Aus Trubers Übersegung der Hauspostille Luthers DM- PRIMI TRVBERI Zu seinem 400järirigen Geburtstag Von Dr. phil. Ottmar Hege mann Theodor Elze, der ausgezeichnete Erforsdier der krainischen Reformation, sagt: 1 „Trüber vollbrachte es, das Neue Testament und die Psalmen in die Sprache seines Volkes zu Übersegen, bei diesem die Reformation einzuführen, die evangelisdie Kirche in Krain zu errichten, eine Literatur in seiner eigenen Sprache zu begründen." Gewiß stolze Verdienste: Literatursdiöpfer, Reformator, Kirchengründer, Bibelüberseger, Kirchenliederdichter, wie sie in einer Person sonst selten vereinigt sind! 1 Primus Trubers Briefe, Bibliothek des literar. Vereines in Stuttgart, 215. Bd. Tübingen 1897 S. 280; im nachfolgenden von uns zitiert mit Elze. Ciiriilolu 1806 II G Den „slovenischen Luther" hat man Trüber genannt, und gewiß kann man mutatis mutandis auf ihn die Worte anwenden, die der große katholische Theologe Ignaz Döllinger für Luther geprägt hat: „Er gab seinem Volke Sprache, Volkslehrbuch, Bibel, Kirchenlied." Leider liegt das Leben dieser bedeutenden Persönlichkeit für uns vielfach im Dunkel. Sein Schaffen war durch die Ungunst der Verhältnisse ein Torso. Kaum drei Jahre (von 1562 — 1565) hat er in voller Reife auf der Höhe seiner reformatorisdien Erkenntnisse in seinem Laibach wirken dürfen, vorher fällt die fast fünfzehnjährige Verbannung, in die ihn Ferdinands I Verhaftsbefehl von 1547 getrieben. Bereits am 15. Dezember 1564 verbannte der neue Landesherr, Erzherzog Karl II, Trüber aufs neue aus allen seinen Fürstentümern. Zwar wurde ihm die Abzugsfrist bis Ende 1565 verlängert, dann aber mußte er sein Vaterland für immer verlassen, das er nur noch einmal (1567) bei einem kurzen Besuche wiedersah. Wohl hat Trüber bis zu seinem am 29. Juni 1586 erfolgten Tode in der zweiten, einundzwanzig Jahre währenden Verbannung, wie sdion in jener ersten (1547 — 1562), unermüdlich im Dienste des slovenischen Schrifttums gewirkt. Eine seiner ersten Arbeiten, die er unternahm, als er auf reichsdeutschem Boden Wurzel gefaßt hatte, war die Herausgabe der beiden ersten Drucksdiriften der slovenischen Literatur. Nach mancherlei Mühen gelang es ihm, die bisher noch nicht in Drudeschrift gebrachte slovenisdie Sprache in Buchstaben regelmäßig auszudrüdten und im Jahre 1550 den „Catechismus in der Windischen Sprach" zu veröffentlichen. Natürlich konnte dieses Buch bei all seiner anscheinenden Einfachheit nicht für die Landbevölkerung Krains bestimmt sein, welche damals, in religiösen Dingen unwissend, dem Aberglauben ergeben und des Lesens unkundig war. Noch am 19. März 1561 sah sich Trüber veranlaßt, aus Urach an seine Freunde in Laibach zu schreiben: „Bringt die Bauern an, daß sie ihre Kinder windisdi lernen lesen." 1 Für diese nun hatte er von Anfang an ein Büchlein bestimmt, welches zugleich zum Lesenlernen oder auch zum Auswendiglernen der notwendigsten Religionslehre dienen sollte. So ließ er denn gleichzeitig mit dem vorgenannten Katediismus im gleichen Jahre 1550, dem Jahre der Begründung der slovenischen Literatur, das „Abece-darium und der Klein Catechismus" erscheinen. Das Schriftchen hat nur 16 Blätter. Beide Schriften, die wegen ihrer grundlegenden Bedeutung so wichtig sind, mußte Trüber, wie er in einem späteren Werke sagt, 1 Elze S. 109. wegen des Interims, „verborgen, mit Gefahr und in seinem Ab-wesen, daß ers nidit hat mögen korrigieren, drucken lassen." 1 Elze zählt 25 fast ausschließlich slovenische Veröffentlichungen Trubers auf, als deren legte die nur drei Tage vor seinem Tode vollendete Übersegung von Luthers umfänglicher Hauspostille. Diese wurde erst 1595 durch seinen jüngeren Sohn, den legten Superintendenten Krains, Felizian Trüber, veröffentlicht, das legte slovenische, reformatorische Druckwerk. Welch eine Fülle von Arbeit, Tatkraft und Umsidit war erforderlich, um dies Werk der Begründung einer Nationalliteratur durchzuführen! Und doch ist es ein unvollkommener Ersag gewesen für das persönliche Wirken, das Trüber ohne seine Schuld in seiner Heimat abgeschnitten wurde. Er, der Mann reicher organisatorisdier Begabung, der in sich Umsidit und Besonnenheit in hohem Maße vereinigte, war in der Fülle seiner Schaffenskraft verurteilt, in weiter Ferne in einem stillen Dörfchen zu wirken. Ein tragisches Schicksal! Auch um deswillen zu bedauern, weil die Beurkundung dieses merkwürdigen Lebens unter diesen ungünstigen Verhältnissen sehr gelitten hat. Außer der Leichenpredigt Jakob Andreas mit ihren biographisdien Daten- besigen wir eine zeitgenössische Biographie überhaupt nicht. Es klaffen hier gewaltige Lücken, tiefes Dunkel liegt auf ganzen Jahrzehnten, insbesondere auf der ersten Hälfte und dann wieder über den beiden legten Jahrzehnten, andere Partien sind nur spärlich erhellt, im vollen Tageslicht der Geschichte liegen eigentlich nur die Jahre 1560-1565. Nach Elzes Forschungen lassen sich die Hauptdaten von Trubers Leben wie folgt bestimmen: Geboren 1508 in Rašica, Gemeinde Auersperg, als Sohn Michael Trubers, eines Müllers und „Erbholds" der Freiherren von Auersperg. Sein Leichenprediger sagt von ihm: „Den haben seine Eltern zur Schul gen Salzburg und Wien in Oesterreidi geschickt, da er mit andern armen Schülern den Partem gesammelt." In der Weise der armen fahrenden Schüler jener Tage fristete er mit Almosensammeln sein Leben, bis in Wien Bischof Peter von Triest sich seiner annahm, wohl während seiner Admini- 1 Über diese ersten slovenischen Drucke siehe die eingehenden Nachweise Elzes im Jahrbuch der Gesellschaft für die Geschichte des Protestantismus in Österreich, Wien 1893 ff., 14. Jahrg. ff. 2 Christliche Leichpredig / Bey der Begräbnus des Ehrwürdigen vnd Hochgelehrten Herrn Primus Trubern / weiland einer Ersamen Evangelischen Landtschafft / im Hochlöblichen Herfeogthumb Crain / bestellten Predigers etc. Durch Jacobum Andreae etc. stration des Wiener Bistums 1523. Trüber erscheint 1526 als „servitor episcopi" in Triest. Wir dürfen uns die schlanke Gestalt des 18jährigen in der damals schon in ihrer heutigen Gestalt vorhandenen Kathedrale St. Justus als Domsänger vorstellen. Gewiß ist der strebsame Jüngling in der Umgebung des edeln, einer humanistischen und evangelischen Richtung zugewandten Bisdiofs mit dem damaligen italienischen Humanismus in Berührung getreten und hat dadurch vielleicht die Grundlage zu jener freisinnigen Geistesrichtung gelegt, die ihn später in vieler Hinsicht mehr dem humanistisch gerichteten Zwingli als dem mystisch tiefen Luther an die Seite stellte. Seine ganze nüchterne, klare, verständige Geistesrichtung wies ihn ja auf eine solche Denkweise hin. Höhnisch hat man ihm später vorgeworfen, daß er „nie auf keine Universität kommen" sei,1 und er selbst bezeugt, daß ihm, außer wenig umfassender Kenntnis des Lateinisdien, Kenntnisse in den alten Spradien gänzlich mangelten.2 Seine Bildung scheint eben rein der unumgänglichen Vorbereitung auf die Berufsaufgaben eines katholi-sdien Priesters dienstbar gewesen zu sein. Ein spekulativer systematischer Theologe wollte er nie sein und werden. Durdi Schultheologie weder hochgebildet, nodi verbildet, war und blieb er doch von lebhaftem Bildungsstreben erfüllt, audi seitdem er, wohl von 1530 an, als Priester tätig war, zunädist als Kaplan zu St. Maximilian bei Cilli, dann als Vikar in Tüffer in Untersteiermark. Über die Studien, die der junge Priester zur weiteren Ausbildung gemacht hat, geben die vier Schreiben Trubers an Heinrich Bullinger, den Nachfolger Zwingiis in Zürich, sprechende Belege.3 Von 1532 an erschienen Bullingers Kommentare. Wenn man bedenkt, daß in damaliger Zeit auch von seiten der Evangelischen Krains jeder Versuch der Zwinglisdien oder reformierten Richtung, Fuß zu fassen, mit Entschiedenheit zurückgewiesen wurde,4 so muß man sidi über die Unbefangenheit wundern, die Trüber an den Tag legte, indem er, und zwar mit innerer Zustimmung,6 eine Literatur studierte, über die er später 1582 in der Vorrede zur Übersetzung des ganzen Neuen Testaments selbst geurteilt hat, daß sie „als Sekt oder Schisma" zu bekämpfen sei. Wenn er dann in den legten Jahren seines Lebens die Konkordienformel0 unterschrieben hat, so ist das am Ende nidit 1 Elze S. 282 f. 2 Elze S. 20, 26 ff. 3 Elze S. 19 ff. 4 Dimife, Geschichte Krains II S. 226. 6 Elze S. 19. 0 Die schärfste Ausprägung des Luthertums in seinem Gegensag zum reformierten Bekenntnis. als Charakterlosigkeit zu deuten, sondern als die Unbekümmertheit eines Mannes, dem theologische Spigfindigkeiten unwesentlich waren, der sich darum in solchen ihm ferneliegenden und nebensädilichen Fragen ohne Skrupel der herrschenden Richtung anbequemte. In Laibach ist die neue evangelische Richtung erstmalig im Jahre 1522 nachweisbar. Trüber, der schon in Untersteiermark gegen Auswüchse des Wallfahrtswesens scharf aufgetreten war, muß vom Anbeginn seines öffentlichen Auftretens lebhaft von dieser neuen Richtung erfaßt worden sein. 1531 predigte er im Dom zu Laibach gegen die Ehelosigkeit der Priester und gegen die Austeilung des Abendmahles unter einer Gestalt und für die Rechtfertigung durch den Glauben, weshalb Bischof Christoph Rauber ihm die Predigttätigkeit untersagte. In der städtischen Spitalskirche zur hl. Elisabeth (ehemals an der heutigen Stritargasse gelegen) konnte er jedoch in gleichem Sinne weiterpredigen. 1540 erreichten Trubers Gegner, daß er sich von Laibach auf die Landpfarrei zu Lack (bei Ratschach) in Untersteier zurüdc-ziehen mußte. 1540/41 ist aber auch eine längere Anwesenheit im Hause des Bischofs Bonomo in Triest nachweisbar. Ob seine Tätigkeit in Triest als slovenischer Prediger damals oder später anzuseßen ist, steht nicht fest. Im Jahre 1542 wurde Trüber Pfarrer in Tuff er bei Cilli, ohne jedoch auch hier zu rechter Wirksamkeit zu gelangen, da ihn der reformatorisch gesinnte Laibacher Bischof Franz Kazianer 1542 zum Domherrn in Laibach ernannte, wo er auch als slovenischer Prediger wirkte. Kazianers Nachfolger, Bischof Urban Textor, der spätere eifrige Gönner des Jesuitenordens, übertrug 1544 den Domherren Primus Trüber und Paulus Wiener gleichfalls die slovenischen und deutschen Predigten in der Laibacher Domkirche, hiezu erhielt er 1546 die Pfarrei St. Bartbolomä im Feld in Unterkrain. Der Schmalkaldisdie Krieg und der Zusammenbrudi der Machtstellung des deutschen Protestantismus (1547) machte dann auch hier im fernen Süden der reformatorischen Wirksamkeit Trubers ein Ende. Bischof Textor seßte bei König Ferdinand im gleichen Jahre einen Verhaftsbefehl gegen Trüber und seine Genossen durch. Es gelang indessen Trüber, dem ihm drohenden Geschick zu entgehen und rechtzeitig noch von seiner Unterkrainer Pfarre aus zu entfliehen. Vermutlich ging er, wie Elze sagt, durch Kroatien und Fiume nach Triest, wo gerade damals der evangelisch gesinnte Franz Josephich (Rizzano) von Zengg zum Bischof gewählt, allerdings dann nidit bestätigt wurde. In Laibach wurde er unterdessen aller seiner Pfründen entseßt und beraubt, sein Kanonikatshaus erbrochen, seine Bücher im Sdiäßungswerte von 400 fl. weggenommen. Zwar durfte Trüber nochmals nadi Krain zurückkehren, aber gar bald wurde er endgültig entsegt und exkommuniziert, audi mit dem landesfürstlidien Acht und Bann belegt. Da flüchtete er 1548, bis an die Tiroler Grenze verfolgt, durch Oberkrain und Kärnten nadi Oberdeutsdiland, wo er nadi Andreas Wort, „wie sein eigen Handschrift meldet, erst ein rechter Christ und in der Lehr und Glauben redit gestärket worden" ist. Trüber kam in Nürnberg zu dem bekannten reformatorisdien Prediger Veit Dietridi, mit dem er schon früher in Verkehr gestanden war. Im gleichen Jahre 1548 erhielt er die Stelle als Frühprediger in der Stadt Rotenburg ob der Tauber, wo er sich .1549 mit Barbara N. (unbekannt) verheiratete und die Geburt seines Sohnes Primus erlebte, dem später noch ein Sohn und drei Töchter folgten. Vielleicht ist der Schlug gestattet, dag Trubers energische, nüchterne Charakterbeschaffenheit für schwärmerische Liebe oder auch nur weiches, lebhaftes Gefühl im Verhältnis zur Gattin wenig Raum lieg. Sonst wäre es wenigstens fast unbegreiflidi, dag Trubers Gattin, wie überhaupt sein Familienleben, für uns ein unbeschriebenes Blatt bedeutet. Hätten diese häuslichen Bande für ihn eine höhere Bedeutung gehabt, so wäre schwer zu begreifen, warum er in allen seinen Briefen und Kundgebungen mit kaum einer Silbe darauf zu sprechen kommt. Wir haben wohl das Recht, uns Trüber als schliditen, ernsten, patriarchalisch strengen Gatten und Hausvater zu denken. Die Behauptung Rosolenz', Trüber habe „vier vermeinte Eheweiber" gehabt, die noch von Hurter* zu der Anklage benugt wird, Trüber sei „nichts weniger als musterhaften Wandels gewesen", scheint, nach allen unseren Quellen, völlig in der Luft2 zu hängen. 1553 übersiedelte Trüber mit seiner Familie nach Kempten, wo er acht Jahre im Pfarramt tätig war. 1560 begannen mit ihm die Verhandlungen der krainisdien Landschaft wegen seiner Rückberufung, die sich durch widrige Umstände etwas in die Länge zogen. Schon wegen der zahlreichen Schriften, die Trüber, um die neue religiöse Riditung den Slovenen nahezubringen, seit 1550 veröffentlicht hatte, mugte er ja als das natürlidie geistige Haupt der krainisdien evangelischen Kirche erscheinen. Mit groger Gewissenhaftigkeit und Vorsicht ist Trüber an die Frage herangetreten, ob er aus seiner gesicherten Stellung in Kempten 1 Geschichte Kaiser Ferdinands II l.Bd. S. 60 f. 2 Wenn (in der Leichenpredigt Andreas) Barbara „seine liebe erste Hausfrau" genannt wird, so liege dies eigentlich auf eine wiederholte Ehe schließen? ausscheiden und in die ungemein schwierigen Verhältnisse der Heimat zurückkehren solle. Erst auf Grund von Gutachten der namhaftesten süddeutschen Geistesgenossen ging der Reformator auf den an ihn gerichteten Ruf ein, gewiß in der Überzeugung, daß er eine ihm und nur ihm von Gott auferlegte Aufgabe enthalte. Am 26. Juni 1561 hielt er jenen feierlichen Einzug in Laibach, der als der Höhepunkt in Trubers ganzem Leben anzusehen ist. Seine Freunde, zwanzig Pferde stark, ritten ihm eine halbe Meile auf der Krainburger Landstraße entgegen, an der Spiße Matthias Klombner und Lukas Zweckel. Nach einer Viertelmeile kam ihm eine noch viel größere Schar beiderlei Geschledits entgegen. Trüber stieg vom Pferd und die allgemeine Rührung machte sich in Tränen Luft.1 In der Stadt empfingen ihn alle vier Türmer mit feierlichem Tedeumblasen. Das weist darauf hin, daß ein konfessioneller Gegensaß in Laibadi selbst sich kaum gegen Trüber geltend machte. Charakteristisch dafür ist, daß die Herren Achaz von Thum und Dietrich von Auersperg an die Barfüßermönche, deren damals noch zwei übrig waren, herantraten, es möge ihre Kirche Trüber eingeräumt werden. Merkwürdig ist, wie sich die Mönche — also innerlich sdiwankend — beim Landeshauptmann und beim Landeskomtur des Deutschen Ordens in Wien Rats erholen, um dann zu erklären: „sie dürfens vor ihrem Provinzial-Obersten nicht tun". Dabei war Trüber dodi noch immer in Acht und Bann! Am allermerkwürdigsten aber ist, daß die beiden erwähnten Krainer Edelleute sogar an den Bischof Peter von Seebadi herantraten: „daß er dem Trüber im Dom, zur Zeit, da die Kapitelsherren darin nichts tun, predigen und unbetrübt lasse". Aber auch dem wird noch die Krone aufgeseßt durch die Antwort des Bischofs: „für seine Person wollt er den Trüber gern lassen, aber er muß mit ihm handeln nach Befehl der Rö. Kai. Mt." 2 So fließend waren damals noch die Schranken zwischen der alten und neuen Konfession! Das Schreiben des genannten Bischofs an Trüber vom 3. Juli 1561, „auf was Bewegung er sich ins Land herein ergeben", ist ja auch in merkwürdig mildem Ton gehalten und gibt als Beweggrund auch nicht etwa kirchenrechtliche Gesiditspunkte, sondern staatlidie, „damit wir unserm Amt auch der rö. kay. Mt. unsers allergnädigsten Herrn Befehl nach der Notdurft und das fürträglichst fürnehmen mögen".8 In zehnwöchentlicher angestrengter Tätigkeit hat damals Trüber in Laibach die notwendigsten Anordnungen getroffen. Dann trat er 1 Siehe auch Dimih II S. 263. 2 Die diesbezüglichen Angaben bei Elze S. 116 f. 3 Bei Elze S. 124. im September 1561 einen dreivierteljährlichen Urlaub an, um bei der kroatischen Druckerei in Urach die dort begonnenen Arbeiten zu Ende zu führen. Trüber stellte sein Kommen zunädist in die Zeit nadi Ostern 1562 in Aussicht, da ihn die Arbeiten an der Uracher Druckerei vollauf in Anspruch nahmen und er außerdem, an Rotlauf erkrankt, das württembergische Bad Teinadi aufsuchen mußte. Erst im Juni 1562 traf er, diesmal in Begleitung seiner Familie, der Sidierheit wegen auf Umwegen wieder in Laibach ein. Aber der harmlose, verfolgte Mann scheint auch seinerseits der gegnerischen Partei Schrecken eingejagt zu haben. Wenn der Bischof „sub sigillo confessionis", weil er sich vor einem offenen Auftreten gegen die Evangelisdien bereits fürchtet, beim Kaiser Beschwerde einlegt,1 so beweist das gewiß, daß in Adel und Bürgerschaft die Herrschaft entschieden auf jener Seite war. Die für Trüber eintretenden Stände waren außerdem in der Lage, gegen Bischof Seebach so schwere Anklagen wegen seines Wandels beim Kaiser zu erheben, daß sie ihrem Sdiüßling dadurch eine Ruhepause verschafften. War es doch gerade in jenen Tagen, daß der Kaiser selbst in Trient die Forderung stellte: „Erlaubnis des Kelches und der Priesterehe, . . . Errichtung von Schulen für die Armen, die Reinigung der Breviere, Legenden und Postillen, verständlichere Katechismen, deutsche Kirchengesänge, eine Reform der Klöster, damit ihre großen Reichtümer nicht so ruchlos angewendet werden möchten."2 Vom Umfang der Tätigkeit Trubers als ersten Superintendenten der evangelisdien Kirche Krains gibt uns die Tatsache eine Vorstellung, daß damals über zwanzig evangelisdie Seelsorger im Lande wirkten. Der Adel war fast völlig, die Stadtbürgerschaften ganz überwiegend, die Landbevölkerung zu einem ansehnlichen Teil evangelisch; das ganze Land entschieden dem Übergang zum Protestantismus geneigt. Das Jahr 1563 sah die Errichtung des landschaftlichen evangelischen Gymnasiums in Laibach, an dessen Spiße Leonhard Budina berufen wurde. Neben ihm wirkte Trubers Nachfolger Sebastian Krell. Bei Trubers eifriger Tätigkeit, die er in diesem einzigen Jahre unangefochtener Wirksamkeit entfalten durfte, fehlte es doch nicht an heftigen Anfechtungen von seiten der Geistlichkeit,3 von sehen 1 Mitt. 1864 S. 51. 2 Nach Ranke, Fürsten und Völker von Südeuropa II S. 331 ff.; bei Sillem, Trüber, Erlangen 1861, S. 84; Dimife II S. 277. 3 Elze S. 209. der Obrigkeit,1 wie audi der eigenen Glaubensgenossen, deren ältester und im Anfang gewichtigster Führer, Matthias Klombner, sogar einen tödlichen Haß auf ihn warf. Es war ein Feuer von zwei feindlichen Fronten her, in das Trüber durch Abfassung einer slovenisdi-evangelischen Kirchenordnung geriet. Wenn es ihm auch gelang, die Mißhelligkeiten im eigenen Lager zu schlichten, so nahm der neue Landesherr, Erzherzog Karl, schon bald nach seinem Regierungsantritt (25. Juli 1564) den Handel zum Vorwand, um Trüber aus allen seinen Fürstentümern zu verbannen. Alle Bemühungen der krainisdien Landschaft erreichten nur, daß der Abzugsbefehl bis Ende Juli 1565 verlängert wurde. Dann mußte Trüber mit Zurüdo lassung seiner großen Bibliothek und seines kleinen Hauses2 sein Vaterland für immer verlassen, das er nur einmal (1567) bei einem kurzen Besuche wiedersah. Trüber erhielt in Württemberg zunächst die Pfarrei in Laufen, übersiedelte aber dann bald nach Derendingen, in nädister Nähe von Tübingen, wo er seine slovenischen Schriften drudten lassen, außerdem im Verkehr bleiben konnte mit krainisdien Landsleuten, die damals zahlreich aus Adel- und Bürgerstand in Tübingen studierten. Sein Leichenprediger hebt, gewiß nicht mit Unrecht, die Gastfreiheit und Wohltätigkeit des greisen Pfarrherrn besonders gegen Exulanten hervor, dem es vergönnt wurde, troß kränklicher Leibesbesdiaffenheit in vollster geistiger Frisdie ein Alter von 78 Jahren zu erreichen. Am 29. Juli 1586 starb er, nachdem er unmittelbar vorher seine Überseßung von Luthers Hauspostillc hatte vollenden können. Vom Vorderdeckel der in Tübingen im Anfang der sechziger Jahre gedruckten slovenischen und kroatischen Bücher 1 Dimife II S. 274. 8 Am Alten Markt gegenüber der Jakobskirche gelegen. Die noch heute in der Derendinger Kirche vorhandene Gedenktafel1 mit einer kurzen Aufzählung seiner Sdiidcsale und Verdienste weist darauf hin, dag ihm die Gattin und zwei Töchter im Tode vorangegangen waren. Seine beiden Söhne starben als württembergische Pfarrer, der jüngere Felizian, nachdem er zuvor noch sein legter Nachfolger in Krain gewesen war. — — Aus einer ungedrudrien Schrift Theodor Elzes3 entnehmen wir folgende zusammenfassende Charakteristik Trubers (S. 26): „Was Trüber von frühen Jahren an bis in seine Sterbestunde erfüllt und beseelt hat, das war Liebe zum Evangelium, für welches er Vaterland, Freunde, Ehre und zeitliches Vermögen dahinten lieg; Liebe zu seinem Vaterlande, weldie Entfernung und Verbannung nidit zu vermindern vermochten; Liebe zu den Armen und Bedrängten, deren schwere Lage er in früher Jugend selber erprobt hatte. Er war ein scharfer, logischer Denker, dabei treuherzigen, aufrichtigen Gemütes, konsequent im Handeln, aber arglos im Umgang, ernst und milde zugleich. In seinem reformatorischen Wirken ging er ohne Engherzigkeit langsam und schonend zu Werke, für das Gelingen seines literarisdien Unternehmens war er ängstlich, fast migtrauisch besorgt. Wenn er auf diesem Gebiete gereizt wurde, konnte er für Augenblidie heftig werden und sich Worte bedienen, welche nur der allgemeine Gebrauch des 16. Jahrhunderts entschuldigt. Doch trat die ursprüngliche Milde und Güte seines Herzens, welchem andauernder Groll und nachtragende Gehässigkeit, Feindseligkeit und Rachsucht unbekannt waren, bald wieder hervor. Als Schriftsteller war Trüber weniger schöpferischen Geistes, aber er war auch kein gewöhnlicher sklavischer Überseger. Wo er blog Überseger sein wollte und mugte, war er höchst treu und gewissenhaft; in anderen Fällen war er ein eigentümlidier und geistreidi kombinierender Bearbeiter. Dies tadelt Ungnad an ihm. Sein Stilist mehr einfach als schwunghaft, der Gegenstand gilt ihm mehr als die Darstellung. Sprache und Literatur waren ihm stets nur ein Mittel, seine Gedanken und Überzeugungen in möglichst weiten 1 Dimig III S. 110. Siehe Abbildung am Schlug dieses Aufsages. 2 Die krainische Literatur im 16. Jahrhundert. Biographische und bibliographische Studien zur Literatur-, Kultur- und Reformationsgesdüdite. Vorrede, datiert Venedig, Herbst 1871; später vielfadi ergänzt. Im Besitze des Herrn Hofrates Prof. A. Luschin v. Ebengreuth in Graz, dem für die gütige Überlassung dieses und der anderen auf Trüber bezüglichen Manuskripte herzlicher Dank gebührt. Kreisen zu verbreiten. Er hat nie, auch nicht als Schriftsteller, seinen persönlichen Ruhm gesucht, sondern das Wohl der Menschen; das trieb ihn zum ersten Beginn der slovenischen Literatur, das tritt uns aus all seinen Sdiriften entgegen. Seine Lieder sind herzlich und erhebend, einfach und klangvoll und könnten zum Teil bei geringen sprachlichen Änderungen noch heute von seinen Glaubensgenossen slovenischen Stammes mit Erbauung und Segen gesungen werden." Es sei im nachfolgenden versucht, diese Beurteilung des bedeutendsten Truberkenners auf Grund von Elzes Ausgabe der Briefe Trubers noch mit einzelnen charakteristischen Einzelzügen zu belegen. Trüber war trotz des hohen von ihm erreichten Alters von schwächlicher Konstitution.1 Dag ein so kränklicher Körper dennoch so große Leistungen vollbringen konnte, ist gewig bewundernswert, um so mehr, als Trüber auch in materieller Hinsicht keineswegs auf Rosen gebettet war und oft mit Geldnöten zu kämpfen hatte. „Ich feiere wahrlich nicht, ich sammle kein Geld, hab nicht gute ruhige noch gesunde Tag allhie", heigt es schon in einem Briefe aus Urach vom Jahre 1562.3 Aus Laibach schreibt er zwei Jahre später: „Ich hab kein Geld, Wein, Korn; Schmalz hab ich auf halb Jahr." Auch in seinem festen Pfarrsig Derendingen verliegen ihn diese Geldnöte nicht, wie er denn von dort aus 1570 schreibt: „Nachdem ich in gemeldeten Krankheiten groge Schulden gemacht, die ich vor Ostern versprochen zu bezahlen",3 wie auch sein Leichenredner von ihm bezeugt: „dag er von seiner Pfarr wenig erobert und für sich gebracht". Und dies, obwohl er in Anbetracht seiner Verdienste um die heimische evangelische Kirche bis an sein Lebensende von der krainisdien Landschaft regelmägig ein „ehrlich Gnadengeld" von 200 Talern als Jahresprovision bezog, eine schöne Handlungsweise dankbarer Anhänglichkeit an den Gebannten, die Spender und Empfänger ehrt, von legterem auch hauptsächlich zur Unterstügung krainischer Studenten verwendet ward. Denn seine bescheidenen äugeren Verhältnisse hingen mit seiner grogen Herzensgüte und Hilfsbereitschaft zusammen. Wie eben schon angeführt, fühlte er sich zu grogartiger Gastfreundschaft verpflichtet. Noch von seinem Totenbette wird in der Leichenpredigt eine schöne Handlung der Uneigen- 1 Belege bei Elze S. 165, 503 und 517. 2 Elze S. 165. 3 Elze S. 503. nügigkeit berichtet: „Den achtundzwanzigsten Juni (1586) als er seine Schulden vermeldet, und den armen Leuten allen, wer ihm schuldig gewesen, alle Schuld nachgelassen und geschenkt, dag sie es seinen Erben nicht bezahlen dürfen." Am grogartigsten offenbarte sidi die unendliche Herzensgute Trubers gegenüber dem kroatischen Bibelüberseger Stephan Consul. Trüber berichtet in seinem Briefe aus Uradi vom 4. November 1561 von einem geradezu unerhörten Vorgehen Stephan Consuls, der weitgehendste Gastfreundschaft in seinem Hause genossen habe und in jeder Weise gestügt und gefördert worden sei, das alles aber mit Anmagung und sogar mit Tätlichkeiten gegen Trubers Gattin vergolten habe. In wie väterlicher Weise sich Trüber in seiner legten Deren-dinger Periode seiner jungen krainisdien Landsleute annahm, bezeugt u. a. des Bibelübersetzers Georg Dalmatin Sdireiben vom 17. Juni 1569, wo er Trüber nennt: „den wichtigsten Gönner meiner Studien, den ich wegen seiner unendlichen Freundlidikeit gegen mich wie einen Vater ehren muß".1 Wie es die Art solcher von editer Herzensgüte durdiglühter Menschen ist, fehlt bei Trüber auch ein goldener Humor nicht. Mit welch trockener Ironie zeichnet er in der Vorrede seiner Übersegung des Neuen Testaments von 1562 die religiösen Zustände Krains in jener Periode.2 Mit welcher überlegenen, inneren Ruhe segt er sich über Enttäuschungen und Migerfolge hinweg: „Weder seine (Consuls) kroatische, cyrillisdie, nodi meine krainerische Bücher nicht abgehen, zu besorgen, wir werden aus unsern Büdiern Skarnißl machen und die scombros, wie der Persius sagt, einwickeln. Denn wie in aller Welt, also auch in diesen Landen ist der Glaub, Lieb, Gottesfurdit, Frag nach dem ewigen Leben schier gar erloschen."3 Diese prächtigen Eigenschaften quollen bei Primus Trüber aus einer tiefen, innigen Frömmigkeit hervor. Es erinnert geradezu an das Vorbild Trubers, den deutschen Reformator M. Luther, wenn Trüber, am Ende seiner ersten fünfzehnjährigen Verbannung, als er vor den Toren Laibachs Kunde von den Drohungen der weltlichen und geistlichen Gewalt empfing, in die glaubensmutigen Worte ausbricht: „Wenn ich heute nicht gen Laibach käme, würden die gutherzigen Christen betrübt und sagen: ich fürchte und fliehe das Kreuz, und 1 Elze S. 485. 2 Abgedruckt in der Schrift von 0. Hegeinann, Zum 400 jährigen Geburtstag P. Trubers, Wien 1908. Selbstverlag. Sonderabdruck aus dem Jahrbuch der Gesellschaft für die Geschichte des Protestantismus 1908. 3 Elze S. 433 f. die Gottlosen würden gestärkt in ihrem bösen Fürnehmen wider mich." „Wollen die Krainer das Evangelium haben, so müssen sie das Kreuz auch helfen tragen." 1 Aus der Fülle von Zügen tiefernster Frömmigkeit wollen wir hier nur nodi jene ergreifende Szene vom Sterbebette des 78 jährigen Greises aus seiner Leichenpredigt anführen, wo er noch ebenso freudig wie einst auf der Höhe seines Mannesalters sich zum Evangelium bekannte, von dem er 1555 schrieb, daß er es „17 Jahr nacheinander im Windischland gepredigt, darum mir der Teufel vielmals heftig zugeseßt und täglich in Gefängnis bringen wollen. Aber der Allmächtige hat mich wundergleich aus seinem [des Teufels] Hals gerissen. Und wiewohl es Ursache ist, daß ich im Elend sein muß und meines Vaterlands und dreier guter feister Pfründen beraubt" etc. Jakob Andrea erzählt in der erwähnten Leichenpredigt: „Den siebenundzwanzigsten Juni, als sein Pfarrverweser, so ihn mit Predigen in der Krankheit vertreten, ihm aus heiliger Sdirift allerlei tröstliche Sprüche in Gegenwart vieler Bürger vorgesprodien, hat er begehrt, man soll jedermann in die Stuben einlassen. Und da gemeldeter Prediger nicht änderst vermeint, denn das Stündlein seines Abscheidens wäre schon vorhanden, hat er die Umbständer zum Gebet vermahnet und da er ihm ein Gebet aus einem Betbüchlein vorspredien wollen, hat Herr Primus mit lauter Stimme gesagt: Nein, nein, Text her, Text her, das ist, man soll ihm nichts denn lauter Sprüche aus Gottes Wort vorsprechen. Sonderlich aber hat er begehrt zu hören vom Wasser, dabei der Prediger vermerkt, daß er den 23. Psalmen begehrt zu hören: Der Herr ist mein Hirt, mir wird nichts mangeln, er weidet mich auf grüner Aue und führet mich zum frischen Wasser etc. Und da er ihn zu Ende gebracht, hat er abermals mit großem Seufzen gesprochen: Amen, und darauf geruhet." Es sind gewiß, vom rein mensdilichen und historisch-literarischen Standpunkte aus, hervorragende Eigenschaften, die an Primus Trüber ins Auge fallen. Seine hödiste Bedeutung aber liegt darin, daß er im Zeitalter wüster Lehrstreitigkeiten ein modern empfindender, seiner Zeit vorauseilender Geist gewesen ist.2 Im Stile des großen Pädagogen Arnos Comenius ist er ein Friedensgeist gewesen, dessen ganzes Wesen die erhabene Losung verkörperte: „Nicht mitzuhassen, mitzulieben bin ich da." In seiner Brust hatte sich bereits die Synthese von Gegensäßen vollzogen, die im allgemeinen Rahmen des Protestantismus sich erst viele 1 25. Juni 1561. Elze S. 115. 2 Belege in der oben angeführten Schrift des Verfassers dieses Aufsatzes. Menschenalter nach ihm anbahnen sollte. Wegweisend leuchtet darum auch er, wie Comenius, einem Pharus gleich in die kommenden Jahrhunderte. Seine herzliche Malmung zur Einigkeit,1 zur Nachgiebigkeit in minder wichtigen Dingen, zur Weitherzigkeit und Unbefangenheit8 ist sein Testament, das voll anzutreten erst einer fernen Zukunft vorbehalten sein wird. Und wie ihn dieser Zug echter Freisinnigkeit innerlich mehr auf das weit radikalere und konsequentere reformierte Bekenntnis hinwies, was ihm immer wieder den nicht unbegründeten Vorwurf „Zwingli-scher Opinionen" 3 zuzog, so war er anderseits doch ein echter Jünger Luthers, indem er schonend und konservativ in den unendlidi schwierigen Verhältnissen seines von Unruhen aller Art heimgesuditen Vaterlandes den Kern und das Wesen über die Form stellte. Nach Elzes Wort: „Trüber, ruhig und maßvoll, hatte in den friedlichen und geordneten Verhältnissen der evangelischen Kirche Oberdeutsdilands und im Verkehre mit den bedeutendsten Männern von gründlicher Bildung und Wissenschaft gelebt. Von dort in die Heimat zurückgekehrt, ging er nidit nur bei der Aufrichtung der evangelischen Kirche in Krain und der Konstituierung der bis dahin latenten evangelischen Gemeinden dieses Landes vorsichtig, schrittweise und sdionend zuwerke, sondern er stellte auch an den Charakter und die Leistungen der Männer, die hiebei seine Mitarbeiter sein sollten, nach dem mitgebrachten Maßstabe höhere Anforderungen, als man hier bisher gewohnt gewesen war."4 In Laibach war seit 1527 Matthias Klombner der erste gewesen, der die evangelisdie Lehre Hand in Hand mit einigen Geistlidien ausgebreitet hatte. Mit diesem Patriardien der evangelischen Sadie geriet Trüber während seiner Wirksamkeit von 1562- 1565 in tiefgreifenden Gegensatz. In Klombners Briefen6 werden die heftigsten Anklagen gegen Trüber erhoben. Diese Anklagen stammten daher, daß die alten Gefährten sich in Trubers schrittweises, mit den gegebenen Verhältnissen rechnendes Vorgehen nicht mehr zu finden wußten und haben aus diesem Grund kein Gewicht. Weit entfernt, daß dieser konservative Zug in Trubers Wesen im Widerspruch gestanden wäre zu der zweifellos in ihm vorhandenen echt modernen Richtung, klingt vielmehr beides in ihm harmonisdi zusammen: 1 Elze S. 518. 2 Elze bes. S. 24, 484 u. o. 3 Elze S. 6, 358 ff. etc. 4 Aus der oben angeführten ungedruckten Schrift. 6 Abgedruckt in der erwähnten Schrift zum 400 jähr. Geburtstag Trubers. „Es war nur eine andere Äußerungsweise einer einheitlidien Geistesriditung, wenn derselbe Mann, welcher seiner Zeit an innerer Freiheit weit voraus war, anderseits hinter ihren vorwärtsstrebenden Geistern scheinbar zurückblieb, indem er sich schonender und bedächtiger, wie sie, dem Alten anbequemte. Äußert sidi doch in beidem, in der Aneignung des Neuen wie in der Beibehaltung des Alten, der vorwiegend praktische Zug, die Abwendung von der unfruchtbaren Theorie. In beidem dieselbe innere Freiheit, dieselbe Unbekümmertheit um die bloße Form, wie Luther in weit großartigerer Weise in seinen besten Jahren sie besessen und bewiesen. So konnte es geschehen, daß er gelegentlidi selbst des Flazianismus beschuldigt wurde, obgleich seine ganze Geistesart geradezu den Gegenpol zu der erregten, leidenschaftlidien, spekulativ tiefsinnigen Weise seines großen südslavischen Stammesgenossen bildete. Zusammen mit P. P. Vergerio bilden diese drei im südlichsten Österreich geborenen Männer vielleicht die charakteristischesten Erscheinungen der ersten nachlutherischen Generation. Für die eigentümliche Aufgabe Trubers, ein Reformator der Slovenen zu sein, konnten seine Charakteranlagen gewiß nicht glücklicher und harmonischer zusammenklingen. Daß später sein ganzes Wirken fast spurlos wieder vernichtet wurde, kann die Bedeutung seiner Erscheinung nicht aufheben." Es sei gestattet, diese schlichte Charakteristik mit den Worten zu schließen, die an Trubers offenem Grabe gesprodien wurden:1 „Dies ist beides das Leben und Sterben eures geliebten Pfarrers seligen, welcher nicht ein gemeiner Dorf p f äff, sondern ein rechter wahrhaftiger evangelischer Prediger und Bischof gewesen, der sein Amt auch redlich ausgerichtet, darüber sich viel erlitten und ritterlich wider den Teufel und alle falsche Lehrer gekämpft, gestritten und sein Lauf seliglich vollendet hat. Der nicht allein über euch zu Derendingen als ihm seine vertrauten Schäflein, sondern audi über alle evangelische Kirchen im hochlöblichen Fürstentum Krain als ein getreuer Hirt und Bischof gewacht, denen er, so lang er geduldet worden, das Wort Gottes seinen Zuhörern lauter und rein an allen Orten vorgetragen, die hochwürdigen Sakramente nach dem Befehl Christi gereichet, Gesunden und Kranken mit dem Trost Gottes Wortes eifrig gedienet. Und da er von solchen seinen lieben Pfarrkindern aus Krain nach dem Fleisch weichen müssen, ist er doch ihnen im Geist alle Zeit gegenwärtig gewesen und beneben seinem christlichen und eifrigen Gebet für ihr zeitlich und ewig Heil zum 1 Vergl. auch die schönen Worte, die Freiherr von Ungnad, Trubers langjähriger Gegner, ihm schon am 12. April 1561 widmete; bei Kostren-čič, Urkundl. Beiträge, S. 16. äußersten sich beflissen ihnen zu dienen, und sie nicht allein durch herrliche Trostschriften zur Beständigkeit im Glauben ermahnet, sondern audi mit Verdolmetschung nütjlicher Schriften, ihre Kirchen treulidi helfen erbauen . . . Durch welche windisdie Dolmetschung nidit allein die Kirchen in Krain heftig erbauen und zugenommen, sondern auch in Kroatien und in der Türkei großen Nußen geschaffen, daß etlich viel zu dem rechten und seligmadienden Erkenntnis Jesu Christi kommen, dafür Gott billig zu danken." HI' Trabers Grabdenkmal in Derendingen Elzes Bildnis nach einem Gemälde von P. Künl Dr. Theodor Elze i Wie wenigen glückt es doch in unserer von Gegensägen aller Art durchwühlten Zeit, ein langes, arbeitsreiches Leben an vielen Orten und unter sehr verschiedenen Verhältnissen so zu führen, dag es innige Anhänglichkeit bei den Befreundeten und allseitige Achtung bei den Gegnern findet! Zu den seltenen Ausnahmen dieser Art zählte der Mann, dessen Name in der Überschrift genannt ist. Ludwig Theodor Elze, am Carniola 1908 II 7 17. Juli 1823 zu Alten bei Dessau geboren und am 27. Juni 1900 zu Venedig gestorben, war ein Sohn des Pfarrers Karl Wilhelm Elze und seiner Frau Louise, gebornen De Marees, ein Bruder des als Shakespeareforschers bekannten Literarhistorikers Karl Elze. Die Brüder verbrachten ihre erste Jugend zu Dessau, wohin ihr Vater im Frühjahr 1825 zur Leitung des herzoglichen Lehrerseminars berufen worden war. Hier besuchte Theodor die Volksschule und das Gymnasium, das er im Jahre 1842 verließ, um sich (1842-1844) zu Tübingen unter Bauer und Schmied der Theologie zu widmen. 1844—1845 setjte er diese Studien in Berlin unter Neander, Twesten und Schelling fort; zwischenhinein bestand er in Dessau die Prüfungen für die Kandidatur des Predigeramtes und studierte er ein Semester Medizin. Elze entstammte einer sehr begabten Familie, Dichtung, Natur und bildende Kunst waren die Angelpunkte seines inneren Wesens. Bis in die Gymnasialzeit reichen seine poetischen Versuche und schon während der Universitätsjahre war es dem jungen Studenten geglückt, nähere Beziehungen mit seinen Lehrern, dem Germanisten Adalbert v. Keller, dem Ästhetiker Vischer und Hermann Kurz, anzuknüpfen, auch Zutritt zu den Häusern Uhlands, Schwabs, Justinus Kerners, Suchers u. A. zu erlangen. Sein Drang in die Ferne hatte ihn während der Gymnasialzeit (1839) zur Durchwanderung des Harzgebirges und von Tübingen aus zu Reisen nach der Schweiz (1842, 1843) und nach den Niederlanden veranlaßt. So hatte Elze sich nur schwer mit dem Gedanken, eine einfache Lebensstellung in der Heimat einzunehmen, vertraut gemacht, als sich unvermutet seinem weit ausgreifenden Bildungsbedürfnisse ein anderer Wirkungskreis darbot: Im Herbst 1845 erhielt der wissensdurstige Predigerkandidat zu Berlin, wo er zur Vertiefung seiner Kenntnisse weilte, die Aufforderung des Prinzen Georg von Anhalt, bei seinem ältesten Sohne aus der Ehe mit der Gräfin Reina die Stelle eines Erziehers zu übernehmen. Damit war eine Übersiedlung nach Italien verbunden, wo damals die fürstliche Familie lebte. Freudig folgte Elze diesem Ruf, der ihn nach dem sonnigen Süden, dem Land seiner Träume brachte und dem Zweiundzwanzigjährigen Gelegenheit bot, sich an den Herrlichkeiten der Natur und des Altertums sowie am Umgang mit hervorragenden Persönlichkeiten jeder Art zu bilden. Durch ganz Italien bis über Neapel hinaus ist er so während der Jahre 1845-1847 gekommen, die immer den Glanzpunkt von Elzes Erinnerungen bildeten; den meisten Teil dieser Zeit hat er indessen in Florenz und der nahegelegenen Villa Pucci verlebt. Hier schloß er sich dem begabten Maler Ernst Gotthilf Bosse und der Dichterin Betty Paoli an, die er als Gesellschafterin der feingebildeten Fürstin Schwarzen- berg kennen gelernt hatte. Diese Freundschaften ergaben manch dichterische Anregung, und auch in Rom, wo Elze im Frühjahr 1847 weilte, fand er Beziehungen zu Dichtern (Heinrich Stieglig) und Künstlerkreisen. Hier war es auch, daß er, in drängender Lage das Wesen über die Form segend, auf Bitten der deutschen Künstlerschaft, da kein ordinierter Geistlicher zur Stelle war, die Einsegnung ihres verstorbenen Nestors, des Landschaftsmalers Johann Christian Reinhart, vornahm (Juni 1847), ein Schritt, der später Anlaß zu einem unerquicklichen Zwiespalt mit dem herzoglich anhaltischen Konsistorium gab. Ende 1847 war Elze mit der prinzlichen Familie nach Deutschland zurückgekehrt, die erst in Mannheim und später in Zerbst ihren Aufenthalt nahm. Schon bei Übernahme des Erzieherpostens hatte Elze, um nach dem Wunsche des Prinzen Georg, in dessen Hause auch die Stelle eines Hausgeistlichen zu versehen, beim Konsistorium Schritte getan, um ordiniert zu werden, war jedoch abgewiesen worden, weil, wie es hieß, „bisher in Dessau nicht Gebrauch gewesen sei, in das Ausland abgehenden Kandidaten die Ordination zu erteilen". Da auch spätere von Italien und schließlich von Zerbst aus unternommene Versuche am Widerstand des herzoglichen Konsistoriums scheiterten, das außer dem erwähnten Vorgang zu Rom und einem ähnlichen zu Mannheim auch die Jugend des Bewerbers zum Vorwand der Ablehnung nahm, und da die Lage durch die aktenmäßige Darstellung dieser Vorgänge, die Elze im Jahre 1849 durch Druck veröffentlichte, nicht gebessert wurde, so wird es begreiflich, daß er sich allmählidi mit dem Gedanken befreundete, eine Pfarrerstelle auswärts anzu-: nehmen. Da fügte es sich, daß sein herangewachsener Zögling Franz Graf Reina 1851 in die österreichische Marine eintrat und Elze ihn nach Triest zu begleiten hatte. Das ergab Beziehungen zu Innerösterreich, namentlich war man in Laibach auf die jugendliche, vielversprechende Kraft des Kandidaten Elze aufmerksam geworden. Hier hatten die seit Kaiser Joseph II eingewanderten Glaubensgenossen nach mancherlei vergeblichen Versuchen, die bis ins Jahr 1826 zurückreichten, im Jahre 1850 endlich die Erlaubnis zur Begründung einer förmlichen Kirchengemeinde erwirkt und am 21. April 1851 bei der Pfarrerwahl ihre Stimmen auf Elze vereinigt. Dieser vermählte sich am 24. Mai 1851 zu Zerbst mit der dichterisch veranlagten Witwe eines englischen Geistlichen, Mary Anna Zoe Holden, geborne Turner aus Liverpool (f 1893), die er schon 1847 als Erzieherin im Hause des Prinzen Georg kennen gelernt hatte, und übersiedelte, als die landesfürstliche Genehmigung seiner Wahl eingetroffen war, nach Laibach, wo er am 6. Jänner 1852 nach Ein- 7* weihung der neuerbauten evangelischen Christuskirche durch den Superintendenten Franz aus Wien feierlich in sein Amt eingeführt wurde.1 II Die Übernahme der Seelsorge in Laibach war ein tiefgehender Einschnitt in Elzes Werdegang. Vorüber war nun die fröhliche Jugendzeit, in der die Pflichten zumeist mit der Selbstausbildung zusammenfielen, vorüber die Aussicht auf die Anregungen, die sich durch weite Reisen und aus dem Verkehr mit dichterisch verwandten Seelen ergaben, der Ernst des Lebens trat in seine Rechte. Von allem Anfang an war sich Elze dieser Veränderung bewufjt und sofort entschlossen, ihr voll Rechnung zu tragen. In die ersten Wochen seines neuen Wirkens fällt ein stimmungsvolles Gedicht, „Im Amt" überschrieben und „Laibach 19. April 1852" gezeichnet, in welchem der Siebenundzwanzigjährige Abschied von seinem früheren Leben nimmt und sich die Pflichten für die Zukunft zurecht legt: Verschwunden sind die Poesien, Für die mir sonst die Brust zu enge, Nur fern durch Waldesdunkel ziehen Verklingend leise Waldhornklänge. Nicht werd' ich mehr im Wort gestalten, Doch dicht' ich jeßt in andrer Richtung, Des Mannes Kraft muß sich entfalten, Mein ganzes Leben ward zur Dichtung. Und nach den Gedanken, die hier ausgesprodien, wurde auch gehandelt. Volle vierzehn Jahre hat Elze in der südösterreichischen Diaspora von Laibach aus eine ebenso ausgebreitete wie anstrengende Tätigkeit entfaltet und sich allgemeine Achtung über den Kreis seiner Glaubensgenossen hinaus gesichert. Schon waren die ärgsten Schwierigkeiten überwunden und Elze mochte einer minder anstrengenden Amtsführung in Laibach entgegensehen, als er im Jahre 1865 einen Ruf als Prediger nach Meran erhielt, um, wenn möglich, der dort sich bildenden evangelischen Gemeinde zur öffentlichen Anerkennung zu verhelfen. Gerade die Schwierigkeiten, die seiner in Tirol warteten, waren für seinen Entschluß bestimmend, die fest begründete Stellung in Laibadi mochte auch ein anderer nach ihm leicht versehen. Doch 1 Nachrichten über diese Vorgänge bietet das selten gewordene Schriftchen: Die Einweihung der neuerbauten evangelischen Christuskirche in Laibadi. (Laibach 1852, Kleinmayr & Bamberg.) blieb der gehoffte Erfolg aus, die Begründung einer anerkannten Gemeinde lieg sich in Meran zunächst nidit erreichen, und da zudem unter den Kurgästen eine ihm nicht zusagende Richtung Oberhand erlangte, so sah sich Elze veranlagt, seine Stelle nach drei Jahren wieder aufzugeben. Von den Bewohnern und Bürgern der Stadt beim Abschied in ergreifender Weise gefeiert, verlieg Elze Meran Anfang September 1868, erholte sich durch eine ausgedehnte Reise nach der Schweiz und der Heimat von den Anstrengungen der legten Zeit und verbrachte hierauf den Winter mit seiner Frau in Nizza und Oberitalien. Um Ostern 1869 war er auf der Rückreise nach Deutschland in Venedig eingetroffen, um hier noch einige Wochen bis zum Beginn der Sommerhige zu verweilen. Es kam jedoch anders, als er gedacht hatte. „Ich ahnte nidit", schrieb er mir am 10. Juni 1869, „was da kommen sollte. Die hiesige deutsche evangelische Gemeinde verlor durch einen Unglücksfall ihren Vikar und dann durch Emeritierung ihren Pfarrer und wählte midi zu dessen Nachfolger. Ich habe den Ruf angenommen und am 6. d. M. das Amt angetreten. Somit werden wir also zunächst hier bleiben." Aus dem „zunächst" ist jedoch ein dauernder Aufenthalt geworden und Elze hat sein geliebtes Venedig auch nach der Emeritierung 1891 nur zur Sommerszeit auf Monate verlassen, um Erholung in den Alpen und in seiner Heimat zu suchen. In Venedig hat er auch im Sommer 1900 nach dem Wunsche, den er schon 1853 in einem stimmungsvollen Gedichte ausgesprochen, auf der Toteninsel San Cristoforo unter Blumen seine legte Ruhestätte gefunden. III Elze war ein Mann von seltener Begabung und erstaunlicher Vielseitigkeit. Von seinen dichterischen Anlagen zeugen die Gedichte, aus welchen er in strenger Auswahl einen Straug, „Maiblumen", seiner Frau zum Gedächtnistag der silbernen Hochzeit (24. Mai 1876) als Angebinde darbrachte, während die groge Mehrzahl nach seinem Willen ungedruckt blieb, von seiner künstlerischen Auffassung der begleitende Text zu dem vom Maler Nerly vorbereiteten Venezianischen Album sowie seine „Bilder aus Venedig", die er in den Dioskuren veröffentlichte. Vertraut war ihm das weite Gebiet der Volkskunde, sein Aufsag über den Norgglbrunnen bei Meran (1868), seine Schriften über die Sage und den Ring der Frau Kröte (1899), die weige Schlange und die Schlangenbeschwörung und vor allem sein schöner Aufsag über „Gotsdiee und die Gotschewer" (1861) tun dies dar. Seine sprachgeschichtlichen Studien erstreckten sich auf Namenskunde (deutsche Familiennamen in befehlender Form [1860], zur Ästhetik der deutschen Familiennamen, die Abstammung der Gotschewer), aber auch auf Stoffe der deutschen Heldensage: Zwerg Laurin und der Rosengarten bei Meran (1867), Tirol und das Eggenlied (1874), ferner auf die englische Literatur, der er 1877 einen Aufsaß über das englische Theater um 1624, La Desdemona del Shakespeare (1880) und die hübschen „Venezianischen Skizzen zu Shakespeare" (1899) widmete. Geradezu grundlegend sind aber seine Untersuchungen über die südslavische Literatur im Zeitalter der Reformation, auf welche ich noch zurückkommen werde. Das Hauptgebiet seiner Forschung waren jedoch Geschichte und unter deren Hilfswissenschaften die Münzkunde, die er zeitlebens hochgehalten hat. Für den jungen Geistlichen, der nach dritthalbhundert Jahren als Erster wieder in einer evangelisdien Kirche zu Laibach predigen durfte, ergab sich die Anregung von selbst, zu erforschen, warum sich der Protestantismus in Krain im 16. Jahrhundert so rasch verbreitete, wie er auf die Bewohner und die Zustände auf geistigem wie wirtschaftlichem Gebiet eingewirkt, wie es kam, daß ein Land, das dem evangelisdien Glauben schon sicher gewonnen schien, wieder unter die Herrschaft der alten Kirche zurückkehrte, und so noch manch anderes. Da hieß es aber vorerst verläßlichen Quellenstoff beschaffen, denn die wenigen Nachrichten, die man schon kannte, stammten meist aus zweiter Hand oder beruhten auf unsicherer Überlieferung. In Laibadi lag nun das Archiv der alten Landstände vergessen, verstaubt und unbenüßt. Elze hat es mit unermüdetem Fleiß durchforscht und Tausende von unbekannten Einzelheiten mit seiner perlgleichen Handschrift daraus verzeichnet. Schon 1856 stellte er in seiner „Geschichte der evangelischen Gemeinde Laibach", die als Sonderabdruck aus dem evangelisdien Glaubensboten für Österreich zu Villadi erschien, eine gesdiiditlidie Darstellung der Reformation und Gegenreformation in Krain in Aussicht. Das Jahr darauf hat er den Bericht über die Einweihung der evangelischen Andreaskirche in Cilli1 mit einer sehr gedrängten Übersicht dieser Ereignisse in Krain und Untersteiermark eingeleitet. 1863 erschienen - durchaus nach den Quellen gearbeitet als Jubelschrift für den Superintendenten Franz in Wien, Elzes „Superintendenten der evangelischen Kirche in Krain während des 16. Jahrhunderts" (Wien bei Gerold), drei Jahre darnach der später (1888) in zweiter Auflage umgearbeitete große Aufsaß über Primus Trüber in Herzogs 1 Gedruckt 1857 zu Laibach bei Kleinmayr & Bamberg. Realenzyklopädie für Theologie und Kirche. Allein das Hauptwerk, dem die bisher erschienenen Schriften als Vorarbeit galten und von dem er kurz vor seinem Abgang aus Laibach in einem Vortrag die äugeren Umrisse entwickelte, wurde durch Elzes Übersiedlung nach Meran leider in den Hintergrund gedrängt und geriet bald darauf ins Stocken. Später, als er zu Venedig einen ihm besser zusagenden Wirkungskreis gefunden, hat Elze den Gedanken, die Kulturzustände Krains während des 16. Jahrhunderts in umfassender Darstellung zu behandeln, in anderer Form wieder aufgenommen und im Jahre 1871 den ersten Teil einer Darstellung der krainisdien Literatur im Reformationszeitalter vollendet, doch waltete ein eigener Unstern über dieser Arbeit. Der Laibacher Musealverein, dem sie zur Veröffentlichung angeboten wurde, hatte zwar freudig zugestimmt, allein die Ausführung dieses Beschlusses unterblieb aus mir unbekannten Gründen. Dies Miglingen hat Elze die Fortsegung der begonnenen Arbeit verleidet. Dazu mochte sich die begründete Besorgnis gesellen, dag der gesammelte Quellenstoff für die Vollendung des grog angelegten Werkes nicht ausreichen dürfte, da er sich im wesentlichen auf Akten der Stände beschränkte, ferner die Erkenntnis, dag er von seinem neuen Aufenthaltsorte Venedig aus die erforderlichen Ergänzungen aus den Regierungsarchiven zu Graz und Wien sich nicht werde beschaffen können. Elze beschränkte sich daher fortan, den in jener Abhandlung sowie in seinen Auszügen niedergelegten Quellenstoff in Einzelarbeiten für die Reformationsgeschichte Krains zu verwerten. So entstanden seine Aufsäge über „die Anfänge des Protestantismus in Krain" (1880), über Paul Wiener (1882), den Laibacher Domherrn, der als erster evangelischer Bischof der Siebenbürger Landeskirche sein Leben beschlog, die Rektoren der krainisdien Landschaftsschule im 16. Jahrhundert (1899), über die slovenischen protestantischen Gesangbücher (1884) und die slovenischen protestantischen Druckschriften des 16. Jahrhunderts (1896). All diese Abhandlungen erschienen in den Jahrbüchern für Geschichte des Protestantismus in Österreich und zeichneten sich durch eine Fülle bisher unbekannter Nachrichten aus. Parallel damit liefen kleinere Aufsäge über Trüber und Paul Wiener für die „Allgemeine deutsche Biographie" sowie die Vorbereitung einer sorgfältigen, mit reichlichen Erläuterungen versehenen Ausgabe von Trubers Briefen für die Publikationen des literarischen Vereins zu Stuttgart (1897). Audi die schöne Gelegenheitsschrift: „Die Universität Tübingen und die Studenten aus Krain" (1877), die ihm von dieser Universität den Doctor honoris causa einbrachte, schöpft noch aus den zu Laibach gesammelten Quellen, während seine Geschichte der protestantischen Bewegungen in Venedig (1883), Luthers Reise nach Rom (1899) und die Berichte der venezianischen Gesandten über Luthers Auftreten auf dem Wormser Reichstag1 andere Gebiete der Reformationsgeschichte betreffen. Auch die grogangelegten Werke, die Elze auf dem Felde der von ihm hochgehaltenen Münzkunde geplant hatte, sind nur zum Teil vollendet worden, abgesehen von einigen kleineren Aufsägen hat er nur zwei Hefte über die Münzen Bernhards, Grafen von Anhalt und Herzogs von Sachsen veröffentlicht. So sehr zu bedauern ist, dag Elze seine Absicht, uns mit einer vollständigen Münzgeschidite von Anhalt zu beschenken, nicht verwirklichen konnte - eine Vorarbeit dazu konnte ich 1903 aus seinem Nachlasse herausgeben —, so dankbar müssen wir ihm für das Gebotene sein, denn er unternahm es, über die gewöhnliche Münzbeschreibung hinaus der mittelalterlichen Münzkunde neue Zwecke und Ziele zu weisen. In einer Zeit, da man die Leichtigkeit photographischer Vervielfältigung noch nicht kannte, hat er in mühsamer Vergrögerung der Münzbilder durch Handzeichnung gezeigt, dag die Erzeugnisse der mittelalterlichen Stempelschneider geradeso, wie man sdion vorher Siegel, Grabsteine, Miniaturen und andere bildliche Darstellungen benügte, vom Forscher für die mittelalterliche Trachtenkunde mit Erfolg ausgebeutet werden können. Selbst nach dieser weitläufigen Aufzählung ist der Kreis von Schriften, mit denen uns Elzes Fleig beschenkte, nicht erschöpft. Unberücksiditigt blieben hier alle unvollendeten Arbeiten, die sich im Nadilag befanden, aber audi zahlreiche kleinere Aufsäge und all jene Schriften, die durch seine Amtstätigkeit veranlagt wurden. Und doch, so mannigfach diese schriftstellerischen Erzeugnisse sind, so gewissenhaft sie gearbeitet, so sorgfältig die Form ist, in der sie vorgelegt wurden, die Hauptbedeutung des seltenen Mannes ruhte weniger in dem, was er veröffentlidite, als in dem, was er wirkte. Ich wenigstens habe niemand gefunden, dem ich mehr Anregung zu danken hätte, als gerade Elze, mit dem mich ein günstiges Geschick im rechten Augenblick bekannt werden lieg. Den jungen Gelehrten und den unreifen Studenten brachte 1863 zu Laibach die gemeinsame Neigung zur Numismatik zusammen. Elze unternahm es, midi in die Schriftstellerei einzuführen. Noch bewahre ich als teures Andenken den ersten Entwurf meines Aufsages über zwei angebliche Laibadier Münzen (erschienen 1864 in den Mitteilungen des historischen Vereins 1 Martino Lutero alla Dieta di Vormazia (Estratto dalla Rivista cristiana, 1875). für Krain) mit den Verbesserungen von der Hand meines Mentors, der midi audi später nicht verließ und unaufhörlich auf Vertiefung des Inhalts und Vollendung der Form drang, und wie mir, ist es auch vielen anderen gegangen. Was war beispielsweise der historische Verein für Krain, ehe Elze 1852 nach Laibach kam. Er zählte Hifjinger, Jellouschek, Richter und andere emsige und gewissenhafte Forscher in seiner Mitte, aber alle litten noch an den Folgen der verkehrten Unterrichtspolitik im vormärzlichen Österreich, die bis 1848 den geistigen Verkehr mit Deutschland möglichst beschränkte. Mitten unter diese arbeitswilligen, tüchtigen, aber ungeschulten Leute trat nun Elze mit dem Feuereifer der Jugend, ein Mann, der schon viel gesehen und viel gelernt hatte und gewohnt war, die Dinge von einem freieren und höheren Gesichtspunkt aus zu umfassen. Schon in den nächsten Jahren nach Elzes Eingreifen ändert sich das Bild: untüchtige Elemente traten zurück, besser geeignete kamen an deren Stelle, ein frischeres Leben begann. Wie mufjten da Elzes Vorträge an den Vereinsabenden, seine numismatischen Studien zur Kulturgeschichte, seine Schilderung der geistigen und wirtschaftlichen Zustände Krains im Reformationszeitalter, seine sprachgeschichtlichen Untersuchungen u. a. auf die Zuhörer wirken! Selbst wenn sie Widerspruch erweckten, war dieser befruchtend, da er die Gegner zu erneuter Forschung drängte. Dabei hat Elze sich keineswegs mit Anregungen auf wissenschaftlichem Gebiet begnügt, seine vielseitige Begabung befähigte ihn vielmehr, jeweilig in der Umgebung, in der er lebte, den anregenden Mittelpunkt abzugeben. So war es schon zu Florenz, nach den Gedichten zu schließen, welche Betty Paoli, der Maler Bosse und Elze hier tauschten, unter welchen jene der Paoli mit der Widmung „An E" gedruckt wurden, so ward später die deutsche Gesellschaft in Venedig unter seinem Einflüsse zum Stelldichein, in welchem sich die in der Lagunenstadt lebenden Deutschen mit vorübergehend zukehrenden Landsleuten bald zu harmlosem Vergnügen, bald zu geistigen Genüssen zusammenfanden. Nicht anders war es in Meran, wo Elze, von den Bedürfnissen des täglichen Lebens ausgehend, als Schriftwart des Turnvereines die Turnerfeuerwehr ins Leben rief und auch sonst Gemeinnüßiges nach Kräften gefördert hat. Darum hat aber Elze nicht bloß im Kreise der ihm Näherstehenden Liebe, sondern selbst Gegnern Achtung abgenötigt. Man vergegenwärtige sich den tiefen Riß, den die unseligen Nationalitätenstreitigkeiten in Innerösterreich zwischen deutschen und slavischen Landeskindern aufgetan haben und würdige dann die geradezu begeisterten Worte, die dem Fremden, dem Deutschen, dem Protestanten Elze von Slovenen im Slovenski Narod (Laibach 1878, Nr. 1, 2) und im Zvon (1893, S. 622-630) gewidmet worden sind. In gleicher Weise wie in Laibach hat Elze auch in Meran allgemeine Achtung sich zu erwerben gewußt. Wie beliebt er nach dreijährigem Aufenthalt selbst in den unteren Schichten der einheimischen Bevölkerung war, lehrt ein Vorfall, den ich selbst miterlebt habe. Es war im Juli 1868, daß ich meinen lieben Freund in Meran aufsuchen konnte und hier die Nachricht von seinem Weggang erfuhr. Wir machten einen Ausflug nach Schloß Tirol und der Zenoburg und kehrten schließlich in einem Gasthaus zu. Hier gesellte sich alsbald ein Tiroler, seinem Aussehen nach wohl ein Handwerker, zu uns, der Elze achtungsvoll begrüßte und fragte, ob es wahr sei, daß er Meran verlassen wolle. Als Elze diese Frage bejahte und auf die Aufforderung, er möge doch bleiben, erklärte, daß seine Abreise unwider-ruflidi sei, geriet der Fremde in sichtliche Verlegenheit und meinte endlich: Da wäre es mir doch lieber, unser Herr Dechant würde gehen und Sie, Herr Pastor, blieben bei uns. IV Elze war ein Mensdi von lauterem Wesen, von seltener Begabung und Vielseitigkeit, von strenger Selbstkritik und darum schon in jungen Jahren von richtiger Selbsterkenntnis. Am Sdilusse dieser ihm von Freundeshand gewidmeten Zeilen mögen einige seiner Gedichte stehen, zunädist das Bild, das er mit 24 Jahren (Mannheim 11. November 1847) von sich und seinem Streben entworfen und statt einer „Vorrede" seinen begrabenen Jugendgedichten vorgeseßt hatte; es erinnert auffallend an Aufzeichnungen die er in seinen leßten Lebensjahren als Rücksdiau niederschrieb. Mein Bild Auch mir hat einst des Ruhmes Drang die Brust geschwellt, Zu großen Taten sucht ich mir ein weites Feld, Ich gab auch Mühe mir mit manchem guten Dinge, Doch überall fand meine Kraft ich zu geringe. Ob es geriet, — ob es mißlang - in jeder Art Hab ich für Großes mir Empfänglidikeit gewahrt, Und daß das Schönste ich genoß auf weiten Reisen, Mag ich als ird'sches Lebensglück am hödisten preisen. In kleinen Liedern sang ich, was mein Herz bewegt, Doch, mich bescheidend, hab ich sie beiseit gelegt Und wenn sie Einzelnen sind etwas wert gewesen, So wird die Nachwelt davon nichts in Büchern lesen. 1)7 Mit Edeln meiner Zeit hab ich als Freund gelebt Und ihrer Freundschaft wert zu sein midi stets bestrebt. So kannt ich dieses Erdenlebens Freud und Kummer Und lege mich dereinst getrost zum Grabessdllummer. Ferner aus den „Maiblumen" das 1847 in Italien entstandene Gedichtdien mit der Überschrift „Lauf der Welt": Aus der Knospe wird die Blüte, Aus der Blüte wird die Frucht, Aus dem Knaben wird ein Jüngling, Der ein Mann zu werden sucht. Hat sie dann die Frucht getragen, Fällt vom Baum die Blüte ab; Hat der Mann sein Werk vollendet, Legt er sich ins stille Grab. Endlich einige Zeilen, die er mit 67 Jahren niedersdirieb, als noch einmal die Erinnerungen aus seiner Jugendzeit bei einer Reise nadi Süditalien (1890) lebhaft aufflammten: Vierzig Jahre sind es nun vollauf, Seit ein Pilger ich die Welt durchzogen, Vierzig Jahre sind es, seit in Jugendlust Ich zuerst dem Vaterhaus entflogen. Wieder steh ich an Sorrentos Bucht, Schau nach Capris Eiland still hinüber, Und die Jahre wie die Meereswogen Ziehen an des Geistes Aug' vorüber. Graz, Ostern 1908 Lasch in v. Ebengreuth Steiermark, Kärnten und Krain und ihr Zusammenwirken wider die Gegenreformation Von Hof rat Prof. Dr. Johann Loserth So eng auch die Union der Länder Steiermark, Kärnten und Krain seit ihren in das 15. Jahrhundert zurückreichenden Anfängen und ihrer Erstarkung in den schweren Zeiten der Türkennot gewesen ist: am vollkommensten und reinsten kam sie doch in den kirchlichen Angelegenheiten der drei Länder seit den beiden legten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts zur Geltung. In anderen Dingen lieg sie oft viel zu wünschen übrig. Man hört da wohl ein- und das anderemal von Kärntner und Krainer Seite her die Klage: „Die Steirer reden und schreiben viel von Gleichheit, in der Tat aber wollen sie davon nicht viel wissen." Aber in eben diesen Tagen, aus denen die Worte stammen, ist doch wieder das Band geknüpft worden, das die protestantischen Stände der drei Länder in all ihren kirchlichen Angelegenheiten für immer miteinander verbunden hat. Vom 14. Februar 1578 ist die Religionsvergleichung der von den drei Ländern und der Grafschaft Görz mit vollmächtiger Gewalt nach Bruck abgesandten Ausschüsse datiert, in welcher sich der bekannte Sag findet, „dag sie bei ihrer christlichen Konfession bis an ihr christliches Ende bleiben, von ihr nicht weichen oder sich auf fremde Wege führen lassen wollen, es möge darüber erfolgen, was Gott immer über sie verhänge. Das alles sollen und wollen sie dermagen mit Geduld ausstehen, dag ein Land des anderen Not für seine eigene Not und Gefahr treulich, christlich, brüderlich halten und erkennen und ein Land das andere bei der höchsten Obrigkeit, wo immer die Not es erfordern würde, nicht verlassen solle." Das ist der Wortlaut der Union, auf den die protestantischen Stände in den gefahrvollsten und kritischen Augenblicken ihrer Geschichte immer wieder zurückgekommen sind. Man hielt an ihr um so fester, je schwieriger es anfänglich scheinen mochte, eine solche Vergleichung zustande zu bringen. In allen kirchlichen Fragen sollten die drei Länder — warum Görz ausgeschlossen wurde, ist hier nicht zu erörtern - fortan ein einziges Corpus bilden, sollten Freud und Leid miteinander teilen und kirchliche Fragen niemals gesondert behandeln. In dieser Union liegt vornehmlich der Grund, weshalb die Gegenreformation, die in den Oktobertagen des Jahres 1579 mit den sogenannten Münchner Konferenzen vom 13. und 14. Oktober einsegt, anfänglich so geringfügige Resultate erzielte. In Gemägheit der Brucker Union fanden denn auch die ersten Magregeln Erzherzog Karls II zugunsten der Gegenreformation den gemeinsamen Widerstand aller drei Länder. Die Bedrängnisse des einen werden den beiden anderen mitgeteilt, in jeder nur einiger-magen wichtigen Frage wird von je einem Lande das Gutachten des anderen eingeholt, in besonders dringenden Fällen gemeinsame Konferenzen gehalten, gemeinsam die Legationen an Kaiser und Reich oder an einzelne Reichsstände abgeordnet usw. So galt schon die Angelegenheit des ehemaligen Jesuiten Kaspar Krager, der Protestant geworden, einem Rufe an die Grazer Stiftsschule gefolgt und aus Innerösterreich ausgewiesen worden war, als eine alle drei Länder berührende Sache und wurde auch als solche behandelt, endete aber mit einer völligen Niederlage der protestantischen Partei. In gleicher Weise teilen die Krainer den Steirern ihre eigenen Beschwerden mit, vor allem, dag man „den Drude der transferierten Windischen Bibel" eingestellt habe. Der erste groge Kampf im Grazer Winterlandtag 1580/81 fand auch in Klagenfurt und Laibach ein lebhaftes Echo. Mit Nachdruck weisen die steirischen Stände am 21. Dezember 1580 darauf hin, dag sich die Pazifikation von 1578 auch auf Kärnten und Krain beziehe und der ganze Verlauf der Sachen daher auch dahin gemeldet werden müsse. Das geschah denn auch, wofür die Krainer den Steirern am 6. Januar 1581 in lebhafter Weise danken und wenige Wochen später für sie eine Interzession beim Landesfürsten einreichen. Sie loben den kirchlichen Eifer der Nachbarn, können sich aber mit der Verweigerung der Bewilligungen im Landtag nicht einverstanden erklären. Am 13. Februar 1581 konnte die stei-rische Landschaft A. K. den Krainern die freudige Nachricht von ihrem grogen Siege zukommen lassen, dem legten, den sie erfocht. Denn, dag das Dekret des Erzherzogs vom 1. Februar 1581, dag in Religionssachen alles beim alten zu bleiben habe, keinen Frieden, sondern nur einen kurzfristigen Waffenstillstand bedeute, war klar. In allen drei Ländern sah man freilich so weit nicht, und wie aus Kärnten kamen nun auch aus Krain die herzlichsten Glückwünsche an, zugleich der nachbarlidie Dank für die Mühen und die treu eingehaltene Korrespondenz. Der erste Ansturm der Gegenreformation war abgeschlagen. Schon in denselben Tagen konnte der Jesuitenprovinzial von Steiermark Heinrich Blyssem darauf hinweisen, dag die Siegesfreude der protestantischen Stände eine eitle sei. Sie hatten ja auch den Sieg nur erfochten, weil der Erzherzog, entgegen den Festsegungen der Münchner Konferenzen, zu schneidig darein gefahren war und die Kraft der unierten Stände unterschägt hatte. Von jegt an wird ruhiger, langsamer, methodischer vorgegangen: Kann man dem Adel nicht beikommen, so hindert nichts, die Gegenreformation in Städten und Märkten in Angriff zu nehmen, und da sind es die Krainer, die hievon zuerst betroffen waren; es wird ihnen schon am 21. April 1581 trocken und kühl mitgeteilt, daß sie kein Redit haben, sich des Kirchenwesens in Städten und Märkten irgendwie anzunehmen; das zu ordnen sei Sache des Landesfürsten. Damit beginnt der Kampf gegen den Protestantismus in Städten und Märkten, es kommt zur Entziehung des Exerzitiums der Augsburgischen Konfession in der Stiftskirche zu Graz für die Angehörigen des Bürgerstandes und zu den Anfängen der Rekatholisierung in Hof- und Regierungsämtern. Auch jeßt gehen die drei Landschaften gemeinsam vor. Am 20. Juni 1582 legen sie eine Kollektivbeschwerdeschrift vor, die deswegen interessant ist, weil hier in Gemäßheit der Vereinbarungen von Bruck auch noch die Görzer einbezogen sind. Wie sich die Union der drei Länder in der kirchlidien Frage geltend macht, entnimmt man den hierüber im März 1582 gewechselten Schreiben. Die Krainer melden: die Nachrichten wegen der beschwerlichen Religionshandlungen berühren sie um so schmerzhafter, als sie ja auch Krain und Kärnten betreffen. Sie werden nicht säumen, in Gemäßheit des Brucker Vergleiches gemeinsam mit ihnen vorzugehen und bitten um Mitteilung aller ferneren Ereignisse. Die Folge der kirchlichen Union ist, daß die Herren und Landleute in Krain einen Monat später an Erzherzog Karl II die Bitte richten, die wider die Grazer Bürgerschaft erlassenen Verfügungen wieder aufzuheben und sie bei der Brucker Pazifikation zu lassen. Von den protestantischen Ständen aller drei Länder wird jeßt die Frage der Interzession der deutschen Reichsstände beraten. Man weiß, daß damit die Annahme der Konkordienformel auch für die Protestanten Innerösterreichs in Verbindung steht, weiß auch, daß diese Interzessionen so wenig Erfolg hatten, wie die Hoffnungen, die man auf die Intervention Rudolfs II seßte, in Erfüllung gingen; ja, daß man am Grazer Hofe von dem Landeshauptmann in Krain ein Gutachten darüber begehrte, ob das Vorhaben der Stände, eine Gesandtschaft ins Reich zu schicken, nicht zu ahnden sei. Das Beispiel der steirischen Stände, die mit der Einstellung der Landtagsbewilligungen drohen, ja selbst durchführen, findet begreiflicherweise auch in Krain Nachahmung, schließlich begehren alle drei Landschaften die Einberufung eines Generallandtages. Geben sie als Beweggrund die Defensionsangelegenheiten an, so lassen sie doch mit aller Deutlichkeit durchblicken, daß auf einem solchen gemeinsamen Tage das, was alle am meisten drückte, zur Sprache kommen würde, und das waren eben die kirchlichen Angelegenheiten. Freilich war der Erzherzog um so weniger geneigt, darauf einzugehen: hat er doch die ganzen späteren Jahre aufs bitterste bereut, es zum Tage von Bruck kommen gelassen zu haben. Die von ihnen prätendierten Ursachen, lägt er ihnen sagen, seien nicht derart, daß man deswegen einen Generallandtag berufen müßte: troßdem sei er geneigt, ihrem Ansuchen zu willfahren, wenn auf dem Landtage wirklich nur das Grenz- und Kriegswesen zur Verhandlung kämen, „alles andere aber (die Religion zu verstehen) gänzlich unterlassen und abgeschnitten würde". Ein Generallandtag aber, auf dem die kirchliche Frage nicht zur Erörterung käme, hatte wieder für die Stände aller drei Länder keinen Wert. Und so schreibt denn auch der Jesuitenprovinzial am 11. November 1583 nach Rom: die Stände versagen die Steuern und dringen auf einen Generallandtag, den der Erzherzog nicht wolle, aus Furcht, daß dort vornehmlich kirchliche Fragen verhandelt werden möchten. Sogar Audienzen werden jeßt den Herren und Landleuten, falls diese korporativ auftreten, nur für den Fall bewilligt, daß sie nicht die schwierige Religionsangelegenheit der Bürger betreffen. Nichts in der Welt hätte ihn bewegen können, in seiner Kirchenpolitik eine Änderung eintreten zu lassen, ja deren Richtung zielte ganz zweifellos auf eine völlige Aufhebung der den Ständen in der Brucker Pazifikation von 1578 gemachten Zusagen. Schon waren die Vorbereitungen hiezu getroffen, als Erzherzog Karl II am 10. Juli 1590 starb. Damit hatte sich die Lage der Landsdiaften in der kirchlidien Frage mit einemmal gänzlich verschoben, und wenn jemals, so tritt jeßt das Zusammenwirken der drei Landschaften zugunsten ihrer kirchlichen Freiheiten kräftig in die Erscheinung. Wohl war die nunmehr verwitwete Erzherzogin Maria, die ja schon vordem die Seele aller wider die Protestanten der drei Länder getroffenen Maßregeln gewesen war, die heftigste Gegnerin der protestantischen Stände, und ihr war zweifellos der maßgebende Einfluß auf die Leitung der Dinge zugewiesen, auch waren die zunächst als Vormünder Ferdinands II und Administratoren seiner Länder in Frage kommenden Erzherzoge in denselben Tendenzen groß geworden, namentlich war vom Erzherzoge Ernst nicht die geringste Milderung des bisher auf den Protestantismus lastenden Druckes zu erwarten, aber schließlich hatten die Landschaften doch ein Mittel in der Hand, eine Linderung dieses Druckes zu erzwingen: ein neuer Herr erschien, dem die drei Landschaften huldigen mußten. Aber altem Herkommen nach geschah diese Huldigung erst, nachdem er die Freiheiten des Landes beschworen. Zu diesen Freiheiten gehörte nach den Überzeugungen der protestantischen Stände auch die Brucker Pazifikation. Diese Freiheit mit unter die anderen allseitig anerkannten Landesfreiheiten unterzubringen und als neueste Landesfreiheit feierlich und förmlich beschworen zu erhalten, war das nächste Ziel der Stände in allen drei Landschaften, und darum führten sie einen schweren Kampf gegen den in jenen Tagen zweifellos begabtesten aller habsburgischen Prinzen: den Erzherzog Ernst. Wohl gelang ihnen die Erreichung ihres hohen Zieles nidit, auch ist es fraglich, ob der von den Jesuiten beratene neue Landesherr sich nach seiner Inthronisation an die den Protestanten gegebenen Zusagen gehalten hätte: aber die Stände erhielten durch die Vermittlung Rudolfs II wenigstens die Zusicherung, dag während der Zeit der Minderjährigkeit Ferdinands II die kirchlichen Dinge in Innerösterreich in dem Zustand verbleiben sollen, wie man ihn mit Karl II verglichen hatte; mit anderen Worten: die Pazifikation von 1578 erhielt eine neuerliche Bestätigung, und so konnten sich die Krain-kärntnisch-steirisdien Stände als die Sieger in dem Huldigungsstreit nadi dem Tode Karls II 1590—1592 betrachten. Es war auch jegt nur ein Scheinfriede. Um ihn zu erreichen, hatte die kirchliche Union der drei Länder das Äußerste aufgeboten. Wir besißen einen ausgezeichneten Bericht über ihr Zusammenwirken am Prager Hofe, der es verdienen würde, nicht nur, wie jeßt, in dürftigem Auszug, sondern vollinhaltlich samt allen Beilagen mitgeteilt zu werden. Die Stände aller drei Länder, soweit sie protestantisch daditen, vermeinten, ihre kirdilidie Stellung für die Dauer gesichert zu haben. Sie wußten nicht, daß die Denkschriften längst geschrieben, die einzelnen Maßregeln erwogen waren, wie man dem Kegertum in allen drei Ländern ein Ende bereiten könne und müsse. Den einzigen Moment, der noch die Aussicht bot, dag es zum äuger-sten nicht kommen würde: die Huldigung Ferdinands II lieg man unbenügt vorübergehen. Man begnügte sich mit der Entgegennahme von Phrasen, die den jungen Erzherzog in keiner Weise banden, und war dann freilich entsegt, als die Katastrophe hereinbrach. Man kennt heute Genesis und Verlauf der Gegenreformation in Innerösterreich unter Ferdinand II auf das genaueste. Fast jeder Tag der Jahre 1598 — 1602 ist mit Magregeln der Regierung gegen die innerösterreidiisdien Protestanten und mit Aktionen der legteren angefüllt, die alte Stellung zurückzugewinnen, und wir glauben nicht, dag etwa neue Funde von Akten und Korrespondenzen aus dieser inhaltsreichen Zeit der innerösterreichischen Geschichte die Gesamtansicht verändern werden, die das massenhafte schon jegt veröffentlichte Material von dem Werdegang der Gegenreformation darbietet. Es scheint uns auch mügig, die Frage zu behandeln: Wir haben nur zu zeigen, dag nun erst recht - in den Tagen der Not — die drei Landsdiaften zusammenwirken, um das Erbe der Väter zu erhalten; denn schon war die ältere Generation, die die Erfolge von Bruck errungen hatte, abgetreten und hatte den Söhnen Plag gemacht; und wo nodi einer von den früheren Stürmern und Drängern auftritt, merkt man ihm eine Ermüdung an, von der manche Stammbücher protestantischer Adeliger in jenen Tagen laut sprechen, denn in den meisten findet man den Saß der Bibel: Bleibe bei uns, o Herr, denn es will Abend werden. Jegt erfolgten die Sdiläge gegen den Protestantismus: „Praevisa tela", sagte ein Saurau, einer der temperamentvollsten Männer der Steiermark. Man bat's längst besorgen müssen. Es kommt zur Auflösung des protestantischen Kirchen-und Schulministeriums in Graz und bald auch in Laibach, zur Ausweisung aller von den Landschaften bestellten und erhaltenen protestantischen Geistlichen, endlich zur Verjagung aller Prädikanten aus dem Lande. Zugleich wird die Rekuperation der den Kirchen und Klöstern in den Tagen der Reformation abhanden gekommenen Güter in Angriff genommen, in Städten und Märkten die katholische Bürgerschaft durch alle Mittel um neue Mitglieder vermehrt und in gleicherweise in den Bauernschaften gearbeitet. Da gab es in allen drei Landschaften Situationen, der sie aus eigener Kraft nicht Herren zu werden vermochten. Eifrig drängen die Steirer auf eine Zusammenkunft Abgeordneter aller drei Länder hin. Eine gemeinsame Konferenz war bisher der „schrecklichen Infektion", der Pest, wegen unterblieben. Jehl sollte eine Deputation innerösterreichischer Herren und Landleute den Landesfürsten bitten, wenigstens den vom steirischen Landtag fertiggestellten Vortrag gegen die Religionsverfolgung anzuhören. In diesem Vortrage stellen sie die Bitte um Wiederherstellung des ihnen entzogenen Kirchen- und Sdiulministeriums und bekunden den festen Entschluß, bis zu ihrem legten Blutstropfen beim Evangelium zu verbleiben. Die Krainer waren sofort entschlossen, dem an sie ergangenen Rufe zu folgen, um so mehr, da die Persekution, wie sie schreiben, auch in ihrem Lande noch immer fortgetrieben wird. Und so betonen sie wie auch die Kärntner, daß sich die ihnen 1578 verliehenen kirchlichen Freiheiten auch „auf die Posterität und die Nachkommen" beziehen. Ausschüsse beider Länder erhalten von ihren Ständen eingehende Instruktionen, wie sie in Graz in Gemeinschaft mit den Steirern vorgehen sollen. Die Krainer Verordneten werden im Stifte einlogiert: dadurch wird der Zweck ihrer Ankunft in Graz schon äußerlich angedeutet. Am 22. Januar 1599 überreichen dann die abgeordneten Ausschüsse von Kärnten und Krain und die steirischen im Landtage versammelten Herren und Landleute die ausführliche, mit Motiven versehene Beschwerdeschrift gegen die Aufhebung des protestantischen Kirchen- und Sdiulministeriums mit der Bitte, es wieder aufrichten zu dürfen. Auch mögen die Angehörigen der Augs- Carnlola iuos n 8 burgisdien Konfession in ihren Gewissen unbetrübt gelassen werden. Der Erzherzog hatte die Audienz nur mit Widerstreben bewilligt. Man hatte die Augsburgische Konfession so lange als eine kegerisdie hingestellt, dag die Gesandtschaft ihm ein Exemplar der Augustana mit der Bitte überreichte, sidi nach dem Beispiele Karls V selbst zu überzeugen, dag diese Anschuldigung falsch ist. Man mag sich das Befremden Ferdinands II über die Zumutung, die Augustana zu lesen, vorstellen. Erreicht wurde nicht das mindeste. Der Erzherzog erwiderte kühl, er werde sich seinerzeit resolvieren und lieg insbesondere den Steirern vermelden, ihre Eingabe sei von einer derartigen Länge und enthalte solche Punkte, dag eine sofortige Entschliegung nidit möglich sei. Den Kärntner und Krainer Abgesandten wurde unter einem befohlen, in ihre Heimat abzureisen, damit die dortigen Landtagsverhandlungen keine Störung erleiden. Der steirisdie Landtag wies die Aufforderung, zu den Bewilligungen zu greifen, mit den mannhaften Worten zurück: Er habe auch andere Aufgaben als nur die Bewilligungen zu leisten. Zuerst mögen die im Wege liegenden Beschwerden behoben werden. So liegen sich auch die Kärntner und Krainer vernehmen. Sie alle beklagten sich über den „hiesigen vermessenen" Jesuiten und Hofprediger, der nach seines unruhigen Ordens sdiädlidier Art sidi erst noch gestern (1599, Januar 25) in higiger Predigt habe vernehmen lassen, dag sidi der Erzherzog eher alle Adern aus dem Leib reigen, als sich von seinem Vorsag abwendig machen lasse. Alle neuen und dringenden Bittgesuche der Union hatten nicht den mindesten Erfolg. Der Erzherzog lieg sich in einer der gewechselten Zuschriften deutlich genug vernehmen: Von einer Union der drei Länder wisse er nichts. Die Anwesenheit der Krainer und Kärntner in Graz war ihm in hohem Grade unerwünscht. Trogdem sie alle in den wärmsten Akzenten auf ihre in allen Lagen erprobte dynastische Treue hinwiesen und betonten, dag der Erzherzog, „wie man zu sagen pflegt, im Schlosse eines jeden Herrn und Landmanns friedlich und sicher zu ruhen vermöchte", wurde ihnen audi nicht die geringste Erleiditerung zuteil. Man wird sich ja auch nicht wundern, wenn man den aufreizenden Inhalt der zwischen den Verhandlungen einlaufenden Schreiben der Erzherzogin-Mutter durchsieht. Vom Landesfürsten abgewiesen, denken die Stände daran, sidi an den Kaiser zu wenden; indem Ferdinand aber auf das hin bereit war, die von den unierten Ständen überreichte Bittschrift schon demnächst zu beantworten, wurde die Legation nach Prag unterlassen. Diese Antwort - es ist die bekannte Hauptresolution vom 21. Juli 1599, die aber auf den 30. April zurückdatiert ist, — machte nun freilich auch den geringfügigen Hoffnungen ein Ende, die man etwa für eine Besserung der Lage hegen modite. Die Frage einer Generalzusammenkunft der evangelisdien Stände aller drei Länder tritt im Hochsommer 1599 wieder in den Vordergrund, und die Krainer sind entschlossen, einem an sie ergehenden Rufe zu folgen, „selbst wenn man von der Zusammenkunft der drei Landschaften Verdächtiges sagen wollte". Und gerade jetjt setjte die Gegenreformation mit größerer Schärfe ein als jemals früher: es genügt hier, an die barbarischen Geldstrafen, mit denen Krainer Adelige belegt worden, an die schrecklichen Feldzüge wider die Protestanten und die Wirksamkeit der Religionsreformationskommissionen, an die Eingriffe in die Landes- und Ritterrechte usw. zu erinnern. Das mindeste, was die drei Landschaften zunächst unternehmen durften, war eine Beantwortung der Hauptresolution, die als sogenannte Refutations-schrift am 24. Februar 1600 erschien, und die ein höchstnotgedrungenes Anliegen der Stände von Steiermark, Kärnten und Krain enthielt, darin ihre kirdiliche Lage von einst und jeßt hervorgehoben und neuerlich scharf betont wird, daß ihre Konfession keine keßerische sei. Zum Schlüsse wird mit begreiflicher Schärfe, aber durchaus wahrheitsgemäß nochmals das unsäglich grausame Verfahren gegen protestantische Gemeinden und einzelne, gegen jung und alt, selbst gegen Kirchen, Friedhöfe und Grüfte hervorgehoben. Alles Bitten war umsonst. Am 25. Februar kündigten die Krainer Verordneten ihren Geistlichen an: „Nichts habe geholfen. Mit Betrübnis und nassen Augen müsse man scheiden — vielleicht um sich niemals wiederzusehen." Wie wenig die Regierung an ein Einlenken dachte, beweist der Umstand, daß sie am 1. März 1600 eine förmliche Achtserklärung gegen Herbart von Auersperg erließ. Schon konnte man im Juli dieses Jahres aus dem Munde des Fürstbischofs Martin Brenner die drohenden Worte hören: In sechs Wochen werde der Feldzug auch gegen den Herrenstand angehen. Schon sagen die Untertanen des protestantischen Herrenstandes „ihre Güter heim, weil sie von ihren Herren nicht versichert seien". Aus allen drei Ländern vernimmt man nichts als bewegliche Klagen. Dazu kommt noch, daß Bittschriften um Nachlaß der kirchlidien Bedrängnis „als trußige, unbedächtige und ganz schimpfliche Anzüge" betrachtet und von dem Landesfürsten zurückgewiesen wurden, nicht selten mit scharfer Bedrohung dessen, der sie verfaßt hat. So ging es den Krainern mit ihrer Eingabe vom 23. März 1600. Schon werden selbst Mitglieder des Herrenstandes nächtlicherweile überfallen und an Leib und Leben bedroht. Die Lage war bis zum Plaßen gespannt, und wenn in diesem, dem Landesherrn mit unbedingtester Treue anbangenden Herrenstande nur einige Tropfen calvinischer Gesinnung 8* vorhanden gewesen wären: es wäre zur blutigen Austragung der feindlichen Gegensätze gekommen. Weshalb es in Innerösterreich nicht dazu gekommen ist, das wurde in den legten Jahren wiederholt dargelegt: es lag in dem Wesen des Augsburgischen Glaubensbekenntnisses begründet. Man sollte darum auch von sehen ihrer Gegner endlich einmal mit den seit dem 16. Jahrhundert bis zu dieser Stunde und bis zum Überdruß vernommenen Pauschalver-däditigungen dieses in seiner Treue stets aufrecht gebliebenen Herrenstandes endlich einmal aufhören. Dieser Konfession war das Verhalten in ihrer bedrängten Lage aufs genaueste vorgeschrieben: Gebete zu Gott, Bitten an den Landesfürsten und, wenn die Bitten nicht helfen: Leiden und Dulden, und kommt es zum Äußersten, so wird der Wanderstab in die Hände genommen. Im Sommer 1600 kommen die Bürgerschaften nochmals an die Reihe; von der pro-testantisdien Geistlichkeit wird sich noch selten einer oder der andere sidier im Lande aufhalten dürfen. Unter solchen Umständen denkt man in allen drei Landsdiaften wieder daran, Mittel zu suchen, um dem gemeinsamen Unglück auch mit vereinten Kräften zu begegnen. Wieder tauchen die Erinnerungen an die Erfolge auf, die man im Huldigungsstreit des Jahres 1591 errungen hatte. Jeßt wie damals hoffte man auf einen Wandel der Dinge durch die Intervention des Kaisers. Aber die gemeinsamen Aktionen konnten nicht mehr so leicht in Szene geseßt werden wie damals; bei Hof erfuhr man frühzeitig davon und fand dann leicht Mittel, Zusammenkünfte der Stände aller drei Länder zu verhindern. So waren im September 1600 Gesandte von Klagenfurt und Laibach ausgesandt worden, um in Graz mit den Steirern zu beraten. Sie kamen aber bloß bis Wildon, dort wurden sie bedeutet, daß sie „wegen der an mehreren von den Gesandten berührten Orten herrschenden Infektion" nicht eingelassen würden; ein Protest gegen dieses unstichhältige Motiv wurde nicht einmal angenommen. In Krain klagte man, daß in diesem „herzzerbrechenden Prozeß kein Mittel mehr gelten soll und alles, was man in der kirchlichen Angelegenheit unternehme, falsch und gehässig ausgelegt werde". Mit Mühe und Not kamen die drei Landschaften dazu, eine Gesandtschaft nach Prag abzuordnen. Die Steirer entsandten den im ganzen Lande, selbst bei den Katholiken hodiangesehenen Georg Herrn von Stubenberg auf Kapfenberg und Mureck, die Krainer Herwarth von Lam-berg und die Kärntner Hannibal Freiherrn von Eck. Daß ihrer eine schwere Aufgabe warte, davon waren sie von vornherein überzeugt: man weiß ja, wie schwer es hielt, bei Rudolf II zu einer Audienz zu gelangen. Daß die Gesandtschaft aber schmählich enden würde, war doch nidit anzunehmen. Anfang Dezember 1600 war sie in Prag angekommen und am 21. schreibt Stubenberg nach Hause, vor Weihnachten dürften sie zu keiner Audienz kommen. Sie kamen überhaupt nicht dazu; schließlich reiste Lamberg nach Hause und Eck wurde krank und starb in den ersten Märztagen. Im Sommer trat Rathmansdorf an Stubenbergs Stelle, Lamberg war durch Gall erseßt worden und die Stelle Ecks unbeseßt geblieben. Diese zweite Gesandtschaft endete noch schmählicher als die erste. Dem steirischen Gesandten sagte der kaiserliche Vizekanzler bündig und trocken, er werde in Prag leeres Stroh dreschen oder, wenn er überhaupt vom Kaiser eine Resolution erhalte, wird sie die Steirer nicht freuen. Andere behandelten die Sache sportlich; endlich sagte man ihm: Und wenn er Jahr und Tag in Prag verweile, werde er keine andere Antwort erhalten. So kehrte er unverriditeter Dinge in die Heimat zurück. Mit gemeinsamen Bitten war — das sah man jeßt deutlich - in Prag ebensowenig zu erreidien wie in Graz; daher begnügen sich die Landschaften damit, nur noch in bestimmten Einzelfällen Interzessionen bei dem Landesfürsten einzureichen. Die Verordneten des einen teilen ihre kirchlichen Beschwerden den anderen mit, ersuchen um deren Gutachten usw. Bald mußte es jedem Weiterblickenden klar werden, daß jedem, dem es um seinen Glauben ernst war, kaum ein anderes Mittel als die Auswanderung übrigblieb. In der Tat stellten die protestantischen Stände aller drei Länder an den Erzherzog das Anerbieten, aus dem Lande abzuziehen, falls ihnen ihre Güter bezahlt würden. Die in dieser Bitte versteckte Drohung schreckte den Erzherzog nicht. Er stand fester als je auf dem Standpunkte, den er von Anfang her eingenommen hatte, und war nicht gewillt, auch nur einen Fußbreit davon zu weichen. Noch hatten die protestantischen Stände Innerösterreichs ein Mittel übrig, das sie anwenden konnten, um ihrer kirchlichen Notlage abzuhelfen und das auch bei der Nachfolgung in der Zeit Karls wiederholt in Anwendung gekommen war: Die Anrufung der Intervention der glaubensverwandten Stände des Deutschen Reiches. Zwar hatte dies Mittel in den Tagen Karls II mehr geschadet als genüßt, wie dieser Fürst sich einmal vernehmen ließ: könnte erden Landschaften zu Willen sein, er wollte nicht Fremden den Dank seiner Untertanen verdienen lassen. Nichtsdestoweniger wurde dieses Mittel auch in den Tagen Ferdinands II wieder angewendet. Es waren die Kärntner und Krainer, die zuerst wieder - im Herbste 1602 - die Frage einer Legation an Kaiser und Reich in Erwägung zogen. Die Krainer wollten beim Reichstage in Regensburg die evangelischen Stände um ihre Vermittlung angehen, „damit wir bei der Augsburgisdien Konfession gelassen werden". Da auch die Stände von Niederösterreich aus dringenden Gründen, vornehmlich aus Sorge, die steirisch-krainisdi-kärntnischen Dinge könnten in Österreich Nachahmung finden, das Jahr darauf eines ihrer Mitglieder, den Freiherrn Wolfgang von Hofkirchen, ins Reich sandten, um bei den evangelischen Fürsten eine Intervention an den Kaiser zu erreichen, und der Bericht, den Hofkirchen audi nach Steiermark gelangen lieg, manche Lichtpunkte bot, so nahm man nun auch in Innerösterreich den Gedanken einer Legation wieder auf. In Graz wurde am 22. Januar 1604 hierüber beraten und eine Instruktion für die Gesandtschaft in Aussicht genommen. Sie sollte von allen drei Landen ausgehen und zählte die bisher von diesen unternommenen Schritte auf, um eine Änderung ihrer unerträglichen Beschwerden zuwege zu bringen. Zu Gesandten wurde seitens der Steirer Georg Galler gewählt, dem die Kärntner Hans Mosdorfer und die Krainer H. G. Sdiränkler beigaben. Die Gesandtschaft wurde an den religionsverwandten Höfen mit groger Wärme empfangen und des besten Willens versichert, aber die Interzessionen verliefen, soweit man sehen kann, auch diesmal ohne greifbaren Erfolg. Ja, gerade während die Legation im Reiche verweilte, erfolgten neue schwere Schläge auf den innerösterreidiisdien Protestantismus. Neuerlich wiederholten die Stände ihr Ansuchen, ins Exil zu gehen, wofern man ihnen ihre Güter abledige. Die Klagen über kirchlichen Druck nahmen an Umfang und Inhalt zu. Sdion vordem war ein Verbot gemeinsamer Zusammenkünfte Abgeordneter aller drei Länder erlassen worden; das wird nun aufs neue eingeschärft. Sollten sich die Stände ihrer nicht enthalten, mügte ihnen ein strenger Verweis gegeben werden: „Die fürstliche Durchlaucht", heigt es in der Resolution vom 14. Februar 1605, „müsse die so oft vorgekommene unbegrügte Zusammenbeschreibung der Herren und Landleute und die schimpfliche Präte-rierung und Ausschliegung der Katholischen billigermagen ahnden". Wird dieser neue Grundsatz strenge befolgt, so mug das Zusammenwirken der drei innerösterreidiisdien Länder in kirchlichen Dingen von selbst aufhören. Noch einmal sdiöpften die protestantischen Stände daselbst neuen Mut. Man kennt die Versuche der Stände von Nieder- und Oberösterreich, anläßlich der Huldigung des Erzherzogs Matthias jene kirchliche Stellung wieder zu gewinnen, die ihnen einstens Maximilian II gewährt hatte. Diese Stände - man nennt sie, weil sie zu Horn tagten, die Horner - traten mit Böhmen, Mähren, Schlesien und Ungarn in Verbindung. Wenn es ihnen gelang, ihre Absiditen durdizusegen, so konnte die Rückwirkung auf Innerösterreich schwer ausbleiben. Man folgte daher hier den Aktionen des Nachbarlandes mit großer Spannung. Ferdinand II meinte nicht anders, als es müsse in Steiermark, Kärnten und Krain demnächst (1609) zu einer Rebellion kommen und hatte alle militärischen Maßregeln dagegen getroffen. Wie täuschte er sich in seinen Untertanen. Die Stände in keinem der drei Länder dachten daran, auch nur um einen Zoll breit über die ihnen einst von Andreae gepredigte Lehre vom Gehorsam dem Landesfürsten gegenüber hinauszugehen. Wenn auch Gerüchte in Umlauf kamen, sie hätten Waffen im Reiche bestellt, so war doch nichts daran, und auch jeßt verlangten sie nur eine gnädige Resolution in Religionssachen. Und bloß um dies Ziel zu erreichen, traten in den Septembertagen 1609 Herren aus Steiermark, Kärnten und Krain in Gemäßheit der Brucker Union von 1578 zusammen. Diese Absicht drückt der steirische Vollmachtsbrief vom 7. September 1609 mit aller Deutlichkeit aus. Da ihre große Bedrängnis, heißt es daselbst, ihre Bedrängnis sowohl mit Abschaffung als auch mit Zerstörung der ihnen gehörigen Schulen und Kirchen, die Austreibung ihrer Lehrer und ihrer Bekenner unter den Landesbediensteten, Bürgern, und Bauern kein Ende nimmt, da zu den Religions- auch noch politische Beschwerden hinzukommen, da sie ihrer uralten Possesionen beraubt, ihnen die erblichen Begräbnisstätten genommen, einzelne Landleute arrestiert, ihrer Ämter entseßt und sonst schmachvoll behandelt werden, da sie fernerhin genötigt sind, Kindertaufen, Kopulationen usw. durch katholische Geistliche vornehmen zu lassen, was ihre Gewissensnot zweifellos vermehrt, da von den aus dem Lande Geschafften, die teils ihre Diener, teils ihre Untertanen sind, der 10 Pfennig genommen wird, womit man vor Jahren selbst die aus dem Lande gewiesenen Juden verschont hat, was alles gegen die Landesfreiheit und wider altes Herkommen ist, da fernerhin ihr Flehen um Abhilfe bisher nidit erhört wurde: so werden sie gedrungen, um eine gnädige Resolution anzuhalten. Und wie in den alten Tagen, wird auch jeßt wieder bestimmt: Eine aus 16 Mitgliedern bestehende Kommission habe in Gemäßheit der alten Union der innerösterreidiisdien Lande und der in Bruck 1578 getroffenen Bestimmung, „daß diese Lande in allen Notfällen ungesondert für einen Mann stehen und kein Land das andere verlassen soll" usw. mit den genannten Ländern zu korrespondieren und mit ihrer Hilfe das Nötige zur Erhaltung der bedrängten Kirche zu veranlassen. Die Mitglieder dieses Ausschusses sollen im Falle der Not auf einen bestimmten Ort „beschrieben" werden. Sollten ihnen Beschwerden zustoßen, so würden sie diese gemeinsam tragen und falls einem und dem andern bei Zitationen das freie Geleit versagt würde, sollten alle für ihn einstehen und den erlittenen Sdiaden gemeinsam tragen. Und so sagen auch die Krainer, dag sie nur aus gottseligem Eifer und Ernst sich ihres ihnen geraubten Exerzitiums mit Hilfe der Steirer und Kärntner annehmen . . . Der Gedanke an eine Rebellion liegt ihnen fern, und man mug nur die wahren Beziehungen dieses innerösterreidiisdien Herrenstandes zu dem angestammten Herrsdierhause kennen, um die Haltlosigkeit der wider ihn erdichteten Verdächtigungen zu ersehen. Ich will nidit leugnen, dag in Böhmen und Mähren die Dinge vielfach anders geschaffen sind: aber in Innerösterreidi wäre es ganz undenkbar gewesen, dag die Stände sich an eine Persönlichkeit wie es die des Winterkönigs war, gewendet hätten. Die Frage, über den engeren Kreis innerösterreichisdier Landsmannschaft hinaus mit Niederösterreichern und Ungarn in eine Konföderation zu treten, lag ja nahe, aber - und das kann man nicht laut genug sagen - immer war es diesen innerösterreichischen Ständen nur um die Sicherstellung ihrer Konfession zu tun. In diesem Sinne wandten sich die in Graz versammelten deputierten Ausschüsse der drei Landschaften an die ungarischen Stände mit der Bitte, für sie bei Ferdinand II und dem Kaiser einzutreten und so sind auch die Instruktionen für ihre nach Wien, Prag und Breslau gesandten Abgesandten gehalten. Allen Bitten setzte Ferdinand II das schroffste Nein entgegen: „er gedenke bei seinem Vorhaben bis in die Grube zu verbleiben", er erlieg an die in Wien weilenden Gesandten der drei Länder, „die sich kraft der von ihren Prinzipalen empfangenen Vollmachten verdächtiger Handlungen und unverantwortlicher Praktiken unterfangen", den strengsten Befehl, sich dieses unzulässigen Negozierens zu enthalten und unverzüglich heimzukehren. Von einem Mitglied des deputierten Ausschusses, Gottfried von Stadl, begehrt er den genauen Inhalt des an die ungarisdien Stände gerichteten Schreibens und den Namen von dessen Autor zu wissen. Das Migtrauen des Erzherzogs war nicht leicht zu beschwichtigen. Noch am 13. Januar 1610 sandten die aus Steiermark, Kärnten und Krain nach Graz erforderten Ausschüsse an ihn eine Entschuldigung wegen des Schreibens, das sie an die Stände Ungarns geschickt hatten, und zwei Tage später liegen die drei Abgesandten ein Schreiben nachfolgen, darin sie „vor Gott dem Allmächtigen und vor ihrem Landesfürsten an Eidesstatt bezeugen, mit keinerlei verdächtigen Handlungen und unverantwortlichen Praktiken umgegangen zu sein, noch auch solche Gesinnungen zu liegen, vor denen Gott sie behüten möge. Sie hätten keine andere Aufgabe gehabt, als Namens ihrer Landschaften eine Interzession an Köllig Matthias und die ungarischen Stände abzugeben". Der Erzherzog nahm die Entschuldigung und die Versicherung ihrer Treue in kühlster Weise zur Kenntnis. Die Stände der drei Länder hatten nur noch die Aufgabe nachzuweisen, dag solche Konföderationen, die man ihnen so sehr verarge, in ihrer Geschichte nidits Ungewöhnliches seien. Schon zu Lebzeiten Maximilians I, sagen die Krainer, und mit seiner Bewilligung habe zwischen den fünf niederösterreichi-sdien Landen (zu Innerösterreich noch Ober- und Niederösterreich) eine solche Konföderation stattgefunden, und die Krainer gedächten audi nicht von ihr zu lassen. Um den Erzherzog völlig zu beruhigen, überreichten ihm die Ausschüsse der drei Landschaften am 21. Januar 1610 eine Eingabe, in der sie ihrem Bedauern Ausdruck gaben, dag er seinen Argwohn wegen ihrer Legation nach Ungarn nodi immer nicht habe fallen lassen und dag das Dekret noch starke Drohungen wider sie enthalte. Sie beteuern, durch ihr Vorgehen, das ein ganz öffentliches gewesen, nichts getan zu haben, was dem Ansehen des Landesfürsten hätte abträglich sein können. Ferdinand antwortete, man habe ihm nicht den Autor des Schriftstückes genannt, auch das versdiwiegen, was den Argwohn wachgerufen habe. Die Interzessionen, die nun die Nachbarlandschaften an Ferdinand II sandten, hatten begreiflicherweise nicht den geringsten Erfolg, und dasselbe ungünstige Resultat hatte die Bitte der Steirer an die evangelischen Reichsstände und deren Vertreter am Kaiserhof. Es war die legte gemeinsame Aktion in grögerem Stil, die von den innerösterreichischen Ständen versucht wurde; sie war gescheitert und hatte nicht einmal das Resultat, dag die Regierung, die nun die handgreiflichsten Beweise für die unentwegte Loyalität des innerösterreichischen Herrenstandes gewonnen hatte, in ihrem Verfahren gegen den innerösterreichischen Protestantismus gelindere Wege einschlug. In dieser Hinsicht blieb der Kurs auch nach dem Jahre 1609 derselbe, der er vordem gewesen war. * * * Die voranstellenden Ausführungen beruhen auf dem reichen Aktenmaterial, das nunmehr unter dem Titel: Akten und Korrespondenzen zur Geschichte der Gegenreformation in Innerösterreich unter Erzherzog Karl [bezw. unter Ferdinand II] in den Bänden 50, 58 und 60 der Fontes rerum Austriacarum 2. Abt. vorliegt, von denen die beiden legteren allein 2822 Nummern umfassen. Die Einleitungen zu den einzelnen Bänden geben nicht nur über ihren Inhalt genauere Auskunft, sondern enthalten auch eingehendere Berichte über das Quellenmaterial zur Geschichte der Gegenreformation in Innerösterreich. Die zeitgenössischen Buchdrucker als Förderer von Trubers Werk (1550-1595) Von Dr. Friedrich Ahn Mit der Wende des 16. Jahrhunderts kam neues Leben über alle Länder der bekannten Welt. Die Königin der Erfindungen hatte eine Fackel entzündet, welche mit nie verlöschendem Flammenlichte den Erdkreis erleuchtete. Martin Luther nannte die Erfindung Gutenbergs in seiner tiefkräftigen Sprache „das legte Auflodern vor dem Erlöschen der Welt". Bald hatten „die Waffenschmiede der Bildung" in den größeren Städten ihre Druckerstätten eröffnet und trugen von nun an den Strömungen der geistigen Kultur und den politischen Verhältnissen Rechnung. Der spekulative Geist der Typographen warf sich zunächst auf solche Werke, die im Geiste des Zeitalters geschrieben waren. Eine Bibel, ein Psalterium, Chorgesänge, einige kleinere Wörterbücher für die Schule, der Kalender mit dem Aderlag-täfelchen waren die ersten Produkte der neuen Kunst. Daran reihten sich theologische Werke; voll spitzfindiger scholastischer Untersuchungen, endlich zeugen die trefflichen Klassikerausgaben von der emsigen Tätigkeit der ersten hochgebildeten Buchdrucker. Es kam das Jahr 1517, welches den Segnungen der neuen Kunst weiteren Stoff versprach und sein Versprechen glänzend erfüllte. Die Kirchenreformation Luthers hätte niemals solche Fortschritte in verhältnismäßig kurzer Zeit gemacht, wenn sie nicht die Buchdruckerkunst vorgefunden und zur Verfügung gehabt hätte. Rasch warfen kunstgeübte Jünger, darunter auch viele Gelehrte, Bibeln, Postillen, Katechismen, Gesangbücher sowie gelehrte Abhandlungen aus beiden Lagern auf den Büchermarkt. Nun wurden Bücher nicht nur verlegt und gedruckt, sondern auch eifrig gekauft und gelesen. Denn mit unglaublicher Schnelligkeit hatte sich die neue Lehre über ganz Deutschland und die Länder der österreichisch-ungarischen Monarchie verbreitet. Nach Steiermark und Kärnten kam Luthers Lehre aus Salzburg in das Enns- und Mölltal, nadi Krain aus Wien und Kärnten. Schon 1527 bildete sich ein Kreis protestantischer Männer. Matthias Klombner, ein hochbegabter Mann, war der Mittelpunkt. Um ihn scharten sich jüngere Männer aus den besten Häusern von Laibach, wie: Leonhard Budina, Hans v. Khisl, Martin Pregl, Lukas Zweckl, Andreas Foresto, Georg Seyerle und viele andere. Auch unter der Domgeistlichkeit der Landeshauptstadt Krains gab es schon damals evangelisch gesinnte Männer, wie die Domherren Dr. Leonhard Mertlit3, Georg Dragoliß und Paul Wiener.1 Weder die Türkennot noch die schärfsten Befehle der geistlichen und weltlichen Obrigkeit vermoditen hier wie anderwärts der Ausbreitung des Protestantismus Einhalt zu tun. Die tonangebenden Kreise der reformatorischen Bewegung in unseren Provinzen sahen sich bald nach Druckerstätten um; fanden sie keine im Lande, wie es so häufig damals der Fall war, so mußten sie mit den entlegenen deutschen Druckereien vorliebnehmen, und namentlich Süddeutschland bot in vielen Fällen so mancher Provinz Österreich-Ungarns hilfreiche Hand, bis es endlich der rastlosen Tätigkeit der Beteiligten gelang, den Bedarf an Büchern (in erster Reihe an Bibeln, Katechismen, Postillen und theologischen Streitschriften), die zur Weiterverbreitung des Evangeliums unter die größere Volksklasse dienen sollten, im Lande zu decken. So lagen die Verhältnisse in dem von dem Christenfeind so arg heimgesuchten wehrhaften Ländchen Krain. Wie wir bereits oben erwähnt, war hier schon frühzeitig — kaum zehn Jahre, nachdem Martin Luther seine Thesen an die Schloßkirche zu Wittenberg angeschlagen hatte - ein neues Geistesleben erweckt worden. Primus Trüber war der Pfleger und Hauptförderer desselben. Ihm verdanken die Slovenen ihr Schrifttum, Trüber ist der Luther der Slovenen. Freilich war unser Reformator nicht in so günstigen Verhältnissen tätig, wie sein deutsches Vorbild. Für seine reformatorische und organisatorische Arbeit fehlte ihm eine Druckerei — in ganz Innerösterreich gab es noch keine solche —, „unser literarischer Kolumbus" mußte sich daher nach außen umsehen, um seine grundlegenden Arbeiten, das Abecedarium und einen Katediismus, im Drudce erscheinen zu lassen. Zu Nürnberg und Schwäbisch-Hall war die Drucklegung der genannten Opuscula Trubers wegen der strengen Zensurbestimmun-gen wahrscheinlich unmöglich. Johann Brentius dürfte nun Trüber an Ulrich Morhart in Tübingen gewiesen haben, der Professor der Tübinger Universität Matthias Gerbiz sowie der herzoglich württembergische Rat Michael Tiffernus werden die Fürsprecher Trubers bei Morhart gewesen sein. Dieser, ein gebürtiger Augsburger, hatte in den Jahren 1519 bis 1522 seine Kunst in Straßburg ausgeübt und war seit 1523 zu Tübingen in der Burgsteige in seiner Offizin in hervorragender Weise tätig. Unter dem Einflüsse seiner Umgebung edierte er hier zahlreiche Sdiriften der bekanntesten Gegner Luthers und Zwingiis bis zur Einführung der Reformation in Württemberg. 1 Elze im Jahrbuch der Gesellschaft für die Geschichte des Protestantismus, Jahrg. I S. 22, schreibt: „Schon 1525 lassen sich die Anfänge der reformatorischen Bewegung, und zwar unter dem Klerus nachweisen." 81 Werke, darunter solche von Dr. Edc, Faber, Cochläus, Sdiagger, Dictenberger, Tuberinus, Neudorffer und anderer Katholiken, waren die Frucht der Tätigkeit Morharts in der ersten Periode von 1523 bis 1535, während alle Pressen ringsum im Dienste der Reformation standen.' Nach 1535 sehen wir gerade diese Offizin im Dienste der Kirchenreformation Luthers als eine der eifrigsten. Als sich nun Trüber 1550 um einen willigen Typographen umsah, um sein Abece-darium und seinen Katechismus erscheinen zu lassen, erklärte sich Morhart, wie wir schon oben gesagt haben, bereit, die Erstlingswerke unseres Reformators unter fingiertem Namen des Druckers und Druckortes zu übernehmen. „Jernej Skuryaniz in Siebenbürgen" lesen wir als Drucker und Druckort auf beiden genannten Werkchen. Auch der Verfasser ist unter dem fingierten Namen: „Philopatridus Illyricus" verborgen. Diese Opuscula Trubers, noch mit gotischen Typen gedrudrt, sind die Erstlingsdrucke in der slovenischen Sprache,2 welche Trüber, wie er selbst erzählt, „verborgen, mit Gefahr und in seinem Abwesen, dafj er's nit hat mögen corrigieren, drucken lassen." Nadi vierjähriger Pause — Ulrich Morhart war inzwischen 1554 gestorben — begann 1555 das eigentliche Werk des „slavischen Bücherdrudcs", als die Witwe Morharts unter der Leitung ihrer Söhne erster Ehe, Oswald und Georg Gruppenbach, das Geschäft übernahm und weiterführte. Trüber hatte seinen Matthäus fertiggestellt und dieser erschien 1555 auf Kosten des Herzogs Christoph von Württemberg.3 Ein Lieblingswunsdi Trubers, wenigstens einen Teil 1 Steiff, Der erste Buchdruck in Tübingen S. 46, schreibt: „Während ringsherum so ziemlich alle Pressen im Dienste der Reformation standen, war die Tübinger Druckerei allein noch in Südwestdeutschland der katholischen Sache zugänglich. Denn katholisch war damals noch das Regiment im Lande, katholisch also auch die Universität . . . und so kam es, dag dank seiner Presse Tübingen im 2. Jahrzehnt des 16. Jahrh. einen Haupt-waffenplag der Reaktion gegen die von Nord und Süd eindringende neue Lehre bildete." — Über Morhart vgl. Roth, Das Büchergewerbe in Tübingen. — Falkenstein, Gesch. der Buchdruckerk. S. 201 ff. - Dimig, Gesch. Krains I S. 205 ff. - österr. Revue II 1864 S. 84 ff. - Der Aufmerksame, Jahrg. 1856 S. 98 ff. - Primus Trubers Briefe in der Bibliothek des liter. Vereines 215. 2 Tübingen brachte auch den ersten hebräischen Druck im Jahre 1522: Die durch Reuchlin herausgegebenen Bug-Psalmen. 3 Die Drudcanstalt war mit ihrer Presse wegen der drohenden Pestgefahr nach Reutlingen übersiedelt. Trüber schreibt an Bullinger vom 13. September 1555: „Es gestet den hrn. Vergerium diser kleiner druckh warlich vill geldts von wegen das er die druckerei von Tibingen sterbs halben (d. i. der Pest wegen) auff sein aigen khosten hie er (hieher) gen Reuttling hat füeren lassen." der Bibel seinen lieben Landsleuten in ihrer Landesspradie zu schaffen, war erfüllt worden. Dasselbe Jahr brachte auch nodi ein Abecedarium und den Katediismus in Sedez. Weitere Teile des Neuen Testamentes brachten die folgenden Jahre aus der Druckerei der Erben Morharts zum Teil in geschäftlicher Verbindung mit Ungnads Bibelanstalt in Urach.1 Der Herzog Christoph von Württemberg hatte seinem Rate Hans von Ungnad das ehemalige Amandistift in Urach zur Residenz eingeräumt. Ungnad dürfte bereits von Cilli her mit Trüber verkehrt haben und als dieser, mit der Veröffentlichung der slovenisdien Übersetzung des Neuen Testamentes beschäftigt, ihm am 1. April 1560 meldete, daß seine neuen slovenischen Bücher2 von zwei kroatischen Priestern ins Kroatische überseßt worden seien und nun mit „krobatisdien", das ist mit glagolitischen Typen gedruckt werden sollten, daß es aber an den nötigen Geldmitteln fehle, Großes wäre aber zu erreichen, wenn Ungnad von den evangelischen Fürsten und Herren soviel Unterstütjung erwirken könne, um den Unterhalt der zwei Priester in Tübingen beim Drucke und einen Teil der Drudekosten zu bestreiten, da faßte Ungnad Trubers Idee mit Feuereifer auf und bradite Trubers Plan in noch größerer Ausdehnung zur Ausführung und vollen Reife. „Er war der mächtige Stamm", schreibt 1 Es sind dies: 1555. 1. Ta Evang. Sv. Mateusha mit lat. Typen, 2. Abecedarium, 3. Katediismus in 16°; 1557. 4. Nov. Testam. I (die vier Evangelien und die Apostelgeschichte); 1558. 5. En Regishter (Postille); 1560. 6. Nov. Test. IIa (Römerbrief); 1561. 7. Nov. Testam. IIb (1. und 2. Korinther, Galater); 1562. 8. Articoli oli deili . . .; 1564. 9. Ordninga cerkovna (Kirchenordnung); 1566. 10. Ta celi Psalter; 1567. 11. Nov. Test. IIc (Epheser, Philipper, Kolosser, 1. und 2. Thessaloniker, 1. und 2. Thimotheus, Titus, Philemon), 12. Ta celi Catechismus (Kirchengesangbuch); 1570. 13. Ta celi Catechismus, 2. A.; 1574. 14. Ta celi Catechismus, 3. Aufl.; 1575. 15. Try dukouske peisni, 16. Catechismus s dveima isla-gama; 1577. 17. Nov. Test. II d (Hebräer, Jacobus, 1. und 2. Petrus, 1.-3. Johannes, Judas, Offenbarung in Oktavo); 1579. 18. Ta pervi Psalm; 1581. 19. Formula Concordiae; 1582. 20. Nov. Testament, 2. Ausg., 21. T a slovenski kolendar. 2 Den erforderlichen Aufwand der Drucklegung hatte Trüber teils aus eigenen, teils aus den vom Herzoge von Württemberg und den Ständen von Krain gewährten Unterstützungen bestritten. Das bis zum Jahre 1560 „von den Creinern bei 1000 gülden erbettelte und zu tallern ersamelte" Geld hatte Trüber „umb windischen druckh ausgeben" (Kempten, 1. April 1560). Doch diese Gelder nebst seinen eigenen Mitteln reichten nicht aus, die Druckkosten zu decken, so daß er in Schulden geraten war: „ich will midi nun hinfür hüetten vor schulden", schreibt Trüber am 19. März 1560. Erst im August desselben Jahres trat er mit Ungnad in Verrechnung. Klun, „an dem sich die junge Pflanze der slovenischen Literatur emporrankte, welche jedoch nur zu bald abgeschnitten ward, während ihre Wurzel nach ein paar Jahrhunderten neue Keime trieb." Vor allem wurden im Sommer 1560 der Punzenschneider Johann Hartwadi und der Schriftgießer Simon Auer zu Nürnberg beauftragt, unter Stephan Consuls Anweisung die nötigen Typen herzustellen.1 Mit diesen legte Ungnad in Urach eine eigene Druckerei an2 und begründete hiemit seine berühmte kroatische Bibelanstalt, für welche Beiträge von König Maximilian, Herzog von Württemberg, den protestantisdien Kurfürsten, Fürsten, Herren usw. sowie auch von einigen österreichischen Provinzen geleistet wurden. Trogdem beruhte die Erhaltung dieser Bibelanstalt auf Vorschüssen, welche Ungnad aus seinem Vermögen leistete. Zumeist unter Trubers Oberleitung — auf Ungnads Vermittlung erhielt Trüber vom Herzog Christoph eine Pfarrerstelle in Urach, 1566 die zu Derendingen bei Tübingen, wo er bis zu seinem 1586 erfolgten Tode blieb - arbeiteten bei derselben Stephan Consul, Anton Dalmata, Georg Juričič, Mate Popovič, Ivan Maleševič, Leonard 1 Sobald die Typen fertig waren, wurden Probezettel noch in Nürnberg gedruckt und zu Sachverständigen nadi Wien, Laibadi und anderwärts verschickt. Vgl. Arkiv za povöstnica jugoslav. I S. 142: „Tablica azbukom glagol, sa očenašom ... i sa 117 Psalmom tiskana u Nürnbergu god 1560." 2 Der Zeitpunkt der Erriditung ist nicht genau zu bestimmen, wahr-sdieinlich fiel sie in die Mitte des Jahres 1561. Nadi R. Roth, Das Büchergewerbe in Tübingen S. 12, sind die im Sommer 1560 hergestellten glagolitisdien Typen wenigstens ein Jahr früher in die Morhartsche Anstalt gekommen, als die Uracher Presse in Betrieb gesetzt wurde. Tatsache ist, dag dieselben Stephan Consul von Regensburg zu Weihnachten 1560 nadi Tübingen gebracht hatte. Im Oktober 1561 kam in Urach noch eine zweite Presse hinzu. Ungnad schreibt an König Maximilian vom 22. Oktober 1561: „Und gewarten teglich noch ainer truckherpress aus Nürnberg, dass man hie in meiner behaussung mit zwo und zu Thubingen mit einer press alle drey sprachen und gesdirifften, windisch, glagolisdi und cyrillisch furderlidi wirt truddien mögen." Und Trüber schreibt an die Herren Jobst von Gallenberg . . . Hanns Joseph von Eckh von Urach (10. Februar 1562): „man hat druckht bisher auff zwaien pressen 13.000. Dreizehen tausent pögen wochenlich." Die Kosten müssen wohl erstaunlich groß gewesen sein, wenngleich Trüber in seiner Uneigennügigkeit nie etwas für seine hervorragende Tätigkeit annahm, „alle monat hat man umb papyr, den druckhern und segern allein, an h. Stephans, Anthoni, und zwen Usskoken, und eines pueben besoldung muessen geben 226 gülden ... Ich hab vom ersamleten geld auf meine person nicht ein phennig empfangen, beger auch nidits davon . . ." (10. Februar 1562). Merčevic" u. a. Eben wegen der vielen Mitarbeiter kam es häufig zu Uneinigkeiten und Beschwerden. Trüber, dessen Beschwerden nach Ungnads Ansicht nur „vermeinte" waren, der an allem schuld, ein Urheber alles Zankes, ein Gegner und Verhinderer seiner „lieben" Bücher war, hatte in Krain nur die evangelischen Gemeinden im Sinne, er wollte und konnte nicht für Personen sorgen, die in Urach unterkommen und versorgt werden wollten. Aus dieser Anstalt, dem „Schage" Ungnads, den er auf seinem Totenbette seiner Frau auf das wärmste empfahl, gingen 31 Werke in kroatischer Sprache, die teils mit glagolitischen, teils mit cyrillischen und teils mit lateinischen Typen gedruckt wurden, und sechs in lateinischer Sprache hervor. Nach dem Tode Ungnads geriet die Druckerei ins Stocken. Die Söhne des Begründers derselben, Hans und Ludwig, erklärten sich zwar in einem Schreiben vom 12. August 1565 dem Bürgermeister und dem Rate der Reichsstadt Kaufbeuren bereit, das Bibelwerk mit Unterstütjung der Stände nnd Fürsten weiterzuführen und Stephan Consul sowie Anton Dalmata blieben noch das ganze Jahr 1565 in Uradi. Erst am 2. März 1566 meldeten sie sich in Stuttgart beim Herzog Christoph um ihre Entlassung, die sie auch mit einem ehrenvollen Zeugnis und einem Reisegeld erhielten. Ohne die pekuniäre Unterstütjung lieg sich der bisherige Geschäftsbetrieb nicht weiter fortführen. Trogdem arbeitete Trüber rastlos weiter. Bis zum Jahre 1595 war Tübingen immer noch der Drudeort zahlreicher slo venischer Werke. Das Jahr 1595 brachte die legten zwei slovenischen Drucke aus Tübingen; es ist dies die: Hishna postilla Dr. Martina Luthera. Windisch von Primož Trüber, herausgegeben von Felizian Trüber, in Folio und das Betbüdilein windisch (nach Andreas Musculus) 2. Auflage, ebenfalls durch Felizian Trüber. Nicht unerwähnt lasse ich an dieser Stelle das Druckersignet unseres Typographen. Es ist dies das Lamm der Eucharistie, mit der Siegesfahne auf dem überwundenen Drachen stehend, herum die Umschrift: Victoria. Dieses Druckerzeichen führen auch die Nadi-folger, Georg Gruppenbach, von 1571 an allein Inhaber des Geschäftes, nur in vollerer Ausführung und etwas verändert. Johann Mannel war in Laibach der Förderer der Bestrebungen Trubers und dessen Nachfolger. Bereits im Dezember 1561 war der Typograph Augustin Frieg in der Absicht von Stragburg nach Laibach gekommen, um hier mit Unterstügung der Landschaft die Kunst Gutenbergs einzuführen, auszuüben und Werke der neuen Lehre im Drucke erscheinen zu lassen. Wie wir wissen, kam es nicht zur Verwirklichung dieses Vorhabens, da Primus Trüber selbst jede Verwendung für die Unternehmung bei der Landschaft kurzweg abschlug und Frieg unverridi-teter Dinge abgezogen war. Günstiger gestalteten sich die Verhältnisse für die neue Kunst, als Georg Dalmatin für seine emsige Tätigkeit eine Druckerei im Lande benötigte und Georg von Khisl wärmstens für die Einführung der Segnungen der neuen Kunst eintrat. Johann Mannel1 erhielt die Erlaubnis zum Betriebe eines Budidrucker- und Buchhandelsgeschäftes und bereits im Sommer 1575 war die Druckerei im Gange und der Herbst 1575 brachte das erste in Krain gedruckte Buch, Dalmatins slovenische Übersetzung des Jesus Sirach. Sechs Jahre emsiger Tätigkeit unseres Typographen gaben 29 Druckschriften das Leben. Wegen Herstellung und Herausgabe der protestantischen Schriften in slovenischer Sprache, namentlich wegen des Druckes des ersten Teiles der Dalmatinischen Bibel, war die Laibacher Druckerei der erzherzoglichen Regierung schon seit geraumer Zeit ein Dorn im Auge. Die Gelegenheit zum Einschreiten gegen die genannte Druckanstalt wurde daher von der Regierung audi bald gefunden. Dalmatins Übersetzung der Bibel in die slovenische Sprache war bereits 1579 vollendet und unser Typograph legte bereits 1580 ein Probeblatt derselben für die krainisdien, kärntnischen und steirischen Landstände gedruckt vor, als Erzherzog Karl diesen Druck verbot, Manneis Druckerei sperren lieg und ihn selbst aus Krain und allen Erbländern verbannte. Auf diesen Befehl hin, welcher noch am 19. November und 30. Dezember 1581 wiederholt werden mugte, sah sich nun Mannel genötigt, seinen Budihandel andern Ständen zu übergeben und seine neue, ihm lieb gewordene Heimat für immer zu verlassen. Auger einer Wegzehrung von 50 fl., die ihm der krainische Landtag unter dem 2. April 1582 gewährte, erhielt er noch ein Empfehlungsschreiben von den Ständen an den Herzog von Württemberg und wandte sich mit seinen Typen nach Ungarn. Hier finden wir ihn ohne festen Wohnsig, wie wir es in der Erstlingszeit des Buchdruckes auch bei andern begeisterten Meistern der Kunst Gutenbergs verfolgen können, durch 23 Jahre hindurch auf Kreuz- und Querzügen in Kroatien und Ungarn als einen unsteten Typographen, der seine Werke bald da, bald dort druckte und auf den Märkten selbst vertrieb. Doch in seinen berechtigten Hoffnungen getäuscht, in der legten Zeit schon hodibetagt, scheint unser Budidrucker 1605 vereinsamt und ohne Nachkommen 1 Die genaue Quellenangabe über Mannel ist von mir in Magyar Könyoszemle, Jahrg. 1905 S. 134 ff., sowie in den Mitteilungen des Musealvereines für Krain, Jahrg. 1906 S. 1 ff., angegeben. aus diesem Leben geschieden zu sein. Wann und wo der rastlose Mann sein Wanderleben beschlossen hat, darüber fehlt uns jede Aufzeichnung. Die deutsche Biographie weiß schon seit seiner Ausweisung aus Krain über ihn nichts mehr zu berichten. Die Herausgabe der slovenisdien Bibelübersetzung war beschlossene Sache, eine Konferenz von Theologen und Philologen aus Innerösterreich war zur Revision der Übersetzung in Laibach zusammengetreten und tagte vom 28. August bis 22. Oktober 1581. Unter den Revisoren der Übersetzung befand sich auch der berühmte Grammatiker Adam Bohorič, der einzige Schulmann neben den übrigen Geistlichen. Eine der hervorragendsten Bibeldruckstätten der damaligen Zeit, die der Erben von Hans Krafft in Wittenberg, wurde ausersehen, dieses Monumentalwerk im Druck erscheinen zu lassen. Dalmatin und Bohorič wurden von der Landschaft nach Wittenberg geschickt, um dort den Druck zu überwachen. Das Neujahr 1584 brachte bereits in vornehmer Ausstattung dem slovenischen Volke die ganze Bibel. Gleichzeitig erblickte auch die erste slovenische Grammatik von Bohorič: „Articae horulae successivae de Latino-Carniolana literatura" in Wittenberg das Licht der Welt. Endlich brachte Wittenberg der jungen Nationalliteratur noch weitere zwei Druckwerke: 1584 die 5. Auflage des Kirchengesangbuches (Ta celi Catechismus eni Psalmi . . . inu nove kerszanske Peisni od P. Truberja, S. Krellia inu od drugih sloshena) in Oktav sowie ein Betbüchlein windisch nach Andr. Musculus (Meusel1) (Karszanske leve molitve, sdai per-vizh iz Bukovskiga in Nemshkiga jesika v nash Slovenski tolma-zhene . . . skusi Jurja Dalmatina. Betbüchlein windisch. Witte-bergae 1584. 8"). Von den genannten vier, bezw. fünf Druckstätten hatte die Bibelanstalt Ungnads gewifj die meisten Druckwerke zur Förderung von Trubers Werk erscheinen lassen. Nach Schnurrer, Slav. Buchdruck S. 61—64, waren im ganzen 25.600 Exemplare aufgelegt worden. Die größeren Werke, wie das Neue Testament, die Postille sowie die grundlegenden Abecedarien und Katechismen, hatten eine Auflage von 1000 bis 2000 Exemplaren. Zählen wir die slovenischen in Tübingen bei Morhart erschienenen Druckwerke dazu und nehmen 1 Die zweite Ausgabe, von Felizian Trüber besorgt, wurde zu Tübingen bei Georg Gruppenbach 1595 als letztes Werk der protestantischen Periode der slovenischen Nationalliteratur gedruckt. 8 Auch Regensburg hatte Trubers Bestrebungen gefördert. Johann Burger druckte hier 1567 Sebastian Kreis Übersetzung der Spangenbergischen Postille. Aus derselben Offizin folgte 1568 eine kroatische Übersetzung der Brenzischen Postille. Camlola 1908 II 9 wir die Durdisdinittsauflage zu 300 Exemplaren, so gibt dies eine Summe von etwa 7200 Exemplaren; kommen noch die Erzeugnisse der Laibacher, Regensburger und Wittenberger Offizinen hinzu, so dürfte die Gesamtsumme der gedruckten Exemplare in den Jahren 1550 — 1595 von 50.000 nidit zu hoch gegriffen sein, wenn man erwägt, dag man heute die Zahl der in den fünf Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts gedruckten Werke auf etwa 25.000 redinet und für jedes eine Durchschnittsauflage von 500 Exemplaren nimmt, was die stattliche Summe von 12,500.000 Büchern ergibt. Nehmen wir nun an, dag von den etwa 50.000 Exemplaren viele, namentlich die für den täglichen Gebrauch und für die Sdiule bestimmten Bücher und Büchleins oft geradezu zerlesen worden sind, so drängt sich uns die berechtigte Frage auf, was geschah mit den vielen tausend Exemplaren, von denen eine groge Anzahl gar nicht in Gebrauch kamen; warum sind gerade die Werke dieser Periode der slovenischen Nationalliteratur bibliographische Seltenheiten geworden ? Nach Eintritt der Gegenreformation sorgte die „jesuitische Reformationskommission" dafür, dag kein Blatt, welches mit der geächteten Riditung in Zusammenhang stand, erhalten blieb. Bei der Ausrottung der neugeschaffenen slovenischen Literatur verfuhr die Kommission so gründlich, dag, als 1616 „die übrigen zusammengesammelten kegerischen Bücher an einem öffentlichen, durch Bestrafung der Verbrecher übelberüchtigten Orte" verbrannt wurden, sogar die unschuldige slovenische Grammatik von Bohorič diesem Schicksale nicht entging.1 Faßweise waren die ersehnten Büdier aus Deutschland ins Land gekommen, wagenweise wurden sie ein Opfer des Fanatismus der kühl rechnenden Gesellschaft Jesu. Soweit ist es gekommen, daß uns manche Werke aus jener Zeit nur dem Namen nach bekannt sind; daß sie im Druck erschienen sind, wissen wir nur aus späteren glücklich erhaltenen Werken. Und auch von den legteren ist nach dem Gesagten die Anzahl der Exemplare bis jegt so gering, dag wir dieselben mit vollem Rechte als bibliographische Seltenheiten ansehen und behandeln müssen.2 1 Vgl. Sillem, Primus Trüber S. 93. 2 Vgl. meine Abhandlung: Bibliogr. Seltenheiten der Truberliteratur S. 1 ff. Budidruckerei von Ig. v. Kleinmayr & Fed. Bamberg in Laibadi