Dkil Ehmürdizeil tzrükeni, Patriarchen, Primaten, Erzliischase» nni> Kischäfen de; ganzen kahalischrn Erdkreises, melche in Gnade und Gemeinschaft mit dem Apostolische« Stuhle stehen Leo XIII. Papst. Ehrwürdige Müder! Heil und apostolischen Segen! Nachdem das Menschengeschlecht durch den Neid des Teufels von Gott, dem Schöpfer und Spender der himmlischen Gaben, elendiglich abgefallen war, spaltete es sich in zwei verschiedene feindliche Parteien, deren eine unablässig für Wahrheit und Tugend kämpft. Erstere ist Gottes Reich auf Erden, nämlich die wahre Kirche Jesu Christi, und wer ihr vom Herzen und zu seinem Heile anhängen will, muß Gott und seinem eingeborenen Sohne aus ganzer Seele und mit voller Bereitwilligkeit dienen; die letztere ist Satans Reich, in dessen Macht und Gewalt Alle sind, die, dem unheilvollen Beispiele ihrer Führer und der ersten Eltern folgend, sich weigern, dem ewigen göttlichen Gesetze zu gehorchen, und Vieles ohne Gott, Vieles gegen Gott anstreben. Dieses doppelte Reich, zwei Staaten mit entgegengesetzten Bestrebungen vergleichbar, hat Augustinus scharfsinnig aufgefaßt und beschrieben und beider bewirkenden Grund mit ausdrucksvoller Kürze in folgenden Worten zusammengefaßt: „Zwei Arten der Liebe haben zwei verschiedene Reiche hervorgebracht: das irdische nämlich die Selbstliebe bis zur Verläugnung Gottes; das himmlische aber die Gottes¬ liebe bis zur Selbstverläugnung." — Beide haben miteinander mit mannig¬ faltigen Waffen und auf verschiedene Kampfesweise zu jeder Zeit gestritten, obwohl nicht immer mit gleicher Wuth und gleichem Feuer. In unserer Zeit aber scheinen die Anhänger der schlechten Partei sich sämmtlich ver¬ schworen zu haben und auf's Heftigste zu kämpfen unter Anführung und Unterstützung des weitverbreiteten und wohlorganisirten sog. Freimaurer¬ bundes. Denn, ohne noch ihre Pläne zu verheimlichen, stacheln sie sich gegenseitig auf das Frechste gegen Gottes Majestät auf, streben ganz offen das Verderben der hl. Kirche an und zwar mit der Absicht, die christlichen 2 Völker der durch unseren Heiland Jesus Christus erworbenen Heilswohl- thaten, wenn es möglich wäre, gänzlich zu berauben. — Indem Wir über solches Unglück seufzen, fühlen Wir Uns oft angetrieben im Drange der Liebe zu Gott zu rufen: „Sieh', Deine Feinde sind laut geworden, und die Dich hassen, haben ihr Haupt erhoben. Ueber Dein Bolk haben sie Bosheit ersonnen und wider Deine Heiligen haben sie Böses erdacht. Sie sagten: Kommt und lasset uns sie zerstreuen." Bei dieser dringenden Gefahr, bei dieser gewaltigen und hartnäckigen Bekämpfung des christlichen Namens ist es Unsere Pflicht, auf die Gefahr hinzuweisen, die Gegner zu bezeichnen und ihren Anschlägen und Ränken nach Möglichkeit zu widerstehen, damit die nicht ewig zu Grunde gehen, deren Heil Uns anvertraut ist, und das Reich Jesu Christi, dessen Schutz Wir übernommen, nicht nur aufrecht stehe und unversehrt bleibe, sondern auch überall neues Wachsthum gewinne. Die römischen Päpste, Unsere Vorgänger, sorgsam wachend für das Heil des christlichen Volkes, haben schnell erkannt, wer dieser aus der Dunkelheit der Verschwörung auftauchende Hauptfeind war und was er wollte, und haben mit einem Blicke in die Zukunft Fürsten und Völkern gleichsam ein Zeichen gegeben und sie gewarnt, sich nicht durch die bereit gehaltenen Ränke und Nachstellungen fangen zu lassen. Die erste Anzeige der Gefahr geschah durch Clemens XII. im Jahre 1738, dessen Constitution von Benedict XIV. bestätigt und erneuert wurde. In beider Fußstapsen trat Pius VII., und Leo XII. hat in der apostolichen Constitution „Huo Zraviorg/' die Decrete der früheren Päpste zusammengefaßt und für immer giltig erklärt. In demselben Sinne haben sich Pius VIII., Gregor XVI., besonders oft aber Pius IX. ausgesprochen. Da nämlich Einrichtung und Geist der Freimaurersekte aus sicheren Anzeichen, durch gerichtliche Unter¬ suchung, durch Veröffentlichung ihrer Satzungen, Gebräuche und deren Auslegungen, wie auch ost durch Bekenntnisse der Wissenden bekannt geworden waren, so hat daher der apostolische Stuhl offen erklärt, daß die Maurersekte einen unrechtmäßigen Bestand habe und nicht minder dem Christenthum als dem Staate verderblich sei, und hat unter solchen Strafen, durch welche die Kirche in schweren Fällen gegen Schuldige einschreitet, den Beitritt zu diesem Bunde verboten. Darum beschuldigten die Mitglieder desselben, in der Meinung, die Wirkung dieser Urtheils- sprüche durch Verachtung oder Verleumdung verhindern oder abschwächen zu können, die römischen Päpste, entweder Ungerechtes angeordnet oder das Maß hiebei überschritten zu haben. Auf diese Weise suchten sie in der That das Ansehen und Gewicht der apostolischen Constitutionen Clemens' XII., Benedict's XIV., ebenso Pius' VII. und Pius' IX. zunichte zu machen. Allein in jenem Bunde selbst fehlte es nicht an Solchen, die sogar gegen ihren Willen zugaben, die Handlungsweise der römischen Päpste sei in Anbetracht der katholischen Lehre und Kirchenzucht voll¬ kommen berechtigt. Hierin haben den Päpsten viele Fürsten und Staatslenker offenbar beigestimmt, die es sich angelegen sein ließen, die Freimaurersekte entweder beim apostolichen Stuhle zu belangen oder selbstständig durch hierüber erlassene Gesetze zu verurtheilen, wie in Holland, Oesterreich, der Schweiz, Spanien, Bayern, Savoyen und anderen Theilen Italiens. 3 Besonders wichtig ist jedoch, daß die Ereignisse die Voraussicht Unserer Vorgänger gerechtfertigt haben. Denn ihre achtsame nnd väterliche Sorge hatte weder immer noch überall den gewünschten Erfolg, und zwar entweder in Folge der List und Verstellung der Schuldigen oder des unbesonnenen Leichtsinnes der Uebrigen, in deren Interesse es hauptsächlich gewesen wäre, fleißig auf der Hut zu sein. Darum hat die Freimaurersekte im Laufe von anderthalb Jahrhunderten einen ungeahnten Aufschwung genommen nnd, kühn und listig in alle Stände sich einschleichend, so viel Macht, erlangt, daß sie in den Staaten fast die Oberhand zu haben scheint. Durch diesen so raschen und Schrecken erregenden Gang ist wirklich gegen die Kirche, gegen die Fürstengewalt, gegen das öffentliche Wohl das Unheil erfolgt, welches Unsere Vorgänger längst vorhergesehen hatten. Denn es ist so weit gekommen, daß zwar nicht für die Kirche, die ein zu festes Fundament hat, um durch menschliche Macht zu Falle gebracht zu werden, wohl aber für jene Staaten zu fürchten ist, in denen die in Rede stehende Gesellschaft herrscht oder andere ähnliche Sekten, die sich zu ihren Dienern und Trabanten hergeben. Aus diesen Gründen sahen und fühlten Wir, sobald Wir das Steuer der Kirche ergriffen hatten, vollkommen die Nothwendigkeit, einem solchen Uebel mit Unserer Autorität nach Möglichkeit entgegenzutreten. — So haben Wir denn öfter die Gelegenheit wahrgenommen, einige Hauptpunkte der Lehren zu besprechen, auf welche besonders die Verkehrtheit der freimaurerischen Ansichten Einfluß genommen zu haben schien. So haben wir es unternommen, in Unserer Encyclika „tzuoä ^xostoliei inunorm" die Schreckenslehren der Socialisten und Commu¬ nisten zu widerlegen; dann bestrebten Wir Uns, in der anderen Encyclika „^rounuin" die wahre und echte Bedeutung der Familie, deren Quelle und Ursprung in der Ehe liegt, zu schützen und zu erklären; ferner legten wir in der Encyclika „viuturnum" die Gestaltung der politischen Gewalt nach den Grundsätzen der christlichen Weisheit dar, wie sie mit dem Wesen der Dinge und der Wohlfahrt der Völker und Fürsten wunderbar zusammenhängt. Nun aber haben Wir beschlossen, nach dem Beispiele Unserer Vorgänger, geradewegs gegen den Frei¬ maurerbund selbst, seine gesammte Lehre, seine Pläne, seine Denk- und Handlungsweise aufzutreten, damit dessen verderbliches Wirken mehr und mehr aufgedeckt werde, und dies zur Vermeidung unheilvoller Ansteckung beitrage. Es gibt verschiedene Sekten, welche zwar dem Namen, den rituellen Gebräuchen, der Form und dem Ursprünge nach von einander abweichen, aber doch, da sie durch eine gewisse gemeinsame Tendenz und ähnliche leitende Grundsätze unter sich verbunden sind, in der That von der Sekte der Freimaurer sich nicht unterscheiden, die gewissermaßen das Centrum ist, von welchem alle ausgehen und wohin alle zurückkehren. Obgleich nun diese sich jetzt ganz und gar nicht in der Finsterniß ver¬ bergen zu wollen scheinen, bei Hellem Tage Angesichts ihrer Mitbürger ihre Zusammenkünfte halten und ihre Tagesblätter veröffentlichen, so verleugnen sie gleichwohl nicht, wenn man genau zusieht, die Natur und den Charakter geheimer Gesellschaften. Manches bei ihnen wird nämlich 1* L als G eh e im n iß behandelt und gemäß der Statuten mit der über¬ triebensten Sorgfalt nicht bloß den Nichtmitgliedern, sondern auch sehr vielen Mitgliedern verborgen, so z. B.: ihre eigentlichen und letzten Pläne, die obersten Vorgesetzten der einzelnen Abtheilungen, gewisse geheime Zusammenkünfte der eingeweihtesten Abtheilungen, gewisse Beschlüsse, die Art und Weise und die Mittel ihrer Ausführung. Hieher gehören die mannigfaltigen Unterschiede in den Rechten, Pflichten und Aemtern der einzelnen Mitglieder, die feste Organisation und die Unterschiede nach Ordnungen und Graden, die strenge Handhabung der Disciplin. Die Eintretenden müssen geloben, ja sogar in der Regel mit einem besonderen Eide beschwören, niemals und auf keine Weise an irgend Jemanden die Mitglieder, die geheimen Schriften und Lehren zu verrathen. So suchen sich die Freimaurer stets hinter einen trügerischen Schein und mit dem Deckmantel der Verstellung, wie ehemals die Manichäer, zu ver¬ bergen und keine anderen Zeugen zu haben als ihre Anhänger. Sie suchen sich zu verbergen, indem sie sich die Männer der Wissen¬ schaft und Literatur nennen, und behaupten, nur der Bildung wegen dem Orden beigetreten zu sein. Sie führen immer nur das Streben nach feineren Umgangsformen, die Liebe zum armen Volke im Munde. Sie thun, als hätten sie es einzig darauf abgesehen, die Gesammtlage des Volkes zu verbessern und die socialen Vortheile zum Gemeingut Aller zu machen. Wenn sie auch diese Absichten wirklich hätten, so ist doch nicht darin alles Streben enthalten. Denn außerdem müssen Diejenigen, welche ausgenommen sind, versprechen und sich verpflichten, ihren Führern und Meistern mit der größten Willfährigkeit und Gewissenhaftigkeit zu gehorchen, sie müssen bereit sein, auf jeden Wink und auf ein gegebenes Zeichen ihre Befehle auszuführen; weigern sie sich, so sind sie jedem Strafgericht, ja selbst dem Tode verfallen. Und in der That wird gar nicht selten über Diejenigen, welche der Verletzung des Geheimnisses oder des Ungehorsams gegen die Obern schuldig befunden werden, die Todes¬ strafe verhängt und mit solcher Verwegenheit und Hinterlist ausgeführt, daß der Mörder sehr oft den Augen der spähenden und strafenden Ge¬ rechtigkeit verborgen bleibt. Nun aber ist es eine ausgemachte Thatsache: Sich verstellen, immer lichtscheu die Verborgenheit suchen, Menschen nach Sklavenart durch ein unauflösliches Band an sich fesseln, ohne daß der Grund dazu hinreichend klar vorliegt, fremder Willkür Anheimgegebene zu jeder Frevelthat mißbrauchen, die Hand zum Morde bewaffnen, und überdies der strafenden Gerechtigkeit zu entfliehen suchen, das ist eine Ungeheuerlichkeit, welche sich nicht mit der Natur verträgt. Somit wird durch die Vernunft und die Wahrheit bewiesen, daß die in Rede stehende Gesellschaft mit der Gerechtigkeit und mit der natürlichen Sittlichkeit in Widerspruch steht. Und dies um so mehr, weil noch andere einleuchtende Gründe den Beweis liefern, daß eine solche Verbindung der Sittlichkeit widerstreitet. Denn mag auch bei den Menschen die Kunst der Verstellung und die Gewohnheit zu lügen, noch so groß sein, so verräth doch noth- wendigerweise eine jede Ursache durch ihre naturgemäßen Wirkungen ihre eigentliche innerste Natur. „Ein guter Baum kann keine bösen Früchte bringen, und ein böser Baum keine guten Früchte." Die Sekte der 5 Freimaurer aber zeitigt sehr gefährliche und bitterschmeckende Früchte. Denn die obengenannten ganz zuverlässigen Anzeichen legen klar und deutlich das letzte Ziel ihrer Pläne dar. Nämlich darauf sinnen sie, die ganze Einrichtung der Religion und des öffentlichen Lebens, wie sie das Christenthum hervorgebracht, von Grund auf zu zerstören und eine neue nach ihrem Sinne zu schaffen, auf Grundlage und mit Gesetzen, die vollständig im Naturalismus wurzeln. Was Wir hier sagten und noch sagen werden, ist von der Frei¬ maurersekte als Ganzes zu verstehen und insofern sie noch andere verwandte und Verbündete Gesellschaften umschließt, keineswegs aber von jedem einzelnen Mitglieds Unter diesen können immerhin Einige und selbst nicht Wenige sein, welche, obschon ihr Beitritt zu solchen Gesell¬ schaften nicht frei von Schuld ihrerseits ist, doch einerseits nicht selber schon Mitschuldige an jenen schlechten Thateu sind, andererseits die letzten Ziele der Freimaurerei nicht kennen. Ebenso billigen vielleicht manche der Zweiggesellschaften durchaus nicht die äußersten Consequenzen, welche, da dieselben naturnothwendig aus den allgemeinen Grundsätzen hervor¬ gehen, folgerichtig angenommen werden müßten, wenn nicht das Laster selbst durch seine Schändlichkeit davor zurückschreckte. Desgleichen läßt die Rücksicht auf die Verhältnisse von Zeit und Ort es manchen Gesell¬ schaften rathsam erscheinen, nicht Alles zu sagen, was sie gerne aus¬ führen möchten oder andere zu thun Pflegen; aber deshalb hören sie nicht auf, wirklich dem Freimaurerbunde anzugehören; denn nicht nach seinen Handlungen und Erfolgen ist der Freimaurerbund zu beurtheilen, sondern nach seinem Programm. Kommen Wir nun auf die Naturalisten zurück. Ihr Hauptgrundsatz ist, wie schon ihr Name es genugsam ausdrückt, daß die menschliche Natur und die menschliche Vernunft selbst in allen Verhältnissen der Menschen Lehrerin und Führerin sein müsse. Von diesem Grundsatz ausgehend, legen sie auf die Pflichten gegen Gott wenig Gewicht, oder entstellen dieselben durch irrige und unbestimmte Lehrmeinungen. Sie leugnen nämlich, daß von Gott irgend Etwas geoffenbart sei, sie dulden kein religiöses Dogma; nach ihnen ist nichts wahr, was die menschliche Ver¬ nunft nicht ergründet, und gibt es keinen Lehrer, dem man auf seine amtliche Autorität hin Glauben schenken müßte. Da es aber die besondere und ihr allein zustehende Aufgabe der katholischen Kirche ist, die von Gott empfangene Offenbarung und das Lehramt, sowie die übernatür¬ lichen Heilsmittel vollständig zu bewahren, rein und unversehrt zu erhalten, deshalb richten sich gegen sie aller Zorn und die wüthendsten Angriffe der Feinde. Nun betrachte man das Vorgehen der Freimaurerei in Angele¬ genheiten der Religion namentlich dort, wo sie sich freier bewegen kann; hat es nicht wirklich den Anschein, als wollte sie die Befehle der Natura¬ listen durch die Thal ausführen? Seit langer Zeit wird rastlos daran gearbeitet, dem Lehramte und der Autorität der Kirche jeglichen Einfluß im Staate zu entziehen, und darum erklären sie vor aller Welt und vertheidigen es, daß Kirche und Staat getrennt werden müßten. 6 So verhindern sic den so heilsamen Einfluß der katholischen Kirche ans die Gesetzgebung und die Verwaltung des Staates. Und in Folge dessen glauben sie, alle staatlichen Verhältnisse müßten ohne Rücksichtnahme auf die Einrichtung und die Gesetze der Kirche geregelt werden. Es ist ihnen aber nicht genug, die Kirche, die beste Führerin, zu verachten, sondern sie wollen ihr auch noch Wunden beibringen. In der That kann man ungestraft die Grundlagen der Kirche erschüttern durch Wort, Schrift und Kathedervorträge, für die Rechte der Kirche gibt es keine Schonung, für die Ausübung der ihr von Gott übertragenen Amtsverpflichtungen keine Gnade. Die Freiheit ihrer Bewegung ist allseitig gehemmt und zwar durch Gesetze, welche dem Scheine nach nicht so gewaltthätig sind, die Freiheit der Kirche zu beeinträchtigen. Dem Clerus werden schwere Ausnahmegesetze aufgelegt, und in Folge dessen lichten sich seine Reihen von Tag zu Tag, es gehen ihm immer mehr und mehr die zum Lebensunterhalt nöthigen Mittel ab, und die der Kirche noch verbleibenden Güter können nicht mehr frei von ihr verwaltet werden, vielmehr sind sie der Gewalt und Willkür der Staatslenker anheimge¬ geben, die religiösen Orden sind aufgehoben und zerstreut. Bor Allem werden seit Langem gegen diesen apostolischen Stuhl und den römischen Papst die Angriffe verdoppelt. Zuersthat man ihn unter betrügerischen Vorwänden aus dem Bollwerke seiner Freiheit und seines Rechtes, aus seinem weltlichen Besitzthum hinausgestoßen, sodann hat man ihn in eine Lage gedrängt, welche nicht blos eine höchst traurige, sondern in Anbetracht der von allen Seiten sich erhebenden zahlreichen Schwie¬ rigkeiten eine geradezu unerträgliche ist. Augenblicklich ist es endlich schon so weit gekommen, daß die Anhänger der Freimaurersekten ihre lange nur heimlich gehegten Pläne unumwunden aussprechen, nämlich die heilige Macht der Päpste müsse aufgehoben, das Papstthum selbst, welches kraft göttlichen Rechtes eingesetzt ist, müsse vom Erdboden ver¬ tilgt werden. Wenn auch keine anderen Beweise für diese Pläne vorlägen, so genügte doch hiefür das Zeugniß von Männern, welche in die Geheimnisse der Loge eingeweiht sind. Um von früheren häufigen Aussagen gar nicht zu reden, so haben noch in jüngster Zeit viele derselben erklärt, es sei vollkommen richtig, daß die Freimaurer vor Allem und einzig darauf ausgehen, den Katholicismus mit unversöhnlicher Feindschaft zu verfolgen und nicht eher zu ruhen, als bis sie Alles vernichtet haben, was immer die Päpste im Interesse der Religion gestiftet hätten. Und wenn Diejenigen, welche in die Sekte ausgenommen werden, auch nicht ausdrücklich die katholische Religion abschwören müssen, so widerstreitet dies keineswegs den Absichten der Maurer, sondern entspricht denselben vielmehr. Denn auf diese Weise täuschen sie immer wieder leicht die Unbefangenen und Unvorsichtigen nnd laden noch viele Andere zum Eintritte in ihre Sekte ein. Indem sie dann das erste Beste von jedem beliebigen religiösen Ritus annehmen, verbreiten sie jenen großen Jrrthum unserer Zeit, die Sorge um die Religion sei eine Nebensache, und es sei gar kein Unterschied zwischen den verschiedenen Religionen. Ein solches Vorgehen zielt ans den Untergang aller Religionen und besonders der katholischen ab, welche, da sie allein die wahre ist, nicht ohne das größte Unrecht den anderen gleichgestellt werden kann. Aber die Naturalisten gehen noch weiter. Da sie keck in den Hauptfragen einen total fanatischen Weg eingeschlagen, so kommen sie rasch und ehe sie es sich versehen, ans die äußersten Consequenzen, sei es durch die Schwäche der menschlichen Natur, sei es durch das göttliche, den Stolz verfolgende Strafgericht. Und daher bleibt für sie auch nicht einmal mehr dasjenige sicher ausgemacht, was doch mit dem natürlichen Lichte der Vernunft klar erkannt wird, die Existenz Gottes, die Geistigkeit und Unsterblichkeit der menschlichen Seele. — Auch die Sekte der Freimaurer scheitert auf ganz ähnlicher Irrfahrt an diesen Klippen. Denn wenn sie auch im Allgemeinen bekennen, daß ein Gott existire, so müssen sie doch von sich selbst bezeugen, daß diese Wahrheit in den Einzelnen nicht feste Ueberzeugung findet, noch durch ein unver¬ änderliches Urtheil Halt hat. Denn sie verhehlen nicht, daß die Lehre über Gott für sie die Hauptquelle und Ursache der Uneinigkeit sei; ja man weiß sogar, daß vor nicht zu langer Zeit gerade über diesen Punkt ein nicht unbedeutender Streit unter ihnen ausgebrochen. In der That aber läßt die Sekte den Mitgliedern hierin große Freiheit, so daß Einer mit gutem Rechte die Existenz Gottes Vertheidigen, der Andere sie leugnen kann, und die erklärten Gottesleugner werden eben so leicht ausgenommen als Jene, die zwar einen Gott annehmen, aber über ihn falsche Begriffe aufstellen, wie es die Pantheisten zu thun pflegen. Das heißt aber nichts Anderes, als ein ungereimtes Scheinbild der Gottheit beibehalten und die Wahrheit aufheben. Wo einmal dieses festeste Fundament unterwühlt und zerstört ist, da muß natürlich auch das wanken, was zu erkennen uns die Natur selbst anleitet: daß Alles durch den freien Willen Gottes geschaffen, daß die Welt von Gottes Vorsehung gelenkt, daß die Seele nimmer untergehe, daß diesem Erdenleben der Menschen ein anderes, ewig dauerndes folge. Sind aber einmal diese Wahrheiten preisgegeben, welche als die maßgebenden natürlichen Principien für alle Theorie und Praxis gelten, so ist leicht einzusehen, welch eine ungeheuere Verwilderung in die private und öffentliche Sittlichkeit eindringen muß. Wir reden hier nicht von den übernatürlichen Tugenden, die Niemand ohne eine besondere Gabe und Gnade Gottes ausüben und erlangen kann. Von diesen kann sich gewiß bei denen keine Spur finden, welche die Erlösung des Menschen¬ geschlechtes, die himmlische Gnade, die Sakramente und die Erlangung der Seligkeit im Himmel als unbekannte Dinge zurückweisen. Wir sprechen von den Pflichten, die sich aus der natürlichen Sitt¬ lichkeit ergeben. Denn Gott als Spender und weiser Lenker der Welt; das ewige Gesetz, welches die Erhaltung der natürlichen Ordnung befiehlt, deren Störung verbietet; ein letztes, überirdisches, außerweltliches Ziel der Menschen: das sind die Quellen, das die Grundlagen aller Gerechtigkeit und Sittlichkeit. Entfernt man diese, wie es die Naturalisten und ebenso die Freimaurer thun, so hat die Keuntniß von Recht und Unrecht keine Stütze, keinen Halt mehr. Und wirklich ist die Sittenlehre, welche dem 8 Freimaurerbunde einzig genehm ist, und worin nach ihrer Behauptung schon die Jugend unterrichtet werden soll, die sogenannte weltliche, emancipirte und freisinnige, d. h. auf welche keinerlei religiöse Meinung Einfluß hat. Wie armselig, ohnmächtig und haltlos bei jedem Luftzuge der Begierden diese ist, geht aus den theilweise schon sichtbaren beklagenswerthen Früchten hinlänglich hervor. Denn wo sie nach Ent¬ fernung des christlichen Unterrichtes weiter um sich greift, dort verfallen schnell die guten Sitten, nehmen ungeheuerliche Ansichten überhand, und schreitet die Frechheit der Verbrechen mit Riesenschritten einher. So wird allgemein geklagt und gejammert, und das bezeugen auch nicht selten Solche, die gegen ihren Willen durch die offenkundige Wahrheit hiezu veranlaßt werden. Da ferner die menschliche Natur durch die Erbsünde befleckt und darum mehr zum Laster als zur Tugend geneigt ist, so ist es zur Sitt¬ lichkeit unumgänglich erforderlich, die Gemüthsbewegungen im Zaume zu halten und die Begierden der Vernunft zu unterwerfen. In diesem Kampfe ist sehr oft Verachtung menschlicher Rücksichten anzuwenden, und sind die größten Anstrengungen und Beschwerden zu erdulden, damit die Vernunft stets siegreich ihre Herrschaft behaupte. Allein die Naturalisten und Freimaurer, ohne Glauben an eine göttliche Offenbarung, leugnen den Fall des Stammvaters des menschlichen Geschlechtes und halten dafür, der freie Wille sei in nichts „verringert und geschwächt". Ja, indem sie die Kraft und Vortrefflichkeit der Natur übertreiben und sie als einzige Grundlage und Richtschnur der Sittlichkeit aufstellen, können sie sich nicht einmal vorstellen, daß es zur Niederhaltung und Bezähmung ihrer Begierden beständigen Kampfes und hoher Standhaftigkeit bedürfe. Daher sehen wir, wie den Leuten allenthalben zahlreiche Reiz¬ mittel der Leidenschaften geboten werden: Zeitungen und Broschüren ohne Scheu und Scham; zügellose Schauspiele; mit frecher Absichtlichkeit nach den Regeln des sogenannten Realismus ausgeführte Kunstwerke; fein erdachte Hilfsmittel zu einem weichlichen Leben; kurz, eine Anhäufung aller Annehmlichkeiten der Lust, durch welche die Tugend erstickt wird. Dabei handeln Diejenigen zwar ruchlos, aber folgerichtig, welche die Erwartung himmlischer Güter hinwegnehmen und alle Seligkeit an die irdischen Dinge heften und gleichsam in die Erde versenken. Das hier Auseinandergesetzte mag ein nicht so sehr dem Inhalte, als dem Wortlaute nach unerwarteter Ausspruch bestätigen. Denn da den schlauen und ver¬ schlagenen Menschen fast Niemand so unterwürfig zu dienen pflegt als Diejenigen, deren Thatkraft durch die Herrschaft der Leidenschaften ge¬ brochen ist, so haben sich im Freimaurerbunde Solche gefunden, die den Vorschlag machten, alle Hebel in Bewegung zu setzen, damit die Menge durch unbeschränkte Lasterfreiheit ersättigt werde; denn danach werde sie ihnen zu allen beliebigen Unternehmungen zu Gebote stehen. In Betreff der Familie besteht die ganze Lehre der Naturalisten ungefähr in Folgendem: Die Ehe gehört zu den geschäftlichen Angele¬ genheiten; sie kann rechtlich nach dem Belieben der Contrahenten gelöst werden; die Ehegerichtsbarkeit ist Sache der Staatsgewalt. Bei der Er¬ ziehung der Kinder dürfen keine religiösen Vorschriften obwalten nach 9 dem Grundsätze: es bleibe den Einzelnen Vorbehalten, wenn sie heran¬ gewachsen, ihrer eigenen Neigung zu folgen. Genau dasselbe behaupten auch die Freimaurer; aber nicht allein das, sie suchen es auch praktisch auszuführen. Bereits gilt in vielen, auch katholischen Gegenden das Gesetz, daß nur die Civilehe Rechtskraft habe; anderswo sind die Ehe¬ trennungen gesetzlich erlaubt, wieder anderswo strebt man nach dieser Erlaubniß. So eilt man dahin, das Wesen der Eheschließungen zu Verkehren, sie zu unbeständigen und hinfälligen Verbindungen zu machen, welche Fleischeslust knüpft und wieder löst. Ferner zielt die Freimanrersekte einmüthig dahin, den Jugendnnterricht an sich zu reißen; denn sie sind der Meinung, das zarte und schmiegsame Alter leicht nach ihrem Gutdünken erziehen und ihm eine beliebige Richtung geben zu können; nichts ist nach ihrer Ansicht förderlicher zur Heranziehung einer ihnen zusagenden Staatsbürgerschaft. Daher gestatten sie den Dienern der Kirche bei der Erziehung uud Bildung der Jugend weder einen lehr¬ amtlichen noch einen überwachenden Antheil und sie haben es schon an vielen Orten erreicht, daß der gesammte Unterricht in den Händen der Laien ist; desgleichen, daß bei der sittlichen Unterweisung nichts von den großen und heiligen Pflichten, die den Menschen mit Gott verbinden, vorkommt. Nun folgen die Lehren der Staats Weisheit. Da behaupten die Naturalisten, alle Menschen hätten gleiche Rechte und seien in jeder Beziehung einander vollkommen gleich; Jeder sei von Natur aus frei; Niemand habe ein Recht, einem Anderen zu befehlen; fordern, daß die Menschen einer anderen als einer selbstgewählten Auctorität folgen, heiße Gewalt anthun. Alles stehe demnach bei dem freien Volke; die Herrschaft werde auf Geheiß oder mit Erlaubniß des Volkes besessen, so daß die Fürsten bei geändertem Volkswillen auch gegen ihren Willen gestürzt werden dürfen. Die Quelle aller bürgerlichen Rechte und Pflichten sei entweder in der Menge oder in der herrschenden, und zwar nach den neuesten Grundsätzen eingerichteten Staatsgewalt. Ferner müsse der Staat religionslos sein; die verschiedenen Religionsformen böten keinen Grund, die eine der anderen vorzuziehen; alle seien einander gleichzuachten. Daß aber dies Alles auch den Freimaurern zusagt, und daß sie nach diesem Muster die Staaten gestalten wollen, ist zn bekannt, um erst bewiesen werden zu müssen. Denn längst streben sie dies mit allen Mitteln und Kräften an und bahnen gerade dadurch jener Anzahl Verwegener den Weg, die, zu Aergerem vorschreitend, auf die Theilung und Gemeinschaft aller Güter und die Aufhebung der Standes- und Ver¬ mögensunterschiede sinnen. Was also die Freimaurersekte ist und welchen Weg sie ein¬ schlägt, leuchtet aus dem, was Wir kurz berührt, genugsam hervor. Ihre Hauptlehren sind so sehr und so offenbar vernunftwidrig, daß es nichts Verkehrteres geben kann. Die Religion und Kirche, die Gott selbst gestiftet hat und immerdar schützt, zerstören und nach Verlauf von achtzehn Jahrhunderten die Sitten und Einrichtungen der Heiden zurück¬ rufen wollen, dazu gehört ungewöhnliche Thorheit und die verwegenste 10 Gottlosigkeit. Und nicht minder entsetzlich und unerträglich ist es, daß sie die von Jesus Christus gnädiglich nicht nur für die einzelnen Menschen, sondern auch für die Familie und den Staat erworbenen Heilswohlthaten zurückweisen, welche doch nach dem Urtheile und Zeugnisse der Feinde aufs Höchste zu schätzen sind. In dieser unsinnigen und ab¬ scheulichen Willensrichtung läßt sich fast der nämliche unversöhnliche Haß und Rachedurst erkennen, von dem Satan gegen Jesus Christus glüht. So heißt auch jenes andere Streben der Freimaurer: die Hauptgrundlagen des Rechtes und der Sittlichkeit zu unter¬ graben und Denjenigen als Helfer beizustehen, die nach thierischer Art jedes ihrer Gelüste für erlaubt halten, nichts Anderes, als das Menschen¬ geschlecht schmach- und schandvoll in den Untergang jagen. Das Uebel wird noch größer durch die Gefahren, welche der Familie und dem Staate drohen. Denn wie Wir anderswo auseinandergesetzt haben, so liegt nach der Uebereinstimmung fast aller Völker und Zeiten in der Ehe etwas Heiliges und Religiöses. Kraft göttlichen Gesetzes dürfen die Ehen nicht getrennt werden. Werden dieselben verweltlicht, dürfen sie zerrissen werden, so reißt nothwendigerweise in der Familie Störung und Verwirrung ein, indem die Frauen ihre Würde verlieren, das Ver¬ mögen und Schicksal der Kinder unsicher ist. Von Staatswegen sich um die Religion nicht kümmern und in bürgerlichen Angelegenheiten Gott so wenig berücksichtigen, als ob er nicht existirte, ist ein selbst bei den Heiden unerhörter Frevel, in deren Herz und Sinn so sehr nicht nur der Götterglaube, sondern auch die Nothwendigkeit einer Staatsreligion eingepflanzt war, daß sie meinten, es könne leichter eine Stadt ohne Boden, auf dem sie steht, als ohne Gott geben. In der That ist die menschliche Gesellschaft, der wir von Natur aus angehören, von Gott, dem Urheber der Natur, errichtet worden, und aus ihm, als dem Ursprung und der Quelle, fließt alle Kraft und Dauer der unzähligen Güter, an denen sie so reich ist. So wie also Jeder einzelne aus uns durch die Stimme der Natur selbst gemahnt wird, Gott gewissenhaft zu verehren, weil wir das Leben und seine Güter von Gott empfangen haben, so gilt dasselbe von den Völkern und Staaten. Darum ist es klar, daß Diejenigen, welche den Staat jeder religiösen Pflicht entledigen wollen, nicht nur ungerecht, sondern auch unweise und unsinnig handeln. Da nun die Menschen durch den Willen Gottes zu einer bürgerlichen Vereinigung und Gesellschaft geboren werden und die Herrschergewalt ein der bürgerlichen Gesellschaft so noth- weudiges Band ist, daß, wenn dasselbe entfernt wird, der sofortige Zerfall der Gesellschaft die nothwendige Folge ist, so folgt, daß eben Derselbe die Herrscherautorität schafft, der die Gesellschaft schuf. Hieraus ist zu erkennen, daß wer immer auch die Gewalt besitzt, ein Diener- Gottes ist. Deswegen ist es recht und billig, der legitimen, Gerechtes befehlenden Gewalt, soweit es der Zweck und die Natur der menschlichen Gesellschaft fordern, zu gehorchen, gleichwie dem Willen des Alles ordnenden Gottes, nnd es läuft vor Allem die Behauptung der Wahrheit zuwider, es sei im Willen des Volkes gelegen, den Gehorsam, wenn cs beliebt, zu verweigern. 11 Ebenso zweifelt Niemand, daß alle Menschen unter sich gleich sind in Hinsicht auf gemeinsame Gattung und Natur, auf das einem Jeden gesetzte Endziel und auf die daraus von selbst erfließenden Rechte und Pflichten. Aber da die Anlagen Aller nicht gleich sein können, und Einer vom Anderen durch geistige oder körperliche Kräfte sich unterscheidet, auch die Verschiedenheit der Sitten, des Willens und der Naturen sehr groß ist, so widerstreitet nichts so sehr der Vernunft, als Alles in einem Begriffe zusammeufaffen und jene völlige Gleichheit auf die Institutionen des bürgerlichen Lebens übertragen zu wollen. Gleichwie eine vollkommene Körpergestalt aus der Vereinigung und Zusammensetzung verschiedener Glieder besteht, welche zwar nach Form und Gebrauch sich unterscheiden, aber verbunden und an ihre Stellen vertheilt einen von Ansehen schönen, an Kräften starken und zum Gebrauche nothwendigen Körperbau aus¬ machen: ebenso ist auch in der Gesellschaft der Menschen eine beinahe unendliche Verschiedenheit der Theile, welche, wenn sie für gleich gehalten werden, und jeder Einzelne seinem Willen folgt, das denkbar unförm¬ lichste Bild eines Staates ergeben; wenn sie aber auf verschiedeueu Stufen der Würde, des Wissens und Könnens angemessen zum gemein¬ samen Wohle Zusammenwirken, so spiegeln sie das Bild eines wohlge¬ ordneten und der Natur entsprechenden Staates wieder. Uebrigens sind aus den erwähnten beunruhigenden Jrrthümern für die Staaten die größten Schrecknisse zu befürchten. Denn wenn die Furcht Gottes und die Ehrfurcht vor den göttlichen Gesetzen auf¬ gehoben, die Autorität der Fürsten verachtet, die Freiheit der Empörung erlaubt und gutgeheißen, und die Zügellosigkeit der Volksleidenschaften durch nichts mehr als durch Strafen gezügelt wird, so muß mit Noth- wendigkeit die Umwälzung und der Umsturz aller Dinge erfolgen. Ja die meisten Communisten- und Socialistenvereine streben diese Umwälzung und diesen Umsturz planmäßig an, und die Freimaurersekte möge nicht sagen, sie sei solchem Beginnen fremd, da sie sowohl dergleichen Pläne sehr begünstigt, als auch die Hauptgrundsätze mit jenen Vereinen gemein hat. Wenn sie nicht immer und überall die äußersten praktischen Consequenzen daraus ziehen, so ist das nicht ihrer Lehre und ihrem, guten Willen zuzuschreiben, sondern der unzerstörbaren Kraft der göttlichen Religion und dem besseren Theile der Menschen, welche, die Knechtschaft der geheimen Gesellschaften verschmähend, deren wahnwitzige Bemühungen starkmüthig abweisen. Möchten aber doch Alle den Baum an den Früchten erkennen und den Samen und Anfang der bevorstehenden Uebel und der drohenden Gefahren beachten! Wir haben es mit einem trügerischen und listigen Feinde zu thun, der, den Ohren der Völker und Fürsten schmeichelnd, beide durch süße Redensarten und gefällige Sprache für sich gewonnen hat. Sich bei den Fürsten unter dem Deckmantel der Freund¬ schaft einschleichend, hatten es die Freimaurer darauf abgesehen, diese selbst als mächtige Genossen und Helfer zur Unterdrückung des Katholieismus zu bekommen, und um sie hiezu desto mehr anzu¬ spornen, verleumdeten sie frecherweise die Kirche, dieselbe mache den Fürsten die königliche Macht und die königlichen Rechte streitig. Nachdem sie 12 durch solche Ränke Sicherheit und Kühnheit erworben, gewannen sie großen Einfluß auf die Regierung der Staaten, im klebrigen bereit, die Grundfesten der Reiche zu erschüttern und die Fürsten zu verfolgen, anzuschuldigen und zu vertreiben, so oft sie nicht nach ihrem Willen zu regieren scheinen. Auf ähnliche Weise haben sie durch Schmeicheleien die Völker getäuscht. Den Mund von Freiheit und Staatswohl voll nehmend, haben sie dem Volke eingeredet, durch die Kirche und die Fürsten sei verhindert worden, daß die Menge ungerechter Knechtschaft und Dürftigkeit entrissen wurde, fachten in ihm den Drang nach Neuerungen an und reizten es zur Bekämpfung beider Gewalten. Dennoch ist die Erwartung der erhofften Vortheile größer, als ihre Verwirklichung; ja das jetzt noch ärger gedrückte Volk muß großentheils jener Troftmittel im Elende ent¬ behren, die es beim Bestände christlicher Einrichtungen leicht und reichlich gefunden hätte. Aber Alle, die gegen die göttlich festgesetzte Ordnung ankämpfen, erleiden gewöhnlich das als Strafe des Hochmuthes, daß sie dort Unglück und Elend antreffen, woraus sie grundloser Weise das gewünschte Glück erwartet hatten. Es wäre aber ganz ungerecht und unrichtig, wenn mau meinen würde, die Kirche, indem sie den Menschen vorzüglich in erster Linie Gehorsam gegen den obersten aller Fürsten, gegen Gott, anbefiehlt, thue dies aus Neid gegen die weltliche Gewalt oder um sich einen Theil des Fürstenrechtes anzumaßen. Denn sie lehrt, daß das, was der weltlichen Gewalt zu geben ist, um der Veruuuft und des Gewissens willen zu geben sei. Daß sie aber von Gott selbst das Herrscherrecht ableitet, trägt sehr wesentlich zur Erhöhung des Ansehens der weltlichen Autorität bei und fördert in nicht geringem Grade den Gehorsam und die Geneigtheit der Untergebenen. Als Freundin des Friedens, als Nährerin der Eintracht umfaßt sie Alle mit mütterlicher Liebe; einzig auf die Unterstützung des Sterblichen bedacht, lehrt sie die Gerechtigkeit mit Milde paaren, die Herrschaft mit Billigkeit und die Gesetze mit Mäßigung verbinden, Niemandes Recht zu verletzen, die öffentliche Ordnung und Ruhe zu fördern, die Noch der Armen so viel als möglich privatim und öffentlich zu lindern. „Aber eben deshalb glauben sie", um mit Augustinus zu sprechen, „oder wollen glauben machen, die christliche Lehre widerspreche dem Staatsnutzen, weil sie den Staat nicht auf die Festigkeit der Tugenden, sondern auf die Straflosigkeit der Laster begründen wollen." Zufolge dieser Erkenntniß wäre es der Staatsweisheit sehr entsprechend und für das Gemeinwohl nothwendig, daß die Fürsten und Völker sich nicht mit den Freimaurern zur Schwächung der Kirche, sondern mit der Kirche verbänden, um die Macht der Freimaurer zu brechen. Was immer geschehen mag, Unsere Pflicht ist es, ehrw. Brüder, bei diesem schweren und nur zu sehr verbreiteten Uebel auf Heilmittel bedacht zu fein. Weil Wir aber die beste und stärkste Hoffnung auf Heilung in der Kraft der göttlichen Religion erkennen, welche die Frei¬ maurer um so grimmiger hassen, je mehr sie selbe fürchten, so halten Wir es für die Hauptsache, eben diese Kraft gegen den gemeinsamen Feind 13 zu Hilfe zu nehmen. Daher bestätigen und bekräftigen Wir durch Unsere apostolische Autorität Alles und Jedes, was die römischen Päpste, Unsere Vorgänger, zur Hintanhaltung der Anschläge und Be¬ mühungen des Freimaurerbundes verordnet und zur Abschreckung vor dem Eintritte in dergleichen Gesellschaften oder zur Förderung des Austrittes aus ihnen festgesetzt haben. Wir vertrauen hiebei vorzüglich auf den guten Willen der Christen und bitten Alle einzeln bei ihrem Seelenheile, sich ein Gewissen daraus zu machen, auch nur im Mindesten von den bezüglichen Vorschriften des heiligen Stuhles abzuweichen. Euch aber, ehrw. Brüder, bitten und beschwören Wir, daß Ihr gemeinsam mit Uns Euch bestrebt, diese unreine Seuche auszu¬ rotten, welche durch alle Adern der Staaten dahinschleicht. Ihr habt die Ehre Gottes, das Heil der Nächsten zu schützen; wenn Ihr Euch dieses Kampsesziel vorhaltet, wird Euch Muth und Kraft nicht fehlen. Es wird Sache Eurer Klugheit sein zu beurtheilen, auf welche Weise hauptsächlich die Hindernisse zu überwinden sein werden. Weil es aber vermöge der Autorität Unseres Amtes angemessen ist, daß Wir selbst irgend eine annehmbare Verhaltungsnorm aufstellen, so haltet daran fest, daß man vor Allem den Freimaurern die Maske abreißen und sie in ihrer wahren Gestalt zeigen muß; die Völker sind durch Predigten und Hirtenbriefe über die Kunstgriffe derartiger Gesell¬ schaften im Schmeicheln und Anlocken, über die Schlechtigkeit ihrer Grundsätze und die Schändlichkeit ihrer Handlungen zu belehren. Wie Unsere Vorgänger mehrmals bestätigt haben, darf es Niemand ans irgend einem Grunde für erlaubt halten, der Freimaurersekte beizutreten, wenn ihm sein katholischer Glaube und sein Heil so viel gilt, als es gelten soll. Möge Niemanden die geheuchelte Ehrbarkeit täuschen; denn es könnte Einigen scheinen, daß die Freimaurer nichts der Heiligkeit der Religion und der Sitten offenbar Widersprechendes ver¬ langen ; da jedoch die gesammte Einrichtung und der Charakter der Sekte auf Laster und Verbrechen beruht, so ist es offenbar unerlaubt, sich ihnen zuzugesellen oder sie auf irgend eine Art zu unterstützen. Sodann muß das Volk durch beständige Belehrung und Mahnung zur fleißigen Erlernung der Vorschriften der Religion be¬ wogen werden; Wir rathen deswegen dringend, durch zeitgemäße Schriften und Vorträge die Grundzüge jener hochheiligen Wahrheiten auseinander zu setzen, welche den Inhalt der christlichen Philosophie ausmachen. Dadurch wird bezweckt, die Geister durch Bildung gesund zu machen und gegen die mannigfaltigen Formen der Jrrthümer und verschiedenen Lock¬ mittel der Laster, besonders bei dieser Zügellosigkeit des Schreibens und dieser unersättlichen Lernbegierde, zu stählen. Gewiß ein großes Werk; doch soll hierin besonders der Clerus Euer Theilnehmer und Mitarbeiter sein, wofern er durch Euere Bemühungen mit Tugend und Wissenschaft wohl ausgerüstet ist. Aber eine so ehrenvolle und wichtige Sache fordert auch die Mithilfe von Laien, welche Liebe zur Religion und zum Vaterlande mit Rechtschaffenheit und Gelehrsamkeit verbinden. Mit den vereinigten Kräften des geistlichen und des Laienstandes trachtet dahin, ehrw. Brüder, daß die Menschen die Kirche vollkommen kennen lernen 16 Vertheidiger des christlichen Glaubens. Durch deren Schutz und die Ausdauer im gemeinsamen Gebete vertrauen Wir, daß Gott dem durch so viele Gefahren bedrohten Menschengeschlechte rechtzeitig seine Gnaden¬ hilfe verleihen werde. Als Zeichen der himmlischen Gnade und Unseres Wohlwollens ertheilen Wir Euch, ehrw. Brüder, dem ganzen Eurer Wachsamkeit anver¬ trauten Clerus und Volk liebevoll im Herrn den apostolischen Segen. Gegeben zu Rom beim heiligen Petrus, am 20. April 1884, im siebenten Jahre Unseres Pontificates. Km XIII., Hupst.