v; ~1 ! Sfädflfchc Unfcrrïdr brsi cl)u nas - H n |tc • s>7 *» v> <çr Deut n ‘7 ff/-1 SMsnienheim i^or^ïâ lonGSSiürifl, Kammsrííadr • i ¿>eííau Steiermark. : ■ , 134697 Vorderciniicht. I. Die Stadt Pettau, ur Errichtung von Heimen, welche an öffentliche Lehranstalten angegliedert sind, eignen sich vornehmlich Gfca* kleinere Städte. In diesen durch Fabrikslärm, Kohlenrauch und staubige Luft nicht ungesund gemachten Orten sind die Vorbedingungen gegeben, um Knaben und Mädchen, wenn auch fern vom Elternhause, derart unterzubringen, daß die Sehnsucht nach Vater und Mutter der Freude am Institutsleben, am brüderlichen und schwesterlichen Verkehr mit so vielen Gleichgestellten die Wage hält. Und wenn eine Stadt hiezu ganz hervorragend geeignet erscheint, so ist dies Pettau. In Untersteiermark, am nördlichen Rande des Pettauerfeldes und am Fuße eines landschaftlich wunderschönen Kranzes von Flügeln und Bergen, liegt die alte Römerstadt Poetovio, beherrscht von dem mächtigen Schloßberge Oberpettau, an den sich die alte Stadt anschmiegt. Auf der anderen Seite strömt die breite, majestätische Drau, an deren schön bepflanzten Ufern angenehme Kühlung den Spaziergänger erquickt. Pettau ist Schnellzugstation der Südbahnlinie Pragerhof-Budapest und daher leicht erreichbar. Die Stadt hat autonome deutsche Verwaltung und ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft, eines Bezirksgerichtes und Hauptsteueramtes, sowie der Bezirksvertretung. An Lehranstalten finden sich eine Knabenvolksschule, eine Mädchenvolks- und Bürgerschule mit einer Fort-bildungs- und Haushaltungsschule, vereint mit dem Deutschen Mädchenheime, ferner das Kaiser Franz Josef-Landes- Obergymnasium mit dem Deutschen Studentenheime, eine behördlich konzessionierte Musikschule mit dem Weimaier Lehrplane, gewerbliche und kaufmännische Fortbildungsschulen etc. Für Bildung und Unterhaltung sorgen außerdem das außerordentlich reich ausgestattete städtische Ferk-museum, das Stadttheater, eine städtische Musikkapelle etc. Und schon ein Gang durch die Stadt, insbesondere über den Hauptplatz, ist lehrreich und anregend, da er dem Beschauer eine große Anzahl römischer, sehr gut erhaltener Altertümer sehen läßt. Von dem herrlichen Stadtparke durch die Straßenbrücke getrennt befindet sich die der Stadtgemeinde gehörige Badeanstalt an der Drau mit Wannen-, Dampf-, Dusche,- Korb-, Voll- und Strombädern; mit dieser Anstalt ist eine städtische Dampfwäscherei verbunden. Die Stadt ist mit Wassergasbeleuchtung ausgestattet und hat eine größere Anzahl noch weiterer städtischer Einrichtungen, welche den Aufenthalt angenehm machen, so z. B. tägliche Lebensmittelmärkte, wöchentliche Schweine- und Großviehmärkte, ein Schlachthaus, ein Sägewerk, eine Tischlereimaschinen-Anlage etc. Was nun die Umgebung der wegen ihres milden und gesunden Klimas das »steirische Meran« genannten Stadt Pettau anbelangt, so könnte dieselbe nicht reizender gedacht werden. Man gelangt aus dem schönen, durch ein Kaiser Josef-Monument und einen stattlichen Musikpavillon gezierten Stadtpark, in welchem allwöchentlich zweimal Promenadekonzerte stattfinden, durch ununterbrochene Baumreihen in den Volksgarten und anderseits bietet der Stadtberg eine Fülle der abwechslungsreichsten und schönsten Spaziergänge. Und in dieser gesunden und anmutigen, gegen 5000 Einwohner zählenden Stadt hat der Gemeinderat im Jahre 1900 ein Deutsches Studentenheim und im Jahre 1902 ein Deutsches Mädchenheim errichtet, welche beiden Anstalten im folgenden näher beleuchtet werden sollen. Speiíeíacil. Schlcifícial. Ii, Das deufiche Studentenheim, eit über die Grenzen Innerösterreichs hinaus hat sich das Pettauer Studentenheim trotz seines erst kurzen Bestehens einen ehrenvollen Namen geschaffen. Dies bezeugen wohl am besten die zahlreichen dem Ausschüsse und der Leitung zugekommenen Schreiben dankbarer Eltern, die oft in den schmeichelhaftesten Worten abgefaßt sind. Daß die Institutserziehung heute nicht nur notwendig ist, sondern ihr auch von den größten Gegnern viele Vorzüge zuerkannt werden müssen, wird wohl umsomehr anerkannt, je mehr sich die Erkenntnis Bahn bricht, daß die Ansprüche, die in fortgesetzter Steigerung im Beruf an Bildung, physische und psychische Fähigkeiten des Einzelnen gestellt werden, ungleich höher sind als noch vor wenigen Jahrzehnten. Es genügt daher heute, soll der Erzieher seine Pflicht erfüllen, nicht mehr, daß er sich damit begnügt, zu wissen, daß der ihm anvertraute Zögling redlich seine von der Schule aufgegebenen Lektionen studiere, sondern das Leben verlangt auch, daß die Erziehung auf Geist und Körper derart einwirke, daß der Jüngling, wenn er ins Leben tritt, stark genug sich fühle, um alle bösen Verlockungen, aber auch alle Mühsale und Beschwerden siegreich zu überwinden. Dies aber kann nur geschehen, wenn die Erziehung nicht als Nebenbeschäftigung angesehen, sondern ihr die größtmöglichste Aufmerksamkeit gewidmet wird. Die beste Erziehungsstätte — weil naturgemäß — ist selbstverständlich das Elternhaus. Wie viele Familien aber gibt es, in denen der Vater die Zeit und Kraft findet, dem Knaben auf Schriit und Tritt zu folgen, seine häuslichen Studien zu leiten und ihn vor den mannigfachen Gefahren, die der Jugend harren, zu behüten? Nimmt schon der Beruf dem Vater den Großteil seiner Zeit hinweg, so kommen meist noch gesellschaftliche Pflichten dazu, denen man sich gar häufig nicht entziehen kann. Dabei ist gar nicht jener Familien gedacht, in denen die strenge Hand des Vaters fehlt oder es keine liebende Mutter mehr gibt, die sich um die täglichen kleinen Sorgen ihres Lieblings bekümmern könnte. Muß das Kind aber aus dem Hause, haben dann wirklich alle Pflegeeltern die nötige Macht und vor allem die Fähigkeit, die ihnen anvertrauten Zöglinge in allen Stücken zu leiten ? Spielt hier nicht oft genug die materielle Seite allein eine große Rolle ? Hören wir, was Dr. Schimmelpfennig, ein bekannter Pädagoge und Leiter eines großen Internates in seinem Aufsatze »Über Internats-Erziehung« sagt: »Als ich zur Leitung eines Alumnats berufen werden sollte, war die erste Frage, die der Ministerialrat an mich richtete: »Sind Sie gesund?« Diese damals mich etwas verblüffende Frage war voll berechtigt; es ist in der Tat körperliche Gesundheit ein sehr wesentliches Erfordernis für den Leiter einer geschlossenen Anstalt. Weder durch öfteres Unwohlsein, noch durch Bequemlichkeit darf er verhindert werden, immer am Platze zu sein; das „toujours en vedette“ gilt für ihn ganz besonders. Stets muß er offene Augen haben für Mißbräuche, die nur zu leicht sich einschleichen und, wenn anfangs unbeachtet, gar bald so einwurzeln, daß ihre Beseitigung immer schwieriger wird. Es würde eine große Verkehrtheit sein, wollte der Direktor etwa sich auf eine bestimmte Sprechstunde am Tage beschränken oder gewisse Stunden sich freihalten, — er muß vielmehr, so hart dies klingen mag, zu all und jeder Zeit, bald so bald anders, bald hier bald dort, immer unerwartet zeigen, daß sein aufmerksames Auge überall wacht und nichts unbeachtet läßt.« Wird dies von dem Leiter eines Institutes verlangt, so bedarf wohl auch der allein oder nur mit wenigen Kameraden wohnende Schüler nicht weniger Aufsicht. Das kann aber nicht der private Kostgeber leisten, der doch zumeist nur Kostzöglinge nimmt, um seine Lage zu verbessern, das kann nur dort geschehen, wo der Schüler nicht die Nebensache, sondern das allein entscheidende Moment bildet. Damit kommen wir aber zu einem weiteren Vorzug der Erziehung in einem Institute. Hier ist alles so geordnet, wie es für die Jugend am ersprießlichsten ist. Hier ist es nicht der Hausvater, auf den in erster Linie Rücksicht genommen werden muß. Hier ist einzig und allein das Wohl der Zöglinge maßgebend und nur dieser Gesichtspunkt ist bei der Verteilung von Räumlichkeiten und bei der Tageseinteilung bestimmend. Am besten ersehen wir dies, wenn wir das Leben unserer Zöglinge während eines Tages betrachten. Schon um 1/%6 Uhr wird der Schlafsaal, werden die Studiersäle in der kalten Jahreszeit geheizt, damit die Zöglinge in wohldurchwärmten Räumen — in den Studiersälen bleiben die ganze Nacht die Fenster geöffnet — ihrem Studium nachkommen können. Für die Zöglinge selbst ertönt das Zeichen zum Aufstehen um 6 Uhr morgens. Einer nach dem andern wacht auf, erhebt sich im Bette, reibt sich die Augen, versucht auch wohl noch einmal sich zurückzulegen, um noch eine Minute dahinzuträumen, aber die allgemeine Unruhe, die jetzt im Schlafsaale herrscht, macht ihn doch vollends wach und nach zwei bis drei Minuten ist alles, mit Strümpfen und Hausschuhen angetan, im angrenzenden Waschsaale. Hier nun entblößen sie die Brust, indem sie das Hemd um die Hüften schürzen. Zu dieser Zeit beginnt auch der Dienst des Aufsicht führenden Herrn, dessen wichtigst e Siudierlaal des Unfergymnaliums. Srofjer Spielplatz (10000 m2). Obliegenheit wohl darin besteht, achtzugeben, daß jene Jungen, die besonders gerne dem Wasser ausweichen, sich gründlich Brust, Hals und Gesicht waschen und sich täglich die Zähne bürsten. Daher hält sich der diensthabende Herr zu dieser Zeit vorwiegend im Waschsaale auf. Um 6 Uhr 30 Min. ertönt das Zeichen zum Studium. Alles muß jetzt den Schlafsaal verlassen, in dem nun die Dienerschaft erscheint, um sämtliche Fenster zu öffnen und die Betten zu lüften. Für die Jugend bleibt von nun an der Schlafsaal gesperrt bis zum Abend, ebensolange bleiben Fenster und Ventilationen geöffnet. Die Zöglinge haben sich indessen in den, wie schon oben bemerkt wurde, die ganze Nacht hindurch gelüfteten Studiersälen versammelt und wiederholen nun die Tagesaufgaben. Um 7 Uhr 30 Min. wird zum Frühstück geläutet. Die Stunde Studiums hat bereits bei den Zöglingen den Hunger erweckt und so eilt denn auch alles in den Speisesaal hinab, um hier das Frühstück, bestehend aus Kaffee und zwei Semmeln, einzunehmen. Nach dem nur kurze Zeit währenden Frühstücke ergehen sich die Zöglinge im Hofe, um 7 Minuten vor 8 Uhr in die Schule zu gehen. Der Vormittag wird nun benützt, um eine gründliche Reinigung aller Säle vorzunehmen. 5 Minuten nach 12 Uhr ertönt das Glockenzeichen zur Mittagstafel, die aus Suppe, Rindfleisch, an Sonn- und Feiertagen Braten, mit doppelter Beilage besteht, wozu dreimal in der Woche eine Mehlspeise kommt. Hernach tummeln sich die Kinder in den beiden Höfen und im Garten, spielen ruhigere Spiele, wie Krocket, russische Kegelbahn u. s. w. Ist aber schlechtes Wetter, so versammelt sich ein Teil in den Spielsälen, in denen ihnen neben den verschiedenen Spielen auch ein Klavier und für die Großen ein Billard zur Verfügung steht, der andere Teil geht in die gedeckte Kegelbahn oder setzt sich mit einem Buche in die gegen Regen geschützte Laube. Um nun den Knaben, die zumeist nachmittags auch Schule haben, die Möglichkeit zu geben, dafür noch zu wiederholen, beginnt um 1 Uhr 15 Min. wieder das Studium, das bei denen, die Schule haben, bis 1 Uhr 45 Min., bei den anderen bis 3 Uhr 15 Min. dauert. Bis zu dieser Zeit soll jeder mit den schriftlichen Aufgaben für den nächsten Tag fertig werden. Nach dem Studium wird, wenn das Wetter es nur halbwegs möglich macht, auf den ungefähr 5 Minuten entfernten Spielplatz marschiert. Dieser hat die Größe von D/2 Joch, ist von Weidengebüsch umzäunt und zerfällt in drei Teile; der größere Teil ist für Ballspiele bestimmt, auf dem nördlichen Ende stehen Reck, Barren, Springständer und eine Zielscheibe für Speerwerfen, damit die Jugend sich auch durch eigentliches Turnen stähle, während für die Kleinen eine Ecke bestimmt ist, damit sie hier mit Schaufel und Spaten Burgen bauen, Teiche graben und was sonst noch die rege Phantasie der Kinder alles ersinnt. Natürlich ist die Aufsicht am Spielplätze eine doppelt schwere, sollen nicht die Ballspiele in Roheit ausarten oder auf den Turngeräten von den immer das Schwierigere liebenden Knaben Übungen vorgenommen werden, die leicht ein Unglück herbeiführen. Es sind daher auch stets zwei Herren hier, von denen der eine das Ballspiel, der andere das Turnen und Graben beaufsichtigt. Inzwischen ist es 1/3 5 geworden und der Hunger hat sich bei der Jugend gemeldet. Gerne ziehen sie alle heim, um hier ihre Jause, die je nach den verschiedenen Jahreszeiten verschieden ist, einzunehmen. Hernach wird noch wenige Minuten der Hof benützt, bis um 5 Uhr alles sich in den Schlafsaal begibt, um hier die Hausschuhe anzuziehen und die Tagesschuhe in die Putzkammer zu geben. 5 Minuten darauf beginnt die Studienstunde, die nun bis 7 resp. 1/28 Uhr dauert. Damit die Aufsicht nicht erlahme, wechseln die Herren nach jeder Stunde. Von 7 bis */28 werden die Zöglinge klassenweise ausgeprüft, wobei Zöglinge der höheren Klassen, die in der Schule gute Fortschritte machen und denen der Ausschuß einen ermäßigten Platz angewiesen hat, die Präfekten unterstützen. Da es ja nicht möglich ist, alle Schüler in dieser Zeit genau auszufragen, so werden in den wöchentlichen Konferenzen, die der Leiter mit den Herren abhält, jene bestimmt, auf die ihrer Bequemlichkeit oder ihres geringen Wissens wegen die besondere Aufmerksamkeit zu richten ist, wie ja überhaupt in diesen Konferenzen die Wahrnehmungen besprochen werden, die die einzelnen Herren bezüglich der ihrer Obhut anvertrauten Zöglinge gemacht haben. Denn auf diese Weise ist es am ehesten möglich, die Charaktere der Zöglinge richtig kennen zu lernen. Denn erst wenn dies geschehen ist, ist ein erfolgreiches Einwirken auf den Jungen möglich. Wie weit sind nicht die Charaktere der Jungen von einander verschieden! Was man bei dem einen durch die schwersten Strafen noch nicht erreichen kann, erwirkt man bei dem andern schon durch das bloße Wort. Bei diesem nützt die Strenge gar nicht, er wird im Gegenteil dadurch nur stützig und trotzig, wohl aber ist er mahnenden Worten zugänglich und folgt diesen nach jeder Richtung. Der andere hat für den bloßen Tadel nur ein geringschätziges Lächeln und macht sich noch lustig, daß er so billigen Kaufes davongekommen ist. Dagegen folgt er sofort, wenn er weiß, daß seine Vergehen strenge geahndet werden u. zw. mit Strafen, die ihn am schwersten treffen, wie Entziehung des Taschengeldes, Spielverbot, ja auch Hausarrest und Karzer muß verhängt werden. Das Schwierigste aber ist es wohl, in den Jungen bei der Verschiedenheit der Strafen, die oft für dasselbe Vergehen gegeben werden, den Verdacht der Ungerechtigkeit nicht aufkommen zu lassen. Die Jugend muß vielmehr, soll es überhaupt längere Wirkung haben, einsehen, daß sie die Strafe verdient hat, daß es nicht seitens der Herren Willkür ist, die die Strafe bestimmt, sondern die ehrliche Absicht zu bessern und daß alle Plerren es mit den Zöglingen gut meinen. Gehen wir nun nach diesem Exkurse über die wöchentlichen Konferenzen und über die Strafen zurück zur Tageseinteilung. Jene Schüler nun, die bei der Ausprüfung aus diesem oder jenem Gegenstände nicht entsprochen haben, werden in ein Buch eingetragen und müssen um 1/29 Uhr wieder in den Studiersaal; doch ist es, zumal bei den Kleinen, Grundsatz, sie nur wenn es unbedingt nötig ist, über 9 Uhr bis höchstens */210 Uhr aufzulassen. Um 1/28 Uhr läutet die Glocke zum Abendessen, bei dem nur größeren Schülern und auch da nur auf Wunsch der Eltern Bier verabreicht wird. Hernach versammeln sich die Schüler in den Spielsälen, wo sie sich entweder an Spielen ergötzen oder von der Leitung gestattete Bücher lesen. Mehrmals in der Woche versammeln sich jene Zöglinge, die Musik betreiben, im Musikzimmer, um unter der Aufsicht eines Herrn und der Leitung eines größeren Zöglings sich Bauskapelle im ITtulikzimmer. ^ Fechtiacil L'Ai V im Zusammenspiel zu üben. Um 9 Uhr eilt dann alles in den Schlafsaal und gar bald träumt die Jugend vom schönen Daheim. Die Sorgen des Studiums sind verschwunden und das Lächeln des einen und die im Schlafe gesprochenen Worte des andern, sie zeigen dem inspizierenden Herrn an, daß der Junge weit weg vom Heime im Kreise seiner Lieben weilt. Mit diesen wenigen Zeilen hat der Ausschuß versucht, den Eltern der ihm anvertrauten Zöglinge das Leben und Treiben derselben in der Anstalt in großen Zügen zu schildern. Vieles, wie Musikunterricht, Nachhilfe u. s. f., wäre noch zu erwähnen, allein dies ist zu verschieden, um eine schematische Darstellung zuzulassen. Vieles gedenkt der Ausschuß, der ja keinen materiellen Vorteil aus dem Heime ziehen will, noch einzurichten, um dieses auf eine vollkommene Höhe zu bringen. Das eine jedoch hofft der Ausschuß, daß die Eltern aus dem Berichte ersehen werden, daß der Verkehr zwischen der Leitung und den Zöglingen ein ungezwungener, der Meinungsaustausch ein freier ist und daß vor allem der freien, individuellen Erziehung und Entwicklung der Zöglinge die größte Aufmerksamkeit geschenkt wird, daß aber nicht minder auch die alte Forderung: »Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper!« die größte Berücksichtigung gefunden hat. Und nicht zu unterschätzen ist in dieser Beziehung auch die Sorgfalt, die der Verköstigung zugewendet werden muß und hier auch zugewendet wird, zu der es aber nicht nur gehört, daß die Speisen nahrhaft und geschmackvoll zubereitet sind, sondern auch in größtmöglichster Abwechslung gebracht werden. Denn nichts kann der Lust der Jungen, tüchtig zu essen, mehr verderblich sein, als die regelmäßige Wiederkehr der Speisen. Daß aber hierin alles geleistet wird, was nur möglich ist, beweist wohl, daß die gesamte Leitung dasselbe Essen an demselben Tische mit den Zöglingen einnimmt und daß hier nicht wie in vielen anderen Instituten die Frau Verwalter für den Kopf eine bestimmte Summe zur Verfügung hat, sondern so viel zu verbrauchen das Recht hat, als sie für notwendig hält, die aber auch, während die Herren auf das anständige Benehmen der Zöglinge achten, darüber wacht, daß das bedienende Personal durch Nachfüllen der Schüsseln dafür sorgt, daß die stets hungrige Jugend sich vollständig sättigen kann. Widmet schon der gesunden Jugend die die Mutter vertretende P'rau Verwalter ihre besondere Sorge, so geschieht dies in noch höherem Maße wenn ein Zögling erkrankt. Da kann sie dem Jungen, der, wenn er erkrankt, sofort in das abseits gelegene Krankenzimmer kommt, nicht genug Liebe erweisen, und mit aller Ängstlichkeit einer Mutter überwacht sie, daß alle Vorschriften des Arztes genau erfüllt werden, ein Liebesdienst, in dem sie von der verläßlichen Krankenwärterin aufs beste unterstützt wird. Würde das Heim auch gerne die an ansteckenden Krankheiten leidenden Zöglinge in eigener Obhut halten, hat es doch den Eltern gegenüber so große Verantwortung zu tragen, so muß doch die Rücksicht auf die gesunden Zöglinge allein maßgebend sein. Diese Kranken müssen daher in das landschaftliche Spital abgegeben werden, wo ihnen dank der großen Freundlichkeit der Spitalsärzte ein eigenes Zimmer eingeräumt wird. Im übrigen ist aber der Gesundheitszustand stets ein ausgezeichneter gewesen, was wohl nicht zum geringsten auch darauf zurückzuführen ist, daß, wie wir ja oben gezeigt haben, auf die körperliche Abhärtung so großes Gewicht gelegt wird. Daß die Erziehung in unserem Heime wirklich eine gute sein muß, beweist wohl genügend der Umstand, daß eine Reihe von einheimischen Bürgern, die doch sicherlich genug Gelegenheit haben, das Leben und Treiben im Heime persönlich zu beobachten, ihre Kinder schon seit mehreren Jahren bei uns untergebracht haben und nur in Worten vollster Anerkennung sich äußern. Noch einer Einrichtung wollen wir gedenken, die besonders in den Augen der Zöglinge eine große Rolle spielt, nämlich der Ausgehtage. Weit gehen die Anschauungen der Pädagogen auseinander, in welchem Maße man den Mittelschülern Freiheit gewähren soll. Während die einen, das freie Leben auf der Universität bedenkend, für ein ziemlich großes Maß von Freiheit sind, wollen die anderen den Mittelschülern jegliche Freiheit nehmen, wobei sie nicht ganz unrichtig betonen, daß der junge Student, dem ja schon durch die Schule eine Reihe von Dingen verboten sind, die andere Altersgenossen ungehindert ausführen können, leicht der Versuchung unterliegen und so mit den Forderungen der Schule in Konflikt kommt. Beide Anschauungen haben viel Wahres in sich, das Richtige dürfte aber in der Mitte liegen. Es ist unbedingt notwendig, den Zöglingen der oberen Klassen Gelegenheit zu geben, zu zeigen, daß sie auch ohne Aufsicht den Anforderungen der Schuldisziplin und des Anstandes gemäß sich bewegen können; gleichwohl wird es nötig sein, doch hie und da Nachschau zu halten, was die Zöglinge in dieser Zeit treiben. Hat man den Zöglingen aber vorher eingeschärft, sich ja nichts zuschulden kommen zu lassen, da ihnen sonst sofort diese Begünstigung entzogen würde und wissen die Zöglinge, daß man nicht nur leere Drohungen ausstößt, sondern bestimmt auch die angedrohte Strafe vollzieht, so kann man sie beruhigt frei ausgehen lassen. Natürlich wird nicht wenig zu dieser Beruhigung beitragen, wenn man in den Zöglingen das Ehrgefühl so weit wach gerufen hat, daß dieses allein sie schon vor Überschreitungen hütet und nicht die drohende Strafe das Hauptgewicht in sich birgt. Denn keine Erziehungsstätte dürfte wohl zufrieden sein, zumal wenn man bedenkt, welche große Verantwortung man damit den Eltern und Schülern gegenüber zu tragen hat, wenn die ihr anvertraute Jugend zwar unter Aufsicht sich ganz korrekt verhält, sobald sie sich aber ohne Aufsicht weiß, vollkommen unfähig ist, sich auch nur in etwas zu mäßigen. Wohl wird der wahre Erzieher einen Unterschied machen zwischen jenen bloßen übermütigen Kraftäußerungen, die ohne jede Böswilligkeit so gerne in jenen Jahren ausgeführt werden, die eben deswegen einen wenig empfehlenden Namen führen, und jenen Handlungen, die in böser Absicht ausgeführt, auf große sittliche Mängel schließen lassen. Deufiches Studentenheim Spielícíle. , ... ' . . Spielhof. ßausgarfen. Wird der Erzieher in ersterem Falle sein Ziel am besten erreichen, wenn er die Sache nicht zu tragisch auffaßt und mit ruhigen Worten die Jugend auf das Kindische ihres Benehmens verweist, so kann er im zweiten Falle nicht strenge genug vorgehen, ja er wird geradezu nur seine Pflicht den anderen Schülern gegenüber erfüllen, wenn er einen derartigen Schüler aus dem Heime ausschließt. Denn für sittlich verwahrloste Schüler kann und darf das Heim keine Freistätte und somit auch keine Erziehungsstätte sein. So glaubt der Ausschuß die Ziele, die er sich beim Heime gesteckt hat, nach allen Seiten erörtert zu haben. Will er auf der einen Seite erreichen, daß den Zöglingen Ordnung, Pünktlichkeit und Sauberkeit zur Lebensgewohnheit wird, so soll auf der anderen Seite in den Schülern ehrlicher, gewissenhafter Fleiß und Wahrheitsliebe geweckt und zur Reife gebracht werden, so daß sie beim Eintritt ins offene Leben feste, verläßliche Charaktere sind, die bei gewissenhafter Erfüllung ihrer Pflicht Unwahrheit und Lüge scheuen und stets in dankbarer Erinnerung der Jahre gedenken, die sie im Heime verbracht haben. Das Studentenheim steht unter der Leitung eines Professors des Gymnasiums, dem ein Oberpräfekt und mehrere Präfekten, welche wissenschaftlich befähigt sind, zur Seite stehen. Das Heim ist auch räumlich in vollständiger Verbindung mit dem Obergymnasium und bildet einen wesentlichen Bestandteil des letzteren. Als dritte Bildungsanstalt ist damit das städt. Ferkmuseum verbunden, welches das Obergymnasium in seinen wissenschaftlichen Zwecken fördern soll. Das Gymnasium selbst ermöglicht das Studium bis einschließlich der Maturitätsprüfung und macht es den Abiturienten möglich, auch an eine technische Hochschule zu gehen, da in den unteren Klassen obligater Zeichenunterricht eingeführt ist und die Obergymnasiasten Gelegenheit haben, darstellende Geometrie und geometr. Zeichnen zu lernen. Die Zöglinge des Studentenheimes können auch in den modernen Sprachen und in Musik Unterricht genießen. Über die den Zöglingen zur Verfügung stehenden Räume und deren Einrichtung geben, abgesehen von dem Vorhergesagten, die beifolgenden Bilder Aufschluß. Der Studentenheim-Ausschuß stellt die Betten mit Roßhaarmatratzen und Bettzeug, sowie die Nachtkästchen bei, so daß an Kleidern, Wäsche u. s. w. nur nachstehende Stücke in der beigesetzten Mindestanzahl den Zöglingen mitzugeben sind: 6 Taghemden und 3 Nachthemden, 6 Unterhosen, 1 Badehose, 12 Paar Socken oder Strümpfe, 2 Halsbinden, 18 Sacktücher, 1 Sonntags- und 1 Wochentagsanzug (je einer für Sommer und Winter), 1 Überrock, 2 Kopfbedeckungen, 2 Paar Schuhe oder Stiefel, 1 Paar Nachtschuhe, Schwamm und Seife, Zahn-, Haar- und Kleiderbürste und 1 Kamm. Alle diese Gegenstände müssen mit der Zöglingsnummer bezeichnet, sämtliche Wäsche und Kleidungsstücke mit der Nummer gemärkt sein. Für erkrankte Zöglinge stehen ein Krankensaal und ein vollständig abgesondertes Isolierzimmer für unter bedenklichen Symptomen Erkrankte zur Verfügung. Die Kosten für ärztliche Hilfe und Heilmittel treffen die Eltern, bezw. deren Stellvertreter. Die Kosten der Spitalspflege bei ansteckenden Erkrankungen treffen, soferne für die Zeit der dortigen Pflege kein Kostgeld gezahlt wird, die Eltern. Beschädigungen des Inventars werden den Eltern des Schuldtragenden zur Last geschrieben. Als gesunde und ritterliche Leibesübung wird älteren und stärkeren Zöglingen auch Fechten gelehrt. Jedoch haben diejenigen Eltern, welche diesen Unterricht wünschen, eine diesbezügliche Erklärung, welche zugemittelt wird, auszustellen, dahin, daß sie für möglicher Weise vorkommende Unfälle der Leitung oder dem Ausschüsse keine Verantwortung aufbürden. Bestimmungen über Aufnahme und Entlassung. Die Gesuche um Aufnahme in das Studentenheim sind ungestempelt und unter Anschluß der beiden letzten Zeugnisse sowie des Taufscheines an den »Studentenheim-Ausschuß« einzusenden. Bei Zöglingen, welche von einem anderen Gymnasium übertreten, muß das letzte Zeugnis mit der Abgangsklausel versehen sein. Diese braucht er sich jedoch erst dann zu verschaffen, wenn er die Zusicherung der Aufnahme ins Gymnasium in Händen hat. Der Ausschuß vermittelt die Aufnahme des Knaben in das Gymnasium und fertigt, sobald weder gegen die Aufnahme in das Gymnasium, noch in das Studentenheim ein Anstand obwaltet, die Aufnahmserklärung aus, von der ein Teil den Eltern, ein Teil nach Unterfertigung dem Ausschüsse verbleibt. Durch Unterfertigung dieser Erklärung übernehmen die Eltern die aus diesem Prospekte hervorgehenden Pflichten und treten die elterlichen Rechte an die Leitung ab. Die Aufnahme der Zöglinge erfolgt für das laufende Schuljahr. Wollen die Eltern oder deren Stellvertreter den innegehabten Platz für den Zögling auch für das nächste Schuljahr beibehalten, so ist dies dem Ausschüsse längstens bis 15. August schriftlich bekannt zu geben. Tritt ein mit Aufnahmserklärung bereits aufgenommener Zögling nicht ein oder ohne triftigen Grund im Laufe des Jahres aus, so muß im ersteren Falle für den vorbehaltcnen Platz die dreimonatliche Kostgebühr, im letzteren Falle die Gebühr für den Rest des Schuljahres, jedoch nur im Höchstbetrage der dreimonatlichen Gebühr bezahlt werden. Sind für das Gesuch um vorzeitige Entlassung des Zöglings dringende Gründe vorhanden, so tritt einmonatliche Kündigung und somit Bezahlung der einmonatlichen Gebühr vom Tage der Kündigung ein. Zöglinge, die durch ihr Betragen in sittlicher Hinsicht für andere gefährlich sind, werden sofort aus der Anstalt entlassen. Jedoch sind die Eltern oder deren Stellvertreter zur Zahlung der einmonatlichen Gebühr verpflichtet. Unter ganz besonders rücksichtswürdigen Verhältnissen kann der Ausschuß ermäßigte und freie Plätze in beschränkter Zahl verleihen; erhalten jedoch so begünstigte Zöglinge am Schlüsse des Schuljahres ein Zeugnis der II. oder III. Klasse, so verlieren sie, falls sie im Heime verbleiben, diese Begünstigung. Die Zahlungsbedingungen finden sich an letzter Stelle des Prospektes. Deufiches iïladchenheim. Deufíches ITladchenheim trï-t. Iii. Das deufíche ülädchenheim. As war ein kühner Schritt, als der Gemeinderat zu Beginn des Jahres 1902 den Entschluß faßte, in der Stadt Pettau ein mit der öffentlichen Schule verbundenes Deutsches Mädchenheim mit einer Fortbildungsund Haushaltungsschule ins Leben zu rufen. Das Unternehmen steht einzig in Österreich da und mußte sich seine Stellung erst erringen. Wie sehr der Erfolg das Werk gekrönt hat, beweist die allgemeine Anerkennung, die der Anstalt nicht nur von den Eltern, sondern auch von Fachmännern im reichsten Maße gezollt wurde. Wenn es schon schwer ist, für das Wohl und Wehe einer großen Zahl von Knaben die Verantwortung zu übernehmen, so erfordert es noch viel mehr an peinlichster Aufmerksamkeit, um zarte Mädchen sorgfältig zu hüten an Leib und Seele, sie wissenschaftlich zu lehren und deren Gemüt zu bilden. Der Hauptzweck der guten bürgerlichen Erziehung, die den Zöglingen des Deutschen Mädchenheimes geboten wird, ist der, aus ihnen zukünftige echt deutsche Hausfrauen mit gründlichem theoretischen und praktischen Wissen, guten Umgangsformen und stets natürlichem, einfachen Sinne sowie einem feinen und sicheren Empfinden für alles Gute und Schöne heranzubilden. Die Hausordnung ist darauf bedacht, dem heranwachsenden Mädchen Gelegenheit zu geben, sich für seinen häuslichen Beruf vorzubereiten und seine thoretischen Kenntnisse, immer selbst mit Hand anlegend, auch praktisch zu betätigen und zu erweitern. Das Deutsche Mädchenheim in Pettau gibt sich nicht mit dem Bildungsziele anderer Pensiónate zufrieden, aus welchen fein gebildete junge Damen, häufig ohne Herzensbildung, aber meist blind für die Wirklichkeit des menschlichen Lebens, in dieses Leben hinaustreten. Ein herzliches, fröhliches Zusammenleben, geregelt durch weise Vorsicht und Strenge, im Kreise ihrer Mutterstelle vertretenden Lehrerinnen und mit ihren Mitzöglingen, soll den Mädchen den Aufenthalt im Heime nicht nur angenehm machen, sondern in ihnen auch das Bedürfnis wecken und nähren, auch in ihrem eigenen zukünftigen Heime mit liebender Hand und sorgendem Herzen zu schalten und zu walten. Ein wohldurchdachter Beschäftigungsplan gewöhnt die Zöglinge des Deutschen Mädchenheimes an eine zweckmäßige Einteilung der Zeit, an getreue Pflichterfüllung, an Ordnung und an hauswirtschaftliche Tätigkeit. Durch Gesang und gute Musik, durch eine zweckmäßig geleitete Einzel- und gemeinsame Lektüre, Vortrag von Gedichten und Prosastücken und durch gelegentliche Teilnahme an passenden künstlerischen Aufführungen wird das Empfindungsleben der Mädchen veredelt. Dabei fehlt es an nichts, was das körperliche Gedeihen verbürgt: kräftige und reichliche Nahrung, vorsichtige Abhärtung bei individueller Behandlung, Spiele und Turnübungen in der Turnhalle, im Spielhofe und auf dem Tennis-Platze, Spaziergänge, Gartenarbeiten, Bäder im Hause und Flußbäder im kräftigend wirkenden Drauwasser. Nicht in letzter Linie trägt zur körperlichen Entwicklung die Lage und Ausgestaltung des Gebäudes bei. Unmittelbar neben dem Stadtparke, selbst in einem Garten und ca. 80 m vom Ufer der Drau gelegen, bietet das Haus mit seinen hohen und lichten Räumlichkeiten den denkbar gesundesten Aufenthaltsort. In den hohen Schlafsälen ist das Abteilsystem eingeführt: durch 2 m hohe Holzwände sind vorne offene Abteilungen gebildet; jede Abteilung hat ein großes Fenster und enthält 4 Eisenbetten, je 2 Doppelwaschtische und die nötigen Stühle. Kleider und Wäsche sind an den Saalwänden in Garderobeschränken untergebracht. Stark belichtete und hohe Arbeitsund Studiersäle, ein schöner großer Speisesaal, eine prächtige Küche, Bügelraum, Waschküche, Vorratskammern, Musikzimmer u. s. w. bilden ein so einwandfreies Ganzes, wie es nur nach den vom Gemeinderate im Auslande gemachten Studien werden konnte. Von allen Erfahrungen wurde das Beste ausgewählt und eine Musteranstalt geschaffen. Wie schon eingangs erwähnt, ist mit dem Deutschen Mädchenheime eine wissenschaftliche Fortbildungsschule und eine praktische Haushaltungsschule verbunden. Diese Schulen haben die Aufgabe, den Unterricht der Bürgerschule unter Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse der weiblichen Jugend zu vertiefen und fortzuführen, außerdem eine gründliche Unterweisung in allen Zweigen der Hauswirtschaft und weiblichen Handarbeiten, in Musik und in den modernen Sprachen zu vermitteln. Dieser Unterricht verteilt sich auf zwei Jahrgänge, deren Lehrstoff eng in einander greift. Die obligaten Gegenstände sind: Religion (katholisch und evangelisch), Deutsch (Literatur und Aufsatz), Französisch, Rechnen und Haushaltungsbuchführung, Nahrungsmittel-, Gesundheitslehre, Krankenpflege, Erziehungslehre, Turnen, Singen. Weibliche Handarbeiten, Kunststickereien, Schnittzeichnen und Weißnähen (I. Jahrgang); dieselben Arbeiten und Schneidern (II. Jahrgang). Kochen (Hausmannskost mit feineren Mehlspeisen (I. Jahrgang); feinere Küche und Garnieren (II. Jahrgang); vollständige Behandlung der Wäsche (I. Jahrgang), Glanzbügeln und Feinputzen (II. Jahrgang). Hausgartenpflege, Servieren. Deufïches ITlädchenheim ■ fy Deufíches IUfldchenheim. Gin flbíeil“¿der Schiaffäle. Die nicht obligaten Gegenstände sind: Naturkunde, Geographie, Geschichte, Stenographie, Zeichnen, Malen, englische und italienische Sprache, Klavier, Violine, Sologesang, Tanzen und Schwimmen. Die Umgangssprache ist deutsch und französisch (Französin und Engländerin im Heime), für nichtdeutsche Mädchen anfänglich vorherrschend deutsch. Nichtdeutsche Zöglinge, welche die Volks- oder Bürgerschule besuchen, erhalten im Mädchenheim Nachhilfsunterricht in der deutschen Sprache. Zöglingen, welche die Absicht haben, sich zu Kindergärtnerinnen oder Handarbeitslehrerinnen auszubilden, wird Gelegenheit geboten, sich am Mädchenheim die erforderliche Vorbildung anzueignen. Die Teilnahme der die Bürgerschule besuchenden Z.öglinge an dem Tanzkurse, welcher nur noch den externen Schülerinnen der Fortbildungsschule zugänglich ist, wird von der Entscheidung der Eltern oder Vormünder abhängig gemacht. Den Fortbildungsunterricht erteilen nebst der Vorsteherin und den am Mädchenheim angestellten Ezieherinnen und Lehrerinnen Lehrkräfte der Volks- und Bürgerschule, Professoren des Landes-Obergymnasiums, Lehrer der Musikschule, sowie andere bewährte Fachleute. Beitimmungen über Aufnahme und Entladung. Die regelmäßige Aufnahme erfolgt bis 15. September jeden Jahres, ausnahmsweise auch unter dem Schuljahre. Die Gesuche sind an den Ausschuß zu richten und mit Taufschein, Impfschein und letztem Schulzeugnisse zu belegen. Der Ausschuß vermittelt die Aufnahme in die Volks- und Bürgerschule und fertigt, wenn kein Anstand obwaltet, die Aufnahmserklärung aus, von der ein Teil den Eltern, ein Teil nach Unterfertigung dem Ausschüsse verbleibt. Durch Unterfertigung dieser Erklärung übernehmen die Eltern die aus diesem Prospekte hervorgehenden Pflichten und treten die elterlichen Rechte an die Vorstellung ab. Es liegt ebensowohl im Interesse des Zöglings wie der Anstalt, daß der Vorstellung auch vertrauliche Mitteilungen über die Charakter-Eigenschaften und die Gesundheitsverhältnisse des Mädchens nicht vorenthalten werden, da nur in diesem Falle der Zögling richtig behandelt werden kann. Der Anmeldung an den Ausschuß ist auch eine gesonderte Äußerung darüber anzuschließen, in welchen nicht obligaten Gegenständen der Unterricht gewünscht wird. Die Aufnahme der Zöglinge erfolgt für das laufende Schuljahr. Wollen die Eltern oder deren Stellvertreter den innegehabten Platz auch für das nächste Schuljahr beibehalten, so ist dies dem Ausschüsse längstens bis 15. August bekannt zu geben; andererseits sind die Plätze jener Zöglinge, die das Heim im nächsten Schuljahre nicht mehr besuchen wollen, am 15. Juni einmonatlich zu künden. « Tritt ein mit Aufnahmserklärung bereits aufgenommener Zögling nicht ein oder ohne triftigen Grund im Laufe des Jahres aus, so muß im ersteren Falle für den vorbehaltenen Platz die dreimonatliche Kostgebühr, im letzteren Falle die Gebühr für den Rest des Schuljahres, jedoch nur im Höchstbetrage der dreimonatlichen Gebühr bezahlt werden. Im allgemeinen ist der Austritt während des Schuljahres nur gegen dreimonatliche Kündigung gestattet. Eine etwaige Verspätung des Eintrittes oder vorübergehende Unterbrechung des Aufenthaltes im Heim hat auf die übernommenen Zahlungsverpflichtungen keinen Einfluß. Über die Aufnahme von solchen Mädchen, die nicht im Heim wohnen und den Fortbildungs- und Haushaltungsunterricht genießen wollen, -entscheidet von Fall zu Fall der Ausschuß, der auch von einzelnen Gegenständen des Fortbildungs-Unterrichtes bei internen und externen Zöglingen befreien kann. Jedem Zögling ist nachstehende Ausstattung mitzugeben, und zwar fln Wäiche: 6 Taghemden, 6 Nachthemden oder Nachtjacken, 6 Sommerbeinkleider, 4 Winterbeinkleider, 3 Barchentunterröcke, 2 weiße Unterröcke, 6 Paar Sommerstrümpfe, 6 Paar Winterstrümpfe, 2 Dutzend Taschentücher, 6 Leintücher, doppelt breit, 4 Polsterüberzüge (ohne Spitzen) 60x80 cm. mit Zwirnknöpfen zum knöpfen, 6 Servietten, 6 Handtücher, 3 Lavoirtüclier, 1 Badetuch, 1 Badeanzug und Badehaube. fln Kleidungsstücken: 3 Hängerschürzen (einfarbig dunkelblau), 4 Stück mit Gürtel für die Haushaltungsschülerinnen, 2 schwarze, einfache Hängerschürzen für Sonntag, 2 weiße einfache Servierschürzen, bis 13 Jahre Hängerform, 2 Paar dunkelblaue Cretonneschreibärmel, 1 weißes Waschkleid (Pikee-Taille, Matrosenform-Rock mit zwei schmalen Volants) für Feiertage und feierliche Gelegenheiten, 1 dunkelblaue Winterjacke, 1 dunkelblaue Sommerjacke, 1 Paar weiße Lederhandschuhe, 1 Paar Winterhandschuhe (Trikot), 1 Paar Sommerhandschuhe (Zwirn), 2 Paar Lederschuhe, 1 Paar Hausschuhe, 1 Paar Gummischuhe, 1 dunkelblaues Umhängetuch, 1 Regenschirm, 1 dunkelblauer Sonnenschirm. Die Uniformkleider für Winter und Sommer, sowie die Hüte werden zum billigsten Selbstkostenpreise durch die Anstalt besorgt. fln anderen Gegenständen: 1 Tischbesteck mit Kaffeelöffel, 1 Kleiderbürste, 1 Haarbürste, 1 weiter Kamm, 1 Staubkamm, 1 Kammreiniger, 1 Zahnbürste, 1 Waschhandschuh und einige Stücke Seife, 1 vollständig eingerichtetes Nähzeug. M Deufíches ülädchenheim. Kochunferricht. Alle diese Gegenstände müssen mit der vom Institute angegebenen Nummer der betreffenden Zöglinge versehen sein und zwar so, daß die Nummern beim Falten der Wäsche deutlich ersichtlich sind und es darf keinem Zögling mehr als die angeführten Stücke mitgegeben werden. Da es die Eltern interessieren dürfte, schon vorher Einblick in die Hausordnung zu bekommen, sei hier einiges daraus erwähnt: Das Tragen von Schmuckgegenständen, Ringen, Armbändern etc. ist weder den Zöglingen noch den externen Schülerinnen gestattet. Mädchen von 14 Jahren ab dürfen Uhren an schwarzen Schnüren oder Bändern tragen. Spazier- und Kirchgänge, Einkäufe, Benützung der Bäder, Besuch von Konzerten etc. dürfen nur unter entsprechender Aufsicht erfolgen. Die Zöglinge dürfen mit Bewilligung der Vorstellung jeden Sonntag besucht werden, jedoch nur von Familien, die den Eltern befreundet sind. Sprechstunden sind im Winter im geräumigen Sprechzimmer des Institutes Sonntags nachmittags von 4—6 Uhr; im Sommer im Institutsgarten von 2—4 Uhr. Ausgänge sind, wenn von der Vorsteherin bewilligt, jeden 4. Sonntag von 2—6 Uhr nachmittags gestattet. Die Eltern der Zöglinge haben jederzeit Zutritt, doch werden sie gebeten, ihre Besuche womöglich auf die Sonntage zu verlegen, um im Interesse der Kinder die Lehrstunden zu berücksichtigen. Alle Besuche im Mädchenheim haben sich zuerst bei der Vorsteherin oder deren Vertreterin anzumelden. Das Lesen von Büchern, die nicht der Anstalts- oder Schulbibliothek entnommen sind, ist nur mit Bewilligung der Vorsteherin gestattet. Taschengeld zu haben ist erlaubt; dasselbe ist jedoch der Vorsteherin zu übergeben, die es den Zöglingen in entsprechenden Teilbeträgen gegen Verrechnung auszahlt. Jede Anschaffung steht unter der Kontrolle der Vorsteherin. Die Weihnachts- und Osterferien dürfen die Zöglinge über Wunsch im Elternhause verbringen. Die Zahlungsbedingungen finden sich an letzter Stelle des Prospektes. IV, Der Werdegang des Deuiichen Studentenheimes und des Deutichen mädchenfteimes in Pettau, ijjjfj ach jahrzehntelangen fruchtlosen Bemühungen gelang es endlich im Jahre 1898 dem Ehrenbürger der y Stadt Pettau, Bürgermeister und Landtagsabgeordneten Josef Ornig, die Vervollständigung des in Pettau '—'' bestehenden Landes-Untergymnasiums in ein Obergymnasium durchzusetzen. Dieser Landtags-Beschluß kam am 22. Februar 1898 unter dem k. k. Statthalter Marquis Bacquehem, dem Landeshauptmann Edmund Grafen Attems und den Landesausschuß-Beisitzern Franz Grafen Attems, Dr. v. Derschatta, Dr. Kokoschinegg, der hiebei hervorragend tätig war, Dr. Reicher, Robitsch und Dr. Schmiderer zustande. Die Landesschulbehörde hatte jedoch damals ihre Zustimmung von der Bedingung abhängig gemacht, daß die Stadtgemeinde zur Sicherung der notwendigen Schüleranzahl des Obergymnasiums ein Studentenheim errichte. Und so beschloß der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 27. März 1899 die Erbauung eines Kaiser-Franz-Josef-Ober-gymnasiums und die Errichtung eines »Deutschen Studentenheimes.« Für den Bau des ersteren widmete die Pettauer Sparkassa die Summe von 40.000 Kronen. Der Gemeinderat, der die vorstehenden Beschlüsse unter Bürgermeister Ornig und Bürgermeister-Stellvertreter Kaiser faßte, bestand aus den Flerren Blanke, Brigola, Filaferro, Kasimir, Kasper, Kersche, Kollenz, Kratzer, Matzun, Roßmann, Sadnik, Sellinschegg, Steudte, Strohmaier, Dr. Treitl, Wreßnig. Sehr erfreulich war die moralische Unterstützung seitens der Oberbehörden und ihrer Beamten, unter welchen besonders Leopold Lampel, Landesschulinspektor, als warmer Förderer des Obergymnasiums und Studentenheimes zu nennen ist. Der aus den Herren Bürgermeister Ornig, den Gemeinderäten Brigola, Kersche, Kollenz und dem Stadtamts-vorstande Eberhartinger und Sekretär Schalon bestehende Studentenheim-Ausschuß veranstaltete sodann am 17. September 1900 eine große Eröffnungsfeierlichkeit, an der Se. Excellenz der Statthalter Graf Clary, Landeshauptmann Graf Attems und viele Abgeordnete, sowie die Bevölkerung der Stadt teilnahmen. Im ersten Schuljahre 1900/01 stand das Deutsche Studentenheim unter der Leitung des Gymnasial-Direktors Andreas Gubo, zählte 31 Zöglinge und zur Aufsicht war ein Präfekt angestellt. Im Jahre 1901/02 standen 44 Zög-llinge unter Direktor Gubo als Oberleiter, Gymnasialprofessor Dr. Adolf Brauner als Leiter und 2 Präfekten. Im Schuljahre 1902/03 stieg die Zahl der Zöglinge auf 63. Seit diesem Jahre ist Professor Dr. Brauner Leiter des Studentenheimes. Er hatte zur Beaufsichtigung und Nachhilfe bei den Zöglingen einen Ober-Präfekten und 2 Präfekten. Im Schuljahre 1903/04 zählte das Heim 73 Zöglinge und waren außer Dr. Brauner ein Ober-Präfekt und 4 Präfekten angestellt. Dieses Anwachsen der Zahlen zeigt wohl am deutlichsten, daß der gute Ruf des Studentenheimes immer weiter dringt und gerechtfertigt ist. Ganz ähnlich gestaltete sich die Entstehungsgeschichte des »Deutschen Mädchenheimes«. Auch hier reichen die Bemühungen des Gemeinderates und Stadtschulrates, für Pettau eine Mädchenbürgerschule zu erwirken, auf eine lange Reihe von Jahren zurück. Und alle Versuche blieben so lange fruchtlos, bis der Bürgermeister und Landtagsabgeordnete Ornig im steirischen Landtage das Versprechen gab, ein »Deutsches Mädchenheim« zu errichten, um die für die Bürgerschule notwendige Frequenz zu erzielen. Auf Grund dieser Zusicherung hat der steiermärkische Landtag am 12. Juli 1901 unter dem k. k. Statthalter Manfred Grafen Clary und Aldringen, dem Landeshauptmanne Grafen Attems und den schon oben genannten Landesausschuß-Beisitzern, zu welchen an Stelle Reichers Johann von Feyrer gekommen war, die Mädchenbürgerschule für Pettau genehmigt. Warme Förderer waren insbesondere Landes-schulinspcktor Wilhelm Linhart und Stadtschulinspektor Franz Frisch. Letzterer war es, der, als der Gemeinderat die mit dem Mädchenheim zu verbindende Fortbildungs- und Haushaltungsschule zu eröffnen beschlossen hatte, die ganze innere Organisation übernahm. Da nunmehr die Bürgerschule bewilligt war, löste der Gemeinderat das vom Bürgermeister im Landtage gegebene Versprechen ein, indem er in der Sitzung vom 8. Jänner 1902 die Errichtung des Deutschen Mädchenheimes, sowie der Fortbildungs- und Haushaltungsschule beschloß. An Stelle der obgenannten Gemeinderäte Brigola, Filaferro, Kersche und Wreßnig waren mittlerweile die Herren Matzl, Reisp, Dr. Schöbinger und Stering getreten. Die Gedenktafel im Flur des Mädchenheims erwähnt auch bei dieser Anstalt der werktätigen Mitarbeiterschaft des Stadtamtsvorstandes Eberhartinger und Sekretärs Schalon. Das Gebäude, dessen Stirne die Aufschrift trägt: „Bildet die Frauen, so bildet ihr die ganze Nation“, ist von dem städtischen Bauleiter Treo nach seinen und des Bürgermeisters Ornig Plänen erbaut worden. Die Pettauer Sparkasse spendete auch zu diesem Bau 40.000 Kronen. Am 19. September 1902 fand eine feierliche Eröffnung dieser Anstalt bei Beteiligung der obersten staatlichen und autonomen Behörden statt. Das „Deutsche Mädchenheim“ hatte zu Beginn des ersten Schuljahres 1902/03 30 Zöglinge; der Vorsteherin des Heimes, Antonie Kellenberger, waren drei Damen beigegeben. Am Schlüße des ersten Schuljahres waren 34 Zöglinge im Mädchenheim. Das nächste Schuljahr, 1903/04, hatte 61 Zöglinge aufzuweisen, die von der obgenannten Vorsteherin und 5 Damen beaufsichtigt und unterrichtet wurden. » ============= Zahlungsbedingungen: a) für das Deutfche Studentenheim: Monatliches Kostgeld von 60 Kronen, zahlbar im vorhinein mit Postsparkassse-Scheck oder Anweisung an das Stadtamt Pettau. Für den Unterricht in Musik und Fechten werden ganz geringe Extrahonorare berechnet. Für das Kostgeld von 60 Kronen wird den Zöglingen geboten: vollkommene Unterkunft und Verpflegung, Aufsicht und Nachhilfe, sowie das Waschen der Wäsche mit Ausnahme der Putzwäsche. b) für das Deutsche mädchenheim: Monatliches Kostgeld von 60 Kronen, zahlbar entweder vierteljährig oder monatlich voraus. Hiefür wird den Zöglingen geboten: Unterkunft und vollkommene Verpflegung, Aufsicht und Nachhilfe, Volksund Bürgerschul-Unterricht, französische Konversation und hauswirtschaftliche Anleitung. Schulgeld für den Fortbildungs- und Haushaltungsunterricht: monatlich 15 Kronen, zahlbar im voraus. monatliche Gebühren für nicht obligate Gegenstände: Naturkunde . . . . Geographie . . . . Geschichte.......... Stenographie. . . . Zeichnen und Malen Englische Sprache . Italienische Sprache . Klavierunterricht............................8 Kr. und 50 h Abnutzungsgebühr Violinunterricht...............................5 „ Sologesang................................... 6 „ Tanzen........................................20 „ Schwimmunterricht bis zum Freischwimmen . 4 „ Für mädchen, die die Fortbildungsfchule nicht beiuchen: Französische Sprache 6 Kr. Abnutzungsgebühr für Nähmaschine 50 h.