Militärmusikkapellen in Ljubljana Wie in fast allen größeren Städten der österreichischen Monarchie war auch in Ljubljana (dt. Laibach) – der Hauptstadt des ehemaligen Herzogtums Krain – im 19. Jahrhundert eine Garnisonskapelle stationiert. Eine Ausnahme bildeten Kriegszustände, während denen in der Stadt selten eine Musikkapelle anwesend war. In Laibach sorgten verschiedene Militärmusikkapellen nicht nur für die musikalische Unterhaltung, sondern deren Musiker halfen auch bei sinfonischen Konzerten und in der Oper aus. Die Geschichte dieser Musikkapellen in Slowenien ist noch nicht geschrieben. Ein Grund dafür ist die Tatsache, daß die Archivalien nicht in Slowenien, sondern in Wien bzw. in Österreich aufbewahrt werden. An dieser Stelle müssen wir uns leider weitestgehend damit begnügen, was bisher bei der Arbeit über die musikalische Vergangenheit Laibachs in Slowenien selbst gefunden wurde bzw. was aus der musikwissenschaftlichen Literatur hervorgeht. Im 16. Jahrhundert existierte in Laibach eine landschaftliche Miliz. Diese bestand aus der „Ritterschaft“ (fünf Reiter-Compagnien), und zu diesem landschaftlichen krainischen Militär gehörte auch ein Musikkorps – die landschaftlichen (oder Landschafts-) Trompeter und Heerpauker. Noch im Jahre 1740 betrugen die Gesamtkosten für diese landschaftliche Musik 1.425 fl. 12 kr.1 Während der Türkenkämpfe waren die Instrumentendepots für die land- schaftlichen Trompeter und Pfeifer in den dem Kriegsschauplatz näher gelegenen befestigten Schlössern Turjak (dt. Auersperg) und Pobreje (dt. Freyenthurn), wo sich nach Johann Weichard Freiherr von Valvasors Worten das „Kriegsorgelwerk“ befand, welches die Soldaten „beherzter“ machen sollte.2 Die Stadt Laibach hatte bereits im 16. Jahrhundert ihre Bürgerwehr – 1562 war hier schon das erste große Freischießen – und im Anschluß an diese Bürgermiliz ihr eigenes Musikkorps, die sogenannten „Stadtthurner“. Diese Instrumentalmusiker hatten die Verpflichtung, sich im Sommer alle Tage, im Winter dann und wann um 11 Uhr vormittags in ihrer grünen „Stadtliberey“ (Livrée) auf den Pfeiferturm auf dem Schloßberge zu begeben und von dem Turm herab sich mit drei Posaunen und einem Zinken oder Cornet hören zu lassen.3 Außerdem spielten sie bei festlichen Anlässen, weiterhin (als Privatverdienst) auf Hochzeiten, bei Mahlzeiten usw. Die Musikverbote trafen auch die Stadtthurner. Ihnen war zu Beginn des 18. Jahrhunderts eine Konkurrenz in den Stadtgeigern entstanden. Die landschaftlichen und städtischen Musikanten dienten auch bei festlichen Begebenheiten des Landes und seiner Hauptstadt Laibach: “Tedeums über erfochtene Siege, Ein- und Umzüge der siegreichen Feldherren begleiteten sie mit ‚zierlicher Melodey‘, und gar wenn der Landesfürst nahte, da secundierten sie wacker dem Donner aus den ‚landschaftlichen Stükken‘ und dem harmonischen Geläute der damals in der ‚bela [schönen] Ljubljana‘ noch in viel größerer Anzahl als heute vorhandenen Kirchenglocken.“4 228 PRIMO KURET (1935) 1 Vgl. Mittheilungen des historischen Vereins für Krain, 1860, S. 93 2 Johann Weichard Freiherr von Valvasor, Die Ehre des Herzogthums Crain, 4 Bde., Laibach und Nürnberg 1689 (Reprint München 1970), Bd. 1, S. 669 3 Ebenda. 4 Peter von Radics, Frau Musica in Krain, Laibach 1877, S. 18. Der Sommer 1800 sollte – gemäß dem Historiker Peter von Radics (1836-1912) – das erste öffentliche Militärkonzert in Laibach bringen: „die Herrn Offizier haben eine prächtige Cassation [Abendständchen] geben vor dem Generalstab mit dem Hackbrettl [also ungarische Musik]“. Aus dem Jahre 1806 stammt ein Bericht über ein großes Freudenfest zu Ehren des Gouverneurs Baron Rosetti am 26. Juni, das aus einer Festvorstellung von Dilettanten im Theater bestand, wonach die Kapelle des bürgerlichen Jägerkorps dem auf die Burg zurückkehrenden Gouverneur bis 12 Uhr nachts ein „Hofrecht“ machte; eine Cassation beschloß die Feier.5 In den 1860er Jahren entstanden in Slowenien viele deutsche und slowenische Gesangvereine, Musikkapellen, mehrere Werkskapellen (so z.B. in Zagorje eine Kapelle aus 25 Mann), in Laibach eine städtische Musikkapelle und eine Kapelle auch in Idrija (im Quecksilberwerk), wo bereits unter Kaiserin Maria Theresia (1777) ein eigener Musiklehrer bestellt worden war. Der schon erwähnte Historiker Radics schreibt in seinem Buch Frau Musica in Krain, „ein einflussreicher Faktor zur Entwicklung des Musiklebens ergab sich stets in der Anwesenheit einer Militärmusikkapelle; - ist doch die österreichische Militärmusik mit Recht in der ganzen Welt berühmt und hoch gefeiert. Namentlich im Augenblicke erfreut sich Laibach einer Militärkapelle, deren geradezu eminenten Leistungen in der Musikwelt notorisch sind, der Musikkapelle des k. k. 53. Linien-Infanterie-Regimentes Erzherzog Leopold, unter der trefflichen Leitung des ausgezeichneten Kapellmeisters Czansky, eines Künstlers auf dem Flügelhorn“6 Radics schrieb weiter, daß „sich die Productionen dieser Militärkapelle der vorzüglichsten Sympathien der Bevölkerung erfreuen“. Franz Czansky (1832-1905) wirkte auch in der Philharmonischen Gesellschaft als Solist am Flügelhorn mit (am 31. Dezember 1876 spielte er Flügelhorn beim Chor von Schäffers Die Post im Walde und begleitete mit der Militärkapelle den Chor der Philharmonischen Gesellschaft bei einer Liedertafel am 21. Juli 1877). Czansky war später Kapellmeister des Husaren-Regiments Nr. 4. Für die Zeit um 1845 wurde eine Standard- oder Idealbesetzung der Infanteriemusik ermittelt, die in der Praxis gewiß nicht immer erreicht wurde. Diese Besetzung umfaßte 1 kleine und 1 große Flöte, 2 Oboen, 1 Klarinette in As, 2 Klarinetten in Es, 3 Klarinetten in B, 2 Fagotte, 1 Kontrafagott, 1 hohe Trompete in B, 2 Flügelhörner in B, 1 Baßflügelhorn, 1 Obligatflügelhorn, 8 Trompeten in Es, 2 Baßtrompeten in B, 1 Euphonium, 3 Posaunen, 2 Hörner in Es, 2 Hörner in As, 3 Bässe (Ophikleide oder Bombardon), 1 bis 2 kleine Trommeln, 1 Paar Becken, 2 Naturtrompeten.7 229 Militärmusikkapellen in Ljubljana 5 Ebenda, S. 37. 6 Ebenda, S. 47. 7 Eugen Brixel, Martin Gubther und Gottfried Pils, Das ist Österreichs Militärmusik, Wien 1986, S. 108. Einen Einschnitt in der Entwicklung der österreichischen Militärmusik stellte das Jahr 1851 mit der Systematisierung der Militärmusikbanden und der Schaffung eines Armeekapellmeisters dar. Den stärksten Musikerbestand mit 48 Mann bekamen die Linien-Infanterie-Regimenter zugebilligt.8 Eine Beschreibung der k. u. k. Militärmusikkapellen lieferte Emil Rameis.9 In Laibach war am längsten das Infanterie-Regiment Nr. 17 stationiert. Dir Musikkapelle dieses Regiments wurde von verschiedenen Kapellmeistern geleitet, so von J. Borovansky, Alfons Czibulka (1842-1894), Anton Forka (1854-1909), Johann Jedliczka (1819-1886), Karl Kees (1864-1907), Johann Nepomuk Kral (1839-1896), Paul Micheli (1895-?), Johann Nemrawa (?), Josef Stern (1831-1913), Anton Wolf (1872-?), Michael Zimmermann (1833-1907).10 Dieses Infanterie-Regiment galt als „heimisches“ und die Musikkapelle natürlich auch. Die Farbe der Aufschläge war rotbraun, die der Knöpfe aber weiß. Ihr Bezirkskommando befand sich in Laibach, der Stab aber in Klagenfurt. Eine Aufnahme aus Bozen im Jahre 1866 zeigt die Regiments-Banda des slowenischen Infanterie-Regiments Nr. 17 Khun von Khunfeld mit mehr als 60 Musikern.11 So spielte sie bei Gründung des Arbeitergesangvereins Slavec [Nachtigall] viele slawische Musikstücke,12 aber auch anläßlich einiger patriotischer Gelegenheiten (z.B. am Namenstag von Kaiser Franz Joseph am 4. Oktober 1885), sowie beim fünfjährigen Jubiläum des Vereins Slavec, wo die Musikkapelle die Festliche Ouvertüre von Heinrich Proch, Chor und Canzone aus der Oper Tutti in Maschera von Carlo Pedrotti, danach Ein Abend in steirischen Hochgebirgen (Fantasie) von Czibulka, einen Melodienkranz von slowenischen Volksliedern, die Ouvertüre zur Oper Die Hexe von Boissi von Ivan Zajc und Tanzstücke spielte. Aus weiteren Quellen (Zeitungen, Programmen) wissen wir, daß in Laibach auch andere Militärkapellen wirkten. Aus dem Jahr 1872 ist bekannt, daß bei der am 27. Juli im Casino-Garten veranstalteten Liedertafel die k. k. Graf Huyn Infanterie-Regiments- Kapelle mitwirkte. Diese Musikkapelle spielte auch am 24. Juli 1872 bei der Sommerliedertafel unter seinem Kapellmeister Georg Schantl (1839-1875), und zwar „vor und zwischen den Gesangsvorträgen nach besonderem Programme verschiedene Musikstücke“. Schantl leitete die Infanterie-Regimenter Nr. 61 und Nr. 79. Die k. k. Herzog von Sachsen-Meiningen Infanterie-Regiments-Kapelle interpretierte im Casino-Garten in Laibach am 10. Juli 1875 zusammen mit dem Männerchor der Philharmonischen Gesellschaft unter Gesamtleitung des Musikdirektors Anton Nedvìd (1828-1896). Die Musikkapelle wurde von Kapellmeister Johann Schinzl (1836-1895) dirigiert, und auch sie spielte vor und zwischen den Gesangsvorträgen verschiedene Musikstücke. Schinzl leitete später weitere Musikkapellen (Infanterie-Regimenter Nr. 38, Nr. 46, Nr. 58, Nr. 101 sowie das Tiroler Jäger-Bataillon Nr. 7). Am 27. Mai 1876 fand in der Casino-Restauration „Wohltätigkeitsabend zum Besten der Ueberschwemmten am laibacher Moor, veranstaltet vom Laibacher Turnverein unter gefälliger Mitwirkung der löbl. Regimentsmusik des k. k. Inf.-Reg. und des Männerchores 230 PRIMO KURET (1935) 8 Andrea Freundsberger, Beiträge zur Kulturgeschichte der österreichischen Militärmusik, Diss. Hochschule Wien 1986, S. 27. 9 Emil Rameis, Die österreichische Militärmusik – von ihrem Anfängen bis zum Jahre 1918, Tutzing 1976 10 Ebenda. 11 Brixel, Gubther und Pils, Militärmusik, s. Anm. 6, S. 329. 12 Tageszeitung Slovenski Narod vom 10. September 1884. der phil. Gesellschaft“ statt. Das Programm umfaßte verschiedene Werke: Märsche, Ouvertüren, Walzer, Polkas sowie Opernausschnitte von verschiedenen Komponisten, darunter von Otto Nicolai, Johann Strauß, Giuseppe Verdi und Charles Gounod. Das Konzert beendete ein Glückshafen (eine Tombola) mit „zahlreichen hübschen Spenden der Förderer dieses wohltätigen Unternehmens“. Die Militärmusikkapelle des k. k. 53. Infanterie-Regiments Erzherzog Leopold gab unter Leitung des schon erwähnten Nedved am 2. Dezember 1877 ein eigenes „Militär-Concert“ unter Mitwirkung des Männerchores der Philharmonischen Gesellschaft. Auf dem Programm standen Werke von Carl Maria von Weber (Jubel-Ouverture), Giulio Briccialdi (Concert-Fantasie für Flöte), Franz Liszt (2. Ungarische Rhapsodie), Henri Vieuxtemps (Rgverie), Luigi Cherubini (Polonaise für sieben Blechinstrumente) und Charles Gounod (Reminiszenzen aus Romeo und Julia). Diese Musikkapelle wurde von dem oben bereits genannten Kapellmeister Czansky geleitet. In der Saison 1879/80 wurden mindestens zwei Konzerte von der Militärkapelle des k. k. Linien-Infanterie-Regiments Nr. 49 Baron Hess unter persönlicher Leitung des Kapellmeisters Hermann Miliér (1840-1898) dargeboten. Das erste Konzert beinhaltete Werke von Gioacchino Rossini (Ouvertüre zur Oper Die diebische Elster), Eduard Strauß (Ehret die Frauen, Walzer), Gounod (Chor der Krieger aus der Oper Margarethe), Franz von Suppé (Boccaccio-Polka), das bosnische Volkslied Laku noc, instrumentiert von Kapell-meister Miliér, Richard Wagner (Erstes Finale aus der Oper Lohengrin), Giacomo Meyerbeer (Reminiszenzen aus der Oper Die Afrikanerin). Nach der Pause folgten Werke von Wilhelm Westmeyer (Kaiser-Ouverture), Johann Strauß (An der schönen blauen Donau), Gaetano Donizetti (Zweites Finale aus der Oper Lucia di Lammermoor), das Potpourri Musikalischer Congress mit Echo von F. Massak und der Schützen-Marsch von Johann Pavlis. Das zweite Konzert war genauso bunt wie das erste: Zuerst erklang eine Elegia eroica vom Kapellmeister Milier, dann eine Slavische Quadrille von Zavrtal, Ballet und Chor aus der Oper Margarethe von Gounod, das Gebet der Türken aus der Oper Wanda von Franz Doppler, der Walzer Bei uns z´ Haus von Johann Strauß, die Gavotte Heimliche Liebe von Johann Resch und die schon erwähnten Reminiszenzen aus der Oper Romeo und Julia von Gounod. Der zweite Teil brachte dann die Ouvertüre zur Oper Tannhäuser von Richard Wagner, Die Post im Walde (Flügelhornsolo in der Entfernung) von Schäffer, die Aufforderung zum Tanze von Weber, das Potpourri Stammblätter von Leiner und der Marsch Der beste Schütz von Rosenkranz. Kapellmeister Miliér leitete später die Kapelle des Infanterie-Regiments Nr. 79. Als am 22. Mai 1881 das 12. Gründungsfest des Arbeiter-Bildungsvereins stattfand, wirkte die Militär-Musikkapelle Großfürst Michael mit. Auf dem Programm waren neben einer Begrüßungs- und einer Festrede auch ein Tanzkränzchen und ein Feuerwerk. Im Jahre 1882 spielte die Kapelle des k. k. Infanterie-Regiments Großfürst Michael von Rußland bei der Sommerliedertafel am 8. Juli 1882. Es handelte sich um folgendes Repertoire: Carl Maria von Weber, Oberon-Ouverture, Giacomo Meyerbeer, Chor und Gebet der Matrosen aus der Oper Die Afrikanerin; Johann Resch, Walzer Hundert Jungfrauen, Czerny, Potpourri Etwas für Alle; Michael William Balfe, Divertissement aus der Oper Die Zigeunerin; Johann Strauß, Polka française Immer galant; Leo Delibes, 231 Militärmusikkapellen in Ljubljana Präludium und Walzer aus Coppelia; Jacques Halévy, Finale aus der Oper Die Jüdin; Johann Strauß, Quadrille Spitzentuch; [Josef?] Vydra, Galopp Elektrische Funken. Im Juli fanden gewöhnlich in Laibach die sog. Sommerliedertafeln statt, auf denen die Militärmusikkapelle spielte und manchmal die Chöre begleitete. Am 25. Juli 1882 war wieder eine solche Sommerliedertafel unter Leitung Nedvìds und „mit freundlicher Mitwirkung der löbl k. k. Herzog von Sachsen-Meiningen Infanterie-Regiments- Kapelle“. Das Programm der Musikkapelle ist nicht bekannt. Die k. u. k. Armee besaß 102 Infanterie-Regimenter.13 Deren Musikkapellen waren fast komplette sinfonische Orchester. Die österreichischen Militärmusikkapellen nahmen neben Märschen auch Konzertstücke in ihr Repertoire auf, und weitaus früher als andernorts galt selbst das Streichorchester als wesentlicher Bestandteil der Militärmusik. Sehr früh im 19. Jahrhundert interpretierten Militärmusiker in den Theatern ihrer Garnisonstädte und waren somit in das regionale zivile Musikleben integriert.14 Genau so war es auch in Laibach, wo die Militärmusiker nicht nur bei Konzerten der Philharmonischen Gesellschaft, sondern auch im Landschaftlichen Theater mitwirkten, an dem stets nur ein kleines Orchester (18 Musiker) angestellt war. Selbstverständlich musizierten die Militärmusiker auf Promenaden-Konzerten, auf Bällen usw. Im Jahre 1883 vermehrte sich die Zahl der Infanterie-Regimenter und mit ihr auch die der Militärmusikkapellen in Österreich-Ungarn. Das war die letzte glanzvolle Periode in der Geschichte der österreichischen Militärmusik. Im Jahre 1889 wurde eine neuer Musikerbestand festgesetzt, bestehend aus dem Regimentstambour, einem Feldwebel, vier Korporalen, fünf Gefreiten, dreißig Infanteristen und zwei Eleven, der bis zum Ende der k. u. k. Armee beibehalten wurde. Kapellmeister und Musiker stammten fast gänzlich aus den deutschen und böhmisch-mährischen Ländern der Monarchie,15 wir kennen aber auch einige slowenische Musiker, die in Militärmusikkorps dienten. Die slowenischen Länder und Laibach als anerkannte Hauptstadt aller Slowenen, die in der österreichischen Monarchie in den verschiedenen Kronländern lebten, waren von 1848 an mehr und mehr nationalistisch gespalten. Einerseits gab es gut organisierte deutsche Vereine, andererseits versuchten sich slowenische Vereine zu profilieren. Letztere hatten eine wichtige Rolle in Zusammenhang mit der nationalen Identitätsfindung der Slowenen. Die Erfolge waren auf kulturellem Gebiet viel größer als auf politischem. Die politisch-nationalen Konflikte wuchsen immer mehr an und setzten sich auch nach 1900 fort. Militärmusiker wirkten während der ganzen Zeit sowohl auf deutscher als auch auf slowenischer Seite mit. Im Jahre 1908 wurde die Slowenische Philharmonie gegründet, die aber nur bis 1913 wirkte. Militärmusiker unterstützten die slowenischen Musikvereine (Glasbena matica, Slavec, Ljubljana, Zvon). Die zentrale Rolle im musikalischen Leben der Stadt Laibach hatte die im Jahre 1794 gegründete und schon erwähnte Philharmonische Gesellschaft, die in ihrer langjährigen Geschichte (1794-1919) gute wie schlechte Zeiten erlebte. Nach 1856, als der Tscheche Anton Nedvfd ihr Musikdirektor wurde, entwikkelte sie sich rasch und schnell. Nedvìd gründete einen Männer- und später auch einen Damenchor, leitete Orchesterkonzerte und führte große vokal- instrumentale Werke (Joseph Haydn, Die Schöpfung; Die sieben 232 PRIMO KURET (1935) 13 Rameis, Militärmusik, s. Anm. 8, S. 15. 14 Ebenda, S. 9. 15 Ebenda, S. 52. letzten Worte; Die Jahreszeiten; Ludwig van Beethoven, Christus am Ölberg; Felix Mendelssohn Bartholdy, Paulus; Antigone usw.) auf. Das stete Problem des Orchesters der Philharmonischen Gesellschaft waren immer wieder Instrumenalisten, besonders Bläser. Ohne Militärmusiker konnte es auch keine größeren sinfonischen Konzerte veranstalten. Darum war die Bewilligung des Reichkriegsministeriums vom 7. Dezember 1875 bzw. vom 28. Dezember 1886, daß die einzelnen Militärmusiker bei den aufzuführenden Gesellschaftskonzerten mitwirken dürfen, so wichtig. Wenn aber die Militärkapelle nicht in Laibach anwesend war, war es kaum möglich, ein Sinfoniekonzert zu veranstalten. Diese Bewilligung mußte man jedoch immer aufs Neue verlangen, so z.B. wiederum in der Saison 1909/10, wo andernorts die Konflikte zwischen Zivil- und Militärmusikern immer heftiger wurden, wie aus den vielen Polemiken in der Österreichisch-Ungarischen Musiker-Zeitung aus Wien hervorgeht.16 Auch Nedvìds Nachfolger als Musikdirektor, der Wiener Josef Zöhrer, hatte später ähnliche Probleme.17 Als in Laibach im Jahre 1891 ein großes Musikfest bei der Eröffnung der neuen Tonhalle der Philharmonischen Gesellschaft stattfand, wirkte auch eine Militärmusikkapelle beim Festbankett mit und spielte zuerst die Ouvertüre zu Egmont von Ludwig van Beethoven und anschließend Werke von Joseph Haydn (einen Sinfoniesatz), Wolfgang Amadeus Mozart (aus Don Giovanni) und eine Auswahl aus Wagners Opern. Unter den verschiedenen Militärmusikkapellmeistern war in Laibach der erfolgreichste Theodor Adrian Christoph (1872-1941). Er wurde in Odessa geboren, studierte am Wiener Konservatorium und erlangte im Jahre 1911 in Laibach die österreichische Staatsbürgerschaft. Er verstarb 1941 in Wien. Christoph wirkte auch als Violist in der Philharmonischen Gesellschaft und veranstaltete sinfonische Konzerte mit seiner Musikkapelle des Infanterie- Regiments Nr. 27 „Leopold, König der Belgier“. Diese Musikkapelle hatte fünf Erste und vier Zweite Violinen, je zwei Bratschen, Violoncelli und Kontrabässe, zwei Flöten, eine Oboe, zwei Hörner, drei Trompeten, drei Posaunen und eine Tuba, große Trommel, Becken, Triangel und Harfe.18 Christophs Konzertprogramme waren immer sehr ambitiös, und die Kritiken über seine Leistungen sehr lobend. So schreibt z.B. der Kritiker Julius Ohm Januschowski in der Laibacher Zeitung von einem Konzert zur 25. Todesfeier Richard Wagners über „die stimmungsvolle Ausführung […] schwieriger Bruchstücke aus Musikdramen Wagners [Tannhäuser, Rheingold, Parsifal, Walküre, Lohengrin, Meistersinger, Siegfried, Götterdämmerung, Anm. des Verf.], die[se] sprach deutlich für die große Dirigentenbegabung und das künstlerische Verständnis des Herrn Kapellmeisters Theodor Christoph, der seine ganze jugendfrische, musikalische Kraft zum vollen Gelingen eingesetzt hatte und der sich als Vortragender Künstler an der Spitze seines Orche-sters erwies. Das Orchester hatte unter seiner Leitung Glanz und Farbe.“19 Man konnte ähnliche Kritiken in den folgenden Jahren ständig lesen. Für unsere Thematik kann sein Konzert zu Gunsten des Militärkapellmeister-Pensionsfonds am 28. Januar 1909 interessant sein. Solche Konzerte waren alljährlich eine von Laibacher Musikfreunden 233 Militärmusikkapellen in Ljubljana 16 Chefredakteur war Heinrich Geisler. 17 Primo Kuret, Glasbena Ljubljana 1899-1919 [Die Musik in Ljubljana 1899-1919], Ljubljana 1985. 18 Ein Gruppenbild der Kapelle des 27. (Steirischen) Infanterie-Regiments „Leopold II., König der Belgier“ aus Laibach mit dem Kapellmeister Theodor Adrian Christoph veröffentlichte Josef Damanski, Die Militär-Kapellmeister Österreich-Ungarns, Wien, Prag und Budapest 1904, S. 47. 19 Laibacher Zeitung vom 7. April 1908. „willkommen geheissene Erscheinung im Kunstleben der Stadt, denn sie bieten stets ein gewähltes Programm mit hervorragenden Neuheiten in trefflicher Ausführung. Bei diesem Konzert hatten sich die Musikkapelle des 27. Infanterie-Regiments, verstärkt durch Musiker des 17. Infanterie-Regiments und Mitglieder des Streichchors der Philharmonischen Gesellschaft unter der Leitung des ausgezeichneten Dirigenten, Herrn Militärkapellmeister Theodor Christoph, zu gemeinsamem Wirken verbunden. Am Programm waren zum erstenmal in Laibach Richard Strauss’ Tondichtung Tod und Verklärung, Sakuntala-Ouverture von Goldmark, Vorspiel zu Parsifal und einige Lieder, die die Opernsängerin Mary von Sesmont sang. Die Leistung des Orchesters wurde als ‚bewundernswert‘ bezeichnet. Das Orchester zeigte sich der über das Normale der Kraft weit hinausgehenden Aufgabe nicht allein voll gewachsen. Es entfaltete ein so glänzendes Zusammenwirken, daß ihm hiefür die ehrendste Aner-kennung gebührt. Damit ist auch dem hochbegabten Dirigenten Herrn Theodor Christoph der gebührende Teil an dem glänzenden künstlerischen Erfolge gesichert. Er weiß, daß es nicht genügt, die Einsätze zu markieren und im übrigen auf die Kunst der Orchestermusiker zu vertrauen, er ordnet den Gesamtklang der einzelnen Gruppen und fügt sie wieder zum einheitlichen Orchester zusammen.“20 Christoph war ein vielseitiger Musiker. Er spielte neben Viola auch Klavier und begleitete z.B. als Pianist die Sängerin Marie Kuschar aus Graz, als sie in Laibach am 14. November 1909 Robert Schumanns Frauenliebe und -leben sang. Christoph war neben Zöhrer, Musikdirektor der Philharmonischen Gesselschaft nach Nedvìds Pensionierung, und Václav Talich, Dirigent der Slowenischen Philharmonie (1908-1912), die dritte hervorragende Dirigenten-persönlichkeit vor dem Ersten Weltkrieg in Laibach. Leider mußte Christoph mit dem 1. Oktober 1912 nach Wien zum 39. Infanterie Regiment übersiedeln. In den 14 Jahren, die er in Laibach verbrachte, trug er viel zu einem höheren künstlerischen Niveau bei. Seine Konzerte mit der Militärkapelle waren immer ein besonderes musikalisches Ereignis. Von Laibach verabschiedete er sich am 14. Oktober 1912 mit einem Konzert, in dessen Zentrum die 4. Sinfonie von Anton Bruckner stand. An zweiter Stelle erklang Sergej Rachmaninovs Klavierkonzert in c-Moll, interpretiert von dem neuen, erst 19 Jahre alten Lehrer der Musikschule der Philharmonischen Gesellschaft, Julius Varga aus Rumänien. Auch Varga war ein ausgezeichneter Musiker. Die letzte Programmnummer war Goldmarks Ouvertüre Sakuntala. Die Philharmonische Gesellschaft bedankte sich bei Christoph für dessen Tätigkeit mit der Überreichung der Gesamtausgabe von Beethovens Sinfonien. Erst im April des Kriegsjahres 1918 kam er wieder nach Laibach. Diesmal war er Kapellmeister der Marinekapelle mit 70 Musikern. Auf dem Programm des ersten Konzerts standen Tod und Verklärung von Richard Strauss, Beethovens 3. Sinfonie Eroica, Franz Liszts 1. Ungarische Rhapsodie und Wagners Vorspiel zur Oper Meistersinger aus Nürnberg. Im zweiten Konzert, eigentlich der Generalprobe für ein anschließendes Konzert in Graz, erklang neben der 2. Sinfonie von Johannes Brahms noch Antonin Dvoøáks 9. Sinfonie. Während des Ersten Weltkriegs bestand in Laibach keine Militärkapelle. Erst am 8. Februar 1918 interpretierte hier das Militärorchester aus Graz unter dem Kapellmeister Anton von Zanetti (Beethoven, Egmont; Anton Pachernegg, Golgatha; Richard Stöhr, Sinfonie in a-Moll; Liszt, 2. Ungarische Rhap-sodie; Goldmark, Sakuntala) mit großem 234 PRIMO KURET (1935) 20 Laibacher Zeitung vom 30. Januar 1909. Erfolg. Das Konzert bedeutete für das nach Musik hungrige Laibacher Publikum ein besonderes künstlerisches Ereignis. Aus all dem ist zu schlußfolgern, daß die Militärmusikkapellen auch in Laibach das ganze 19. Jahrhundert hindurch und noch darüber hinaus bis zum Ersten Weltkrieg ein bedeutender Faktor für das Musikleben der Stadt gewesen sind. Die Militärmusiker unterstützten sowohl die Philharmonische Gesellschaft als auch slowenische Musikvereine bei den Konzerten, sie veranstalteten eigene Konzerte, wirkten bei vielen Unterhaltungs- und anderen öffentlichen Veranstaltungen mit und sorgten für ein reiches Musikleben in der Stadt Laibach. Objavljeno v: Wege der Bläsermusik im südöstlichen Europa. 16. Arloser Barock–Festspiele 2001 Tagungsbericht. Herausgegeben von Friedhelm Brusniak und Klaus–Peter Koch. Bonn, Studio, 2004. Str. 91–110. Povzetek Vojaške godbe v Ljubljani Vojaške godbe so imele do prve svetovne vojne pomembno vlogo v glasbenem ivljenju Ljubljane, glavnem mestu Kranjske, ene izmed deel avstrijske monarhije. Zaradi odsotnosti poklicnega civilnega koncertnega orkestra, je koncertna druba Philharmonische Gesellschaft (Filharmonièna druba) za simfoniène koncerte in za izvedbo veèjih vokalno-inštrumentalnih del morala najemati vojaške godbenike, zlasti pihalce in trobilce. Godbeniki so nastopali tudi pri opernih predstavah v gledališèu, igrali na promenadnih koncertih in plesih. Sodelovali so na narodnih prireditvah Slovencev, koncertih Glasbene matice ter pevskih društev Slavec, Ljubljana in Ljubljanski zvon. Zgodovinar Peter Radics poroèa, da je bil v Ljubljani prvi javni nastop vojaške godbe pred vojaškim poveljstvom poleti 1800. V drugi polovici 19. stoletja so v mestu z raznovrstnim repertoarjem nastopale razliène vojaške godbe, najdlje »domaèa« godba Khuna von Khunfelda pehotnega polka št. 17, ki je imela leta 1866 veè kot 60 glasbenikov. Dokumentirano je, da je leta 1872 v Ljubljani nastopila tudi godba grofa Huyna pod vodstvom Jurija Schantla, leta 1875 godba saško-meiningenskega pehotnega polka pod vodstvom Johanna Schinzla, leta 1877 so nastopili godbeniki nadvojvode Leopolda pehotnega polka št. 53 pod vodstvom na Dunaju šolanega glasbenika Franza Czansky-ja (kot solist na krilnem rogu je nastopil na koncertu Filharmoniène drube leta 1876 in 1877), v sezoni 1879/80 je najmanj dva koncerta izvedla godba barona Hessa št. 49 pod vodstvom Hermanna Miliéra, leta 1881 in 1882 je nastopila godba kneza Mihaela Ruskega. Med kapelniki je potrebno izpostaviti Theodorja Adriana Christopha, ki je v Ljubljani deloval od 1898 do 1912. Na Dunaju šolani glasbenik je igral violo in pripravljal simfoniène koncerte s svojim orkestrom 27. polka Leopolda II, kralja Belgijcev. Izbiral je ambiciozen repertoar (Wagner, R. Strauss), kritiki so mu bili naklonjeni. Na poslovilnem koncertu leta 1912 je dirigiral Brucknerjevo 4. simfonijo. Med prvo svetovno vojno v Ljubljani ni bilo vojaške godbe, zato je po letih koncertne suše ponovni nastop vojaške godbe iz Gradca februarja 1918 navdušil. Dva meseca kasneje je nastopila tudi vojaška godba pod vodstvom kapelnika T. Christopha z deli R. Straussa, Beethovna, Liszta, Wagnerja, Brahmsa in Dvoøáka. (Nataša Cigoj Krstuloviæ) 235 Militärmusikkapellen in Ljubljana