Miscellen. 709 Er hat seitdem seine Arbeit vervollstandigt, und gerade die spateren Zeiten bis auf die jtingste Gegenwart sind es, fiir welche Material in Fiille vorhanden ist und welche den Hauptbestandtheil in seinem fleissig ausgearbeiteten VVerke „Die geographiscbe Erforschung Afrikas von den altesten Zeiten bis auf unsere Tage« (Wien 1879 Brockhauser & Brauer) bilden. Der Verf. wird selbst in der Lage sein, in einer neuen Auflage, welche seine Arbeit sicherlich bald erleben ivird, diejenigen Schivachen und Irrthiimer, welche obiger Program m arbeit anhaften, zu beseitigen; er wird dann. nicht ermangeln, stets das Quellenmaterial selbst einzu- sehen, statt sich auf die Angaben und Bearbeitungen Anderer zu verlassen. Eine ahnliche Zusammenstellung der geographischen Literatur fiir Austra- lien Tvare gleichfalls sehr wiinschenswerth; das Publicum bringt heut zu Tage solchen Arbeiten ein reges Interesse entgegen. Graz. Willi. Tomaschek. 63. Primož Trubar der Begriinder der neuslovenischen Lite¬ ratur, von M. Valenčak. (Progr. des Gymn. in Marburg fiir das Schuljahr 1878.) 39 SS. gr. 8°. 64. Die Sprache in Truber’s Matthaus , von F ranz L e v e c.JJahres- bericht der Staatsoberrealschule in LaibacfilurTfas^^i^anr 1878.) 43 SS. gr. 8°. Es war ein gliickliches Geschick fiir die slovenische Literatur, dass Luther’s Reformen auch in den von den Slovenen bewohnten Terri- torien wenigstens partiell friihzeitig griindlich gewiirdigt wurden und von massgebenden Factoren unterstiitzt die reformierte Lehre daselbst sofort feste Wurzeln gefasst hatte. Jahrhunderte verflossen seit Abfassung der inhaltsarmen Freisinger Denkmaler, ohne dass nur ein schwacher Versuch ware gemacht worden, es in literarischer Beziehung den siidlichen sprach- verwandten Naclibarn, den Serben und Chorvaten nur annahernd nach- zuthun (die einzige Confessio generalis und etliche Eidesformeln kommen fiiglich nicht in Betracht), und hatte nicht die Reformation mit ihren mach- tigen Impulsen die Slovenen aus ihrer geistigen Lethargie aufgeriittelt, wer kann es sagen, wie lange die slovenische Sprache hatte warten miissen, um wieder Schriftsprache zu werden? Deshalb bleibt es ein glanzendes Verdienst Trnber’s (ich schreibe den Namen, \vie er ilin schrieb, wenn- gleich Truber wie Trubar sprachlich gleich falsch ist) fiir die Ausbreitung protestantischer Lehre durch das Medium einheimischer Sprache geivirkt und dadurch den Grund zur neuslovenischen Literatur gelegt zu haben, mag auch dessen Sprache noch so sehr mit Mangeln aller Art behaftet sein, was billigerweise derjenige nicht zu sehr wird tadeln vvollen, der da die Schivierigkeiten erwagt, die einem solchen Unternehmen vollauf entgegen standen. Die Lebensschicksale dieses gleich verdienstvollen wie vielgepriiften Mannes (geboren 1508 zu Rašica in Krain, gestorben am 29. Juni 1586 zu Derendingen in Wiirttemberg) in zusammenhangender Darstellung zu schildern ist der Zweck der ersten oben genannten Abhandlung. Zugleich wiirdigt sie dessen literarische Wirksamkeit zwar nicht, wie wiinschens- werth, aber doch in einer Weise, dass man einen klaven Einblick in die- selbe gewinnen kann. — Vorausgeschickt der Abhandlung ist eine skizzen- haft gehaltene Darstellung der Hauptphasen des Lebens der Slaven- apostel Cyrillus und Methodius, die zwar niclits Neues bietet, aber im Ganzen von Unrichtigkeiten frei ist. Uebersehen wurde, dass die so- genannte chorvatische Glagolica nicht wie die pannonische ausschliesslich religiosen Zwecken diente, sondern auch nicht unbedeutende Denkmaler profanen Inhaltes aufvveist. Das weiters liber die beiden alten Schrift- gattungen (Glagolica und Kyrillica) Gesagte ist zu unvermittelt, um 710 Miscellen. den nach Erkenntnis Strebenden belehren zu konnen, und auch die Frage nach deni Ursprunge und der Heimat derselben, sowie jene, fur welehes Volk dieselben bestimmt geivesen, ist nur so nebenhin gestreift. Es bleibt immer etwas Missliches liber Gegenstande sich kurz fassen zu miissen, liber die zur Zeit nocb principielle Meinungsverschiedenheiten obwalten, und hielte ich es fur erspriesslicher, dieselben lieber gar nieht als nur so beilaufig in Betracht zn ziehen. Solohes gilt auch von der gleichfalls strittigen Prage, ob die ausserpannonischen Slovenen zum Theile in die apostolisclie Wirksamkeit Methods miteinbezogen wurden. Der Verf. be- jaht dies, indessen sprechen mehr Griinde fur die gegentheilige An- sehauung und da ware es deun wieder enviinscht gewesen die Pra- missen zu kennen, die die Bejahung involvieren, und ware es auch nur, um moglicherweise die Behandlung des Gegenstandes neuerdings in Fluss zu bringen. Weit ansprechender ist das eigentliche Sujet erortert und kann man (Einzelheiten abgerechnet) ebensowol die Anlage wie die Durch- fiihrung des Ganzen, zumal aber die Warme der Diction nur loben. Offenbar scliwebte aber dem Verf. beim Niederschreiben der Abhandlung lediglich die paranetische Tendenz vor und lag es kaum in seiner Intention neue Gesichtspuucte aufzustellen oder auf Grundlage des vor- handenen Materials die Thatsachen iiberall sorgfiiltig zu erganzen, be- ziehungsweise zu modiflcieren. Der Laie wird die Schrift nickt aus der Hand legen, ohne vielfache Belehrung daraus geschopft zu haben, dem Kenner dagegen wird sie wol nur insoferne erwilnscht kommen, als ihm dieselbe die einschlagigen Besultate zusammenhangend bietet, obgleich auch diesfalls der Verf. schon tiichtige Vorganger bat, deren Ausfiihrungen nicht zu unterschatzen sind, wobei neben P. J. Šafafik Dimitzens Dar- legung (Geschichte Krains, II. 193 flf., Laibach 1875) in erster Linie namhaft zu machen ist. Im Allgeineinen muss man es aber riicksichtlich der Darstellung der Literaturbestrebungen des XVI. Jahrhundertes be- klagen, dass es zur Gewohnheit geworden ist lediglich zu referieren und die rvenigen auf die eigentliche Wiirdigung der Schriften Bezug habenden Beflexionen in einer Masse von biographischen, oft ganz ent- behrlichen Einzelheiten und sonst nicht zur Sache gehorigen Dingeu zu ersticken. Hiedurch geschieht es denn, dass diese Darstellungen nahezu wie ein Ei dem anderen gleichen und durch die trostlose Monotonie eher ermiiden als anregen. Dieser Vonvurf trifft auch den Verf. insoferne, als er sich von der althergebrachten Methode nicht energischer emanci- pieren konnte oder wollte, alteriert aber nicht wesentlich das ausge- sprochene Urtheil, es sei seine Schrift sehr lesenswerth, ja insoferne auch dem Fachmanne empfehlenswerth, als einiges in den letzten Jahren publicierte Materiale in der Darlegung geschickt mitvenverthet wurde. — Noch moehte ich bemerkt haben, dass in dem Verzeichnisse der be- nutzten Werke die eigentlichen Quellensammlungen auffallender- weise so gut wie ganz fehlen und unter den einschlagigen Schriften ein- zelner Autoron mitunter Unnothiges aufgefiihrt, Wichtiges dagegen bei Seite gelassen ivorden ist. So vermisst man, um nur Einiges herauszu- heben, Miklosich’s Abhandlung ‘Glagolitiseh’, wahrend dessen Chronica Nestoris angefuhrt wird, aus der, wie ich sehe, der Verf. sonst nichts als ein kurzes Citat entnommen hat, welches recht leicht betreffenden Ortes hatte notiert vverden konnen, — ein Vorgang, welcher sich ebenso fur mehrere andere Falle sehr empfohlen hatte. Von zusammenhangenden Darstellungen des Lebens und Wirkens der Slavenapostel ist nur ein an sich ja recht verdienstliches aber heute natiirlich mehrseitig schon anti- quiertes Werk DobrovskJ’s (Cyrill und Method, der Slawen Apostel, Prag 1823) angefuhrt, dagegen weder Lavrovskij, noch Rački, Biljbasov, Ginzel oder Leger auch nur erwahnt. Von Vostokov ist Ostromirs Evangelium mit Bezug auf die in diesem Werke enthaltenen grammatischen An- merkungen citiert; ich glaube aber kaum, dass dieselben dem Verf. irgend Miscellen. 711 welcho Ausbeute gewahrt haben, — wenigstens ist mir nirgend solches untergekommen. Ueberhaupt hatte die Schrift an ihrem Werthe nichts eingebiisst, tvenn von den angezogenen Werken mindestens ein gutes Drittheil fortgeblieben ware, da letztere ja doch nur als Decoration ver- wendet wurden. Die wenigen im Vorstehenden aufgedeckten Mangel abgeseben kann ich recapitulierend zum Schlusse sagen, dass die in Bede stehende Ab- liandlung mit anerkennenswerther Beherrschung des Gegenstandes an- regend und lichtvoll geschrieben ist und obgleich neue Besultate mit einer einzigen Ausnahme nieht bietend, mindestens die nach den bisherigen Darlegnngen feststehenden Thatsachen in einem abgerundeten Ganzen vorfiihrt und hienach eine erwiinschte Grundlage zu weiteren Erorterungen liber diesen Gegenstand abgeben kann, die jedoch weit mehr in die Tiefe als in die Breite werden auszugreifen haben. ...— Bein linguistischen Charakters ist die Abhandlung 'die Sprache in Trubers Mattliaus’, die umsomehv auf Beachtung Anspruch erheben darf, als meines Wissens die Sprache Trubers, und ware es nur mit Zu- grundelegung eines grosseren Abschnittes seiner Schriften, \vie es auch hier am Matthausevangelium geschieht, im Zusammenhange bisher noch nicht erortert worden ist. Um es schon vonveg zu sagen, die Abhandlung verrath einen tiichtigen Sprachkenner, und ist dieselbe auch in Hinsicht auf Untersuchungsmethode im Allgemeinen hervorhebenswert, sorvie es sich nicht leugnen lasst, dass dem Verf. die Besultate der lieutigen slavischen Sprachforschung, zumal insoferne das Altslovenisclie, oder wie andere annebmen, das Altbulgarische hiebei in Betracht kommt, geniigend gegemvartig sind. Die Untersuchung erstreckt sich auf alle Theile der Grammatik mit Ausnahme der Stammbildungslehre, welche aber zum Theile durch den I.exicales entbaltenden Anhang ersetzt wird. Aus- gegangen wird, wie billig, von den bezuglichen Erscheinungen des Alt- slovenischen und hierauf systematiscb ausgefiihrt, wie sich dazu und dem lieutigen Slovenisch die Sprache Trubers verhalt. Es hat sich auf diesem Wege in einzelnen Partien der Grammatik manclies bisher noch nicht Beobachtete oder rvenigstens nicht Beriicksichtigte ergeben, im Grunde aber rvurde, wie nicht anders zu envarten, auch die Sprache Trubers in Miklosichs ‘ Vergleichender Grammatik der slavischen Sprachen’ scbon gekennzeichnet und dieser Umstand ist es, \velcher das in der in Bede stehenden Abhandlung thatsachlich gebotene Neue selir erheblich reduciert und ganz anders stellt, als wenn dasselbe mit Bezug auf die Gramma- tiken eines Metelko oder Janežič beurtheilt vverden solite. Zum Theile kommt das Neugebotene auf Beclmung des Umstandes, dass die lebende Volkssprache des Geburtsortos Trubers nicht unbeachtet blieb, sowie dass in den sprachlichen Erscheinungen die Vfirkungen des Accentes gepriift 'vurden, und wiirde man nur \vunschen, dass beides mehr ausgebeutet \vor- den wiire, und namentlich, dass eine solche Ausbeute eine Anzahl iiber- fiussiger Eaisonnements verdrangt hatte, die dem Ganzen doch nicht zum Vortheile gereichen. Mit diesen Letzteren im Zusammenhange steht ein eigenthiimlicher horror philologicus, der sich des Verf.’s beim Aufstossen cinzelner nicht im Geiste der Sprache gebildeter Worte krampfhaft be- machtigt und in Ausdrucken wie ,Monstrum, Huckepackform, sinnloser Klumpen 4 u. a. Luft macht, — Esclamationen, die einen widerwartigen Eindruck machen und rveder der Beiveiskraft eine Stiitze gewahren nocli auch, genau genommen, gerechtfertigt erscheinen. da man in der Eegel den organisch wie unorganisch gebildeten Sprachformen, unbekiimmert um das Gefiihl des Gefallens oder Misfallens, ein gleiches Interesse ent- gegen zu bringen gewohnt ist. Noch ware bezugs des Allgemeinen zu sagen, dass die gegebenen Darlegungen, insoferne es sich hiebei um An- fiihrungen und systematische Anordnung des untersucliten Sprachmaterials handelt, durchaus hefriedigen, hingegen die eigentlichen Erkliirungen von Spracherscheinungen, meines Erachtens wenigstens, vielfach Anfecht- 712 Miscellen. bares bieten und mogen, da hier nicht der Ort sein kann auf das De- tail erschopfend einzugehen, behufs Erkartung des ansgesproehenen Ur- theiles im Folgenden vvenigstens einige Bemerkungen Platz flnden. In Wortern wie lačan, prišal, modar wird das a als fiir das be- wegliehe e stehend erklart und von sagnan, davri, danas u. a. getrennt, wodurch der Vermuthung Eaum gegeben vverden konnte, das heutige e in den erstgenannten Fallen hatte irgend einen etymologischen Grund und sei das dafiir stehende a von den anderen, die als Vertreter eines der altslovenischen Halbvocale e, e erscheinen, wesentlieh verschieden. Diese Trennung ist zum Mindesten eine uberfliissige, da fiir ein aslov. mekeke (mollis), legekr, (leviš) im Nslov. mehek oder mehak, legek, leliek, legale, lelidk auck lahek sowol das e wie das a ebenso nur Refiexe eines aslov. sogenannten Halbvoeals sind, wie in sagnan oder segnan, aslov. segnanr, oder danas fiir aslov. denese. Natiirlick glaubt man heute nicht mehr im Ernste daran und ist auck vom Verf. nicht wieder bekauptet worden, dass speciell an diesem a etwas Urspriingliches kafte und sonach etwa ein nslov. lahek einem aind. laghus, raglius, lit. lengvas, naher steke als dem aslov. legeke, d. h. Letzteres an alterthiimlicher Gestalt iiber- treife. Wol aber halt er (in dem gleichen Absatze bei Besprechung der Setzung von a fiir das e oder je) fiir vvakrscheinlich, dass in Trubers k ani priči im a des ani sovvie des anajsti ein urspriingliches a stecke und vergleicht damit russ. odine unter Voraussetzung eines aslov. adim, jadim , ivoraus das in letzterer Sprache (d. i. im Altslovenischen) allein gebrauchliche jedmi > kervorgegangen sei. Diese Ansicht ist aus mehr denn einem Grunde bedenklick. Erstlich ist auch Trubern der e-Anlaut in diesem Worte ganz gelaufig und iibenviegt bei ihm jenen mit a bei weitem, ganz abgeselien davon, dass die heutige Sprache allgemein nur jene Form dieses VVortes kennt, die im Altslov. allein vorkommt und in allen slavischen Sprachen mit Ausnahme des Russischen in gleicher Gestalt theils mit t-heils ohne Palatalvorschlag sich findet. Das Russische aber folgt hier der Neigung fiir aslov. je ein o treten zu lassen, ahnlich wie in odva = aslov. jedva (vix), osem — aslov. jesene (auctumnus), olene = aslov. jelene (cervus) oder auch inlautend o fiir aslov. e einzeln in der pronominalen Declination. In allen einschlagigeu Fallen stimmt aker das Neuslovenische zum Altslovenischen und ist es darnach vollig unzulassig im nslov. Truber’schen an (das wol als Contraction aus aden zu fassen ist) und russ. odim eine lautgeschichtliche Continuitat und andererseits im nslov. Worte das a der angenommenen Grundform adim zu erblicken und damit geschichtlich der neuslov. Form dieses etymologisch nocli heute dunklen Wortes gegeniiber der altslovenischen einen Grad hoher Alterthiimlichkeit zu vindicieren. Neuslov. an, aden gegeniiber dem ge- brauchlicheren en, eden, jen, jeden ist eine junge, dialektisch eng loca- lisierte Bildung, ahnlich wie ein aee — aslov. oteče (pater), akno -- aslov. okno (fenestra), agenj = aslov. ogne (ignis) und wer ein an, aden fiir uralt halt wird sich auch kaum strauben wollen im nslov. agenj direct zum aind. agnis zu stellen und mit einem jaz, aslov. azr>, jase (ego), aind. aham in Parallele zu bringen. Beilaufig erwiihnt ist die von anderer Seite postulierte etymologische Scheidung von en und eden fiir das Neuslovenische und die Stellung des ersteren zu einem Stamme aina und sonach zu Wortern wie griech. oivos, alat. oir.os, lat. unus, got. und apreuss. ains gleichfalls abzu\veisen, da fiir urspr. anlautendes ai im Slavischen wecler ein e noch ein e (= die Transcription des aslov. jati.) sondern i entstehen muss, daher aslov. im in inorogi, (monoceros), inok^ (monachus), inočedu, (unigenitus). Es steht sonach nslov. en, jen und eden, jeden ebenso fiir aslov. jedine, wie nslov. enajst, Trubers anajst fiir aslov. jedine na desete. Mit dem Vorstehenden ist natiirlich nicht be- hauptet worden, dass dialektische Abarten nicht mitunter Archaistisches hoten und ist ebensowenig durch die Zusammenstellung des nslov. an. aden mit russ. odinn. bezugs des Alters des Letzteren aus dem Gesagten Miscellen. 713 irgend eine Sclilussfolgerung zulassig. Dadurch, dass dem nslov. an, aden ein hohes Alter abgesprochen wurde ist nicht unter einem gesagt, dass auch im russ. odini. eine junge Bildung zu erkennen sei, was ich nach- driicklich zu bemerken nicht unterlasse. Indessen kann diesfalls wenig- stens voriibergehend erwiihnt werden, dass es zwar nicht richtig ist, in den einschlagigen russ. o-Pormen (odint, olent, osent = aslov) jedmi., jelent, jeseni.) diesen Laut gegeniiber einem aslov. e , beziehungsiveise je (das j steht hier in prothetischer Verivendung) als den alteren anzusehen und sich die aslov. Formen diesfalls erst durch das Stadium der im Russischen vertretenen Lautgestaltung entwickeln zu lassen, dass aber immerkin derselbe so alt ist, wie die russische Sprache, mag man nun annehmen, dass hier das o direct aus nrspr. a oder, was ivahrschein- licher ist, aus slav. e entstanden ist, in welch letzterem Palle der russ. Reflex fur urspr. a in diesen Worten jiinger ware als der entsprechende altslovenische. Die Ervvahnung des nsl. oče, dial. oča u. a. (pater) fiihrt uns zu einer anderen, wie mir sclieint, ebenfalls iibereilten Sclilussfolgerung des Verf.’s, namlich der Riickfiihrung dieses Wortes auf urspr. atja = asi. *ašta. Kurz gesagt, — diesfalls herrscht in den lieutigen slavischen .Sprachen eine vollige Uebereinstimmung und kehrt aslov. oUci> (Stamm otnctju.) in ihnen allen wieder. Und nun ist es ebensowenig zweifelliaft, dass otaci. eine Weiterbildung von *oU (aeech. ot GHS.; griech. arr«; aind. atta mater; Adject. posses. oti.ni.) mittelst des Suffixes ica ist, das auch in anderen Vervvandtscliaftsnamen wie stryct (patruus) fiir stryjici. von *stryj, ujtct, uject, ujici. (avunculus) von uj vorkommt und zunachst wie das Neutra bildende -i>ce eine diminuierende Kraft in sich schliesst. Dieses und kein anderes Suffix ist auch im nslov. oče enthalten, welches passend als aus dem aslov. Voc. singul. oti.ce (be- ziiglich des t-Schwundes vgl. man aserb. Gen. sing. oca fiir ottca und in analoger Weise nslov. srce (cor) fiir aslov. sn.dr.ee und zridze II. 64 der Freis. Denkmaler) gebildet erklart vvurde und das zu einer Grund- form atja = aslov. *ašta zu ziehen schon die Wahrnehmung verbietet, dass in den norisch-altslovenischen Preisinger Denkmalern, die bekannt- lich zum heutigen Slovenisch eine viel innigere Beziehung haben als die pannonischen, nicht nur ein (Gen. sing.) otza (I. 33) = ottea und ein (Dat. sing.) otzu (III, 61) = otteu, sondern geradezu ein (Vocat. sing.) otze (I. 2) = otiče bieten, ganz abgeselien davon, dass der verlassliche Habdelič ein oteč = parens, genitor (Diction. s. v.) kennt, das im Hin- blicke auf die Analogien in den Preisinger Denkmalern nicht als von den Ohorvaten entlehnt wird angenommen werden diirfen. Nacli dem Gesagten ist kein Grund vorhanden das in Rede stehende Wort fiir das Neuslovenische anders als fur alle iibrigen slavischen Sprachen zu be- urtheilen und erscheint auch die hiefiir postulierte, an und fiir sich schon wenig Wahrscheinliches bietende Grundform *atja nicht nur iiberfliissig, sondern durch die Sprachgeschichte geradezu ausgeschlossen. Nicht gliicklicher sind die Ausfiihrungen, die auf dem ange- nommenen Lautwerte des e (zunachst fiir das Neuslovenische in gedehnt betonten Silben) als ej fussen und einige orthographische Neuerungen involvieren. Es ist schwierig sich iiber diesen Gegenstand kurz zu fassen und beschranke ich mich hier auf rvenige unbedingt nothwendige An- deutungen. Zunachst ist daran zu erinnern, dass der Lautvvert des aslov. e (= jata) nie ein ej gevvesen ist und scheint die Fixierung eines solehen in erster Linie darauf zu beruhen, dass thatsachlich aus asi. nejesmi., nejsmi. ein nesmi. entstand. Hiebei solite es jedoch schon aufgefallen sein, dass die Sprache das Wort nicht in der urspr. Form beliess, welche, 'vie aus nejeveri, ineredulus, nejesyti vultur, nejemo. ferus phonetisch ganz moglich war, sondern in einer Gestalt bietet, die nach der Analogie passend dahin erklart wird, es sei nach dem Ausfalle der palatalen Spirans das e ahnlich als Ersatzdehnung anzusehen, wie in Pallen, in 714 Miscellen. denen eine solche dureh nachfolgende Nasale bedingt ist: aslov. meseci, = *mens-ect, lat. mensis, lit. menesis. Daraus folgt mit Evidenz, dass auf ein aslov. nesmi, gestiitzt das e = ej anzusetzen unrichtig ist, wie ja iiberhaupt auch fflr damit Verrvandtes mit Miklosich nur behauptet rverden kann, es sei bei Abstrahierung von Fallen, in denen im Altslov. e als Aequivalent fiir ja gesetzt wird (eko = jako) dem e der Wert eines e mit leise nachklingendem i oder eines „nach i sieh hinneigenden e“ zuzusprechen. Man wird es also nicht dureh ein ej sondern etwa durcli e‘ wieder geben diirfen, womit jedoeh dem e keine echte Diphthongen- natur zukommt. Im Ganzen ist aber ferners im Organismus der slavischen Spraclien tief begriindet das e mit fluchtigem i-Anklange, somit etwa als ‘e zu vervrenden, worin mit dem Slavischen das damit zunachst verrvandte Litauiscbe stimmt, welches gleichfalls beide Lautnuanfierungen und zwar in der Weise kennt, dass dem auf urspr. a zuriickgehenden e daselbst ein e mit i-Naehhall, dagegen dem das urspr. ai reflectierendeu e das e mit verklingendem i entspricht, wobei jedoeh bemerkt werden muss, dass es trotz der Analogie im Litauischen sehrver zu entscheiden ist, ob diese Erscheinung eine urspriinglich dem Slavischen eigene, d. i der slavischen Gfundsprache zu vindicierende oder nicht vielmehr eine solehe ist, die sich erst auf dem Territorium der Einzelsprachen ent- rvickelt hat. Entfernter rvird man dabei an das altere franzosische donneit — donne einerseits und piere = pere andererseits erinnert; vgl. Diez Grammatik der roman. Spraclien I. 3 420. Den Wert von e als e mit fluchtigem i-Vorschlage wird man, von anderem abge- selien, zumal anzunehmen geneigt sein, wenn man errvagt, dass in der Flexion vor e ein g, k, h als ž, 6, š dagegen vor e und i als z, dz, c, s erscheinen und beiveisen, dass im e eher ein i als ein e anklingt, wic denn auch zwar ein druže aber kein druže sondern nur druze rvie druži thatsachlich vorkommt. Auch der vielfache Ersatz des e dureh i stellt die beiden Laute in eine nahe physiologische Verrvandtschaft, d, h. die Articulationsstelle des e steht naher jener von i als der von e. Das Neuslovenische nun kennt auch beide Lautnuanijen wic einerseits aus Trubers zvejzda (stella) = aslov. zvezda, vejm (scio) = aslov. verni, (fiir ej setzen Truber und andere Schreiber auch ei), und andererseits aus den Schreibungen zviezda, viem (i natiirlich im be- sprocbenen Werte) erhellt, welch letzteres insbesondere dem nordrvest- liclicn Theile des heutigen slovenischen Sprachgebietes eigen ist. Partiell \vird hier der Beflex tur das aslov. d mit einem so stark vorschlagenden i gehort (man vgl. die Differenzierung von ie und ie im Kleinruss.), dass man es in der Schrift geradezu dureh I \viedergegeben hat, vrahrend dies bei Truber z. B. nur in unbetonter Silbe geschieht und auch da das i nur graphisch und nicht auch physiologisch den i-Vocal vertritt. Daraus erhellt, dass es auch einseitig ist in Trubers ej den alleinigeri Reflex fiir aslov. e zu sehen und ferners zu behaupten, diese Lautcom- bination reprasentiere in dieser Gestalt etivas Archaistisches. Auch wer die Freisinger Denkmaler in Betracht zieht, wird sich an der An- nahme e = ej stossen, indem hier mit nur einer Ausnahme pannonisch- altslov. e dureh einfaches e vertreten rvird, was man indessen kaum dahin rvird erklaren diirfen, es habo hier der in Rede stehende Vocal den Wert eines reinen e-Lautes gehabt, rvodurch zrvei im Altslovenischen ■/.cit ti-o/ijv von einander so strenge geschiedene Vocale im norischen Slovenisch zusammenfielen, vielmehr, es habe dieser Laut hier eine so nahe Klangverrvandtschaft mit e gehabt, dass es geradezu, rvenngleich nicht vollig zutrelfend, vom Schreiber damit identiflciert rvurde. Ist nacb dem heutigen Sprachzustande ein Riickschluss erlaubt, so rvare man geneigt fiir dieses Lautzeichen in den Freisinger Denkmalern jenen Wert zu substituieren, der in der Sprache der direeten Descendenten jener Slovenen gang und gabe ist, in deren Sprache diese Denkmaler abgefasst sind und rvelcher Lautrvert (d. i. e mit leise vorklingendem i) Miscellen. 715 in dem singularen mosim III. 106, falls es als možema zu erkliiren und iiberdies kein Sclireibfeliler ist, immerhin eine erwiinselite Stutze fande. Sei dem aber ivie es wolle, so viel steht fest, dass aucb von dieser Seite lier des Verf.’s Ansicht nicht an Wahrsclieinlichkeit geivinnt. Noch darf ich zu bemerken nicht unterlassen, dass die heute in Uebung gekommene Schreibung nejsem, bezieliungsiveise nijsem, auf die man vielfach ein grosses Geivicht zu legen scheint, einzig und allein auf eineru linguistischen Missverstandnisse beruht. Fiir das Neuslovenische, aucli schon fiir die Sprache des XVI. Jahrkunderts, ist meines Erachtens zu beriicksichtigen, Jass die Composition eines aslov. nesmt aus nejesmn, nejsmt nicht melir gefiihlt ivurde, weil das Nslov. nur ein sem kennt, welchen Umstand auch die Schreiber nicht ubersehen konnten. Auch Trubern war solches gegenwartig und lesen wir z. B. im Lucasevangelium Cap. 24: ne so nesle tiga telesa; ne si veidil; njega ne so vidili, aber: nei li moral Cristus terpeiti, — was nur erklarlicli ist, vvenn vom nsl. sem und nicht von *jesein ausgegangen wird und wornach lediglich die 3. sing. = aej aus nslov. ne je gerechtfertigt erscheint. Unter allen Umstanden, d. h. auch wenn thatsachlich vom aslov. jesmi. auszugehen ivare, ist aber die Schreibung nejso oder nijso in der 3. plur. falsch, da das Aslov. kein jesatn aus asanti sondern nur ein sati. aus urspr, santi, aind. santi bietot. Im Vorstehenden babe ich nur ein Paar in die Lautlehre ein- schlagige Puncte beriihrt, in denen man eine vom Verf. abiveichende Ansicht zu verfechten berechtigt ist. Es sind dieselben nicht vereinzelt sowie man in den iibrigen Theilen der Grammatik mehrfach den ge- botenen Ausfiihrungen nicht folgen kanu, zumal in Fallen, ivenn neue Erklarungen versuclit iverden. Trotzdem aber kanu ich zum Schlusse er- jtlaren, dass die Abliandlung zu dem Besten geliort, ivas mir ivenigstens in Mittelschulprogrammen seit einem Decennium untergekomineu ist, selbstverstandlich mit der Beschrankung, insoferne darili Materien aus der slavischen Philologie erbrtert iverden. Graz, Weihnachten 1878. Dr. G. Krek. 65. Einige specielle Falle der Massenanziehung. Von Prof. Julius Biherle. Progr. der Staatsrealschule in Jiigerndorf. Fiir das Schul- jahr 1877/78. Die unter 2, 3, 4 behandelten Probleme, namlich Berechnung der gegenseitigen Einivirkung eines Punctes auf eine gerade Linic, der An- ziehung der Spitze und der Basis eines geraden Kreiskegels, der An- ziehung zwischen einem homogenen Kotationskorper und einem in seiner Are befindlichen materiellen Puncte liaben durchaus keinen phi - sikalischen Werth, sie konnen kurzvveg als Beispiele aus der Integralrechnung be- zeichnet werden. Der auf S. 1 stehende Satz: „Indem man vom Gravitationsgesetze ausgeht, lassen sich nicht nur Probleme iiber die Anziehung schiverer Massen Ibsen, sondern auch die Wirkungen von Magneten auf Magnete, von galvanischen Stromen auf ebensolclie, und von Magneten auf galva- nische Strome usw. berechnen“ ist grulidfalsch. Wenn der Verf. es versuchte eine Abliandlung mathematisch-physi- »alischen Inkaltes zu sclireiben, so liatte ihm docli ivenigstens bekannt s ein sollen, dass fur die Wirkung von Stromen auf Magnete das Inten- ■itatsgesetz von Biot-Savart, das Bichtungsgesetz von Ampere, fiir Wir- iungen von Stromen auf Strome das elektrodyuamisohe Grundgesetz von Ampere giltig ist — und lioffentlich ivird er doch diese Gesetze nicht mit 'lem Newton’schen identificieren wollen! Dieser Fundamentalfehler der Ab- 1'andlung sclileicht noch einige Zeit in derselben fort. So berechnet Herr NRRODNR UMIUERZITETMR KI I2NICR Biberle die gegenseitige Einwirkung eines Punctes auf eine mit mate- rieller Masse belegte gerade Linie, meint aber dennoch vollen Ernstes, dass er gleichzeitig das Problem der Eimvirkung eines Magnetpoles und eines galvanischen linearen Stromes gelost habe! Im Artikel 5 wird die Frage erortert, mit welcher Kraft zwei aufeinander wirkende Kugeln sich attrahieren. Dieses Problem ist be- kanntlich eines der wichtigsten der theoretisehen Physik. Von grossem pbysikalischen Interesse ist die Frage nach der an- ziehenden Wirkung eines Gebirges auf einen materiellen Punct undauch von praktischer Wichtigkeit, da Maskelyne und Hutton 1774—1776 aus der ablenkenden Wirkung eines Berges auf das Bleilot die mittlere Dichte der Erde bereclinen konnten. Die Betrachtung dieser Frage bildet den Gegenstand des 6. Artikels; zum Schlusse ‘desselben werden nur kurz die iibrigen von Carlini, Airy, Harton, Haughton, Caven- dish, Reich, Baily angegebenen Methoden zur Bestimmung der mittleren Erddichte besprochen. Im Artikel 7 stellt der Verf. eine Hypothese iiber die Art der Ab- hangigkeit der Dielite von der Entfernung vom Erdmittelpuncte auf, die darin besteht, dass die Dichteabnahine der Entfernung vom Mittelpuncte proportional sei. Durch eine simple Analyse ergibt sich dann der Ausdruck fiir die mittlere Erddichte. VVilrde man die mittlere Dichte 5’5, die Erd¬ dichte an ihrer Oberfiache 2-8 annehmen, so wiirde sich fiir die Dichte im Mittelpuncte 13'9 ergeben, eine Dichte, vvelche ungefahr jener des gediegenen Goldes gleich kommt. Hier ware es wol am Platze gewesen des hypothetischen Gesetzes iiber die Dichte im Erdinnern zu gedenken, vvelches zuerst von Laplace aufgestellt rvurde, dass namlich die Zunahme des Quadrates der Dichtig- keit der Zunahme des Druckes proportional ist. Man sehe Stefan’s Vor- lesungen oder Handbuch der theoretisehen Physik von W. Thomson und P. G. Tait, iibersetzt von Helmholtz und Wertheim [I. 2. 824 S. 393]. 66. Die Hauptformeln der ebenen Trigonometrie, abgeleitet mit Hilfe algebraischer Projectionen. Von Dr. Ludrvig Nonmacher. 67. Zur Geometrie der Punctreihen und Stralenbuschel. Von Hans Januschke. Progr. der k. k. Oberrealschule in Troppau. Fur das Schuljahr 1877/78. Der Verf. der ersten Abhandlung stimmt dafiir, dass die Trigonometrie schon vor der Kreislelire, also natiirlich unabhangig von den Dreiecken, die_ sie auflosen und bestimmen lehrt, durchgenommen \verde. Mit Recht meint er, dass durch Zuhilfenalime der Kreisgesetze ein fremdartiges Element in die Trigonometrie hineinkomme. Durch Einfuhrung der algebraischen Projectionen, deren Theorie in sehr anziehender VVeise durchgefiihrt ist, gelingt es dem Verf. die Fundamentalformeln der ebenen Trigonometrie auf leichte Art nachzuvveisen. IVie es moglich ist, Winkelfunctionen elementar zu berechneii, lehrt der nachste Abschnitt. Hier begegnen rvir dem zuerst von M a t z k a aufgestellten Begriife der analjtisclien VVinkeleinheit, die, rvenn man sie etwa mit ‘P bezeichnet, durch die einfache Gleichung: lim. Sin. c = Z. lim. tg. u definiert ist. Die \Vichtigkeit der analytischen u = o ** Winkeleinheit fiir die Cyclometrie bildet den Schluss der ungemein interessanten Abhandlung. Wenn jedoch der Verf. in dieser Abhandlung eine gervisse Reform der Schultrigonometrie einzuleiten sucht.l so muss ihm Ref. entgegenhalten, dass ihm die bisher iibliche Methode entschieden fasslicher und anschaulicher zu sein scheint, dass es hier