JT6f. 25983 //tf 'Tf/cr Disziplinar - Gesetz fiir die k. k. Ober-Realschule L A1B A G BL Genelimiget mit h. Erlass des k. k. Staatsministeriums vom 31. Marž 1864, Z. 2812/C. U. L a i b a c h. Gedruckt bei Josef Blasnik. — Verlag der k. k. Realschule, V o r w o r 1 Die Realschule hat die Aufgabe, ihren Zoglingen diejenige Bildung auf dem technisclien Gebiete zu geben, welche ohne tiefere ivissenschaftliche Studien erreichbar ist, zugleich aber in denselben einen festen, christlich- sittlichen Karakter, das letzte Ziel aller Jugendbildung, zu begriinden. Diese wichtigen Zvrecke konnen nur dami vollstandig erreicht werden, wenn die darauf ge- ricliteten Bestrebungen der Bchule in der hauslichen Mitvvirkung der Eltern und deren Stellvertreter unter- stiitzende Beihilfe finden. Kann schon der Unterricht der Schule ohne Ueberwachung und Regelung der liaus- lichen Thatigkeit der Schiller nicht gedeihen, so gilt dieses um so mehr von der religios - sittlichen Ausbil- dung. Ilierin kann die Schule nur erganzend und vervoll- kommnend einvvirken; der entscheidende Einfluss bleibt immer der hauslichen Erziehung vorbelialten. Es wiirde wenig niitzen, in der Schule Frommigkeit, Sittlichkeit, Treue und Gehorsam gegen gottliclie und biirgerliche Gesetze zu lehren, wenn nicht auch zu Hause durcli Aufsicht, Lelire und Beispiel dasselbe geschieht, werm nicht auch die Eltern den Anordnungen der Schule ilire volle Beachtung zmvenden, l* 4 Vor Allem muss der Wunsch ausgesprochen wer- den, dass die Eltern oder der en Stellvertreter niclit blos beim Beginne des Schuljahres ilire Solane oder Pflegebefohlenen zum Einschreiben dem Direktor, dem Religions- und Klassenlehrer vorfiihren, sondern sich auch wahrend des Jahres ofters nach ihrem Verhalten und ihren Leistungen erkundigen, woriiber ihnen von den einzelnen Lehrern riicksichtlich ihrer Faclier, von dem Klassenvorstande aber liber ihre G-esammtleistungen stets bereitwillige Auskunft ertheilt werden wird. Audi kann den ausivartigen Eltern bei der Wahl des Kostortes ihrer Sohne niclit genug Vorsiclit em- pfolilen werden, weil nur zu oft von demselben der gute oder schlechte Fortgang in der Schule, wie auch niclit minder die Ausbildung des sittlichen Karakters abhangt. Es ist daher zu wiinschen, dass die Eltern nie einen Wohnort fiir ihre Soline wahlen, ohne sich friiher mit einem Lehrer der Anstalt iiber die Zweck- massigkeit desselben berathen zu haben. Die Quartiergeber aber mogen die Pflichten, die sie als Stellvertreter der Eltern ubernehmen, stets vor Augen haben, und nicht blos fiir die korperliche Pflege ihrer Zoglinge, sondern auch fiir deren wissenscliaft- liche und sittliche Ausbildung gewissenhaft sorgen. Damit nun die liier als notlivvendig dargestellte Mitwirkung der Eltern oder Kostgeber mit den Be- miiliungen der Schule in forderlichem Einklange stelie, ist es notliig, dass denselben auch eine genaue Einsiclit in das gegeben werde, was die Realschule von ihren Zoglingen beziiglich des Verhaltens sowohl in, als auch ausserhalb der Schule verlangt. Zu diesem Zwecke wird das nachfolgende, von den hohen Behorden geneh- migte Disziplinar-Gesetz der Realschule liier zur offent- 5 ; lichen Kenntnis gebracht. Dasselbe regelt in seclis Abschnitten die Thatigkeit des Realschtilers in allen seinen Verhaltnissen; es begleitet ihn in die Schule, zum Gottesdienste, und wieder nach Hause; es ordnet seine Unterhaltungen und lasst ihn selbst in den Ferien nicht ans den Augen. Die Realschule ist weit entfernt, ihren Zoglingen Erholung und Vergntigen versagen zu wollen; ist doch die Jugend eben nur noch Jugend, das Bediirfnis nach Erholung ein nattirliches, und der Geist zum Studieren niemals besser gestimmt, als wenn Ruhe und Erheite- rung vorausgelit. Die Realschule will nur ihre Pflege- befohlenen nicht in jene Verkehrtheit liineinreissen lassen, bei vvelcher Zerstreuung zeitweise zur Hauptsache, Pflicht- erftillung zum Nebending wird; sie wtinscht nur, dass jeder Schiller sich in den Vergniigungen erheitere und starke, die fur seine Altersstufe die passendsten sind, und dass nicht den Schtilern der unteren und mittleren Klassen unbedachtsam und vorzeitig das erlaubt Averde, was sich nur den reiferen Schtilern der obersten Klassen mit Vorsicht und Massgebung erlauben lasst. Vernunffcige Eltern werden in Bezug auf den Besucli des Theaters und der offentlichen Unterhaltungsorte mit Auswahl und Behutsamkeit vorgehen, damit nicht in dem Knaben und halbreifen Jiingling Bediirfnisse, Wiinsche und Neigungen erwachen und ubermachtig werden, ftir deren sichere Be- herrschung ihm noch die mannliclie Willenskraft fehlt. Nahe liegt auch noch der Wunsch, dass auch die Lekttire und der Umgang des Realschulers von Seite der Eltern und Kostlierren uberwacht werden moge, weil durch Lekttire und Umgang die Gesinnung und Geistesrichtung des jungen Menschen oft fur die ganze Zukunft bestimmt Avird, 6 Das Disziplinar-Gesetz untersagt allen Realschiilern das offentliche Tabakrauclien, und muss es wohl unter- sagen, wenn nicht der Missbrauch bis in die Gange des Schulhauses hineindringen und sicli iiber Anstand und Achtung hinwegsetzen soli. Es bleibt Sacbe der Eltern und ihrer Vertreter, zu iiberlegen, ob es nicht klug sei, bei Realscliillern auch zu Hause einer Ange- wohnung entgegenzuwirken, die gewiss bei nicht weni- gen allzufruh und im Uebermass auftritt. Moge das offene Aussprechen dieser Wiinsche dazu beitragen, das nacbstebende Disziplinar-Gesetz der Real- schule richtig aufzufassen , und in den Paragrafen desselben das zu erkennen, was darin liegt, die Ab- sicht den Realschiiler zur Ordnung, zum Fleisse und zu einem von Religiositat getragenen wiirdigen Beneh- men zu erziehen. Nur wenn sich Eltern und Lehrer gegenseitig verstehen, und fur das Gute und Rechte im gemeinsamen Interesse zusammenwirken, lasst sich erreichen, was Beide sehnlichst wunsclxen und wollen — Gediegenheit des Geistes und Karakters ihrer Sohne und Schulei-. Disziplinar-Gesetz. I. Allgemeine Verhaltungsregeln. §. 1. I3er Realschiller ist verpflichtet, die religiosen und sittlichen Vorschriften iiberall genau zu beobachten, die Schule regelmassig und fleissig zu besuchen, wah- rend des Unterrichtes auftnerksam zu sein und audi zu Hause sein en Berufsobliegenheiten allen Fleiss zuzu- wenden. §. 2. Gegen den Direktor, sammtliche Lekrer und Vorgesetzte der Anstalt sei der Schiller ehrerbietig und geliorsam, oken und aufriclitig; — Verletzung der schuldigen Achtung, Verweigerung des Gehorsams, Ver- heimlichung oder Entstellung der Wahrheit wird desto strafbarer, je holier die Altersstufe und Klasse des Schuldigen ist. Ebenso wird von dem Realschiller streng gefordert, dass er sich gegen die Lehrer anderer Lehranstalten ehrerbietig und hoflich und gegen Jedermann, wessen Alter und Standes er sein mag, stets anstandig betrage. §. 3. Gegen Mitschiiler sei er freundlicli, dienst- fertig, vertraglicli und nachgiebig. Er hiite sich, andere absichtlich zu beleidigen, ihnen Uebles anzuthun oder fremdes Eigenthum zu beschadigen. Ist Jemanden Un- recht zugefilgt worden, so darf er sich nie selbst Ge- nugthuung verschaffen, sondern bringe seine Beschwerde bei dem eben anwesenden Lehrer, und wenn es ausser der Schulzeit geschehen ist, bei dem Klassenlehrer vor. — In der Kleidung, im Betragen, im Reden und iiber- haupt bei allem seinen Tliun und Lassen befleisse sich der Realschiller stets der vollkommensten Reinlichkeit, Anstandigkeit und Ordnung. 8 II. Verhaltungsregeln in Bezug auf den Schulbesuch. §. 4. Den Unterriclit besuche er ununterbrochen mit ptinktlicher Einbaltung der Sclmlzeit. Bei voraus- sichtlichen Hindernissen hole er mit Vorweisung einer schriftlichen Erklarung seiner Eltern oder deren Stell- vertreter die Erlaubnis zum Wegbleiben ftir einzelne Btunden bei den betreffenden Lehrern, ftir einen Schul- tag beim Klassenlelirer, ftir mebrere Tage auch bei dem Direktor ein. §. 5. Unvorhergesehene Hindernisse des Schulbe- suches zeige er dem Direktor oder Klassenvorstande in der moglich ktirzesten Frist auf eine verlassliche AVeise an. — Gleich bei seinem ersten Wiedererscbeinen in der Schule weise er sicli beim Klassenvorstande durch ein glaubvmrdiges scbriftliches Zeugnis tiber die Ursaclie des Ausbleibens mit Angabe der Anzabl der versaumten Lebrstunden aus; spatere Entschuldigungen werden durch- aus nicht berticksicbtiget. Schiller der 6. Klasse konnen bei ktirzeren Verbinderungen von dem Beibringen dieser Zeugnisse so lange enthoben werden, als sie solches Vertrauens sicli wtirdig zeigen. §. 6. Alle Scliulversaumnisse werden vorgemerkt, im Semestral- oder Abgangszeugnisse angeftihrt, und die nicht gerechtfertigten nacli Umstanden streng geahndet. §. 7. Eine zweiwochentliche Abwesenheit von der Schule, deren Grund weder schriftbcb, noch mtindlicb gemeldet wurde, gilt als freiwilliger Austritt und wird in den Katalogen als solcher verzeichnet. §. 8. Mit den vorgeschriebenen Lehrbtichern und nothigen Schulerfordernissen versebe sich der Schiller gleich beim Beginne des Semesters. III. Verhalten vor, bei und nach dem Unterrichte. §. 9. Eine Viertelstunde vor dem Anfange des Unterrichtes oder vor dem Abgange zum Gottesdienste werden die Lehrzimmer geoffnet. Innerhalo dieser Zeit trete der Schiller reinlich und anstandig gekleidet und mit den nothigen Schulerfordernissen versehen, unbe- 9 deckten Hauptes in das Lehrzimmer, begebe sich ruhig an den ihm zngewiesenen Platz und sammle dort durch AViederholung der Lekzion seine Aufmerksamkeit fiir den bevorstebenden Unterricht in aller Ruke und Stille. Das Zufriih- wie das Zuspatkommen wird gealmdet, das Herumstehen, Herumlaufen und das Larmen vor dem Schulbause, im Hofe, auf den Stiegen oder auf den Gangen wird weder an Schul- noch an Rekreazions- tagen geduldet. — Jene Realschiiler, \velche am Turnen theilnehmen, liaben sicli dabei anstandig zu betragen. §. 10. Beim Eintritte des Lehrers erlieben sich die Schiller ohne Gerausch und verbleiben beim Gebete oder Gesange, mit welchem in allen Klassen der Unter¬ richt immer begonnen und abgeschlossen wird, ehrer- bietig und so lange stelien, bis ilinen der Lelirer das Zeichen, sich zu setzen, gibt. — Ebenso erlieben sich die Schiller beim Eintritte des Direktors, anderer Lelirer oder solcher Personen, denen gleicheElirerbietung gebiihrt. §. 11. Wahrend des Unterrichtes richte der Schiller die Aufmerksamkeit ungetlieilt auf den Lelirer und den Lehrgegenstand, vernieide jede Storung, zerstreue weder sich selbst noch Andere. Nicht zum Unterrichte ge- liorige Blicher, Schriften und Zeichnungen werden weg- genommen und an die Eltern zuriickgestellt, die Schiller aber, welche solche mitbringen, bestraft. §. 12. Ilinauszugehen wird, dringende Falle aus- genommen, nur nach der Lehrstunde und nicht meh- reren Scliiilern auf einmal erlaubt. Das Herausrufen durch andere Schiller wahrend des Unterriclits, das Herumstehen in den Gangen oder vor dem Schulge- biinde zwischen den Lehrstunden wird nicht geduldet. §. 13. Das Beschadigen oder Verunreinigen der Schulgerathscliaften, der Lehrmittel, der Banke, Wande und des Schulgebaudes Uberhaupt ist streng verboten. — Solite jedoch etwas dergleichen vorkommen, so ist der Thater zur Plerstellung und zum Scliadenersatze verbunden, c%nd \vird , falls er es aus Leichtsinn oder Boswilligkeit gethan, iiberdiess noch besonders bestraft. Wird der Thater nicht entdeckt, so ist die ganze Klasse ersatzpfliclitig. — Das Verunreinigen der Zinuner und 10 Gange durch Papierschnitzel, Obstabfalle u. dgl. wird nicht geduldet. §. 14. Nacli gescldossenem Unterricht wird lan- geres Zuriickbleiben im Lelirzimmer, auf den Gangen und Treppen nicht gestattet. Das Zuriicklassen von Schulgerathen, Kleidungs- stticken u. dgl. wird nicht geduldet und der Davvider- liandelnde Avird bestraft. IV. Verhalten beim gemeinschaftlichen Gottesdienste. §. 15. Da religios - sittliche Bildung der hochste Zweck jeder guten Schule ist, so sind auch ftir die Realschulen gemeinscliaftliche Religionsiibungen Aveislich angeordnet Avorden, Avelehen jeder katholische Real- schtiler ohne Ausnahme piinktlich und ehrerbietig bei- zuwohnen hat, und z\var in folgender Ordnung: §. 16. An Werktagen versammeln sich die Schiller eine Viertelstunde vor Beginn des Gottesdienstes in den Schulzimmern, avo sie ihre Schulgerathe ablegen, und begeben sich auf das gegebene Zeichen paarweise in anstiindiger Ordnung, mit Gebetbucliern versehen, zur lieil. Messe, avo sie auf den ihnen zugevviesenen Platzen entAveder mitsingend oder betend, andachtig und zu- gleich vom Sanktus bis zur vollendeten Kommunion, und Avenn das Hockvviirdigste ausgesetzt ist, die ganze Messe kniend verharren. Nacli beendetem Gottesdienste begeben sich die Schiller in der friiher angegebenen Ordnung in die Lehrzimmer. §. 17. Zu dem sonn- und feiertagigen Gottesdienste Avie zu den osterlichen Exerzizien hat jeder Schiller in der dafiir bestimmten (St. Florians-) Kirche piinktlich und zAvar zAvischen sieben drei viertel und acht Uhr einzutreffen und der heil. Messe andachtig betend, oder mitsingend, und der Exhorte aufmerksam, ebenso auch den <3ffcntlichen Bittgiingen und Prozessionen beizu- Avohnen. Das Stelienbleiben vor der Kirche Avird AA T eder vor, noch nacli dem Gottesdienste geduldet. 11 §. 18. Die heil. Sakramente der Busse und des Altars hat jeder katholische Realschiiler jahrlich fiinfmal in der Zeit und Art, wie es der Religionslelirer anord- net, zu empfangen. Vernachlassigung und Versaumnis dieser Religions- iibungen zielien Strafe, nachtlieilige Sittenklasse und nacli Umstanden selbst Ausschliessung von der Schule nacli sich. V. Verhalten ausser der Schule und zu Hause. §. 19. Das Verlialten des Realschiilers ausser der Schule sei wie in der Schule sittlich-anstandig und durch Pflichttreue geleitet. Vor Allem leuchte der Schiller der obersten Klassen durch Bescheidenheit, Anstandigkeit und Hbflichkeit gegen Jedermann vor. Seine Kleidung sei die unter Gebildeten iibliche, und lialte die Mitte zwischen Selbstvernachlassigung und auffallender Modesucht. §. 20. Den Unterriclit der Schule unterstiitze der Schiller durch wirksamen hauslichen Fleiss. Wirksam ist der Privatfleiss, wenn er im Voi'bereiten und Wie- derholen genau, in der schriftlichen Arbeit emsig und piinktlich, in Beidem selbstthatig und ausdauernd ist. So strebsamer und beharrlicher Fleiss ziemt sich insbe- sonders fur die oberen Klassen. §. 21. Bleibt deni fleissigen Schiller noch Zeit iibrig, so soli er durch Lesung guter Biicher seine sitt- liche und ivissenschaftliche Ausbildung gemass der in der Schule erhaltenen Anleitung zu vervollkommnen streben; jedocli soli er beziiglicli der Wahl der Biicher stets den Ratli seiner Lehrer vertrauensvoll einholen. Vor Beniitzung der Leihbibliotheken, wie auch vor der Lesung solcher Biicher, die sich der Schiller den Lelirern zu zeigen nicht getraut, wird um so ernster und nach- driicklicher gewarnt, als durch die Schiilerbibhothek auch fur Erheiterungslekttire nach Thunlichkeit gesorgt wird. §. 22. Spaziergiinge mehrerer Scliuler in Gesell- schaft, so wie deren anstandige Unterlialtungen im Freien, mit Ausnalime der Gassen und Platze der Stadt, sind mit Beobachtung eines anstiindigen Betragens und ohne Belastigung anderer Lente, besonders unter Vorwissen eines Lehrers, erlaubt. 12 §. 23. Das Baden, Schvvimmen und Sehlittschuh- fahren ist nur bei genauester Einhaltung der Bedingun- gen fiir den Anstand und die Sicherheit mit Yorwissen der Lelirer an den dazu bestimmten Orten zulassig. §. 24. Familienunterhaltungen diirfen mit Billigung der Eltern, offentliche und Gesellschaftsballe nur von den reiferen Scbiilern der oberen Klassen der Realscbule unter Vorwissen des Klassenlelirers und in vertrauens- wiirdiger Begleitung besucht werden. Die Erlaubnis des Besuches wird dem Einzelnen wieder entzogen, wenn er wicbtigere Pflichten dariiber vernacldassigte. Tanz- unterhaltungen unter einander selbst zu veranstalten, ist den Realschulern verboten. §. 25. Der Besucli des Theaters ist den Schiilern der Unterrealschule in Begleitung der Eltern oder deren Vertreter nach eingeliolter Erlaubnis des Klassenlelirers gestattet, der Fleiss und Verhalten beriicksichtigen wird. Den Scliiilem der Oberrealscliule ist er mit Einwilligung der Eltern und unter der Bedingung anstandigen Beneh- mens erlaubt. Ungeziemendes Benehmen oder offener Missbraucli entziehen die Erlaubnis zum Besuclie. §. 26. Der Besucli der Gast-, Wein-, Bier- und Kaffeehauser wird niclit geduldet. Die Begleitung der Eltern oder deren verantwortliclier Yertreter, das Vor- wissen der Lelirer bei erprobter Vertrauenswi!rdigkeit reiferer Scliiiler der Oberrealscliule kann in einzelnen Fallen Ausnahmen gestatten. Im Grastliause zu wolmen oder die Mittagskost zu nehmen ist nur mit Bewilligung des Direktor* gestattet. §. 27. Der Schiller vermeide gewissenliaft jedes Spiel, das zur Vergeudung der Zeit und des Geldes, zur Hintansetzung der Schulpflichten flilirt. Eigens zum Spielen um Geld veranstaltete Zusammenkilnfte bleiben unbedingt verboten. §. 28. Es ist verboten, Biicher, Schulerfordernisse oder andere Saclien ohne Wissen und olme Einwilli- gung der Eltern zu verkaufen, zu vertausclien, zu ver- schenken oder zu leihen. §. 29. Das Tabakrauclien, als der Gesundheit junger Leute scliadlich und eine unnotliige Auslage verursachend, ist den Realschulern an offentliclien Orten streng untersagt. 13 §. 30. Spa.tes nachtliclies Herumgehen auf der Gasse ist fiir Realschiiler unschicklicli und daher untersagt. §. 31. Realschiilern ist verboten unter sich Vereine zu bilden, oder an Vereinen als Mitglieder oder Zuhorer theilzunehmen. Wer dem Verbote entgegen handelt, wird nacli fruchtlos gebliebener Ermahnung aus der Realschule ausgeschlossen. §. 32. Der Umgang mit irreligiosen, ungesitteten oder verrufenen Leuten ist streng verboten, und der Schiller wird, wenn er davon nicht abstelien will, von der Scbule ausgeschlossen. §. 33. Nicht die Schiller, sondern nur die Eltern und deren Stellvertreter haben das Recht, den Kost- und Wohnort zu bestimmen und zu andern. Die getroffene Wahl, so wie jede beabsichtigte Aenderung des Wohnortes ist dem Direktor oder Klas- senlelirer allsogleich anzuzeigen. Auswartigen Schillem, welche grosstentheils sich selbst tiberlassen sind, und deren Eltern die Sachver- haltnisse der Stadt oft wenig kennen, wird geratlien, bei der Wahl des Quartieres sich den Rath des Reli- gions- oder eines anderen Lehrers zu erbitten. §. 34. Lassen wohlbegriindete Thatsachen die haus- liche Aufsicht ilber einen pflegebefolilenen Schiller fllr Sitt- lichkeit oder Eortgang desselben als verderblich erschei- nen, so steht dem Lehrkorper gesetzlich das Recht zu, von den Eltern Aenderung des Kost- oder Wohnortes zu ver- langen, und sogar den Schiller auszuschliessen, wenn vviederholtem Verlangen nicht entsproclien wird. §. 35. Ein sittlich anstandiges, diesen Disziplinar- Vorscliriften entsprechendes Verhalten wird vom Real- schiiler aucli wahrend der Ferienzeit erwartet. Ein ent- gegengesetztes Betragen wh’d ihn beim Wiedereintritte in die Schule der Verantwortung unterziehen und auf die nachstfolgende Sittenklasse wirken. §. 36. Kein Schiller darf vor dem ganzlichen Ab- schlusse der Schulzeit, zu Ostern vor den Exerzizien und am Ende des Jalires vor dem Dankamte auf die Ferien gehen, und iiberhaupt soli kein Schiller die An- stalt verlassen, olme es friilier dem Direktor und den 14 Lehrern zu melden und denselben fllr den erhaltenen Unterricht zu danken. Mit Beginn des Schuljahres hat sich jeder Schiiler an einem der dazu bestimmten Tage bei der Direkzion zu melden und dem heil. Geistamte beizuwohnen, so wie auch nach jeder Ferienzeit sogleicli beim ersten Gottes- dienste und ersten Schulunterrichte zu erscheinen. §. 37. Sollten die Eltern eines Realschiilers welclie Ermassigung oder Dispens von irgend einer dieser Dis- ziplinar-Vorsckriften fiir denselben fiir nothwendig erach- ten, so mogen sie sich fiir jeden besonderen Fali an den Direktor, und beziiglich derjenigen Vorschriften, welche sich auf die religiosen Uebungen beziehen, an den Religionslehrer wenden, welche entweder sogleich, oder erst nacli gepflogener Riicksprache mit dem Lehr- korper das Ansuchen gewahren oder nach Umstanden verweigern. VI. Besserungsmittel und Strafen der Healschule gemass §. 71 des Organ. Entwurfes fiir Gymnasien und Realschulen. §. 38. Wenn ein S.chuler in geringeren Punkten aus Unachtsamkeit seine Berufspflicht verletzt: so soli er, durch die Ermahnung des Lehrers darauf aufmerk- sam gemacht, seinen Fehler sogleich verbessem. — Bei grosserem Leichtsinne oder vorhandener Boswilligkeit treten nach Massgabe der Beschaffenheit und Wieder- holung des Vergehens Verwarnungen, Riigen und Strafen ein. §. 39. Venvarnung findet dm’ch den Lehrer unter vier Augen Statt, wenn das Vergehen den andern Schii- lern noch nicht bekannt ist. — Die Riige ist offentlicher Tadel in der Schule entweder vom einzelnen Lehrer oder vom Klassenlehrer in Gegemvart des besclnverde- fiihrenden Lehrers, oder vom Direktor in Gegenwart sammtlicher Lehrer der Klasse ausgesprochen. — Nach- driicklicher wird die Riige durch Vormerkung im Klas- senbuche unter gleichzeitiger Anzeige an die Eltern oder deren Vertreter. §. 40. Die Strafen der Realschule sind: 15 1. Zuriickbehalten des Schiilers der Unterrealschule im Lehrzimmer zur Nachbesserung vernachlassigter Lek- zionen und Aufgaben unter gleichzeitiger Verstandigung der Eltern. 2. Absonderung oder Versetzung des Schiilers der Unterrealschule auf einen in der Schule als Strafort be- zeichneten Platz bei storendem Benelnnen oder Avach- sendem Unfleisse. 3. Yerweis durch den Direktor in Gegenwart der versammelten Lehrer und unter gleichzeitiger schriftlicher Anzeige an die Eltern oder deren Stellvertreter bei fort- gesetzten durch keine VerAvarnung und Riige gehobenen Unfleisse, dann bei sittlichen und Disziplinar-Vergehen. 4. Karzerstrafe bi s 8 Stunden, mit welcher stets eine schriftliche Arbeit verbunden ist, bei sclrvveren sitt¬ lichen und Disziplinar-Vergehen oder bei Widersetzlich- keit. Die Karzerstrafe kann ziveimal verhangt Averden. 5. Endlich Ausschliessung von der Realschule mit oder ohne vorhergegangene Karzerstrafe. Die drei letzten Strafen Averden stets nur liber aus- driicklichen Beschluss des Lelrrkorpers verhangt. §. 41. Die Ausschliessung von der Realschule erfolgt: 1. Wenn ein Schiller in zwei auf einander folgen- den Semestern die dritte Fortgangs- oder die zweite Sittenklasse erhalt; der Repetent aber Avird ausgescldos- sen, sobald er am Ende des 1. Semesters eine dieser schlecliten Noten erhalt, oder am Jahresschlusse aber- mals zum Vorriicken fur unfaliig erklart Avird. 2. Bei straflicher und ungeachtet aller Riigen und Ahndungen fortgesetzter Vernachlassigung des Gottes- dienstes oder des Schulbesuches. 3. Bei bedeutenden in langerer Zeit sich summi- renden sittlichen oder Disziplinar-Vergehen. 4. Bei einzelnen Fallen der Widersetzliclikeit, der Unsittlichkeit, Irreligiositat, besonders wenn dadurch den iibrigen Schiilern Gefahr drohet. 5. Nad L §. 32, wenn die Ermahnung an den Schiiler und die Anzeige an dessen verantivortliche Aufseher, und nach §. 34, Avenn die Aufforderung an die Eltern ffuchtlos geblieben ist. 6. Nach allen groberen Vergehen, Avelche in den 16 Bereich der schweren Polizei - Uebertretungen gehoren, als boswilliger korperlicher Verletzung Anderer, Ent- wendung fremden Eigenthumes u. dgl., wird der Thater iiberdiess den betreffenden k. k. Behorden zur Abstra- fung angezeigt. Auch wird es nicht geduldet, dass ein ausgeschlos- sener Schiller, dessen Eltern nicht in der Stadt ansassig sind, sicli nocli langer oline Beschaftigung hier anfhalte, sondern es werden seine Eltern sogleich von dem Ge- schehenen in Kenntniss gesetzt und aufgefordert, dem- selben eine andere zweckmassige Beschaftigung anzu- weisen. §. 42. Erscheint die weitere Aufnahme eines aus- geschlossenen Schiilers flir jede Schule als unehrenhaft oder verderblich, so wird der Lehrkorper die Aus- schliessung von sammtlichen Lehranstalten beantragen. — Die Grande der Ausschliessung werden im Abgangs- zeugnisse jedesmal ausdriicklicli angefuhrt. §. 43. Die Eltern oder deren Stellvertreter haben das Recht, iiber verhangte Strafen nachtraglich bei dem Direktor oder weiter bei den betreffenden Behorden Be- sclrvverde zu Miren. — Der Verpflichtung zum Abbilssen einer Strafe kann sicli kein Schiller durch Abgang von der Schule entziehen; ehe er dieser Verpflichtung nach- gekommen, erhalt er kein Abgangs-Zeugnis. §. 44. Zweck der Verwarnung, Riige und Strafe ist, den Fehlenden zu bessern, die Anderen vor Fehl- tritten zu sichern, in Allen Ordnungsliebe und Pflicht- treue wach zu erhalten.