Itarodna in uniyerzitetna knjižnica v Ljubljani .11651 «^nt- F»HH. für Geschichte, l^nndeki und 8ll^e»knnl1e der ml dieselbe grenzenden Lander «on / M Taschenbuch. Erster Jahrgang. Marburger für Geschichte, Landes- und Sagenkunde Äer nnd der nn diesolke ssrenzelll)«'!» Liinder von vr. Nuüolf ttustav?uss. Graz, 1853. Druck und Papier von A. Lcykam's Erticn. ^- M^I/l. ^11651 s?l.!«Iln»Ä ^ ^^//^H Dem Helden unl) 8änM, Meiner Krccllcnz dem Hochgebornen Herrn Josef Freiherrn von Jellacic Grchkreuz des österreichischen Leopold-, Commandeur des Militär-Maria-Theresia-, Nitter des russischen St. Wladimir-, «Oroßkreuz des hannoverischen Gurlfen-, dann des sächsischen Heinrich-, Commandeur des sächft-schon Ciuil-Verdienjt- und Oraßkreuz des parmaischcn Constantin- St. Gearg-Ordens, k. k. wirklichem «e-Heimen Nath, Danus, «bersten Capitm, nnd Landes-Militär-Cl'mmandant in Croatien und Slavonien, Ci-vil nnd Militiir-Omu'erneur uon Fiume, 33^ Mein Vaterland. 23o Mm und Ens dnrch's Gletscher-Thor Laut jubeln in das Thal hervor. Wo man das harte Eisen zrennt, Als Landmann den Erzherzog kennt, Beginnt: wie seine Berge stark, Das grüne Land der Stciermark. Wo Eichenkraft und Rcbengrün Von Berg zu Thal wie Kränze zieh'n. Und Stadt nnd Dorf so licht nnd hell An schweren Achrcn goldncr Well' Weit von der Raab zum Pachern aus Dehnt sich des Segens Vaterhaus. Und wie zwei Kammern iu dem Herz, So theilen hier in Lnst und Schmerz Zwei Brüder, was seit tausend Jahr Dem lieben Gott gefällig war. Der Deutsche uud der Wende sind Iu Eiuem Haus dasselbe Kind. 1 Wo Dran und Save zögernd zieh'», Als wollten sie nicht weiter stieh'n; Wo Blnmcndnft nnd Perlenwein Zn mnntren Festen laden ein: Da an des Segens reichstem Rand Begeistert mich mein Heimatland. Die Slovenen in Steiermark. i. "U?cnn man zwanzig Jahre unter einem Volks-"annue gelebt, Tage und Wochen in den blühendsten Thälern, wie in den abgelegensten Schluchten, ill Schlössern, Pfarrhösen nnd Hütten zugebracht hat und 'u steter rastloser Verbindung mit dein jungen Nachwüchse dieses Volkes beschäftiget war, so mag ein Versuch, selbes getreu und richtig zu schildern, nin so weniger geroagt sein, als man gerade bei den steirischen Slaven erfreulicher Weise mehr Lichtpuncte, als Echattenparthien in treffen hat. Der zweimal uuter den Wenden eingebürgerte deutsche führt seine Leser in das gastliche Land des treuherzigen sloveuischen Brudervolkes, nnd nennt l^att jeder Einleitung dankbar jene ausgezeichneten Slo-b^en, die ihm als Führer im Geschichts-, Sagen-Uud Gebrauchsleben der Slovenen dienten, die würdigen Kollegen Terstcnjak(NHvn,'i«) nndMli.T^i'', Hrn. Dechant llämlin, Pfarrer ll^nik, den gelehrten Coopcrator /^ll' i^ ^c. Spätere Jahrgänge mögen die Vcrvoll-'tändigung dieses Versuches bringen. Die Mitthcilun- 1* 4 gen über Rußland, Polen ic. verdanke ich dem gelehrten russischen Collegienrathe 8ri/new8k>, der 1841 bei seiner im höchsten Auftrage unternommenen ethnographischen Reise längere Zeit bei mir als Gastfrcund weilte, derselbe, von dem 1837 in karkus die Geschichte der za-porogischen Kosaken (ktiNiiiK XKpmnsniliyk) erschien. Die Slovenen, anch Wenden genannt, ein Zweig des großen slavischen Volles, das von der chinesischen Maner bis Sachsen, vom Eismeere bis znm schwarzen Meere, in einer Seelenanzahl von mehr als 80 Millionen ausgebreitet wohnt, waren bisher in Steiermark in den Wohnsitzen von der Mnr bis zur Save an beiden Ufern der Drave, den zwei nnterländischen Kreisen Marburg nnd Cilli in politischer Hinsicht einverleibt. In neuester Zeit bildete ihr Land die Kreispräsidentschaft Marburg. Auf diesem gesegneten Boden wohnten ihre Vorfahren gewiß schon vor den Römern als Paunonicr mit den Illyriern, nicht aber den semitischen Sarmaten, der großen slavischen Völkerfamilic angehörend, vor oder zwischen der hunischen und ava-rischen Hordenwandcrnng, von der Weichsel abermals an den Ostrand der norischen und julischen Alpen vorgeschoben. Salzburg und Aquilcja gebührt das Verdienst, durch das Christenthnm die ersten Keime geistig^ Bildung in dieses sanglustige, ackerbautreibende, keinen Krieg scheuende, gastfreie Volk gelegt zu haben. Die unterländischen Slovenen kamen bald unter fränkische bojoarischen Einfluß; mit der Gründung der uuteren Mrch, mit der Grafschaft Mar chburg finden wi» 5* den einen Theil derselben an den beiden Ufern der Drave, immer in deutscher Verbindnng, den andern "ber an der San und Save besonders zur Zeit der Blüthe der gefnrsteteu Grafschaft KiUi mehr unter dem nationalen Einflüsse von Kram und Croatien, zu jeder Zeit aber getreulich mittragend an dem nicht lmmer beueidenswerthen Lose des an hundert Armen gefesselten, an tausend Aderu ansgesangtcn, ewig rüstigen, uie gewältigten Giganten des deutschen Kaiserthnmes. Daß sich die Volt'sstimnie gegen Fcndaldruck, die Glanbcusmeinung gegen das Althertömnlliche auch im ^cndcnlande geltend machte, das lebensfrischc Volk ^lo so gnt den geistigen Miasmen seiner Zeit zngä'ng-llch war, als die Deutschen, bewiesen die Bauernkriege unter Illia :c.; die Fortschritte der Reformation durch ^ uriKubila, Dalmatin :c. Dafür aber scheiterten alle Versuche der Drohung nud Schmeichelei, der Gewalt und desPharijaismns ik ix an dem treuen nnd klaren Sinne des wendischen Landvolkes. Die Kreisregieruugen unterMari aTheresia wic-jcil die Wenden uuter das (Mier und mit Deutschen zugleich hjs hiuanf an die Kaiuach bis zu den Quellen ber Lasuitz uud Sulm unter das Marbnrger Kreisamt, ^ie religiöse Eiutheiluug hält sie noch unter zwei Bis-^ilmern: Lav ant nud Scckau. Erst dem Jahre 1850 war es vorbehalten, sämmt-uche Wenden der Stticrmark uutcr eiu Krcispräsidium Marburg zn stellen, das mm als sloveuischc Steicr-Mark ft Bezirkshauptmannschaften: 8 Marburg mit 4 Steuerämtern, Marburg, Windischfeistritz, St. Leonhard und St. Lorcuzen mit 264 Stencrgcmeinden und 87,324 Seelen; Killi mit 6 Steuerämtern, killi, Franz, Oberburg, Erlachstein, Tüffcr, Gonobitz, 210 Steuergemeinden mit 102,426 Seelen; Windischgratz mit 4 Steueramtern, Win-dischgrah, Schönstein, Mahrenberg, 100 Steuergemeinden 46,172 Seelen; Luttenberg mit 'l Steuerämtern, Lutten« berg, Fridan, Oberradtersburg, 146 Steuergemcindcn mit 42,514 Seelen; Pcttau mit 2 Steuerämtern, Pcttau und Nohitsch, 186 Steucrgcmcinden mit 5li,867 Scelcu; Nanu mit 4 Steuerämtern, Rann, Drachen-bnrg, Lichtenwald, Wiudischlandsberg, 165 Steuergemeinden mit 52,524 Seelen, umfaßt. Gz-po situ reu für politische Bezirkskommissäre bestehen zu Windischfeistritz, Nohitsch, Oberbnrg uud Gonobijz. Bczirkscollegial - Strafgerichte sind einstweilen nnter dem Landesgerichte Cilli 6: Win-dischgrajz, Marburg, Lnttcnbcrg, Pcttan, Nann und Cilli; sonstige Bezirksgerichte 16: zu Schönstem, Mah-reubcrg, St. Leouhard, Lorcuzcn, Windischfeistritz, Ober-radtcrsburg, Fridau, Rohitsch, Drachenburg, Windisch-landsberg, Lichtcnwald, Franz, Oberburg, Erlachstein, Tüffer, Gonobiß. 7 Unter 22 Steuerämtern in 1071 Stcuergemeinden mit 384,727 Seelen steht eine Bevölkerung, die f>ch den einzelnen Kronländcrn Kärnten, Istrien, Schlesien und Salzburg inlmerhin numerisch zur Seite stellen kann, um so mehr, als sie im steierischen Uutcrlaude ziemlich dicht beisammen wohnt, in kriegerischer Beziehung das gesammte Regiment Kinsky Nr. 47, beinahe das ganze 9m'e0 Schallthal) bei Murau, Glock-bokengraben (ßlnliulij Tiefengrabcn) bei Hohenwang und Stubing (8lllbnik sänleuartige Felsenwand), 11 Gabernijz s^,ernle» der an der Weißbuche entspringende oder von Weißbnchen umgebene Bach) '/l Stnndc von Kuittelfcld. Gollitschbach (l^nlir am tahlcn Gebirg entspringend) bei Vasoldsberg. Göritz holloa Hügel) bei Lorcnzcn im Mürzthal, Gößnitz l^08„l«il von ffHxit gehen, lanfeu) bei Lankowilz (Ion-l«ni«'H Anthat von wkn, die An), Grauitzcn ssssiu,«. ^woig) bei Obdach, Grasn ijz s^'oxni stark, fnrchter-lich) bei Asienz und Widen (>i«lem M8peeH vj«<;<» SMlk wHilililti) Post hinter Leobcn; ^^owathen 15/l Stunden von Straden; Kuuijz lliUln'ril Marder) Localie bei Aussce. Laascu^^o ^setzen des Bodens) 1^ Stunden von Straden; La-^"ch lliw«» Huftatig (bei Gleisdorf) M Lehm sowie 12 Mca Ilz Lchmthal, Lehnibach :c.). Lafnitz (l^lmiea kleine Obene, lMl strömen) Fluß an der ungarischen Grenze, Bach bei Thalbcrg, und Dors bei Schäfern. Lasnitz, Pfarre bei St. Lambrccht, Gemeinde bei Murau, Fluß im Grazer Kreise, wüste Gegend bei Vor-dcrnbcr^, Va'chc bci Lambrccht nnd Murau, Gcgcndcn bci Vasoldsbcr^ nnd Ncstclbach. ,^ c i b n i tz illl»llll,'il. die Lindcnstadt dcr Slaven»; Lcoden «k'lnw die am Hügel oder BnMnWc Gcleczenc); dcr L c si tz e nb a ch /. Stunde von Weilcherg Spevbev, die Slaven nannten hanfi^ die Flüsse ilach Vögeln); Lipsch bei St. Veit am Vl^an; ^n^itsch llu^ Wald, IlM«8) Gemeinde bei Poppcndorf; Lußitsch Mi«'Abschälcr) bei ?lussec; Lnpitschen bei Leibuitz; Molitsch i'Lrn«n); die I'ei'eu bei Llnssee; Pischt (DkHühncrstall (bei Brück; Plawutschberg bei Graz (eigentlich Mu<', ^it>K, l)0r deßhalb Wotsch, Botsch Heißt die Seite, als Scitenberg odcr zllkvui' Anschwemmung oder Mu5 13^ Eisenwerk); Planitzen (Alpen) bei Mmau; Plesch lftl< ^ kahl) bei Kapfenstein, bei Kitzek (kie, kitsl Sandstein) und Nein; P l e sch n i tz b e r g bei Wölz (volieil Ochscnthal); P lösch bei Ramsan;' Plöö stahl) bei Birkenstem; Podgier <' Felsen) bei Maria Zell; Nadisch i Lustbnchel) bei Pappendorf; Nadnsch (Lnstbnchel) bei Obcrwölz; Netschqraben ln's'ic'l», N'kil Flnß, wl'->'^il«) bei Kapfenberg; Netzen iwl'N'i^) bei Peckau; Netzn ei kll); Rctzhof bei Leibnitz; Rösch itz (i^'js Bächlcin) bei Anssec; Not-schitz (anch Wnrzel in ,'j steil) bei Gstatt; Snkdoll (8uk !i«irk Ausrcnt) bei 14 Peckau; Tregist (toissi^'e, formn, Platz) bei Biber; Tschakathurn (<-Hlittv«,e, Wartthnrm) bei Scheif-ling (8lvel«lk); Ut seht Hal («xkll, Berg kommt in Istricn und Dalmaticn vor) Graben nnd Bach bei Brück; Weinitzcn (vinica in Kroatien Weinberg) bei Gösting; Windischdorf ^/> Stunde von Seckan, 21/2 von Knittelfcld; Wolga (vol^a russisch) bei Bn-schclsdorf; Wo lgamin bei Kainbcrg; Wngitz (vil-Fi«a Goldamsclfcld) bei Eibiswald; Wüschen (vi,^, Höhe an der Höhe) bei Harnegg; Wütschdorf (v«5, d<»5, Anhöhe) bei Waasen; Zebenitzalpc (oolll', ein Klotz) am Grundelscc; Zeitritz bach (?) bei Ernan; das Zclzthal (^eliee Dörflern) seitwärts dem Pal-tcnthale; Ziemitzalpe (/imi^, Nintcralpen) nnd Bach am Grundclste; Zirknih (Kirchthal) bei St. Stefan nächst Siainz, nnd bei Waldcck; derZirknitz-bach (Kirchbach) bei Weinburq; Zlanm (/.Ivm, Bruch oder von 8lome, Nucken, dachstuhlartkgcs Gebirge) am Grundelsce; Zlattcu (Mli, Golddorf) bci Bar-ncck; Ztem bei Pürg (8lona, Felsenwand); Zmölch und Prösnitz bei Kaisersberg (z»i'«8a, Hirse, z»ru8-niee, Hirsenan ; v nl<;lik untergraben vom Wasser, deßhalb nnser Uvlilik) Melling lso wie ans Mpe, Abfall, Wasserfall, das verdorbene Schlapfcn entstanden ist. Selbst Marburg ließe sich aus dem altslavischen Hain der Göttin M,'H (Mm-dol) dem M)H oder MilWH llea der Slovcncn ableiten. Der Slovene war von schlanker kräftiger Gestalt, dunkler Gesichtsfarbe, röthlichen Haaren, arbeitsam. 15 gastfrei, gesitteter als der Avare, friedlicher als der Deutsche, stets mißtrauisch gegen alle Fremden. Die Slovene» wurden durch die für sie ungünstige Constellation ihrer Nachbarvölker die Schöpfer der uutersteic-llschcn Cultur. Der Avare, Franke uud Lougobarde schnitten den Slovenen von allen Seiten die Gelegenheit ab, von Raub uud Plünderuug zu leben; da küßte kr wie Brutus die Mutter Erde, uud sie blieb nicht undankbar gegen ihren fähigen Sohn. Die nralten Weiugcbirge des Unterlandes — irriger Weise den Imperatoren zugeschrieben — in der Völkerwanderung verwüstete Denkmäler rationeler Ureinwohner, spendeten dein Fleiße der Slaven die süße Frucht. Während Prenßen nur «25,000 Eimer Wein cr-^ugt, bringt die steierische Slovenia allein jährlich über eine halbe Million Eimer im Werthe von mehr als 6lvci Millionen Gulden hervor. Hecken von riesiger ^löße sind bei manchen Häusern nicht selten, uud manche dürften dem größten Wcinstock Europas — jenem, der ""! Cumberlandshänschen im Windsorpark 138 Fnß hoch 2354 Trauben für den Tisch der Königin trug, "Hl zu vicl nachgeben. Die Veranda, jene rebenmn-^gene Vorlanbe, welche die Landhäuschen in Italien >" reizend erscheinen läßt, findet sich nicht blos in der futsche« Steicrmark, in den Thälern der Kainach, ^ulm und Laßnitz, sondern auch im Slovenenlande an "" Sottla, Pulskava und Drcmn. Ackerbau und Viehzucht gedeihen nnter der Hand ^ Elovenen und die Sage weiset sogar das Wieder- 16 auffinden, wenn nicht gar die erste Bearbeitung der altberühmteu Eisenwerke am Er^bcrge den Slaven zu. Viele historische Gründe sprechen dafür, daß selbst die Urbewohncr des steierischen Unterlandes, die Pan-nonicr dem slavischen Stamme zngehörten, nnd jenes Nationalgcfühl, welches den Slovcncn vor zwei Jahr-tanfcndcn die stammverwandten Illvrier gegen das Römerjoch znm hartnäckigen Kampfe begeisterte, ist noch immer in nnsercn Slovene» scharf eingeprägt. Kein Volt achtete in alter Zeit die Freiheit anderer Völker mehr, als das der Slaven — nnd doch mußte ihr Name, als sie von den deutschen Ordensrittern massenweise gefangen wnrden, den verhaßten Begriff bezeichnen — Sclaven. Das älteste Slavische hat keinen Ausdruck dafür, denn die Worte: ff<'vch"l uiid cyrillischen Buchstaben übersetzen, nnd 25,000 ^cmplare zu Urach in Wnrtemberg drucken. Ans der ^ciniath gewiesen starb er im Jahre 1.">li.'i iu Tübingen. Jetzt dürften vielen Slovene» die Worte Reformation «nd Lnther wohl so fremd sein, das; wenigstens bei ihnen "U' Grabschrist des Letzteren: Mi'l'll N0<„8 <'< s<»rl« <>l insl'i'lu» ihre Gültigteit verlieren ^üßte. Die Sprachgrenze der steierischen Slovene» läßt sich I,,» so leichter angeben, daß sie nnr gegen Nor-^cn an die Deutschen, sonst nach allen Richtungen an slammvcrwandte Slaven sich anschließt. Der Ge-"'Wzug, der vont Stadl anslaufend über den Peßnitz-.^st hin sich gegen die Mur verflacht, macht anch die ^>l>ch nicht linienmäßig bestimmbare Sprachgrenze, so ""ß die Slovenen nördlich den Gebirgen dnrch die Pfar-^'U Pernitzen, Eobath, Nenlschnick, Kappel, Lcntschach, Spielfeld,' Mstall und Radtersburg, Gamlitz, (dann lcnigs der Mnr) sshrcnhansen von den Deutschen ge-^irdeu wnrden. Ihre Mnndart llähert sich am meisten .^' lllyrischen, serbischen nnd altslavischen, weniger ^ russischen, am wenigsten der böhmischen nnd pol-''lscheu. Weiche Zartheit ist ein Vorzng, den das Slo- '^Ujche nnr mit dem Serbischen, diesem Italienisch nntcr .^' slavischen Idiomen, theilt. Ursprachlichcö Element ^'fcht am Pachcr, tarpathischcs im Stainz- und Peß- nitzthale, bosnisches am Pettanerfelde. Ihrer Tracht nach kann man die Slovenen unterscheiden in solche, die knrze, fest am Leibe liegende, und in solche, welche lange weite Kleider tragen; die Ersteren sind ihrem Dialecte nach mehr mit den südwestlichen kärntnerischen und krainerischen, die Letzteren mehr mit den südöstlichen croatischen nnd ungarischen Slaven verwandt, und gehen auch der Kleidung nach gerne in den Anzügen ihrer Nachbarn, die Ersteren, häufig schon ger-manisirt, tragen ein langes enges Beinkleid von blauer Farbe mit Schnüren verziert, eine Weste, einen blauen oder weißen Gehrock (sukna) oder einen Halbrock (8uk» Mil), und wohnen im Seckancr Sprengel nnter den Dceanaten Marburg, Kötsch, Schlemitz, Mahrenberg, Leutschach, Iahring und St. Leonhard, in einer Anzahl von mehr als 90,000, in der Lavantcr Diöcese von 140,000 — also zusammen von 230,000 Seelen. Die Slovenen mit weiteren Kleidern haben die altslavische Tracht, und zwar entweder lange, weite, weiße Beinkleider und kurze Hemden aus Leinwand in den 17 Pfarren der Decanate Großsountag nnd Luttenberg (559,000), oder knrze weiße, weite Kleider und lange Hemden Mischen Radkcrsbnrg uud Pettau in den Pfarren St. Anton, St. Andrä i:nd St. Wolfgang (4000 Seelen), oder endlich mittcllangc Beinkleider in den Decanaten Pettau und Sauritsch (8000 Seelen). Bei Allen ist der Tornister, die lord«,, ) Krajnei, der Kommnnalnamc der Wenden im ' einstigen Cillier Kreise. Bei diesen einzelnen Zweigen des steierischen Wen-denvolkcs läßt sich i„ Bezug der Kleidung die Regel anfstcllen, die auch ans ihre Sprache anwendbar ist, da die Gorsani am meisten germanisirt sind, die Po-horzani sich im Nord nnd West den Kärntnern, im Süden aber, so wie die Sannthaler häufig den Krämern 21 "ahm,, während alle übrigen am meisten Uebereinstimmung mit den Croaten zeigen. Die steierischen Slaven nennen ihr Land nie Un-tcrsteicr <^w(,„<,), gegen Westen die Kärntner (km'Wch. Anffallend ist es, daß alle jene Klcidnngsstücke, Welche nicht nrsprünglich slavisch waren, anch jetzt noch ln ihren Benennungen Germanismen bilden: als das ^ortnch (turlill,), die Bundschuhe (p,mi,l«l,,Kn, wie ^>e slovakischen Leinwandträger, oder einen blanen ^l"lttel (meten, okvlor, pt^'o) und Stiefel oder Ks-Men («'rez^e, i'jzme). Die Tracht der Weiber erinnert "n die Slovakineu in Turocer Comitat. Sie haben einen Kittel (1il,nM), eine Schürze (preÄM), eine 22 schleierartige Kopfbedeckung aus Musselin oder Linnen (pei'il is pe8kalH all poreMna), an Werktagen ein wollenes, an Festtagen ein seidenes Busentnch (robot vlliliüni, ittlee svilnali illi /illilm), l^ismen oder Bund-schuhe an den Füßen. Die Tracht derPesnisaren unterscheidet sich von der beschriebenen nur durch das lange Hemd, welches bis zum Knie reicht und zrl^na. genannt wird. Die Savnil'ari sind mit dem meisten poetischen Talente ausgerüstet. Sie reden sogar leicht in Reimen. Wenn alte Namen für den historischen Glanbcn entscheidend sind, so dürften wir im Lande der Savnirarcn nnd Mnrpolancen die meisten Anklänge für den Zusammenhang unserer Slaven mit gewaltigen historischen Erinnerungen, ja vielleicht sogar mit dem großmähri^ fchen Reiche finden. Da es erwiesen ist, daß Privinas Moosbnrg im Szaladcr Comitate gewesen, daß dort Hezilo gehanst habe;c.; so finden wir wenigstens keinen inneren Widerspruch, wenn wir Namenklängt wiedergeben, die fast zu gleichlautend sind, um ein Spiel des Zufalls zu sein, wollen uns aber auch nicht zu historischen aftodictischen Meinungen herbeilassen, dcneu Krempl nnd Povoden so viele Ankämpfe verdankten. Die Gemeinden Uadoslavtcn, Koslavöen und Moravian mit der Waldgegend namcn Kocil nnd dem Dorfe Lindoves in der Pfane KleMonntag^mahnen denn doch nnwillkührlich au Ra-dislav, das großmährische Reich, an Kozil oder Hezil? den Sohn Privinas nnd an die Lindoweskirche, welche 2« ^"prani, Erzbischof von Salzburg, der von 840—843 '" viele Gotteshäuser in Priviua's Reiche wsihte, hier vorgefunden habeu möchte. Nehmen wir an, daß ^oslavöen vou Kozil, Fraslan int Santhale, wie man >M von Bratislav gegründet worden, so hat die An-we>enheit der heiligen Cyrill nnd Mcthudins auf nnserem .^den mit all ihren Folgen eine doppelte Wichtigkeit. M diese Anwesenheit erinnerte im Lande der Savui-A"cn noch vor Zeiten eine cyrillische Umschrift an der Gohltehle des Kirchthurms zu St. Georgen an der -Wnz^ An gewaltige Kämvfe der" Slovenen in jener >M niahuen die zahllosen «omilei, (Todtenhügeln) in veil Windischbühelu, um Mureck und Kötsch, die Sagen um Raswcin (NH/l>n^ Schlacht- oder Wallstätte). Die Goröaui tragen Hosen Moe) ans Schaf. .^Hirschleder, blaue Strümpfe, ein kurzes Obertlcid U«l»iy zzii ^Knliilr) von feinem Tuche oder Manchester, schuhe oder Stiefel (8korn^), au Werktagen aber l'» 25 (Hemd), 4»»H Mantel) und bci den Weibern der ^lsso (das Kopftuch) in ähnlicher Form erscheinen. Dk Qba oder der hohe Kopfputz aber mußte schon (ein wichtiger Fingerzeig) in der frühesten Zeit in Unter-steiermark heimisch gewesen fein, denn wir treffen ihn ^ allen Paunouiern, die Poissard nach römischen Denkmälern zeichnete. Wie in der deutschen Steiermart der Hut den Dberthaler vom Untcrthaler (am östlichen Fnßc der ^chwanbergcr Alpen) unterscheideu läßt, so ist dcr Doljane durch den hochgupfigen, der Slovene um ^"dkersburg durch den Hut mit niederem Gnpfe und "^iter Krampe tennbar. Die^Torba ist schon deßhalb nothwendig, weil die^ beider der Slovene in der Regel leine Säcke haben. ^ D Die Leiuwandlleider bei dem raschen Temperatur-" /Achsel sind Ursachen der vielen Rnhrepidemien, die sonders zur Obstzeit unter den Kindern verheerend ""ftreten. Um so manche Gebräuche unserer steierischen Slo-^"en zu verstehen und zu würdigen, dürfen wir bei ^ben nothwendiger Weise nicht die stammverwandten Slaven im Westen und Osten — am wenigsten die ehteren aus den Augen verlieren, und müssen da-'^ nochmals bei den frühesten Erscheinungen der Sla-^", dieser uralt europäischen Familie, verweilen. Auf die Frage, wann kamen die Slaven nach Europa? läßt sich unr antworten, daß sie ganz gewiß 6"ichzeitig mit den Griechen, Eelteu und Deutschen, 2 26 also 600 Jahre vor Christo, hier erschienen. Wären sie erst nach Herodot hier anfgetreten, so hatten die Geschichtsschreibcr einer solchen Völkerwanderung erwähnt; eben so gewissenhaft, als sie der dreimaligen großen Züge der Gallier (Kelten) von Westen gegen Osten erwähnen. Noch zeigen zahllose Worte, wie nahe vor 2000 Jahren die slavische, gothische nnd griechische Sprache verbündet waren. Die römische Be-nennnng Viullnlwim (vom keltischen llo« Stadt, daher noch Bonstättcn, ll80,- nennen. Vor allen wichtig nnd ^Minnig scheinen nns Terstenjaks Forschungen über ^ mythischen Fignren auf Römersteiuen, in denen er l"u nnd klar nur auf steirischem Boden den Cilltuö ^ Hindu, so in Seckan »l'.^nn. aus der Lotosblume Mooren, die Fisch- nnd Löwcnavataren die Vorliebe uu die Lotosblume bei den Latovikerii um Viäem ^c. herausfand. Finden doch wir Deutsche selbst das Urbild aller Undineu-Sageu, der Melusinenmythe :c. im Indischen, namentlich in der schönen Mhthc von tlau^il, der Gattin des Fürsten Protip in der indischen Dichtung : „Fischinas Geburt" :e. Selbst die philologischen Vermuthungen Tcrsteujaks so über die Phrygier — von vrißj -^ üreF Bergbewohner, ihrer Kultur der k)b«Ie mit der Vorliebe für die Zucht der Stuten (kukile), der Gleichklang von Amazonen mit 8HM«^Me — lauter Weiber, vom altdeutschen Ml'eßlU'lu mit dem altslavi-schen uud sauscrittischcu Ne«—Weltall, das Vorhandensein einstiger Hanstempcl in Orten, die mit lein— linslin :c. zusammeugesetzt sind, zeigen sich wenigstens als sehr scharfsinnig. «II. Finden sich irgendwo Erinnerungen an den Helden Radis lav, der im Frcihcitskampfe gegen die Franken gefangen nud geblendet im Kloster endete, oder an seinen noch größeren Neffen Svatopluk, der sein groß-mährisches Ncich von der Elbe bis zur Save, der Theiß bis zu den Quellen der Dräu beherrschte, so dürften sich solche Spnren bei den Sav-nitaren nachweisen. Daß die Gegend um Luttenberg und an der ganzen Stainz zum Reiche Priviuas gehört haben mochte, dafür spricht die Nähe der Moosbnrg, die ur-kuudlich dahin gehörigen Wässer Sulla und Kuesaha (bei Kamscha), die Schenkungen von Otto I. bis Hem- 41 rich IV. Die Lage der Moos bnrg im Salzburger und nicht im Aquilejer Sprengel (wohin sie gehört ha-ben müßte, wenn sie jenseits dem rechten Drau-Ufer gewesen wäre), vor Allem aber das Diplom König Stephan I. 1019 und 1024 für das dem Göttwciher Stifte einverleibte Kloster St. Driani in li>8ula 8a-^ienni abgesehen, daß die Moosburg vorerst nnter b"n Namen'Blatohrad —was doch auf die Nähe des -Plattensees dentet — vorkömmt. Die Umwohner von "l> Thomas heißt man hänfig Sekulorci, vcrmnth-"ch von ihrer Abkunft von einem gleichnamigen Bul-^lenstamui, an welchen selbst noch manche Eigennamen hier (ltnne, lluvmM0 :c,) erinnern. Das Volk ^nnt noch die Reste einer alten Burg bei Lichten eck '" der Kollcs. tll'lllli^i« leitet den Namen Lichtencck >^bst von I^l» dem Stamulvatcr der Polen her, indem "weiter erzahlt, daß von einem festen Schloße (ksarsl?) ^l Krapina drei Helden l!el>, I.el>, Mell ausgegangen ^len, welche die Stammväter der Böhmen, Polen und Hostavitcr wnrdcn. Doch genug der Erinnerungen, deren Ginflechten zur Erklärung so vieler Erscheinungen der Gegenwart verläßlich war. Beginnen wir nun mit den Woh-'lnngen unserer Slovenen. Nur iu der Lage ^ Wohnungen zeigen unsere Slovcncn von jeher ei-!'^ ganz anderen Geschmack, als ihre Stammgenossen '"Nordost. Der Wende liebt es, sich sein Hänschen^ "uf den Gipfel eines Hügels zu scheu, freie Luft, fer-'e Rundschau, ein weißes uettes Aussehen ist ein 42 Vorzng, den cr seinem Anfenthalte nut besonderer Vorliebe verschafft. Und dock dürfte noch an der Sottla in den Gebirgsthälern des Vahor, um Kopreimtz nnd Wisell, eben so in der Kolles und im Felde Manches an die urslavi scheu Baugebräuche erinnern. Wenn Tacitus erzählt, daß die Wohnungen der baltischen Völker meist an Sümpfen mit geheimen Ausgängen gelegen waren, daß die Hütten aus unbehauenen Stämmen bestanden, mit einer großen Stube, in welcher eine Abtheilung für das Hausvieh, die audere für das Getreide und Fntter diente, so dürften mit Ausnahme der Lage noch viele slovenischcn Wohnungen in Steiermark so ziemlich in die Schildcruug taugeu. Nur im Eldorado des Landes, in den üppig reichen Windisch »Büheln finden wir eine große Anzahl von Gebäuden aus Stein nnd Ziegeln, lange vor dem 10. Jahrhunderte, in welchem Rußland das erste steinerne Gebäude durch die Großfürstin Olga erhielt. Unseren windischen Kirchen dienten schon bei der Eiuführung des Christenthmns die Trümmer römischer Tempel nnd Kirchen mit ihren gewaltigen, schützenden Thürmen, wie man sie ans der frühesten Zeit bei den Gotteshäusern Saidenhofen, St. Martin, Kumgnndc ?e. am Pachern sehen kann, als Muster in Materie nnd Form; während in Nußland bekanntermaßen Wladimir l. dic erste Maricntirche noch 991 aus Eichcnstämmen bante. Die allerliebsten Haus' cheu um Reichenburg, Villem, Drachenbnrg aus HolZ/ die Banmstämme braun oder röthlich, die Fugen weiß 43 angestrichen mit den: Trottoir aus Thonerde ringsherum, bilden einen seltsamen Gegensatz mit den sorgfältig übcrschmicrten Lchmwändeu im Dranfclde. Das Aufbewahren des Getreides in versteckten Gruben, dessen Tacitus erwähnt, finden wir noch bei unseren Vcrgslovenen. An die einstige Sitte "er stammverwandten ukrainischen Kosaken in ganzen unterirdischen Städten in Erdhütten (MnIMi) zu ^huen, wurdeu unsere Slovcuen iu nenester Zeit bieder dur^ch die Vrdlöcher und Schlafstellen der Böhmen und lif'en erinnert, die beim Bau der Südbahn verwendet waren. Die Häuser unserer meisten Wenden bestehen, wie jetzt noch bei den Russen, aus einem ^lzernen mit Lehm überzogenen Gebäude, in welchem ^s Kncheuzimmer zur Wohnung für die gauze Familie, das zweite Gemach für Gäste dient. Der Fußboden "Us gestampftem Lehm, der Ofen weiß getüncht, oder bei den Wohlhabenden aus bunten Kacheln, Zaun und Slallnngeu aus Flechtwerk (bei den Polancen »und Doljancen) außer dem Küchellgarten noch ein Gärt-chen (l,l3,,'kH) bei den Russen nur für Gurken uud Melonen; bei uns am Plar uud Pesuitzerbcrge häu-^g; an oder über dem Ofeu eine Schlafstelle, sind eben solche Ailalogien der slovenischen uud russischen ^"uten, als es die Getreideharfeu und Taubenschläge sind. W^. russische Fuhrwerke seheu will, braucht uur 'u die Kolles zu geheu, je uähcr an Obercroatien, desto weniger eine Spur vou Eisen an deu gauz höl--zerneu Bauernwägeu. Die Vorliebe für Reiten und 44 Fahren, die Liebe für Pferde, — das Sichküssen beim Wein haben unsere Doljaucen nnb Haluzancen ganz mit den Kosaken gemein. Die Vorliebe der Russen für heiße Bäder und das erst unter Alezander verbotene Zusammenbaden beider Geschlechter ist bei unseren Slovcnen noch theilweise gang und gäbe. Man besuche die heißen Bäder zu loplioa, Krapina :c. und man wird zahlreiche Familien steierischer Wenden finden, welche, wie die alten Hamaro-bier, Weib, Kind nud Victualien auf dem Wagen mit sich, dort tagelang verweilen, zusammen baden, sich schröpfen lassen und die heftigste Erkältung nach der betäubendsten Erhitzung recht zuträglich finden. Mehr noch als die vielen Tabors im Wcndenlande, dastehend als Denkmäler der gesuchten Sicherheit, in den Tagen der Gefahr, mahnen dicuralteu Erd hü gel^. von Radkersburg, bei Haus am Pacher :c. an die Kurgani — aufgeworfenen Hügel der Kosateu, die von den Mcrthümlern irriger Weise für Begräbnißstätten gehalten wurden, während sie nur als Warten gegen Ueberfälle dienten. Ladet noch jetzt der Russe den Gast auf Brot und Salz ein nud nöthigt ihn fleißig zuzugreifen, so wird auch der ärmste Wcude den Fremden mit Brot und Wein erquicken, und Ulan erinnert sich dabei unwillkürlich au Helmodius, der die Slo-v^u^ll das gast fr eheste Volt anf der Welt u^mi7^^wenu auch mauchc Sitte der Gastlichkeit sich nie bei unseren Wenden in so antiker Form fand, als z. B. noch in der Militärgrenzc der Gebrauch, daß 45 dem Fremdlinge nicht bloß das reinste Bett im Hanse überlassen wird, sondern ihm anch das schönste Mädchen aus der Familie die Füße wäscht. Dafür erhielten sich andere Gebräuche anch bei keinem Slavenstamm so stettig aus der Urzeit, als bei den Slovene,!, so der Glaube, daß 9 eine verhängnihvolle Zahl sei sdie 13 der Deutschen), auf welchen selbst die Puncte an der von Ui'. Robitsch bekannt gemachten, bei Iudenbnrg 1851 gefundenen slavischen Antiken hinweiset, das Achenbrot zu Weihnachten als Erinnerung an den^n^ den 7IeMn"Mott der Früchte :c. ^Das sicy bekreuzen vor den Heiligenbildern, die Sprüche. ^smv^, Nuß pnmz^, «r«"no, sind dem Russen Und dem Wenden eben so gemeinschaftlich, als das Kreuzzeichen beim Läuten und Gähnen, die verschiedene Bedeutung des Niesens ic. Nur in Einem unterscheidet sich unser Slovene wesentlich von den Ostslaven in der Behandlung des Weibes. Ist er auch nicht so rit-lerlich galant gegen seine Hausfrau, als es der deutsche Junker zur Zeit der Kreuzzüge gegen seine Herrin gewesen, so hat er auf der anderen Seite doch auch keinen Begriff für die dem Tataren entlehnte Unsitte, daß die' wahre Liebe erst mit dem öftern Durchprügeln sich einstelle, und nur eine oft von ihrem zärtlichen Gat-^n geschlagene Frau vollkommen den Graupenbrei^^») und die Krautsuppe (8«) zu bereiten verstehen. Auf das Brotbackeu der Hausfrau sieht aber der Wende streng, bei ihm gehört es zur weiblichen Pflicht und Auszeichnung. An die heimische Geschicklichkeit in der Berei- 46 tultg des allbeliebten Methes erinnern nur nlchr die Polstrauer, bei den Russen finden wir ihn durch die unglaubliche Menge wilder Bicncu schou im 9. Jahrhundert gang und gäbe. Die bei den Rnssen im 11. Iahrhnndert allgemein im Gebrauche stehenden Hand-mühlcn treffen wir in der ganzen Kolles, da ist kein Hans ohne die eigene Handmnhle. Das strenge Halten der Fasten haben unsere Wenden nur hie und da mit den Russen gemein, die Verehrung der Rnsscn für fette Personen aber erstreckt sich bei uns mehr anf die Vorliebe für fettes Geflügel, das vielleicht Niemand so gut zu züchteu, so zierlich uud geschmackvoll zu bereiten versteht, als unsere Wendiueu. Der Feinschmecker vergesse überhaupt nicht, welche kulinarischen Genüße er den österreichischen Slaven verdankt, als da sind M böhmischen Fasanen, die hanakischen Gänse, die untersteirischen Kapaunen, die Purans (Indian) der Windischbüheln, die Krebse aus der Dran nnd Knlfta, die Saftwnrste vom Sottlathale, die feurigen Weine vom Pacher und die Pfirsiche von Marburg. Vei den alten Russen durfte das Geflügel nur von Männern abgestochen werdeu, sonst galt es für unrein. Zu den traurigen Parallelen gehört der auch iu unserem Wcndenlande sich völlig russisch verbreitende Genuß des Völker entnervenden Branntweins, freilich nicht in dem Maßstabe, als er bei den weinlosen Nordslaven genossen wird. In Rußland ist diese unselige Erfindung der Araber des 13. Jahrhunderts schon seit 4? fast einem halben Jahrtausend im Gebrauche, bald nachdem selbe Naimnnd Kollns 1290 aus Mahorta unter dem zweckwidrigen Namen il Bei der Arbeit, beim Tanze, vorzüglich Abends in baulicher Moudkühle, hört mau oft von Thal zn Thal öle weichen in ergreifenden Molltö'ncn dahiuschmelzen-"er Lieder der Mädchen, deren Gegenstand Liebe, Tanz, Hcirath, mitnnter anch eine elegische Klage ist. Auffallend erscheint es, daß alle Gesänge des Wenden, sie "lögen Legenden, Kriegsliedcr, Trintsprnche oder spot-^llde Scherzgedichte sein, bis zn den kurzen so beliebten ^roischm Romanzen ans dem Kriegerleben sich durchaus "l Molltönen bewegen, was selbst den fröhlichsten Liedern k'nen Auflug düsterer Wehmuth, aber auch eine eigene Wutung von Erhabenheit nud tief ergreifendem Zauber Abt. Die Strophen sind meistens zweisilbig, die Verse k'uzfüßig, in ihrem Ball leicht und sanft, wie der Cha- 54 racter dcs Wenden selbst. An Improvisatoren bei Hochzeiten und Tanz, bei dem frohen Znsammentreffen der Männer in Kellern fehlt es eben so wenig, als den improvisirten Versen an Witz nnd Lanne. Eine Art attclanischer Spiele findet man in der Weinlese, wo die Prcffer, während ihre Füße thätig sind, die Trauben zu zertreten, ganze Komödien, deren Inhalt meist geprellte Geizhälse, oder eifersüchtige Männer, oder zähe alte Freier sind, mit unübertrefflichem Humor aus dem Stegreife znm Besten geben. Der heilige Urban, der Patron der Winzer, spielt ja selbst manchmal dabei seine Rolle, und wie der Russe noch gerne des deutschen Mönches gedenkt, der 1673 in Astrachan den ersten Weinstock gepflanzt, so ist der fremde heilige Urban uuserer Sloveuen in besserem Ansehen, als der Imperator Probus, der den Weinban in unsern Gauen wohl verbessert, aber gewiß nicht der Erste eingeführt hat. Die Weinlese unserer Wenden erinnert in Manchem an die St. Urbansfeste in Franken, deren ba-chantische Auszüge, z. V. iu Nürnberg, noch lange nach der Einführung der Reformatiou fortdauerten. An der Feistritz um Pcilenstcin und Hörberg ist es gebräuchlich, daß beim Gesundheittrinken mit deut Gläserbodcn wechselweise zusammengeklungen wird, znm Zeichen, daß man sein Glas bis zur Nagelprobe ausgeleert habe. Wo der auswärtige Verkehr weniger die alten Sitten verdrängt hat, leben noch viele herrliche Lieder, 55 die von Mund zu Mund geheu, währeud ihre Dichter laugst vergessen sind. Emsige Forscher in diesem Gebiete sZass, Oroi^en, Ha^uigg) werden sich durch ihre Sammlungen den Dank der Nachwelt erwerben, wenn vielleicht schon die Lieder selbst vor dem rcißeudeu Fortschritte neuerer Cultur nud Sitten verschwunden find, Das; übrigens die Lieder der Weudeu wie dcr Slaveu überhaupt auf eiue uralte Kultur dieses Voltes, die, vielleicht erst mit dem Toben der Völkerwanderung theilweise sank, hinweisen, ist ausgemacht, wie noch jcht die Melodien im wendischen Gesänge, in den zu Grnnde liegenden Molltönen aller Slavcnliedcr, die uralte gemeinsame Familie biescs ungeheueren Volkes beurkunden. Wendischen Nationaltanz gibt es leinen. Der steierische und deutsche Tanz werden mit Leidenschaft, wo nur eiue Geige tont und mit wechselnden Nuancen von Knustscrtigkeit geübt. Während dem Böhmen seine Polka und ReydovaM, dem Polen die Mazurka, dem Unter-Illyrier der Kolo.blieb, wissen wir n»r"fo viel, daß der Wende jeden Tanz mit Freude Mitmacht, die Polka aber iu deu au Kram reichenden Gegenden bei den Bauern ziemlich heimisch ist. Die wendischen National-Iustrumeute sind die Cither l«itr«), die SMmai (zn'i'M lUi pizHl««,), Pansfiöte (arFlwe). Vorzüglich nach der Heumahd oder während ber Lese singen gewohnlich die Mädchen im Chore vor, und die Jünglinge spielen nach. 56 In den wendischen Büheln nimmt das deutsche Jodeln immer mehr überhand. Hänfig verbreiten sich in neuester Zeit die Hand- und Mundharmoniken nnd der Dudelsack. Von der Gnsla, jenem Lieblingsmonochord der serbischen Nationalsänger, findet sich bei den Slovene» keine Spnr mehr, doch deutet Vieles daranf hin, daß es vor kanm 2U0 Iahreu noch ziemlich allgemein war. Dnrchmarschireude Grenzer machten auch nnscre Slovcnen mit den heroischen Gesängen des blinden Guslar, des Ossiau der Bai'ta, bekan,tt, welcher durch das Absingen der Kriegsbegebenheiten von 1848 und 1849 , besonders durch das schölle Lied vou Zichys Schwerte seiue Laudöleutc begeistert uud für die Serben das ist, was im 9. oder 10. Jahrhunderte der blinde alte Heldensänger Bernlof für die Friesen war. Alle altslavischen Instrumente sind bei den Wenden längst schon außer Gebrauch. Iu deu Kirchen hört man fast durchaus gute Chor-mnsit; Geige, Trompete und Vaßgcige sind die Instrumente jeder ländlichen Tanzmusik. Im Sannthale besteht die Tanzmusik meistens ans 2 Geigen, einem Basse, 2 Clarinetteu uud eiuem Hackbrete. Ein Slovene, der Bischof Hatkoujo war es, der in Wien zuerst die Kircheumustt in Aufnahme brachte. Man wnndert sich weniger über die religiös feierliche Weise, die, selbst in den Trink- und Tanzliedern der Wenden herrscht, wenn man bedeutt, daß sich bei diesem Volke Alles ans eine überaus ferne Vergangen-« 57 ' ^eit stützt — deren Sitten auch bei andern Nationen unseren Tagen noch viel näher gelegen waren. Wnrde boch am Hofe Cailöll. in FraAtreich nur W,ch.,de.n_ ^Mtm Davids gewußt, der König selbst tanzte am liebsten nach dein 129. Psalm7 Mas in der deutschen Steiermart die beliebten Schwarzcnbacher, das sind in den wendischen. Büheln ^I^Krcinpeln^ die Sanerbrnnncr; vor Allen aber die treffliche Mnsitgcscllschast von St. Peter am Königö-berge. Vor nicht allzn langer Zeit bcsasj jedes Dorf, Wie die hochländischen Elans ihren Dudelsackpfeifer, bie Walliscr Häuptlinge, ihreu ssaniilicnbardeu hatten, seinen eigenen Dorfgeiger, der bci Hochzeiten, Dresch-uialzeitcn (n Vorsänger der Nusscn um Emoleusk R'. wieder findc». Der Weude hält fest nnd treu an seinen alten Ge-^üuch^,, lizch zy^,^ ^nch hie gewaltige Meichmacherin Mode sich hie nud da besondere bei dem weiblicheu ^^chlechle einschleicht, /o gilt doch noch eiu altwendi-jchcg Sprichwort: „^'asol! lil'r^ ll^iilw^ii/ ^o tew 58 lirex li«8ti (ein Volk ohne Nationalität ist cm Leib ohne Benr):" Die Zähigkeit der Slaven im Allgemeinen bei der Bekehrung znm khristeuthmne ist bekannt, nnr sinden wir, daß die nördlicheren Stammgcnossen nuftrer Slo-venell auch viel später ihrer wilden Abneigung gegen Rom dnrch unmenschliche Grausamkeit Luft machten, so unter Kaiser Heinrich ll. die nenbekehrten Witzen-— die in ihrer Tracht llikeö und k«5,lll ^ in ihren Ans-drücken ?lll<', pn maw :c. uoch viel mit unseren Wenden gemein haben, --- die Witzen also, die so erbittert waren, daß sie 60 römischen Priestern kreuzweise die Hirnschädeln öffneten, nnd sie so lange gebunden fort' trieben, bis sie erlagen, während die Losung der dent-scheu Bauern beim Aufruhr des Müuzcr 1524 und 1525: besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende! mit ähnlichen Sprüchen der Wenden unter Illlk :c. ziemlich gleich lautet. IV. Um über verschiedene Gebränche, Sitten, Aberglauben, Sagen :c. der Wenden zu sprechen, müssen wir einen Blick in die frühere Religionsgeschichte dieses Voltes werfe». Wir wissen, dast die Slaven, wie die Parsen, Dua-listeu waren, wie diese ihren Ormnzd uud Ahriman als gutes und böses Princip verehrten, so die alten Slaveu ihren Lelj uud ^erni L«F (weißen und schwarzen Gott), von welcher Verehrung aber wir in Steier- 59 mark noch vor wenig Jahren kein Denkmal zu finden glaubteu, außer dem bei Videm gefundenen Römcrsteiu: „lmiew N«o l'lmllo IVev«0<< 8umm 8Kv»um", der uns dahin leitet, daß die an der Save herauf wohnenden Panuouier Slaven waren, und die Römer in ihrer gewohnten Toleranz nach ihrer Unterjochung auch diesem bösen Gotte , die Blattern:c. Ido^i (die bei Gott) die Kranken. Die meisten Göttcrnamen gehen auf ^i< aus. Im slavischen Mythns verbindet sich der indische ^rdcnltus mit dcr persischen Lichtverehnmg, selbst das vorkommen mancher Götter in männlicher nud weiblicher Eigenschaft zugleich weist auf indischen Ursprung, eben so finden sich egyptische Spuren. Fürst nnd Priester einen sich gerne im selben Begriffe. Die Milchstraße besteht ans Seelen von Verstorbenen in Vogclgestalt. Jeder Mensch hat seinen Stern. Menschenähnliche Geister waren die Pestjnngfran, Nie-M 2c. MH, Itt»,'«ml<; nnd /lala dadil sind den Parzen ähnlich. l^lUl.T war die Göttin der Liebe, die Män-^uerfrenndschaft, Brnderung, i»<»l»l'iUim08lv0 ist noch im hohen Werthe bei den Slovencn. Die Priester (Fürsten) scheinen sich eines allgemeinen Buches bedient zn haben, ihr alter Name kuio/. grenzt nahe an knixa, Bnch. Peron oder Svjatovid war fnr die östlichen, wie Svjatovid nnd Radegast für die westlichen Slaven "berste Gottheiten. Als ackerbautreibende Völker hatten alle Slaven Naturglauben, daher ihnen IiköH, die Göttin des Früh- 62 liugs, zugleich auch die der Liebe, Marcma, Göttin des Winters, auch die des Todes ist. Die Priester unterschieden sich bei den heidnischen Slaven dnrch langes Haupt- und Barthaar. Die Tempelklcider waren zugleich der Anzug des Götzen und seines Priesters. In den Tempeln wurden kostbare Gerathe, Trinl-höruer, Mesner, Becher ?c, aufbewahrt. Menschenopfer, besonders das Schlachten gefangener Christen, waren gebräuchlich. Wie bei den Germanen die Valledos, heilige prophetische Frauen, eine große Nolle spielten, so bei den Slaven die alten Weiber, daher das Wort llA.dK in so vielseitigem Siuue genommen. Au selbe, als Orakelspcnderinen erinnern so viele Bergnamen: Babenbcrge im einstigen Cillicr Gebiete, An sie die Aussprache der Classiker über die mittn'8 MiwuieH«, welche ans Trompetentönen prophezeiten — daher noch bei unseren Slovcnen das Beachten der Luftstimmen binders zur St. GeorgSzeit. j Die Tauben galten allen Slaven sehr viel und ! von den Slaven leitet man den noch bestehenden Ge-,! brauch in Venedig her, auf Staatskosten deren eine !i große Anzahl ans dem Marcusvlatzc zu crhalteu. Der Kukuk erinnert an die innige Geschv'isterliel-e der Slaven, er gilt fnr das Mädchen, das seinen Verlornen Bruder sucht. Die großen Kuchen waren bei den Slaven sehr wichtig. Bei dem Opfer wurde ein riesiger Kuchen zwischen Volt nnd Priester gestellt und über selben geweissagt. Bei den Menschenopfern wnrde ge< 63 Wohnlich über Knabe» und Mädchen, welche geopfert werden sollten, durch das Loos entschieden. Von Thieren wurde gerne der Pfcrdekopf geopfert, auch Geflügel, Pfeile, Brot :e. Bei den Tempeln hingen an den Pfeilcrn die der Gottheit geheiligten Gegenstände, Sattel, Zaum, Schwert, auch wnrden da bie Beute und Fahnen aufbewahrt. Die Figuren nnd Schnitzwerke waren nach dem Zeugnisse Thictmar's nnd Seifried's bemalt. Jeder Tempel hatte in seinem Umkreise ein Asyl. Erst war das Verbrennen, dann das Begraben bcr Todten; die Seele flog als Vogel davon. Stipa oder Strava war das Todtenfest. Lndute waren die Richter der Unterwelt. Die Guten in der Milchstraße hatten 100 Sinne, jeden für 1W Vergnügungen, die Bösen kamen in das Qnalenreich der Pragoras. Aus dieser frühen Zeit des slavischen Heidcnthums, aus dieser alten Nationalität, in welcher die Slaven-sia'mmc so gut ihre Stam m vcrbrüde r u u g e n hatten, "ls die Griechen ihre silM'li^iu», i'Ä,ll,ell«ni«'0N :c. "ns jener Zeit, wo noch allen Stämmen dieselben Götter nnd Tempel heilig, dieselben Väumc und Quellen verehrt wareu, dieselben Feste gefeiert wnrden, müssen Wir uns so manche Erscheiuuugeu bei den heutigen Wenden in Stciermark erklären, und besonders die Bemerkung machen, daß der Cultus des alteu GottcS dcr Freude und Gastfreiheit — des heiteren Radegast ^- seine fortdauerndcu Spuren iu diesenl Lande zurückließ und noch jetzt den Gastfrcuud, der mt dem Herm 64 des Hauses Vrot und Wein getheilt hat, zu einem Gegenstand der zartesten Sorgfalt macht. Nade gast, der Gott der Freude, der zierliche, der auf einem Fußgestelle von Trinkhörncrn stand, hatte tief im heutigen Deutschland zu Rhetra, dem jetzigen Magdeburg, seinen stattlichen Tempel. Radegast und Kupalo erscheinen oft als identisch. Cyrill und Methudius zerstörteu den Tempel des Svantovit in Wcllehrad um Zwentibald's Residenz. Noch ist bei unseren Slovenen der alte Götze Svanto-vit nicht nnbctannt. Milch, der Licblmgstrank aller Slaven, wurde jährlich im großen Hörne vor dem Tempel des Svantovit geweiht. Zahllose Worte im Slovenischcn erinnern noch an die Verehrung oder richtiger Ehrfurcht vor deu bösen Göttern, so an Verstuch, den Gebieter der Waldgeister, Vrag, deu Gott der Unversohulicht'eit, Slodi, den des Zwanges, Hudii', jenen der Zauberei. Das Fest des 5«lvlliz?il ^lli^il durste au die Morana, diö Todesgöttin, erinnern, deren Feier mau ganz auf dieselbe Weise beging. Betrachten wir vor Allem die Festtage, so finden wir, daßdieHauptfeste unserer alteuWenden mit den großen Feiertagen der katholischen Kirche zusammenfallen , und manche Ceremonien aus der alten Heideuzeit mit kindlichem Gemüthe den späteren höheren Mysterien angepaßt wurden. Unsere Ostern fallen mit der Ve^llH (Auferstehung mit dem erwachenden Frühlinge) v>-8ua aus dem Schlafe erwachen; die Pfingsten 65 'nit den Nusalicn und Weihnachten und Neujahr mit b« Koleda zusammen. Sind cmch die Lieder verschwunden, welche von den alten Wenden bei solchen Gelegenheiten gesungen wnrden, so haben sich doch die Gebräuche erhalten. Die Koleda oder Kolediuca dauert "och vom 24. December bis 2. Februar. Jünglinge ln ungerader Zahl versammeln sich, ziehen von Hans Hu Haus, singen abwechselnd im Chore, und heben da->ur Geschenke ein, Die gesungeuen Lieder sind voll Segenswünsche, voll Frende über die Geburt Christi und die Ttandhaftigkcit des Märtyrers Stephauns. In früheren Zeiten aber mahnte das Ganze an die Atellancn der Alten. Viele Ehrfurcht hat der Wende für stiue Hauptflüsse Dravc und Save. Von sel-bcn erzählt er ciu artiges Mahrchen. Beide Flüsse be-^lvsscn zusammen die Welt zn beschauen nud uahmen ^n Weg gegeu Sonnenaufgang. Die Save entdeckte k'ueu leichteren Pfad, verließ zur Nacht ihre Gefährtin Uud schlich heimlich fort. Seitdem schleicht sie still und ^'nntückisch dahin. Die Drave aber, über die Trenlo-^gkeit ihrer Freundin zürnend, rauscht polternd durch bas Land, um die Save aufzusuchen. Die Ehrfurcht vor Quellen und Flüs-sen finden wir bei den altcn Rnsseu eben so hervor-^'chcnd, als bei unseren Slovencn. Der Name des ^' selbst erinnert an die Gottheit, die Ströme des Hausens (Uon Donan von llu»«.li brausen) gelteu für Mig, die I'j Wasserfalle des Dnjeper waren eben so ^tele Andachtsstationen. 66 Vou Städten ist dem Wenden Graz die Stadt in aller Beziehung, und sein Gradec ist ihm das, was der Grieche unter seinem ^8l? verstand. In seiner Volkspoesie finden wir gewisse Gegenstände, die ihm als stabile Symbole dienen, so seine heiligen Brnnnen, seine Bänme nnd Blumen, die Linde Wa), die Kirsche, die Rose, der Klee, da? Basilicum, der Rosmarin. Spielen doch bei Prozessionen Bnchen nnd Birken eine so wichtige Rolle, wird doch ihr Laub in die Krepps Festons, die so zart nnd sinnig in den Kirchen von der Decke bis zum Boden hängen, eingeflochten. Bei den mmlcki koliUMil wird man noch durch so häusige Zusammensetzungen von Gegend-Namen mit ll»H8t an die alte Verehrung, welche anch die Slovenes für die Eiche hatten, erinnert. Auch ihre Priester, Altäre und Opfer waren mit Eichenlaub bekränzt-Elchenblatter trug man gerne als Amnlette. Voll den Vögeln gelten viel der Falke (sukoß)/ Kuknk, die Dohle, der Nabe, die, Lerche, Wachtel, Schwan, die Nachtigall und Schwalbe. Von vierfüßi-gen Thieren das Pferd, der Hirsch, das Reh. Die Vokkssagen des Wcnven, meist entspringend aus einer reichen Qnelle innerer Anschanung einer änßerst lebhaften Phantasie, sind bisher noch viel zn wenig beachtet, so wie die Gespenster seines Aberglaubens uoch viel zu wenig einer kritischen Benrtheilung gewürdigt worden. Der Wende bevölkert wie der Grieche alle Räume, Seen, Flüsse, Bänme, Wälder nnd Bergt mit geistigen Wesen, er denkt gerne an die morske 67 üokllee (vile) Wassernixen, die im goldenen Zeitalter seine Felder bestellten, und die Saaten beschützten, die nach seiner Sage erst dann verschwanden, als man die Ieitschen erfand, die Garben ans Stangen zu hängen ^lud zu zählen anfing. Besonders schön findet sich diese zarte Sage noch nm das Bad NeuhauS, wo noch alte ^cmdlcute die Höhlen zeigen, aus denen die wohlthätigen Waldfrauen zeitweise zu ihrer Unterstützung kamen, bls Neugierde und Undank die milden Feen für immer verscheuchten. Der Wende schwelgt in den Märchen geschickter Erzähler, da wimmelt es von verwunschenen Prinzesst nen, von unglücklichen Grafen und verbannten Mädchen, die in den dunklen Reihen der Wälder hermn-ttren, oder in unzugänglichen Secpallästen hausen. Untreue Liebhaber wandeln nach dem Tode in Wolfshänten herum, bis sie ein treu liebendes Paar nlb'sct. Merkwürdig ist es, daß, wie in den italicni-schen Komödien, jede Erzahlnng mit einer Hochzeit endet, gewöhnlich der Erzähler mit den Worten schließt: „Und es ward eine lnstige Hochzeit gefeiert, anch ich war b"bej, aß und trank, aber Alles fiel mir auf den Bart, nnd nichts blieb im Ganmcn. (>«>> som W jmoui (seid beide für einander in Gottes Namen). ?I ^lle diese Grüße erinnern unter den Orientalen am leisten an das 8' UoFom, an das Mmillall (in Gottes Namen), das 8r«imo an das entgegengesetzte kusell Die Hochzeiten der Wenden haben viel Eigenthümliches und manchen Gebrauch, um den es leiner symbolischen Bedeutung wegen Schade ist, wenn 3eit und auswärtige Berührung ihn zerstören. Bei ^n Wenden, wie bei den übrigen steierischen Landleu-^n ist es sehr selten, daß Einer Jene nicht heirathct, "le er vorher geliebt' hat; desto häufiger kommt es vor, ^ß Liebende dnrch den Willen der Eltern getrennt werden, daher so viele trübe Liebesgesänge. Gestalt und Vermögen bilden mit dem Fleiße zwar die Haupt-beweggründc, doch das Vermögen behauptet nicht sel-^'U sogar über den guten Ruf den Sieg. Keine Na-tlvn hat von je die Jungfräulichkeit so hoch gehalten, ^ls die slavische. Dem Slaven ist der Begriff Iung-srau (Mvll,, tlevietl.) gleichbedeutend mit Mi»., sein ^UlvK nnd iliviilll sind synoltyin. Die Iuugfrauen-^ürde ist vou je der beliebteste Sanggegenstand heimi-!lhcr Dichter. Nnr die Berührung mit der Fremde h"t hie uud da den Slovenen in dieser Beziehung Abgestumpft. Gerade bei unserit ärmsten Slovenen ist so wie l" Kleinrnßland selten die Nede von einer Mitgift; bei ^n Reichen wird häufig wie bei den Wolgaiern, wo ^e Braut ihrem Bruder abgetauft werden muß, um "le Mitgift gehandelt. Geschickte Handarbeiterinen 72 bleiben bei uns selten lange unvermählt, nur die schöne russische Sitte, daß die Vrant vor der Hochzeit für den Bräutigam ein Hemd nähen mnß, wäre noch zu wünschen. Dafür sind die Slovenen aber auch uicht so im-galaut, als die Ostslaven, bei denen z. B. in der Ukraine noch 1660 die Mädchen um die Burscheu warben, die Neuvermählte zum Zeichen des Niemnrrischwerdens eine heiße Pfanne anf den Knieen halten oder wie um Ola-nezk gar den Kopf durch eiu Pferdekummet stcckeu mußte, zur Probe des ehelichen Gehorsams, /eilin (der ein Weib sucht) heißt Bräutigam uud 8il«Im die, Braut. Der angesehenste und beredteste Mann ans der Verwandtschaft oder ans dem Dorfe, iu Rußland Mi^ilUeli (Marschall) wird von den Wern des Bräutigams ersucht, für ihreu Sohu zu werben ftnn!)iti). Erhalt er das Versprechen, so gehen die Mütter wechselseitig znr Beschau (k' ogMj), sie erknndigen sich um die Vermögensumstande der Verlobten, nm Mehl, Schmalz, Wein, Honig, vor Allem um Leiuwaud, die vou jehel den wesentlichsten Theil der Wendentracht (man sehe die Nömersteine in Pcttau) ausmachte und so wichtig war, daß mit ihr in der Urzeit die gegenseitigen Zah^ lungen geleistet wurdeu; daher plil/iUi zahlen von I)Iiltna die Gesell-lchaft) von Hans zn Hans, um die Gäste zn laden, ^n Einladern werden gewöhnlich die auserlesensten Humoristen des Orts gewählt. Sind die Brautleute "nn, so geht die Braut mit mehreren Begleiterinen, ^'Mandten und bestimmten Krauzeljnngfranen von H'Nls zu Hans uud santmelt Geschenke nnd Glückwünsche. I" A'oße Körbe werden Würste Eier, Mehl, Selch-^lsch, Flachs, selbst Leinwand und Leder gegeben. Di e ^vchzeiten werden meist im Jänner veranstaltet, weil ">u diese Zeit das gemästete Vieh geschlachtet wird, am wenigsten Arbeit nud noch der meiste Wmworrath vor-suchen ist, abgesehen von den Freuden, welche Musik ""d Tanz im Fasching mehr als sonst gewähren. Nach "''tt beim Pfarrer gemachten Versprechen ist das Ver-^"hlungsmahl (Mrnrlii, von /^wi'iti, einhändigen). Bei diesem Mahle entbietet der Brautälteste oder Hvchzeitsdirector (ywr^ina,) der Braut deu Grus; des Bräutigams. Am Hochzeitstage erscheinen die Gäste ''" Hause der Brant, sie wählt zwei Kranzjnngfrauen (^'Mcve« von 8VK im hoch" sten Staate, zu welchem dann der blaue Mantel oft ein Familieneigenthum und nebst ihm ein alter Sturm-Hut gehören. Die Polanzen haben eine besondere Oe> schicklichkeit im Zusammenstellen der Pferde aller Nach^ barn und Freunde, um vorzüglich schöne und gleiche Züge herauszubringen. Reiterei war und ist ja bei den Slavenstämmen von jeher geübt und gebräuchlich, allen großen Festen diente sie zur Verherrlichung. Dreihundert geweihte Reiter waren zum Schutze des Svan-tovit, des vierköpfigen Gottes des Lichtes uud del Jahreszeiten, bei dem prachtvollen Tempel zu Arkona auf der Insel Rügen. Heilige Pferde dienten zulN Wahrsagen. Die russische Sitte, zu Pferde zur Hoch' zeit zu kommen, und auf dem Wege über brennende Gkohbüfche zu setzen, war vor einigen Menschenaltern 75 bei den südöstlichen Slovenen noch wohl geübt. Der blaue Familien-Mantel bei mis erinnert ganz au den '^ochzeitskaftan, der bei vielen rnssischen Familien eilt Erbstück bildet. Trägt man bei nns besonders um ^ettan nnd im untern Dranftlde farbige Tüchcln dem 'Vochzeitszngc vor, so ersetzt mail sie bei den donischen Kosaken dnrch gestreifte UnterNeider. Nach der Traunng geht die Braut hinter den 'lltar, wo sie die Beistände abholen; nnu wandert .^ Zng in eine nahe Schänke, wo ein kleines Früh-^ück (Mahl) gehalten wird, bis zu Hanse alle nöthigen ^orbereitnngcu vollendet wnrdcn. Aln Kirchplatze und ^'ll Enden eines Dorfes, durch welches die Braut ^hi, sind Körbe aufgehangen, in welche man tkine ^rotlaibe Melia pojzH«'« l^lll) legt, welche die Kinder ^'s Dorfes unter sich theilen. Nuf dein Heimwege ^urde in früheren Zeiten gerne am Kreuzwege getrun-^, auch trugen die Braute nnter dein Gürtel häufig ^n Stück Seife und Eschenholz, mn sich vor Verderben 'U beschützen und den Mann nnter den Pantoffel zu ^Mgen. Im Hause der Braut wird die Hochzeit ge-'^elt, welche meistens drei Tage dauert. Bei Man-^en herrscht die Sitte, daß die Braut bei ihrer An-^nft am Hause des Bräutigams Thüren und Fenster ^schlössen findet und wenn sie anklopft, mit dumpfer ^ge von innen empfangen wird: „Wer ist draußen?" '^ -auf der 8tg,le8iim untwortet: „Die Braut, die heute ^ Altare Gottes die Erlaubniß erhalten hat, in dieses H^us einzugehen mit ihrem Gefolge." Die Stimme 4* 76 von innen fragt weiter: „Wird sie treu, fleißig und wirthschaftlich sein?" worauf das ganze Gefolge antwortet: „so Gott ihr beisteht." Nun öffnet sich die Thüre und die Braut zieht ein. Die Sitte, auf dem Wege vor der Kirche Stroh zu verbreuueu, um die böseu Geister zu vertreiben, ist so wenig mehr im Gebrauche, als das Darreichen des Hansschlüssels aus einem Teller au die Braut, nm so die Uebergabe der Wirthschaft anzuzeigen. Wohl aber werden hundert verschiedene Vorzeichen während der Trauung beobachtet, auf die mau viel Gewicht legt. Regen bedeutet Reich-thum, gleiches Brennen der Kerzen lange friedliche Ehe, Spritze» derselben Zank und Hader, Schmelzen der Wachslichter Kummer, Gntferntstehen der Brantleute, Lieblosigkeit. Bei der Hochzeit selbst geht es lustig und munter zu, und Speisen und Wein werden auch bei den Aermsten nicht gespart. Die Druibanj wetteifern mit dem Baßgeiger in ergötzlichen Scherzen; Musik, Tanz, Gesundheiten und Lieder überbieteu sich iw bewegten Wechsel. Nur die Brautleute esseu meist wcuig uud sitzen dem herkömmlichen Decorum gemäß einsilbig da, so wie bei deu Russeu die Braut voM Hochzeitsbrote (ka^vais) uicht kosteu darf, ohne die Liebe ihres Mannes zu gefährden. Steif uud lang" weilig wie eine Bauernbraut am Hochzeitstage gilt nicht bloß bei den Deutschen, sondern auch oei dck" slovenischen steierischen Landleuten. >,',, -- ,„. 17 Eine lustige Seeue gibt die Flucht der /nvsin mit ^r ßiliÄnca. Die ^jkÄnoa gehört eben so sehr zu ben wendischen Nationalspeisen, als die Talken zu den böhmischen. Sie bildet einen großen flachen Kuchen aus dünnen Teigblättern, Käse und saurem Obers, bkr auf einem langen, runden, mit einer Handhabe besehenen Brete s!l'lm,io U0«<>!< durch den Titasef, eiu schwarzes Marderfell, gelöst werdcü, der Kosake inußte seine Geliebte am Freitage vom Ta«.^ platze entführen, nnd mit dem Tode büßen, wenn er binnen 24 Stunden ergriffen wmdc; was bei de" 79 ftuher erwähnten Raskolnikeu in der Bufovina bis auf unsere Tage geschah. Die Südslaven hielten ihre Weiber streng wie Mägde, aber eheliche Trcnc und Keuschheit waren angeborene Tugenden. Der Gebrauch ber Suttins in Indien (das freiwillige Verbrennenlaf-seu der Witwen nach dem Tode ihrer Männer) scheint auch bei unsern Sloveninen allgemein gewesen zu sein. Wenn anch jene überspannte Anhänglichkeit bei den Unsern schwand, so schlich sich doch nie die unzarte Sitte der Stammgenossen ein, die z. B. dem Bräuti-Am in Moskau noch im 1mlo), vv» dcr Hinfälligkeit alles Irdischen spricht, blc Hinterlassenen tröstet und deu Leichcnzug zum Fried-Hofe anfüh't. Nach dem Begräbnisse verfügen sich die Verwandten in das Hans des Verstorbenen, wo nach ünzcm Gebete ein langer Schmaus folgt und eiu Zechgelage die Ceremonie schließt, nicht unähnlich dem lu-^igen Treiben schmetternder Musik, mit welchem die Krieger von dem Begräbnisse eines Kameraden zurückkehren. Dcr Name dieser Gasterei, 5le«k, erinnert "n ihre Abstammung ans dem alten Hcideuthnme, ans ^r Zeit, wo sich erst am siebenten Tage die Verwanden im Hause der Verstorbenen versammelten, nnd bekränzt unter Jubel und Gesang zechten uitd schmausten. Bei Leichen findet man alte. Weiber, die sich im ^lchenhausc gerne gütlich thnn, um daun desto mehr beim Begräbnisse zu klageu, gerade wie die bezahlten Klageweiber bei den Römern oder die bezahlteu Iubel-"t"ttner <>vu (das Wort) herrühren, und sie vielleicht nicht "hue hohen Natioualstolz sich kluveuej (Redende) im Gegensatze zu den Deutschen (Wmri, Stumme, Fremde oder Ausländer) geheißen haben. Wir zählen noch kaum 84^ drei Deccnnicu, scit die Literatur der romanischen und germanischen Völker, jener der slavischen dieselben Rechte einzuräumen begann, welche das slavische Volk in der herrschenden Völkertrias v>,'n Enropa einnimmt, kanm anderthalb Dcceunien, seit die steierischen Slovenen unt nnd ohne ihren benachbarten Stammgeuossen mit wissenschaftlicher Vorliebe ihre Sprache literarisch zu benutzen eilen, vor Men abcr, seit sie znr Einsicht kamen, daß Zersplitterung nnd Sectirerei in der Literatnr so wenig als überhaupt im Lebell zu Kraft nnd Stärke führen. Wir wollen versuchen, das znsammcn zn stellen, was für nnd durch Sloveneu geschrieben nnd geleistet wurde, nud insbesoildere bei dein verweilen, was der Lesewelt bisher zum Theile weuiger bekannt sein dürfte. Die gedrängteste Belehrung über die Geschichte der slavischen Sprache und Literatur gibt in neuester Zeit das 1852 von Talvi in Leipzig herausgegebene Handbuch, in welchem leider nnsere Wenden ans 0 Seiten abgefertigt sind. Vielleicht die wenigsten Slaven wissen, daß gerade ein Slave der erste Europäer war, dein in China auf Staatskosten ein Denkmahl errichtet wurde (der russische Arzt Josef VVuiljellUV8k> 1829). Sprache und Literatur der Sloveueu mögeu hier eine bescheidene, wenn auch nicht genügende Stelle finden, bei der wir nicht umhin können, anch das hineilt zu ziehen, was bei den allernächsten Stämmen in Kram, Kärntheu und Croaticu entweder durch oder für steie- 85 rische Sloveucu mit allgemeiner Theilnahme geschrieben wurde. Wir müssen bei den literarischen Anhaltspuncten ^ unserer Sloveueu natürlich mehr auf Agram, Laibach und Klagenfurt (dessen Seminar-Bibliothek allein bei 300 slavische Werke zählt) als älteste, Sitze slovenischer Literatur als ans Gratz, die Hauptstadt der Steiermark, Rücksicht uehmen. Waren es doch vor gerade 300 Jahren drei Männer, welche fast für immer die krai-uische Grammatik die älteste Schriftbasis Unserer Sloveucu rebelten: Trüber 1550, Dal« watin 1578 und «o^»»»ir 1581. Werfen wir einen Blick auf die ältesten grammatischen Leistnugen der übrigen Slaven, so finden wir lvir »nsere Sloveneu der Zeit noch ziemlich früh auf biesem Felde thätig. Die älteste slavische Sprachlehre ^schien 1596 von Xi/.iwiil in Warschail, das früheste Ulssischc Wörterbuch 1627 von ««'i'gul' in Kiew, die ^ste böhmische Sprachlehre von ttcn«5l> 153^, während !"nderbarer Weise Böhmen schon 1309 nicht weniger "ls 7 Wörterbücher, 1476 schou eine gedruckte Ueber-" Wing deS trojauischeu Krieges, gleichzeitig eiue Menge ^lanisch-agricnltorische Werke, z, B. 1447 eines über b"s Inocnliren der Obstbäume besaß. Trüber gab zu-^'st in Tübiugen, wo der Herzog Christoph von Wnr-tw.berg die erste slavische Druckerei errichten ließ, 1555 bas Evangelium Matthäus, 1557 das gauze neue Tc-"^llieltt herans. Er starb 1586 als Pastor und un-^ ^"scheidet sich in seiner Rechtschreibung voll Dalmatin^ 86 Der Laibacher Ilul»u,l5, ein Schüler Melanchthons, gab 1584 seine slovenische Grammatik heraus, die nun bereits zu dc» bibliographischen Seltenheiten gehört. Aber gleich nach diesen Manner» treffen wir schon einen Steterer, der nm die Literatnr nnsercr Slovcnen sich hoch verdient machte. Sebastian Knrler, der z zwei nnd dreißigste Propst von Seckau, von 1589 bis h 1619, war ein ausgezeichneter slavischer Kanzelredner, z der oft in GrG und Witscheiu predigte, desseu slove-i nische geistliche Schriften aber leider 1782 dci der Aufhebung des Stiftes Seckan verloren ginge». In der nachbarlichen croatischen Murinsel waren ! zur Zeit der Reformation zahllose slovenische Postilleu l und Katechismen besonders dnrch den talvinischcn Pastor Uillil llukik zu N«si»k<>2 verbreitet. Ein ganzes Jahrhundert daranf finden wir keine Spur litcrarifchcr Thätigkeit ans diesem Boden, bis der 17Nt verstorbene Panl von Vi < e ^ uvi«ll wieder aneiferte für geistiges Lebcu. UN2 erschienen in Gratz einige slvvenischc Evangelien und Gpisteln, 171i> in Laibach dnrch den Kapuzmer Pater Hypo lit eine nene Ausgabe der Grammatik von Uulwm', auch ein Wörterbuch, das aber im Manuscript blieb. Einer der fleißigsten Slavisteu war PaterVeru-hard von Marburg, Kaftnziuer iu dieser Stadt, desseu wichtiges Manuscript von 1760 l1i«<> heraus, 1811 eine slovenische Grammatik?c. Er war der Schöpfer des nationalen Liedes. """"Zu den schönsten Hoffnungen literarischer Leistungen berechtigte p limit!, Professor dcr slovenischeu Sprache in Gral;, der aber leider schon 1814 im Wahnsinne sein Leben eudete. Volkmer starb in ziemlich hohem Alter 18i/als Kaplan zu St. Urban bei Pettau, l5r war en/aus-gezeichneter Erzieher, der wie der noch lebende Pfarrer Zlucher zu Witscheiu die trefflichsten Taleutc aus der Landjugend hcrauszufindcu und auszubilden wußte. Er übersetzte die meisteu Fabeln in das Slovcnischc. ?u-v<»l!«n Simon, der fleißigste und eifrigste Sammler, dem leider nur die historische Kritit maugelte, war bei Witscheiu geboreu. Cr war Archäologc, Historiter und Mitarbeiter an deu Wiener Jahrbüchern der Literatur. Er starb hochbejahrt als Beueficiat in Pettau im vorigen Decenuio. Seiue fostbareu historischen und archäologischen Schriften, darunter ein Lesebuch dcr Geschichte vou Pettau, vermachte er theils dem .luiMlX'u, theils der Decauats-Bibliothck in Pcttau. Sind wir auch nicht so reich an slavischen Literate« als z. B. Rußland, das 1822 allein 350 lebende slo-venische Schriftsteller meist von Adel zählte - ein Blick auf die Entwicklung der Behelfe der Literatur 89 der steierischen Wenden dürfte denn doch hier "n rechter Stelle sein. Wir haben: Sprachlehren von Iloiwiu 1584, ?. Hppolit 1^91, Popovi«', Knmcrdi, Vnv<' p,i«!<'lli«>. So sind qewiß die Keime Listiger Bildnnq nnseren Wenden in ihrer Mutter-lprache geboten. Die herrliche ki'iliilkkil »'l,«le.T erlosch leider ""ch einigen Jahrgängen; ob daö dnrch Km'«le3 angelte slovenische Theater in Laibach zmn Leben "wacht, ist eine Frage. Das Vorbild slavischer Dra-Watik liefe, ten indessen schon sehr früh die Theo-^ssen zn liion, die anf ihren Reisen die Hinrichtnnss 99 des Hainan, die drei Knaben im Fenerofen lc. aufführten. Dechant.Ikklin, ein gründlicher Slavist, starb am 23. Juli 1847 zn Lnttenberg. In Laibach erschien 1839 die gemüthliche ßi e dersammlung von 8l>«,«el und li n r l^li <». Eine i llyrische Karte Oesterreichs haben wi/von lN^nll« 8e^ml. — lll. Kulevlll in Verbindnng mit dem Pfarrer liKUlljk»? arbeitete 1847 an einem kraincrisch-dentschen Lexikon. Professor kttkiäk in Klagenfllrt an einer Geographie, kuze^ k^ übersetzte Schillers Jungfrau von Orleans und andere classische neuere Werte. 1847 starb der Domherr L«,iK«l Klkilik, ein besonderer Beförderer der slo-venischcn Litcrawr. Mehr Verbreitung verdienten dnrch Inhalt und For,n des l'iUll Vj^/^vi,' (ans Zeng) Nllllil^il^e HlFelslik (Thaten Zrini's Ugram 1836), ferner von Andreas klipif'. Uikk iu l>0«l U(lniiU«l.jil, Schicksale des I. croatischcn Regimentes, das 180N französisch werden mnhte. Urban Iarnik, geboren am 11. Mai 1784 bei pulukll, in Karnthen, -Z-I I.Iuui 1844 als Pfarrer von Mtlw ^l'llll Moosbnrg); nnter vielen anderen gab er 1832 ein Etymologiton der slavischen Mundarten Inncrösterreichs heraus. Die Volksschriftcn fuhren nns nothwendiger Weise auf die slavische Iugendbildu n g und somit auf die verschiedene Schreibeweifc der Slovenen, von welcher wir nns zn den jüngsten Erscheinungen im Ge- 04 biete der slovenischen Literatur und Journalistik wen-ben wolleu. Das slavische Schul w c s o n uinfaßt iu der "avmtter Diöccsc 11 Schnldistricte mit 125 öffentlichen Ober-Lehrern, ohne den Gemeinde-Lehrern; iu drunter führen in Ancrl'ennung ihrer Leistungen 'den Titel Mnsterlchrcr. In der Ecckaner 9 Schnldistricte nnt 90 öffentlichen Ober-Lehrern, zusammen 2!t Di-stritte mit mehr als 2s>0 Echnlrn. Empfehlenswerth a ls Schul b ü ch c r wären die Uavischc Grammatik von Vu«lkli, die ganz angemessene deutsche Sprachlehre (in slavffchcr Sprache) von 1838. Ganz Steiermart hatte bis 1849 nnr eine Lehrkanzel für slavische Sprache in Gratz! Beinahe Niemand war f>ir den Unterricht in der Muttersprache snr die Slo-^nen thätig, als die Geistlichen. Als freundliches Must er stück einer morali-lchcn Erzählung erschien 1842 von 8lumz«k: «lil^ ill !><.'/,'/«,. Noch wichtiger in den Händen des Kolkes dürften die seit 1846 von ihm und später von bcm würdigen Äbten zn Cilli, Herrn VlxNl^k, her-"ltsgogcbenen Usolili,»«« werden. So inannigfaltig noch die Schreibweise der Slo-^cnen ist, ^ stimmen doch die Meisten für die sogenannte illyrische, besonders finden das x als weiches 8, "/ls sch^nfts 5i,'l, und das 5 als l8«l, imuler nlehr "ttfall. Vor nnd tnrz nach der Reforlnatioll finden ^ir cine wiudoslovenische Literatur in Illyrien, neben "er llnabhängig im 1Ma in Prag, welche 1853 über 4000 Mitglieder zählte. Das große deutsche illyrische Wörter-l bnch von l)r. llxkievlö nnd Prof. MlurgM hat noch ^! wenig Eingang in Steiermark. Weit entfernt von ei- 93 ner allgemeinen südslavischen Schriftsprache sind wir noch dnrch die Indolenz der türkisch-slavischen Provinzen, die Opposition der Serben gegen die organische Rechtschreibung nach «'echischem Vorbilde. Croatisch-illyrische Literatcn von Einfluß auf Stciermark sind: l^j, l^lmler, kuklllMvir, Vl^, liHliovili', ?illi, kl ist der rasche Aufschwung der lllyrischen Literatur im naheu Croatien, besonders für bie Bewohuer des uutersteu Marburger Kreises, weit kräftiger aber greift das deutsche Element, gerade seit ^n letzten 10 Jahren nicht bloß unter den Slovencn bes obern Marburger Kreises vorzugsweise unter den intelligentesten und wohlhabendsten derselben den Win-bischbühlern, sondern auch selbst am Pachern, au der ^anu und Save um sich, und vielleicht bei keinem Volks-'tamme der großen Monarchie wird mit jedem Tage 94 ' der Grundsatz: Ein Gott, Ein Kaiser, Eine Regierungssprache, mehr herrschend als bei unseren Slovcueu. Viele Verbreitung fanden die Schriften von Krem pol, geboren 1790 zu ?oliil»«lk im Gau der 8iNni<Äl zu Poniggl in Steiermark, früher Pfarrer zn Salden-Höfen, unn Fürst-Bischof von Lavant, also eigentlicher Bischof der steierischen Wenden. Geistlicher Schriftsteller, musterhafter Prediger, Verfasser eines Wörterbuches in Slovenischer :e. klnm^k ist seit 1846 anch Verfasser von 8lernil M /ivlcnj« (Seliger Lebensweg), kva«Ml.jil 8velM luAil«, (Glocke des heil. Evangeliums), Ula/e v 5«li (Nlasins in der Schule), «ruMinee (Brosamen), (erschienen zncrst 1846 Seiten 286). Die vier slavischen Hanptsprachen: Russisch, polnisch, illyrisch nnd böhmisch sind ihm gleich geläufig. le l'8t«ll.jkk Navorin, geboren 8. November 1817 zu St. Georgen an der Stainz in Steiermark, Professor der Religion und bis 1853 der slovcnischen Sprache am Obergymnastnm in Marburg, früher Ooo perator zu Schleinitz und Pettau, Seelsorger zur Zeit des Typhus im dortigen Militärspitalc, init dem Verdienst-Kreuze geziert, seit Jahren beschäftigt mit dem Studium der Wenden, ihrer Sprache, Sitten, Ge-bränche, Alterthümer, ihrer Parallelen mit anderen slavischen Voltern, läßt für die Folge als scharfsinniger, mit Unparteilichkeit, strenger Kritik und doch warmer Vorliebe für seinen Stamm ausgerüsteter Forscher, durch seine Genialität und Gelehrsamkeit, als Lyriker, 97 Archäolog und Historiker imr Gediegenes und Großes "warten.' 31 urktt, geboren 28. Juni 1809 zu St. Rup- -.„recht in den Windischbüheln, Dcchaut zu SanritU, Verfasser einer einfachen Sprachlehre und eines schr brauchbaren windisch-deutschen und dcutsch-windischcu Wörterbuches. X k sf G eor g, geboren 13. April 1814 zu Dreifaltigkeit in Windischbüheln, Coopcrator in Frauheim, ch'rigst beflissen, die schönen gemüthlichen Lieder seiucs Kolkes zu sammeln, und ein vergleichendes Wötcrbuch Unt Nachweisuug der Verwandtschaft wcudischer Wörter und Redensarten mit den übrigen slavischen Dialecten zusammen zu stellen. Im zweiten Heft V. Jahrgang 1847 der Jahrbücher für slavische Literatur ist der Entwurf eines gesammt slavischen Alphabetes auf launischem Grunde nach den Ansichten eines Südslaven bon /Hss entwickelt, 18 enge Seiten stark. Xlllt ist öes Sanskrites vollkommen mächtig. Zum Petrarca d" Slavcucu schieu der Genius der Dichtkuust cineu d" edelsten Unterstcirer 8lilnli0 Vrax, geboren 1819 M v. Aag'wviö (1-1569), dcn drei liul'llHimvöks, dem gekrönten N>l««xki :c. Seine Viblio-j'^thek vermachte er den vaterländischen Mnsenm dcl ^Stadt Agram, in welcher er auf dem St. Georgs z! Friedhofe ruht. Kein Slovene wandere ohne Grnß ain «Grabe des Gefeierten vorüber! Bevor wir eine chronologische Aufzählnng unsew' slovcnischen Literatur weiter versnchen, geben wir nur einige gedrängte Andentnilgen ans den über die ältesten dcn Slaven gemeinsamen nnd so mit kostbarste" lit erarischen Antiq uitäten bereits erschienenen Schriften. 99 Kirchensl avisch ist die ehrwürdige Mutter aller slavischen Literatur und zur Zeit des Methndius und Cirillus muß die slavische Sprache in der That bereits eine hohe Stufe der Bildung erreicht haben, Weil es sonst nicht möglich gewesen wäre, den fremdartigen Gottesdienst des Christenthums so rein und nchtig in das Slavische zu verpflanzen, daß man seine 'ldhaltung iu selber verlangte und erhielt. In der Bulle, durch welche Papst Johann Vlll. den Slaven im I. 800 das Nccht ertheilte, den christlichen Gottesdienst in ihrer Sprache zu feiern, wird ausdrücklich (in epistol«. Ml» M0N8« Fonii lnMHtione llel'imll. lertia) ein Priester Constautin als Erfinder bcs slavischen Alphabetes genannt. Slavischkatholischem Gottesdienste konnte man »och in jüngster Zeit alle Morgen in der St. Thomas Kirche bei den Franziskanern in lliM) ll'l8lsi», beiwohnen. Den Männern also, welche das Alt- und Kirchen-slavische zugänglich machten, kann Mit- und Nachwelt uicht dankbar genug sein. Es ist ein großer Triumph lnr nusere steirischen Slovene», sich in den Reihen der ^Priesensten Forscher der Neuzeit würdig vertreten Zu sehen. Die ältesten Werke slavischer Literatur bestehen '"eist in zerstreuten Volksliedern und in den Bibel üb ersehnn gen des Cirill nud Methndius in einer Mundart, wie sie den Idiomen des alten Pan-uonicn zwischen der Raab, Mnr, Dräu und Save am uächsten kommt. Jene Apostel scheinen diese Mund- 5" 100 art in ihrer Vaterstadt Thessalouike, wo miter Kaiser Michael III. fast die gauze Bevölkerung slavisch war, erlerut zn haben. Beide Brüder waren aus edlem Geschlechte, Cirill lwic oben gesagt Konstantin) starb am i:i. Februar im Jahre 8N8, vierzig Tage uachdcm er vom Papste Hadrian zum Bischöfe geweiht worden war. Bei den griechischen Slavcu siud die Kirchenbücher noch immer das wichtigste. Das älteste slavische Sprachdenkmal ist das Evangelium von l^lrmnir 105N, die erste vollständige slavische Bibel das Moskauer Manuscript von 1499. Die Moskauer Kirchcnbibliothek bewahrt allein über 700 altslavische i!0lli«l'8. Die Böhmen haben für ihre Archäologie eiue» Ünsim'k uud ll<,l)l-5 j s. Wie die Brüder Grimm für die deutschen Sprachforschungen bis auf das Gothische zurückgehen mußten, so die Slaven auf die Kircheubücher, aber nur wenig? der letzteren siud iu Handschriften im alten Idiom vorhanden, die meisten wurden uach deu Voltsdiatectcn verändert, iu die sie übergingen. 1836 gab lvoMlr die LlllFoMa <'.lo«ziUl,l8 heran? sammt einem dazu tauglichen Vm^liulkl; ssliklo^jl' aber 1845 iu Leipzig die Iliu!il't'5 lin^m« »lovsilil'H«' v^issi^ 6i«T!<><;ti uud 1849 in Wien: l^xirull lil,!;«^ xlovl'nil'l^ vleri8 ällUl'ell mit mehr als 18,000 Wör-lern, viele in Formen, die bis iu das 10. Iahrftun- 101 dcrt zurückreichen; als Quellen führt cr 27 handschriftliche und 26 gedruckte an. l)r. Franz Ulkl^i«', am 20. November 1813 geboren in Luttenberg, angestellt an der Hofbibliotyek in Wien, studirte in Marburg und Gratz, wo cr im Jahre 1836 die Lehrkanzel der Philosophie supplirte, bewies seine Kenntniß des Mslavischcn und des Sanskrites. Anf 22 Seiten gab cr 757 Zeilen aus einem l'mkx aus dem 11. Jahrhunderte, der in der Laibacher Bibliothek sich befindet. Wichtig sind die angehängten 1847 folgte von ihm ein altslavisches Lesebuch mit ^slavischer Lautlehre: Vilil« 8lM«t0r«m ex 6nil;o 54 Seiten. Aus der Wur-zcl des Sanskrit entwickelten sich die 3 Acste, die slavische, deutsche uud griechische Sprache — die nebst bcr lateinischen dnrch ihre 3 Geschlechter auffallen. Nach ll«lir zählt das Altslavische allein 1605 Wurzelnden, hat keine Doppellaute, und so wie später alle slavischen Worte kein f. Selten fangt eilt Wort mit einem 4, fast nie mit k an. Wir dürfen zum Troste der Slaven nicht gar so vergebens nnter den s.imolien (kostbaren Schaustücken) der Bibliothekeü zu Wicu, München, Paris :c. nach seltenen alten slavischen Büchern snchcn, war doch das kostbarste Bnch, das bei der Krönung der französischen ^"nige zn Nhcims im Gebrauche war, ein slavisches, klnden sich doch jetzt uoch in der Uuiversitäts-Bibliothek Hu Krakau alte Handschriften der Wolgarcu (Bulgaren) 102 neben dem Manuscripte über den VnarÄowskf (polnischen Faust). Es ist nicht zu bezweifeln, daß gerade in den überreichen Bibliotheken Oesterreichs noch ein ungekannter Schatz nicht bloß altdeutscher, fondern auch slavischer Handschriften verborgen liege. Befindet sich doch das älteste polnische Schriftdenkmal (ein Psalter aus dem ^.Jahrhundert) in der Stiftsbibliothek zu St. Florian bei Linz. 1846 gab Hanka, Bibliothekar in Prag, der 181? die Königinhofer Handschrift entdeckte, das Nheimser Evangelium heraus. Es heißt Sagavc Evangelium, weil der cirillische Theil vom hl. Prokop, Abt von Sagavc, eigenhändig geschrieben ist. Kaiser Carl lV. schenkte es dem Kloster Emaus, wo der glagolitische Theil beigefügt wurde. Das ganze Buch war in Gold, Edelstein und Reliquien gebnnden. 16. October 1419 stürmten iizli»8 Hussiten das Kloster Emaus und nahmen unter anderer Beute auch dieß Buch, das 40 Jahre im Besitze einzelner Hussiten blieb. 1546 brachte es ein Kostbarkeiten-Händler zum Concil nach Trient, wo es der Kardinal von Lothringen, Erzbischos von Nheims, erstand. Hier nntcr den Krönungsfchätzcn erkannte es 1717 Peter der Große zuerst als slavisch-In der Revolution wurde es seines Schmuckes beraubt, endlich von einem Nnssen?»rß«ll^v entdeckt. Glagolitische Schriften befinden sich auch in der Baron Zoisischen Bibliothek in Laibach, darunter von 1750 ein glagolitisch geschriebener Briefwechsel zwischen kaiserlichen und türkischen Grenzcommandanten. io:>. Der glagolitische <'<><> ox dcs Grafen Kltt / ist von größter Wichtigkeit für den Beweis, daß die glagolitischen Schriften viel älter, als aus dem 13. Jahrhunderte seien; denn ans dem 12. Iahrhun-^ berte fand sich in Macedonien eine solche Handschrift ^- Ncden des Gregor von Nazianz. Ein Psalter von 1220 wird dem hl. Hicronymns zugeschrieben. Im Pariser Coder vom 10. Jahrhunderte ist ein glagolitisches Alphabet als Vlieeiniuemn IlilFMi<«m. Nach Kopitar war das Glagol das bürgerliche, die Kliilie« das Kirchen-Alphabet. Es war im Jahre 1830, daß Kopitar in der Vib-lwthel' dcs Grafen klux in Tirol glagolitische Mann-scripte ans dem 11. Jahrhunderte entdeckte. Er gad sie 1836 in Wien herans nnd weist in ihnen als herrschend den alten slavischen Dialect unseres Landes nach. Das erste gedruckte Meßbuch mit glagolitischen Vnch-slaben ist von 1483. Eine cirillisch-slovenischc Druckerei wurde 1518 in Venedig errichtet. Aber schon 1491 bestand ein gedrucktes Meßbuch mit cirillischen Lettern; drei Jahre, früher ward die erste Druckerei in Kratan errichtet. Daß <>>l'i!I nnd UMMns schon ein Volk fände::, WelHes durch seiue gebildete Sprache geeignet war, höhere Begriffe leicht aufzunehmen, ist nnstreitbar. Eben w gewiß ist es, daß sie bereits die Echreibetnnst, wenigstens bei den Priestern, den Hütern der geistigen Cultur, bei jedem patriarchalischen Volke vorfanden, nnd die Nunenzcichen eben so gut den Slaven, als den Germanen angehörten. 104 Selbst der Name Nunen läßt sich vom slavischen Fronit (sprechen) herleiten, aus dem lumn, llruni ^ Runen — entstanden sein könnte. Beweis dafür gcbcn die bei Negau ausgegebenen, zum Theile im Ioatt-neum zu Gratz, zum Theil im Antikeneabiuete zu Wien befindlichen Helme, deren räthselhafte Inschrift Pro-fessor Kouarsk), die altslavische Lcseweise, jene von der Rechten zur Linken, vorziehend, dahin entzifferte, daß die Inschrift lautet: Lisa. kn lu iUi ^lum>8l i«l>«>i>M v Vpi (Maurer hier ruht Iaromil der Gaugraf von Vpi) oder in der Erde, da 4M die Mutter Erde bedeutet, daher auch um Marburg ^Mkos oder <1i»uli, erdiger Schiefer, in Croaticn der Gruß Vpa oder.I5pe (Großvater) Vz»l(il (Großmutter) au alte Leute. ^I»i könnte aber auch in der Fundgegend der Helme einen Gau vielleicht Abstall bedeutet habcu, das noch jetzt ^»il«'« heißt. Runen als geradlinige Buchstaben scheinen scho durch die Phönicier zu deu Ahucn der Slaven, so gut als zu den Aseu gekommen sein. König Olaus setzte sie auf den Wunsch Papstes Silvester ll. im Jahre 1000 in Schweden als Zauberformeln außer Gebrauch. Die Kalla, ein Stück Holz mit Nuucn, wurde wie bei unö die Briefe, weit durch das Land geschickt, um einen Entfernten von etwas in Kenntniß zn setze". Daß die alten Wenden in frühester Zeit ihre Gcschc uud Rechte zu einer Art von Vollkommenheit gebracht hatten, beweist uns selbst die traurige Loosung iu man-chem späteren Baueru-Aufrnhr, wo immer das 8tala 105 l'rav^a (dic alten Rechte) als Motto galt. Wenn (5i-rill schon vor seinem Alphabet Schriftlichen bei den Wenden fand, so dürften sic selbe wohl von den Etrus-kcrn erhalten oder vom Oriente aus mitgebracht haben. Nährend große Gelehrte, wie Oöthc, Taloi, der französische Publicist »<>.Me/ uns ans den reichen Schatz der slavischen Sprachen aufmertsam machten, während in Laibach kse^nzz herrliche slovenische Lieder be-!V'istcrud einwirkten anf das Her; der Ingcnd, wies l^idcr noch einer unserer größten Historiker alle slovc-nische Sprachforschung nnd Literatur in Steicrmark von sich, nicht einmal der Mühe einer anch nnr oberflächlichen Bekanntschaft sie, würdigend. An ihm scheiterte bas Beispiel der großen Geister Herder, Grimm nnd Echlöz>.r, welche mit Lust und Liebe beim Sprachschatze der Slaven verweilten. Es ist unbegreiflich, wie man Neigung fnr die Griechen und ihre Classicist M- Tchan tragen nnd jene Sprache übergehen kann, die an Van uud Klang, Wortgleichhcit, Reichthum und ^icgsamteit init dem Griechischen am meisten gleich ^'ht, die slavische. Macht doch'schon Ulrich von Hntten d'e schr wichtige Veulertung: ^llll» lls^l'ellnl q!ljVi8lwu'jeki l'hne N (weil er kein N anssprechen konnte) nnd verübt, welchen Beifall meist in Deutschland der matte Noman ohne tt fand. Auch bei uns war der innere Krieg der Idiome nothwendig, bis das Hochdeutsche den Sieg und die Alleinherrschaft erfocht, und es ist Hcwiß nicht zu läuguen, daß unter den besiegten und zurückgedrängten dcntschen Dialectcn mancher einen noch Har nicht gewürdigten Reichthum von Biegsamkeit und Bildlichkeit des Ausdruckes und poetischer Schönheit in das begrenzte Privatleben seines Stammes zurücknahm. Alan wnndert sich, daß Ü«»l»nnv8liv seine slavischen Werke, um allgemein verständlich zu sein, dentsch od?r lateinisch schrieb, that ja unser großer Leibnitz auch dasselbe, bediente er sich doch noch vor 100 Jahren für 5ic Deutschen der lateinischen Sprache, dafür erschien .'hr d.^s Interesse der Slovene,! zn erregen nnd zn 108 fördern, als wenn es in einem der südöstlichen slavischen Idiome geschrieben wäre. Erst wenn das Wort lebendig eingreift in die Sitten des Volkes, wenn es mundgerecht wird im täglichen Verkehre des Lebens, gleicht es dem Samenkorn, dem nnter günstigen Verhältnissen eine scgenreiche Ernte entsproßt, Kirchengesänge nnd Volkslieder, Zeitschriften nnd wohl vor Allem die begeisternden Klänge der Dich-tnng sind die wichtigen Hebel besserer Volksbildung allüberall. Auch in dieser Beziehnng war die neueste Zeit bedeutungsvoll für unsere Sloveueu. Es sei uns nur vergönnt, einige der hervorragendsten Erscheinungen dieser Art hervorzuheben. Schon 1846 erschien bei Leon in Klagcnfnrt voui dortigen Stadtpfarr-Kaplan Mathias Majer ein 236 Seiten starkes Kirchengesangsbnch der inneröster-reichischen (und venetianischen) Slovcnen, das nebst Gebeten auch 81 Lieder (39 mit Melodien) enthält. Majers „kesinili'lvil" ist hinlänglich bekannt, seine Sammlung slovcnischer Volkslieder dürfte sich verdienten Beisall erwerben. Das historische und poetische Lied, von anderen Slaven bereits mit Glück bearbeitet, erfreut sich allmälig auch bei den Slovcnen des regsten Fleißes. Nicht ohne bedeutende Nachwirkung blieben die edlen Beispiele hochherziger Dalmatiner nnd Slavonier. Alls jhnen bemerken wir nur unter dcu ältcreu: Iv^nku^ llulir (geb. 8. August 1588 in Nagusa, f 20. October 109 16.18), einer der fruchtbarsten Schriftsteller, der mehr als 20 Werke in seiner Muttersprache der Lesewolt übergab. Aus den jüngeren: Mathias Peter katanciö, 1750 zu Volsavo in Slavonien geboren, Mitglied bcs Kapistraner-Ordens nnd Professor in Essegg, i 1825 in Ofen; Verfasser vieler Werke in illyrischcr Sprache. XiNlUilliö, geb. 1769 zu Trau, studierte Theo-ü'gie zu Spoleto und Rom, und mit gleichem Erfolge die Rechte, ward 1806 Friedensrichter, 1812 Schwa-bwuö-Lhcf der ftauzösisch-illyrischen Reiterei, 5 1847 >n Epalatro als österreichischer Major nnd hinterließ ^ne Geschichte Dalmatiens in zwei Bänden. Wahrend die „Xoril" als dalmatische Zeitschrift wuner matter wurde, der „gla 8 nik ch zur Sprachciuigung der Südslaven mitwirken. Das Erwachen der letzteren aber zum poetischen Tclbstbt' wnßtscin ist in nenester Zeit ein eben so allgemeines, als es das Streben nach Wissenschaft bei den Böhmen von jeher war. — Unvergessen dabei die dramatische Leistungen der letzteren, die lieblichen Dichtungen des in der Iugeudblüthc verstorbenen kl>melin8k> :c. Wahrend die Sammlungen sloveuischer Lieder l^ lkk<,v8ki 1822 uud Dollar 1823 (neuerlich 1835) nicht ohne Nachwirkung auf unsere Sloveuen blieben, rief der verdienstvolle l'0 p (ertrank 1834 beim Badett in der Save) 1830 die kra^jn 8 k ii. «'!» « li l' n, die lieblichste aller poetischen Spenden, ins Leben. IHN Schwingen waren die moderne Muse l'r«^»'««; (Ur< kr«z ci'jn) und die Elegien des Kil8t<1ll, ^rlhÄr! jilne /. ls, kklik, l. s 8^ Kk n. erfreute. srl^lN^ kleines Epos: Ker8l pri 8ilvi«l, die Dichtungen des Pfarrers /^ml^il, Ko8e8k)'8 Ucbcrsetzungeu von Schillers Balladen und Jungfrau vou Orleans-Ur. kl ani'nik'8 (geboren 1810, ^ 1844) vielseitige Schriften, HliN'llN« (eines Eteiermärlers, nuu Pro^ fcssor in Agram) slovenische Anthologie sind reizende Blüthen anf dem Parnasse dcr Slovenen; während auf dem nahen rj«,l„8 der Etammgenossen die jüngste Zeit wieder herrliche Früchte reift; so bringt die Na-tionaldrnckerei zn Agram die Kristinde des salmolll', lll bieUatiea brachte vor Kurzem die Gedichte des Na-Plsancr Niuk« Xan^illH; Hauptmann rr«sH«l«< ^iö gab wieder einen Vand seiner Gedichte heraus. Mit Unterstützung dcr k. Akademie der Wissenschaften gibt Nr. Njlilozjv den l^ o , rolainik, lvll^te-li« und l.. lumiln :c., deren Schreibweise fast dnrch-ilängig den steierischen Wenden leicht — jenen deS Sanngaues insbesondere vollkommen verständlich ist. Die neueste Zeit bot bei der Kamvfa»ftegung btt Tüdslaven dicjclbe Licdcrmcnge, wie wir sie bei den Germanen in den blutigsten Kämpfen bemerken. 112 Den Südslavcn gab von jeher die Behauptung ihres Glaubens :c die herrlichsten Liedcrstosse. Unter allen slavischen Nationen haben in neuester Zeit nur die Serben und ihre Stammverwandten längere epische Dichtungen, in denen zwar nicht der kühne dramatische Character der Balladen der germanischen Völker, aber jene eigenthümliche Färbung erscheint, die uns die alten Klassiker ewig nen erhält. Die epischen Hcl deu gefä ngc von l<«l A cm kills' uud seinen Kampfgenossen, vom frommen Helden I^ar, den die Türken hinrichteten, von den Schlachten am Amsclfclde (kl»8iN0), in welchen 138!» nnd 1447 Serbiens Helden — Iüngliuge 5 24. April 1849 (Gcorgiftst) gegen I'ers'M sind trefflich dnrch Inhalt und Fonn. Wie einst im schottischen Hochlande die Sänger ^ie Großthaten ihres <^ll»l nnd seiner Helden priesen, ^'zeigte sich in unfern Tagen (im Sommer 1850) dcr blinde Sänger ^eumi^H Nl»rHil8ilVHei Ehrende Sänger mit Lied nnd Leier) zu werden, hat-^''t unsere Slovenen von jeher zu viel gesunden Sinn. Wie bei deu Obcrsteiercrn im 13. Jahrhunderte' ""s Lied von dcr heiligen Dorothea gar gerne die Einleitung bei fahrcudcn Säugern bildete, so bei deu 114 nordischen slavischen Völkern das von St. Nicolaus; bci den Slovene« der 8ve, ^tnspicler (Redacteur der Schulzeitung 8nl8kj ilsi)iltftl). ^ie Herausgeber dcr Vcatushöhle, der llngaru vor Mersebnrg:c. In Kraiu: die jüngst verstorbenen beiden wür< b'^n Literaten »r. Mautnik (biblische Geschichte, Vnch ^r christlichen Wohlcrzogeuheit) und kllUliK, Domherr "l Görz (Iugciidlicdcr, Mildherzigkeit gegen Thiere) ,'c. ^n«'in,u'j<', Professor in Görz (Ucbersctzungen ans konve »nd N^Ulv), Zicgler, Pfarrer in Weichselburg, Origi< Nal-Erzählnngcn, V«rn«, Dompropst in Trieft, über. We Erzkehnugsschriftcu von Sander. zliUil.vi^i<' gab ^ Jahrgänge Iugendschrift.- sl.Tvi 8lov<'M«, die orig. ^ahlnng Erasmus Luegcr, I.ikar, l'inler, Kode, ^'lbauungsschriften ^c. heraus. Mit dem sorgfältigeren Erlernen der Muttersprache ^"den uuscre Weuden, wie es die Neuzeit beweist, im-'"er mehr geweckt für Sinn und Geist allgemeiner T^dung und für das Ferment derselben in Oesterreich, lur dentschc Sprache und Literatur. 118 Die Scharfschützen vom Weldcn schcn Corps bei ihrer Heimkehr nach Oesterreich. Gehab dich wohl, Tiroler Land, Wo unser Corps die Hcimath fand; Eci hoch begrüßet Oesterreich! Du Laud, au Muth uud Ehrcu ssleich. Als Schützen froh im Hoffnmlgs-Glan,; Eo zogen wir zum Waffeutauz, Nnd uus'rer Büchse sich'res Ziel War, was gen' Oestreich kämpfcu will. Ob wilder Trotz am Ister war. Ob böse Zwietracht au der Aar: Wir standen da zum Kampf bereit, Uud stünden ewig so wie heut. Aus Nord uud Süd und West uud Ost Verbanden wir uns wohl getrost, Das Herz ja war's, was uns vereint, Das Herz, mit dem das Auge weiut. Wir warfcu freudig, gcru uud kühn Vor Welten (d) unseru Handschnh hin, Wer wagt's zu hcmmeu Oestreichs Lauf? Der hebe frisch den Haudschuh auf! 119 Doch ach, kein Gegner fand sich cin; Wir Schützen standen da allein. Da rief der Kaifcr: „Kinder kommt. Daß friedlich ihr der Hcimath frommt." Und Brüder, ach der Kampflust voll, Mit schwerem Herz gings von Tirol, Wär Treu' dem Oesterreicher neu, Er lernte dort ja Lieb und Treu. Beisammen noch mit Secl und Mark Sind wir als Brüder fest und stark. Mit gleicher Kraft zn That und Wort; Die laß't nns wahren ewig fort. Hoch Oesterreich, das Kaiserhans! Ihm hält der Schütz zum Tode ans, Hoch Oesterreich! das letzte Blut Für unsern Kaiser brav und gut! Noch Händedruck und Bruderkuß, GH' Herz vom Herzen scheiden mnß. Eo lang da lebt der alte Gott: Anf Brnderlieb in Lust und Tod. Und keiner sänme lang und bang, Rnft wieder einst der Hörnerklang; Für Oesterreich zu jedem Streit Bleibt ewig tren der Schütz bereit. 120 Die Anersperge in Steiermark. Dom Wanderer durch die südöstliche Steiermarl fällt an der Mnr anßcr der ftenndlichen Stadt Nad-kersburg vor Allein die am rechten Ufer gelegene statt^ liche Bnrg Oberradkersburg angenehm ins Ange. Hat man sich satt gesehen an den mannigfaltigen Monu-mcnten, welche die beiden Kirchen der Stadt, vorzüg" lich die ehrwürdige Stadtpfarrkirche, zieren, so wall" dert man wohlgemuth, bei jedem Schritte ein ueues Bild begrüßend, die trefflichen Anlagen zum Schlosse l)inan, dessen schöner, drei Stock hoher Ban anf del Nordseite 9, anf der Ostseite 8, auf der Südseite N gewaltige Fenster in der Fronte hat. Die Aussicht übertrifft jede Schildcrnng. Die, Auffahrt an der Süd' seite ist mit steinernen Büsten geziert. An der West^ seitc befinden sich nebst einer großen Windmühle — eine der wenigen in Steiermark — die Wirtschaftsgebäude nnd der Hauptcingang in das Schloß. Ober dew Portale zeigt sich das einfache Familienwappcn der in Steiermark und in früherer Zeit auch in Krain reich' begüterten Herbersteine mit der Inschrift.- U'«»i»<»ll» 8. I. N. ll7, vermählt mit Maria Antonia Grast» von Stntth, deren einziger Sohn Carl Heinrich ^raf von Anersperg. Ihre Beschmigen in Steiermark "'aren Lichtenwald nnd Bnchbcrg, im killicr Gebiete Wildhans bei Marbnrg, Kirchberg a,n Walde und noch ln letzterer Zeit der schöne Rezhof, ein freundlicher Landsch, dicht an der Straße von Laibach nach Gratz "uf dem Leibnitzer Felde. 6* 124 Auf die Nettung der Durg Obercilli vor weiterer Zerstörung. Die Burg Obercilli, in geschichtlicher Hinsicht eine der wichtigsten als Ahnsitz heimischer Dynasten in Steiermark, wurde vor mehr als einem Viertcljahrhundcrte um den schnöden Preis einiger dreißig Gulden einem Bauer verlauft, der sie, allen humanen Anbietungen zum Trohe, zum Oewinne des Baumatcriales größtcntheils niederriß. Untcr S. E. dem Gouverneur Herrn Grafen von Wickenburg erkauften die edlen Landesständc die Trümmer dieser Veste — so wird dies wichtige Denkmal der Steter? mark in neuester Zeit vor weiterer Zerstörung gesichert, um die Sünde vandalischcn Unverstandes für die Enkel theilwcise wieder gut zu machen. Auf der Burg zu Cilli schaltet Arg verwüstend frech ein Mann, Welchen mit Vertilgungsrechte Karge Geldlust angethan; Singet, wenn sein Hammer pochet: „Hat der Knecht dich unterjochet? „Ist dem Knecht die reichste Wonne „Die zerbroch'ne Fnrstentrone." „Friedrichsthurm, du finstrer Schauplatz „Für Gewalt und Minnespiel, „Willst du nicht in Moder fallen, „Wie dein letzter Herrscher fiel? 125 „Aufgetrotzt durch Sclavenhände! „Nebt Vergeltung nun der Wende? „Denn das Eisen will nicht fragen: „Ob die Geister um dich klagen!" Durch die Burg zu Cilli streichen Schemen bleich im Mitternacht, Eisenmänner, waffenkräftig, Königsfrau'n in goldner Pracht, Die verglühten Angen grollen: Daß mit jedem Stein entrollen Stolzer Thaten graue Zeugen, Die sich nur der Nachwelt beugen. Wenn die Sterne schon erloschen, Fällt der Schemen Thangewand Auf den Gppich, der die Veste Schirmend hält am Felsenrand. Mit den grünen schlanken Armen Fleht für sie er um Erbarmen: Ob kein Retter auferstehet, Eh dies Denkmal untergehet? Was der Epheu hat gebeten, Was die Geister ihm vertraut, Vou den Ständen war's vernommen, Rettung spricht ihr Vorstand laui; 126 Der jetzt Steiermark beglücket, Hat den Eanngau hoch entzücket, Daß dem schönste» Alpenthale Bleibt die qrane Horrscherhaslo. Wao Gemeinheit hat verbrochen, Wahrer Adel sühnt es ans, Nimm dein Sündengeld, Vandalc, Für's zerbroch'ne, Fürstenhaus! Ernste Schatten mögt niln rnhc>t In den arg entweihten Trnhcn, Enre Sterne — fortznschimmern Steigen heller aus den Trümmern. 127 Frisch gewagt. (Wahre Begebenheit.) I. Alte Stadt», alter Wein, Reich an Kraft und Sagen: Nas sie bieten echt und rein, Stammt auö besseren Tagen. Grcch in Steiermark war vor dem Jahre 1830, bevor Graf Wickenburg Gouverneur geworden, im Innern eine der häßlichsten Etädte Deutschlands, eine Aschenbrödel für den Fceuschmuck der Umgebung, und bemäntelten auch noch die Ketten an den Ecken der Gassen, die Vielwintelei der letzteren selbst, und die uwoshäuptigen Thore ihr Dasein mit der ehrsamen Festungsbestimmnug, so gab es doch für Pflaster, Beleuchtung, mephitische Gossen und plumpe Vordächer keine Entschuldigung. Nur iu einem der widrigsten Stadttheile—im sogenannten kälberneu Viertel—war es bereits vor 1830 Licht geworden, daö ernste Kloster, in dessen Maueru einst Karmcliterineu senfzten, war sammt Hof und Kirche laugst zu einem uetteu Militärgebäude, bald für kriegerische Jugend, bald für ihre Hülle umstaltet, die Möuchshöfe dcr Vorauer und Pöllauer wa-w! kaiserliche Kanzleien mit hohen Fenstern; der prächtige Pallast der Grafen Leslie seiner schmutzigen Um- 128 gebung entkleidet zum Museum der Provinz durch Erz-herzog Iohaun geworden, und wo einst Stockthunu und hennliches Gerich grinsten, duften die Treibhäuser des Ioaunenms mit den Wohlgerüchen aller Zonen. Nur das Neuthor, eine verweltliche Insel nebcll dem botanischen Garten, und die Basteien hinter der Montnrs-Commission, dort eben, wo einst die frommen Karmc-litcrnonncn hausten, erinnern noch bei näherer Betrach-tnng, daß Gratz, die Blnmcnstadt im steierischen Garten, noch 1809 Festung gewesen, welche eben in jenem Jahre nach dcr Beschießung und Uebcrgabc des Schloß-bergcs die Franzosen zum dritten Male besetzt hatten, Mit der Spatdämmernng hatte sich an einem derselben Tage die aufgetragene, bei der damaligen Geselligkeit nicht überraschende Nuhe ans der innern Etadt gelagert, die erlöschenden Laternen fiackcrtcn matt in ihrer schmutzigen Mashülle, Nebel jagten nnd huschten um die Thürme, wie scheue Nachtvögel, die plnmpen Blechschilder der alten Handelsfirmen lnarrten und raunten an den weit vorstehenden Etangen, der Platzregen schlug in einzelnen Pauscu an die geflochtenen Fenstcrgitter nnd eckstämmigen Grt'er nnd wären nicht draußen gegen Echloß Gggenberg, wo Marschall Mar-ulont Hof hielt, Fackelglanz und Wagengcrassel laut gewesen nnd hätte nicht das dnmpfe W viv<>? und der qlcichtönige Schritt der Wachen im Innern der Stadt an menschliches Treiben erinnert, man hätte geglaubt, die Elemente allein gäben sich in diesem stummen Stein-Hansen das Stelldichein, nm sich über die beste Weisc 129 zu besprechen, noch ein Mal das alte Chaos herauf-zuführen. Nur in eiuer kleineu Schlucke am Stainzerhofe ging es noch laut und lustig her, so lustig, daß die ehrlicheu Glsaßer auf dem nahen Schuarposten der Versuchung uicht widerstehen tonnten, sonder« als echte Söhne des damals noch nicht einigen dentschen Vaterlandes auf die abendlichen Sondcrfteuden ihrer galanten Ossiziere rechnend, bis anf die am Laden verdrießlich die Schritte zählende Schildwache beim schönen Aschen zuzusprechen sich das Wort gaben. Da galt aber auch nicht das Sprüchlein: je schöner die Wirthin, desto garstiger die Zeche; denn: Gnt uud billig! war der Wahlspruch der tleiuen Taferne, welche Mutter und Tochter hier hielten. Lischen und ihr Wein verleugneten nicht den echten wendisch-steierischen Ursprung, denn flammten die dunklen Augen des lebhaften Mädchens bis tief in das Herz, so stieg der goldene Wein hoch in den Kopf, und schied man von beiden, so hatten sie dieselbe Wirkung, sie ließen kein Nachweh, das blödem Katzenjammer gleicht. Wurden die Herren Franken gar zn galant, so antwortete ihren glatten Worten l^iMk, wie sie sich am liebsten nennen ließ, in so geläufigem Weudisch, das; die Frauzmänuer verblüfft einen Dolmetsch suchten, und gab es Uuart und Streit, so stellte sie mir ihre Mntter in das erste Treffen, und Gnade Gott, wer da nicht zurückwich, denn Fran ^ukK hatte noch den letzten Türkenkrieg unter Kaiftr Josef mitgemacht. Ihr erster Mann, ein^ toller 130 Pole, war qefattei«, ihr zweiter, ein liederlicher Franzose, als Renegat gespießt worden, der dritte, ein grober Hngar, war ertrunken und der vierte, ein knausendcr wendischer Winzer, langsam gestorben; alle vier hatte sie, nach ihrem eigenen Rühmen ganz leicht in die Grnbe gebracht — nnd es waren doch ihre Männer, denen sie bis in den Tod Gehorsam am Altare gelobt; was Wnnder, daß sie leine» Feind mehr scheute? Sie hatte — da der Echank nnr gepachtet war — nichts zu verlieren, als ihre Häßlichkeit und ihre gellende Stimme, bei beiden war sie vor Käufern und Dieben sicher. Betrugen sich indessen die Gäste fein manierlich, und brachte der eine oder andere au Sonntagen eine saubere Gratzerin mit sich, da hüpfte ^i/ika munter über die Gasse, blieb zwar zum grüucu Acrger der Alten etwas lauge aus, brachte aber ans dem großen wohlbewohutcu Hause gegenüber stets einen hübschen schlanken Iuugeu, der seiue Cither so zu rührcu wußte, daß den Franzmänncrn die Lüge von deu Lippen verflog, dafür aber auch das Herz rascher pochte uud die Gluth in die Augeu und die Tanzlust in die Füße schoß. Das dauerte gewöhnlich uur eiu Stündchen, denn daun faßte Hans, so hieß dcr Bursche, sein Instrument, leerte noch ein paar Gläser mit der Erklärung, stin Durst wäre ein Igcl, der, wenn er nicht schwimme, zu stecheu pflege, wünschte trotz lockender Becher und blanker Tilberstücke eiue ruhsame Nacht und hatte blind für alle Reize der Welt außer für I^iMK — nur die Worte: „Mein guter Oberlieutcnant l31 könnte greinen und böse werden." Dafür bewunderten die gemeinen Franken seine Subordination, die Offiziere aber, wenn alle Il0lM'«8 und rml«Iie8 nicht halfen, gingen mehr denn ein Mal hinüber und baten sich beim Kameraden Oesterreich« seinen Burschen -^ den Ii'0«l)H«l für unpäßlich nnd der Intendant der französischen Armee, Graf"*, ebenfalls ein Wsaßer, versänmte nicht, den tranken Landsmann täglich drei Mal zu besuchen, zn 1l«chll<8 Verzweiflung, denn dieser Mensch hatte mit allen Halb-heitern das Spähen und Augeben gemein. Hatte vu-elliU in seiner und des Negimeutsarztes Gegenwart stch ausgejammert nud ausgcflucht über daö hartnäckige Fieber, das ihn quälte, hatte er vor dieseu lästigen Zeugen deu ganzeu scheiubarcu Parozismus überstanden, so lachte er mit Hans allein sich in die Faust, 134 gab letzterem seinc Lieblingsflascheil und den besten Tabak Preis, und ließ sich dafür von dem treuen Diener Bindfäden mit allerlei Knoten reichen, die er sorgsam maß und wieder maß nnd manches niederschrieb, wovon sich Hans wieder tcine rechte Vorstellung, machen konnte. Nur daß sein Herr etwas Großes im Schilde führe, das sah der schlaue Oberländer ciu. Früher war llmlml öfters auf dem Walle, der die Stadt gegen die Mur absperrt, hin und her spaziert; seit Kurzem vermied er diese Stelle gänzlich, obschon ihm gestattet — was jedem Andern verwehrt war, durch die seit eiuigeu Tagen hier verdoppelten französischen Wachen anf die Brnstwehre zn gehen. Ganz Grah schwebte damals in furchtbarer Angst Marmont hatte beschlossen, die Festungswerke um desto eher zu schleifen, je näher sein Abmarsch tam, nnd insbesondere mit jenen, welche den Mnrnbergang verwehrten, den Anfang zn machen. Man wnßte, daß die Basteien vom Mnrthor bis gegen den Admonter Hof bereits unter-minirt, nnd in wenig Tagen in die Lnft gesprengt würden. Alle Vorstellungen, daß die Mur, hier iu ein euges Bett gedräugt durch die hineinstürzende!! Mancrn, nothwendiger Weise sich stauen nnd das ganze rechte Ufer mit seinen Vorstädten und Gärten überschwemmen müsse, scheiterten an dem eisernen Muß des Marschalls Marmont. Daß Uu«wl für die Arbeiten der Minenrs eine besondere Aufmerksamkeit habe, das faßte Hans um so sicherer anf, je öfter er seinen Herrn iu finsterer 135 Nacht hinabschleichen sah in die von den Franzosen gewühlten Mincngänge, noch mehr aber, als er wahrnahm, mit welcher schlecht verhehlten Frende l>u«.ilf«i8 schmnck nnd geschnörkeli wie ünnier, aber tropfnaß vom Regen, der in Strömen goß, w die Stube trat. liixikil und Hans wechselten schnelle Blicke, welche dem gewandten Franzosen nicht entgingen. Ich tomme ungelegen oder ench Ii uildiUluur l»il(l«»m' .l«a« den Muth hätte, selbe in der Heiennacht herbei zn holen, ihm selbst, dem Meistersänger, möchte ich eines zutrinken, nach Kriegerweise, setzte er mit ei-uem verächtlichen Blicke hinzu. Es gilt, lachte Haus, ""er ich bin Wirth dann, uud beim Himmel, so viel euer schwaches Hirn, Meister Luftsftriugcr, vertragen taun, zahle ich. Ehe Mutter ^ukil noch Zeit zu Einwendungen hatte, war Hanö fort, wenige Minnteu darauf wieder unt der gesammten Wache bis auf den Posten zurück und ehe noch ^Vukll die gewöhnliche Ladung ihrer Echimpfworte beisammen faud, flog er schon mit zwei Flaschen des ältesten Pacherer Weines zur Erqmckuug des armen Schnarftostens davon. Wir wollen doch sehen, wio weit die Börse des Tölpels reicht, rief ri'MfM5, 140 laßt es euch behagen, Kameraden; der ^roudKäonr bezahlt Alles, auch wenn ich das Zahlen versprochen hätte. Ulikg, aber, trotz Schmollen nnd Einwendungen der Mutter, pflanzte zwei Batterien des edelsten Rebensaftes mit einem schaltischeu: Schon bezahlt! auf die Crcdcuze. Außen am Wachposten freute sich Hans als glücklicher Versucher über die echt deutsche Natur des Galliers uud insbesondere über den gelungenen Vorschlag, das; sich bei solchem Gewitterregen der Wein viel reiner im Schildcrhansc trinte als im Freien. Del Zweck war erreicht, die Wache eutfcrnt, und im Kloster-gcbäudc waren die paar französischen Ossiziere im Eck-flügcl zu sehr mit der Noulette beschäftiget, um von ihnen in dieser Nacht, die so finster war, daß Hans in einem Sacke sich zu rühren meinte, etwas befürchten zu müssen. Der lrene Bursche hatte die Pläne seines Herrn vollkommen erforscht und stand bereit, für sie Leib und Lebeu zn opfern. Von Juri war nichts z« besorgen, denn der fand es gar behaglich, in del Schaute znr Bedienung der Gäste sür hente mitznhelfeN» Nach wenig Augenblicken war Hans vor NueiliU, del die gefaltete Stirne glättete, als ihm der Dienel höchst unbefangen erzählte, er habe sich crlanbt, die französische Wache zu tractircn, und selbe sammt del« Wachcommandanten bei I^j/ika vor vollen Humpen versammelt. Hans, du weißt, bcgaun der Oberlieutenant nach einigem Zandern, daß die Dachrinnen sämmtlich in den Hof sich münden, in der Mitte des Hofes steht eine große Waschknft, wie wäre es, durch die unten 141 liegenden älteren Rinnen das Wasser in selbe zu sammeln nnd dann — dann jene Röhre anzubringen, fiel Hans kaltblütig ein, welche Sie seit fi Tagen in Ihrem Bette verbergen, sie ist lang genug, nm in die Mine Nr. 3, die bereits mit Pnlver gefüllt ist, zu reichen. Von dort in die ebenfalls armirte, morgen zum Los« brennen bestimmte Mine Nr. 5 bahne ich dein Wasser den Weg. Hans, du bist? fuhr NncllHl erstaunt anf — Ein Steterer, erwiederte der Bnrsche fest und rnhig. Wollen Sie mich Theil nehmen lassen au Ihrem Werke, >p überlassen Sie mir den Schluß des Ganzen. Er verschwand und kam schnell mit ein Paar nencn französischen Militärschnhen zurück, welche er frisch geputzt vor der Thüre des Sergeanten ki'Nl«M8 getroffen hatte, verbarg selbe unter seinem Kommißkittcl, fügte öie Leitcrtheile mit stannenswerther Genauigkeit an einander, nnd stieg, nachdem er den Gang von Innen verschlossen, mit »uelM, der ciue lange Blechröhre trug, "ns dem Fenster in den Hof. Als wollten alle Wolken sich entladen, rauschte der Regen dnrch die raben-sinsterc Nacht. Ziegel und Manerwert kollerten vom Dach nnd Schornstein anf die beiden Oesterreicher, die ihr „Frisch gewagt!" in den Bart snmmcndlantlos die binnen im Hofe an die Mündungen der Dachgossen legten nnd in weniger als einer Viertelstunde die Freude hatten, aus dem unzweideutigen Rauschen zn bemerken, >vich ergoß. N„s!,Kt kroch nnn auf dem Banche vor- 142 wärts, das nachsitcrnde Gewässer überzeugte ihn, daß sein Unternehmen gelingen müsse, bald stand er bis an die Kniee im Wasser, welches bereits über die Pulverfässer stieg. Mit eisentraftiger Faust riß er beim Zu-rnckkriechcn die Stützen der Zwischenrinnen ein nnd überließ es der Kraft des Wassers und dem Drucke der Erde, das Wert der Zerstörung zu vollbringen. Ein plötzlicher Lärm im Spielzimmer hatte deu Posten bei der ersten Mine herbeigezogen, der aber, nachdem er im Schlamme ansgeglitten nnd gefallen, sich siucheud unter das schützende Dach zurückzog. Giu lautes Pochen an die Thüre des Corridors drang nicht bis zur Spielgesellschaft. Mit leichterem Herzen stiegen die Contremineurs nun die Leiter zurück, Hans aber versäumte nicht, die Schuhe des Sergeanten in den weichen Boden zu tauchen, die Leiter am Fenster des Franzosen anzulehnen, anßen an der Vianer die schmutzigen Sohlen der Schuhe einznprägen, dann sich in den Gang zn schwingen nnd die Leiter so rasch als es anging, in tausend Trümmer zn zerbrechen, die er weit hin über den Hof gegen den Wall schlenderte. „Gute Nacht, Herr Oberlieutenant!" rief er halb wehmüthig — „was morgen immer geschieht —wir wissen nichts von einander, ge-heu Sie zur Ruhe. Frisch gewagt! ist Ihr Spruch und auch der meine," ÜuelliU drückte dem wackeren Steierer die Hand, der munter hinübereilte zu KiM«, nnd dort nnter den trunkenen Franzosen, die ihn kaum vermißt 143 hatten, sich so trunken stellte, daß kriMfok aus wirklichem Mitleiden es für gerathen fand, den guten Iron-l'lMour mit Hülfe des lallenden .lmi durch zwei Mann heimgeleiten zu lassen. IV. Des Feindes Necht und englische Gesetze Sind Hinterhalt gen' Hinterhalt, Nur der entgeht des Todes sich'rer Hetze, Der List bewährt gen' eherne Gewalt. Der stürmischen Wetternacht war ein trüber unruhiger Tag gefolgt. Auf dem Hauptplatze waren in "er ersten Dämmernug vier Bataillons Franzosen in Schlachtordnung anfmarschirt, Adjutanten flogen nach 'Uld von dem Schlosse Vggenberg, vor dem Erziehnngs-^use im kälbernen Viertel stand eine Compagnie Grc-^diere schußfertig, während ober- und unterhalb die Straße dnrch Kavallerie - Patronillen abgesperrt war. ^ln Gebäude selbst hielt man Kriegsgericht. Die Minen, an denen die Franzosen mühsam ^Uige Wochen gearbeitet hatten, waren über Nacht ,^nstgemäß ersäuft worden, und zwar nicht blos die ^den znm Sprengen gefüllte», sondern auch alle übri-^ fünf theils nnter Wasser gesetzt, theils so zugerich-/l, daß sie einstürzen mußten. Der zurückgebliebene ^erreichische Hanscommandant, Oberlientenant I»u«liiU, ^tte dnrch sein heimliches Beobachten der Minenar-"eiter den Verdacht auf sich geladen, daß er die stur-fische Nacht benutzte nnd das Werk der Zerstörung ^brachte. 144 Der Intendant der Armee, Graf ***, hatte unter dem Bette dieses Oberlientenants eine blecherne Rinne bemerkt, welche genau dieselbe scheint, die man am Eingänge der einen zerstörten Mine Nr. 3 entdeckte; lwl'Ilitt spielte beim Besuche französischer Ossiziere seit längerer Zeit den Kranken, während cr vor nnd nach ihrer Entfernung, wie der Sergeant kiiliMiö durch das Schlüsselloch bemerkte, mit Anfnahme von Plänen beschäftiget war. Es ist erwiesen, daß die Dienerschaft U>l«!l«U'5 vergangene Nacht nicht im Hause war, es zeigten sich im Minenhose Brnchstncke einer Leiter, nnd was mehr als das, die nnzwcidentigcn Spuren schmutziger Füße an der Mauer des Gebäudes vom Fenster des Corridors bis in den Hof. Mir, als Landsmann des Angeklagten, bemerkte stolz zum Schlüsse der Intendant, kommt um desto mehr das Recht zu, auf die größte Streuge zu dringen, da ich nicht gerne auf dem Namen Elsäßer den leisesten Verdacht minder guter Gesinnung für Frankreich nnd den Kaiser sehen möchte. Nii«Mt vertheidigte sich fest und rnhig, er bewies sonnenklar, daß solche Vlechrinncn von ihm vor der Invasion znm Hansgcbranche angeschafft, noch ein ganzes Depot unter dem Dache liegen, bewies seine Anwesen-heit in der Nacht in seiner Stnbe durch das Zengniß seiner Dienerschaft, zeigte die Unmöglichkeit, ohne eine Leiter von Innen oder Einverständniß von Anßcn iü den wohlverschlossenen Hof zu kommeu, berief sich auf dic uoch lange in der Nacht wach gebliebene Spielgefellschaft, nahe seiner Stnbe, endlich ans den selbst zur Confront 145 tatwl, gebrachton wachhabenden Mineur, der deutlich genug aussagte, er habe wohl das Toben des Sturmes vernommen, aber in seiner unmittelbaren Nähe keinen Menschen bemerkt. Die Fnßsftnren an der Mauer, der Gang, den r,M<»i8 bei seinem ersten Herüberkommen verschlossen und dann offen gesnnden, vor Allem aber der Wnnsch der Mehrzahl im Kriegsrechte, für die zerstörten Minen einen Oestcrreicher, dessen Zurückbleiben in einer besetzten Stadt schon einmal den größten Verbacht des Anfspürens und Verrathcs erregen mußte, "ls Opfer zu nehmeu, bestimmten so ziemlich den nahen Ansspruch des ,,Schuldig"; nud schon traten die berhäugnißvollen sechs Schützen aus den Reihen der Grenadiere an den gewissen Sandhügel, welcher dcr Wache am Stainzerhofe gegenüber das letzte Kopfkissen für Ij,l nen durchbohrenden Blick anf den Intendanten und einen höhnenden auf die Füße des erbleichenden Sergeanten warf, wir haben gegen nnsern österreichischen Kameraden nichts weiter, — nnd wollen unsere Sache auf einem anderen Boden uutersucheu. Es lebe Frankreich und der Kaiser! in dessen Namen ich nach meinem Gewissen den österreichischen Oberlienteuaut für schuldlos erkläre; wer mir beistimmt, stehe auf. Fünf von den Beischern erhoben sich, die Mehrzahl war !> 14? mit aus dm neun Männern zn Mivllkt'8 Gunsten. Man wünschte ihm Glück, führte ihn vor die Fronte der Grenadiere, deren Ossiziere den Geretteten mit eben so viel Jubel umarmten, als sie früher ernstlich zu seiner Hinrichtung bereit standen. Einige Stunden später saß Duellltt an Marmouts Tafel in Eggenberg, 'lls aber die Franzosen abmarschirten und mancher Mnntere Krieger dem wackeren NnelliU die Hand schüt -tclte, da flüsterte ihm Obrist V^lUlMli in das Ohr: „Ich wünsche Ihnen nnd den Gratzern Glück, wir Alle wissen doch, welche Hand die Minen vereitelt, aber der Buchstabe des Gösches richtete nach den Fußstapfen. Adieu, Kamerad!" Nuellitt aber, der noch Jahrzehnte als pensionirter Dbristwachtmeister im steierischen Unterlande manchen ästigen Freund im netten Gasthause bewirthete, welches Hans nnd l.iM», besitzen, erzählte mir oft scherzend die Begebenheit und meinte, die Gratzer wissen "icht, wie ein einziges „Frisch gewagt!" ihre halbe Stadt ^rettet habe. 7* 146 Wer schwarze See am Pachern. (Wendensage.) Johannes ist vorüber, die Kirschen sind gereift, Und die Planina Wiesen blau, roth nnd weiß gestreift; An ihrem Rande grasen wohl hnndert Rinder licht, Umher im Kreise grünen wohl Nnß- nnd Buchbaum dicht. Um Keller und um Scheunen spielt heller Sonnenstrahl, Und brennt aus dreizehn Fenstern zurück vom hohen Saal, Verklärt des Kornes Wogen und tändelt mit dein Lein, Und schmückt das Hans des Reichthnms »lit zweifach gold'nem Schein. Denn was das Auge schauet, wie weit die Stimme reicht, Was rings im Hochfcld reifet, dem kein's am Pachern gleicht: Das ist Frau wein. eigen, das erbt ihr stolzer Sohn, Das Glück hat es gegeben, doch spricht dem Glück sie Hohn- Ein Wand'rer schleicht des Weges, die Sonne glüht so heiß, Ihm tropft vom kahlen Scheitel, vom grauen Bart der Schweiß: 149 „Wohl mir, im Kirschenschatten da find' ich Lab nnd Rast!" Er spricht's, und streckt sich nieder, ein anspruchsloser Gast. „„Was suchst du?"" tobet Arnek, der Ma eitler Knab', „„Was schreckst du meine Sperling' vou ihrem Futter ab!"" „O laßt mir, edler Junker, was ihr dem Sperliug göunt, Der schnatternd einst den Heiland am Kreuze hat verhöhnt," „„Schweig' alter Gauch vollLügeu!"" der Bube zürnend droht, lind glitscht und schmutzt das Sammttleid sich iu der Gosse Koth, Und bricht dem Greis, dem schwachcu, den Wandcrstab entzwei, Und lngt, er sei geschlagen, der Mutter mit Geschrei. Die sitzt aus gold'ncm Schemel, vor ihr auf Silber blauk, Da schimmert aus Kristalleu der Pickercr als Traut; Sie uimmt vom Marmortische schneeweiß das feinste Brot Und reinigt Arnek's Kleider, und murret wider Gott. Da flehet durch das Fenster der Bettler hungerbleich: „Erquicket mich mit Speise, Frau ^«iil schön und reich?" Da wirft sie ihm die Krummeu, zerknittert, schmutzig grau In's Antlitz: „„Nimm, du Rabe, uud fort aus unserm Gau!"" Da schleicht der arme Pilger zum uahen Brunnenquell, Ein bitt'rer Born wohl träufelt ans seinen Augen hell; Da neigt er sich hinnnter, will Labung schlürfen ein, Da wirft der Junker lästernd in's Wasscr Stein anf Stein. Da richtet sich der Fremdling hoch anf; und Mnnd und Hand Verwünschen das Gehöfte, eh' er im Wald verschwand; Als hätt' er sie gemurmelt, so steigen Nebel auf, Als hätt' er ihn verwischet, war weg der Sonne Lauf. Als hätt' er sie gerufen, weit von der Kappa her, So ballen sich die Wolken zum granen Wogenmeer; Als müßt der Quell aufsteigen zum Himmel hoch hinan, So rauscht er aus dem Brunnen, füllt Wies' und Fluren dann. Und statt der Sperling prasseln im Kirschhain Schloßen wild, Bis Frucht uud Heerdeu liegen erschlagen im Gefild, Und höher immer höher steigt noch die Wasserfluth, Bis der Planina Reichthum in ihrem Schooße rnht. Und Welle dehnt an Welle sich immer weiter ans, Bis sie vertilgt, verschlungen Frau sseii». und ihr Haus; Da tobt nicht mehr das Wasser, da ruht es kalt und zäh', Ruht oben auf dem Pacher noch stumm als schwarzer See. 151 Schläft, nie von Wind gcwecket, nährt nie der Fische Brut; Wirst fremd zurück die Sonne, und fühlt nicht ihre Glut. Vom Krummholz nun umgittert, kein Blümlein in der Näh'. So glotzt's ans dreizehn Fenstern den Pilgcr an der See. Doch trübet ihr im Frevel sein Bett dnrch einen Stein, So seht ihr Molch und Uuke und hört die Raben schrei'n; Mit grausem Wetter strafet der schwarze See den Hohn, Das lernt' er von Frau Aeik und ihrem bösen Sohn. 152 Wie Freiherren von Nauber in Steiermark. Wer kennt nicht das Ioannemu in Gratz, dieß schönste Denkmal kaiserlicher Sorgfalt nnd humanen Strebens, diesen herrlichen Musensitz, der durch den Reichthum seiner wissenschaftlichen Schätze das weise Walten der Stände in eine sinnige Parallele mit den Tagen der Mcdicäcr setzt? An das Gebäude des Joan-ucnms knüpft sich die Erinnerung an ein alt inuer-österreichischcs Heldengeschlecht — dessen Wiege m Kram stand — dessen letzter ebenbürtiger Sprosse im k. k. 46. Linien-Regimcnte Freiherr von «lellgM in Siebenbürgen als Hauptmann dem Vaterlaude dient — an eiu Heldeugeschlccht, von dem noch die Gasse, die zum Ioauneo führt, den Namen Nanbergasse trägt. Sie hieß uoch im 15. Jahrhunderte die hintere Schmiedgasse, dort besaß Barthelme von Mörsberg sein Hans neben dem Reckthurm (bis 1835 Scharfrichterhaus); er trat es an Friedrich N ab; schon bald daranf hatte es die Familie Rauber, weil Barthelmes Tochter Judith mit Niklas von Rauber vermählt war. Von mm an blieben die Namen Ranberhof und Naubergasse. Katharina von Rauber brachte es an ihres Gatten ?53 Sebastian von Windischgratz Familie und Judith, Sebastians Tochter, an ihren Gatten, Hans Friedrich von Hoffmann zn Grünbüchel, der den Rauberhof 1592 an die Stände verlauste, welche ihn als Aushülfsge-bäude für die protestantische Hochschnlc im Paradeise einrichteten. Nach der Gegenreformation kam derRan-berhof an Ui. Gallus Brener, Regieruugsrath; von ihm 1620 an St. Lambrecht; 1684 nm 27,00U fl. au Fcldmarschall Jakob Freiherrn von Leslie; dieser taufte auch den Freigrund, der an den Stadtwall und Fleischer Eulcnspiegcls Haus stieß, um 2000 fl. und fügte diese Besitzung zn seinem neuen Fideieommiß Bernegg 1689. Als seine Familie 18U2 mit Grafen Anton Leslie erlosch und Fürst Carl Dietrichsteiu den Rauberhof geerbt hatte, kauften ihn 1811 die Stände um 32,476 fl. W. W. Der riesengroße Andrä Eberhard, Freiherr von Rauber, hatte ihu wohl uie im Besitze. Die Freiherren von Nanber anf Plankenstein und Weineck erloschen zum Theile in unseren Tagen mit Ludwig Frcihcrrn von Rauber, Domcapitnlar voll Olmütz, iu-fulirtcn Propst von Et. Anna. Ihr Stamm gehört zu jenen alten Geschlechtern Carantaniens, von denen die Gradeneck, während Kärnthens Herzog auf dem Fürsteustuhle die Huldigung empfing, anf fremden Wiesen mähen, die Pottendorfer sengen nnd brennen (ein Necht, das später die Mordaze erbten) und die Rauber rauben durften. Der steierische Zweig kam ebenfalls ans Kram. Hans, Ulrich und Hermann zogen 1446 nach Fürstenfeld und Radkersburg, um Steiermarl' ge> 7" !54 gen die Ungarn schützen zu helfen. Niklas Rauber cilte N62 mit dem Grafen von Schaumburg und den treuen Kraiueru dem bedrängten Kaiser Friedrich nach Wien zu Hülfe. Leonhard, geheimer Rath und Oberhofmarschall, vermählt mit Kyburgis vonvla^, hatte als auter Kämpfer oft die Ehre, mit Kaiser Maz im Turniere die Lanze zn brechen. Hans Raubec lebte 1499, seine Mutter war eine Luegerin. Ein NitlaS Räuber half mit den edlen Kärntnern Niklas von Liechtenstein, Ponlratz von Dictrichstcin, Leonhard von Prcising, Christoph von Wcisbriach nnd Georg von Weisscneck Inncrösterrcich gegen die Türken schützen. Unter Rudolf vou Khevenhüllers Anführung wnrde die große Schlacht bei Villach gewonnen, in der 10,000 todte, 7000 gefangene Osmaucn den Schatten der Gemordeten als Opfer folgten, und der von Khevenhüllcr erschossene Ali Pascha in Ranbcrö Händen den Geist aufgab. Leonhards Tochter Sabina vermahlte sich am 3. Mai 1511 mit Eigmnnd von Anersberg zu Wolf-passing. Christof Nanber wnrde in seinem 27. Jahre, 1499, Bischof von Laibach. Ihm verwaltete eine Zeit lang die Temporalien sein Vetter Caspar Rauber, Stadthauptmann von Trieft, der Besieger des unglücklichen Erasmus, Luegcr. Fürstbischof Chrjstof Rauber zeichnete" sich in vielen politischen Sendungen aus, machte mehrere Reiseu als Botschafter nach Rom und führte eine Zeit lang mit seinem Vetter Niklas das Commando in Trieft. 1611 war er oberster Kricgscommis-sär in Kram und in österreichisch Istrien, mit einer 155 Bedeckung von 50 gerüsteten Reitern. Er hatte das Mißgeschick, seine Vettern Niklas nnd Michael Ranber nnd Veit von Thnrn durch Hinterlist in venctianische Gefangenschaft zu verlieren. Dafür hatte er die Entschädigung, seinen Neffen Leonhard bei dcrZnsammen-tnnft Kaiser Maximilians zn Wels 1515 mit Sigmund Köuig von Polen und Ladislans König von Ungarn als Hofmarschall an der Spitze der kaiserlichen Reisigen im goldnen Waffenrocke zn sche». Bischof Christof, trotz seiner vielen Geschäfte, die ihn meist am kaiserlichen Hoftager zu Wien hielten, erweiterte die Residenz zn Obcrburg, befestigte sie mit Manen» und Wällen :e. Als 1529 Johann von Anerspcrg boi einer Recognos-cirung an der türkischen Grenze verloren ging und nie mehr zum Vorschein kam, wurde khristof Ranber Landeshauptmann von Kram von 1529 bis 1530. Er starb 1536 als Statthalter in Wien und liegt zu Oberbnrg. Bei der Huldignng Ferdinand l. in Prag erschienen Haus und Niklas von Naubcr als Repräsentanten des krainischen Adels. Eberhard Rauber besaß Thalberg, aber schwerlich den Ranberhof (nnn Ioanncnm) in Gratz. Er wurde weltberühmt durch seine Riescnstärke nnd dcu Bart, der ihm von: Kinn zn den Füßen und wieder zum Gürtel zurück ging, dnrch seine herkulische Große, die 3 Ellen betrug, und seinen cdelmüthigcn, echt ritterlichen Sinn, den er in mehr denn einer Gelegenheit bewies. Er fehlte bei keinem Tnrniere, und mehr denn hundert Gegner küßten durch ihn den Sand. Bei 156 einem Besuche Herzog Ferdinands bei Carl ll. von Steiermark rühmte sich ein riesiger bekehrter Jude, daß ihm kein Gegner im Fanstkamftfe gewachsen sei. Alö er Rauber gefordert hatte, und das Loos den ersten Streich dem Juden gönnte, versetzte dieser dem Freiherrn einen solchen Schlag, daß der Freiherr betäubt vom Saale getragen wurde. Acht Tage später erneuerte sich der Kampf, bei dem Räuber dem Inden den Bart sammt dem unteren Kinn wegschlug. Der wegen seiner Riesenkrast berühmte Eberhard Freiherr von Rauber starb 1575 alt 68 Jahre auf seinem Schlosse zuPetro-nell. Er war in erster Ehe mit der schönen Dorothea Schorsätin, dann mit Ursula von Tschillock vermählt, die ihm 4 Paar Zwillinge gebar. Ernst Alezander, Freiherr von Rauber vermählte sich 1667 mit Regina Freiiun von Gnssi«'; seine Tochter Snsanna cmigrirtc 1U74 mit ihrem Gatten Georg Sigmund Herr von Dietrichstein, Herrn von Primersdorf in Nicderöstcrreich, der als eifriger Protestant die Heimat verließ. Ein Xaver Freiherr von Rauber starb 1809 als Oberstlieutenant in Grcch. Bei meinem jüngsten Besuche von Petroncll fand ich das Grabmahl der schönen Gemahlin des inneröstcrreichischen Cid; es möge hier einige Zeilen verdienen. Wir kamen zwischen ebenen Rebenpstanzungcn zu der ehrwürdigen Rotunda, die neben dem altergrauen Spitale von einer morschen Mauer umschlossen die Gruft der Grafen von Traun enthält — ein Grab der Gegenwart auf dem Leichenfelde einer großen Vergan- genhcit. Die Todteu-Capelle hat nur am Karner in Hartbcrg ein würdiges Seitenstnck von völlig gleicher Bauart. Außen sind 18 Halbsäulen, je Mi starke Schritte von einander, oben durch ovale Bögen verbunden, wie der ganze Bau aus duuklen sorgfältig geglätteten Qnadern. Das Sanctuarium mit seinen kleinen Fenstern tritt als ein Oval aus dem kreisrunden Ban hervor. Ober dem Eingänge hält ein Manu ein Kind bei den Haaren, ein Engel tritt ihm entgegen, vielleicht Abrahams Opfer. Die Mauern haben mehr als Klafter Dicke. Das Innere, nur vou zwei Fenstern beleuchtet, zeigt einen Musikchor mit doppelter Treppe auf zwei hölzernen Säulen — cine offenbare Störung des Ganzen, dessen sonstige Einheit überraschend ergreift. Drei schmale Spitzfenster werfen ein dämmerndes Licht in das Sanktuarium. Die Capellc enthält nur ein Bild, Johannes tanst Christum. Am Grabsteine sind 3 durch Ketten verbundene Schilde, die Inschrift besagt, daß hier Frau Dorothea Nauberin aus Ungarn, Gattin des Herrn Andrä Eberhard Freiherrn von Ranber, Herrn von Plaut'custcin uud Petronell, gebornc Scharsäkin, begraben liege. Den Enkeln Heil, die solche Ahneu Au Kraft und Milde schirmcud mahnen. 158 Urlaub. Laßt mich auf Urlaub zieh'n, Werde euch uicht entfliehen, Wird nur das Heimweh gut, Bin ich ein tapfres Blut; So aber bricht mein Herz, Glaubt mir's, im stummen Schmerz. Auch ihr meint's gut mir All', Schicket mich ins Spital; Doch wo das Uebel nagt, Hat noch kein Arzt gesagt; Weiß ich doch selber nicht, Was meine Kräfte bricht. War sonst wie Eisen stark, Hatte nur Glnth statt Mark, Zog sich der Förster schnell, Merkt er mein Büchslcin hell; Jetzt wie die Muhme alt Bin ich so schwach und kalt. Wenn ich das Hochland seh' Wird mir's im Herz so weh, 159 Berghöh'!! und Jägersmann Seh'n sich so ähnlich an. Schützenrock gleichet bald Lustigem grünen Wald. Fast wie die Alpen braun War einst mein Hnt zu schau'n. Geierflug weiß und hell, Schnee wohl auf höchster Stell; Und an den Blumenstrauß Mahnt ja dcr Sennin Haus. Muß ich dieß ferne seh'n! Laßt mich auf Urlaub geh'u. Glaubt in dcr nächsten Stund Bill ich ench ganz gesuud, Rück ench getreulich ein, Müßt's auch auf immer sein! 169 Heinrich Knnffl-Len;, k. k. Lieutenant bei Baron Mvkoviö Infanterie. Nekrolog. v<)<-ill>en,'' Mi« sErobeiung von Temesvar durch Eugen 1716). Der Krieger mitten im Gewühle des Kampfes öffnet dem Tode frcndig die Arme und empfängt ihn jubelnd, als wäre er der Bräutigam der Unsterblichkeit. Aber wenn nach Schlacht und Sieg nacy tausend Gefahren das giftige Geschoß der Seuchen den muthigcn Kämpfer heimtückisch trifft, wenn ihn: der Jüngling uicht gemäht, sondern gebrochen erliegt, wenn nicht der Donner der Kanonen seinen letzten Pfad begleitet, sondern ein schüchtern nachgcmnrmeltcr Gruß seiner letzten Gefährten, weit vom Waffcnschalle, weit von der Heimat im fremden feuchten Boden ihm nachseufzt: da regt sich doppelt das Gefühl der Wehmuth, da verpflichtet das ungleiche Loos den Griffel der vaterländischen Geschichte, um so emsiger zu sorgen, daß nicht auch die Thatcn des Helden mit in das Grab der Vergessenheit sintcn. — So weihen wir denn einige 161 Zeilen einem der jüngsten, einem der hoffnungsvollsten Offiziere, einem jener Wackeren, wie sie die österreichische Armee in der Sturm- nnd Drang-Periode der Jahre 1848 nnd 1849 in ihrem eigenen Schooße, schnell groß gezogen: um der Nachwelt zu beweisen, daß Oesterreich nie größer sei, als in den größten Gefahren. — Als Freund und einstiger Lehrer des Verblichenen weihen wir einem würdigen gefeierten Sohne unserer Steiermart einige Zeilen der Erinnerung, um so mehr, als zn erwarten, daß die altrömische l>lcM, die Ge-bnrtsstadt des Dahingeschiedenen, selben: im eigenen Interesse ein kleines Denkmal errichten dürfte. Jene Leser, welchen der Name Heinrich Knaffl-Lenz unbekannt sein dürfte, verweisen wir ans die Mittheilnng seines Todes und die kurze Skizze seiner Thaten, wie selbe in Nr. 263 der Gratzer Zeitung vom 23. September 1849 flüchtig angedeutet erschienen. Heinrich Knaffl-Lenz ward als zweiter Sohn seinem Vater, dem gegenwärtigen Herrn Finanzrathc Heinrich Knaffl zn Gratz, in killi am 19. Mai 1831 geboren. Der Knabe, an dessen Wiege als gemüthlicher Hausfreund der gefeierte Sänger Gabriel Seidl oft als lieber Schutzgeist stand, berechtigte schon im ersten geistigen Erwachen zu den schönsten Erwartungen; Offeuheit, reinen Sinn, Muth nnd biedere Geradheit sprachen seine Züge, seine Worte, seine Handlungen aus. So wurde er der Liebling seiner Gespielen, die 162 .Hoffnung der Eltern. Er erhielt den ersten Unterricht in Marburg, machte die Gymnasialstndien in Gratz und vollendete sie im Juni 1848 bei dem Unterzeichneten in Marburg. Schon als Stndirendcr gab er bei seinem Erd nnd Himmel übersprudelnden Temperamente auffallende Proben des kältesten Muthes, der ruhigsten Besonnenheit in Gefahren. So sah er in Gratz beim Schlittschuhlaufen im Jahre 1844 die Eisdecke unter einem seiner Gefährten einbrechen nnd letzteren nnterswkeu. Rasch warf er sich stach auf dem krachenden Eise nieder, kroch auf dem Bauche bis zu seinem Gespielen und rettete Letzterem mit eigener Gefahr das schon mehr als bedrohte Leben. Bei dem Brande, des Payer-Bäckerhanses im Sommer 1848 zu Marburg, dessen Flammen einem ganzen Stadttheile Verderben drohten, stand und arbeitete Knaffl stundenlange auf den gefährlichsten Stellen, mitten in Rauch, Muth uud Lohe und ruhte nicht früher, als bis die Gefahr von dem Hanfmagazine des benachbarten Seilers entfernt war. Gleich «lit dem Beginne der Ferien 1848, die in Marburg damals schon im Inni ihren Anfang nahmen, war Knaffl einer der vielen Marburger Studiosen, welche mciuem Rathe folgten, begeistert in die Reihen der Armee traten, und die wenigen, welche rnhmvoll im Kampfe erlagen, ausgenommen, eben so schnell durch Muth und Geschick, als geachtete Offiziere zur Nach-eifenmg anfenertcn. to» Seiuem Wunsche, Soldat zu werden, entsprach sein reich gebildeter Vater mit gewohnter Vaterlandsliebe, sein Vater, der selbst in den Tagen der Gefahr nnd der Nathlosigkeit in der lebhaften Debatte des steirifchen Landtages zn Gratz am 8< Angust 1848, für Erhaltung der Einheit der österreichischen Monarchie, nämlich, die inhaltsschweren Worte sprach: "Wir dür-„fen nns von den übrigen Provinzen der Monarchie „nicht ein Mal scheinbar absondern. Wenn wir nns „isoliren, wenn wir nicht jedes provinzielle Interesse „dem Allgemeinen opfern, so werden wir gewiß erfahren, daß gerade diese Isolirnng nns znm Nachtheile wird. Wir müssen erklären: daß Steiermark „ein untheilbares Herzogthnm im österreichischen Kai-„serstaate ist, dadnrch werden wir beurtundeu, daß wir „allen Provinzialgelnstcn entsagen nnd die Kraft in „der Einheit finden"! Die Ansichten eines Sohnes, der von seinem Vater von Kindheit an in solchen Grundsätzen erzogen war, konnten wohl nicht thatlos bleiben. Heinrich Knaffl war eine jener glühenden, anfbrausen-dcn Naturen, welche das seltsame Schanspiel gewähren, daß gerade sie sich dem starren nnbedingten Gehorsame der ehernen Soldatenpflicht am leichtesten nnd liebsten fügen. Am 15. October 1848 trat er als kadet in das galizische Regiment B. 8nltuvj<: Nr. 41, weil es auf dem gefährlichen ungarischen Kriegsschauplätze stand, nnd weil Kuaffl, Gelegenheit gefunden, in dem damals zn Gratz lebenden Herrn Inhaber B. v. 8lvkoM, nicht bloß cineu würdigen Freund sei- 164 nes Vaters, sondern auch einen der edelsten Veteranen unserer Heldenarmee zu verehren. Als Cadet auf seinem Durchmarsche zu Marburg besuchte mich der begeisterte, in seinen: Berufe überglückliche Jüngling das letzte Mal. „Sehen werden Sie mich vielleicht nie wieder, aber hören, viel hören von mir sollen Sie recht bald," waren seine letzten Worte. Da er des nugarischen Aufstandes wegen nicht gleich zu seiner Garnison nach Temesvar abgehen konnte, und Herr Inhaber B. v. 8nkavii, der mittlerweile aus Gratz in das stillere Görz übersiedelt war, in seinem Briefe vom 15. November den Wnnsch äußerte, den feurigen Jüngling bald anf dem Kriegsschauplätze zu wissen; so wurde er als Cadet dem 3. Bataillon des steirischm Regimentes B. Piret zugetheilt, welches deu Feldzng unter Feldzeugmeister Grafen Nugent von Unterstcier ans gegen Ungarn mitmachte, einen Win-terfeldzng, der durch alle Draugsale des Krieges, der Elemente nud der Entbehrungen sich deu beschwerlichsten, welchen die Geschichte kennt, anreihet. Von hier an geben wir einen Theil seiner Geschicke aus seineu herzlichen Briefen an seineu Vater und aus den ehrenden Berichten seiner Vorgesetzten, deren nngetheilte Liebe cr in der kürzesten Zeit gewann. Ich gcbe seine Schicksale so vollständig als möglich, da dem Historiker kein Einzeln-Character unwichtig sein soll, sobald er auf einem wichtigen Schauplatze Wichtiges geleistet hat, und zu noch größeren Erwartungen berechtigte! 165 Knaffl kam bei dem 3. Bataillon Piret in Pettau an und übte sich dort in den Dienst ein. Aber schon am 29. November 1848 Früh 9 Uhr beim Ererciren traf der Befehl zum Ausmarsche nach Croatien ein, 2 Stunden später ging es über Ankenstein und Sau-ritsch ohne Aufenthalt fort bis Warasdin, wo nach Mitternacht die Truppe, bei 50 Pfund Gepäck anf den Manu, so ermüdet eintraf, daß alle Rüstwagen mit Erschöpften beladen, und 4 Packpferde gefalleu waren. Auf das Gerücht: die Ungarn seicu bei Lessrad eiugefallen, wurde schuell die Draubrücke besetzt, uud durch Pechkränze an den Jochen ihre etwa nöthige Zerstörung vorbereitet. Schou am 6. November wurde nach Steiermark zurück, und zwar nach Radkersburg gezogeu, wo sich Nugents Corps 12,000 Mann stark mit 2 zwölfpfündigen Fuß-, 8 sechspfüudigen Caval-lerie- und 1 Raketten-Batterie vereinigt hatte. Die Schiffmühlen am linken Muruftr, aus welchen die Vorposten durch die Ungarn beunruhigt wurden, waren am 15. durch Kanonen zerstört, und das Landwehr-Bataillon Piret zum Schutze der unteren Gegenden am 16. bis Luttenberg vorgeschoben. Damals erwachte in Knaffl der lebhafte Wunsch, zn Erzherzog Johann Dragoner überzutreten, um uoch rascher auf dem lebendigen Schauplatze des Krieges zu sein. Im furchtbarsten Schneegestöber fand am 23. November der Ansmarsch von Radkersburg nach Kör-mend statt, das ganze Armeecorps setzte auf ungarischen Boden über, rückte i" 8 Stunden ohne Speise tS6 und Trank bis Maitianz vor, wo unter freiem Himmel bei einer Kälte von mehr als 20« bivouakirt und am nächsten Morgen als Erfrischung halbrohes Rindfleisch verzehrt wurde. Am 24. Früh 7 Uhr aufgebrochen, in 9 Stunden St. Peter erreicht, wurden ohne Wasser und Brot mit wunden Füßen sogleich die Vorposten bezogen. Um Wasser zmn Kochen zn haben, mnßte das Eis ei' ner Kalkgrube geschmolzen werden. Knassl war zu einer Hausdurchsuchung command dirt, da sprang ein riesiger Pandnr mit geladenem Stutzen aus einem Hinterhalte auf ihn an, Knaffl schlug den Stutzen znr Seite, verfolgte seinen Feind durch einen Weingarten, wo Beide im Handgemenge stürzten, bis es Knaffl gelang, seinen Gegner zu entwaffnen und gefangen einzubringen. Mit dem erbeuteten prachtvollen Drahtlanfstntzen, der ersten Spolie, machte er seinem Lieutenant ein Geschenk. Am khristtage wurde wieder der Marsch nach Körmend zurückgemacht, und die 8. Nacht auf Vorposten zugebracht. Den Rest dieses Monates blieben die Truppen in Körmcnd, 15,000 Mann standen in und um den kleinen Ort, dessen Juden die Verhältnisse zur Theuerung zn benutzen verstanden. So kam das neue Jahr, eine hieroglyphenvolle Sphynz, eine seltsame Schrift. Daß selbe nicht Babels Sprache, nicht Belsazers Schrift wurde, verdanken wir Oesterreichs jungem Cyrus. Am 4. Jänner 1849 wurde von Körmend nach Lövö aufgebrochen; in Folge des schlechten l«7 Wassers litt Knaffl bereits arg am Fieber, kam trank in llHe8ll an, machte aber trotzdem den Marsch über Lendva nnd j^te»)^ (wo im October die steirische Mannschaft so t^rpfer gefochten hatte) mit, als ganzer Erquickung in seinen Briefen nnr der Bank erwähnend, anf welcher er sich in I^len>« nach langer Zeit wieder ans schlief. Die vier Stnnden Weges bis Großkanischa aber nennt er, krank und abgemattet, wie er sich fühlte, die Mühseligsten seines Marsches. In Großkanischa zum Plaßcommando zugetheilt, erholte er sich schnell, entledigte sich seiner lebendig gewordenen alten Wäsche, bereitete sich zum weitern Marsche vor nnd freute sich bald über Esset nach Temesvar zu gehen, um so mehr, als er an seinen Freund und Laudsmann, den jungen Krieger Geister ans Hartberg, dessen wir am Schlnsse nnserer Skizze noch erwähnen werde», einen gleich tapfern Genossen gefnnden hatte. So kurz bisher das'Kricgsleben gedauert, anf Knassl hatte es einen tiefen wichtigen Eindrnck gemacht; er War mehr ernst nnd schweigsam, mehr in Gefahren besonnen und rnhig geworden; er kannte nnr eine Sehnsucht: Vorrücken nnd Kämpfen; so schließt er ein Schreiben aus Kanischa an seinen Vater am 22. Jänner 1849: „Ich möchte doch einmal ordentlich ws Feuer kommen. Ich muß dir nnr so viel schreiben, daß ich nie einen andern Stand wählen würde." Am 25. Jänner wurde von Kanischa anfgebro-chen auf guter Straße Lelvlif (?) und am 26. Ber- 168 zeniza, eine elende Station, erreicht, am 27. im grundlosen Koche ein Doppelmarsch nach LakKe^K ssemacht, hier im Moraste über Nacht campirt, am 28. wieder N/2 Station ohne Straße in Stand nnd Koth bis Istrandi znrückgelcgt, endlich am 29. in das dnrch Ariililj Heldentod classisch gewordene Szigeth eingerückt. Die Besichtigung der einst anf 2 Stnnden ringsum die 2 Klafter dicken ^estungsmaueru beschirmenden Sümpfe, des Kastelles, in welchem Xrini, Oestreichs Dacins, nach seinem Heldcntode — die Türken den Schatten der Gefallenen opferte, all' dieß machte Knaffl auf alle Bedürfnisse des Lebens vergessen; und vollkommen zufrieden marschirte er am 30. Früh 5 Uhr weiter auf wegloser Pußta, bis um halb 5 Uhr Abends das Corps Fünstirchen erreichte. Trotz dem nicht besten Rufe der Gesinnuug der Einwohner ließen sich die Steirer das gnte Wasser und den noch besseren Wein trefflich muuden, nnd freuten sich der Nachricht, daß bei Mohacs 12,000, bei Essek 15,000 Ungarn sie schlagfertig erwarteten. Am 2. Februar wurde von Fünstirchen über 8ik!u5 nach Mlolao/. und von dort aus mit Kavallerie und Geschütz über die 18" tief gefrorene Dran marschirt, iu Vichw 3 Tage Rast gemacht und am 6. gegen Esset gerückt. „Ich freue mich schon, wenn wir zum Sturme kommen werden!" schreibt Knaffl beim Anblicke der Festung, welche sich aber am 13. Februar mit 8000 Mann, 10,000 schweren Geschützpatronen lc. ergeben mußte. Während der Belagerung zeigte Knaffl seinen besonnenen Muth in so gläuzen- 169 dem Lichte, daß er von seinem Bataillons-Comman-danten, Major Streicher, der ihn wie einen Sohn lieb gewonnen hatte, der Aufmerksamkeit des Generalstabes empfohlen wnrde. Am 1. März Abends 5 Uhr wurde von Essek bei furchtbarem Regen aufgebrochen, um 11 Uhr Nachts auf grundlosen Wegen 8arbH8 erreicht, bis 1 Uhr Raststunde gehalten, später zu^Uäll)«. an der Donau auf dem Dampfer Erzherzog Stefau eingeschifft und um vier Uhr Nachmittag im großen Dorfe lllok gelandet. Von hier ging es vor Pcterwardci». Wir treffen hier auf eine der glänzendsten Episoden in Knaffl's kurzem, aber thatreichen Leben. Es war am 5. März. Knassl stand schon den I. Tag auf Commando seines Hauptmannes Ritter v. Luxem ununterbrochen auf Vorposten 30 Schritte dem Feinde gegenüber, da machten die trüben Nachrichten, welche alls Siebenbürgen eingetroffen waren, eine Verständigung Mit den Generalen Rukavina nnd Puchner nothwendig. Knassl wurde, obschon nur Cadet nud so jung, mit der Absendnng dieser wichtigen Mittheilung betraut. Um V4 auf Eins, anf des Feldzeugmeisters Grafen Nugent Befehl zunt Herrn Obersten Mamnla gernfcn, erhielt n die beiden inhaltschweren Depeschen und den ehren-den Anftrag, sie dnrch alle Gefahren schnell und stcher nach Temesvar zu bringen. Kaltblütig und um-flchtig nmging Knaffl noch in derselben Nacht die feindlichen Vorposten vor Peterwardein, kam um 3/4 auf 5 mit Vorspann nach Karlovy nachdem er der feindlichen 8 170 Stellungen wegen einen Umweg von 5 Stunden durch das Gebirge gemacht hatte, drei Mal umgeworfen, und ein Mal bei einem Sturze von einer 3 Klafter hohen Felswand nur durch das ErHaschen eines Ahornastes vom Zerschmettertwerden gerettet worden war. In Karlova fand er von der bis Kobil ausgetretenen Donau die Fahrwege und Ueberfuhren gänzlich zerstört. In 1^/2 Stunden erreichte er mittelst Nachen Kobil. In lecken Kähnen mit 4 erzwungenen Ruderknechten wagte er sich über die angeschwollenen Fluthen der Donau und Theiß, und kam auf gewaltsam requirirten Wagen nach zahllosen Abenteuern, nachdem er 19 große, 5 bis 800 Häuser zählende, damals aber gänzlich verwüstete Dörfer durchflogen, am 7. März um 111/2 Uhr glücklich in Temcsvar an, übergab die Depeschen und meldete sich beim Obersten Freiherrn v. Wernhard, der ihn freundlich empfing und ihm den Czako abnahm mit den Worten: „der eignet sich nicht mehr für einen Herrn Offizier!" ihm zugleich seine Ernennung zum Lieutenant bekannt gebend. Er wurde dem Corps des Generals Grafen Leiningen zugetheilt. Nun war Knassl beit seinem Regimente, das seit Anfang des Krieges 1600 Todte, darunter 600 vor dem Feinde Gefallene zählte. Am 10. theilt Knassl seinem Vater die frohe Nachricht seiner Erlebnisse mit, am 13. bestätigte ein schmeichelhaftes Schreiben des Herrn Inhabers, daß Knassl Ossizier geworden. Die geistige Aufregung der früheren Strapazen, bei denen er sich aber einzig nur über den Tornister beklagte, machten 171 Knassl einige Tage unpäßlich, aber eben die Aufregung war sein Arzt. Er schließt einen seiner Briefe an seinen Vater: "das Flüchtige und Aufbrausende des Jünglings ist vorbei, er steht nun da als Mann." Schon damals herrschten unter der Temesvarer Garnison, die aus den 3 Bataillons Leiningen, Rukovina und Sivkoviö und Schwarzenberg-Uhlanen bestand, so bedeutende Krankheiten, daß man täglich 20 bis 30 Todte zählte. Trotzdem äußerte Knaffl eine lebhafte Vorliebe für die seltsame Festnng, deren niedere, dem Boden kaum 2^ Klafter entwachsene Wälle nach seiner Aeußerung den Kartätschenhagel um so furchtbarer zu schleudern vermögen. Auch in seinem Nachlasse fanden sich Pläne vou Temesvar, darunter ein sorgfältig aufbewahrter Plan der Belagerung dieser Festung durch Prinz Eugen li716) mit mehreren Sinnsprüchcn, von welchen auf die neueste Zeit der eine prophetische Anwendung finden konnte: Saccula risistj victrix Marpesia cautes ct regni ct regiim vincere docta minas Sacculorum doinitor vitit te gloria regum: Gordia quio minim, qnis nisi Pclla sccet. Die heldenmüthige Vertheidigung von Temesvar bildet ein schönes Blatt in der Geschichte österreichischer Treue. Ich gebe hier meiuen Lesern einige Daten, welche ^853 die wackere Zeitschrift der „Soldatenfreud" darker mittheilte. 8* 172 Vom April 1848 an beraubte das ungarische Ministerium die Festung vieler Vertheidigungsmittel. Das Regiment Kivkovi«' sollte fort, aber es verweigerte den Ungarn den Einmarsch. Am 3. October erschien das kaiserliche Manifest. Die Garnison erklärte am 10. October, für Se. Majestät zu leben und zn sterben. In den Magazinen und Cassen war es leer, die Kanonen ohne Bespannung, das Volk nnter Kossuths Einfluß, Maros, Theiß und Donan meist in Feindeshänden, eben so Lugos, die Feinde unter li>88 standen von Wcrschch bis Groß-Becskerek. Das Volk mußte entwaffnet werden. Bald war die Festung auf 2 Monate vcrproviantirt, 2000 Nekruteu auf 6 Monate assentirt, 4^ Batterien ausgerüstet, und da nnr 80 Kanoniere waren, von der Musikbande von Leiningen bedient-Später kamen 80 Mann vom 5. Artillerie-Regimentc nach. l.uF08, l.ipM> L0F8M, k«8tt', NlHVlCil wnrden dem Feinde entrissen. Am 11. December 1848 wnrde von Temesvar ans der Festung Arad Hülfe gebracht; am 8. Februar 1849 selbe durch die Temesvarel uuter 'llleullol'lnk' vom Capitnliren gerettet. 4 Compagnien Xllnini schlugen sich von Peterwardein nach Temesvar durch. Ein Streifcorps nntcr Graf Leiningen brach gegen Siebenbürgen anf, erfuhr iu ltU'8«t den Fall vou Hermannstadt und mußte im Marosthale stehen bleiben, nachdem noch etwas Xilvwz nach 11«^ geworfen war. Schon im März wurden die Feinde vor Arad überlegen, besetzten Karansebes und kuFtt», Leiningen 173 zog sich zurück, die Garnison von Temesvar wurde auf 3 Monate für 6000 Mann verproviantirt. Temesvar, ein bastionirtes Neuneck, gewährt 3 Vertheidigungslinien, ist aber zu wenig bombensicher, das Spital nur auf 600 Mann. Das Wasser kommt durch Röhren aus der Vorstadt Fabrik. Gegen U und N sind der Jagd- und t^0ka-Wald, zwischen diesen und der Festung die Vorstädte Fabrik, Iosesstadt, Maierhöfe und Dorf Uellkla. Der Begacanal, einst in den Werken ber Festung, ist nun entfernt und leicht vom Feinde trocken zu legen. Am 25. April wurde die Festung eingeschloffen, in ihr standen 4 Generäle, 188 Stabs- und Oberoffiziere, 8659 Mann, 1272 Pferde. Nur 3 Ossiziere und 14 Mann vom Genie, nur 12 Offiziere und 239 Vlann Artillerie, davon 61 Rekruteu, 180 Infanteristen Wurden als Pompiers ausgeschieden. Nur 213 Geschütze waren da, wohl Pulver, aber keine Zünder. An Kleidung und Wäsche fehlte es gänzlich. Die Belagerung dauerte vom 25. April durch 107 Tage. In Temesvar gewann sich Knaffl bald durch seine Offenheit und Bescheidenheit die Theilnahme und wärmte Freundschaft eines der ausgezeichnetsten Ossiziere, ber dem jungeu Krieger bei seiner durch die Zeitver-hältnisse etwas schwer gewordenen Offiziers-Equipirung Wit Nath und That an die Hand ging, mit ihm spä-^r eine Reihe von Gefahren theilte, ihn zu Grabe begleitete und die Skizze zu einer Biographie dieses 1?4 Braven am 6. October 1851 niederschrieb. Wir wollen diesen treuesten Freund des Jünglings, da seine Bescheidenheit nns nicht erlaubt, ihn zu nennen, mit H. H. bezeichnen. Als das Corps des Grafen Lei-ningen am 7. April gegen die Insurgenten in Siebenbürgen operiren sollte, Knaffl jedoch ganz ohne Equi-pirung war, indem seine Wäsche und Kleider durch den Dienst völlig zu Gruude gegangen, die Gelder von seinem Vater durch Unterbrechung des Postlaufes nnter Weges liegen geblieben waren, so überraschten ihu am Vorabende des Ausmarsches die Offiziere seines Bataillons durch eine vollständige Ausstattung vom Czako bis auf die Fußbekleidung — einen freundlichen Beweis gebend — wie beliebt er bei seinen Kameraden sei. Nuu nahm Knaffl einen lebhafteu Antheil an den Gefechten bei I^lFU8 20. April 1849 und Kepet 22., wo unter seiner Mitwirkung ein Oberlieu-tenant von König Wilhelm Husaren mit 21 Gemeineu gefangen wurde. Das Corps hatte die bei k«.e8et aus Siebenbürgen und dem Banate führende Straße zu hüten nud dabei sehr mühselige Märsche, daruuter einen von 24 Stunden zu bestehen. Am 25. April unter steten Gefechten vor der Uebermacht sich zurückziehend, kam es wieder nach Temesvar. Knassl bezog die Vorposten in der Vorstadt Fabrik, mußte aber vom herrschenden Fieber ergriffen zu seiner Genesung in die Festung. Bei einem Ausfalle gegen Freidorf am 12. Mai wurde sein innigster Freund und Gönner H. H. verwundet; 175 und nun war es an dem kranken Knaffl, der treueste Wärter des Verwundeten zu sein, zugleich aber auch die Zeit, auf das Emsigste für das Studium der Militärwissenschaften zu verwenden, in denen er bald nnd besonders in der Artillerie außerordentliche Fortschritte machte. In wenig Tagen zeichnete er sich schon im Artillerie-Dienste durch seinen Scharfblick aus. Die Offiziere in den Vorwerken hattm 3- bis 6pfündige Kanonen zur Verfügung. Knaffl aber machte sich zur Aufgabe, selbe zeitweise zu bedienen, obschon er dadurch das Feuer dcr Feiude auf sich zog. Am 8. Juni eben auf Inspection bemerkte er im heftigen Gewitterregen einen starken feindlichen Vorposten, der sich in eine benachbarte Hütte znrückzog. Alsogleich ließ er durch einen Vormeister drei Geschütze dahin richten und zugleich abbrennen. Keine Kugel scheint gefehlt zn haben, denn der Feind zog sich hurtig um wenigstens 6 bis 8 Mann vermindert znrück. Giner der gefährlichsten Posten der Festuug war das sogenannte verschanzte Lagcr — ein freies Feld zwischen der Festung und den Vorstädten Fabrik und Iosephstadt ans 2 Seiten vom Arme des Begakanals umschlossen, von den Ocsterreichern stark vcrbarritadirt, aber nur schwach besetzt uud so gelegen, daß Freund und Feind anf gleiche Weise dem Feller ausgesetzt waren, so daß sich diese Stelle den Namen Uriasfeld erwarb. Nahe beim Richtplatz uud der Ziganie stand Leiningen's Arriercgardc. Zwischen den Maierhöftn b" Iosephsstadt und dcr Mihala an beiden Ufern des 176 Begacanals waren die Schanzarbeiten der Ungarn, weiter hinten zwischen der Ioftphsstadt und Frcidorf ihr Lager und ihre Batterien, nach dem Falle von Arad von Szabo und Dembinsky geleitet und so reich versehen, daß man beim Entsatze in selben 36 Mörser, IZHanbitzen, 20 Belagerungs-, 22 Feldgeschütze, ferner im Iagdwalde eine Gewehrfabrik, in St. Andreas eine Stückgießerei fand. Die Vorpostenzeit dauerte im verschanzten Lager gewöhnlich 24 Stunden. Wenn nur eine österreichische Mütze über die Brustwehr sich hob, wurde sie verschwenderisch mit einem feindlichen Geschützhagel begrüßt. In einem Garten in der Nähe hatte Knassl treffliche Iohannisbeerenbemerkt. Sein ver-wnndcter Freund H. H. sehnte sich selbst im Fieber nach frischem Obste. Da wagte sich Knassl vor den feindlichen Vedettm hinaus, hieb mit seinem Säbel eine Menge Iohannesbeerstauden um, band sie rnhig zusammen, lud sie auf, nug sie kaltblütig über den mit Kugeln begrüßten Weg und überraschte seinen kranken Freund beim Erwachen durch einen kleinen Zier- und Fruchtgarten, den er ihm um das Bett iu der Kasematte aufgesteckt hatte." Später holte er, wie gegen die Kugeln gefeit mit jeder Gefahr spielend, Kürbisse, die als Delikatesse und Rarität einer Dame verehrt wurden. Oft die Nichtigkeit im Zielen bei den Feinden zu versuchen, lenkte er die ganze Aufmerksamkeit desselben auf sich, so geschah es, daß er sich glücklicher Weise bückte, als zwei 24löthige Kugeln dicht neben ihm in einen Balken der Brustwehre einschlugen. Am 14. Juni 177 auf Vorposten sah er zwischen beiden Parteien zwei Kühe und ein Kalb weiden. Frischer Braten war seit lange ein versagter Leckerbissen. Freiwillige zu einer Razzia waren nicht zu hoffen, so ging er denn allein nach erhaltener Erlaubniß mit einem Kugelstutzen bewaffnet hinaus, watete durch dm Canal, lud das Kalb auf die Schultern, trieb die Kühe vor sich her, kehrte von 100 Kugeln umpfiffen glücklich in die Festung zurück und bemerkte lachend seinen Kameraden: Schon fürchtete ich, eine Kugel tonnte mir eine Kuh treffen und und am Weitergehen verhindern. Dieses geschah in jenen 3 Tagen, in welchen die Ungarn (seit 13. Juni) die Festung so heftig bombardirten, daß über 1600 Kugeln Hineinstogen. An sich selbst dachte er nie bei einer Gefahr. Von nun an wohnte er allen Ausfällen aus der Festung bei, namentlich jenem in der merkwürdigen Nacht vom 4. bis 5. Juli, der unter vielem Blutvergießen den Zweck —das Vernageln der von den Feinden aufgeführten Geschütze erreichte. An der Spitze seiner Compagnie griff er mit Ungestüm eine feindliche Division an, und trotz dem mörderischen Feuer, welches Bem aus 36 Kanonen eröffnete, denen die Oesterrcicher nur 12 entgegenzustellen hatten, gelang es ihm, dem Feinde einen Verlust vou 200 Mann beizubringen. Im blutigen Kampfe am 6. Juli, in welchem jeder 6. Mann und jeder 3. Offizier qetödtct wurden, fiel sein Oberlieutenant Nostorste, der Lieutenant Hospein wnrde schwer verwundet. Knaffl commandirte mit kalter Ruhe die Compagnie gegen den rechten Batterieflügel, eine 8** 178 Kugel drang ihm durch Mantel und Beinkleid und streifte ihn am Knie, er aber ruhte nicht, bis die feindlichen Geschütze vernagelt waren. Am 29. ließ er sich während eines heftigen Bombardements von einem zufällig anwesenden Maler für seinen Vater in Oel malen, gleichsam vorahnend sein nahes Ende. Noch am 5. August Mittags 2 Uhr wies die todesmuthige Besatzung durch Obrist Stankovic und Hauptmann Feldegg die von Vecsey angetragene Capitulation stolz znrück. Am 9. August, als die Feinde von Gyarmatha her von dem anrückenden Entsatze zu weicheu begannen, meldete sich Knaffl zu jenem Ausfalle, der im Rücken der ungarischen Armee beabsichtigt war, seine Bitte wurde aber nicht gewährt, aus dem Grunde, weil die Mannschaft dnrch Seuchen und Gefechte schon so zusammengeschmolzen war, daß auf 20 Mann ein Offizier kam. Trotz dem wagte Obrist B. Blomberg mit 6 Escadrons, 4 Compagnien, 50 Schützen, 50 Pion-niers und einer ßpfündigen Batterie einen Ausfall, der ihm so wohl gelang, daß er den Feind aus den Friedhöfen und dem Präsidentengartcn verjagte nnd dem Fürst Liechtensteinischen Corps die Hand bieten konnte. In den wenig freien Stunden, welche Knaffl während der Belagerung Dienst und militärische Studien ließen, trachtete er als bewunderungswürdiger Schütze, feinen Kameraden Leckerbissen zu verschaffen, durch Wildtauben, welche cr auf 60 Schritte weit mit der Kugel erlegte, während auf ihn die Geschosse aus den feindlichen Schanzen pfiffen. Endlich war Temesvar entsetzt, in der Nacht vom 9. zum 10. August Hayn.au als Befreier eingezogen. Knaffl, der bereits am 28. Juli einen leichten Anfall von Cholera — der verderblichen Seuche, welcher 2 Drittheile der Garnison, unter diesen auch der tapfere Adjutant Geißlcr am 11. August, erlagen — verspürt, aber aus Diensteifer nicht geachtet hatte, fing er, wie in der Ahnung seines nahen Todes von Urlaub iu die Heimath zu reden au, und endlich sich dem Gedanken an denselben mit einer Art hartnäckiger Freude hinzugeben. Sein Vater schwebte indeß, da der letzte Brief, deu er von Knaffl erhielt, jener vom 8. April 1«49 war, um so mehr iu tödtlicher Angst, als in Gratz das Gerücht verbreitet war, die Brigade Leiningen sei ganz aufgerieben. Maßlos war daher die Freude desselben, als er vou seinem Sohn einen am 13. August geschriebenen Brief erhielt, in welchem er ihm seine Abenteuer, sein Wohlbefinden, aber leider auch den Tod des wackeren Lieuteuauts 5e l»a>, der an seiner Stelle zum ersten Bataillon gekommen war — durch einen erplodirenden Pulverwagen bei einem feind« lichen Augriffe, meldete. Als der Vater des Lieutenants Knassl mit gerührtem Herzcu dem Himmel für das Leben seines SohueS dankte, ruhte dieser bereits in kühler Erde! Iu deu letzten Tagen der Belagernug waren täglich 70 Personen gestorben, während aus der Garnisen 24 Ossiziere, 510 Man», 229 Pferde im Kampfe fielen, starben 2000 Mann an Epidemien, lagen eben so viele noch in den Spitäleru. Am 18. August Früh fühlte sich Knaffl plötzlich unwohl und die Svmp- 180 tome der Cholera traten ein. Sein würdiger Freund brachte gegen Mittag den Rcgiments-Arzt und blieb bis nach Mitternacht, wo sich eine scheinbar günstige Krisis einstellte, an seinem Bette. Knassl war sehr gefaßt. „Leben und Sterben", sagte er, „sind mir gleich, aber nnr am Felde der Ehre!" Warum ließest du mich nicht rnftn? fragte H. H. Ich fürchtete, meine Krankheit tonnte auch dich ergreifen. Willst du mein Pferd nehmen, so sich dich um Hafer um, ich konnte seit 8 Tagen für das arme Thier keinen auftreiben. Ach diese heißen Kotzen erdrücken mich! Noch scherzend nannte er die gewärmten Ziegel, wenn sie beim Auflegen ans seine erstarrten Glieder zusammenklappten, das verhä'ngnißvolle chinesische Porzellan. Reines Waffer, ohne die Säure, welche ihm der Arzt dazu verordnet hattc, war der einzige Wunsch, den er äußerte. Ich fahre mit Dampf dem Ziele entgegen, warnm wird mir zugleich so wohl und wehe! wiederholte er oft in seiner Phantasie, während Lunge und Herz krampfhaft pochten. Um 6 Uhr Abends trat starker, aber leider schon kalter Schweiß ein. Er fragte häufig vor Kälte zitternd, ob Morgen oder Abend sei. Auf die Bemerkung: Abend! jammerte er: also noch eine lange Nacht! Auch später in den Phantasien wiederholte er: Noch immer Nacht und ich will meinen Vater sprechen! Gegen Früh wurde er ruhiger und Freund H. H. verfügte sich, ihn außer Gefahr wähnend, in seine eine halbe Stunde entfernte Wohnung. Um 8 Uhr Morgens kam er wieder, da trat ihm weinend 161 der treue Diener entgegen mit den Worten — seit 6 Uhr todt! Schmerzlos war er eingcschlnmmert mit dem Ausrufe: Meine Schuhe, ich muß gehen den Vater sprechen! Mit dem Briefe der Todesnachricht, welchen H. H. am 26. August zu Lugos begann, aber erst am 9. September 1849 aus Michaelsberg bei Hermaun-stadt abschicken konnte, sendete er das Porträt, die Brieftasche, das Tagebuch und eine Locke des Verblichenen an den trostlosen Vater, dessen Gefühle sich wohl nur denken, nicht schildern lassen. Still und ohne Gepränge — nicht vor dem Feinde gefallen, von zwei treuen Seelen begleitet, H. H. und seinem Diener, wurde die eines der schönsten, stattlichsten und größten Ossiziere des Regiments — ans dem Wiener-Thore, dessen Wache er zuerst am 30. März als Offizier bezogen hatte — am 19. August hinausgetragen auf der Straße, die nach St. Andrea und Arad führt — und dort im Iosephstä'dter-Friedhofe unter den Akazien an der Mauerecke, die gegeu Werfen sieht, beigesetzt. Sein Name glänzt nicht mit unter den vor dem Feinde gefallenen, welche das stattliche, jüngst gesetzte Denkmal der Nachwelt bewahrt. Auf dem einfachen Kreuze an seinem Hügel verwischten Sonne uud Regen Alles bis auf das kaum mehr lesbare Wort: „Lieutenant". In der Verwirrung wurde er — als dürfe er nicht gestorben sein, nicht einmal in das Todten-Negister eingetragen, daher seltsamer Weise am 7. September Georg Freiherr von Rukavina von Vill«vßlil 1719. 8) Leopold H. v. D., Prior in Olimie, -Z- 1715». t) Johann Balthasar, H. v. Gobelkofen, 1636. Eine ganze Reihe von H. Adelstcin. Vier weibliche Gestalten als Jahreszeiten, der Sage nach vier Schwestern von Echlangenburg. Ein Anssing nach St. Iudok erfordert einen ganzen Tag und wo möglich eine lustige, zahlreiche, muntere Gesellschaft. Der Iudokiberg ist der Et. Bernhard der Neuhauser, Lust 205 und Aussicht sind erquickend, der Weg selbst aber für zarte Damen und blasirte Jugend nicht gar zu emftfth-lenswerth. Letztere möge sich mit dem kleineren Theile des Ausfluges mit Gntcneck, der Tcufclömühlc uud St. Nicolai begnügen. Hinter Guteucck zieht sich durch ein schmales, schauerliches Felsthal der Weg einem wilden Forcllen-bach entlang bis zur Tcufelsmnhle, die von Liebhabern wildromantischer Gegenden häufig besucht wird. Furchtbar thürmen sich die Felsmassen zur Seite des Baches empor, dcffcn wildes Gerausch den ergreifenden Eindruck steigert, den der Anblick dieser mächtigen Felsstücke hervorruft. Wenn die fröhliche Badegesellschaft diesen schancrlichen Rückweg passirt hat, besucht sie gerne noch die Filial-Kirche St. Nikolai, die eine sehr liebliche aber beschränkte Aussicht bietet, welche indeß im Vergleiche gegen den Teufelsgrabcu sehr contrastirt. Die Kirche ist von gothischer Bauart, mit der erst 1711 dazu gcbauleu Uavcrie-Kapelle. Außer dem Hochaltare des heil. Nicolai hat sie uoch zwei Seitenaltäre, jeneu der unschuldigen Kiuder uud jeucn des heil. Lanrentius. Nikolai steht auf eiuem Hügel, eine kleine Viertelstunde vom Bade im Thale von Gnten-eck. Hinter Nikolai sind anf einer Bergspitze einige Trümmer eines alten Gebäudes sichtbar. Sie sollen der Sage nach die letzten Spuren eines ehemaligen Schlosses (Buchlack) sei». Im Norden von Neuhaus erheben sich riesige Berge: der Reber uud der Kostak, auf dessen höchster Schneide 2 ^Stunden von Neuhaus 20ft Z420 Fuß über der Mecrcsfläche das Küchlein St. Iudokus steht. Iudok oder Iodok ist eine Curatic von 693 Seelen, wohin oft viel Volk bei großer Dürre Wallfahrten inacht, nm die Vermittluug des heil. Io-dokus, dessen Vorspräche nm Ncgen bei Gott viel gelten soll, zu erstehen. Die Aussicht von dieser Gcbirgs-höhe ist wunderschön gegen Süden bis an die türkische Grenze. Von Et. Iudok gelangt man in die eigentliche Bergwclt, welche sich hinter Weiteustcm aufthürmt, aus der wir das Krenzeck nnd den Fauerbcrg ?c. be-mertcu. Wildschön ist die Lage von Iliexen, eben so Veloe am liilu^lii vol!, aber auch drückend die Hitze, wenn sie sich an schwülen Sommertagen zwischen diesen Kaltfelsen verfängt. Der bequemste Weg nach St. Indot ist jener von Norden, nud zwar von der Weiteusteiu-Mislinger Seite herüber; er ist anch iu Bezug anf wechselnde Aussichten der lohnendste. Ungefähr fünfMinutcn von der Ruine uud dem Gasthause von Waldegg mündet eine kleine Thalschlucht heraus, uach dieser nehmen wir den Pfad anfangs an der Seite eines Ueineu Bä'chlcius über Wiesen uud durch Wälder empor. Wir erreichen von Waldeck an dem Beginne der Hudalutna-Straße, unser Ziel iu 1^ Stuudeu, bald bleibt uus lints nnten auf einem kleineu Plateau das einfache Kirchleiu Hermagor (8v. Mkor), während uns auf einem Sattel zwischen zwei waldigen Rücken Kirchleiu, Schänke uud Pfarrhof von St. Iudok, letzterer gegeu Süden sechs Fenster lang mit entzückender 207 Aussicht winken. Die ganze Ansiedlung steht anf trockenem Kalkfelsen, von einer Linde beschattet. Die ganze südliche Länge deZ Pachcrn, die Sanalpe, die Petzen und Ursnla, die Sulzbachcr Niesen senden uns den nachbarlichen Gruß; Hunderte von Thälern und Schluchten , Schlössern und Kirchen liegen zu unseren Füßen, das ganze weite Hügelland zwischen dem Gouobitzer und Douatiberge uud dem südlichen VallO»'. Das kleine Pfarrkirchlein mit seinem Schieferdachc und delu viereckigen Thurme ist sehr alterthümlich, es hat nur einen Altar mit der Statue des heil. Iudok. Das an Sonntagen hier zusammenkommende Volk wird durch naives, gutmüthiges Weseu als ein echter Staunn von Bergbewohnern charaeterisirt. Den schönsten Anblick gewähren von St. Indot aus Hoheneck, Cilli, der Oclbcrg, Dobrol uud Schloß Wöllau. Der steilste Weg ist jener hinab nach Neuhaus. Die Sage spricht vou vielen Grotten in der Umgebung vou Neuhaus, eine am Glauzbcrg noch 1822 vom Pfarrer in Sternstcin besucht uud dauu verschüttet. Der Eiugang bestand damals ans zwei Abtheilungen, hatte noch den steinernen Tisch uud die Feuer-stellc, welche einst Räuber benutzten. Eine war am Bache der Outenccker Schlucht, in ihr hausten die wohlthätigeil schwarzen Frauen, die den Laudleuten die Zeit zum Aussäeu, Eruteu lc. immer genau bestimmte». Ein herrlicher Tufstein fiudct sich iu der Nähe; das Moos nämlich wird scit Jahrhunderten durch ein 208 Kalksinter führendes Bächlein in Tnf verwandelt, in welchem man noch alle Musci-Spczies erkennt. Wir schließe it die nächste Umgebung mit der Schlangenburg. Die hoch-pittoresken Trümmer, die schroff nnd gewaltig mn die Rnine eines riesigen Mittelchilrmcs — jenem zu Gppenstein ähnlich gruppirt — vom Ncbhiigcl weit in die Ferne starren, waren zu Vischcr's Zeiten (1681) noch eine stattliche, mit Flank-nnd Erkcrthürmchen versehene Bnrg des Eusebius von Schlangcnbnrg. Aber „Neuhans" war der eigentliche Name der Veste von der ältesten Zeit her ihr gegeben, von einem eigenen Gdel-Gcschlcchte, den Herren von Ncuhaus, deren einer, Wilhelm, ein wüster Raufbold, im tollen Ucbcrmnthe seinen eigenen Sohn bei den Füßen faßte nnd ihm den Kopf an der Wand zerschmetterte. Allnächtig, so wie bei Jagd- nnd Trinkgelagen erschien dem Alten die blutige Gestalt des ermordeten Knaben - bis er zuletzt als büßender Bruder im Minoritentloster zu killi seinen Frevel sühnte. Erst die Ritter von der Schlange (windisch leimst) gaben der Veste den Namen der Schlaugcnbnrg. Fast cyklopische Mauern bildeten den steinernen Gürtel um den trotzigen Ban, den nuu friedliche Weingärten um-lagcrn. Die Burg, taum eine halbe Stunde vom Bade, bietet eine reizende, wenn anch nicht großartige Fernsicht. Der Weg dahin sührt durch einen schattigen Wald, der selbst in schwülen Sommcrtagen Kühle und Erquickung gewährt. Die Schlangenburg oder richtiger Neuhaus ist die Stammburg des gleichnamigen, ehe- 209 dem sehr bekannt gewesenen Geschlechts, weiches mit Ferdinand Ignaz Frciherrn von Nenhaus 1742 erlosch. Allein noch vor dem Erlöschen dieses Geschlechtes kam die Veste an andere Besitzer, denn Franz von Neuhans verkaufte sie 1613 an Mathias Gaitschnigg, der sie später an seinen Sohn Johann Mathias vererbte. Letzterer erhielt unter Kaiser Leopold l. die Erlaubniß, seinen Familien-Namen zu andern nnd sich Schlangen-bnrg ans Schlangcnbnrg zn schreiben, womit selbst der slavische Stamm s.ili8<, est" bekannte Prälat aus dem Hanse der Lugger starb. Indeß — ein rüstiger Tonrist weift der Labung Dank. Ueberhaupt Ware den Badeorten nichts mehr zu wünschen, als zeitweise eine Schaar kerngesunder Gäste, denn nichts trägt mehr bei zu dem Langweiligen und Unleidlichen im Auftnthalte an Badeorten, als das ftanirende sonntägliche Leben ohne sichtbare Wcrkthätigkeit. Die Pfarrkirche von Gallizien liegt eine Sttmdc von Sallach, 1'/) Stunde vom Bade Neuhaus. Nach beiden Orten führen freundliche Fnßwege dnrch die reizendsten Wald-parthien. Die Pfarrkirche in der Gemeinde Saverch krönt, von einer Mauer umgeben, einen ziemlich hohen Hügel. Sie hat einen viereckigen Thurm mit spitzigem Dache, eine doppelte Reihe viereckiger Fenster und außen die Jahreszahlen 1676 nnd NW (sHsoclmo Franz Wasser). Sie ist leicht und ohne Säulen, mit gemaltem Plafond, hat am Hochaltare — dessen Stuft ein langer Römerstein mit einer Francngcstalt bildet — 213 die Statue des heil. Jakob, am Seitenaltare rechts das Bild der heiligen Familie, links Maria Himmelfahrt. Zwei Pfeiler tragen den Chor. Eine prächtige nene Fahne von 18 in zeigt die Heiligen: Jakob und Kunigunde. Legerer ist die nahe Filiale auf schwindelnd hohem Bergrücken geweiht. Im Friedhofe sind Mi Römersteine an der Maner: a) mit 2' Höhe, 2' Breite, hat im Fronton einen Bachuskopf zwischen Mi Vögeln, ferner die Inschrift: C, Rusius Synipfioiiiis Rulia. Primula. l») 3^ Höhe, 2^ Breite. Zwei Vögel, jeder auf einem Blumenkorbe gegen einander gewendet, eiue Guirlande in den Schnäbeln haltend, oberhalb eine Muschel. Ein vierter schöner Mmerstcin ist in den Reben am Pfarrhause versteckt, 2' hoch, mit zwei uacktcu Figuren, die sich die Häude reichen. Auch dieser wurde hier aus-gegraben. Von Grabsteinen finden wir: a) Valentin Ieschannegg, gestorben 18'N, b) Maria Ianuigg, gestorben 1782 :c. Ober der Kirchthüre ist das Khrouo-gravhikon. „lp.^ Ualliljstnswm /elu8 llivu .laeodo elexit." Vom Waldwege nach Neuhaus sieht man rechts ober St. Kuuigunde mit dem spitzigen Thnrmc Ml paar idyllische Häuschen überragend. Der letzte und in neuester Zeit durch eine treffliche neuangclegte Straße empfehlenswertheste Weg ist jener von Sallach durch den Helfenberger Gra b eu. Man läßt rechts Sallach uud das dahin 214 gehörige Gut Hofrain, welches einst die Schweiger, Seitzenthal, Iamnigg nnd Gaisruck besaßen. Einsam liegt es mit seiner Kapelle, nnfcrn der auf freiem Hügel mit spitzigem Thurme emporsteigenden Katharinakirche. Bei dem viel besuchten Wirthshause des Verweger lenkt die Straße in den Helfenberger Graben ein. Wolleu wir einen besonder» Weg, der die Mitte von all' dem Angegebenen von Cilli nach dem Bade hält, nehmen, so gehen wir über Rab en sberg. Die Ruine, drei Viertelstunden südlich vom Bade, besteht uur aus unbedeutende» Trümmern jenes Thurmes, der noch zu Vischers Tagen stand. Sie gehört einem Bauer, die Herrschaft aber ist mit Weichsel-stätteu verewigt. Die Aussicht uach Cilli und über das Saunthal ist entzückend. Aus dem Geschlechte der Rabeusberger erscheineu 1214 Ustalk und 1262 seiue Söhne Erhard uud Hein-rich, dann Margareth als Aebtissin zu Münkeudorf. Von 1700 bis 1807 hattcu diese Herrschaft die Füh-rcnberg, dann 1815 Freiherr von Diencrsberg, durch dessen Tochter Theresia sie an die Edlen von Resingeu kam. Den schönsten Anblick, nachdem man im Thalc beim Maker angekommen ist, gewährt die am Felsen gegenüber gelegene Kirche St. I ohann im Wein-berge, deren Schilderung wir bei dem uächsteu Ausflüge nach Wöllan uns vorbehalteu. Zwei steile Berge kostet es den Wanderer zu übersteigen, um uach Neuhaus zu gelangeu, aber reich belohut ihu auf der zweiten Höhe die zerbrochene Mauerkrone der stolzen Schlau- 215 genburg, an welcher vorüber er als Fußwanderer den Waldpfad einschlagen lind durch die reizenden, neuen Parkanlagen gemächlich zu den Thermen von Nenhaus hinabsteigen tann. Lassen es aber Zeit nnd Kräfte zu, so besteige der Wanderer anf jeden Fall den herrlichen, wenn auch etwas hohen Berg, der zwischen Gallizien und St. Martin auf einem Gipfel gegen Sallach eine dunkle Wälderkrone, auf dem andern die weit schauende Kirche von St. Kuncgund trägt. Das niedliche Gotteshaus mit viereckigem Thurme am höchsten Gipfel des Berges ist von Kastanieubäumen umgcbeu; es zeigt durch sein Presbyterimu ein bedeutendes Alter, hat zwei Scitenaltärc und eiue Nebencapellc der heiligen Dreifaltigkeit. Von hier genießt mau den Ueberblick eines großen Theiles des Cillier Gebietes. Der Brittc nennt eiue ganz eigenthümliche, aber Uicht bloß unter den Söhnen Altenglands, sondern überall heimische Gattnng Kranker: 8n«1^ das ist, Leute, die matt und erbärmlich genng sind, das Erbärmlichste zu bewundern. Er erklärt das Uebel für unheilbar und meint, daß selbst die große Tour durch ben Continent nnr ein schwaches Palliativ dagegen sei. Wir möchten ihm rathen, seine 8uod5 in das anspruch-lvse Bad Ncuhaus zu schicken und von dort aus große Nauderparthicn machen zu lasseu, unter welchen wir besonders jene durch die lnilln, lukua empfehlen würden. 216 Wir nehmen zuerst den Weg nahe der Schlangenburg vorüber über die beiden hohen Berge nach St. Johann am Weinberg, nnd von dort nach Wöllan. Wir kommen bei dieser Gelegenheit wieder beim Oast-hanse des Maker vorüber, dort, wo links die Straße durch den Helfenderger Graben über Sallach nach Cilli geht. Rechts vom braunen Tnffelsen schaut St. Johann am Weinberg so lockend in das Thal, daß wir nicht versäumen wollen, das Kirchdörflein mit seiner patriarchalischen Pfarre zu besnchen. St. Johann am Weinberg liegt nur eine Stuude vou Neuhaus und eben so weit von Wöllan und Sal' lach, nach welcheu drei Puncteu die Straßen sich theilen. Nichts ist reizender, als der Fußweg zwischen Kirsch- und Pftrsichbaumen, vou der letzten Auhöhe über Ncuhaus bis zum brauueu Tusseisen, auf welchen St. Iohauu rinsisumfäumt vou Weinbergeu mit Kirche, Pfarr- und Meßuerhaus sich erhebt. V.iu lustiges Bächleiu läuft in muntern Kascaden hinter der Friedhofmauer iu die Thaltieft hinab, uud macht seine Purzelbäume über die Fluder vou drei kleinen in der Schlucht versteckteu Mühlen und einer Schmiede 2c. Rechts iu der Ferue schimmern die beiden Thürme vom Oelberg; über Fraslau links auf grünem Bergrücken ragt weit schauend St. Knncgnnd, die Filiale von Gallizien. St. Johann ist von einer hohen Mauer umgeben, hat einen viereckigen, oberländischen Giebel" thurm, 5 Stock hoch, mit einer Uhr; die Kirche, in Kreuzform gebaut, wird von laugeu, deutschen Fenstern 217 erleuchtet, hat eine Orgel von 1825, am Hochaltare Tt. Johann den Tänfer und den gegeißelten Heiland, an den Seitcnaltärcn St. Barbara, St. Leonhard ?c, So klein sie ist, eben so sehr zeichnet sie sich dnrch Reinlichkeit aus. Der Fels hinter der Kirche heißt der Ganserfels, der hohe, weit schauende Berg, den man leichtsinniger Weise seiner Wälder zum Pottaschcnbren-uen beraubte, ist der Radviz. Bald führt uns, der Weg wieder bergan, wir haben rechts das Gut Eken stein (beim Landvolkc FOriee), hoch oben die sparsamen Neste dcr alten Neste gleichen Namens, einst der Sitz der Ritter von Ecken-stein, deren leizter, Sebastian, 1^7!i in türkischer Gefangenschaft endete. Die Veste kam später an die Cil-lier, Lamberg, Kraigh, 1750 an Anna Freiin von Ga-belkhofen :c. Weiterhin liegt Gute nhart, wir aber steigen hinab in das liebliche Schallthal, in welchem die Bnrgen Wöllan und Schönstem, das weithinschauende Gnggenbüchcl, die Trümmer von Forchtenek und Schalleck, das Schloß Thuru ?c. die Dcchantei Skalis mit vielen Kirchen ic. bemerkbar sind. Das Thal ist vom Berge Storno bis Schalleck über eine Meile lang und ^ Meile breit. Wöllan selbst mit seinen Rnndthürmen liegt sehr malerisch ober dem kleinen Markte. Von sanfter Höhe grüßt die Kirche St. Martin; aus dem Wege kommen wir durch das Dörfchen Schallcck am großen Gasthofe des Franz Ieschannig vorüber, etwas später an einem ungetünch-ten alterthümlichen Kirchlein, an dem anßen dem 1775 10 218 erneuten großen Christoph mit andern nicht üblen Bildern, ,1igen Norden der Grabstein der 1626 Rosina Ursula von Nambschüsscl, gcbornen von Werncgg, zu schauen. Ihr Wappen zeigt eine feste Mauer, von drei Thürmen überragt. Das Kirchlein mit kleinem Thurme hat lange schmale Fenster. Gegenüber auf mäßig hohem steilen Felsen zeigt sich die kleine Ruine Schall eck mit den gewaltigen Bogenfenstern, am linken Dache ein eisernes Kreuz, gegen Nordost eine große Maueröffnung. Am Fels am raschen Bache, der von der ku«!». lukim kommt, nimmt sich recht tresslich die Mühle aus. Aber bald verengt sich das Thal. Nach einer Stunde sind wir bei einer schaurigen Felsparthie, kaum breit genug für Bach und Weg. Eine Viertelstunde später rauscht rechts ein hübscher Wasserfall aus Wald und Fclscnnacht. Nach einer weitern Viertelstunde sind wir im einstigen Bezirke „Nothenthurm." Immer wilder und erhabener wird der Character der Gegend. Eine Brücke führt uns auf das linke Bachufer, links klafft eine ungeheure, schwarze Höhle, aus der ein toller Bach seinen weißen Gischt schäumt, über ihn neigt sich eine schlanke Platane. Rechts zeigt sich eine Grotte, durch die kühne Felsenlagerung rückwärts dem Tageslicht geöffnet. Hier erhebt sich auf zwei Stufen eine Pyramide von grauem Marmor, mit dem bronceuen Profilbilde Sr. r. k. Hoheit des Erzherzogs Johann und der Inschrift, die bezeigt, daß 1829 Demselben von der Landwirthsschaftsfiliale Windischgratz dieß Denk- 219 mal fnr die Eröffnung dieser Straße gesetzt wurde. „Mögen anf ihr noch späte Enkel glücklich wandern!" Ein Kcttengcländer umgrenz von Außen das magisch belenchtetc Dentmal. So idyllisch der Weg der l«M lllkug. durch die freundlichen Hänschen nnd muntern Sägemühlen bisher war, so ernst uud schauerlich wird er nun. Wir setzen auf einer Brücke auf das andere Ufer des Baches; rechts glotzt uns ein halbvcrkohltcr alter Baumstamm entgegen, der die deutliche Gestalt eines Mohren in grauer Jacke und Hose darstellt. Furchtbare Felsen hängen über die Strafte, welche dnrch sie gesprengt wnrde. Endlich zwei starke Stunden von Wöllan wird die Gegend etwas freier und milder; die Straße schließt sich an jene an, welche von Weitenstein nach Windischgratz fuhrt. Von waldiger Höhe grüßt nns die kleine Nnine Walde gg, im Thale selbst erqnickt uns ein gntes Wirthshans. Ans sanster Höhe steht die Filiale St. Lconhard mit ihrem viereckigen Thurme, der Doppelreihe kleiner Rnndfenster und der Seitencapelle. Nicht bald ein reizenderer Anblick, als die Trümmer von Waldegg, die öden tühngewölbten Fenster, der noch im Schntt gewaltige Thnrm, die letzten Reste einer Vestc, welche, noch bei Vischcr itt«i als doppelter durch Schwebc-bögcn verbuudener Bau erscheint. Hier rollte der Geschützdonner dnrch die Berge, als am 24. Iuui 183N das nach Wachtl's Gemälde aus Broucc gegossene Relief-Bild des Erzherzogs Johann, an der nen eröffne- 10* 220 ten Straße in die lmÄ«, lukna aufgestellt wurde, als der frisch gebahnte Weg, der drei Thäler verbindet, die mehr als dreißig Jahre genährten Wünsche erfüllte. 1825 begann der Bau dieser Straße, welche 5849 Klafter lang, 3 Klafter breit, meistens durch Felsen gesprengt werden mußte. Wie wichtig sie sei, zeigt der Umstand, daß in einem Jahre ans ihr über 50,00!) Centner Schienen zur Eisenbahn von Monza geführt wurden. Von hier nach St. Veit ob Waldegg hat man nur 1^ Stunden. Man gelangt hier zu einer jnrasischen Formation, die sich vom Ursulaberge herabsenkt und sich am lio^llk am höchsten wieder erhebt. All die abenteuerlichen Formen, welche den Karst characterisireu, Grotten, Bäche, die in Höhlen versinke« und aus solchen wieder hervorkommen, tiefe grüne wohlbebaute Thaltrichter, all diese Erscheinungen wiederholen sich hier zwischen Wiedertrieß und Ncn-haus, zwischen Mißling und Schalleck in einem Lande, das des Erdreichs entblößt die Gestalt eines Badeschwammes zeigen würde. Sehr lieblich liegt links ober St. Leonhard und lurja ßliNk mit seinen zer-strenten Hänschen, rechts in einer Thalschlucht das Dörfchen VaklM. Auch diese abgeschiedeuc Gegend soll, wie es 1850 hieß, mit der Welt in nahe Verbindung treten, wenn von Klagensnrt über Windisch» gratz nach Cilli eine Bahn geführt werden würde. Diese würde iu gar nicht bemerkbarer Steigcrnng die äußerst schmale Wasserscheide zwischcu der Mißling und Pak (also zwischen der Drave und Save durch 221 einen ganz kurzen Tunnel durch den I^öue-Berg dnrch-brechen, und so ohne Schwierigkeiten znr Sann hinausführen.) Steigen wir den ^«x'ooBerg hinan, ein Wäldchen vorüber, das 1849 brannte, so sehen wir ringsum Gebirge, nette Bauernhöfe und ganze Wälder von Kirschen- uud Zwetschkcubäumeu. Vald umfaßt die lohnende Aussicht den Ursulabcrg, Windischgratz, Alteumarkt, St. Philipp, St. Andreas, rechts St. Rupert und St. Veit gerade vor uns, links himmelnahc aber St. F,,lw«j. Als hohe Rückwand schließt der Pachcr die Gegend nach Norden ab. Eine schr üppige, Vegetation zeigt sich auf diesen sanften Anhöhen. Wenden wir uns zuerst zum lchten Hügel rechts. Auf seinem Gipfel erhebt sich mit weiter Fernsicht das alterthümliche Kirchlein St. Nupert. Das mit Schindeln besetzte baufällige Thünnchen, das Breterdach, die fensterlose Seite gegen Norden taugeu recht zum ärmlichen In-ueru, dcsseu uiederes Presbytcrium uud kahles Schiff wieder mit deu ärmlichen Holzarbeit-Altären eiustimmeu. Gegen Süden ist ein ovales Thor, und ein eben solches Fenster, nebst eiucm kleinen viereckigen, und der Winzigen Sakristei. Gegen Westen ist der Haupteingang dnrch ein Rundbogen-Thor, ein winziges schmales Fenster ist gegen Norden der jungen Linde gegenüber. Die Aussicht gegen die Snlzbacher Alpe, besonders von dem einzigen Häuschcu, das sich nächst der Kirche befindet, ist wunderschön. St. Nupert soll so Wie St. Veit nud Achatius bei St, Ilgeu gleich nach 222 dcr Bekehrung dcr Wenden zur Zeit der Heiligen Ci-rill und Mcthndins erbaut worden sein. Von Et. Nnpcrt hat man ganz oben auf der Schneide des Berges gegen Osten fort eine kleine Viertelstunde zur Pfarre St. Veit. Die in Krenzform erbaute, von einer niederen Friedhofmaner nmgebene Kirche nut einem schr winzigen Uhrthürmchen ist klein nnd dumpf von viereckigen Fenstern erleuchtet. Eic hat 3 Glocken und 4 Altäre, Et. Veit, Maria-Schmerzen, St. Florian und Et. Anton. An dcr Ringmaner nahe dem Eingänge ist ein gut erhaltener, leider durch Uebertnnchen unlesbarer Römerstein mit dem Brustbild von Mann uud Frau und den beiläufig sicheren Buchstaben I V 1^. <^ V «. V X. !» l V. V. V. k. 8idi, Nt. 8«< .. Verin«. lou. Knr.......l^ftiui«. Vl .. <............. llw N. V n l.. Er ist 2i// hoch und 2' lang. Die Sage und die Leseart des Herrn Pfarrers .Illlt (1850) läßt dies Ehepaar die Kirche gegründet, oder ernenert haben, und sagt daher: 8iu?llum, Vrilm, l^m,W93; nnter dem Chore am Boden ist ein großer Grnftstcin mit nnlcsbarcr Schrift nahe dem Weihbrnnnkessel von 163:;. Znnächst anßer Windischgrcch sehen wir Hansers Sensenhammer mit nettem Wohnhanse, das einen Stock Höhe, 5 Fenster Breite, :; Tiefe und einen hübschen Balkon hat. Rechts am Berge mit kleinem Knppcl-thlmne ist das Kirchlein No the nb erg, eine Viertelstunde später anf derselben Seite einige Minuten von der Straße die Pfarre St. Jakob in Pamctsch, mit Ningmanern nnd einem vierkantigen Thnrmc, himmelhoch darüber das weithiuschanendc St. Anna. Nun führt die Straße über eine gute Brücke anf das linke Ufer des Backes. Auf sanfter Anhöhe links schauen wir das niedliche Gotteshaus St. Oswald mit dem kleinen Echiefcrthurmc auf dem Dache aussitzend. Etwas weiter grüßt uus zur Rechten von grüner Bergeshöhe die stattliche Wallfahrts- und Pfarrkirche St. Peter am Kronenberge; zwei starke 229 Kuppelthürme, zwischen denen sich an der Facade die Uhr befindet, geben ihr einige Achnli'chkcit mit Maria Trost bei Gratz. Fünf viereckige Fenster mit kleineren, halbkreisförmigen darüber erleuchten ihre Längseite gegen Süden, der Pfarrhof nnd ein Paar nette Hauser bilden ihre Umgebung. Zur Linken ganz nahe der Straße ist das nnter Obstbänmeu halbvcrsteckte P fan« dorf St. Johann. Der viereckige Knppelthnrm steht zwischen Schiff und Presbvterium der Pfarrkirche. Vor uus aber schimmert der Thurm der Propste: Drauburg, über ihm starren die kahlen Trümmer der gleichnamigen einst gräflich Knenbnrg'schcn Vestc über dem Wälderkranz. Links ans der ka'rnthnerischen Seiteist die am Schlüsse des I. 1847 vollendete Wallfahrtskirche zum heiligen Kreuze. Wir sind nun in Micß, wo nahe dem gntcu Gasthofe zum Backer zwei Straßen uach Bleiburg gehen, eine weiter znr Linken, die andere über Leifling nnd Nenhans, den friedlichen Landsitz des Dichters Schiehler. Die schloßartige Meierei des Micßbä'ckers, 2 Stock hoch, 5 Fenster lang, 4 Fenster tief, ist am Fuße des Kroncn-bergcs, und so stehen wir an den Resten der einst so schönen 1851 zerstörten Brücke, die Herr Kometer, Inhaber von Pucheustciu, über die Dräu nach dem ersten kärnthnerischcn Postamte Unterdrauburg erbaute, zur leichtesten Verbiudung des Marburger mit dem Cillicr Gebiete, Kärnthens und Steiermarks. 230 Marburgs Gruß bei der Nückkehr des Landwehrbataillons des löblichen Regimentes Kinsky aus Italien am 2md Muth im Krieger uie verdirbt. Teutoucu Kraft uud Slavcu-Siuu verbunden! Und Oestreich hat deu Sicgeskrauz gewuudeu. Ob Schmerz uud Tod die brüllenden Geschütze Iu eure Reih'n in blinder Wuth gebracht, Ob Freund uud Feind im rothen Pulverblitze Mit starrem Ang begrüßt die Todesnacht, Die Loosnug blieb: „Nur vor mit blankem Eisen Was Kinst'Y heißt, dem Feinde zu beweisen." Und ruhig ward's, wo eure lichteu Echaarcu Am Schlachtfeld hielteu Gottes Strafgericht; Uud ruhig ward's, wo ihr der Orduuug Laren Beschützt so mild wie Fri.'dcnsbürgcr schlicht. Vor Kinskys Neih'n, wie die Annalen lehren, Zieht mancher Held den stolzen Hut iu Ehren. Ihr hälfet mit die Ruhmeshalle bauen, Die ewig glänzt, so lang ein Oesterreich, 232 Als Pfeiler sind: die Brudcrlieb zu schauen Und Volk und Kaiscrkraft vereint zugleich, Wer dafür kämpft, dcß Ruhm ntuß fortbestehen, Sem Name kann auf Erden nie vergehen. D'rum hochbegrnßet ihr im Siegestranze, Willkoinmen Brüder, Freuude, Söhne all', Dem Kaiser Heil in seines Ruhmes Glänze, Ein dreifach Heil Radetzky, dem Marschall, Hoch Oesterreich und Steiermark —die Krieger Der Heimat hoch! die Führer hoch als Sieger! 233 Ein kurzer FeldMg. Episode aus dem Nachbarlande Kärnthen im Jahre 4848. Das tolle Miasma des politischen Umsturzes durchströmte Europa im Frühlinge 1848 von den Pyrenäen bis zu den rnssischcn Grenzmarken. Am tollsten tobte es auf dem altvulkanischen Boden Italiens. Von hier aus blies sein Hauch bereits glühend und branddrohend gegen die Alpen Kärntens, den riesigen Gürtel, den die Vorsehung durch Berge und Menschen gegen den wilden Samum des Südens schutzbringend gezogen. Nie lag eine größere Ironie des Schicksals, nie der Spruch: Hochmuth kommt vor dem Falle, demüthigender in feiner Erfüllung — als in den Worten jenes Prahlrefrains eines vermessenen Feindes, der am treulosen ?0 ausrief: „Um Ostern werde ich mit mci-„nem Degcukliovfc den Frieden in Wien bekräftigen." Dem alten Lande der Ehrlichkeit—dem biederen Kärnthen—gebührt außer Tirol vorerst der Ruhm, daß an seinen Bergen—oder richtiger am eisern treuen Sinne seiner Söhke sich der Trotz der Feinde znerst schmachvoll brechen sollte. Vom Ufer der Fella an, vom Prc-dil und Malborgctho, den blutgetauftcn Thermopyleu 234 Innerösterreichs, waren die militärischen Schutzkräfte im Innern des Landes bis nahe an die Hauptstadt hin nur in dünnen Schichten gehänft, und der Wahnsinn der Italiener erhielt durch diese Erscheinung neuen Stoff, neue Nahrung. Insbesondere hatte Kärnthens Hanptstadt wenig andere augenblicklich verläßliche Kraft, als eben nur in sich selbst —in der Gluth, den alten Spruch: Alles für Gott, Kaiser und Oesterreich, mit Gut uud Blut zu bewahrheiten. Wahrend man in anderen Ländern mit einer sogenannten ncucu Errungenschaft bis in das Lächerliche hantierte, Waffen spielte, Verbrüderung aß, Frci-heitstaumel trank nnd Haus uud Hof, Gewerbe und Staat als Nebensachen betrachtete, rüsteten sich die Klagenfurter iu schöucr Eintracht mit ruhigem Sinne ernstlich jedem Ereignisse von Außen mit den Waffen in der Hand zu begegneu, und für den geheiligten Vodcn der Heimat, für das allgcliebtc Kaiserhaus Alles zu wagen,— oder im Dienste desselben mäuulich nnd ehrlich zu erliegen. Ohne Geräusch, ohue Prunk, ohne Partcisucht standen in kurzer Zeit 1200 ehreuwcrthe Bürger auf eigene Kosten gerüstet, nnter Commando des Herrn Baron Dickmann in Klagenfurt unter den Waffen, eine ernste entschlossene Echaar, die sich für Kaiser und Vaterland sogleich dem wackeren Herrn Brigadier General Baron v. Noßbach zur Verfügung stellte. Dieser würdige Krieger, von den Tirolern nie anders als Vater Roßbach genannt, erkannte die hohe 235 Bedeutung des Momentes, erkannte und würdigte den edlen Sinn der wackeren Kärnthncr; seine Worte erstarkten das kräftige Erz in der wogenden Brust zum unbeugsamen Stahle, den bald der treulose Feind fühlen sollte. Baron Roßbach wendete eine Zauberformel an, die 1848 so wenige anzuwenden verstanden—Belehrung, Aufklärung über die Verhältnisse uud die offene männliche Darstcllnng, daß gerade die Freiheit nicht in dem liege, was man 1848 darin wähnte, daß die schönste Freiheit, die moralische, in der höchsten Achtung der Ordnung, im hingcbendsteu Gehorsam für Recht und Treue uud Gesetz bestehe, ihr schönster Siegestrauz das Bcwußtseiu erfüllter Pflicht sei. Zu gleicher Zeit ließ Geucral v. Roßbach durch seine Offiziere die Waffcnbürgcr so weit einschulen, daß sie auch in tactischer Beziehung befähigt wurden, einem Eindränge der Feinde die Stirne zu bieten. Die Krie-gerpflicht rief dcu wackeren General au die fciudlich gewordeueu Marten, sein letztes Wort war eine Er-muthiguug an die Klagenfurtcr, sein militärisches Testament für diese Stadt der ausgesprochene Wunsch, daß die Bürgerschaft im Falle des gänzlichen Ausmarsches des Militärs die Stelle des letzteren fest und kraftvoll übcruchme. Wenige Tage darauf wurde der Wuusch zur Wirklichkeit. Das letzte Bataillou des heimischen Regimentes Prohaska mußte an die bedrohte Grenze nach Pontassel, die Klagenfurter bewaffneten Bürger übernahmen den Garnisous-Dicnst, bezogen alle Wachen, darunter die wichtigen Posten am Spitale, 236 Pulvermagazine, bei den gefangenen Piemontesen :c., der Ausmarsch des Bataillons bot ein charakteristisches Bild der Zeit nnd der Gesinnung. Die Truppe hatte beinahe augenblickliche Ordre erhalten, in Eilmärschen die Grenze zn erreichen, deren letzten Punct runted» der übermüthige, wahnsinutrnnkene Feind bereits besetzt hatte. Da wurden von den Klagcufurtern sogleich alle Fuhrwerke in Bewegung gesetzt, das ganze Bataillon anf Wägen gebracht und reitende Boten nach Villach nnd Tarvis abgefertigt, um von dort aus eben so schnell die Kricgerschaar, ohne sie durch anstrengende Märsche zn ermüden, an die gefährdete Stelle ;n bringen. Iu weuig Tagcu folgten anf dieselbe Weise zwei Compagnien Hohenlohe und ein Bataillon des jetzigen Regimentes Hessen. So standen zehn Compagnien ohne Geschütz, ohne Cavallcrie, ohne nahe Reserve an der bedrohtesten Grenze des alt-östreichischen Bodens, eiucm übermächtigen, durch Fanatismus und Verrath übermüthigen Feinde gegenüber — eine kleine Schaar der Zahl nach —aber Ocstcrrcichcr. Sie hüthcten die Pforte nach Kärutheu und Eteier-mark — den geraden Weg iu das Herz der Monarchie — hütheteu selbe abgcschuitteu vom Armeecorps des F. M. L. Nugent bei I'unlenone, und von jeuem bei Vmi,o//<>. Anßcr etwas italienischer Garnison (eine Compagnie Wimpssen in Indeuburg uud eine in Brück) war vou Poutaffel bis jeuseits des Semmcriug auf der ganzen Poststraße keine kaiserliche Militä'r-Besat-znng. Zn dieser schweren Zeit, in der die ehernen 237 Würfel verhänguißvoll klirrten, war es den Klagen-furter Bürgern vorbehalten, günstig eingreifen zn dürfen in das Rad des Schicksals nnd seinen Umschwnng glückbringend zn wenden. Vorerst waren es die Frauen, welche den in Pontaffel stehenden kaiserlichen Kriegern dnrch ganze Wägen hingesendete Lcbensmittcl und Er-ftischnngen Labe und Erqnicknng verschafften. Ein Schreiben des dort stationirten Herrn Majors v. Dietz, in welchen insbesondere der gänzliche Mangel an Geschütz bedauert wnrde, electrisirte die Klagenfnrter zu raschem kräftigen Entschlüsse gegen di> wachsende Uebermacht der Insurgenten. Baron Dikmann theilte am 14. April 1848 seinen Kameraden den Brief mit und traf anf die glühendste Begeisterung der eben auf der Hauptwache versammelten 6. Bürger-Compagnie. Hanptmann Baron Longo wies in beredten Worten hin auf die rasche Möglichkeit, die Truppen mit Geschütz zn versehen: Der hochselige Kaiser Franz hatte den trenen Ständen Kärnthcns nach Beendignng der französischen Feld-züge ein Geschenk von 6 Kanonen gemacht. „Tie stehen kalt nnd schweigsam im Landhause, rief Varon Longo, während unsere Waffenbrüder die unbefchützte Brust dem feindlichen Donner znm Ziele bieten. Fort mit den Fsnerschlünden auf ihren gebührenden Platz!" Die Bedenken wegen Mangel an Munition nnd Bedienung waren eben so schnell beseitigt als erhoben. Pulver war in dem Magazine und Alfred Graf Khristalnigg erklärte sich, er wolle auf seinen Gewerkschaften sogleich 238 Anstalt treffe», Kugeln von entsprechendem Kaliber mehr als hinlänglich gießen zn lassen. Zur Bedienung der Geschütze fanden sich Kanoniere aus der versprengten Garnisons-Artillerie von I'iUmMWva, und N8Ni»i»a in Klagenfurt. Nasch erboten sich die edelsten Söhne Klagenfurts, Adel, Beamte, Bürger im schönsten Wetteifer, die bewaffnete Bedeckung zu bilden und mit Blut und Leben mitzuhelfen an der Vertheidignng dos heimischen Bodens. Eine Nacht reichte hin, um die Beschlüsse zur That zu fördern. Der pensionirte Herr Artillerie-Hauptmauu Hofmann untcrsnchte die Kanonen, erklärte drei für vollkommen brauchbar, und Graf Christalnigg verfügte augenblicklich auf seiucr Gewerkschaft den Guß der Kugeln. Dreißig Klagenfurtcr bewaffneten sich mit trefflichen Kugelstnhen und Hau-bajoucttcu und am 24. April war der Ausmarsch in Ordnung. Eine stattliche Fahne, von den Damen gestickt, wurde in der Pfarrkirche für Gott, Kaiser nnd Vaterland geweiht, die dreißig Freiwilligen schwuren einen feierlichen Eid, unter der Fahne zu siege» oder zu sterbeu, nud fuhren um 2 Uhr Nachmittag am selbeu Tage mit den Geschützen, der Munition und Bedienungs - Mannschaft von den Segenswünschen ihrer Landsleute begleitet von Klagenfnrt ab. Nachts um 11 Uhr standen sie bereits in Tarvis. Hier trafen sie auf Verwundete unseres Armcccorps, die von Pontaffel hierher zurückgebracht aussagten, daß die Insurgenten in einem oder längstens zwei Tagen die Grenze 239 zu überschreiten beabsichtigen. Da war tein Angenblick zu verlieren. Um Mitternacht wnrdc aufgebrochen, dic Kanonen mit Reisig bedeckt, die Räder umwunden und vorsichtig gegen Poutaffcl vorgerückt, aber der Zug war den Feinden nicht entgangen, sondern von ?uullo Druck im!) Papier uon Ä. Loykam's lLrtieil