Itt den elisäischen Feldern. ^U>m Lethestrande wandelt, den Kronenreif im Haar, Gehüllt in Go.'dgewa„de, der todten Fürsten Schaar, Von welchen die Geschichte auch nur die kleinste That Aus ihrem ew'gen Buche der Welt zu künden hat. Darunter mancher Söldner, einst namenlos im Heer, Vis seinen Stammbaum gültig auf Lordern schrieb bcl Speer. Nls Menschenblut als Purpur auf seine Schultern sank, Sein Scheitel ditt're Thränen als Krönungssalbe trank. D'rum senkt so mancher König vor ihm das Augenlied Und denkt: Handwerker warst du, wcnn gleich ein Kronenschmid; Sardanapel, gestorben den kaiserlichsten Tod, Dem Bettler auf Karthago noch nie die Hände bot. So wandeln sie auch heute am Strom verschied'ne Bahn Und lugen, gleich Spionen, nach Charons schwarzem Kahn, Der langsam zieht wie Nächte, in bitterm Leid' durchwacht. Als sey in dieser Stunde ein Welttheil seine Fracht. Drin sitzt, «livenfärbig, ein kleiner fremder Gast — Das Auge unbeweglich — vergaß ein Blitz die Hast? Er kreutzt auf seinem Nucken die Hände ernst lind still. Man sieht's, daß er sein Hütchen zum Gruß nicht schwenken Will. Am Ufer schreiten Griechen als Wachen hin und her, Erblicken ihn und donnern: „Spartaner, in's Gewehr! Dort naht des Sicgcs Schooßkind, mit ihm versank ein Thron, Wie Gletscher hoch und einsam — es istNapolcon!" Da jubeln tausend Heere, ein Wald von Speerkn neigt Sich vor dem todten Kaiser, der stumm an's Ufer steigt; Die Adler Roma's flattern wie Falken zahm durch's Thal — Naht doch ihr zweiter Herrscher, der kleine Corporal. Dei' Corse mustert lächelnd den brüderlichen Kreis, Umschlingt doch seinen Scheitel das grünst« Lorberreis; D'rauf fällt Nubinenschimmcr — doch nein, so glänzt kein Stein, , .' Es scheint die blut'ge Sonne von Austerlitz zu seyn. Und sieh', die alten Fürsten vergessen Rang und Groll, Sie denken, ihn betrachtend: Ein Fürst ein jeder Zoll. Und Marius, der Krieger, der Herr von Babylon, Sie neigen scheu, wie Kinder, sich vor Napoleon. Ein Mann nur grüßt den Corsen zwar höflich, aber kalt. Wie Einer, der den Aerger bemeistert mit Gewalt; Er spricht: »Willkommen, Dichter der kühnsten Ilias, Die,e m, Sonnenlichte ein Menschenauge las." „Homer verbrannte schämig sein"episches Gedickt, Als du am Nil dictirtest den ersten Schlacktb ericht. Als dir zum kühnsten Schlüsse am Pha^aonengvab Die höchste Pyramide das Ausrufzeichen gab." „D'rauf sperrte, dir zum Ruhme, ein Meer aus Eis den Weg, Da schlugst du kühn auf Gletschern den schwindelnd hohen Steg; Und wieder ward das Mährchen vom Afrikaner wal'r. Der, ewig Rom zu hassen, geschworen am Altar." „Bald war der Sieg dein Sclave, erfüllt dein stolzer Traum, Die Erde zu beschatten als' hoher Lorberbaum — Die Blätter gold'ne Kronen, ein Scepter jeder Ast, Die Wurzeln Königsthrone — ein Purpurkleid sein Bast." „Da kam ein Sturm aus Norden und brach den Stamm entzwei. Nun sah die Welt erst staunend, wie groß der Riese sey; Hat doch der Sturz des Kaiser's, der Sieg in einer Schlacht, Unsterblich einen Reiter und seinen Freund gemacht." „Doch warst du nicht bloß Feldherr, warst auch als Herrscher groß. In deinem Geiste ruhte, — ein Kind im Mutterschoß, Das einst erwächst zum Niesen — des Handels freies Recht; Nie fey«ftl IZolk aufErden des Meeres Knebelknecht!" „Nein, frei wie durch die Lüfte der Vogel schwebt und fliegt. Soll werden jede Flagge, die sich auf Wogen wiegt; D'rum sperrtest du die Hufen, d'rum sieht am Lethe hier Noch immer blaß dein Antlitz beim Namen Abukir.". „Du bautest wie Titanen, du schriebst, Propheten gleich, .Den unfehlbaren Koran der Themis für dein Reich. Du liebtest tief im Herzen, trotz deinem Weibcrhaß, Die schönste Maid auf Erden, die Griechinn vom Parnaß." «Drum will die Welt vergeben, was sie durch dich erlitt. Wohlthätig — ein Gewitter — war dein Gigantenschritt. Drum reicht auch jetzt, vergessend, wo deine Wiege stand. Ein Bruder seinem Bruder die kaiserliche Hand." „Dann aber heißt es scheiden für alle Ewigkeit; Wir habon nichts gemeinsam — du warst der neuen Zeit Ein Blitz durch Mitternächte — ich war ihr Sonnenlicht, Drum acht' ich nur den Heros, den Menschen acht' ich nickt," „Die Menschheit war mein Lieben, du hast um sie gebuhlt, Durch Gold zur Mcssaline die reine Magd geschult; Mir war sie werth und heilig, wie eine keusche Braut, — Ihr wurdet im Seraile, wir am Altar getraut." „Du warst ein Arzt, der ruhig in ihre Wunde schnitt, Ich blieb als Arzt noch Vater, der mit der Kranken litt. Du drücktest ihre Rosen, nie ihren Dorn ans Herz, Ihr Glück war auch das meine, dochmchr noch mein ihr Schmerz." __6 ,.Du gabst ihr Wundenmale, l^'vum schnni^en Kreuze dich';> Mir brach sie IHwur und Tccuc, ich nahm ihr Kreuz auf mich; Du schriebst ein Blatt Geschichte, wie es kein zweites gibt; Mir yilt die kurze Zeile: Er hat sein Volk geliebt." »Dock hieß uns Beide schuldig der Mitwelt Schiedsgericht; Du hast sie nicht verstand,», doch mich verstand sie nicht. Ich bin zu früh gekommen, du aber kamst zu spät, Und so verdarb die Ernte, von meiner Hand gesa't.« „D'rauf kam die Weltgeschichte, die Magd der Ewigkeit, Und schrieb zu meinem Namen: Der Leuchtthurm >>iner Zeit; Und rief, als du verlassen den dlut'gen Lcdenspfad: E« war die scharfe Sichel, zur Zeit der Völkermahd.« „Wir bei!« ftnd geschieden, wir hatten nichts gemein. Ich wollte Landesvater, du wolltest Kaiser seyn!" So spricht der Kronenträger und scheidet ohne Gruß, Und unter seinen Schritten versiegt — der Letheflusz. «Wer M," so frägt der Fremde, „der kluge stolze Thor?« D'rauf spricht der Römerkaiscr, der keinen Tag verlor, „Es ist der zweite Joseph." — Da wird der Corse bleich. Warum? Was spricht die Menschheit? Was sagt mein Oesterreich« Heinrich Ritter v. Levitschnigg. Vaterländisches. Beiträge zur Geschichte des altadelichen gräflichen Hauses u. H o ch e n W a r t< Won Joseph Iersch inov > tz Ritter v. Löwengreif, k. k. pens. Kreis - Cassier. Die verschiedenen Aufsätze, welche über krainische adettche Geschlechter, die sich in der Vorzeit um den Staat nnd das Vaterland verdlent gemacht haben, und iin Hllyrischen Blatte erschienen sind, haben nuch allezeit unbefriedigt gelassen, weil sie nur einzelne Thaten der Abgeschiedenen erzählen, sonst aber weder des Entstehens jener Geschlechter erwähnen, noch berichten, ob die Mlt uns Lebenden dieses Namens auch wirklich Abkömmlinge jener berühmtei, Männer sind; wodurch uns aber gerade das Verdienstliche, was diese in den verschiedenen Zeitepochen vollbracht haben, vorenthalten wird.— Solche Bruchstucke bringen nicht jene Vortheile, die derlei Aufzeichnungen aus der Vorzeit zur Ermunterung und Nachahmung der gegenwärtigen Generationen hervorbringen sollten, und lch habe in meinen Mußestunden nachgedacht, ob es incht vortheilhaft wäre, die Geschichte eines derlei verdienten krainischen Geschlechter von seinem Entstehen, so weit die Geschichte und Urkunden es gestatten, bis zu seinem Erlöschen oder dermaligen Fortbestande durchzuführen, und so einen auf historische Quellen gcgründelen Beitrag zur Geschichte Krams zu liefern. Ich wählte das uralte Geschlecht der Grafen von Hochenwart, benutzte alle Bücher, die ich mir verHaffen und die mir darüber Aufklärung geben konnten; erbat mir von dem dermaligen Aeltesten der Familie die Einsicht der kostbaren Urkunden, welche der zweimalige Brand des Stammschlosses Gerlachstein übrig ließ; führte mit gewissenhafter Treue und Bezeichnung aller Quellen, aus denen ich schöpfte, die Geschicyte dieses Geschlechtes durch, und glaube sogestalt nach der Möglichkeit, die die Urkunden darbieten, die Geschichte dieses alten Geschlechtes, vom Jahre 900 bis auf den gegenwärtigen Augenblick, vollständig geliefert zu haben. Ich läugne dabei nichr, daß ich zu diesen wenigen Zeilen über fünf Jahre verwendete, und bezweifle dennoch, alles ganz vollständig geliefert zu haben, da viele mir angedeutete Quellen für mich unerreichbar blieben, und ich mich überdies; bei Einsicht der Original-Urkunden alles persönlichen Lobes der nächst abgegangenen und noch lebenden Mitglieder dieses erlauchten Geschlechtes mich zu enthalten verbindlich machen mußte. Mögen sich Andere an andern Geschlechtern versuchen: sie werden dann die Schwierigkeiten entdek-ken, welche sich einer solchen Arbeit entgegensetzen, und die nur d^rch vieles Lesen, Nachschlagen und Aufsuchen überwunden werden können. Doch dürfte die-)es bei jenen krainischen Geschlechtern leichter seyn, deren Archive erhalten sind, als bei den Auerspergen, Gallenberaen, Ursini Blagai (bei diesen hat schott Schönleben mächtig vorgearbeitet), den Gall'en, den Ranbern u. s. w. Es wird eine große Zierde für unser Vaterland seyn, die Reihen dieser Männer zu übersehen, und ihr Wirken, mit der Gescyichte Krams verwebt, darzustel" len. Meine Arbeit betreffend muß ich beifügen, daß ich mir keinen Zusatz, keine Erweiterung der Thatsachen erlaubte, sondern selbe nur so darstellte, wie sie meine Gewährsmanner, die ich anführte, aufzeichneten; obglelch ich nicht läugncn kann, daß ich in der neuern Geschichte oft versucht war, den um Staat und Mutterland so hoch verdienten Männern ein un-geheucheltes Lob zu zollen, welches ihnen die Mit-und Nachwelt anssprach. Allein die Bedingniß, unter welcher ich die Familien-Acten zur Einsicht bekam, war, die Facta der Urkunden getreu darzustellen und kein, nicht schon öffentlich irgendwo vorkommendes L-ob in meine Darstellung einzuweben; daher ich auch die Leser bitten muß, meine Arbeit als eine Sammlung von sichern Daten anzusehen, und die vollständige Darstellung dieses Geschlechtes, mit seiner Zeitgeschichte verwebt, einer dem Werke fäh'.gern Hand zu überlassen. — 7 — Wigulcus Hund zu Solzanos, Lcnking und Steinach, der verläßlichste Geschlechtsforscher in Baiern, h.it im Jahre 1598 zu Ingolstadt ein Buch in Folio drucken lassen, unter dem Titel: »Bairisches Stamm, buch.« In diesem erzählt er den Ursprung der Grafen v. Hoch enwart wie folgr: »Die Grafen von Andechs in Tyrol waren ein gar mächtiges Geschlecht, sie waren Herzoge vonDal-matien, Meran, Voigtland; Markgrafen zu Isterreich, Pfalzgrafen zu Burgund und Grafen zu Görz und Tyrol. — Da dieses Geschlecht eine zahlreiche Nachkommenschaft hatte, so theilte es sich in mehrere Linien und zwar in jene von Diessen, Wolfrathshausen, Hochenwart und Thau er; doch erwähnt der Autor mchcs von ihrer Trennung, ihrem Sitz und ihrer Abstammung. — Auch Johann Martin Einzinger von Einzig in seinem Buche: „Bairischn- Löwe, oder historisch, heraldisches Verzeichnis; der bairischen Turniere und Helden. München 1762 in4w., ,m zweiten Theile, Seite 35, erwähnt dieser Familien-Namen, der Grafen von Andechs, ohne nähere Bezeichnung. Naboth, der Sohn des Arbo von Andechs, schrieb sich um das Jahr 900 der erste Graf von Hochenwart, er hatte eine Gräfinn von Donauwerth zur Gemahlinn, und hat das Kloster Thierhaupten am Lech wieder hergestellt, wo sie beide mit ihren Nachkommen eine herrliche Begräbniß besitzen» Der unständlichste Geschichtschreiber jener Zeiten, von Nixner, in seinem »Turniel-buche vom Atifange, Ursprünge und Herkommen der Turmere« gedruckt zu Frankfurt am Main in Folio 1566, gibt an, daß zur Zeit, als der deutsche König Heinrich der Erste, genannt derVogler, unter Papst Leo VII., die Ungarn bekriegte, Friedrich Gras zu Hochenwart unter den Fahnen des Herzogs von Baiern mit in den Krieg zog. Nachdem diese wilden Völker besiegt waren, ordnete König Heinrich I. das erste Turnier zu Mayen-burg im Jahre 938 an. Bei diesem erschien unter den Fahnen Herzog Berthold's von Baiern, Friedri ch Graf zu Hochenwarr, und ließ auftragen unter fünfzehn bairischen Grafen der Zweite. Dieß ist ein sehr alter Ausdruck, welcher zu Zeiten der Turniere gebraucht wurde, und so viel bedeutete, als das Schwert, Spieß, SclM und Wappen zur Prüfung seines Adels öffentlich aufstellen. Das dritte Turnier wurde vom Herzog Ludolph von Schwaben und Allemamen zu Constanz am Bodensee ml Jahre 948 gehalten; bei diesem erschien abermal Friedrich Graf zu Hochenwart unttr den Streitenden. Das fünfte Turnier wurde vom Markgrafen Lil-dolph von Sachsen zu Braunschwcig im Jahre 996 gegeben, auf welchem sich Nabotho Graf zu Hochenwart einfand. (Sieh« Wiguleus Hund und Nix-ner an den angeführten Stellen.) Dieser Rabotho hinterließ zwei Söhne, Ortolph und Norbert, welche die ersten Gründer des Klosters Hochenwart im Jahre 1081 waren. (Siehe Hund bairischcs Stamm, buch Ingolstadt 1598, Seite 23.) (Fortsetzung folgt.) Das Ave Maria auf dem Meere. (Von .' lcx. Dumas,) .... Der Tag war auf diese Weise vergangen , und der Abend begann sich herabzusenken. Wir näherten uns Messina, und ich erinnerte mich der Prophezeiung des Steuermannes, der uns gesagt hatte, daß wir zwei Stunden nach dem Ave Maria den Ort unserer Bestimmung erreicht haben würden. Das erinnerte mich wiederum daran, daß ich seit unserer Abfahrt keinen unserer Matrosen die Pflichten der Religion, welcye diese Kinder des Meeres doch für so heilig halten, hatte erfüllen sehen. Ja, mehr noch: ein kleines, mit Perlmutter ausgelegtes Kreuz von Olivenholz, ähnlich denen, welche dle Mönche vom heiligen Grabe verfertigen, und die Pilger aus Jerusalem mitbringen, war aus unserer Cajüte verschwunden, und ich hatte es am Vordcrthclle des Schiffes über dem Bllde einer Madonna wiedergefunden, unter deren Schutze nnser Schiffchen stand. Nachdem ich mich erkundiget, ob man eiin'i, besondern Grund habe, diesem Kreuze einen an-dcrcu Platz anzuweisen, und als man mir gesagt hatte, daß dieß nicht der Fall sey, hatte ich es selbst wieder in die Cajüte gebracht. Als ich mich umdrehte, bemerkte ich den Capitän in unserer Nahe. »Capitän,« sagte ich zu ihm, »so viel ich weiß, hält man auf allen neapolitanischen, genul'sischen und siciliauischen Schiffen zur Stunde des Ave Maria ein gemeinsames Gebet; ist dieß am Bord ihres Schiffes nicht auch gebräuchlich?« — »Allerdings, mein Herr, allerdings,« antwortete der Capitän rasch, »und wenn ich Ihnen die Wahrheit gestehen soll, so ist uns das Aussetzen dieses Gebrauches sehr unangenehm.« — »Wer aber hindert Sie?« »Entschuldigen Sie,«entgegnete der Capitän; »da wir häufig Engländer fahren, welche Protestanten sind, Griechen, welche Schismatiker und Franzosen am Bord haben, die gar nichts sind, so fürchten wir immer, den Glaube« zu verletzen oder die Ungläubigkelt unserer Passagiere durch Religionsgebräuche zu erregen, die nicht die ihrigen sind. Wenn uns aber die Passagiere erlauben, christlich zu handeln, so sind wir ihnen dafür sehr dankbar, so daß, wenn Sie gestatten...« — 8 — — „Ich bitte ^)ie darum, Capirän, und weiul Sie sogleich anfangen wollen, so werden Sie wohl die rechte Zeit treffen." — Der Capitän sah nach der Uhr, und da er sich überzeugte, daß wirklich keine Zeit mehr zu verlieren sey, rief er mit lauter Stimme: »Das Ave Maria!« Bei diesen Worten kam Jeder aus den Luken hervor und eilte auf das Verdeck. Mehr als Einer hatte wahrscheinlich schon im Stillen das Gebet begonnen, aber Jeder unterbrach sich, um Theil an dem allgemeinen Gebete zu nehmen. Dieses Gebet, in einer feierlichen Stunde gesprochen, beschließe von einem Ende Italiens bis zum andern den Tag und eröffnet die Nacht. Dieser Augenblick des Zwielichtes, der überall reich an Poesie ist, wird auf dem Meere noch unendlich heiliger. Diese geheimmßvolle Nnermeßlichkeit der Luft und der Wogen; dieses tiefe Gefühl der menschlichen Schwache in Vergleich mit der Allmacht Gottes; das Dunkel, wel-ches hereinbricht, und in dem die immer gegenwärtige Gefahr sich noch vergrößert, alles dieß stimmt das Herz zu einer religiösen Melancholie, zu einem heiligen Vertrauen, das die Seele auf den Fittichen des Glaubens erhebt. An diesem Abende besonders flößte die Gefahr, der wir entgangen waren und an die bisweilen noch ein fernes Brüllen und Brausen erinnerte, der Mannschaft und uns selbst eme tiefe Andacht ein. In dem Augenblicke, als wir uns auf dem Verdecke versammelten, begann die Nacht im Osten sich mehr und mehr zu verdichten; die Berge von Calabrien und die Spitze des Caps Palorus verloren ihre schone blaue Farbe, um mit einer graulichen zu verschwiminen, die von dem Himmel herabzusinken schien gleich einem feinen Aschenregen, während in Westen, etwas rechts von dem Archipel der liparischen Inseln, deren seltsame Gestalten scharf an einem feungen Horizonte sich abtrennten, die große, mit langen violetten Streifen durchzogene Sonne den Rand ihrer Scheibe in das tyrrhe-nische Meer zu senken begann, das funkelnde Wogen von geschmolzenem Golde zu wälzen schien. Der Steuermann erhob sich hinter der Cajüte, nahm den Sohn des Capitäns auf seine Arme, hieß ihn auf die Erhöhung knien, ließ das Steuer los, als ob das Schiff hinreichend durch das Gebet gelenkt werde, und hielt das Kind, damit es das Gleichgewicht nicht verliere. Diese seltsame Gruppe trat alsbald auf einem goldenen Grunde vor, gleich einem Gemälde des Giovanni Fiesole oder Benozzo Gozzoli, und eine Stimme, so schwach, daß sie kaum zu uns drang, doch aber bis zu Gott sich erheben sollte, begann das jungfräuliche Gebet herzusagen, das die Matrosen theils kniend, theils mit tiefgesenktem Haupte anhörten. Das sind die Erin- nerungen, welche weder der Pinsel noch die Feder wiederzugeben vermag; das sind Scenen, die keine Erzählung schildert, die kein Bild darzustellen vermag, weil ihre Großartigkeit gänzlich in dem Gefühle derer beruht, welche dabei thätig sind. Für den Leser der Beschreibung, für den Liebhaber von Seestücken wird es immer nur ein be-des Kind, werden es nur Männer seyn, die antworten, ten und ein Schiff, das dahin schwimmt; für den, aber, welcher einer solchen Scene beiwohnte, wird es eines der herrlichsten Schauspiele seyn, die er gesehen, eine der großartigsten Erinnerungen, die er iu sich bewahrt. Trostgründe für Jene, die sich zurückgesetzt glauben. Häusig beklagen sich die Menschen, daß das gemeinnützige Streben so wenig Anerkennung findet und nicht selten lassen sich die Klagenden von dem einer irrigen Erziehung entkeimenden Gefühl der Zurücksetzung in ihrem bessern Wirken aufhalten, und von dem verdienstlichen Weg ab, auf die entgegengesetzte Bahn verleiten, ohne früher die Ursache der vermeintlichen Geringschätzung mit Ernst und Ruhe zu erforschen. Geschehe dieses, dann würden die Klagen über Mangel an gebührender Achtung von Seite der Welt,, wenn nicht gänzlich, doch gewiß größrentheils verstummen und ein großer Theil der wahrhaft Achtbaren würde recht bald zur Neberzeugung gelangen, daß der von einer falschen Meinung erzeugte Dunstkreis, den sie selbst um sich gezogen, viel zu dicht sey, und daß sie somit nur ganz allein die Schuld tragen, von einer Welt nicht erkannt zu werden, von der sie sich vorsätzlich abschließen. Bei fortgesetzter eifriger Selbstschau würden auch diejenigen, die bloß mit erborgten, Lichte glänzen wollen und Achtung ansprechen, am Ende die beschämende Bestätigung erhalten, daß ein entlehntes Licht zwar leuchten, auch anziehen, nie aber wärmen und beleben könne, und daß alle Jene, die sich ihnen nähern, Gefahr laufen, der eigeneu Wärme beraubt zu werden. Wenn nun schon unsäglich viele Mühe und Selbst-kenntnisi erfordert wird, zu dieser Einsicht zu gelangen, um wle viel mehr Geisteskraft wird nöthig seyn, die uns anerzogene Eitelkeit einer bessern Neberzeugung aufzuopfern und den reinen Glauben festzuhalten, daß der Mensch, und wenn er auch unermüdet zum Wohl seiner Mitmenschen arbeitet, nie einer besondern Auszeichnung oder Lobes würdig seyn könne, sondern bloß seine Psiicht erfülle,, die ihm als vorzüglichstes Gescyöpf von dein liebenden Allvater als Mittel zur Erreichung der von jedem Menschen ersehnten,Glückseligkeit auferlegt wird. I?äli«r t'ori'lU'iu». Verleger: Ignaz Awis Edler v. Kleinmayt.