Nr. 5. Eat 1898. I. Jahrgang. herausgegeben • v - nT||$iott|»l^t^^öct»^Äöönc - d-HI-Herzen-^eM HE Den geehrten Lesern zur gefälligen Beachtung! Der „.Stern 6er Neger" erscheint als illustrierte Monatschrist am Schlüsse jeden Monates und kostet jährlich 1 fl. 50 kr. ö. W. — 3 Mark mit Postversendung. Wir richten an unsere Freunde die innige Bitte, aus Liebe zum göttlichen Herzen Jesu und zu den armen Negern von Centralafrika diese Zeitschrift in ihrem Bekanntenkreise verbreiten und uns Abonnenten werben zu wollen. Zur Bestellung des „Stern der Neger" wende man sich an den ?. Rector des Missionshauses der „Söhne des hl st. Herzens Jesu" in Müh land bei Brixen (Tirol). Allenfallsige Abonnenten in Brixen können sich zur Entrichtung des Abonnements an A. Weger's Buchhandlung wenden. Neu hinzutretende Abonnenten erhalten die bereits erschienenen Nummern nachgesandt. Korvesponöenz öer G-epeöition. Herzliches „Vergelt's Gott" H. M. Böhm für übersendetes Almosen von 7.50 fl.; ebenso allen übrigen Wohlthätern. Messstipendien werden vom Missionshauje dankbar angenommen — und es wird darum gebeten — mit der Versicherung gewissenhafter und prompter Persolvierung. Zu allerletzt möchte der Bibliothekar es jenen Hochwürdigen Herren und Laien, die eine überfüllte Bücherkammer haben, zu wissen thun, dass es mit jener des Missionshauses nicht gut steht und besonders Werke für Ascetik, Dogmatik, Moral und Can. Recht (von Cmus. Ep. S. Aichner) nothwendig und erwünscht wären. NMttegebet zum hlst. Kerzen für die Weger Afrikas. Süßester Jesu, Erlöser aller Menschen, sieh' gnädig herab auf die in so tiefes Elend versunkenen Völker Afrikas, die in der harten Knechtschaft der Sünde schmachten. Siehe, wir kommen, um Fürbitte einzulegen für diese unglücklichsten unserer Brüder und um Deine anbetungswürdige Gerechtigkeit zu besänftigen. In Vereinigung also mit allen Dich liebenden Seelen danken mir Dir für die unendlichen Wohlthaten, die Du auch diesen Völkern erwiesen hast; und im Verlangen, Deinem heiligsten Herzen Genugthuung zu leisten, bitten wir Dir ab ihren Unglauben, bitten wir Dich um Verzeihung wegen ihrer Herzenshärte, beweinen wir alle Sünden, mit denen diese Völker und ihre Vorfahren, angefangen vom unglücklichen Cham bis auf diese unsere Tage, Deine göttliche Majestät beleidigt haben. Zum Ersatz aber und zur Versöhnung bringen wir Dir dar und opfern wir Dir auf unsern größten Schatz, Dein eigenes hlst. Herz, das von all' diesen Sünden wahrhaft und wirklich gepeinigt wurde. Nimm auch an, damit diese Unbilden wieder gut gemacht werden, die Gebete, Verdienste und Genugthuungswerke Deiner heiligsten Mutter und ihres Bräutigams, des heiligen Joseph, aller Engel und Heiligen und der ganzen heiligen Kirche. O lass Dich mild stimmen gegen diese armen Völker, guter Jesus! Erleuchte diejenigen, die noch in der Finsternis und im Todesschatten sitzen. Amen. Heil. Josef, Vorbild und Beschützer der Verehrer des hlst. Herzens, heil. Petru sClaver, PatronderNeger- Missionen, bittet für uns und die armen Neger Afrikas! Nr. 5. Mai 1898. I. Jahrgang. Inhalt: (Erinnerungen an den Aufenthalt der hl. Familie in Ägypten. — Des kleinen Negers Erzählung. (Gedicht). — Jesus, der gute Ejirt. (Gedicht). — Der allg. öfters. Pilgerzug in Kairo. — Schone Feierlichkeit in fjetuan. — Line Negerhochzeit. — Unsere Illustrationen. — Der Aberglaube im Nilthale. — verschiedenes. WililttilMil iin den Mrntlwlt der HI. familir in Äpplrii. Von P. Laver Geyer, F. S. C. (Fortsetzung u. Schluss.) nßer an Matarieh knüpft die Überlieferung den Aufenthalt der hl. Familie LI noch an einen andern Ort, nämlich Kairo. Es ist auch leicht anzu-nehmen, dass die hl. Familie während ihres Aufenthaltes in Ägypten, dessen Dauer schwer zu bestimmen ist — die verschiedenen Angaben schwanken zwischen 2 und 7 Jahren — den Wohnort wechselte. Ob die hl. Familie eigentlich in Matarieh oder in Alt-Kairo wohnte, lässt sich nicht so leicht entscheiden. Uns genügt die Legende, dass beide Orte durch ihre Anwesenheit geheiligt wurden. Nach der einen Angabe soll die hl. Familie in Matarieh ein Haus bewohnt haben, das wie alle Wohnungen Unterägyptens aus ungebrannten Ziegeln gebaut war und das im Laufe der Zeit verschwand. Nach anderer Angabe wohnte die hl. Familie nicht lange in Matarieh und begab sich nach Alt-Kairo. Die Legende gibt unter anderen folgenden Grund hierfür an: Die Ägypter betrachteten und behandelten die hl. Familie zuerst mit großer 9 98 Erinnerungen an den Aufenthalt der hl. Familie in Ägypten. Scheu, Ehrfurcht uud Achtung; als aber bei der Annäherung -be§ göttlichen Kindes die Götzenbilder umstürzten, bekamen die Eingebornen Angst für ihre Götter, sahen die Fremdlinge als Ursache des Ereignisses an, betrachteten sie mit Scheu und baten sie, sie möchten sich entfernen. Die hl. Familie zog von ihrem ersten Wohnorte einige Stunden südlicher bis zur damaligen Hauptstadt des Landes uud ließ sich dort ärmlich nieder. Es mag wohl sein, dass die hl. Familie sich in einem dunkeln Winkel des alten Babylon sicherer fühlte, als in der Nähe der Götzenstadt Heliopolis und mitten unter einer Judencolonie. Kehren wir also von Matarieh nach Kairo zurück und treten wir unsere Wallfahrt nach Alt-Kairo an. Von der Station an der Limonenbrücke weg gehen wir durch die lärmende Großstadt nach Süden bis nahe an die große Nilbrücke, welche die Stadt mit den Straßen nach Giseh und seinen Pyramiden und mit unserer Negercolonie verbindet. In geringer Entfernung von der Brücke verlassen wir diese Richtung und betreten die Straße von Alt-Kairo. Zwar besindet sich in der Nähe die Ausgangsstation der Bahn nach Heluan, welche über Alt-Kairo führt, wir ziehen es aber vor, die etwa 30 Minuten betragende Strecke zu Fuß zurückzulegen, da wir ja weiter nichts thun wollen, als zur „Marien grotte" zu pilgern, und unsere Zeit nicht durch anderweitige Merkwürdigkeiten in Anspruch genommen ist. Nach etwa 20 Minuten kommen wir zu einer kleinen Brücke, welche über den Fom-el-Chalig führt, gerade an der Stelle, an der früher die Nilbraut den Fluten geopfert wurde und noch jetzt das alljährliche Nilfest gefeiert wird. Hier betreten wir Alt-Kairo. Unter den Bautenresten einer alten Wasserleitung hindurch gehen wir auf staubigem Wege zwischen armseligen Wohnungen, Wällen und Aschenhaufen weiter. Es sind die Überreste der aus ungebrannten Erdziegeln erbauten Altstadt (Masr-el-Atika), welche sich nach der arabischen Eroberung des Landes im Jahre 640 um das Lager Fostat herum erhob. Das heutige Alt-Kairo dehnt sich zu unserer Rechten unmittelbar am Nile aus und ist im Vergleich zur modernen Großstadt sehr armselig. Am Südostende von Alt-Kairo zieht ein uraltes Viertel unsere Aufmerksamkeit auf sich. Eine Kirche mit zwei weißgetünchten und mit Kreuzen geschmückten Thürmchen erhebt sich über den ruinenhaften Gebäudecomplex; diese Kirche, sowie ein nahes modernes Gebäude gehören den Schismatikern, stammen aus den letzten Jahren und sind dem hl. Georg geweiht, iveshalb auch die Bahnstation in der Nähe „Station St. Georg" heißt. Viel mehr als diese Neubauten ziehen die uralten Gebäude unsere Aufmerksamkeit auf sich. Das ganze ummauerte Viertel heißt Der-en-Nasüra. (Christenviertel). Dasselbe ist erbaut mit Benutzung eines alten römischen Castells, in welchem einst eine Legion als Besatzung lag; vom Castell ist besonders noch ein von zwei Thürmen flankiertes Thor an der Südseite erhalten. Hier war die Stelle des alten Babylon. Hier war es, wo die hl. Familie Zuflucht suchte. Daher sammelten sich hier von Alters her die Christen, so dass das Quartier, das heute noch eine Anzahl koptischer und griechischer Gotteshäuser birgt, Christenviertel genannt wurde. Suchen wir die ehrwürdige Zufluchtsstätte der hl. Familie auf. Auf der Westseite treten wir durch ein tiefgelegenes, halb in Schutt vergrabenes, lochähnliches Thor, welches die alte Ringmauer durchbricht, ein. Wir gehen gerade aus durch die Derb Sitty Mariam oder Mari ngasse, eine enge, düstere, von armseligen Wohnungen flankierte Gasse, um bann rechts in die nicht weniger unheimliche und unreinliche Derb Josef oder Josefsgasse einzubiegen. Hier in diesem dunklen Winkel, in dem uns ein fast beängstigendes Gefühl überkommt, bezeichnen einige koptische Kreuze über einer armseligen Thüre den Eingang zur Kirche, den wir verriegelt finden. Wir schlagen Lärm oder poltern an Emmerlingen an den Aufenthalt der hl. Familie in Ägypten. 99 der Thüre einer gegenüberliegenden Wohnung, und alsbald erscheint der Kirchenwächter, der uns in Vorahnung des Backschisches dienstfertig öffnet. Durch eine ärmliche Vorhalle treten wir in die Kirche, welche über dem Wohnorte der heil. Familie errichtet ist. Die Kirche ist dem hl. Sergius geweiht und wird daher von den Kopten Abu Gerd sch a genannt. Aus dem 6. Jahrhundert stammend, soll sie später erneuert worden sein. Das Ganze macht. einen altertümlichen, ganz eigenartigen Eindruck. Es ist eine dreischiffige Säulenbasilika. Zwei Reihen von Säulen, die ohne Rücksicht auf Gleichmäßigkeit der architektonischen Formen antiken Bauwerken entnommen wurden, theilen die Schiffe. Über den Säulen, welche sowohl nach der Länge, als quer über das Hauptschiff durch Balkenverbindungen gegen Schub und Druck gehalten sind, bauen sich auf einer Spitzbogen-construction, deren Stil an die arabische Architektur sich anlehnt, beiderseits vergitterte Corridore oder Gallerien auf, welche an die Umgänge der mittelalterlichen Dome erinnern. Über den Gallerien ruht die durch quer, schräg und senkrecht stehende Balkengerüste gestützte und verbundene offene Dachconstruction. Dieses Gerüstartige gibt dem im Verhältnis zur Breite hohen Baue ein eigenthümliches Aussehen. Dazu kommt noch die Abtheilung des Kirchenranmes durch Holzgitter. Diese bei den Kopten übliche Einrichtung erinnert unwillkürlich an den alten Judentempel oder an die Reihe der Tempelräume vor dem Heiligthum der alten Nilbewohner. Im Vordergründe der Kirche ist der Heikal oder das Sanctuarinm mit dem Altar, beide unsichtbar, da sie durch ein dichtes Holzgitter und Vorhänge abgeschlossen sind; ein kreuzdurchwirkter Vorhang in der Mitte bezeichnet den Eingang. An der äußeren Seite dieses Abschlusses befinden sich uralte Holz- und Elfenbeinschnitzereien von allegorischen Figuren und Heiligen, unter denen besonders der hl. Georg vorkommt. An das Sanctuarium schließt sich der Chor für die Evangelienverlesung, Akolyten, Sänger, Gemeindevorstand. Dieser Raum wird durch ein 8—9 Fuß hohes Holzgitter von der folgenden Abtheilung abgeschlossen, welche für die Männer bestimmt ist. Von den Männern abermals durch ein enges Gitter getrennt, befindet sich im Hintergründe, links vom Eingänge, der Raum für die Frauen. So ist auch hier die Stellung der Frau im Orient gekennzeichnet, indem sie den hintersten Theil der Kirche einnimmt und den Blicken durch enge Gitter entzogen ist; zudem tragen die Frauen noch einen großen schwarzen Überwurf, den sie vor dem Gesichte zusammenziehen, so dass nur die Augen frei bleiben. Im Sanctuarinm oder Heiligthum findet die Liturgie und die hl. Messe und zwar nur in koptischer Sprache statt. Hierbei ist der Priester den Blicken des Volkes entzogen, nur seine Stimme ist vernehmbar. Bei Austheilung der hl. Communion tritt derselbe heraus. Im Chore wird die hl. Schrift auch arabisch gelesen, gesungen und ausgelegt. Der Boden ist mit Matten belegt, an den Wänden hängen alterthümliche Heiligenbilder. In der Ornamentik spielt das koptische Kreuz eine große Rolle. Im Ganzen ist die Kirche herabgekommen und macht einen so armseligen Eindruck, dass man sich im Stadel eines Landmannes wähnen möchte, wenn nicht die Heiligenbilder an eine Kirche erinnerten. Wahrlich dieser Bau ist so recht angethan, daran zu erinnern, dass er sich über der einstigen Wohnstätte des Königs und der Königin der freiwilligen Armut wölbt. Steigen wir in die Grotte hinab. Dieselbe befindet sich unter dem Chore. Ans zwei Seiten führt je eine Treppe hinab. Der Führer zündet einige Wachslichter an und führt uns auf der kleinen Steintreppe von 9 Stufen in die unterirdische Capelle. Wir befinden uns in einer kleinen dreischiffigen Krypta, deren Gewölbe sechs jonische Marmorsüulchen in zwei Reihen zu je drei stützen. Wände iÖÖ Erinnerungen an den Aufenthalt der hl. Familie in Ägypten. und Gewölbe sind ganz mit Salpeterausschwitzungen überzogen. Im Vordergründe steht in einer runden Mauerwölbung ein nackter Marmoraltar mit eingegrabenem Kreuze, während in den beiden Seitenwünden sich je eine Nische befindet. Die Kopten erklären die Altarnische als Schlafstätte der hl. Jungfrau, die Seitennische als jene Jesu und des hl. Joseph. Viele kindlich-fromme Vorstellungen von der Einrichtung dieser unterirdischen Wohnung durch die hl. Familie bestehen unter den orientalischen Christen. Wie auch die fromme Überlieferung die Anlage der Wohnung der hl. Familie sich vorstellt, so genügt es uns zu wissen, dass hier die hl. Familie gewohnt hat. Diese unterirdlsche Capelle, welche außer einigen eingegrabenen Kreuzen und einem Taufbecken im linken Seitenschiffe jedes religiösen Schmuckes entbehrt, ist der „hl. Maria von der Grotte" geweiht und wird kurz „Mariengrotte" genannt. Die hl. Familie war arm, sowohl in der Heimat als auf der Flucht im fremden Lande. Daran erinnert völlig die Einfachheit und Ärmlichkeit dieser finsteren Krypta. Gerade diele Ärmlichkeit ist es, die uns mehr ergreift, als die ausgesuchteste Pracht eines Marmor- oder Goldtempels. Wenn wir erwägen, dass der göttliche Erlöser, der im Stalle von Bethlehem das Licht der Welt erblicken wollte, die Himmelskönigin und der heil. Josef, der Sprosse aus dem königlichen Geschlechte Davids, hier in freiwilliger Armut und Verborgenheit gelebt, so überkommt uns fast ein Ekel au all der Pracht und Größe, welche die Welt sucht und schätzt. Hier in dieser düstern Grotte ist alles Schweigen und Stille, und inmitten dieses Schweigens glauben wir die Stimme unseres göttlichen Vorbildes zu vernehmen, welche spricht: „Ich bin arm; wenn ihr nicht werdet wie ich, werdet ihr nicht in das Himmelreich eingehen." Die Losschälung von den Begierden nach weltlicher Pracht und Reichthum ist die Frucht dieses unseres Besuches. Wir sinken in die Kniee und verrichten ein andächtiges Gebet an dieser altehrwürdigen Stätte. Die kellerartige Tiefe und sonstige Beschaffenheit dieses Ortes stimmt ganz mit der Sage vom Aufenthalte der hl. Familie überein. Da bekanntlich der Nil durch seine jährlichen Überschwemmungen viel Schlamm zurücklässt, hat sich der Boden im Laufe der Jahrhunderte bedeutend erhöht, so dass vor 18 Jahrhunderten die damalige Wohnung der hl. Familie tiefer gelegen sein musste, als der heutige durch den Nilschlamm erhöhte Boden des Landes ist. Die Nachrichten von einer unterirdischen Kirche am Wohnsitze der heiligen Familie reichen toeit zurück. Zur Zeit der Kreuzzüge besuchten wiederholt Pilger jene Stätte, und Priester lasen dort die hl. Messe. Seitdem der hl. Franciscus seinen Orden in Ägypten eingeführt hatte, besuchten diese Religiösen öfter die Mariengrotte und feierten dort die hl. Geheimnisse. Die unterirdische Capelle selbst kam in ihren Besitz, und im Jahre 1680 wurde in der Nähe auch ein Klosteryospiz eröffnet. Die Väter wohnten dort lange und lasen täglich die heil. Messe in der Krypta. Wie die ganze Franciscanermission in Unterägypten, so gehörte auch Hospiz und Kloster in Alt-Kairo in kirchlicher Hinsicht zum hl. Lande und hieng von Jerusalem ab. Im Jahre 1824 wurde indes das Hospiz vorübergehend und im Jahre 1830 gänzlich geschlossen, nachdem dafür das neue Kloster in der Stadt Kairo sich erhob. Im Laufe des Jahres I860 wurde das alte Hospiz wieder bezogen, und der tägliche Gottesdienst in der Kirche wieder aufgenommen. Aber bald gieng die Kirche durch Einsprache des koptischen Patriarchen wieder an die Kopten über. Das kleine Franciscauerhospiz, durch das Patriarchalkreuz des hl. Landes über der Thüre gekennzeichnet, steht noch in der Derb Sitty Mariam oder Mariengasse, ist aber verlassen. Der altehrwürdige Ort mit seiner Mariengrotte ist heute ganz in den Händen der schisiuatischen Kopten, die denselben eifersüchtig bewachen, ohne aber das Geringste für eine geziemende Erinnerungen cm den Aufenthalt der hl. Familie in Ägypten. 101 Reinigkeit und Ausstattung zu thun. Der Backschisch der Besucher und Pilger genügt den armen Familien kaum, um ihren Hunger zu stillen und ihre Blöße zu bedecken. Während wir mit Erbauung die kindlich-frommen Überlieferungen und Legenden aus dem Munde unserer koptischen Führer vernehmen, überkommt uns jedoch ein Gefühl der Wehmuth, die ehrwürdige Stätte in Händen abtrünniger und habgieriger Leute und so arg vernachlässigt zu sehen. Mit Erlaubnis der Kopten können die Lateiner hier noch zeitweilig die hl. Messe lesen. Die alljährliche große französische Pilgerkarawane feiert dort gewöhnlich das hl. Geheimnis des neuen Bundes, wozu sie alles nöthige mit sich führt. Man darf es wohl als eine Frucht der Anwesenheit des göttlichen Erlösers, seiner hochheiligen Mutter und seines Pflegevaters in Ägypten betrachten, dass die afrikanische Kirche nach dem Tode Christi in kurzer Zeit zu so hoher Blüte gelangte. äJiögen die Armut, Entbehrung und Verborgenheit der hl. Familie auf dem Boden Ägyptens, die Verdienste ihres Erdenslebens und der bittere Kreuzestod des Welterlösers die Wunden heilen, welche Häresie, Schisma, Apostasie und Chiistenverfolgnng der Kirche Christi in diesem Lande geschlagen haben! Möge ganz Afrika sich zum Glauben dessen bekehren, der als Kind und Knabe durch seine Anwesenheit diesen Theil des unglücklichen Weltiheils geheiligt hat! Wohl kein christlicher Pilger besucht die hl. Stätten Ägyptens, ohne dass sich dieser Wunsch aus dem Herzen als Gebet auf seine Lippen drängt, und mit diesem heißen Wunsche scheiden auch wir. Hes kleinen Hegers KrMlung. Welch Mordgeschrei durchheult die Nacht? Welch bitt’res Weh, welch heisres Klagen verscheucht die stille süße Ruh? Was macht die Nacht die dunkle tagen? Entsetzlich sehr thut sich das Schicksal kund Ganz unverhofft in friedlichstiller Stund. Entrissen grausam ihren: kseim, Getrennt, gefesselt schwer mit Ketten, Die zärtlich Liebesband' vereint! Und niemand, nienianb kommt zu retten! Thut Scheiden weh; ach weher tausenduial, Erlöscht der süßen Hoffnung letzter Strahl. Gesättigt ist der Flammen Gier, Und Sterne leuchten unsren Schritten, Die Geißel zischend lenkt den Gang; Umsonst ist Seufzen, Flehn und Bitten. Ghn' Hoffnung leiden, öoppelschwerer Schmerz, Denn trostlos pocht das hoffnuitgslose Herz. Das feuchte Auge wirft zurück Den letzten Blick, o Graus und Grauen, Der Vater liegt gefärbt im Blut, Die Mutter in des Räubers Klauen! fflb reich, ob arm, der heimatliche Herd Ist jeden: Sohne stets gleich lieb und wert. Schon hüllt des Waldes Grau uns ein, Die Seel' umschleiert dUst'rer Schauer; Des kleinen Negers Erzählung. Am Firmament manch Sternlein glänzt, Doch fetus erhellt des Herzens Trauer. Wohl sah das Aug der Sterne Flammen-Lhor, Das Herz doch blind drang höher nicht empor. Die Sonne winkt in gold ner Pracht ITiit neuer Hoffnung allein Leben; Nur meiner Seele tiefbetrübt Kamt sie nicht Trost noch Hoffnung geben. Der allen Wesen schenkt des Lebens Licht, Ja dem noch schlug das Herz im Büfett nicht. Lin fröhlich Zwitschern durch den Wald, Lin süßes Lispeln grüßt den Morgen. © vögelein, ihr spottet mein, Ihr glücklich, frei, und ich voll Sorgen! Sie sprachen mir von Gott, der Armen Hort, Doch ich erfasste nicht der Stimmen Wort. Und fort und fort geht's ohne Frist, Schon viermal Tag und Nacht sich wenden, Und mancher tränkt den Sand mit Blut, Und ach, das Schluchzen will nicht enden. Nur leer ist Ukenschentrost, wenn in der Welt Das Herz verlassen und der Glaube fehlt. Und ferne sind, die Mtt’res weh Durch väterliches Mitleid theilen, Die Lieben nur, kein sterblich Kind Sonst kann des Herzens Wunden heilen. Der alle nährt, versorgt mit milder Hand, war meiner Seele fremd und unbekannt. Lin langes Jahr in Sclaverei, Kein tröstend Wort stillt meine Thränen, Nur Fluch und Schläge sind mein Lohn, wem klag' ich traulich Leid und Sehnen! — Taub war mein Herz in Satans Netz verstrickt, Dem süßen Wort des Heils, das all' erquickt. Da sieh — ein Stern — ein sanftes Herz, — Sein Wunderlicht durchdringt die Seele! Ls ist der Neger Rettungsstern, © gleich zum Führer ich ihn wähle. © glücklich, wer der Seele schweres Leid Mit diesem Herzen theilt zu jeder Zeit! wie wird so leicht das schwere Kreuz, Gewürzt durch Jesu Blut und Wunden I wie süß und hoffnungsvoll die Last, Die sonst man trostlos hat gefunden! Der plötzlich tritt aus grausendüstrer Nacht, Erkennt des Lichtes wert in vollster Pracht. Ihr Weißen lieb! Die schwarzen HLnd' Zu Luch ich streck': „Dem Höllendrachen Entreißt die Brüder, Schwestern mein, Ihr mögt sie ewig glücklich machen! Ist bitter auch des Sclaven schweres Joch, Des Satans Fesseln sind viel bitt'rer noch. F, Bernhard Rohnen, Not. F. S. C, Sesus, der guie ULrt. © lasst die 'Kleinen zn mir eilen, Und wehret dies den Kindern nichts Don Siinb’ nnb Tod will all' ich heilen, Und führen sie zum cm’gen Licht. So sprach der große Freund der Kinder, Als er noch hier auf Erden roar. Auch heut' gilt dieses IDort nicht minder, Noch immer ruft er’s unsrer Schar. J (Er blickt vom Himmel auf uns nieder, Und winkt uns lieblich lächelnd zu; (Er nennt uns alle feine Brüder, j Möcht' führen uns zur ero’gen Ruh'. Doch eine Thräne feh' ich blinken Ans feinem milden Angesicht; In Traurigkeit ihn dann versinken — Und heiße Sehnsucht ans ihm spricht: © Afrika! du Kind der Schmerzen, © kehre doch zn mir zurück! Möcht' führen dich zu meinem Herzen, Möcht' führen dich zum ero’gen Glück! F. Bernhard Zorn, F. 8. C. 9er allgemeine österreichische PigerW in Knin. UsULDZus der Antisclaverei- und Negereolonie Gesira bei Kairo gierig uns folgender Bericht vom 25. April d. I. zu, den wir unverkürzt wieder- fÖIIJIl 9 Wenngleich von Geschäften überhäuft, habe ich es mir nicht versagen können, Ihnen in wenigen, schmächtigen Worten etwas über den Besuch der österreichischen Pilger in Kairo und Gesira zu berichten. 104 Der 11%. öslcrr. Pilgcrziig in Kairo. Ich bin weit davon entfernt, zu glauben, mit Folgendem etwa einen fixen Bericht für unsere theure Zeitschrift geliefert zu haben, wollte Ihnen bloß einigen Stoff an die Hand geben, damit Sie besseres daraus schaffen. Der Plan, eine Pilgerreise nach dem sonnenverklärten Orient, dem Land der Sagen und der Weifen, und speciell nach Jerusalem zu unternehmen ist gleich gefasst, und es ist wohl kein junger Mann von auch nur wenig Sinn für Hohes und Schönes, der nicht schon bei der Seetüre der hl. Schrift oder der romantischen Thaten der Kreuzritter, im Geiste sich entschlossen hätte, dorthin zu reifen ober gar zu wandern. Jedoch die Mittel, einen so schönen Plan ins Werk zu setzen, haben wenige, ich meine hier nicht so sehr die materiellen Mittel, die ja heutzutage nur noch gering sind, als die geistigen Elemente, die hohe Thaten beginnen und zu ihrer Vollendung führen, wie ein fester, begeisterter Glauben, ein Geist und eine Willenskraft mit festen, gesunden Principien, und eine Seele, die nach einem Ideale über dem Irdischen sich sehnt. Diese Machtmittel sind so selten, nicht, weil sie an und für sich sehr theuer und schwer zu erhalten und zu behaupten wären, wohl aber, weil sie in dieser Zeit des Mangels aller Ideale in der Jugend, des Verbrauchs und der Vergnügungssucht, wenn nicht ganz Besitzthmn der Einfältigen und Beschränkten, so doch Männern von Bildung und namentlich Aristokraten nachgerade nicht mehr gut anstehen. In diesem allgemeinen Niedergänge des Glaubens ist es ungemein tröstlich, auch einmal Männer von Würde, Ansehen und Wissenschaft, nicht bloß Frauen und Geistliche, eine Pilgerreise nach der Stadt des Sonnenaufganges machen zu sehen, ganz im Geiste des Glaubens, aus übernatürlichen Beweggründen, um mit Jesu das Kreuz 51t' tragen, welches, wenn die Pilger den Fuß aus den schwarzen Continent gesetzt haben, nicht fehlt. Eine solche Pilgergesellschaft bestehend aus lauter Österreichern aus den besten Kreisen und der Aristokratie, langte am Dienstag, Abends 8ftg Uhr ans dem Bahnhöfe von Kairo an, um sich ein wenig das orientalische Paris anzusehen, bevor sie sich der ernsten Stimmung, bei dem Besuche der Stätte des Leidens und des Sterbens Jesu Christi, ganz überließ. Auf dem Bahnhöfe waren schon lange vor der festgesetzten Zeit Se. Excellenz Herr Baron von Heidler-Egeregg, k. k. Gesandter mit seinem Secretär und der Consul von Kairo, Herr Baron von Sonnleithner, erschienen, zu welchen sich bald noch andere Mitglieder der österreichisch-ungarischen Colonie gesellten. Außerdem sahen wir auf dem Perron die Vertreter der Kopten mit Mon-signor Amba Kyrillos, Patriarchalvicar von Alexandrien, an der Spitze; auch sie sind Österreicher, zwar nicht der Geburt, aber doch dem Namen nach, die sich der Sicherheit ihrer Geschäfte und ihrer Kirche wegen unter österreichischen Schutz stellten und unter dem Doppeladler sich sehr sicher und geschützt fühlen. Sie waren in ihren langen schwarzen Gewändern von reichem Faltenwurf erschienen und mussten den Pilgern durch ihre langen Bärte, dunklen Gesichter und echtsemitischen Züge sofort eine Idee vom afrikanischen Priesterthum geben. Zuletzt erschienen noch die Vertreter der unter Österreichs Schutz stehenden Mission von Centralafrika, mit der, vielen Österreichern nicht unbekannten schwarzen Musikbande und zahlreichen Negern unseres Instituts, die sich nicht weniger als die Mitglieder der österreichisch-ungarischen Colonie selbst zu den Österreichern ©ft n(Tg. often. Pilgerzug in Kairo. 105 rechnen und deshalb überall, wo es Österreich heißt und gilt, mit bei der Hand sein wollen. Die ganze Schar war weiß gekleidet und so mit ihren schwarzen Köpfen und dem Geschmetter ihrer Musik, der Aufmerksamkeit aller Ankommenden sicher. — Mit etwa einer halben Stunde Verspätung trafen die Pilger im Bahnhöfe ein, begrüßt zuerst von unserer Musikbande, die das „Gott erhalte" intonierte. Hierauf folgte die gegenseitige Begrüßung und Vorstellung der Pilger und Honoratioren von Kairo. Hochw. Herr Arnold Graf zur Lippe, Domcapitular der Metropolitenkirche zum hl. Stephan, der Führer des ganzen Zuges, unterhielt sich, als der ceremonielle Theil vorbei war, alsogleich umdrängt von einem Schwarm anderer Pilger, aufs liebenswürdigste mit unsern Schwarzen, die von einigen als das schönste angesehen wurden, was die Reise bisher geboten hatte. Um jedoch der Reiseordnung gerecht zu werden, musste für jetzt bald abgebrochen werden, und man schritt dem Ausgange, nach dem bereitstehenden Wagen zu. Bei der großen Ordnung, welche herrschte, könnten die Pilger unter den Klängen der Musik alsbald nach dem für sie bestellten Nilhotel abfahren, um sich durch einen ruhigen Schlaf für die Menge von Eindrücken aus der afrikanischen Hauptstadt vorzubereiten. Am folgenden Morgen begab sich der größte Theil der Gesellschaft nach der unter dem einsamen Wüsteugebirge des Mokat'tam liegenden, die Stadt beherrschenden Citadelle, um von dort eine wunderbare Äussicht auf das Häusermeer der orientalischen Weltstadt, auf den nahen, von ungezählten Segelbarken befahrenen Nil, auf die zu beiden Seiten des trüben Gewässers herrlich dastehenden Palmenwülder und auf die hinter dem Cnlturlande ansteigende gelbe lybische Wüste, zu genießen. Die große Moschee Mohammed Ali mit ihren hohen Minarets und die noch rüstig dastehenden Zeugen aus der Pharaouenzeit mit der gelben Wüste im Hintergrund verfehlten nicht, in den etwas ernst angelegten Pilgern, ihre unauslöschlichen Wirkungen hervorzubringen. Auf dem Rückwege von der Citadelle geriethen die Reisenden in das ganze Gewühl und Treiben des bunten orientalischen Lebens hinein, aber auch in allen Schmutz und die unbeschreiblich verwahrlosten arabischen Winkel in der Nähe der Citadelle. Erst weiter in der Mitte der Stadt erkannten sie, dass hier der Europäer wahrhaftig kein schwacher Eindringling mehr ist, sondern eine Macht, die bald mit Maß und Winkel in kurzer Zeit ihren ganzen Geist der orientalischen Großstadt aufdrängt. Nachmittags gierig, wer nicht schon des Sehens müde^war, mit Benützung von Wagen und Eseln nach den Pyramiden von Gizeh und dem einzig in seiner Art dastehenden Museum ägyptischer Alterthümer. Abends 7 Uhr trafen Se. Exe. Herr Baron von Heidler-Egeregg mit dem Präsidenten des Pilgerzuges und mehreren andern Herren in der Negercolonie ein, begrüßt von Böllersalven und der Negermusikbande, welche die Kaiserbymne anstimmte. Die Mission prangte in Flaggenschmuck, alles zeigte, dass hier Österreich Österreich empfängt. Nach kurzer Begrüßung bestiegen die Herren das Dach, um noch das Schauspiel der von der untergehenden Sonne beleuchteten Pyramiden zu genießen. Nachher unterhielten sie sich auf aufs liebenswürdigste mit den Negerknaben der Mission und Hochw. Herr Canonicus Graf zur Lippe hatte die Güte, ihnen ein Andenken, bestehend in einem schönen Bildchen, zu vertheilen. Da nun der Abend sich schon neigte, begaben sich die hohen Besucher alsdann, nochmals durch Böllersalveu und Klänge der Musik geehrt, über die große Nilbrücke nach Hause zurück. 106 Feierlichkeit in Heluan. Am Donnerstag war Ausflug zu den Pyramiden von Sakkyra. Den Nachmittag benützte ein Theil, um dem historischen Baume in Matarieh re. einen Besuch abzustatten und die große Straußenanlage daselbst anzusehen. Eine nicht geringe Anzahl von Herren besuchte am Nachmittage noch unsere Mission, um die Neger bei der Arbeit und beim Spiel zu sehen, und einige davon photographisch aufzunehmen. Bei dieser Gelegenheit äußerte ein Herr, als er die schwarzen Knaben in den Werkstätten hatte arbeiten sehen und ihr wildes und doch nicht ausgelassenes Treiben im Hofe mit angesehen hatte: „Das hat mir jetzt besser gefallen als alle Mumien und Pyramiden Ägyptens!" Ich wunderte mich nicht über seine Ansicht. Der Europäer stellt sich eben in der Ferne den Neger als einen herabgekommenen, nie mehr zu veredelnden Menschen vor, mehr dem Thiere als einem vernünftigen Wesen nahe, und deshalb ist seine Verwunderung nicht gering, wenn er diese schwarzen Gesellen zu ganz guten Menschen und Christen herangebildet sieht, unter denen man mindestens ebenso sicher lebt, als in den europäischen Polizeistaaten. Am Freitag Morgen reiste dann alles, dem Reiseplan gemäß, über Jsmaelia nach Suez, um an das ersehnte Ziel der Reise, nach Jerusalem, zu gelangen. Möge ihnen bei der Fortsetzung der Reise die Hitze, welche bereits in Kairo gewirkt hat, wie sie gewöhnlich bei Europäern wirkt, nicht zu stark zusetzen, damit sie in ihr Vaterland voll Begeisterung für Christi Kreuz und Sache zurückkehren und mit einem Vorurtheil weniger — nämlich, dass die Neger auch Menschen sind und nicht die schlechtesten. P. Wilhelm Iianholzer, F. S. C. lint Wm FeierlMeit in Mim. ns unserer Missionsstatio» und Pfarrei Heluan in Ägypten erhalten wir folgenden Bericht vom 15. Mai 1898: jJßwL Indem ich jetzt die Gelegenheit benütze, will ich für Ihre Zeitschrift einen kleinen Bericht über die Feierlichkeiten und Feste zusammenstellen, die in dieser Pfarrei stattfanden. Vor allem geschehe der Communion und Firmung Erwähnung, welche hier gespendet wurden. Aber eigentlich sollte ich mich schämen, davon zu sprechen, da sie nicht zahlreich waren; jedoch ist es nicht immer das Viel, welches zu schätzen ist, sondern auch das Wenige, gut verrichtet, und so finde ich Entschuldigung, wenn ich es erwähnt habe. Am 29. April l. I. wurden also 13 Kinder, Knaben und Mädchen gesinnt, welche unsere hiesigen Schulen besuchen. Seine Erzbischöfliche Gnaden, der Hochwürdigste Herr Gau den tins B oust gl i, apostolischer Delegat kam zum erstenmale, um in unserer Kirche die hl. Sacramente zu spenden. Bei dieser Gelegenheit hielt er zuvor eine kurze Ansprache an die Commnnicanten und Firmlinge, die aber auch den Erwachsenen nützte, und dann begannen die Functionen. So segnete der Herr jenen Morgen, indem er von neuen Auserwählten Besitz nahm. Damit war aber der Tag noch nicht beendigt. Sie wissen ja, dass unter den kirchlichen Feierlichkeiten, welche wir hier gewöhnlich begehen, die Frohnleichnamsprocession eine der erstenist. Da aber Ew. Hochw. selbst schon früher eine Schilderung davon gemacht haben, so halte Eine Negerhochzeit. 107 ich mich davon entbunden. Nur hebe ich hervor, dass es das erstemal war, dass ein Bischof in dieser Kirche functionierte und das Allerheiligste während der Procession trug. Ungefähr zwanzig Priester in kirchlichen Gewändern aus den verschiedenen religiösen Häusern in Kairo begleiteten dasselbe. Seine Excellenz der Herr diplomatische Agent und Generalconsul Österreich-Ungarns, k. k. Gesandter, Freiherr von Heidler-Egeregg in Gala mit seinem Secretär, sowie eine große Anzahl Leute aus Kairo, die Mitbrüder der Ackerbancolonie Gesira mit den Zöglingen und zuletzt unsere Pfarrangehörigen folgten dem Hochwürdigsten Gute in guter Ordnung und Erbauung. Den Glanz des Festes vermehrte noch die Musikbande der Hochwürdigen Herren Salesianer von Alexandrien, wo sie eine Handwerkerschule eröffnet haben. Unter Hymnengesang unserer Schüler und der Zöglinge der Schwestern und dem Klange der Musik kehrte man wieder in die Kirche zurück, die wie gewöhnlich, vom Hochw. Herrn Pfarrer geschmackvoll geziert worden war. t Aber mit dem April endigten die Festlichkeiten nicht; auch der Monat Mariens musste seinen Segen bringen. Wie Ew. Hochw. selbst wissen, ist das Klima von Heluan im Sommer nicht das günstigste für die Schule und so hat uns die Erfahrung hierin ein wenig klüger gemacht. Um also die beiden Missstände zu vermeiden, nämlich die Hitze und das Fernbleiben der Kinder, die natürlich mit ihren Familien dorthinziehen, wo es kühler ist, so haben wir uns schon seit dem vergangenen Jahre entschlossen, die Pr eis verthei lung im Monat Mai vorzunehmen. Der Unterricht in den Classen aber wird trotzdem fortgesetzt bis Ende Juni. Das war also die Veranlassung unserer Schulfeste unter Mitwirkung des Musiktehrers, wozu die Compagnie Suares ihr Casino noch zu unserer Verfügung stellte, was uns wirklich von vielen Sorgen und Ausgaben befreite. Am ersten Mai also fand die Preisvertheilung statt, zu welcher alle mit Freuden kamen, vor allem jene, die einen Preis zu hoffen hatten. Falls sie aber zu ihrem Unglücke oder vielmehr durch ihre -Schuld nichts bekamen, dann konnte man sie seufzen und weinen sehen und hören, als sie den Ort ihrer Niederlage verließen. In der letzten Woche hat sich der Hochw. Herr P. Giacomelli auf die Wallfahrt nach Jerusalem begeben und zwar auf drei Wochen. Panics .Sovin' Mariin Pc», Apostolischer Missionär. Ciiik iliiirrliiüliirit, Gesira, dm 18. Mai 1898. Neger ist im allgemeinen ein großer Liebhaber von Festlichkeiten. Sein geselliges Temperament und unbefangenes Gemüth drängen ihn JyäSJWfi dazu, die frohen Ereignisse des Familienlebens sowohl als auch die öffentlichen Feste int Kreise seiner Stammesbrüder zu feiern und dabei gleich einem Kinde seiner Heiterkeit die Zügel frei schießen zu lassen. Beim Topfe der Merissa (Kornbier) und den Klängen der Darabuka (Felltrommel) liebt er es, alsdann nach seiner Weise zu singen und zu tanzen, so dass es bei jenen Festlichkeiten stets geräuschvoll hergeht. Für uns Europäer, die wir uns auf einer andern Culturstufe befinden und an verfeinerte Lebensgenüsse gewohnt sind, haben diese Negerfeste ein besonderes Interesse, nicht bloß deshalb, weil sie von unseren Sitten und Gebräuchen sehr abweichen, sondern auch weil sie uns in den Charakter und das Gemüthsleben des Negers einen Einblick gewähren. In 108 Eine Negerhochzeit. Folgendem mochte ich es daher versuchen, eine Negerhochzeit zu schildern, wie sie vor Kurzem auf der Negercolonie Gesira gefeiert wurde. Mit dieser Hochzeit hatte es eine eigene Bewandtnis. Adolph Mauen, so heißt der Bräutigam, ein Dinkaneger, hatte eine lange Geduldsprobe durchmachen müssen, bevor er Lucia Atamina, eine Negerin des Bongostammes, als Braut heimführen konnte. Schon vor seiner Aufnahme in die Kolonie und Bekehrung zum Christenthum hatte er sich nämlich mit einer Negerin Namens Fatma nach mohammedanischen Ritus verehelicht, lebte jedoch mit derselben bloß drei Jahre zusammen. Ein Mädchen, welches aus dieser Ehe hervorgieng und schon im Alter von zwei Jahren starb, hatte kurz vor seinem Tode mit Einwilligung seines Vaters, jedoch mit Widerstreben seiner Mutter die hl. Taufe empfangen. Fatma wurde infolge dessen ihres Mannes bald überdrüssig, zumal als dieser seinen Entschluss äußerte, unter den Christen auf der Negercolonie bleibenden Aufenthalt zu nehmen. Da sie hierin mit ihm durchaus nicht übereinkam, so stellte sie beim Gadi (Richter, welcher die Religions- und Civilsachen der Mohammedaner entscheidet) in Kairo, den Antrag auf Ehescheidung. Diese wurde ihr ohne Weiteres gewährt, Fatma sagte also ihrem Gatten ans immer Lebewohl und schloss sich einem Negersoldaten Namens Said Nubaui an, der gerade damals mit mehreren anderen Negern nach Zansibar abreiste, um daselbst in deutsche Dienste zu treten. Adolph Mauen verblieb gemäß seinem Entschlüsse in der Mission. Wie wohl ihm die Trennung von seiner Frau schwer fiel, so ergab er sich doch in sein Schicksal und erwarb sich durch Arbeit auf den Feldern der Kolonie seinen täglichen Lebensunterhalt. So vergiengen mehrere Jahre, während welcher er zugleich iu der christlichen Religion unterrichtet wurde. Sein längst gehegter Wunsch, die hl. Taufe zu empfangen, gieng letztes Jahr am Feste der Unbefleckten Empfängnis in Erfüllung, und er hatte das Glück, am selben Tage sich zum erstenmale dem Tische des Herrn zu nähern. Nun war ihm auch nach kirchlichem Rechte die Möglichkeit geboten, das zwischen ihm und seiner treulosen Gattin bestehende eheliche Band lösen zu lassen und an ihrer Statt eine christliche Lebensgefährtin zu erlangen, falls nämlich Fatma im Unglauben und in ihrer Weigerung verharrte, mit. ihm friedlich zusammenzuwohnen. Dies war thatsächlich der Fall, doch über den nach Fatma und ihrer Willensmeinung angestellten Nachforschungen und den schriftlichen Verhandlungen mit der zuständigen hl. Congregation in Rom verflossen mehrere Monate. Um so größer war die Freude unseres Negers, als anfangs April L I. die ersehnte kirchliche Dispens eintraf und er sich mit der Negerin Lucia Atamina gemäß vorheriger Übereinkunft verloben konnte. Letztere ist eine Witwe von ungefähr 35 Jahren. Vor ihrer Bekehrung zum Christenthum hatte sie einen Neger in Khartum geheiratet; nach dessen Tode siedelte sie indes nach Kairo über und fand in unserer Kolonie Aufnahme, wo sie im Hanse der Missionsschwestern mit noch anderen Negerinnen zusammenwohnte und nach gehöriger Unterweisung in der christlichen Religion vor mehreren Jahren Die hl. Taufe erhielt. Ihr friedfertiger Charakter und häuslicher Sinn, ihre anspruchslose Einfachheit und aufrichtige Frömmigkeit sind lauter Eigenschaften, die ihr besonders als Hausfrau gut anstehen werden und für ein glückliches Familienleben die beste Garantie gewähren. Nachdem das Eheversprechen der kirchlichen Vorschrift gemäß in der Kirche verkündigt war, wurde der 25. April, das Fest des hl. Marcus, als Tag der Eheschließung und der Hochzeitsfeier festgesetzt. Die kirchliche Feier, welche in der Frühe um 7 Uhr stattfand, wies nichts besonderes auf; nach der Einsegnung der Ehe und einer kurzen Ansprache an die Brautleute fand die Messe statt, während welcher dieselben nebst dem Brautsegen auch die hl. Communion empsiengen. 'oawH iaq trnja g> ni jaoqaa.Sa^ ^juil m •o 'B 1 I j ZKZZ «««.«s si ZMLD C :5 d -5 g c g5 ^ S "S S3 -Is =21® ^3™ •*-• n :d ri llit., ist=21 5 Si S,«-E t-j 4ŽT G C ^ J- C it3~ cn:a a * >—( n gs J-» s-» ^ ö 5= o g-tfoi J_» OSJ L^Z^» ZZ uQ Cst 5 3 o s 5^ s® •" IfO. g L 3-g-sS E I s =ss ^|1© J ilfi L Ä g.5 s -L "St: ^Jojg 3 S’ =®S B -S -g^ s B -1 ^3»t|L.= ^ g S 5- d tSS^ — s"^5 g«.S •e e „ »■S-S‘c „ S ^■g B "33 ■sis; S L 05 «- is lil 5 s» g».g :.3 man all den Geschichten, welche in dieser Hinsicht im Volke erzählt ^ werden, Glauben schenken, so mochte es scheinen, als gebe es theil-weise noch heute Zauberer am Nile, welche der Geschicklichkeit jener der Pharaozeit nichts nachgeben. Die gebildeten Moslim unterscheiden zwei Arten von Magie, el-ruhani und el-simija. Erstere oder geistige Magie bringt ihre Effecte hervor durch Vermittlung der Engel und Geister (Djinn) sowie vermittelst der geheimen Kräfte, welche gewissen göttlichen Namen und Eigenschaften innewohnen. Letztere oder natürliche Magie wirkt mit Hilfe gewisser Dämpfe und Dünste von Weihrauch und anderer Ingredienzien auf den Gesichtssinn und die Einbildungskraft ähnlich dem Opium. Diese Art von Magie wird von den Gelehrten als betrügerische Kunst angesehen, welche absonderliche und auffällige Effecte mit natürlichen Mitteln und geschickter Manipulation hervorbringt. Erstere gilt allgemein als wirkliche Magie und wird in ilui (hohe) oder rahmani (göttliche) und sufi (niedere) oder scheitani (teuflische) unterschieden. Die hohe oder göttliche Magie gründet sich auf den Einfluss Gottes, der Engel und guten Geister, ist daher nur frommen Menschen bekannt, welche aus der Tradition und den hl. Büchern die Namen jener höheren, wunderthätigen Wesen und jene Anrufungen erlernen, welche die Erhörung ihrer Wünsche sichern ; sie wird von ihren Kennern nur zu guten Zwecken gehandhabt. Die Kunst, Zaubersprüche zu gutem Zwecke zu schreiben, gehört zu dieser Art Magie, zur Astronomie und Wissenschaft der Geheimnisse der Zahleuziffern. Der Gipfel dieser Magie ist die Kenntnis des höchsten Namens Gottes. Wer diesen kennt, kann durch bloßes Aussprechen desselben vom Tod zum Leben erwecken und vom Leben zum Tode befördern, an jeden beliebigen Ort sich versetzen und alle Wunder an sich und an anderen wirken. Nach Ansicht der Gelehrten ist die Kenntnis jenes Namens nur den Propheten und Gesandten Gottes eigen, aber auch einzelne ausgezeichnete Wely (Heilige) sollen sie besitzen. Die niedere oder teuflische Magie stützt sich, wie schon der Name besagt, auf das Werk des Teufels und anderer böser Geister und wird von schlechten Menschen zu schlechten Zwecken gebraucht. Dazu gehört die sehr (Zauberei oder Hexerei) genannte Kunst. Wir haben bereits bei Behandlung des Geisterglaubens der Legende erwähnt, wonach es dem Djinn gelang und theilweise noch gelingt, die geheimen Beschlüsse Gottes zu erlauschen. Diese Kenntnis des Künftigen theilen sie dann jenen mit, welche durch Talismane und andere Zaubermittel sich ihre Mitwirkung zu magischen Zwecken zu verschaffen wissen. So gibt es Zauberer und Wahrsager, welche angeblich zukünftige Dinge vorhersagen, andere, welche unbekanntes aufdecken, z. B. einen unbekannten Dieb entdecken u. s. w. Dieses Kunststück Derb el-mendel genannt, wird mit Hilfe eines magischen Tintenspiegels in folgender Weise ausgeführt. In einem geschlossenen Raume wird in einem Kohlenbecken Weihrauch und Koriandersamen gebrannt. Neben das dampfende Becken wird ein Knabe, der noch nicht mannbar und noch zu alt sein darf, gesetzt. Der Magier zeichnet auf die Handfläche des Knaben ein magisches Quadrat mit arabischen Ziffern und gießt in die Mitte des Viereckes Tinte. Alsdann wirft er ein Stück Papier mit geschriebener Zauberformel in die Kohle, 116 Der Aberglaube im Nilthale. während er ein anderes Stück Papier mit einem Theil des 21. Verses der 50. Sure, nämlich dem Wort: „Und wir haben dir die Decke abgenommen und dein Auge sieht jetzt scharf", an der Vorderseite der Kopfbedeckung des Knaben anbringt. Diese Formel soll die Augen des Knaben auf übernatürliche Weise öffnen und seinen Blick für geheime Dinge schärfen. Der Magier, die Hand des Kindes haltend und Zauberformeln sprechend, fragt den Knaben, ob er in der Tinte etwas sehe. Der Knabe erwidert: „Ich sehe mein Bild." Der Magier setzt nun seinen Hokuspokus fort und verbrennt solche Mengen von Weihrauch, dass der Rauch den ganzen Raum erfüllt und die Augen beißt, und fragt den Knaben solange, bis er erwidert er sehe das, was er ihn scheu machen will. Der Knabe beschreibt ängstlich und zitternd auf die Frage des Magiers in seinen Antworten das, was er im Tiutenspiegel zu sehen wähnt. Er soll auf diese Weise verstorbene und berühmte Personen sehen und sie in allen ihren Einzeln-heiten beschreiben. — Ich selbst sah nie dieses Kunststück, ließ es mir aber von Augenzeugen beschreiben. Übrigens sind nicht alle Knaben, sondern nur solche von bestimmten Alter und Anlagen dazu fähig; auch Jungfrauen, Frauen und Sclaven sollen geeignete Mediums sein. Es ist mir unmöglich zu sagen, wie weit Magie und Betrug hier im Spiele sind. Wenn auch ein vorheriges Eiu-ständnis zwischen Zauberer und Medium ausgeschlossen erscheint, so wird letzteres von Rauch, Erregung der Sinne und der Einbildungskraft beeinflusst, auch ist es möglich, dass die Antworten des ängstlichen Kindes von den Fragen des Magiers beeinflusst werden. Es bleibt aber unklar, wie dasselbe Personen und Dinge sehen und beschreiben kann, die es nicht einmal dem Namen nach kannte. Nach den einen ist das Derb-el mendel auf Einfluss der guten Geister zurückzuführen und somit göttliche oder hohe Magie; andere sagen, es seien die bösen Geister im Spiele und es sei sonach teuflische oder niedere Zauberei. Viel mehr als in Ägypten ist Zauberei und Hexerei bei den weniger gebildeten Völkern Nubiens und des Sudan im Schwünge. Besonders sind Darfur und Kordofan die Heimat der Zauberei (Sahahir) und Hexerei. Darüber erzählt man sich und glaubt die absonderlichsten Geschichten. Vor allem ist allgemein der Glaube verbreitet, dass gewisse Zauberer und Hexen sich mit Hilfe des Teufels in Hyänen (marafil) verwandeln können und als solche des Nachts unter fürchterlichem Geheul umherziehen und abscheulichen Gesang und Unterhaltung veranstalten. Die nächtlichen Zusammenkünfte dieser marafil-nas oder Hyänenmenschen, ihre wilden Fressgelage bei Cadaveru und ihre heillosen Ausschweifungen werden von denen, die zufällig beizuwohnen das Unglück hatten und welche in der Folge wahnsinnig werden und sterben, als entsetzlich geschildert. Am Tage werden diese unheimlichen Wesen wieder Menschen, sind aber sehr gefährlich, indem sie mit ihren bloßen Blicken die Eingeweide herausreißen, Herz, Hand und Fuß verhexen können, so dass diese Glieder abdorren und der unglückliche Betroffene unter unsäglichen Qualen zugrunde geht. Viele haben daher Furcht, auf eine Hyäne zu schießen, im Glauben, es sei irgend ein Zauberer-oder eine Hexe dahinter. In dieser Furcht werden die Leute durch die Erzählung allerhand grausiger Vorkommnisse bestärkt. So erzählt man von einem Negersoldaten, der am Berge Bela in Sennar nachts auf eine Hyäne schoss und sie verwundete. Als der Soldat am folgenden Morgen den Blutspuren nachgieng, führten sie ihn zur Hütte eines Alten, der im Rufe eines Zauberers stand. Von der Hyäne war nichts zu sehen, hingegen lag in der Hüite der Alte mit einer frischen Wunde, woran er bald starb. Den Soldaten erreichte in kurzem dasselbe Schicksal. — Solche Fälle, die natürlich dazu angethan sind, das Volk in seiner wahnwitzigen Furcht und im Aberglauben Der Aberglaube im Nilthale. zu bestärken, erzählt man viele; niemand hat es gesehen, aber alle haben es gehört und glauben es. — Der letzte Nachkomme der Fundj-Könige, welche im Mittelalter und bis zur Eroberung des Sudan durch Mohammed Ali Pascha über Sennar herrschten, soll, so heißt es, ein irdenes Gefäß (burtna) besitzen, welches die Eigenschaft hat, die marafil-nas oder Hhänenmenschen zu entdecken. Wird eilt solcher in die Nähe des Gefäßes gebracht, so soll ihm ein Hyänenschwanz wachsen. Auf diese Weise sollen einst zwei Hexen entdeckt worden sein, welche sofort an Steine gebunden und im blauen Nile ertränkt wurden. Von anderen Zauberern glaubt man, dass sie sich in Hunde, Katzen, Löwen, Nilpferde, Krokodile verwandeln können; wieder zu Menschen geworden, sollen sie die als Thiere empfangenen Wunden an sich tragen. Manche haben daher Furcht, diese Thiere zu verwunden. Auf einer Nilfahrt kann man zuweilen beobachten, wie abergläubische Ruderknechte einem brüllenden Nilpferde die Worte zurufen: «salam alekom» (Friede mit Dir), womit sie den im Thiere vielleicht versteckten Zauberer begrüßen wollen. Die Furcht vor den- übrigens auch aus der und Ehe bringen, die Ehegatten einander abwendig machen u. s. w. Ein Mann oder eine Frau, welche im Rufe der Zauberei und Hexerei stehen, werden von allen gescheut und ihr bloßer Anblick kann mannigfaches Unheil bringen; es tragen daher manche bestimmte Amulette gegen den Blick der Zauberer. Die Zauberer in Kordo-fan sollen giftige Wüstenwinde anfachen können, die, wie wir gesehen haben, durch böse Geister entstehen. Wie Zauberer und Hexen mit Hilfe der bösen Geister den Menschen schaden können, so gibt es im Sudan auch heiligmäßige Zauberer (Fogara und Fokaha), welche mit Hilfe Gottes und der guten Geister gegen alles Ungemach und Übel schützen. Sie schreiben Amulette, welche den Blick der Zauberei und Hexerei wirkungslos machen. Glaubt sich jemand krank infolge von Zauberei und Hexerei, so geht er zu einem solchen Fagir oder Fakih, der im Rufe steht, Mittel gegen Zauberei und Hexerei zu besitzen. Der Fagir schreibt Koranverse auf Papier, verbrennt es und lässt den Patienten den Rauch einathmen. Der Patient fällt in Zuckungen und Krämpfe, nennt den Namen des Zauberers oder der Hexe und zuvor der Hausherr genossen hat. Diese Vorsicht erklärt sich nicht seltenen Gefahr derVergiftung. Andere sollen Krankheiten anzaubern und anhexen, durch den bloßen Blick Augenkrankheiten, Lähmung der Glieder u. s. w. verursachen. Mit Hilfe der Hexen und Hexenmeister sollen die beleidigten Eheweiber sich an ihren Männern rächen, bis sich dieselben mit ihnen durch ein Geschenk abfinden. Andere wieder sollen Zettel schreiben, welche an einen gewissen Ort gelegt, Zwietracht inFamilien 118 Der Aberglaube int Nilthale. die Art bey Zauberei, die ihm angethan worden, worauf Genesung eintritt, gesetzt, dass das Übel wirklich von Zauberei und nicht von natürlicher Krankheit herrührt, denn gegen letztere gibt es andere abergläubische Mittel. Besonderen Ruf genießen die Fogara von Kordofan und Darfnr, sie sollen ganz wunderthätige Amulette schreiben, selbst solche, welche hieb-, stich- und kugelfest machen. So erzählt man von einem berühmten Fagir von Abu-Haras, der einst einem Officier namens Tamns Aga ein Amulett schrieb, welches den Träger unverwundbar machte. Ans Furcht, der Fagir würde auch anderen Leuten solch mächtige Zettel schreiben, tödtete ihn der Officier. Mit jenem wunderbaren Talisman ausgerüstet vollführte der Aga mit seinen Arnauten die kühnsten Abenteuer im Gebiet der Berta-Neger und setzte durch seine Unverwundbarkeit das ganze Land in Schreckend Alle Versuche seiner habhaft zu werden, scheiterten, bis er endlich nach listiger Zusicherung des Pardons sich selbst in Chartnm stellte, wo er vergiftet wurde. Sein Name lebt noch heute im Munde aller Eingeborener. Ähnlichen Ruf hatte ein Fagir in Rahad. Ein Sclave, der mit einem von ihm geschriebenen Zettel versehen war, konnte auf eine Entfernung von fünf bis sechs Schritt nicht verwundet werden, die Kugel prallte machtlos ab und fiel zu den Füßen des Zielers; andere behaupteten, der Schuss gehe nicht los und wenn er losgehe, löse sich die Bleikugel in Rauch auf; auch geschleuderte Lanzen prallten wie Strohhalme an ihm ab. Nur in einem Falle hörte die wunderbare Wirkung des Amulettes auf, nämlich wenn die Bleikugel durch eine solche aus Silber ersetzt wurde. Solche Zetteln, welche gegen Bleikugeln schützten, gab es in Darfur viele; aber kein Fagir konnte wirksame Amulette gegen Silberkugeln schreiben. Dieser Glaube war allgemein. Als daher in den Siebziger-Jahren Darfur erobert werden sollte, wollten die abergläubischen Soldaten nicht gegen die Eingeborenen vorgehen. Der schlaue König der Sclavenhändler Ziber besiegte jedoch den Aberglauben seiner Soldaten, indem er in Chartnm eine große Anzahl Thaley zu Silberkugeln eingießen ließ, welche keinen Respect vor den Amuletten der Eingeborenen hatten. Zu den berühmtesten wundetthätigen Fogara des Sudan sind noch die Fellata zu zählen. Von ihnen erzählt man sich die absonderlichsten Kunststücke. Ein solcher Fagir soll unter Hersagen von Zauberformeln seinen Mantel in die Luft geworfen haben, welcher sich nun über sein Haupt ausbreitete unb von unsichtbaren Händen gehalten, ihm als Sonnenschirm diente. Wenn Regen eintrat, warf er einfach eine Handvoll Sand in die Luft, worauf sich sofort die Wolken nach rechts und links zertheilten, so dass der Wundermann mit Begleitung unter heiterem Himmel ritt, während zu beiden Seiten der Regen in Strömen niederfiel. Von den alten Sultanen in Darfur glaubte man, dass sie eine Anzahl Menschen zu ihrer Verfügung hatten, die sich in Wind und Luft verwandeln, unsichtbar machen und ungesehen von einem an den andern Ort versetzen konnten. Auch von den zelotischen Takrnri werden Wunder erzählt. Manche von ihnen sollen sich auf dem einen Ufer in den Nil werfen und im gleichen Momente zum Entsetzen der Leute lebendig auf dem Gegenufer wieder auftauchen. — Dass man solch wunderthätige Leute mit Scheu und Rücksicht behandelt, versteht sich. Sich an ihnen vergreifen ist gefährlich, wie es natürlich wieder viele erfahren haben sollen. Der Sultan von Darfnr befahl eines Tages seinen Leuten, einen Fagir zu ergreifen und einzukerkern. Als die Bedienten gehorsam die Hände nach dem Delinquenten ausstreckten, blieben ihre Hände steif und unbeweglich. Erschreckt bat der Sultan den Fagir, seinen Leuten den Gebrauch der Hände zurückzugeben, was auch geschah. Schließlich sind noch gewisse Wurzeln und Kräuter zu erwähnen, denen Der Aberglaube int Nilthale. 119 geheimnisvolle Zauberei und Verhexungskräfte innewohnen. In Ägypten ist dieser Aberglaube seltener, desto verbreiteter aber im Sudan, besonders in Kvrdofan, Darfur, Sennar. Die geschicktesten in der Anwendung dieser Kräuter und Wurzeln sind die Fellata. Sie sind es auch in erster Linie, welche dem volks-thümlichen Aberglauben, der vielleicht schon von altersher bestand, gewissermaßen eine religiöse Weihe gegeben haben, indem sie die wunderthätige Wirkung der Kräuter und Wurzeln in Zusammenhang mit dem Koran brachten. Diese schlauen Zeloten sagen nämlich, dass die heiligen Bücher, welche Gott den Propheten Adam, Seth, Abraham, Moses u. j. w. gegeben habe, irgendwo vergraben worden seien, und dass an diesen Orten durch Gottes Willen jene Kräuter und Wurzeln keimten; der Wind habe alsdann die Samen zerstreut und im Laufe der Zeit seien in diesen Gewächsen die wnnderthätigen Eigenschaften entdeckt worden, welche in jenen alten, vergrabenen Büchern enthalten waren und die göttliche Kraft auf die Gewächse übertragen haben. Diese Erklärung genügt vollständig, um diesen Gewächsen den Credit im abergläubischen Volke zu sichern. In Darfnr und anderswo gibt es Leute, welche sich ausschließlich damit beschäftigen, bestimmte Wurzeln zu sammeln, zu Zwecken der Zauberei zu verwenden oder zu verkaufen. Die Wirkungen der Wurzeln sind inannigfach. Die einen sichern die Gunst des, Sultan, verschaffen Freundschaft und Liebe u. s. w. Andere haben schädliche Wirkungen: es gibt solche, welche im Schatten des Hauses eines Feindes vergraben, bewirken, dass der Feind von plötzlicher Gehirnentzündung ergriffen werde; andere verursachen Lethargie und Schlafsucht. Dieser letzteren bedienen sich mit Vortheil die Diebe. Der Dieb dringt nachts in eine Wohnung, macht mit einem Horne, in welchem sich die Wurzel befindet, drei Zeichen über die Wohnung und versetzt so alle Bewohner in tiefste Lethargie; alsdann raubt und stiehlt er nach Herzenslust, schlachtet Hammel, bratet und verzehret sie, gibt den Schlaftrunkenen sogar Stücke der gebratenen Leber in die Hände und zieht sich ungeschoren zurück. Fast^noch wunderthätigere Wurzeln gibt es im Lande der Hamedj und Fundj in Scnnar. Eine derselben, welche dem Besitzer alles erdenkliche irdische Glück verschafft, ist so gewaltig, dass die Leute von ihrer Krast betäubt beim blossen Ausgraben derselben ohnmächtig zur Erde fallen. Diese Wurzel wird häufig an den Schweif eines Hundes gebunden. Eine andere Wurzelart macht den Träger unempfindlich gegen Schläge, Stöße und Verwundungen; solange man jedoch die Wurzel bei sich trägt, darf mau nichts essen, denn dies hebt die Wirkungskraft derselben auf. — Eine andere Wurzel, vom Verfolger in den Mund genommen, macht dem Feinde das Laufen unmöglich. — Wieder andere haben die Eigenschaft, das Gold in der Erde zu entdecken. Zu dem gleichen Zwecke bedienen sich die Leute auch anderer Mittel. Um das Gold, welches die temporären Gießbäche in Fazokl mitführen, zu entdecken, benetzt man den Ort, wo Gold vermuthet wird, mit dem Blute, das man sich durch eine leichte Verwundung selbst entzieht, wirft Korn und Kohlen darauf, worauf sich das Gold zeigen soll. — Schließlich schützen manche Wurzeln gegen das Auge der Hexen und Zauberer, machen unsichtbar u. s. w. — Im Glauben an all diese Wirkungen nähen die Eingeborenen wunderthätige Wurzeln und Kräuter in Schlangen- und Eidechsen-hänte und tragen sie gleich den geschriebenen Amuletten an Kopf, Hals, Arm, Fuß. Mit der Zauberei hängt noch die Alchymie zusammen. Zahlreiche studieren dieselbe, werden aber von den Besonnenen meist verlacht und als Betrüger angesehen. ^ Durch das Studium dieser falschen Wissenschaft gewinnen die Leute einige Kenntnisse in der Chemie und in Anbetracht des geringen Ansehens, in dem im Oriente die Naturwissenschaften stehen, deutet es auf einen thätigen Geist, wenn 120 Verschiedenes. jemand sich mit Alchymie abgibt. Die Alchymisten geben vor, eine Substanz in eine andere zu verwandeln, Gold, Blei u. s. to. entdecken und fertigen zu können. Das Volk nennt manchen Alchymisten, der wunderbares geleistet haben soll und es gibt deren noch jetzt. Fordert man sie jedoch auf, ihre Kraft zu zeigen, so erklären sie, ihr Geheimnis nicht verrathen zu wollen, wohl der sicherste Beweis dafür, dass sie nichts wissen. Desungeachtet glaubt das Volk an die Möglichkeit ihrer Kunst. (Fortsetzung folgt ) yrtldiirim's. Empfänglichkeit der Neger für das Lhristenthum. In Nummer 2, S. 45, wurde bereits etwas weniges zu diesem Gegenstände gebracht. Hier mögen einige weitere Zeilen folgen, die wir dem Berichte eines unserer Missionäre entnehmen. „Es ist begreiflich, dass besonders der Neger in der Religion Christi Befriedigung und Aufrichtung findet. Die Tausende von mohammedanischen Negern, welche in Ägypten und Nubien leben, werden von ihren Religionsgenossen stets als Sclaven betrachtet und behandelt. Die christlichen Neger erfreuen sich mit allen anderen Christen ein und derselben Behandlung. Sie gehen mit den Weißen in dieselbe Kirche, zum selben Beichtstuhl, zur selben Communionbank; der Prieäer geht zu ihren Kranken in elende Hütten ebenso bereitwillig wie in die Häuser der Reichen; am Lager ihrer Sterbenden kniet derselbe Priester wie am Lager der Wohlhabenden; sie gehen mit Weißen bei derselben Procession: da wird es ihnen bewusst, dass auch sie Kinder des einen Gottes und gleichberechtigte Glieder derselben Kirche sind; sie werden sich erst ihrer Menschenwürde bewusst und hängen mit Liebe an der Religion, die ihnen zu ihren Rechten verhalf. Diese Religion bildet auch ihren Trost im Tode. Die Katechnmenen sind ängstlich besorgt, ja nicht ohne Taufe zu sterben. In kindlicher Einfalt riefen mich Knaben, welche sich am Finger oder Fuß verletzt hatten, und baten, sie schnell zu taufen, damit sie als Christen sterben. Am Sterbelager eines Negers kann sich jeder erbauen: Gespräche über Gottes Güte und Vorsehung, über das Leiden Christi, den Himmel, gewähren ihnen mehr Trost als alles andere; und wenn nicht die Schmerzen zu arg werden und der Kranke stöhnt und seufzt, da macht ihn die Erinnerung an Christi Leiden ruhig und er sagt: für Jesus dulde ich es! Welcher Trost für einen Missionär, diese Neger, die einst zucht- und gesetzlos herumirrten, in deren Brust die rohesten Gefühle und Begierden sich tummelten, die zeitlebens verachtet und verfolgt das Bewusstsein ihrer Menschenwürde verloren hatten, als fromme Christen leben und sterben, im Kreuze Jesu Christi Trost und Erhebung, Friede und Ruhe finden zu sehen! Wahrlich, es ist aller Opfer und Mühen wert, den Negern den Zutritt zur Religion Jesu zn ermöglichen, denn diese allein kann Licht in ihre Finsternis, Trost in ihre Bitterkeit, Heilung in ihre Wunden, Ordnung und Sitten in ihre Gesetzlosigkeit und Verkommenheit bringen." Hin Missionär, S. d. h. H. Für die Redaction: P. Taver Geyer, F. S. C. Druck von A. Weger's fb. Hofbnchdruckerei, Brixen.