LATOROG EINE ALPENSAGE VON RUDOLF BAUMBACH DRITTE AOFLAGE LEIPZIG VERLAG VON A. G. LIEBESKIND 1881 109464 Dir, mački'ger Triglav, gilt viein Lied, mein Griissen! Dr d Haupter hebst du trotzig in die Ho h' Wie jener Goti, nach dem sie einst dich kiessen, Und jedes tragt ein Diadem von Schnee. Ich bin umstarrt von hundert Bergesriesen, Wenn sckivindelnd ich auf deinem Scheitel stek', Es lacht ein griin Geland zu meinen Fussen , Mick griisst Iialien uild dti blaue See. t In deinen Klicften wohnt die grane Sage, Es klingt ihr Sang so triih und doch so traut Wie eines-' Madchens leise Traiterklage; Und was sie mir, dem Wandrer einst vertraut, Sei zur Erinnrung an vergangne Tage Erzahlt in mdner Mutterspi-ache Laut. ©©©@©©©©®©©©©©©©©©©©©© Es kat des Triglavs dreifache Krov? Die Nacht mit Nebel umwoben; Jetzt steigt sie gi'ollend v on ihrem Thron , Die Sterne erzittern droben, Denn leuchtend iiber den Felsengrat Erhebt sich das brennende Sonnenrad; Da muss die Nacht entweichen. Iji Jliichfge Flocken sich zertheilt Der zvallende Nebelschleier, Und wie ein Taubenschwarm enteilt , Gescheucht von cinem Geier, So JlieEn sie v or dem Taggestirn, Und goldigroth ergldnzt der Firn Anf Konig Triglavs Scheitel. Da schiittelt den Thau der Tannenbaum Vom grauen Flechtenbarte , Da hebt das ICopfchen ans duftlgem Traum Aw'ikula die zarte. 6 Der kecke Enzian kiisst gesckivind Das holde , braune Bauernkind, Kohlroschen heissls mit Namen. Es koset mit dem Edehveiss Im weichen Sajnmetkleide Der Junker Rhododendron leis, Er prangt in rother Seide. Der steife Germer siekfs von feni, Er mochte thun wie jener gern, Doch wehrfs ihm seine IViirde. Und was da Fliigel und Fusse kat , Beginnt sich zu ruhren und regen. Es schwingt sich der Falter vom thauigen Blati Und Jlattert dem Lichte entgegen; Behaglich warmt sich auf dem Stein Die schillernde Natter im Sonnenschein; Es summen die bunten Kafer. Sein Morgenlied der Finke singt Aus dunkelgriinen Arven; Dazzvischen des Waldbachs Rauschcn klingt Wie ferne Aeolsharfen. Mit hartem Schnabel klopft und Jiackt Der griine JVeidmann Specht den Takt Am harlgen Tannenstamme. ■K 7 D as Eichhorn fdhrt in grosser Hast Am Stamm hinauf, herunter; Es springt der Bilch von Ast zu Asi Gar Jlink, gelenk und munter; Die Bergmaus ftfeift nach ihrer Art, Macht Mannchenf fiutzt sich' ihren Bart Und grabt und iviihlt nach Wurzeln. Und kock an schwindelnder Felsenwand An unersteiglicher Stelle , Da ast auf smaragdenem Rasenband Die fliichlige Berggazelle. — So ath7?iet Freud ’ und Frieden nur Die schlafgestarkte Kreatur Am Morgen auf der Koke. Was schzvebt dort droben im Aetherfrei In Kreisen enger und enger ? Das ist der wilde Gesell, der Weih. Nun hutet euck zvohl, ihr Sanger! DurcJds Dickicht schleicht der Wolf der Fuchs, Es kauert im Gabelast der Litchs Die Beute zu erhaschen. 8 Es klimmt ein Mann an der VVand empor , Er springt von Zinken zu Zinken , Er irdgt auf dem Rilcken ein Feuerrohr , Ein Messer an seiner Linken. Nun berge sich , wer sich bergeit kannl Der Fried’’ ist aus, jetzt hebet #n Das Wiirgen und das Morde7i. Durch das Dammerlickt des Tannenwaldes, Wo um grun bemooste Felsentriimmer Sich die braunen Wurzelschlangen ringeln, Wo des Alpenlattichs safige Busche Lustig spriessen Und der blciue Sturmhut , Schreitet leichten Tritts ein jtcnger Bursche. Trilg ’ er auch den Stutzeti nicht am Riemen, Nicki das Messei' mit dem Griff von Hirschhorn , Nicht am Hut die krumme SpielhaJmfeder , Jedei' sake doch beim ersten Anblick, Dass der braune Bursch ein zilnfiger VVaidmann. Sekt , wie fesi und sickier er den Fuss setzt • Jetzt auf Steingeroll und jetzt aicf Felsen, IVie er bald gestiitzt auf seinen Bergstock Ueberspringt im Bogenschzmtng die Runse , Bald am sckivanken Erlenstrauche schwebend Nieder gleitet von der steilen Felswand. Unter seinem Tritte iveicht der Stein nicht\ ^ 10 Kracht der halb verborgne, morsche Ast ničit, Knistert nicht das vodke, diirre Baumblatt. So nur wandelt im Gebirg das lis?ge Alpenwild und — der es ilberlistet: Nur die Gemse und der Gemsenjdger. * Wo die letzten Wettertanneji stehen Mit den langen, grauen Flechtenbarten , Wo am Boden ein Gavirr von Aesten Liegt, entrindet, lin und her gebogen Hier wie Schlangen, dort wie Hirschgeweihe; Wo die VValdesriesen Tam? und Fohre Weichen einem kruppelhaften Zwergvolk, Das die Felsenrippen fest umkrallend Trotzt dem Schnee, dem Sturm , der Schlaglawine; Dort f wo frei, von Bdumen nicht gehmdert Blickt das Auge nach des Berges Zinncn, Hemmt den ScJi7'itt der junge Gemsenjdger, Pruft den Wind mit aufgehoVnem Finger, Schaut zur Som? empor und dami zum Felskamm , Schaut nach jedem Vorsprung, jedem Grasband Und den dunklen Schatten, die das Krummholz Zeichnct auf die rothlichgraue Steinwand. Seltsam sind des Burschm braune Augen , Scharf wie Adler-, sanft wie Kinder augen, . II > Nieder auf den umgesturzten Baumstamm Sitzt der y Ruhig auch der goldgehornie Leitbock , Denn er weiss, es zvachen machfge VVesen Sorglich liber ihrem griinen Garten, Sorglich iiber ihrer zveissen Herde. Heut Abend geht es auf der Komna-Alm G ar lustig zu. Ein Gasi ist angekommen , Ein Gemsenjdger aus dem Tkal der Trenta , Und nicht mit leerer Hand. Der starke Gemsbock , Der dort am Haken kdngt, ist seine Beute. Und in dem russgeschuuarzten Kupferkessel , A11 dem mit rothen Zungen leckt die Glnth, Die wohlgenahrte, brodelt das Gescheide. Die braunen Hirten lagern in der Runde Und lecken liistern sich die bar?gen Lippen. Des Jbgers Augen gldnzen siegesfreudig , Dcnn noch ein ander Wild kam ihm zum Sc/tuss, Ein Wild, das mit des Fuchses List vereint Des Wolfes Gier, der wilde?i Katze Spamikraft. Auf einem Aste lag } s bereit zum Sprung, Verborgen unteAm Laub> die Lichter aber Zwei Kohlen gleich vendethen es dem fdger. Da flog in's Hirn, just zzvischen beide Lichter Die heisse JCugel des behendeji Schiitzen, Und todt am Boden lag der wilde Bergluchs. ^ 18 & nDaswar einMeistersckuss , ich muss Euchloben. »Nur Einen kemč ich , č&rlr gleich gethan „ /'tfr dreissig Jahren, und dcr bin ich selber. „ Jetzt bi?i ich alt , #>2 dan fliichfgen Wild. n Vor meinen Augen ast die scheue Gemse, „ Vir meinen Augen macht derHas sein Mannchen , „ Und langsam trottet vor mir her der Fuchs. „Gefdhrlich bin ich nur der Drossel und „Dem fetten Bilch, dem Weidevieh des TeufelsF Ein alter Graukopf spridit's undschiirt das Feuer Und vuirft VVachholderbeeren in den IGessel. So?ist schajft am Herd die braungezopfte Spela , Doch heute sitzt sie miissig auf der Bank Und lauscht den Reden, die die Mdnner fuhren . Des Kessels zoaltet heut an ihrer Statt Der alte Jaka , der die Schafe hiltet. Er hat sich dies als eine Gunst erbeten, Denn niemand weiss, so glaubt der alte Jaka , So gut wie er ein Wildbriit herzurichten. Jetzt fdhrt er mit der Gabel in den IGessel Undfischt ein Stuck , zerschneidet's mit dem Messer Und kostet , nickt befriedigt dann und spricht: „ Gesegn' es Gott! Langt zu, es wird euch schmecken. u Das lassen sich die hungerigen Hirten Nicht zweimal scigen; jeder nimmt sem Theil Und schlingt deii langentbehrten Leckei'bissen. Der alte Jaka aber geht bei Seite Uiid kramt in seiner Trnke; schmunzelnd kehrt er Zuriick arils Feuer, in der H and den Krug Gefiillt mit zuiirzigem VVachholdergeist. Der Alte ist sonst karg mit seinem Labsal, Allem das IVildbriU kat ihn zveich gestimmt, Dnini tkat er das , zvas morgen ihn gereut. Von Mund zu Mwide geht der Krug , und Alle Beloben das Getrdnk, nock mehr den Spender. „Nun Jidret michj begbmt der Alte zvieder, „Nun hort mich, junger Jager aus der Trenta , „ Was ich Euch rathe. Sekt, wir ziehen morgen , „Ich selber , Spela und noch sieben andr e „ Vor Sonnenaufgang in das Tkal hinunter, „Denn, zuie Ihr sicher zuisst , ist morgen Kirchtag, „ Und Jungfer Spela darfbečm Tanz nichtfehlen „Dann kommt das junge Volk aus allen Dorfern , „ Von alle?i Weilern, von den fernsten Almen „Zusammen in dem Hause unsrer Herrin , *3^ 20 J-t- j .Der reichen Frau Kathrina. Ihr gehort v Die grosse Herberg ’ an der Soc a-Brilcke, „ Vid Ackerland und Kuhe mehr als hundert. »Die hat Jur mor gen Abend uns geladen „ Zu Schmaus und Tanz. Geht mit, es reut Euch nickt. »Der feiste Gemsbock kommt ihr grad gelegeu, » Und wenn Frau Katra erst den Luchsbalg sieht, »D en rothen Pclz mit schzvarzcn Tigerfiecken, »Dann, Jager, glaubt znir, giebfs ein gutes Schussgeld. »Kommt mit, Ihr zaerdels sicher nicht bcreuen. u Der Jager nickt und^firicht: » Ich geli mit Euch. »Die Herberg ’ kani ich wohl am Soc a-Ufer » Und bin vor Jahren oftmals dort gezvesen, »Denn meine Pathin ist die alte Barba, »Die waltet in dem Haus als Schaffneidn. » Ich hab ’ Frau Barba lange nicht gesehen, »Dieiveil ich diente einem Ilerrn fiir Sold »Im Karnthnerland. Sie ist doch nicht gestorben ? u Der alte Jaka schiittelt mit dem Kopf: »Der geht es gut, Ihr zv er del s morgeji sehen »Mit eignen Augen . Also abge??iacht, 21 J*. ,fhr kommi mit uns. u Und grinsend fdhrt er fort: »Es giebt noch andres dort als alte Weiber »Zu sekan'11. Das Sprickwort sagi: ,Um altes Recht, » Um alte Lente und um altes Geld Solist Du dich allzeit kilmmern /‘ Doch ich meine , »Das Junge ist zuweilen auch nicht iibel. »Der Wirthin Kinddie blonde Jerica »Tst aus dem Kloster wieder hcimgekommen „ Und hilft der Mutter bei den Hausgeschdften. »Die solit ihr seh'n , das ist ein Kind wie Zucker , „ Und u — fdhrt erfort beddehtig , denn er sieht, Wie Spelas sdmiarze Augen zornig funkeln Und wie sie presst die nelkenrothen Lippen — „ Und wdre nicht ihr ILaar so fahl und flachsen, »So zvar' die schonste unter allen Dimen „ Frau Katras Kind — so ist sie er st die zzveite. u Der Alte spridit's, sein Auge lisiig zwinkert Die braune Spela an , und hocherrothend Zu Boden senkt den Blick die eitle Dime. »Kor' Spela u , hebt der Alte zvieder an , »Es geht dein Mundzverk sonst wie eine Miihle , „ Und heuie sitzt du stumm und stili ant Feuer , •fcj 22 >c* ): Lass unsren Gasi eins deiner Lieder koren . „Sing’ ims die Mare von der sckonen Vida, „ Die ubeAs Meer mit dnem Mohr en fuhr „ Spaniens Konigin. — Du kennst der Lieder r So viele — von dem Marko Kraljevič, >, Z Klepec und vom Kralj Majaš, »Der fern im Ungerlande schlafe7id sitzt »Am Steintisch in der Hohle. — Munter S pela V Die schorie Sennrin vjeigert sich im Anfang Nach Mddchenart, doch als der fremde Jager Sie freundlich bittet, lasst sie sich enueichen. Sie sprmgt empor und wirft die braunen Zopfe, Mit deren Seidenbdndern sie gespielt, Zuriick, ttnd von den nelkenrothen Lippen Erschallt es glockenhell wie Amselsang: S ekon Anka steki an des Baches Rand, Jung Janez steigt von der Felsenwand; Auf seinen Schultern ein Gemsbock ruht, Und griissend sekmingt er den griinen H ut, Geschmiickt mit Alpenrosen. Sckon Anka reicht ihm die Hand und lacht: Lass schauen, was kast du mir mitgebrackt? •H 2 3 J*. Nur E?izianglocken und Ehrenpreis , iVkr Felsennelken und Edeliveiss Und keine Tnglavrose. Jung Janez schiittelt das Hatt.pt und spricht: Weh dem, det' Triglavrosen bricht! Aus Zlatorog , des Gemsbocks Schweiss Erblitht das ivunderbare Reis, Die rothe Triglavrose. Der Jager , der erblickt von fern Des iveissen Bockes Goldgehorn, Kehrt um, denn ninimer darf er sekan'n Das Paradies der weisse?i Fratdn , Das Zlatorog behiitet. Und wer den Bock durch einen Schuss Verletzt , sem Leben lassen muss. — Schon Anka , dit mein Augenlicht , Verlange alles, eins nur nicht — Die rothe Triglavrose. Schon Anka ihren Mund vei'zog: Geh ’ mir mit deinem Zlatorog! Ei?i Bttrsch von echtem Schrot und Kom Verlacht der iveissen Fraue?i Zorn. Geh ’ bring mir Triglavrosen! -H 24 Js* Und bringst dit mir die Rosen nicht , Will ich dich leinger košen nicht. Guf Nacht jung Janez, gute Nacht! Schon Anka sprmgt davon tcnd lacht. Der Jager steigt zur Hohe. Schon Anka steht an des Baches Rand, Blickt zueinend auf zit der Felsenwand: Ob heut jung Janez kommen mag? Es ward schon dreimal Nacht und Tag y . Seit er zu Berg gefahren. Schon Anka, verhiille dein Angesicht, Jung Janez kehrt zum Thale nicht, Jung Janez liegt an steiler Wand, Jung Janez hali in der starren Hand Die rothe Triglavrose. IVohl manches Jahr zog iiber das Land, Nock steht schon Anka an Baches Rand, Und wenn ein Jager voriiber geht, Dami lachelt sie irr und bittct und jieht: Geh\ bring'' mir Triglavrosen/ 25 s*- Die braiine Špela kat ihr Lied geendet, Und lanter Beifall schallt von aller Munde. Der Trentajager aber nimmt vom Hut Die Blumen, die er sich am Morgen pjluckte, Und legt den Strauss der Sennrin in den Sckooss. .. Hab' Dank l u so spricht er mit er7'cgter Stimme, „ Hab' Dank fiir deinen Sang, doch zuillst du mir „Noch eine Gunst enveisen, schojie Špela, ,.So lass mick Jidren alles, was du weisst ,, Vom Paradies der guten, zueissen Frauen , „ Vom Zlatorog und von der Triglavrose. u Die schone Špela liichelt hochbegliickt, Sie steckt den Blujnenstrauss in's zveisse Brusttuch Und schickt sich an zu reden , doch da fallt Der alte Jaka eifrig ihr in's IVort Und spricht mit wicht'ger Miene: „Niemand weiss So gut wie ich vom Zlatorog die Mare, ,.Drum lasst sie mich berichten. — Jeder kennt Die zueissen Frati'n, die guten Rojenice, ..Die in de?i Bergen zuohnen und zuzueilen Die Schritte lenken 7iach der Me7ischen Hiitten Und Gliick u?id Segen spende7i. Selten sieht FAn Mensch das Angesicht der zueissen Frauen, Noch selt'ner aber darf ein Auge schauezi K 2 6 $*- »Den ezuig griinen Garten, (Vrem sie hausen. «Bin Gejusenriidel, weiss wie frischer Schnee , 5: Gefuhrt von dnem Bock i7iit golcPnen Krickeln, n Dem Zlatorog , behutet das Geldnde, » Ufid zvemi ein Mcnsch sich naht , dann rollen Sterne n Die Gemsen von der Wa7id, und Blitze zucken » Alt s ihres Fiihrers Goldgehorn , dass eilig »Der angstgeschreckte Mami zuriick sich voendet. »Gefeit ist durch der voeissen Frauen Zauber »Der Zlatorog, und wird er angesckossen, » Erbliiht aus seines Schweisses keissen Tropfezi »Das Zauberkraut, die rothe Triglavrose. „ V77i diesei7i Kraute asi der wunde Genisbock, » Und augenblicklich ist er heil wie fruher. »Drum wirdes einezzi Waid77ia7in nimmergliicken »Zu fdlleTi den gefeiien Zlatorog. » Geldngs ihm aber doch, dann freilich wdre »Sein Lohn ein grosser, denn die Zaubcrliohle »Im Berge Bogatin erschliesst das gofflne »Gehorn des Bockes. Siebenhundert Wagen » Ver77ibchten tiicht die Schiitze fortzubringen, »Die tief im Bogatin ve7'borgen liegen. »Das ist die Mdr vom Gezzisbock Zlatorog »Und vo7i der wunderkrdft'ge7i Triglavrose •5^ 2 7 Is* Der alte Jaka ist zn End\ D er Jager Blickt starren Auges in die Kohlengluth , Denn, was er horte^ giebt ihm viel zu denken. Die Sennen aber und die Hiiterbitben Ber eden lange noch die goWnen Sckdtze, Die in den Bergen ungehoben ruhen , Gehiitet von verzjvunschten Fraulein oder Von grausenhaften , siebenkdpjgen Schlangen . Vo?n Škrat auch sprechen sie, dem kleinen Kobold Im gritnen VVdmslein mit der rothen Kappe, Der , wenn er zvoki zvili , Gold in Fiille bringt . So sckzvatzen sie und zviinscken dies und jenes Und baueji brente Schlosser in die Luft. Der alte Schafhirt Jaka aber schiittelt Den grauen Kopf , und lackelnd spricht er: „ Freunde, „Bereitet euren Kas und melkt die Kitke „ Und sekaut, dass sich die Geisen nicht versteigeji. „ Um euch bemukt sick kein vej-zviinschtes Fr a ulein , „ Um euretzvillen riickt kein £ckatz nack oben , „ Um euretzvillen schleppt sick nickt der Škrat „Den Buckel krumm mit einer Last von Gold , . \ „Denn Bauern seid ihr , und der Bauer ist Y Zum Ungemach geboren. WoZlt ihr wissen, „ IVo/ier das kommt ? Gebt Acht,' ich wUPs euck kilnden: ,.Als unser Herr die Welt erschaffen hatte, j, Und sich von Tag zu Tag die Menschen mehrien, y Dci Hess durch emen Engel er ver kilnden , „ Erbitten moge sich jedweder Mann, „ Was ihm das liebste sei; es solP ikm werden. r Der Gospod kam zuerst zum Thron des Herrn Und sprack: Mein Goti, verleihe mir auf Erden „Bequem und gut. Und Gott geimhrt es ihm. Jeizt kam der Klausner. Gieb mir, bat auch er, ..Bequem und gut. Du kommst zu spat, sprach Gott, Y Das giebfs nicht mehr, der Gospod hafs ge- nommen. Y Dann, sprach der Klausner seufzend, brauchfs Geduld. „ Und Gott e7itschied: Wohlan sie soli dir werden. Y Zuletzt trat noch der Baiter v or den Herrn, Y Bequem und gut zvollt ’ auch der- Bauer haben. ,.Das giebfs schon Icingst nicht mehr, sprach Gott der Herr, ^ 29 $*. „Der Gospod kad s genommen. HintePm Ob' y Sich kratzt der Bauer. — Nun so brauckfs Geduld. ^Auck die, beschied ihn Goti, ist schon vergeben, „ Geduld kat sich der Klausner ausgebetm. ^Da rief der Bauer klagend: Wehe mir! „ Und Goli mtschied: Dir zver de, was dzt zvimschtest. ^So isds gekonunen und so wird es bleiben. ^Der Gospod kat es stets bequem und gut, ^Der Klausner kat Geduld, der Bauer aber . yHat Weh und Ungej?iach sein Leben langS Da lachten Alle kerzlick ob des Sckzvankes, Und weil das Feuer langst erloschen zvar, So suchte jeder zvoklgemutk sein Lager. Von goldnen Sckdtzen trdumten zvoki die Manner Von zveissen Gemsen und der Triglavrose. Die sckone Spela aber sak im Traum Nickts anderes als einen jungen Jager. Fran Katra hat viele Goste heiit, Bauerji und feine Herrenleut. Der Bi'atspiess hiarrt, der Kessel braust, Majich fetter Bisseu wird heut geschmaust, Heut wird gethan manch guter Schluck Idi Wirtlishaus aji der Soca-Bruck. Fj'au Katj'as Ruf reicht meilemveit, Bis Tarvis, Tolmein und Karfreit, So fein zu kochen niemajid weiss Den jungeji Hahn jnit dickem Reis, Kein Keller in Friaitl und Krain Umhegt so vielen edlen Wein, Dnini mundet nirgends so cin Schmaus IVie eben in Fran Kairas Ilaus, Geschaftig eilt sie her und lun, Ein stattlich IVeib mit rundem Kinn. Doch wie behend sie auch mag s ein, Viel jlinker noch ist ihr Tochterlem . •H 31 > Bald ist sie Jiier , bald ist sie da, B>ie schone, blonde Jerica. Wie neben dem Apfel ein Mandelkern, Wie bei dem Vollmond der Morgenstern, So nimmt sick neben der Fran vom Hans Die schlanke, bliihende Jungfrau aus. So oft sie schreitet durch die Thiir, Jedzueder Hals sich dreht nach ihr, Und zvem sie reicht die Schiissel dar, Der isst, auch zuenn er satt schon zvar, Und zvelchem sie das Spitzglas fiillt, Der Fink?s, zvenngleich sein Durst gestillt, Gehorsam aus bis auf den Grzmd Und leckt behaglich sich den Mund. Die strengeji Herren vo?n Gericht, Die sonst so hoflich eben nicht, Benehmen sich gar zart und fein Gegen Fran Katras Tochterlein. Ja selbst dem zviirdigen Kaplan Ida?s Jungfer Jerica angethan; Er schaut so blinzelnd freundlich drein Als zvie ein Kater im Sonnenschein. Die Wirthm zvirft den Kop/ zuriick Vor Mutterstolz und MiUlergliick. -Ki 32 Mittagessen ist zu End\ Sckon faltet der geistliche Herr die Hand\ Da bringt noch einen Krug hcrein Frau Katra voli Prosecco-lVein, (Em edler Tra?ik vom Meeresstrand Man muss ihn trinken mit Verstand.) Es fullen die FraiPn das siisse Nass In feines venetianisches Glas, t Sie klingen an, sie tkun Bescheid, Und aller Herzen iverden weit. Jetzt rauspert sich der Herr Kaplan Und hebt zu sprechen also an: „Es hat des Herr en milde Hand' j, Gesegnet Eures Hauses Stand. n In Eurer Vorrathskammer ruht n Hoch aufgehauft viel edles Gut; n Es dient Euch ein getreu Gesbid, Ihr habt ein tugendreiches Kind, } G ar hold und emsig. Eins jedoch „Fehlt Eure?n Gliick, Frau Wirthin, noch. „Es lebe — stosset Alle a7i — n Frau Katras kiinflger Tochtermann F 33 Die Glas er klingen voli und rein , Schon Jerica blickt ziichtig d'rein. PVas ihr die Herren reden vor, Sie hort es nur mit halbem Ohr, Blickt einen nach dem andern an. — Wird einer Frcat Katras Tochtermann ? Schon Jerica , noch ein Kind zur Frist, IVeiss nicht, was Mannes Liebe ist. Und sieh , da tritt vor die Gaste hin Die alte Borba, die Schaffnerin. Es schreitet ihr zur rechten Hand Ein schlanke,r Bursch im Jagdgezvaud, Und drdnge?id schieben sich hinterdrein Die Sennen der Komna zur Thiir herein. Der eine einen Gemsbock trdgt, Den sacht er auf den Boden legt, Dami tritt ein zweiter noch herfiir , Der hdlt ein todtes Katzenthier Mit buntem Fell ttnd buscttgem Ohr Am dicken , kurzen Schweif empor. Die Gaste und die beiden Fraidn Ervvartend auf den Jager schaidn , 3 < 34 Der aber steht vor Jerica Stunim wie ein Bild von Marmor da. Die Jungfrau senkt die Augen schnell, In die JVang 3 ikr steigt des Blutes Well\ Den Beiden ivard so wohl und bang, Die LieU sie zu einander zzvang. Da drangt sich aus der Hirten Chor Der alte Schafhirt Jaka vor. Zum Auskunftgeben siets bereit Dem stummen Jager die Znng’ er leiht Und giebt mit ivichtigem Gesicht Von allem 9 was geschettn , Bericht. Frau Katra mit dem Haupte nickt, Gar gnadig auf den JVaidmann blickt. Wie wird das Rauchwerk ikr so sc/ion Im Winter auf dem Kirchgang s teki n! Auch schmeichelt ihrer Eitelkeit Des Trentajagers Schiichternheit. Sie spricht zu ihm: „ Hab ’ Danki mein Sohn, „Nun kontni und nimm dir selbst den LohnS Darauf e7'schliesst sie ein Gemachi Und Alles drangt voli Neugier nach. 35 *- In einer Manernische Grund Ein schwerer Eisenkasten stund. D er Schliissel knarrt, der Deckel springt, Hei , wids v on Silberstiicken blinkt! Gar vielen, die da gajfend steEn , Vor Gier die Augen ubergeEn , Frau Katra aber blickt umker , Als ob sie eine Prinzessin war > . Sie winkt den ybger an die TraE Und spricht zu ihm: „Nun greife zu! „Soviel ist dein, als dic im Stand „Zu heben bist mit einer H and . u Der Jager lachelnd tritt zu der TruE Und schldgt den Deckel wieder zu, Ergreift behend mit der rechten Hand Den Eisenring an der Seitenwand Und sckmingt empor den Kasten schwer , Als ob es ein Sack voli Federn war > . Die Gdste staunen und Jlustern leis , Frau Katras rothes Gesicht wird weiss 3 Ihr scEones Kind blickt aber an Mit leuchtenden Augen den starken Mann 3 ^ 36 i*. Er zvare, triig 1 er eine Kron■ IVie Marko, der starke IConigssohn. Und der Jager sick zu den Gdsten kehrt: „Der Schatz ist mein, ihr habt es gehort; „ Und wenn ich die Last von hinnen trag\ „Kein Mensck daran mich verhindern mag. „Doch biet ’ ich aus freien Stiicken Euch, „Die Hand, Fraze IVirthin, zu?n Vergleich. ,.Ich lass ’ Euch Euere SilbertruR, ,Jch lass ’ Euch die Gemse, den Luchs dazu, „Dafern Ihr mir gonnt zzi beginnen den ReiRn „Mit Eurem jlachsharigen TochterleinE Der IVirthin, die schon verzzveifelt fast, Vom Herzen fdllt eine Zezztnerlast. „Es gilt, es gilt u , so ruft sie geschzvind, „ Jetzt, Jerica, zeig 3 dich als folgsazn ’ KindF Schon Jerica gliihte wie Abendroth, Als ihr der Jager die Rechte bot. Er fiihrte stolz sie aus dem Gemach, Schon Jerica nicht zjoidersprach. -*> 37 «**• Die Herrenleuf und das Gesind Belobten der VVirthin folgsam Kind , Im Stillen aber Jung und Alt D en Jager einen Thoren sekali. Frau Katra sperrte zvieder zu Mit zitternder Iland die SilbertruJi , Der Schreck jedock den ganzen Tag Ihr schzuer in allen Gliedern lag. Die Saiten schzvirren, Die Pfeife tdnt, Der Kienspahn Jlackert, Der Boden drohnt. Wer schwebt und dreht sich im weiten Saal Wie zvirbelndes Laub im Winde? Das ist der Jager vo7ii Trenta-Tkal Mit der JVirthin rosigem Kinde. Es zittert sem Herz, sein Auge lacht — Jager , Jager, nimm dich in Acht! Und der Jager leise zur Jungfrau spricht: — Und die braunen Wangen errothen — „Missgonne dem armen Burschen nicht „Die Gunst, die er kiihn sich erbeten; „ Ein Tanz ist schnell zit Ende gebrachtd Jager, Jager, nimm dich in Acht! 39 Die Geigen verklingen, da flustert sie leis: „ Und musste mit dir ich sckreiten „ Zum er sten Tanz auf der Mutter Geheiss, n So gewdhr‘ ich freimllig den ziveiten „ Und den dritten , den vierten — die ganze JVackt’ 1 — ytiger, jftiger, nimm d ich in Acht! Die Saiten schzvirren, Die Pfeife font, Der Kienspahn flackert, Der Poden drohnt. Und wieder umschlinget des Burschen Ar m Die Hiifte der lieblichen Dime, Es itmspielt sein Odem so lebenswarm Die blond umringelte Štirne; Das glimniende Feuer wird angefacht. jdger, ytiger, nimm dich in Acht! Wer schaut auf Tdnzer und Tdnzerin So finster und zor nesni uihig ? Das ist von der Komna die Sennerm, Sie beisst sich die Lippen blutig, Und es blitzt ihr Auge wie VVetter bei Nacht. ydger, Jdger, nimm d ich in Acht! 40 > Die Saiten scJmirren, Die Pfeife toni, D er Kienspahn jiackert, Der Boden drohnt. Vom Felsenhang Iris Tkal hinab Schaut der Jager , Gestutzt auf den Štab; Zu seinen Fiissen ■Unter dem Hange Die wilde Soča , Die Silberschlange, Hauser und Kirchen , Anzuschauen Wie iveisse Blilnilein Auf grunen Auen, Zu semen Hdupten Nebeldttft Und Felsenvogel Und blaue Lufl. „ Nicht um zu jagen „Erklomm ich die Hoti! „ Ziehet in Frieden heut „ Gemse und Rek! 42 n Das Blut mir zvalit „ Vir Freitd 5 und Lust; „ Aufjauchzen muss ich, „Sonst springt mir die Brust. „ Hort es, ihr Berge, „Euch ruj ictts zu: j ,Ich bin gliickselig, »Juhu, Juhu. F D er Jager ruft es, Es hallen zuruch Die Felsenzvdnde Sein junges Gliick. Das hort der IValdgeist, Der neckische, alte, Geisfiissige Čatež An sonniger Halde, Streicht sich den Bocksbart, Verzieht das Gesicht, Gutmiithig grinsend Also er spricht: „ JVenig Gefahr dreut „ Gemsen und ReEn, 43 2 *- „ Wenn Jager jauchzend n Auf Anstand geftn. „D er braune Bursck dort , jubelt so laut , y Hat wohl zu tief „Zn die Flasche geschaut, „Dass ihm der Wein n Den Versland kat getrilbt , „ Oder am Ende Jst er verliebtF GGGGGGGGGGGGGGG Wenn friih oni Sonntag Die Glocken tonrn, Brechen sick Nelken Des Dorfes Schonen. Dunkele Nelken An griinen Ranken An jedem Hanse Aus Scherben sclmanken. Jericas Nelken Schon seit JVocken Hangen am Nelkenstock Ungebrochen , Duften und welken Unberilhrt; Edlere Bluthe Ihr Goldhaar ziert , Bluthe die droben Geboren ist } Da wo der Himmel Die Felsen kiisst. < 45 > Jerica spiegelt Im Glas ikr Gesic/il, IViikrend in's Haar sie Edehveiss Jlicht; Grusst mit Ldcheln Ikr Spiegelbild , Ueber die rothen Lippen es quillt: „ Welcher Dime „Ausser mir „Schmuckt die Štirne „So seltne Zier? „ Welcher Bnrsche r Land aus, Land ein y Mag meinem Jager „ Vergleichbar sem ? „ IVer im Tkale ^Darf riihmen sich „ Ein Liebchen zu košen r So schon wie ick ? „ Giebfs von den Bergen „ Bis an das Meer „ Doch zwei, gluckselig Wie ick und er ? u -3šJ 4 6 j?<- klingen leise Die Kirchenglocken; Vom Spiegel sich vučndet Die Maid erschrocken, Und vor dem Bild Der Jungfrau. Marie Die schone Jerica Sinki in die Knie. Vom Haicpt sie nimmt Der Blumen Zier. „Die Silberbluthen, „Ich weike sie Dir. „Du Gottesmutter, „Du makellose, „Mick sundkaft Mdgdlein „ Nicki verstosse. „ Von Deinem Himmel , „ Wo Sleme gliiftn, „Blick gnadig nieder »Auf mich and ihn. „ O keiVge Jungfrau „ Voller Gnaden, „Den Liebsten sekir me „Auf seinen Pfaden , Und mir verzeihe, Weltkonigin , Dass ich so thoricht Und gliicklich bin. u Am vuilden Waldback Auf einem Stein Sitzt die braune Spela allein , Stiitzt mit der Idand Die gluhende Štirn, Sckwere Gedanken Mar tern ihr Hirn. „Bist du geboren „Zu meiner Qual, y Stolzes Blauaugelein „DPunten im Tkali „ Ziere den Leib dir y Mit ueeicher Seide, Glanze und pncnke n Mit Gold und Geschmeide , „ Lass' dir geniigen y Den bunten Tand — y Nack Felsenblu?7ien „Nicki 'strecke die Idand! ^ 49 „ JVas kat dezz Adler ,/zz’s Tkal gezogen ? „ Was kat den Konig y Der Berge bewogen , n Dass er voza Felsezzmeer „ Weit sick verirrt , n Dass er nach Taubenart „ Gurrt uzid girrt? „Lachen mocht ’ ich, „ Wezuz ich Um seh\ „ Thcit mir*s im Herzen „Nicht grizzimig weh! n In allen Fasern „DrazzgČs Um zu ihr , kanem Blick mehr, n Scfiaut er nach mir. „Sie ist die Herrin , „Ich bizi die Magd , „ Die arme Spela — geklagt! n Zum goWnen Horte „Izi Berges Schacht 4 •K 50 »Lasst mich gelangen , „G ds ter der Nacht! »Nehmt meine Seele » TJnd leitet mich hm » Zur Zauberhohle »Im Bogatini » V011 rothem Golde »Ein Schloss ich bau\ »Drin will ich walten »AIs Edelfrau. »Es blitzt Karfunkel »Und Diamant »In meinen Haaren, »An rudnem Gezvand. »Grafen und Fursten »Kommen geritten »Der braimen Spela »Gunst zu erbitten. »Aber ich zvarte, »Bis fr uh oder spat »Er an das Thor klopft, »Der mich verschmaht. » Wenn er der schmachienden S 1 > „ Aeugelein sati, „ Oder sem Liebchen „ Verrathen ihn hat, n Wird . er der braunen „Spela gedenken, „ Zn ikrem Hause y Die Schritte lenkcn. „Stekt er beschiinit dami y In meinem Saab, „ Will ich inich weiden n An seiner Qual, „ Will ich — ihm zitternd y Arčs Herze sinken, „ Von seinen Lippen T Seligkeit trinken . u »Sagi, Frcat Katra , was geschelin ist, „ Dass mit roth gezveinten Augen „ Euer Kind im Haus herumgeht, die Štirne runzelt „ Und kein gutes Wort mir gonnt? Ut cin Vetter Euch gestorben, n Eine Muhme oder Base , n Oder ist Euch. gar ein Stuckfass „ Wein im Keller Nachts geborsten ?“ Also frug die alte Barba, Und Frau Katra sprach dagegen , Sprach mit heftiger Geberde Und mit unmuthsvollem Ton: „Nein, kein Vetter ist gestorben, n Keine Muhme, keine Base, „ Und kein Stuckfass ist geborsten — „ Gott sei Dank — in meinem Keller. „Aber etwas andres macht mir „ Triib den Muth und schzver das Herz. 53 & „Schlajios lag ich in der letzten „Nacht auf meinem Lager , dachte „ An die reiche Zwetschenernte, „Die uns dieses Jahr bevorsteht „ Und an manches andre noch . „Plotzlich kor' ich ein Geftiister „Draussen im Gemiisegarten, „ Schleick ’ mož sachte an das Fenster, „ Und im Mondlichte seh’ ich „ UnteFm Fenster meiner Tochter „Mitten in dem schonen Kohlbeet „Stehen eine Mannsgestcdt. „ Wart ’ zVvfc zvili dichl sprach ich, langte „Schnell nach Stahl und Stein und Zunder „ Um die Lampe anzuziinden , zVz und Eile „ Schlug ich so mich auf den Finger, n Dass er mir noch heute wehthut . n Als der Zunder endlich Feuer „Fing und meine Lampe brannte , „ War die Mannsgestalt vei'schwunden „ Und der Garten stili und leer. „Leise schlich ich auf deti Zehen jjNach der Kammer meiner Tochter, *** 54 <** „ Traf das Kind im tiefsten Schlafe, „Fand das Fenster wohl verschlossen , j, Und ich dachte bei mir selber: „ du sahst, war nur ein Tratim. ^Aber heiite Morgen fand ick „UnteFm Fenster meiner Tochter „Neben manch zerquetschtem Kohlkopf „ Diese Schildhahnfeder hier. „ Und so wahr ick Katharina „ Heisse , und ein redlich Weib bin, „ Zeigen will ich, dass in meinem „ Hause keine Tachtelmachtel „Sind geduldet, s or gen will ich, „Dass kem hergelaufner y'ager „Mir bethort die eindge Tochter „ Und mir meinen Kohl zertritt. “ Also sprach des ITaitses Fferrin , Und die alte Barba nickte Mit dem grauen Tlaupt bedachtig. „ Wie mir 1 s ahnte, isfs gekommen u , Spricht sie, „und ick jmd ’ es billig, ^Dass Ihr etwas sauer Fr ein schaut, „Dass Euch uberlduft die Galle, 55 > „ Weil Ihr in der Nacht deti jmigen „ Trentajager miter'm Fenster „ Jcricas im Kohl ertappt habt. „Aber jfugend hat nicht Tugend. — »Sagt doch selber, Mutter Katra , „Habt Ihr , wenn vor zzvanzig Jahren „Euer spatrer, minmehr sel'ger „Eheherr an's Fenster klopfte — „Habt Ihr damals Lami geschlagen? j, IVie die Mutter spinnt, so webet „Auch die Tockter , sagi das Sprichwort> „ Und wie Euer Ruf ah Ilausfrau, „ Gattm eh'mals, jetzo Wittib „Bis in's neunte Dorf erklinget, „Aho wird auch Eure Tochter „ Allen Frauen sein ein Spiegel „ Trotz dem arg zertretnen Kohl .“ Milder schon gestimmt durch solche Rede sprach Fran Katra wieder: n Kab' es freilich nicht vergessen , ^SintemaVs nicht lang noch her ist, „Dass auch ich ein junges Blut war; „Driickte gerne auch ein Aug 3 zu , „ Ware nur der Bursch ein andr er! V < 5 6 S* „Aber dieser hergelaufne »Jager aus dem Tkal der Trenta, »Der auf Erden nichts sein eigen „Nennt als einen Kugelstutzen „ Und ein halbzerfalPnes Hauschen — „Dieser Bursche soli mein Eidam „ Werden? Nein und dreimal nein F Tlob Frau Barba ihren Finger, Sprach geheimnissvoll und fliisternd: n Schmaht mir nicht den Trentajager, „Schmaht mir nicht den braven Jungen! „ Wiisstet Ihr, was mir bekannt ist, „ Wiirdet Ihr wohl anders reden , Nicht verschliessen ihm die ThiirF Ruckt' den Sitz Frau Kafra naher Zu der Schaffnerin der alt en, Und voli Neugier fragt sie also: „Sprich, zvas zveisst du von dem Jager? n Kennt er einen Schatz im Berge, „ Oder bringt der Škrat ihm golčlne „Spahne wie dem Schmied von Tolmein , ,flat er eine Alraumvurzel ■„ Oder eine Schlang ’ im Haus ? u 57 * „Nichts von dem u 9 versetzt die Alte, „Doch es halten machfge JVesen „Schirmend iiber ihm die Hande; „ Wie dem Kindlein, menn es schlummert, r Fliegen scheucht die Hand der Mutter, „ Wehren sie von seinem Hanpte „Sorglich jedes Unheil ab. ■ „Mehr als vierundzmanzig Jahre n Sind verfiossen, seit den artnen „ Peter, unsres Jager s Vater „Man erschlagen fand im JValde. „Eine Tanne, die er fdllte, „Hatte ihm die Štirn zersclunettert. „Stumm vor Schmerz, die Hande ringend ^Kniete vor dem Christusbilde „ Žalika, des Todten Wittzve n Nacht und Tag, ein Bi Id des Jammers, „Doppelt elend, denn der Ar meti „Stand bevor die schwere Stunde. „Eines Abends nach vollbrackter n Arbeit sass ich noch am Fenster, „Blickte auf zum Sternenhimmel, ,,Dacht ’ an meinen Schatz, den Tine, •H 58 > ■ A Der — ich haffs Euch wohl erzahlt schon ? „ Gegen den verruchten Tiirken „Zog und nimmer wieder kam. „ Plotzlich sak ich einen hellen „Steni am Firmament erglimzen, »Den ich vorher nicht gesehen, n Und ich wusste, dass in dieser ^Siunde sei ein Mensch geboren. „ Žalika , gezviss sie ist es, „Die genesen eines Kindleins! n Dachf ich, und so schnell ich komite, „ Lief ich nach der Freundin Haus. n Leise trat ich an das Fenster, n Blickte durch die runden Scheiben , „ Und im niichsten Augenblicke „Sank ich bebend in die Knie , „Denn an meiner Freundin Lager n Standen raunend drei Gestalten , „Schleierweiss, v on Licht umfiossen, „ Und auf ihren Armen hielten „ Sie ein neugebornes Kind. Lange lag ich auf dem Boden n fm Gebet , und als ich endlich „ Wieder aufzuschauen wagte, 59 S*- „War es dunkel in der Kamin er, „A/ur die Lampe brannte triih. „Zitternd trat ich in die Hitite , „Fand die Mittier ruhig schlafend , „A T chen ihr ein Ueblich Kndblein, „Schdn v on iVuchs, in iveiches, weisses „Linnen sorglich eingekullt. „Also kam , ich kanrčs beschwoi'en „Vor dem Bilde des Erlosers , »Anf die Welt der voacJire Junge , „Der Frau Katras schone Tochter „Lieb hat und von ihr geliebt ist. „Aber der , an dessen Wiege „Einst die Rojenice standen, „Steht, so lang er frei von Schuld ist, „UnteBm Schutz der weissen Frauen; „Ihre milden Hdnde haufen „Gliick und Segen auf s ein IFaupt . „ IVollt Euch zweimal d'rum bedenken, „Mutter Katra , wohl bedenken, „ER Ihr den von hiinnen weiset „ Dessen Schritt vielleicht zu Eurem 6o ^ „Heil in Euer Hans gelenkt wa?'d „ Von den guten weissen FraičnF Also sprach die kluge Alte, Und Frau I^atra horchte sckweigend, Suchte schweigend d^rauf ihr Lager. — Guter Rath kommt liber Nacht. Kam am andern Tag der Jager, Trat befangen vor die Wi?'ihin, Bot mit ungewisser Stimme Felsenhiihner zum Verkauf an. Zog Frau Katra aus der Tasche Eine k-rumme Schildhahnfeder r Und mit ernstem Tone sprach sie: »Trentajager, kennst Du das?“ Schlug der Bursch die Augen nieder, Doch Frau Katra sagte lachelnd: „StecB die Feder auf den Hut nur, „KomrrC herein, du Kohlzertretei', »HaU dir manches zic vertrauen, „Komnč) im Hinterzimmer sind. wir „ Ungestort und unbelauschtF ♦*< 61 JVas die beiden dort verhcmdelt, Hat kem horchend Ohr vernommen Doch des Jager s Augen gldnzten Heller, seine Wangen bliihten Rother, als er mit gehoVner Brust an Frau Kathrinas Rechten Wieder aus dem Zimmer trat. Und der Wirthin Kinddie blonde Jerica, aus deren Aitgen Gestern Thrdnenbachlein jiossen, Blickte heut wie Maiensonne, Jubelte und sang wie eine Lerche iibeAm Waizenfeld. Und es ward von dieser Stunde In der Ilerberg ’ an der Brucke Wie der Sohn des Hauses selber Angesettn der Trentajdger. Neidisch blickte mancher reiche Bauernsohn des Soca-Thales, Neidisch mancher junge Stadtherr Altf den ar m en Gemsenjdger, Frau Kathrinas kitnfdgen Eidam. V -«J 62 Malig neigten sich die Tage, Und es kam der Mond des Laubfalls , Und nack diesem kam der kolte 'Winter mit dem Kleid der Taube Und dem Zahn des wilden IVolfes. Aber in des Jiigers Herzen Und im Herzen seiner holderi, Blonden Jerica war Frukling 9 Lichter Fruhling wie im grunen, Eisumstarrten Zaubergarten , Drein die weissen Frauen sind. Die weisse Christwurz stekt schon Idngst in Bliithe. Schon ringen sich aus durrem Latih die Spitzen Det' Anemonen und der Himmelsschlussel. Es schmuckt der Hornstrauch sich mit gelben Dolden , Und rosenrothe Haide , tausendblilthig Bedeckt den sonnenseifgen Beigeshang. Schon Idngst ist aus dem Thal der Fr ost gezvichen, Und auch am Schnee der Berge leckt der Siidwind, Ein war??ier Eohn — und Frilhling is?s im Land. Das lusfge Betlelvolk der blauen Meisen , Der winzig kleine , braune Winterkdnig, Die gelben Ammern und die Haubenlerchen Verlassen schimpfend Garten und Gekoft f Ihr Winterlager , utid zigeunermdssig Ergiesst sich it?s Geholz der bunte Schzvarm. Vom Meere her und vom Lagunenzuasser Der alten Stadt Aglar , vom Sumpf bei Tybein Und Mondfalcone ziehen die Geschwader •*» 64 Jw- Der Schwdne 9 Gdnse und der bunten Enten Im Dreieckfluge schreiend durch die Luft G m Norden nach des Flachlands stilleii Seen. Noch andre Wandervogel bringt der Friihling TE s Tkal der Soc a,fahrend Volkaus VVdlschland: Quctcksalber , Therictkkrdmer , Gaukler 9 Maler; Von Karfreit kommend (Caporetto heisst es In uuelscher Zunge) ziehen sie nach Tamis , Und in Fran Katras Ilerberg ’ an der Brucke Gehfs laut und lustig zu den ganzen Tag. Auch junge Deutsche im geschlitzten Wams 9 Am Bandelier den langen, spitzen Degen , Den Hut beschattet von der Straussenfeder, Die sich in Padua am Bom der Weisheit, Gelabt und nun als hochgelehrte Hei'ren 9 Magister und Doktoren heimzvdrts wallen , Erfrischen sich im Wirthshaus an der Soča Die allzeit durstigen Studentenkehlen. Die nimmer miide Wirthin regt die Ildnde Von fruh bis Abend, und mit jedem Gast Versteht die kluge Frau ein Wort zu reden, Das ihm behagt und ihm den Wein versussi. 65 S*- Doch wenn die venetiarischen Kramer kommen, Die reichen Herrn mit schwer bepackten Ro s s en, Dami hat Fran Katharina hundert Honde, Und was der Keller, was die Vorratkskammer Ver mag., das wird deti zvalschen Herrn geboten, Denn lecker sind sie und venubhnter Zunge Die stolzen Herrn der schuoimmenden Paldste. Der alte Jaka lacht gafiz eigenthumlich, Wenn Venetianer kommen in das Tkal. Er zveiss recht zvoki, zvarum die klugen IVdlschen Verlassen ikre schonen Marmorhauser Alljahrlich um die Berge zu durchstreifen. n lhr glaubt’ 1 , so spricht er zu den Fran'n und Mdgden, Die spat am Abend die Gesdiirre saubern Am Kiichenherd und ikre Spindeln drehen, Diezveil er selber Špane schnitzt von Kienholz — Y Ikr glaubt, die Venetianer ziehen handelnd „Den ganzen Sommer zvie die Bimdeljuden „ Von Dorfzu Dor f von einer Stadt zur andern ? ,, Oho ! Das zveiss • idi besser. Sekt die Kisten 5 «*! 66 Jk* „ Gefiillt viit Spiegeln und mit bunten Perlen , .,Die Seidenballen, die sie mit sich f Miren, „Sind bald verkauft. Was aber^fra/ ich, ireiben ..Die Venetianer denn bis in den Spatherbst? „ Warum denn k?'iechen sie durch alte Schluchten n D er Berge mit dem Hcmimer in de?n Gurtel? „ Warum denn schleichen sie um alte Bache „ Gleichwie die Otte,r, der verschmitzte Fischdieb? „ IVarum sie's thun? Siesuchen Gold undfinderCs, „Denn Gold in Menge liegt in unsren Bergen, T Nur weiss es nicht cin jeder aufzuspilren ' ./o gut wie jene klugen Venetianer. „Sie wiihlen aus der Er de und sie schmelzen „Aus Kieselstein und zvaschen aus dem Bachsand ..Das gelbe Gold und schlepperčs in die Heimat. „ Von meinem Vater hort 3 ich oft die Mare ,, Von einem Walschen, der den ganzen Sommer „ Im Hochihal Jezerca sich aufgehalten. ,, Den Zlatorog, der welssen Frauen Liebling, „ Umschlich er heimlich, trachtend nach den Krickeln „Des Bockes, die den unterird'schen Schatz y Im Bogatin erschliessen, wie ihr wisst. ..Da sah der Venetianer eines Tages ^ 67 ,, Den Goldgehornten , wie er sich die Štirn „ JVack Art der Gemsen und der zahmen Geisen Kampflustig rieb cin einern Felsenstiick. „ Und als der Wdlsche nach des Bockes Flucht y/ Der Stelle zusckritt, fand er auf dem Boden „Ein Jiimmernd Blattchen , zoinzig zvie die Schuppe y Der Bachforelle. Dock der kleine Splitter „ Von Zlatoroge Gehorn ■— fitr eine Saumlast „ Von Golde zvar* er nimmer feil grnesen y Dem Veneiianer, denn der Splitter zuard Zur Wiinscheh'uthe i und er fand die Pforte y Der Zauberhbhle und er fulite Sdcke „Mit gelbem Gold und trug sie heim nach Walsch- landP So spricht der Alte , und die Weiber horchen Mit offnem Mund und mancJie seufzt im Stillen. Da zsoendet sich zur blonden Jerica , Die emsig rdumt die Glaser in den Wandschrank , Die braune Spela, und mit kanilschem Lachen Fdalbleise spricht sie: „Deinem Trentajdger „ Gelang es, zvie mich deucht , bis jetzt noch nicht „ Vom Goldgehorn des Gemsbocks Zlatorog „ Zu finden einen Splitter in den Bergen. u 5 ’ 68 Und ar glos i nicht det' Rede Stachel spiirend , Virsetzt des Jager s Braut geheimnissvoll: „ Und dock, ich weiss es, kennt er wohl den Garten »Der Rojenice und die iveissen Gemsen. n Du lachelst Spela ? Sieh doch diese Blumen, »So frisch und duftigwie zur Zeit der Heumahd; „ Wo anders pjluckt mehi Trauter solche Bluthen »Als in der zueissen Frauen Zaul er garten ? u DiebrauneSpelalacht. „DasMarchenglaubstdu ? n Gdr manche Kunst verstehen sie, die Jager; „ Warum nicht die, im Winter frische Blumen »Zu zuchten? Glaube mir, der Zaubergarten , »Aus dem du deine Blumen ivahnst entsprossen, n Tst andres nichts , als ein paar Blumenscherben , »Die in der Kammer deines Liebsten steli n. u Drauf Jerica mit hoch erregter Stimme: »Aus dir spricht Neid. Es ist so wie ich sagte „ Dei' Trentajdger ist der eintfge Bursche »Im ganzen Lande, der es wagen dar/ »Der Rojenice Garten zu betreten. „ An seiner Wiege haben sie gestanden, **$ 6 9 r<* Die Schicksalsschzvestern mitden zueissen Schleiern; n Sie schirmen ihn vor Ungluck und Gefahr, v Er dar/ in ihren Bergen strajlos jagen »Das Rek, die Gemse und das hunte Steinhuhn; ,Jn ihrem Zaubergarten pfiuckt er Blumen, „ Und ich, ick trage sie in meinem Elaar. »So ist es, Spela, zvage nicht zu zzveifeln /“ Die braune Spela senkt die glatte Štirne. n Du bist die Herrin, und ich bin die Magd. »Du sagst: es ist so — gut, ick muss es glauben. » Dami abernimmfs mich Wunder,dassdein Jager, »D er klugen Rojenice liebes Schoosskind , »Stati goldner Kettlein und stati Perlenschniiren » Vom unterirdlschen Horte, den sie hiiten, »Dir Blumen nur und immer zvieder Blicmen » Von seinen Fahrten bringt zum Angebinde. »Die schonen Blumen, Edelzveiss und Steinbreck » Und Gemszvurz! Ja, dem Jager ist voli Zartsinn . „ j#//, denkt er, meiner Jerica »Das gelbe Gold, das blinkende Geschmeide? »Sie hat ja Geld und Gut in HuW und Fiille . »Mit Blumen schmilckt er ihr die blonden Elaar e, »Zum Brautgeschenke bricht er Alpenrosen „ Und zartes Edekveiss zur Morgengabe. »Fiirwahr, des Jager s BratU ist zu beneiden! :i So spridit die braune Spela , und bevor Noch Jerica ein Wort erwidern kann, Enteilt sie wie die Wespe nach dem Stich. In der Soca-Herberg ’ summds wie Bienen, Klirren Becker , schvoirren Mandolinen , Und im Takt, getragen von den Tonen , Sckzoeben auf und ab des TJiales Schonen, Schivebt auch Janca, wie auf der Welle Leichtbesckwingt die Jiinke Bachlibelle. Und die Tdnzer sind gar scJumickc Knaben , Haben wirre Locken , sclnvarz wie Raben, Bleich die Wangen, doch die Lippen bliihend Und die Augen hell wie Sterne gliihend. Aus Venedig kamen sie gezogen, Wo Paldste scJmimmen auf den IVogen; Vor der Herberg steftn mit edlem Gut Hochbeladen in der Knechte Hut Ikre Rosse , fiinfzig oder mehr , Und die Gaffer stehen rings umher. Rastend von dem Ta7iz ergreift die Hami Jericas ein schoner schlanker Fant , Fuhrt sie an den Tisch und schenkt ihr ein Goldigbraunm, siissen Cyperwein. ** 72 & IVie des Sprossers Ton , zvies Sekali der Glocken Klingt in ihretn O kr des WalscAen Locken: »Schones Madchen mit den gelben Haaren , »Muss vor Abend noch von hinnen fahren , »Aber denken zver d’ ich oft zuriicke »An da s Madchen von der Soca-Briicke, »An die Aeuglein, an die saphirblaiten , »An die rothen Lippen , anzuschauen » Wie Karfunkel, zart und kubi gezogen »Gleich der Wolbung an Cupidos Bogen. » Gieb , o Holde, ett ich zveiter fahre , »Eine Blume mir aus deinem Haare , »Dass ich sie zvie einen Talisman »Ezvig auf dem Herzen tragen kann. u So der Fremde , itnd die hochergliihte Jungfrait reicht ihm lachelnd eine Bliithe , Reichi ein Sternlein ihm , ein silberzveisses, Zartes Kind des eidgen Gletschereises. Ilastig je?ier nack der Bliithe greift, Von der Rechten dann ein Ringlein streifl, Und das Kleinod mit de?n rothen Stein Steckt er Jerica aEs Fingerlein. 73 S* „Denken solist du mein bei diesem Ref e, „ Wenn ich fern von dir die Welt durstrefef ER sich Jerica noch recht besann, Zieht ein Keitlein vor der fremde Mann , Knupft ihr um den Hals das blanke Ding., D 1 ran von feinem Gold ein Pfennig Jung; Stand ein Heiliger darauf geprdgt Und ein Lozve, zvelcher Fliigel trdgt. „Sollst das Kettlein um den NacJeen tragen Und gedenJzen mein in fernen Tagen. r Hordi! Die Lauten lodzen und die Geigen, Y ScJiones Mddchen Jzomm 5 zum fr oken Reigen ! u Spridit's undfasst die Jungfrau an der Hand, Aber plotzlidi steht er fest gebannt. Demi ein Jager , troizig und verzvegen Tritt mit festem Sehritt dem Paar entgegen, Spridit zu Jerica mit finstrem Blick: „ Gieb dem Kramer seinen Schmuck zuriick! „Niemand soli von meinem Mddchen sagen, „Dass es fremder Manner Gold getragen . u Stili im Saale wird's, die hellen Geigen Und die Ma7idolinen plotzlich schzveigen. 74 *> Rings im Kreis die fremden Gdste steli n, Hohnisch Idchelnd auf die beiden selin. Aber Jerica, vor Sekam ergliiht, Tritt zuriick, ihr At ege Funken spriiht. „ Trentajtigerf ruft sie spbttisck aus, „ Sprich, seit wann denn bist du Iderr im Haus ? „ Darfst diis wagen, und du kast's gezvagt, „Auszuschelten mich wie eine Magd? „Darfst du, Jager aus dem Trentathal, „Mich beschimpfeu hier in meinem Saal? „ Will doch sehen, ob ein fremder Mann „Mir befehlen und mich meistern kann ! u Draitf in ernstem Ton det' Jager spricht: IVas im Zorn du sprachst, ich hort es nicht. „ War wohl selber allzu barsch und kart. „Als ich fremden Schmuck an dir gewahrt, yStieg zu Hiiupten mir das heisse Blut, „Urum vergieb und sei mir wieder gut. „ Jerica, du meines Lcbens Gliick, ,, Gieb dem walschen Herrn sein Gold zuriick! „ Will dafiir dir Felsenblutnen bieten; ySieh, die rotheti und die zveissen Bliithen 75 ^PjUickt 1 ich droben ctnf dem Triglav nachten. „Schmiicke dir damit die blonden Flechten , jjAber, meine siisse Augenzveide, „ Gieb zuriick dem Fremden das Geschmeide /" Also spricht der Joge)', tmd die Štirne Schzveigend senkt die hoch erregte Dime, Denn bei ihres Liebsten Schmeichellaut VFirdčs ihr zvartn unč s Herz > ihr Auge tkaut, Und schon greift sie nach dem gold’nen Reifen Um ihn von dem Finger abzustreifen, Als zn Uzrem O/ir ein Kichern dringt, Das zuie Lachen einer Trudc klingt. Spela zvar es, und die Andre sie/it, Wie sie hohnisch ihren Mund verzieht, Und mit Hast und ohne Ueberlegen Ihrem Jager sprudelt sie entgegen: „Meinst du , dass ich gegen Blunč zind Bldttlein „Meiuen Goldreif tausche tmd mein Kettlein ? ySchwarzer Undank zodr 1 es, zuenn ich krdnkte „ Also den, der KetČ tmd Ring mir schenkte. „Hojlich muss der VVirthin Tochterlein. „ Gegm j eden Gast des ITauses sein: *5 76 „ Gegeri diese aber doppelt gern „ Bin icBs, denn es sind die wiilschen Herrn „Fein von Sitten und v er steli!n die Kunst „ Zu geminnen schoner Frauen Gunst „Besser als ein andr er, der mir taglich „Seufzend schwdrt: ich liebe dich unsdglick; „Der die Rojenice JHutter nennt, ,-,Der den goldhien Hort im Berge kennt , „Dem’s ein leichtes war\ mit Perlenschniircn „ Statt mit — Edelzaeiss sem Lieb zu zieren. n Lasd mich wieder zu den Gasten ge/in. r Lebewohl, bis wir uns miederselin. “ Spottisch lachend wendet sich die Dime , Und der Jager greift sich nach der Štirne , Wankt hinaus , die Hand zur Faust geballt; Hinter ihm ein lautes Lachen schallt. Schwindelnd lehnt er drausse?i an der Wand, Da berilhi't Um eine zvelke Hand, Und Frau Barba, die ihm nachgegangen, Streichelt ihm zvie einem Kind die JVangeu. „Nimm dir ihre Worte nicht zu Herzen! , Miidchenlaune gleicht dem Sch?iee im Md.7'zen; < 77 S* „Kdltend fallt er hent auf Baum und Kraut', „Morgen hat die Sonn ’ z7/2 weg gethaut, „Und vom Zweig\ der heute starrt’ v on Eis, »Pjlilckst du morgen Bliithen silbeiiveissP Grollend spricht der Jager zu der Alten: „ Gut vergleichst du Marzenschnee, dem kalten , „Ihre bo sen Worte , aber Schnee, „ Sch?iee im Frilhling thut den Bliithen weh! „Einer jungen Knospe, zart und weich 3 „ afer Trentajdgers Liebe gleich. „Morgen ist der Sonnenschein verloren „ An der Bliithe, uber Nacht er/roren. u Leise wiegt das graue Haitpt die Alte, Lacheln spielt um ihres Mundes Falte. „HoB ich u , spricht sie, „meinen ivilden Jungen, „Der den Bar en und den Wolf bezivungen, „Der den Luchs erlegt mit kaltem Blut „ Und dem Adlei' raubt die junge Brut, „Oder hoP ich einen Tauber klagen, „Dem der Fuchs das VVeibchen fortgetragen? „ JVirst am End\ du -kuhner Trentajdger, „Noch ein bleicher Mandolinenschlager, ^ 78 $*• „Der sein Liebesleid dem Monde klagt , „ Wenn sein Schatz die Lield ihm hat versagt? „ Mond-Ansingen mit v er dr eliten Augen »Mag fur jene wdlschen Kramer taugen , „Aber schlecht steki einem Jdgersmann, „D en der Wald gebar , das Klagen an. n IIock den Kop/ und keck und stolz den Blick, „ GeD du zn dem jungen Volk zuriick . „Musst nicht deinen Schm.erz und Kummer zeigen, r MiscJč dich lustig in der Gliste Reigen, Schaid mit keinem Blick nach Jerica , „Sind ja andr e schmucke Dimen da. „FuJir zum Tanz die Spela , thiA ihr schon, „ Wird das Lachen delnem Schatz vergeBn; Thrdnen kommen dami — ich kemd die Dimen — „ Und in Klagen ivendet sich ihr Ziirnen. „ Anfangs 'grollst du noch zum Schein, am Schluss „ Dolgi — ich weiss es — der Versohnungskuss. u D^rauf der Jager jinster blickend spideht: „Lachen soli ich , wenn das Herz mir bricht? „ War in Gift getaucht der spitze Pfeil , IVird die. Wunde niemals wieder Jieil. „ Was geschehen ist, das ist geschehen. n Lasd mich , Mutter Barda, lass ’ mich gehen. „Eilig scheiden zvili ich von dem Dach, j, z>z Scherben alV mein Iloffen brach , j, begraben liegt mein jnnges Gluck, ,,Aber, Jerica, ich kehr 1 zuriick / „Gelbes Gold, nicht Blumen soli ich bringen , „ Gut, ich zvili den Schatz im Berg erringen. ^Staunen solist du, wenn auf zveissem Pferde ..Ich vor deiner Thiire halten zverde, „ Wenn ich dir fur einen Becher JVein „/Idnde gelben Goldes zverde streil'n. „ Wenn du dann dein Aug 3 an Glanz und Glasi, r Sckdne Jerica , gesditigt hast, J; Will ich stolz mein Ross von hinnen treiben, „ Und du magst der IVdlschen Liebchen bleiben /“ Also ruft der Jager aus , und schnelle Ueberschreitet er des Ilauses Schzvelle, Eilt den Beigen zu mit Ungesiiim, Lusfge Saitenkldnge folgen ihm. Es kam der Fohn geflogen Zu kunden frohe Mdr: „Ein Konig kommt gezogen ..Aus fernen Landen her. n Er kehrt aus heissen Zonen „Mit Schwalbe i Storch und Schwan. u Da heben die Anemonen Ein Festgddute an. Da senkt das Kdpfchen mi/de, Gekiisst vojii warmen Wind, Die zarte Crocusbliithe, Des Winters blasses Ki/id. Da schutteln die Bldtter die durren, Die Eichen ab im Ilain, Die Miicken tanzen und schwin'en Im Mittagssoiinenschein. 81 j*. Und tausend Kerne springen , Und jede Knospe bricht; Das ist ein Drangen und Ringen Nach Leben , Luft und Licht. Und zvem im Herzen verborgen Ein Lied im Schlummer lag, Dem zvedet es der Friihlingsmorgen, Und jubelnd steigfs zu Tag. Idi mochte so gerne schzvingen Zum Himmel ein jaudizend Lied, Und muss dodi sagen und singen, Wie einer vom Leben schied. 6 Thauwind weht, und iausend Bachlein neseln, IVeisse Nebelwolken sinken nieder IVie geldhmte Vogel. Roth im Osten , Dunkelroth er gluh? s. Es naht der Tag. Von de??i feuchten Stein , aitf deu er gestern Abend seine matten Glieder streckte, Als die Dunkelheit ihn zwang zu rasten , Hebt der Jager sich und lasst die Augen Schweifen icber seine Ruhestdtte, Blickt empor dann zu den zveissen Spitzen , Fasst sein Jagdgerath und schreitet aufwarts. Sieh, da glanzt aus frischem , friihlingsgriinen Felsengras ein goldner Himmelsschlilssel , Und der Jager spricht mit trotigetn Lachen: „ Gutes Zeichen bist du, gelbe Blume, „Fiir den Mann dergoldnen Schcitzen nachspilrt ,“ Und er buckt sich , will die Primel brechen , Da bemerkt sein Aug ’ das schlichte Krautlein 83 Gundelrebe mit den blaueri Bliithen, Das er oft als Knabe hat gesammelt Fur den Heiltrank seiner siechen Mutter, U?id es wird ilwi warm und weich um?s Herz. „Mutter! u spricht er leise, und sein Auge Schimmert heller als der Thau des Morgens, Und er meint zu koren ikre sanfte Stimme, wie er sie vor Jahren horte: „ Kehr ’ zurilck ir?s Tkal, dein Mdddien wartet , „Keue, bittre Reue qualt die Arme, „ Kehr ’ zurilck in's Tkal, nodi ist es ZeitF Zaudernd steht der Jager. Hordi! da dringt Rufend eine Stimme an sein Ohr, Eme Frauenstimme: „ Trentajager, „ Hemm ’ den Fuss; Verderben winkt dir dr ob en! Und ein Weib, unkenntlich noch im Zwielidit Keuchend kommt den Berg herauf gestiegen. „ Jerica, zvar's moglich ?' ,i spricht der Jager, Und er eilt der Kommenden entgegen, Streckt die Arme aus sie zu umfangen, Doch er lasst sie plotzlich' wieder sinken, 6 84 Denn statt Jerica erschaut er Spela, Und mit abgewandten Blicken fragt er: „Sage Spela, was ist dein BegehrF Athemlos versetzt die braune Sennrin: „Komm' zuriick und lass ’ den Schatz itn Berge, „ Komni? zuriick und lass ’ die iveissen G e ms en, „ Lass’ den Zlatorog, den goldgehornten! „Droben in der iveissen Frauen Garten „Droht Verderben dir und Tod, ich weiss es. „ Komirt zuriick, du solist, du darfst nicht sterben! „Bin die ganze Nacht dir nachgegangen „Durch den Wald und durch die Felsenklippen. „ Trentajager kore auf die arine Spela; komnč zuriick, du darfst nicht sterben F Und der Trentajager blickt zu Boden, Fragt mit leiser, ungezuisser Stimme: „Spela, kat dich — sage mir die JVahrheit — „Hat dich — zver geschickt mich aufzusuchen ?“ In der Sennrin dunklem Auge blitzt es. „Nein, es schickt mich niemand. — Ach, du meinst, „Dass mich Jerica nach dir gesendet. < §5 ?*■ »Nein, du armer Bursche; als ich fortgmg, »Liess ich Jerica im Ar m des wdlschen „Kr amer s, der ihr Ring und Kette schenkteP Pester fasst der Jager seinen Bergstock, Pester beisst die Zdhne er zusammen , Und er hort nicht mehr , was Spela spricht. »Komni! zuriick iris Thal! lt so Jleht sie schmeichelnd , »Darfst nicht sterben , kiilmer Trentajciger. „Sieh, dein blondes Lieb hat diclt verrathen, „Hat die wiilsche?i Herim dir vorgezogen, »Und der falschen iibermiitJi'gen Dime „ Willst dein Leben du zum Opfer bringen ? „Sieh , du iveissfs ja liingst, ich bin dir gut, „Hab ’ dich lieb er als mein Augenliclit, „Hab * dich lieber als mein eigen Leben , »Lieber als die ew'ge Seligkeit. Kehr ’ zuriick mit mir; in meinen Ar men „Findest du, was dorten du verloren, „Dreifach wieder il — und mit leisern Flusiern Fahrt sie fort und senkt die Augenlider — 86 „Dienen will ich dir, 'šolanj ich lebe, „Dienen will ich dir wie eine Magd, „ WiWs auch — ohne einen Ring am Finger — „Hdrst du Trentajdger ? Komni zuriick! u In des Nebels wallende Gebilde Blickt der Jager, leblos starrt sein Auge, Und sein Ohr ist taub fur Spelas Rede. Wie aus iviisten Trdumen aufgeschreckt FaJirt e)' jetzt empor und winkt zum Abschied Kurzen Gruss und wendet sich zum Gehen. G?dmmer Schmerz durchzucketdesverschmdhten JVeibes Brusi. — Ein Schrei , dann schrilles Lachen, Dass die Felsen gellend imderhallen. Und der Jager korls , und Todesschauer Rieselt hali den Riicken ihm hinab. In der weissen Frauen Zaubergarten Gldnzt der er ste Strahi der Morgensonne , Zittert auf der Silberbrunnlein JVellen. Langsam offnen sich die Blumenkelche Um den Lichtqilell wohlig einzuschlurfen . 87 >- Spielend schwebt der rothgeaugte Falter Um die duflgen Bluthen heut zvie imnier. Scheuert Trities, mit gespannter Biichse , Bleich das Antlitz , doch das Auge gliihend , Schleicht der Tre?itajager durch die Biiscke, Ditckt sich hinter eine Alpenweide , Lauernd wie der schivarzgejleckte Bergluchs. Sieh, da regt sich's unter ihm im Strauchwerk , Und ans dichten Alpenrosenheckei-i Schreiten langsam v or die weissen Gemsen , Zlatorog voran , der goldgehornte. Wie aus weissem Marmelstein ein Bildniss Steht der Gemsbock auf er hab'nem Felsstiick , Vormurfsvoll zum Feind heidiber dugend , Und der Jager hebt das Todesrohr. Rojenice , gute, weisse Frauen Lasst erschallen eure Warnerstimme, Scheucht die Getnsen und umhullt mit dichtem Nebelthau . das Haupt des Unglucksel'gen ! Ach, es schzveigen rmgs die Felsenzodnde, Und die Sonne leuchtet hell und heiter. Eini7ial zoarnen sie, die Unsichtbaren, Einmal nur — und dieser zvar gezvarnt . 88 Krachend fdllt der Schuss, es bricht im Feuer Zlatorog zusammen, und zerstoben lst im Augenblick das Gemsenrudel . Zit der Stelle , wo der Bock gestiirzt ist } Eilt der Jager mit gewalt'gen Satzen. Aber siehda hebt der wunde Ge??isbock Sich noch einmal , und indess der Jager Hastig wieder seine Biichse leidt , Deckt sich im Gestein der schwergetroff'ne. Nach dan Schweiss am Boden spdht der JVaidmann, Aber statt der heissen, rothen Tropfen Sieht er v or sich purpurfarb'ne Blumen , Wie er keine noch zuvor gesehn. Auf die Blumen , gluhend wie Karfunkel, Starrt sein Auge, und er flilstert schaicde?'nd: ,, Triglavrosen ! IVehe , Triglavrosen ! ({ Doch er schiittelt. ab die Furcht, die blasse, Und er folgt des zvunden Getnbsbocks Spuren, Leicht zu finden sind sie f denn die blučgen Triglavrosen zeichnen seine Fdhrte. Hoher, immer hoher fiihrt die rothe Blumenspur, und keuchend folgt der Jager. ^ 89 Jetzt betritt sein Fuss ein schmales Grasband Rechts die Wand , die blaue Luft zur Linken , Unter iJim die purpurfartfne Tiefe. Da auf einmal hemmt den Weg ihm drohend Zlatorog , vom Zaitberkraut genesen. Blitze zucken um den gold’nen HauptscJunuck, Und geblendet steht der Trenta/ager. Kreisend drehen sich um ihn die Felsen, Kreisend alle schneegekronten Gipfel. ^ Jerica F erlonds von seinem Munde, „ Jerica!“ erschallt es tausendstimmig Aus den Felsen — und dami wird es stille. Stolz und langsam zieht der goldgehornte Zlatorog bergab. Dej' Weg ist frei. Horch , wie. der Fohn durchbrciust die Nacht, Horch , wie im JVald die Tanne krachtl Wehe, wehe dem Unglucksmann , Trijft ihn der Sturm in den Bergen an> Betel ihr Frauen , betet! Jerica ringt sich die Hande wund , Jerica betet viit bleichem Mund , Bdet und schluchzt: „Vergieb, vergieb! „Hab ’ dich so lieb, unendlich lieb; „Kehre zuriick, mein Trauter! li Zweimal kam und schwand die Nacht; Sturmwi?id schweigt, die Sonne lacht. Gaffendes Volk auf der Brucke sieht, Hoch die schaitmende Soča geht , Jerica starrt in die Wogen. Gurgelnde Wirbel das iVasser zieht> Rauscht ein schauerlich Traiierlied, 91 Js- Und es trdgt einen todten Mann Mit zerschmetterter Štirn heran. Jerica, kennst du den Todten ? „Kennst du den Todten ?“ so ruft voli Hohn Špela, die Senrdrin mit voildem Ton; „Dic/i katt’’ er lieb, mir war er versagt, „Und in den Tod kast du Um gejagt. „ Wehe dir, Mdrderin, wehel „Aber war er im Leben dein, ,,Soll er mein eigen im Tode sein. „Berge ade und du blumige Aid, „Sonne so hell und du Himmel so blau! „Bitf fur 7?iich heilige Jungfrau! u Und von der Brucke hochragendem Band Springt sie mit jliegende?n Haar und Gezuand. Schimmende Kreise die Soča zieht, Brauset und rauschet ein Hochzeitslied. Schlaft und traumt in Frieden ! Der Schnee verging , die Nachtigallen sangen , Der Mond des Niedergrases war zu Ende , Und ungeduldig brummte in den Stallen Das Viekf sich sehnend nach der Alpenweide. Da brackten in das Thal verstorte Hirten Die Schreckenskunde, dass die grunen Almen Des Triglav allesammt verschvounden seien. Und Wahrheit vvads. Wo eJimals fette IViesen, Besdt mit Sennerhutten, stundemveit Sich streckten, lag ein Meer von Felsentriimmern. Das kat der Gemsbock Zlatorog gethan; Mit seinen Hornern hat er aufgewiihlt Die fette Scholle, als die Rojenice Gekrdnkt von dannen zogen und mit ihnen Die Hiiter ihres griinen Zaubergartens. WoJiin sie gingen , niemand hat" 1 s eifahren. — Es giebt im Hochgebirg noch maneken stillen, Versteckten Ort , den nie ein Mensch betreten. < 93 *• Der gol (V ne Hort im Berge Bogatin Tst bis auf dlesen Tag noch nicht gehoben, Nach siebejihundert Jahren aber wdchst Im Felsenmeer des Triglav eine Tanne, Und aits dem Holze des ermachdnen Baumes Wird man zu einer Wiege Bretter sagen, Und in der JViege wird der Knabe liegen, D er einst gelangt zum Schatz im Bogatin. BEMERICUNGEN Die slovenische Alpensage, welche den Kern der vorstehenden Dichtung bildet, lebt noch bei alten Hirten im oberen Tkal des Jsonzo (slav. Soča) und wurde meines Wissens zum ersten Mal von K. Deschmann in Laibach mitgetheilt. Die Sage von der bluhenden Alm, voelche von der iiber einen Frevel erziirnten Gottheit miter Gletschereis oder Felsentrilmmer begraben wird, kehrt in allen Theilen des Hochgebirges tvieder und so auch in den julischen Alpen , wo sie sich an die oden Felsenmeere des Triglav (Terglou) knupft . Da sie hier in slavischem Gewand auftritt, durfien dem deutschen Leser einige Bemerkungen , namentlich iiber die in dem Gedicht ervoiihnten slavischen Ddmonen nicht unwillkommen sein. — Die meisten der nachstehenden Erlduterungen •*£ 95 S*- sind einer ethnographischen Skizze »die Slovenen il von W. Urbas entnommen. Die Rojenice, drei schone, isjeissgekleidete Frauen (Schzvestern) sind die Schicksalsgbitinnen der Slovenen. Sie wohnen kock ob en im Gebirg und schiitzen , gleich den saligen Frdidein der deutschen Alpensage, die Armen und Bedrdngten. Zuweilen erscheinen sie auck im Tkal und stehen verlassenen Frauen in der schweren Stunde bei. Sie kommen in der Nacht um dem neugebornen Kind sein kiinftiges Schicksal zu bestimmen , doch nur das Urtheil derjenigen, die zuletzt gesprochen , gilt, und diesem kann niemand entgehen . Sie halten dabei brennende Kerzen in den Hcinderi sind aber nicht imnier sichtbar; am / haujigsten sieht sie die Warterin, ein voriibergehender Wandrer oder ein Armer , dem ein Nachtlager gewdkrt wurde. Von den Vile (in der dlteren Sage den VValkiiren , in der neueren den Feen vergleichbar) sind die Rojenice verschieden. Der Škrat ist ein kleiner, rauhariger Kobold. Er tragt eine griine jfacke und ein rothes Kiippchen mit langer Quaste. Im Ganzm genommen ist er den Menschen freundlich gesinnt; er fuhrt 9 6 seine Giinstlinge zu verborgenen Schdizen oder schleppt ih?ien gar Gold m*s Plans. Nicht selten aber tritt der Škrat auck als Spukgeist auf. Er kanil es nicht vertragen, dass man im Wald laut lacht, und dem, der dies thut , springt er in die IPaare. Zuweilen veruoandelt er sich auch in eine Flamme und fahrt durch einen Schornstein. In den Dolinen . (trichterfor- migen Einsenkungen des Kdrstplateaus) hdlt er sich nicht ungern auf. Da hockt er auf dem Grund und speist Polenta aus einer irdenen Schussel. Man muss sich daher hiiten in eine Doline einen Stein zu werfen, denn trifft man die Schussel des schmausenden Berggeistes , so ergehfs einem tibel. Der C at e z ist wie Pan halb Mensch , halb Bock. Er ist grosser als der Škrat und mehr dltlich. Oft wollen ihn die Burschen gesehen haben, wie er auf den steilsten Felsen hockte und sich sonnte. Dem Plolzhauer bringt er frisches IVasser, dem Sennen Beeren und thut niemandem etwas zu Leide, zvenn man seiner nicht spottet. Hdhnt man ihn , dann zrnZzt er ungeheure Felsen in die Tiefe und begrabt ganze Gehofte mit Menschen und Vieh. 97 S* Was die Sagenstojfe anbelcingt, deren der alte Schafhirt beim Schmaus auf der Komna-Alm gedenkt, so verzveise ich bezuglich der schonen Vida auf die Volkslieder aus Krain von Ana- stasius Griln. Die Sagen von Peter Klepec u. a. deren Bezirk Innerkrain und die Gegenden an der Save und Kulpa sind — Sagen von Marinem , die durch ikre Riesenstarke im Stande zjvaren ein Saumpferd mitsammt der Last zu heben, zveisen auf die Grossthaten der Slovenen in den Tiirkenkriegen , zvenn nicht sogar auf die Avarenkampfe zuriick. —* Kralj Matjas vermuth- lich Mathias Htt7ijady (Corvinus) ist neben dem Konigssohn Marko der gefeiertste ILeld der Siid- slaven. Ein Lied lasst ihn sogar, mit da' Geige in der Hand, zur Holle steigen, um seine todie Ge- liebtc herauf zu kolen , was ihm freilich , da diese untej-zuegs das gebotaie Siillsckzmgen brickit , cbenso zvenig gelingt, wie Orpheus mit Eurydike. Ja der Sage nach ist dersclbe noch gar nicht ge - storben , sondern schldft nur sa?nmt semem Ilecre m einer Grotte im tiefen Ungarn. Erst zverin sein Bart siebenmal um den Tisck, an dem er siizt, gczvachsen ist , emuacht er und kommt 7 98 £*• mit seinen Knegern wieder hervor, um die Slaven zu bcfreien. Vielen unverstandlich diirfte wohl dcr Aus- druck „ VVeidevieh des Teu/eh “ sem, dessen sich der plaudernde Schafhirt bedient, als er von dem Bil c h (Siebetischldferj spricht. Diese Nager leben in deti Buchenwaldern Krains in ungeheurer Menge. Ihr Fleisck wird genossen, und aus ihren silbergrauen Fellchen werden Miiizen ver- fertigt. IVenn die behenden Thierchen in deti Kronen der Baume hin und ker fahren, sagi der slovenische Bauer: Der Teufel treibt die Bilche. In dem Gesprach , vtelckes die Wirthin und die alte Barba fiihren (Seite 55J, ist von dem neunten Dorf die Rede. Dasselbe bezeichnct eine sehr grosse Entfernung. In Sagcn und Mdrchen ist oft die Rede von dem neunten Land, der ultima Thule der Sudslaven. — Ebetida - selbst spricht die Schaffnerin: „ Pl dtzhch s ah ich eitien hellen Štern am Firmament ergldnzcnd Die Slovenen sagen: IVenn ein Mensch geboren wird, so entsteht ein neuer Štern am Himmel, denn jeder Mensch hat seinen Štern. ► j < 99 Dos Fallen einer Sternscknuppe bedeutet folge- richtig den Tod eines Menschen. Andere dem Volksaberglauben entnommene Redensarten z. B. die Frage der Wirthin: „Hat er eine Schlang 3 im Hans?' 1 und die VVorte, die der Jager beim Anblick der Primel (Schlussel- blu?7ie) spricht , bediirfen wohl keiner Erlduterung , vielleicht aber die Ausdriicke „ der M on d des Laubfalls u und „der Mond des Nieder- grasesF Der Slovenc benennt die Jahreszeiten nach den Erscheinungen und Vorgangen in der Natur oder 7iach der Hun jeweilig zufallende7i Beschdf- tigiuig. Der JVmter ist ihm die Zeit des Frostes , der Friihlhig die Zeit der Verju7igu7ig, der Marž heisst der trock7iende i der Aprd U7id Mai sind ihm die Monde des Ni e d er- ttnd des Nochgrases, der Juli imd August heissen der kleiiie tmd der groš se Sichel77i07iat, der Septc77iber heisst der si eh neige7ide , der November heisst der Moriat des L a it bfali s , der Deze7iiber ist der verzehre7ide Monat. Was dievorkoiiunenden Eigennamen U7id der en Aussprache anbelangt , so ist zit bemerken , dass T 100 >€• Jerica aus Gertntd , Spela aus Elisabeth, Žalika aus Rosalie, Anka aus Amid und Tine aus Valentin gebildet ist. — Gospod heisst „Herr.“ c wird immer ausgesprochen wie das deutsche z , c wie tsch, s wie ss, s wie das fran- zbsische ch\ z wic das franzosische z, z wie das franzosische j. Noch eins: Zmveilen fragen mich wissbegierige Leserinnen nach dem Schicksal der blonden Jerica. Ich gebe hiermit die trbstliche Versichentng, dass Jeiica ein Jahr nach dem Ungliicksfall einen IVirthssohn aus Tarvis geheiratet hal und in hohem Alteiumgeben von Kindern und Kindes- kindern sanftselig ^eslorben ist. R. B. <*r*° Stereotypdruck von IV. Drugnlm' s Buck - und Knnstdrnckcrei in Leipzig. Verlag von A. G. Liebeskind in Leipzig. Zlatorog. Eine Alpensage von RudolfBaumbach. Leipzig, 1881. 3. Aufl. M. 2. brosch. Urtheile der Presse: Deutsche Rundschau •• Kein Detail dieser bal d lieb- lichen, bald erbabenen Bilder entgeht seinem Griffel, und doch verstimmt keine peinlicb minutiose Ausfiihrung, vielmehr erhebt tins die Poesie einer kiinstlerischen Ge- staltungskraft und lasst auch im' gedruckten Wort die kraftige Luft und den ganzen Zauber der Alpenwelt voli empfinden. Gleich trefflich wie in seinen Natur- schilderungen, von denen besonders das Ervvachen des Morgens in der Einleitung durch Empfindungswarme und stimmungsvolle Farbung fesselt, erweist sich Baumbach’s Talent in der Charakteristik seiner Haupt- und Neben- personen, die, dem Ganzen harmonisch verbunden, den Volksstamm, dem sie entsprossen, treffend reprasentiren. Die Sage von dem Gemsbock Zlatorog, der auf den Hohen des Triglav einen Schatz hiitet und, von einem Menschen verfolgt, unmuthsvoll die griinenden Almen mit Felsen- trummern iiberschiittet, ist gliicklich mit einer Herzens- geschichte verkniipft, in der die Tone inniger Liebe und vvildlodernder Leidenschaft machtig anklingen. Den Ein- druck der Dichtung erhoht noch das meisterhaft behandelte Metrum, dessen Rythmen mit dem, was behandelt wird und ausgedriickt werden soli genau iibereinstimmen. Grenzboten: Die freudige Frische, mit vvelcher der Verfasser die grossartige Naturschonheit der Alpen schildert, die feine Charakteristik der Haupt- und Nebenpersonen, der Stimmung und StofF geschickt angepasste Wechsel des Metrums, die Leichtigkeit der Verse und die Kraft der Sprache sind gleich anmuthig und bedeutend an diesem kleinen Buche, welches der Verleger in Druck und Papier mit gewohnter Sorgfalt ausgestattet hat. Hehngartcn: Was diesen Dichter vor anderen aus- zeichnet, worin das Geheimniss seiner Wirkung liegt, das ist so schwer zu sagen als es schwer ist, anzugeben, was uns denn, eigentlich bezaubert an einer Bergesquelle, an einer Waldblume oder an einer ziehenden Wolke. Es ist eben jener Reiz des Unsagbaren in B.’s Poesie, wie er Allem eigen ist, was rein aus dem Bom der Natur quillt. Man kann es ,,Frische“ nennen, wenn man will, man kann es mit dem glanzend reinen Griin einer soeben aufgebrochenen Blatterknospe vergleichen. Es ist im „Zlatorog c ‘jene reiche und doch natiirlich, leicht, un- gezwungen fliessende Ader, welche den Bliithenlenz eines hervorragenden Talents kennzeichnet. R. Ham erling. Magazin /ur Literatur des Auslandes: Das Btichlein ziih.lt durch seine klassische, echt kiinstlerische Form unter die bedeutenderen, ja bedeutendsten Erscheinungen auf dem Gebiete der epischen Lyrik, die uns seit lange zu Gesicht gekommen sind. . . . Einer Marmorstatue von makelloser Schonheit mochte man dies Gebild vergleichen, wenn es nicht vom bevvegten Leben erfullt ware. Und bei allem Glanz und Gefunkel keine Špur, kein Anhauch von Schnorkeln und Ausladungen, von rhetorischem Auf- putz. — Der Dichter hat sich als einen wahren Meister der Form erwiesen: ware es bloss die Tadellosigkeit in dem so angenehm abvvechselnden, je nach der Stimmung abgewogenen Rhythmen, so wiirden wir ihn einen Virtuosen nennen — aber seine Formen spriihen von Leben, sie tragen und wiegen einen angenehmen Inhalt, sie spiegeln eine wirkliche Empfindung, eine acht dich- terische Anschauung — und darum stehen wir nicht an, dem Dichter den Ehrentitel eines Meisters zu geben. Lieder eines fahrenden Gesel len von Rudolf Baumbach. Leipzig, 1881. 3. Aufl. M. 3,20. brosch. Urtheile der Presse: Gegenueart: Eine reizende Munterkeit und Frische zieht durch diese „Lieder*' ein voller urvviichsiger Humor. Es ist ein ausgezeichnetes, hervorragendes und liebens- vviirdiges Talent, das uns da entgegentritt, ein Talent das noch Vielen Freude bereiten wird. Paul Lindau. Ueber Land undMeer: Dieser Geselle ist ein kecker, jugendlich bliihender, geistreicherMann von schopferischer Phantasie, feinstem Gefuhl, iibersprudelnder Lebenskraft und einem Schonheitssinn, wie er bei fahrenden Sangern wohl selten gefunden werden mag, und ali’ das verbunden mit geistvollen Humor gibt seinen Liedern dies Schimmern, Leuchten und Funkeln, diesen Farbenschmelz und diese Thaufrische Als wirklicher Sanger von Gottesgnaden macht B. nicht Verse, bei denen Gedanken und Gefuhle nebenherlaufen, — er singt ein Begegniss, eine Lebens- situation, eine Lebenserfahrung aus seiner feingestimmten Seele heraus, verkorpert sie zu einem bezaubernden Bild und rundet dies mit grossen Schonheitssinn zu einem Miniaturgemalde mit tiefer logischer Perspektive ab. Diese Lieder werden dem Bruder Studio ebenso das Herz bewegen und die Sinne bezaubern, wie der Dame im zart- gefarbten Rococoboudoir, sie sind fiir den Salon wie fiir die Waldeinsamkeit, fiir gesellige Kreise, wic fiir das Studirzimmer des Gelehrten. JSTeue freie Presse (IVien): Der Uebermuth einer lustigen Burschenjugend rauscht in den Blattern dieses Kranzes, den der ehrsam einsichtige Zechwirth ausstecken darf mit dem Motto: „Gediehen ist der weisse \Vein, der rothe ist gerathen!“ Denn der Wein ist des fahrenden Gesellen Trost und Schiboleth, ihm gilt sein Preis in hundert Varianten, und dass solcher nimmer atfsgesungen werden kann, das beweisen diese Lieder; sie tonen nicht in altbekannten Weisen, sondern haben ihren eigenen Klang. Es ist so viel Schones und Anmuthendes darunter, dass wir sie unbedenklich hoch liber jene pointirten oder carrikirten Gaudeamus - Gesange stellen, welche in neuerer Zeit bei der von Worten leicht wie vom Weine berauschten Jugend so viele Sympathien ervveckt haben. Neue deutsche Dichterhallc : „Ich habe nun des trocknen Toneš satt!“ Das ist ein kostliches Buch voli kraftigen frischen Humors, ganz dazu angethan, (las wehmiithige Geftihl, dass uns beim Lesen zahlreicher neuer Literatur- erscheinungen beschleicht, auf einen Augcnblick zu ver- bannen. Die frische, derbe, ungezwungene Schreibart des Dichters iibt einen unwiderstehlichen Reiz auf uns aus, und es lasst sich dreist sagen, dass in jedem seiner humoristischen Lieder ein Ton angeschlagen ist, der uns die gute Laune Baumbach’s in ein glanzendes Licht stellt. Der frohliche Poet erzwingt kein lautes Lachen, aber er weiss ein bestandiges Lacheln auf unsern Lippen zu er- halten. Er trinkt Wein, der Dichter, jedoch mit Verstand wie Mirza-Schaify. Die humoristischen Lieder sind vor- \viegend, aber der „fahrende Geselle“ kann auch ernst sein und versteht, was Wenigen gegeben, unter Thranen zu lacheln. Wilhelm Hoppstadter. Grenzboten: Baumbach ist ein ausgesprochenes dichterisches Talent. Die deutsche Lyrik ist nicht allzu- reich an Dichtungen, in denen kunstmassige Poesie und volksthiimliche Kliinge in so gliicklicher Weise mit ein- ander verschmolzen sind wie in seinen Liedern. Bald heimeln sie uns an wie Volkslieder aus dem 16. Jahrhundert, bald meinen wir gar einem alten Minnesinger zu lauschen, und doch ist nirgends eine Špur von jener manierirten Alterthiimelei darin, die sich jetzt aller Orten in der ,,kulturgeschichtlichen“ Poesie — Roman, Novelle und Erzahlung in Versen •— in so geschmackloser Weise breit macht. Die Ankliinge an das Volkslied sind nicht ausserlich hinangebracht. Sie liegen nicht in den paar Spuren alten Volksglaubens und alter Volksgebrauche, denen wir hie und da begegnen, nicht in den oder jenen alterthiimlichen, in der heutigen Schriftsprache nicht mchr gebriiuchlichen Worten und Wortformen. Die Art vielmehr, wie der Dichter der Natur gegenubersteht, wie er mit hellen Augen in Thier- und Pflanzenwelt Dinge sieht, die hunderte nicht sehen, dazu sein ,,holder Leichtsinn“, sein kecker Humor, der keinen Tropfen von Empfindsamkeit in seinem Blute duldet, die Urspriinglichkeit seines Gefiihls und seines Ausdrucks dafiir, die knappe, runde Form seiner Lieder, das ist es, was uns auf Schritt und Tritt an die Volks- poesie gemahnt. Den kunstmassigen Poeten aber verrath das sichere Schonheitsgefiihl, das aus den Liedern uns anspricht, und das auch da, wo der Uebermuth mit dem Dichter durchgeben mochte, die Ziigel strafF halt. Wie leichtsinnig hingeschrieben klingen diese formvollendeten Stroplien, und wieviel Fleiss, Urtheil, Geschmack ist ohne Zvveifel dabei thatig gewesen! Heimgarten: Schreiben an den fahrenden Gesellen. Ilir stellet einen Redacteur auf harte Probe, die er nicht besteht. Er vergreift sich an Eurem Eigenthum ; aber ich frageEuch, ob er anders kann? Oder soli er Eure ,,Neuen Lieder eines fahrenden Qesellen