in den Hafen von Triest. Der umsichtige und rastlose Seemann beschäftigte sich nun damit, den Seehafen von Triest in Vertheidigungszustand zu setzen. Sowie dieser Krieg überhaupt mit großer Lauigkeit geführt und weder durch Geld noch mit Truppen gefördert wurde, reichten auch die zugewiesenen Geldmittel für die unbedingt nöthigen Vertheidigungs-Maßregeln nicht aus. Pallavicini streckte daher, um die allernothwendigsten Arbeiten durchführen zu können, 60.000 fl. aus eigenem Vermögen vor. Zu gleicher Zeit rüstete derselbe, den nun die Documente „General der Marine-1 oder „General deren Galeeren und der übrigen Marina bestellter Commandant“ nennen, und der am 5. April 1735 zum Obristfeldwachtmeister befördert wurde, auf eigene Kosten 600 Matrosen aus und trug durch neun Monate 36.000 fl. zur Verpflegung derselben bei. Es kam jedoch in diesem Jahre zu keinen kriegerischen Actionen mehr, da durch den am 3. October 1735 geschlossenen Präliminarfrieden von Wien der polnische Thronfolgekrieg als beendet angesehen wurde. Diese Opferwilligkeit ist gleichfalls ein Charakterzug, aus dem hervorgeht, wie ernst Pallavicini seine Aufgabe nahm und wie hoch er die Wahrung der Interessen seines neuen Souveräns hielt. Dass Kaiser Carl VI. seinen Opfermuth, sowie seine Verdienste auch vollauf anerkannt hat, weisen folgende Stellen in dem betreffenden Obristfeld wachtmeister-Patente auf: „. . . wegen seiner von einigen Jahren hero bei Unserer aufgestellten Marina prästirte treu, eyfrig und ersprießlichen Dienste, andurch in rebus militaribus sich erworbenen besonderen Erfahrenheit und andere Ihme anklebenden rühmlichen Eigenschaften, dann seines sowohl pro prätendo zu unterhalt und Verpflegung erwähnten Marina ex proprijs geleisteten als annoch der zu leistenden treuherzig und ergäbigen Vorschusses, wie nicht minder freywillig auf sich nehmung deren bei Unseren letzthin allergnädigst resolvirte augmentierung wiederholter Marina erforderlichen Unkosten etc.“ Am 20. Februar 1736 wurde Pallavicini zum Inhaber des 3. Infanterie-Regimentes ernannt, tauschte aber die Inhaberschaft bereits am 10. April desselben Jahres mit dem Herzog Carl von Lothringen, welcher Inhaber des 15. Infanterie-Regimentes wrar. In dem bezüglichen Gehorsambs-Patente vom 20. Februar 1736 heißt es : „. . . . in gnädigster Ansehung deren Uns von demselben vor und während gegenwärtigen Krieg sowohl in dem Königreich Napoli als andern Orten, wohin ihm zu commandieren unser Dienst erheischet, treu, eifrig und ersprießlich geleisteten und annoch mit unermüdeter Beflissenheit fortsetzenden Kriegsdiensten bei allen Gelegenheiten und Kriegsoperationen zu Meer und auf dem Land bezeugten Tapferkeit stattlichen Vernunflts, in militaribus sich erworbenen guten Erfahrenheit und deren übrigen ihm beiwohnenden lobwürdigen Eigenschaften; dann aus dem in seine Person setzenden absonderlichen Vertraueus . . .“ Außerdem wurde er am 19. Februar 1736 wirklicher Kammerherr. In diesem Jahre gab es für Pallavicini wieder vollauf zu thun. Russland hatte der Pforte den Krieg erklärt; Österreich schloss sich an Russland unter der Bedingung, 125.000 Mann ins Feld zu stellen. Da ein großer Heerestheil in der Lombardei lag, musste Pallavicini die nötliigen Transportschiffe in Chioggia bereitstellen, um die Überschiffung der lür Ungarn bestimmten Truppen nach Fiume vornehmen zu können. Außerdem hatte Pallavicini für die Einrichtung des Marsches dieser Truppen auf den Kriegsschauplatz zu sorgen. Wenn man nun weiß, dass damals auf dem zu passierenden Wege weder Magazine noch größere Vorräthe vorhanden waren, weil der inner-österreichische Hofkriegsrath trotz „scharfer Eescripte“ so gut wie nichts vorkehrte, dass man, um diese Versäumnis zu verdecken, im eigenen Lande sogar zu dem Mittel der Irreführung griff und ganz unrichtige Angaben über die natürlichen Eessourcen machte, um den Durchzug der Truppen von sich abzulenken, so ersieht man daraus vielleicht erst einen Theil der Schwierigkeiten, auf welche Gr. F. W. Pallavicini bei der Durchführung seiner Aufgabe stieß. Die Kriegsrüstungen, welche bisher ziemlich lässig betrieben wurden, nahmen im Jahre 1737 einen etwas rascheren Gang. Zum Leiter der Operationen wurde FM. Graf Seckendorf bestimmt; welcher, wie bekannt, in keiner Hinsicht den Verlust des großen Prinzen Eugen ersetzte. Die Ausrüstung der Donauflotille, sowie das Commando über dieselbe wurde dem im Seewesen hervorragend erfahrenen General Pallavicini übertragen. Nach seinem Vorschläge und dem von ihm angegebenen Modelle wurden 6 armierte Flusschifie erbaut und hiezu die Baumeister, Arbeitsleute und Bemannung im März 1737 aus Triest, Fiume, Venedig und Genua berufen. Vier weitere Kriegsschiffe ließ er im Mai in der Nähe von Wien, auf dem alten Tabor, erbauen 'und dieselben sodann zu ihrer ferneren Bestimmung den Strom hinunter segeln. Im September 1737 traf Pallavicini mit seinen Tschaikisten-Fahrzeugen beim Corps des FM. Khevenhüller bei Semlin ein und übernahm nun das Commando der gesummten Donauflotille. Als jedoch Khevenhüller in der Folge (1738) durch die türkische Übermacht zum Eückzuge von Eadojevac genöthigt wurde, besorgte Pallavicini die Einschiffung der Kranken und Verwuudeten und deckte mit seinen Kriegsfahrzeugen den Eückzug des österreichischen Heeres längs der Donau und traf mit der gesammten Flotille glücklich in Belgrad ein. Im Jahre 1738 wurde er überdies nach Genua gesendet, um ein Anlehen von 600.000 fl. für den Staat aufzunehmen, zu welchem er selbst 200.000 fl. gab, während der Eest von Privaten beigesteuert wurde. In dem darauffolgenden Jahre kämpften die österreichischen Truppen mit noch geringerem Waffenglücke. Es war ein eigenes Unheil für das kaiserliche Heer, dass nach der Abberufung des unfähigen FM. Seckendorf der talentlose FM. Graf Wallis den Oberbefehl über dasselbe übernahm. Die Donauflotille bestand in diesem Jahre aus 4 Kriegsschiffen, 6 Prahmen und 1 Cecchia mit einer Gesammtbemannung von 1230 Mann und stand abermals unter Commando des Generals Pallavicini. FM. Wallis hatte den schriftlichen Befehl erhalten, alle Gelegenheit zu suchen, um den Türken eine Schlacht zu liefern. Er marschierte daher am 17. Juli mit der Hauptarmee von Belgrad ab und beschloss bis nach Grozka, einem unfern von Belgrad am rechten Donauufer zwischen Weinbergen gelegenen Orte vorzurücken und dort dem Großvezier eine Schlacht anzubieten. Pallavicini hatte bei dem am 12. Juli in Szentes abgehaltenen Kriegs-rathe die Aufgabe erhalten, gleichzeitig mit der Hauptarmee aufzubrechen, dieselbe zu sichern und bis gegen Semendria zu recognoscieren. Während nun Wallis den Vormarsch sehr lässig betrieb, kam Pallavicini über Grozka hinaus und berichtete, dass ungefähr 4000 Türken östlich des genannten Ortes stehen. In einem auf dieses hin am 21. Juli bei Vinca stattgefundenen Kriegs-rathe wurde beschlossen, diesen Theil des Gegners sofort anzugreifen und zu schlagen, da man annahm, dass die Türken bei Semendria noch nicht con-centriert seien. Pallavicini wurde hiebei aufgetragen, 3 Schiffe an die Mündung der Temes zu postieren, damit der Feind mit seiner Flotille nicht in den Fluss eindringe und auf diese Weise die Armee in Flanke und Eücken beunruhigen könne; dieser Befehl erhielt aber noch den für die Folge verhängnisvollen Zusatz ; diese Schiffe müssen bis zum 8. August unbedingt auf ihrem Posten verbleiben. In dem am 22. Juli bei Grozka entbrannten Kampfe wurde sowohl auf dem Lande, wie auch auf den Wellen der Donau erbittert gefochten. Die Flotille Pallavicini's war schon einmal von der Überzahl der türkischen Fahrzeuge fast gänzlich umringt, auch wurden seine Fahrzeuge von den am Ufer postierten türkischen Batterien heftig beschossen. Der vielerfahrene Seemann operierte aber so umsichtig und geschickt, die Kanonenschüsse waren so wohlgezielt, dass in kurzem eine bedeutende Zahl der feindlichen Tschaiken in den Grund versank, der Überrest aber in die Flucht geschlagen wurde. Während nun auf dem Lande bei der schon etwas unsicheren Situation der Prinz von Hildburghausen durch seine auf den rechten Flügel dirigierte Colonne energisch und rechtzeitig auf die Höhe, welche die Türken eben zu ersteigen begannen, brachte und dieselbe auch behauptete, erschien auf der Donau eine Reihe feindlicher, mit Truppen beladener Schiffe, welche behufs Unterstützung der wankenden türkischen Positionen daselbst landen sollten. Pallavicini nahm jedoch eine so kühne und günstige Stellung mit seinen Schiffen und unterhielt ein so wohlgezieltes Feuer auf die türkischen Fahrzeuge, dass alle Versuche derselben, sich dem Ufer zu nähern, um die Truppen auszuschiffen, resultatlos blieben. Auf dem Lande wurde bis zum Sonnenuntergänge gekämpft. Daselbst hatten zum Schlüsse beide Heere das Schlachtfeld behauptet, wo hingegen die Österreicher auf der Donau entschieden vom Glücke begünstigter waren. Es gelang Pallavicini noch im Laufe des Nachmittags, einige feindliche Fahrzeuge in den Grund zu bohren und dieselben sammt der Mannschaft zu vernichten, so dass sich die türkische Flotille bei Einbruch der Nacht zur Flucht wandte, von den österreichischen Schiffen verfolgt, deren Geschütze den Fliehenden noch manchen empfindlichen Schaden zufügten. Wäre der Commandant des Landlieeres bei Grozka von dem gleichen Muthe und derselben Ausdauer beseelt gewesen, wie der tapfere Commandant der kaiserlichen Flotille, so hätte sich der Erfolg des ganzen Feldzuges für die Waffen Österreichs wohl zweifellos glorreich entscheiden müssen. So aber bestand FM. Wallis darauf, ohne irgendwelchen hiefür sprechenden Grund, aut der Durchführung des Rückzuges gegen Belgrad; Pallavicini fiel wieder mit seinen Schiffen die Deckung der Hauptarmee zu — er traf auch that-sächlich ohne Verlust in Belgrad ein. Der glänzende Erfolg der Donauflotille in der Cooperation mit dem Landheere zeigt, auf welche hohe Stufe der Tüchtigkeit Pallavicini die ihm anvertraute, noch kurz vorher ganz unscheinbare Kriegsbranche gehoben; desgleichen sind auch noch Belege genug vorhanden, welche bezeugen, mit welch unermüdetem Eifer und rastloser Thätigkeit derselbe arbeitete, Vorschläge und Pläne vorlegte, um das österreichische Seewesen thunlichst zu heben und zu vervollkommnen; leider scheiterte manche gute Idee schon daran, dass man dieser Waffe noch immer nicht das verdiente Interesse entgegenbrachte, in allererster Linie aber an der misslichen Geldlage; ja es kam so weit, dass trotz der bisherigen großen Erfolge im Jahre 1758 die gesammten Kriegsfahrzeuge verkauft wurden, woher es kommt, dass Österreich bis zum Jahre 1788 keine Kriegsmarine mehr besaß. Übrigens hat Pallavicini, allerdings durch die gebietende Macht der Verhältnisse gezwungen, wenige Wochen nach der Schlacht bei Grozka selbst die Reduction der kaiserlichen Marine vornehmen müssen. Gegen alle Erwartung zog sich FM. Wallis nach dem am 30. Juli stattgehabten Treffen bei Pancsova fortwährend zurück und befand sich am 8. August bereits hinter der Temes. Pallavicini hatte ihn aufmerksam gemacht und gebeten, die Rückberufung der an der Temes stationierten und sich bereits in großer Gefahr befindlichen Schifte zu gestatten; doch war alles vergeblich, Wallis bestand auf seinem ersten Befehle. Mittlerweile hatten die Türken zahlreiche Uferbatterien errichtet und kreuzten mit ihrer Flotille auf der Donau; die eigene Armee befand sich bereits weit im Rücken und die Bergung der Schiffe war der eingetretenen Windstille wegen ganz unmöglich geworden; es erübrigte daher nur für Pallavicini, um die Fahrzeuge nicht in Feindeshand fallen zu lassen, dieselben in die Luft zu sprengen; nachdem dies geschehen, schlug sich die Bemannung glücklich gegen Semlin durch. Der Schlusserfolg der Marine war daher trotz hervorragender Wafien-thaten, der zweifellos erwiesenen Kriegstüchtigkeit und der vorzüglichen Führung dadurch auf nichts herabgesetzt, weil die Flotte vom Landheere nicht unterstützt, sondern vielmehr zu Opferungen gezwungen wurde, deren Nothwendigkeit durch nichts gerechtfertigt erscheint. Pallavicini wurde am 28. März 1741 durch die Ernennung zum Feldmarschall-Lieutenant ausgezeichnet und im darauffolgenden Jahre zum Vice-gouverneur und Generalcommandanten des Herzogthnms Mantua ernannt. Im österreichischen Successionskriege befehligte FML. Pallavicini eine Heeresabtheilung in Italien; im österreichisch-sardinischen Belagerungscorps vor Mirandola commandierte er die Artillerie; er war es auch, der am 22. Juli 1742 die Capitulation wegen der Übergabe dieser Festung an die österreichischen Truppen abschloss. Im Jahre 1744 befand er sich im Lager des mit den Österreichern verbündeten Königs von Sardinien, welcher die Spanier zwang, von der Belagerung der Festung Cuneo abzulassen und sich nach bedeutenden Verlusten unverrichteter Dinge zurückzuziehen. Pallavicini’s Gegenwart und dessen Rathschläge sollen wesentlich zu diesem Erfolge beigetragen haben. Mit Patent ddo. Wien am 24. März 1745 wurde Pallavicini zum geheimen Rath und Plenipotentiarius der Herzogthühmer Mailand, Mantua, Parma und Piacenza ernannt und noch am 15. Juli desselben Jahres zum Feldzeugmeister befördert. In diesem Jahre fiel ihm auch noch die Aufgabe zu, die der Kaiserin Maria Theresia feindlich gestimmten Genuesen von der Hinneigung zu Frankreich und Neapel abzubringen und sie für Österreich zu gewinnen, was ihm jedoch nicht gelang, da ihm die Verbündeten zuvorkamen und denselben wertvollere Versprechungen machten. So kam es, dass die Verbündeten überall im Vortheile waren, und am 19. November hielt Don Philipp von Spanien, der Oberfeldherr derselben, feierlichen Einzug in Mailand. Aber gleich im nächsten Jahre nahmen die Verhältnisse für die Kaiserlichen eine bessere Wendung; Pallavicini zog sich von Mantua zurück, bemächtigte sich Modena's. und sich hierauf gegen den Po wendend, nahm er an den zwei Schlachten dieses Jahres und zwar bei Piacenza am 16. Juni und San Giovanni am 9. August theil; in letzterer Schlacht wurde er auch durch eine Flintenkugel am Kopfe verwundet. Die diese Schlachten betreffenden Berichte preisen den FZM. Pallavicini ob seiner ausgezeichneten persönlichen Bravour und der muthigen Anführung der Truppen ins feindliche Feuer und deuten zugleich an, dass derselbe viel zur Erringung dieser wichtigen Siege, die der Kaiserin den Besitz der Lombardei sicherten, beigetragen habe. Die Siege der Kaiserlichen, dann der Tod Philipps V. waren nun Schuld, dass die Spanier in Italien verhindert waren, den Kampf fortzusetzen, welcher Umstand besonders für Genua folgenschwer wurde. Das kaiserliche Heer wandte sich nun gegen diese Stadt, die sich auf die Seite der Feinde Österreichs geschlagen, belagerte dieselbe und zwang sie zur Capitulation. Als aber FM. Botta das republikanische Volk mit Stockstreichen zu behandeln begann, wurde dasselbe darüber so empört, dass es sich zuerst mit Steinwürfen und später mit Waffen entgegenstellte und die Österreicher wieder gänzlich aus der Stadt vertrieb. Die Engländer, mit Österreich verbündet, waren über den Verlust Genuas schmerzlichst berührt und klagten Pallavicini, der sich auch geweigert hatte, an dem Kampfe gegen sein Vaterland theilzunehmen, geheimen Einverständnisses mit den Bürgern von Genua bei der Kaiserin Maria Theresia an. Die Folge dieser Anschuldigung war, dass Pallavicini die im Jahre 1745 übernommene Statthalterschaft im Jahre 1747 an den Grafen Harrach übergeben und in Wien zur Rechtfertigung der wider ihn erhobenen Anklagen erscheinen musste. Aus dieser Verleumdung, als welche die er- wähnten Beschuldigungen sofort erkannt wurden, ging Pallavicini’s Charakter nur noch reiner und makelloser hervor. Indem er am 20. December 1747 einstweilen zum Castellan im Schlosse zu Mailand ernannt wurde, erhielt er schon am 6. Jänner 1749 das Diplom als commandierender General in Italien und am 10. August das Patent als Gouverneur und Generalcapitän der österreichischen Lombardei, in welcher Stellung er durch drei Jahre verblieb. In dieser Eigenschaft beseitigte er zwei in der politischen Verwaltung schon tief eingewurzelte Missbrauche, nämlich : die Bestechlichkeit der Beamten und die Einführung von freiwilligen Geschenken an die Beamten. Es war gang und gäbe, dass Beamtenstellen vom Fürsten entweder verkauft oder aber vertragsmäßig an Private abgetreten wurden, welche damit weitere Geschäfte machten, so dass ein Mann von Talent und Verdienst ohne Vermögen zu dieser Carrière nicht gelangen konnte. Der zweite Übelstand hatte darin seinen Ursprung, dass die Beamten vom Fürsten eine zu geringe, daher nicht ausreichende Bezahlung erhielten ; da nun die Parteien wussten, dass sie im Amte auf eine Frage oder ein Gesuch ohne pecuniäre Opfer schwerlich eine Antwort erhalten, so brachten sie für den betreffenden Beamten immer gleich ein Geschenk mit ; dieser Missbrauch, der allgemein bekannt war, wurde früher auch höherenorts stillschweigend geduldet, wohingegen Pallavicini mit aller Schärfe dagegen auftrat und auch seinen Zweck erreichte. Eine weniger glückliche Hand hatte er in staatsökonomischer Hinsicht. Er hob alle bisher getrennten Einnahmen der Hoheitsrechte auf und verpachtete dieselben an einen oder mehrere Personen, welche jedoch das Volk rücksichtslos aussogen und sich auf Kosten desselben bereicherten. In dieser Zeit beendigte Pallavicini auch die langwierigen Grenzstreitigkeiten mit den italienischen Landvogteien der Schweiz auf dem Congresse zu Varese. Im Jahre 1753 verließ Pallavicini diesen Posten, indem er die General-Statthalterschaft an den Erzherzog Ferdinand übergab, sich vom Staatsdienste ganz zurückzog und Bologna zu seinem bleibenden Wohnsitze wählte.*) Seine Verdienste um den Staat und die Armee wurden von der Kaiserin noch durch die Aufnahme unter die Bitter vom goldenen Vließe am 30. November 1753, und die Verleihung der höchsten militärischen Würde, der eines k. k. Feldmarschalls, am 13. Juli 1754, belohnt. Ausgenommen davon, dass er in der Zeit von 1765—1768 als Präsident des Rathes in Mailand fungierte, welches Amt er wohl nur dem Titel nach versah, dann dass er anlässlich der Werbung Ferdinands, des Königs von Neapel, um die Hand der österreichischen Prinzessin Maria Carolina im Auf- *) Aus Anlass des Scheidens von diesem wichtigen Posten wurde eine große Erinnerungs-Medaille geprägt. Dieselbe zeigt auf der Aversseite das Brustbild Paliavicinis mit der Umschrift: „Jo. Lucas Cornes Pallavicinus Austriacae Insubriae Gubernator supremus“, anf der Eeverseite die Figuren der Pallas Athene und des Mercur, die die Vereinigung seiner militärischen und politischen Verdienste symbolisieren sollen, mit dem Spruche des Horaz : Quibus unum opus est. 1753. trage Josephs II. als außerordentlicher Gesandter verwendet wurde, trat Pallavicini seit dieser Zeit nicht mehr in die Öffentlichkeit. Da Pallavicini wusste, dass er in Genua, welches doch seine Vaterstadt war und deren Interessen er nebstbei stets vertrat, trotzdem nicht die Aufnahme finden würde, welche er wünschte, weil er seinen hellen Geist und seinen starken Arm nicht in den Dienst seines Vaterlandes, sondern in den eines fremden Monarchen gestellt hatte, so verlegte er seinen Wohnsitz nach Bologna, woher auch seine zweite Gemalin stammte. Doch war er auch in Bologna nicht gerne gesehen, weil es die Herren der Stadt als eine Demüthigung ansahen, dass er überall, wo er sich befand, deD Doppeladler aufpflanzte; dennoch begegneten sie ihm überall mit würdiger, wenn auch etwas gezwungener Ehrerbietung. Pallavicini starb am 17. September 1773. Er war zweimal vermählt ; im Jahre 1720 ehelichte er Anna Marchesa von Anguissola, welche jedoch am 16. November 1751 ohne Hinterlassung von Nachkommen starb. Diese Ehe scheint keine glückliche gewesen zu sein; der Grund dürfte wohl nur darin zu suchen sein, dass die ihre Vaterstadt Genua über alles liebende Frau ihrem Gemahl den Übertritt in die kaiserlichen Dienste nicht verzeihen konnte, sie lebte auch ununterbrochen in Genua und wurde nur in den letzten Lebensstunden noch von demselben besucht. Sie bedachte in ihrem Vermächtnisse reichlich sowohl ihren Gatten als auch verschiedene wohlthätige Institute in Genua; zum Haupterben wurde jedoch ein Vetter derselben, der junge Marchese di Serra eingesetzt, dem hiedurch ein jährliches Einkommen von 100.000 Lire zufiel. Im August 1753 vermählte sich Pallavicini zum zweitenmale; aus dieser Ehe mit Maria Katharina Fava di Ferro, einer Witwe des Marchese di Con-radiui aus Bologna, stammt der einzige Nachkomme, namens Joseph*), welcher am 24. Jänner 1756 in Bologna geboren wurde.. Diese zweite Gemahlin starb am 1. December 1786 und wurde in Bologna in der Schlossgruft an der Seite ihres Gemahls beigesetzt. Pallavicini war ein Mann von seltener Vielseitigkeit und ausgestattet mit Eigenschaften, die sonst nicht so bald in einer Person vereinigt vorgefunden werden. Groß von Gestalt, noch im Greisenalter von jugendlichem Feuer belebt, ließ das große, braune Auge darauf schließen, dass auch das Seelenleben ein harmonisches sei. *) Wurzbaeh erzählt, dass der Sohn des Joh, Lncas Pallavicini, der für die Waffenthat bei Habelschwerdt (1779) mit dem Maria Theresien-Orden ausgezeichnet wurde, Carl Pallavicini war ; dieses ist eine Unrichtigkeit, welche auch in die Biographie im Werke : „Der Militär-Maria-Theresien-Orden“ I pag. 217 aufgenommen ist. Pallavicini hatte aus erster Ehe keine Nachkommen; dessen erste Frau starb 1751; während nun Wurzbach denselben am 24. Jänner 1756 geboren sein lässt, bezeichnet das erwähnte Werk 1742 als Geburtsjahr; thatsächlich ist aber Carl Pallavicini nach der Stammtafel des markgräflichen Hauses am 18. October 1739 als Sohn des Alexander Pallavicini und seiner zweiten Gattin Livia Mari geboren. Das Geburtsjahr 1756 ist schon deshalb unrichtig, weil Carl Pallavicini nach Litta: Famiglie celebri italiane, 1769 Obristlieutenant, 1773 Oberst- und Regiments-Commandant war — a$so doch nicht mit 13, beziehungsweise 17 Jahren! Der Graf war eifrig im Glauben und liebte doch auch sehr Prunk, Freude und Vergnügen; er hielt strenge Mannszucht, war aber dabei höflich, freigebig und wohlwohlend, daher bei den Untergebenen ungemein beliebt; ein organisatorisches Talent par excellence, das nicht nur große Entwürfe fertigstellte, sondern auch darnach angethan war, dieselben geschickt auszuführen ; überaus reich an militärischen Kenntnissen hatte er trotz der vielen Kriegsjahre an Begeisterung für die classische Muse nichts eingebüßt; gewissenhaft in der Erfüllung seiner Pflichten war er dabei von einem Charakter, den er selbst in der psychisch schwierigen Lage makellos erhielt, als gegen seine Vaterstadt der Krieg getragen wurde, indem er weder die beschworene Treue brach, noch zum Renegaten ward. Er war, was in der aufstrebenden seefahrenden Republik Genua jeder dem Staatsdienste sich widmende, im „goldenen Buche“ prangende Patrizier sein musste: Seemann und Diplomat zugleich in des Wortes würdigster Bedeutung; wenn bei ihm noch hinzukommt, dass er auch als Feldherr Vorzügliches geleistet, so ist. dies nur ein weiterer Beweis der Expansivkraft seines Geistes. Doch ist nicht zu verkennen, dass die wogende See mit ihren sie tausendfach kreuzenden Schiffen sein Element war, auf dem er sich noch im Besonderen als Meister fühlte. Und konnte dies unter den gegebenen Verhältnissen wohl anders sein ! Zu jener Zeit war Genua das Karthago des Mittelmeeres. Die Marine Genuas war die Schule, aus der sich dereinst das Genie eines Christoph Columbus die Kraft holte, in den unbekannten Ocean zu segeln; sie war in der Jugendzeit Pallavicinis tonangebend in der Nautik, Grund genug, jeden Genuesen mit berechtigtem Stolze zu erfüllen, die Macht der Vaterstadt durch das Meer verklärt zu sehen. Doch gedeiht auch nicht der große Geist zu jeder Zeit und auf jedem Boden. Geniale Männer sind immer die Söhne ihres in seiner Lebensthätigkeit auch durch die. Naturseite vielfach bestimmten Volkes. Die • größte Gelehrsamkeit allein vermag nichts ohne jene instinktartige, divinatorische Zugabe, welche von eben dem Geiste aus der Atmosphäre aufgesogen wird, in der er von seinem ersten Aufbruche an geathmet hat; — und die Wahrheit dieses. Schlusses bezeuget auch dieses Lebensbild.