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WIEN, 181«). AUS DEK KAISEKLICH-KOENIGLICHEN 1IOF- UND ŠTAATSDKUCKEKEI. IN C0MM18SI0N BEI AUGUST PRANDEL. Theorie der Statistik. Vortrag', gehalten von Regierungsrath Professor Dr. L. NEUMANN. Naeh (Ion stonographiselien Aiifzeichnungcn der im 5. Cyclus 1868—18C9 abgchaltenen statistisch-ivdmiiiislrativon Vortriige. ,f »cbspbSSbsk Wie in den friiheren Jahren ist mir auch heuer die Aufgabe geworden, Sie in die Vortriige, welche in diesem statistischen Seminar von Fachmannern der Wissenschaft iiberosterreichische Statistik gehalten werden, einzufiihren. Um mich dieser ehrenvollen Aufgabe zn entledigen, finde ich fiir zvveckmassig, vor Allem den Begriff der Statistik festzustellen. Mag man miter status, dem WurzeIworte der Statistik, Staat oder Zustand verstehen, gevviss ist, dass die Statistik eine Wissenseliaft ist, \velche die staat lic h en Zustande eines Staates, oder m e. h r e r e r g e g e b e n e n S t a a t e n, in der Gegenwart s c h i 1 d e r t. Der Staat alier ist der Verein einer Mehrheit von Menschen auf einem bestimmten Territorium unter Gemeinschaftlichkeit der Obrigkeit und der Gesetze zn einem sitt-lichen Organismus, dessen Aulgabe zunachst in der Realisirung der Recbtssicherheit, mittelbar in der Erreichung der hochsten menschheitlichen Zwecke besteht. Die Wissenschaft der Statistik legt den Naclidruck nicht einseitig oder ausschliesslicb auf die Darstellung der materieilen Zustande, wie die englische Scliule, oder der Machtverhaltnisse des Staates, wie die altere franzosische Scliule. Sie gelit von dem Slaatsz\vecke als der leitenden Idee aus, und dadurcb kennzeiehnet sich die deutscbe Schule der Statistik. .lede Wissenscliaft, die den Staat als solcben, sein inneres oder ausseres Leben sich zur Aufgabe stellt, ist eine Staatswissensc h a f t. Man tlieilt die Staatswissenscliaften aus nahe liegenden Griinden in zvvei grosse Gebieteein: i. in die Rechtswissenschaften, 2. in diepolitischen Wissenschaften. Die Rechtswissenscbaften sind diejenigen, welchees mit dem Recbte, und z\var mit dem privaten und dem offentlichen, und was das letztere belangt, mit dem iuneren und ausseren Redite zu tbun baben. Die Realisirung des Recbtes ist die nachste Aufgabe des Staates, wie ich das in der Definition desselben angedeutet babe; ich sage die nachste Aufgabe, denn seine Aufgabe wird damit nicht erschopft, durch die Recbtssicherheit sind die tibrigen hochsten Zwecke der Menschheit auf Erden zu realisiren. VViire der Staat nur ein Institut zur Realisirung der Rechts-sicherheit zum Sdiutze gegen Vergevvaltigung der Person und des Eigenthums, so wiirde man den Staat zur Assecuranz-Anstalt degradiren und ilin seiner boben mora-lischen Redeutung entkleiden. Der Staat ist audi keiueswegs ein blosses Aggregat von einzelnen Individuen, sondern ein sittlicher Organismus, der seine selbststiindige objective Existenz bat. Das erstc Gebiet der Staatswissenschaften umfasst die Rechtswissenschaften im engeren Sinne des Wortcs, das zweite Gebiet die politischen Wissenschaften, d. h. jene Wissenscbaften, welcbe die Mittel zur Realisirung der Zwecke des Staates erortern und behandeln. Diese letztereu Wissenschaften, die sogenannten politischen Wissenscbaften, wozuNational-Oekonomie, Finanzwissenschaft und Polizei-\vissonschafl. gehoren, beneiint die moderne Terminologie mit dem bezeichnenden Statist. Mittheil. XVI. Jnlirg. 1. Ilefl. ' Namen Staatswissenschaften im engeren Sinne des Wortes, oder Staatswissen-schaften schlechthin. Wenn also von Staatswissenschaften die Rede ist, so kann man daruntcr zvveierlei verstehen: I. den gesammten Complex aller von dem Staate handelnden VVissenscIiaften; 2. im engeren Sinne, wenn kein Beisatz dabei stelit, jene Discipli-nen, welehe von den Mitteln zur Erreichung des Staatszvveckes liaiicieln, oder die politischen Wissenschaften, \vie man sie in der Universitatslehre zu bezeichnen pflegt. Die Verwandtschaft der Statistik mit den Staatswissenschaften in weiterem und engerem Sinne ist leicht zii erortern. Das gemeinsame Olvject, der Staat, ver-kniipft die Statistik mit allen Staatswissenschaften. VValirend aber die verschiedenen Staatswissenschaften jede den Staat von einem speeiellen Standpuncte betrachten, bat die Statistik die staatiichen Zustande in ilirer Gesammtheit aufzufassen. Natiir-lich ist die Verwandtschaft der Statistik mit den Rechtswissenscbal’ten keine so innige, so nahe liegende, als die mit den Staatswissenschaften im engeren Sinne, von denen die Statistik selbst einen Tlieil bildet; denn mit den angefiibrten Disciplineu der National-Oekouomie, Polizeiwissenschaft, FinanzwissenschaftundCameralistik gehort die Statistik zu den politischen VVissenscIiaften, oder z« den Staatsvvissenschaften ohne Beisatz. Ich sagte, die Statistik babe mit allen Staatswissenschaften Vervvandtschaft oder Zusamnienhang, einen minderen mit den Recbtsvvissenscbaften, einen innigeren mit den Staatswissenscbaften im engeren Sinne des VVortes. Al)er immerhin bat sie eine nicht zu verkennende nahe Bezielmng zu den Rechtswissensehaften. VVelcher Statistiker wiirde unterlassen, den Zustand der Gerechtigkeilspfleije, sowohl den Zustand der Civilrecbtspflege als der Strafrechtspflege, in einem Lande zum Gegen-stande seiner Darstellung zu machen? Desshalb aber wird man keinem Statistiker zumuthen, die gesammte Gesetzgebung eines fjandes in vollein Umfange in den Rahmen seiner Arbeit aufzunehmen, da wurde er in ein 1'remdes Gebiet iibergreifen, es ist Sache einer eigenen Disciplin, niimlich der Civil- und Strafrechtslehre, diese betreflenden Materien zu behandeln. Der Statistiker hal nur den Geist der Civil-und Strafgesetzgebung, des Privat- und offentlicben Rechtes in einem Staate anzu-geben, und durch statistische Tabellen den Zustand der Gerecliligkcitspllege, soweit dieses dem Statistiker Pflicht ist, zu erortern. Was aber die Politik, die Volkswirthschaftslehre oderNational-Oekonomie, die Polizeivvissenschaft be tri lit, so stelit die Statistik mit ibnen in einem viel innigeren Zusammenhange, sie ist nicht nur einCommentardieser Wissenschaften, sondern das unerliisslicbe Fundament, auf dem sie allein aufgebaut vverden konnen. Nehmen Sie z. R. die Theorie der Handelslreibeit. Wem erscheint sie nicht als cin Ideal, dem wir in der Praxis fortvvahrend nacbstreben miissen? Aber die Statistik des einzelnen Staates allein kann entscheidcn, ob die unmittelbare Anweiidung der Handelslreibeit oder nur der stufenvveisen Einluhrung zulassig sei. Noch einmal, die Stalislik liefert den trefflichen Commentar zu den Lebren der i\ational-Oekonomie, der Politik, der Polizeiwissenschaft und umgekehrt, eine gesunde National-Ockonomie kann nur auf dem Fundamente der Statistik, der Wirklichkeit der gegebenen Thatsachen, aufgebaut werden; indem aus den besonderen eoncreten Erscbeinungen die allgemeinen Grund-siitze abgeleitet \verden. Vicles Kopfbreclien machtdenStatistikern die Abgranzung und Unterscheidung der Statistik von der Geschichte und von der Geographie. Was die erstere Verwaudt-schaft, die zvvischen Statistik und Geschichte betrifft, so hat ein geistreicher Statistiker, Schlozer, im vorigen Jahrhunderte behauptet, dass die Statistik nichts anderes sei, als eine stille stehende Geschichte. Das war offenbar cin Witzwort, welches der beriihmte Schriftsteller hinwarf, man hat es aber sehr ernst genotnmen und daraus eine ganze Theorie deduciren wol!en. Wir glauben, dass, wenn die Statistik eine stille stehende Geschichte vviire, dann die Regriffe der Gegenwart und Statistik identisch vviiren; wir glauben, dass, wenn dieser Satz so wahr ware, als er nicht wahr ist, dann die Geschichte nichts vviire als eine Reihe von aneinandergesetzten Statistiken. Nun ist es klar, dass die Geschichte eine Succession, den Zusammenhang der Ursachen und Wirkungen in den mensch-lichen Begebenheiten, darzustellen hat, wiihrend die Statistik, um in dem Gleichnisse fortzubleiben, das gleichzeitig Bestehende in den staatlichen Zustanden, das Coexi-stirende, zu erortern hat. Jene Bliitter der Geschichte, \velehe man, sei es mit Be-dauern, oder wie wir glauben, mit Freude als die weissen Bliitter der Geschichte bezeichnet, die nicht mit Blut befleckt sind, sind tur den Statistiker eben die frucht-barsten; wahrend bewegte, vonRevolutionen erfiillte Zeiten, Zeiten evviger Umvvand-lung, wie es unsere in dieser Bezieliung nicht beneidenswerthe Zeit ist, tur den Statistiker die allerunliebsamsten sind, denn wo Mars allein vvaltet, miissen die Gčitter des Friedens feiern. Wenn aber die Geschichte und die Statistik ganz ver-schiedene Aufgaben haben, so ist es andererseits dennoch klar, dass der Statistiker der historischen Kenntniss nicht entbehren kann, ja man kann staatliche Zustande ohne Einblick in die Vergangenheit gar nicht wiirdigen. Nur oberfliichlich konnte man heutzutage die VerfassungGrossbritanniens verstehen, wenn man nicht die Ent-vvicklung dieser Verfassung von der magna charta an, d. i. vom Jahre 1215 bis auf den heutigen Tag genau verfolgt; ja, das heutigeOesterreich, werkann es verstehen, ohne die Zustande bis zum Jahre 1848 und die noch weiter zuriickgelegene Vergangenheit seiner Aufmerksamkeit zu vviirdigcn. Noch haufiger aber geschieht die Venvechslung zwischen Statistik und Geographie. Die Geographie ist nach der griechischen Etymologie des Wortes nur eine Erdbeschreibung, daraus gelit schon die Differenz hervor. Die Geographie ist die Beschreibung der Erde, die Statistik die Schilderung der staatlichen Zustande; die Aufgabe der Geographie als Wissenschal't ist also, die Erde mit allem darauf Befind-lichen, und bis zum niichsten Dunstkreise, der die Erde umgibt, soweit die mensch-liche Ikobachtung reicht, zu schildern. Dem Statistiker ist der Staat als soleher, die Darstellung staatlicher Zustande, die Ilauptaufgabe. Was fur den Statistiker llauptaufgabe, das ist wohl auch fur die geographischen Zwecke nicht unwichtig, aber jedenfalls nicht llauptaufgabe. Sie vvisseu, dass die Geographie, seitdem sie zur Wissenschaft erhoben wurde (und dieses Verdienst gebiihrt vorzugsweise einem Manne, auf den Deutscliland stolz seiu kann, niimlich Karl Ritter), in die mathe-matische, physische und politische Geographie eiugetheilt wird. Die polilische 1* Geographie ist allerdings ein wesentlicher Bestandtheil der Geographie, aber das Materiale derselben entnimmt derGeograph dem Statistiker, ebenso wie der Statistiker, wenn er die Verhaltnisse des Bodens schildern will, notlnvendig das Materiale dem Geographen entnimmt. Allc Wissenschaften milssen sicli wechselseitig unterstiitzen, dadurch aber, dass cine Wissenschaft der anderen das Materiale entnimmt und in dem ihr eigenlhiimliehen Geiste verarbeitet, wird sie noch nicbt eine andere VVissen-schaft. Die Statistik schdpft aus der Geographie reiches Materiale, aber nicht aus der Geographie allein, aus allcn Staatswissenschaften schdpft sie solches Materiale, sie fiigt es aber nicht naeh Art einer Mosaik zusammen, sondern verarbeitet es im Geiste der VVissenschafl, d. h. immer den Staatszvveck vor Augen habend. Lassen Sie uns nun die Quellen der Statistik naher erortern. Eigenllich lassen sicli die Quellen der Statistik und die Methode der Statistik unter einem gemeinschaftlichen Capitel behandeln. Die Quellcn der Statistik zeigen, auf welche VVeise die statislischen Kcnntuisse und Erfabrungen erworben werden, und in der Methode der Statistik wird gezeigt, wie die so erworbenen Erfahrungen Anderen mitgetheilt vverden. Man kdnnte demnachsl zur Vereinfachung die Quellen der Statistik die aquisitive Methode, andererseils die Mittheilung der Statistik durch Wort oder Schrift die communicative Methode nenuen. Welches ist nun dic aquisitive Methode, oder die Ari und Weise, sich stati-stische Kenntnisse zu erwerben? Vor Allem hebc ich cine Thatsache hervor, deren Ricbtigkeit Niemanden ent-gehen diirfte. Wo es sicli um einen auch nur haibwegs ausgedehnten Staat handelt, reicht die Privaterfahrung zur Erlangung von statistischen Kenntnissen nicht hin und kanu nicht hinreiehen. Nur die Regierung mit ihrer tausendarinigen Admini-stration, mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln, wird im Stande sein, das statistische Materiale in dem Umfange, wie es fiir die Wissenschaft uuerlasslich ist, zu sammeln. Allerdings kommt es hier aul' die Einsiclit und den ehrlichen Willcn derjenigen an, \velche der Regierung als Organe zur Vcrfiigung stehen; aber ge\viss ist es, dass die Privaterfahrung in einem Gebiete wie die Statistik nur eine secundiire Rolle spielt. Betrachten wir ein Operal, welches das Fundament der ganzen Statistik ist, die Volkszahlung. Selbst die energischeste Regierung ist mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln nicht im Stande, die Volkszahlung in jener Art durchzufiihren, wie es der Statistiker vviinschen wird. Bei jeder Volkszahlung, und wenn man sich auch der grossten Genauigkeit beflissen bat, sind nocli Rechnungsfehler vorgekommen, ja die Statistiker sind gendthigt, mit Riicksicht auf diese Rechnungsfehler, immer ein geuisses Percent inAnschlag zu bringen, vvelches sie zu den erhobenen statistischen Daten der Volkszahl addircn, um approximativ die Wahrheit Zu erlangen. Wenn man dagegen einwenden uollte, dassMunicipal-Organe, Gemeinderiitbc, Pfarrer und alinliche Organe bei der Volkszahlung mitvvirkcn, so thun sie das nur in Delegation des Staales, nacli einem vom Staalc vorgeschriebencu Plane. Denn \vas immer fiir eine Regierung Sie vor Augen baben, sei es die des autokratischen Russlands oder der vereinigten Staaten von Nordamerika, bei statistischen Arbeiten ist eine Concen-trirung, eine einheitliche Organisation nothvvendig, die konnen Sie unmdglich von s wenn auch nocli so opfenvilligen Einzelnen un(l aucli nicht von Vereinen erwarten. Aus diesen unrl anderen Griinden beruht unsere Statistik vorzugsvveise auf officiellen Daten, und kann audi auf keinen anderen als ofliciellen Daten bcruhen. Damit will keineswegs gesagl sein, dass die Thatigkeit des Privaten im Gebiete der Statistik ausgesehlossen sei: nach zwei Richtungen hin kann der Private tbiitig sein, und isl der Privatfleiss notbvvendig. Einmal gibt es einen gewissen Kreis von Beobachtungen, welche zunachst wissenschaftlicher Natur sind, wo der Einzelne entschieden niebr thun kann als die Regierung. Hierlier gebbren, z. R. hypsometrische, thermometrische und barometrische Beobachtungen, welche nur durcli rniihesamen Eleiss von Privaten moglieh sind; denn mit allen Instituten, Observatorien u. dgl., \velebe von denRegierungen errichtet odersubventionirl sind, erlangt man niclit immer vollstau-dige wissenschaftliche Beobachtungen, und die Privalthiitigkeit des Einzelnen richtet da oft mehr aus, als wenn bloss nach der Schablone gearbeitet wird. Zvveitens ist es nicht Aufgabe der Regierung, die Statistik als Wissenschalt zu betreiben; die Verarbeitnng des wissenscbaftlichen Materials, welches in stati-stischen Arbeiten niedergelegt wird, ist Sache der Wissenschalt, und vvenn auch die Regierung ahnliche Publicationen, z. R. statistische Jahrbiicher, herausgibt, so sind das Arbeiten, die den Arbeiten von Privaten ganz gleichzustellen sind, und an \velehe die VVissensebaft gleichfalls den Maassstab der Kritik anlegen muss. Was die c o mm u ni ca ti ve M e tli o d e, riicksichllich die Art und Weise der Mittbeilung von statistischen Daten betriffl, so bemerken wir, dass es mehrere solche Met hoden gibt. Einige, die wir fur ganz unpractiseh balten, \vollen vvir kurz abtbun, bei denjenigen aber, welehen sieli Theorie und Praxis heutzutage gleichmiissig zu-neigen, etvvas langer verweilen. Manunterscheidet dicsogenannte grapbisebe Methode.die Universitiits-Methode, die vergleicbende Metbode und die tabellarische Melbode. Die g r a p h i s c li e M e t h o d e besteht darili, dass man die statistischen Zustande durch gevvisse conventionelle Zeichen ausdriickt, z. R. die Area eines Staates durcli ein Viereck; die Area eines doppelt so grossen Staates durch ein doppelt so grosses Viereck. So hal der Statist iker Karl I) up in (von seinem Bruder, dem beriihmten Staatsprocurator, der voriges Jahrgestorben ist, zu unterscheiden), eine Unterrichts-karte von Frankreich verfasst; auf der einen Seile lindet man im siid\vestlichen Frankreich, dami in den Departements der untercn Pyrenaen, dunkle Farben, in den nordbstliehen Departements dagegen, \velche an Belgien und Deutschland griinzen, I i elite Farben, so bat er die verschiedenen Abstufungen und Nuancirungen der Unterricbtszustiinde angedeutet, je bliihender die Volksscbule, desto heller steht das Departement, je schlechter der Zusland der Volksscbule, desto dunkler ist dieFiirbung der Karle. Das ist recbt gut anzuschauen, aber es bedarf einer Erklarung; die Zeichen mussen commentirt \verden, man kann also in dieser Art der Behandlung, wo die conventionellen Zeichen erst nocli eines Commeulars hediirfen, nicht eine \vissen-schattliclic Methode finden. Entiveder dient die graphische Methode nur als lllustra-tion der Statistik, danil kann man sie als eine \villkommene Beigabe mitnehmen, oder sie artet iuSpielerei aus. So bat der verdienstvolle Director des hiesigen statistischen IS u reaus, Herr Regierungsratb Dr. Ficker, oine statistische Darstellung der Beviil-kerung des Kaiserstaates imd insbesonders eine solclie vou BShmen herausgegeben; am 8clilus.se des Werkes findcit Sie eino Reihe von Kartchen, in welchen die Bevol-kerungsverhaltnissc der Monarchie durch liclile und dunkleFarben und durch Ueber-giinge genau angedeulet situl; diese kleinen Karten sind so instructiv, dass der Leser das Buchmit doppeltem Verguiigen in dieHand nimmt und mitdoppeltenlnteresse und Nutzenliest. Aberdergenannte Geiebrtewarweitentferiit, in diesen Kartchen die Haupt-sache zu erblicken. Was die Universitiits-Methode betiilVt, so bemerke ich, dass diese Metbode die iiltere war, dass aber aufden heutigenUniversitiiten diese Methode niebt inelir eingelialten wird. Sie bestebt darin, dass man die Statistik eines Staates voll-stiindig abhandelt, dann zur Statistik des niichsten iihergeht u. s. f. Sie ist ausfiihr-lieli, passt aber nicht fiir den akademischen Vortrag und bat den Naehtheil von VViederholungen, die niebt zu vermeiden sind. Die dritte Metbode, welclie wir fiir die passendste halten, sowohl fiir die Lelire, als fiir das Lernen der Statistik, ist die vergleiebende, aueb von Georg Biisching, der um die Mitte des vorigen Jahrbunderts in Hamburg lebte und wirkte, die Biisching'sche Metbode genannt. Sie bestebt darin, das Gemeinschaftliehe und Unterscheideude in der Statistik mebrerer Staaten zusammenzufassen und lieraus-zuheben. Sie sehen, dass dabei in kiirzester Zeit inoglicbst viel geleistet wird , Sie seben aber aueb zweitens, dass durch diese Het aushebung des Gemeinschaftlichen und Unterscheidenden der Verstand, die Sagaeitiit geschiirft wird, dass Gedachtniss und Urtheilskraft gleiclimassig unterstiitzt werden. Uebrigens liisst sieli die ver-gleicbende Methode nicht bloss auf die Statistik mebrerer Staaten, sondern aueb auf die Statistik eines Staates, z. B. Oesterreicbs, die unsere Hauptaufgabe ist, anwenden. Die Begriffe speciell und allgemein sind niimlich relativ. So kennen Sie z.15. dastreffliche Werkvon StaffI er: die Statistik vonTirol, in zwei Biinden. Sie ist oflenbar gegeniiber der Statistik des gesammten Kaiserstaates eine specielle Statistik, so die Statistik Bolimens von So m m er, die Statistik Miihrcns von Volny, die Statistik Ungarns von Fenyes. Umgekehrt wird die Statistik unscres Kaiserstaates gegeniiber der Statistik von Europa selbst nur eine specielle sein. Das Wort speciell kanu noch in einem anderen Sinne als in dem raumlichen, topischen, aufgefasst werden. Wenn eine statistische Partie ohne Biicksicht auf das Gebiet herausgehoben wird, so wird dadurch eine specielle statistische Arbeit in dieser Bichtiing geliefert; z. B. die Industric-Statistik Ocsterrcicbs ist eine specielle Statistik, ob\vohl sie sicli iiber den ganzen Kaiserstaat erstreckt. Nocli specieller wiire die Statistik der Industrie eines einzelnen Kronlandes, z. B. vonNieder-osterreich, wie sie von der niederosterreichischen Handels- umi Gewcrbekammer im vorigen Jahre in zwei Biindeii edirt worden ist, ein gewiss verdienstliches Werk. Sie sehen aus dem Gesagten, dass die vergleiebende Methode fiir den Unterrieht und das Studium der Statistik die passendste ist, dass sie sieh ehensovvobl auf den Complex von mehreren Staaten, als auf einen und denselben Staat anwen-den liisst, indem sie die verschiedenen Gebietstbeile eines Staates zum Objecte des Vergleichens und der Unterscbeidung maclit. Was (lic tabellarische Methode betrifft, so liiingt die Anwendung dieses Wortes und die Behauptung, dass die tabellarische Methode die einzig richtige sei; mit dem friiher von uns widci‘legtem Irrlhume zusammen, als ob die Statistik sicli bloss in Zahlen bewege, als ob es die einzige Aufgabe des Statistikers sei, Ziffern zusam-menzustellen. Die Tabellen aber spielen in der Statistik, weil sie die Bausteine fiir den Statistiker enthalten, ja nocli mehr, sie uacb einem ge\vissen Systeme zusam-menstellen, eine entsclieidende Rolle, sie sind die unerlassliehen Hilfsmittel des Sta-(istikers, aber niclil die Statistik selbst. Dieses veranlašst uns von der Einrichtung der Tabellen, und deni Gebrauehe der Ziffern in der Statistik nalier zu sprecben. Vor Allem ist es Aufgabe des Statistikers, die Tabellen gut lesen zu konnen, so-wie es die Aufgabe des Terrainkundigen, des Soldaten ist , die Karte gut lesen zu konnen. Das ist eben keine so leichte Aufgabe. Trotz dergepriesenen Zustande unseres neunzebnten Jahrbunderts diirfen wir niebtvergessen, das die Hiilfte der unteren SchicbtendesVolkesnicbt lesen und die andere Hiilfte nieht scbreiben kann, dass sogar unter den sich „Gebildete“ Nennendendie wenigsten uber ein oberfliicliliches Urtheil in staatlicben Dingen binausgehen. Nun ist der Staat der complicirteste Organismus auf Erden, und jeder, weil er ein Interesse an dem Staate bat, in dem er lebt, rnasst sich ein Urtheil, nur zuofteinabsprechendes, iiber denselben an. Wir glauben, dass ein motivirtes Urtheil iiber den Staat die Kenntniss der staatliehen Zustande voraussetzt, und zwar eine grundliehe, umfassende Kenntniss, und wir glauben uicht zu viel zu sagen, wenn wir den wahren tirad der BilduugeinesMenschenim Staate nachdiesem Interesse und dieser Kenntniss der staatliehen Zustande beurtheilen. Der Bevveis, \vie viele sich fiir gebildet llaltende oder so Nennende in staatliehen Dingen uner-fahren sind, liegl am klarsten zuTage, wenn sie die Urtheile iiber Statistik im grossen Publikum hiiren. Da sagt man, die Statistiker seien Zahlenkueehte, die Statistik befasse sich mit etwas, was jeden Augenbliek veriinderlich ist, sie babe Ziffern zu behaudeln, welche unverliisslich und ungenau sind, sie bchandle dieGegenvvart so, als ob diese sich erfassen liesse, und vergesse, dass sie sclion im nachsten Augenblicke zur Vergangenheit werde. Das sind so die vorziiglichsten Einvviirfe, die man gegen unsere Wissenscbaft vorbringt. Man begreift, dass die Enthiillungen der Statistik denjenigen unliebsam sind, welelie aus den Missbrauchen im staatliehen Leben und Zusliinden Vor-theil ziehen, man begreift es, dass zu einer Zeit, wo die Begierungeu noch das Geheimhalten der staatliehen Zustiiude fiir den Gipfel der Weisheit hielten, solehe Weisheit aueb getrieben wurde; aber sclnver zu begreifen ist es, dass Personen, welche auf Bildung Ansprucli machen, vvelche behaupten, den Staat und seine Zu-stiinde zu kennen, ein solehes Urtheil liillen. Es heisst, die Zahlen seien ungenau. Nun, auf absolule Verlasslichkeit machen die Ziffern allerdings keiuen Ansprueh; vvir mochten aber wissen, welche VVissenschaft iiberhaupt auf eine solehe absolute unbe-dingte Verlasslichkeit Ansprucli machen kann? Was vvar, fragen wir, die Chemie vor Laeroix und Lavoisier, dieGeologie vor M o h s und VVerner und anderen Geolo-gen, die erst unserem Jahrhunderte angehoren? Was \var die Geographie, bevorKarl Bitter sie zur Wiirde einer Wisseusehaft erhoben bat? Alle Wissenschaften haben einen historiscben Entwicklungsgang, aueli die Statistik bat einen solchen. Wenn einerseits kein Mensch auf unbedingte Wahrheit Anspruch machen kanu, so ist es aul' d er andern Seite tlocli ge\viss, dass die Annaherung an die W ali rlieit schon eine des Menschen vviirdige Aulgabe ist. Erwiigen Nie, dass der Astronom die Bahnen der Planeten und Kometen berechnel, indem er das Verhaltniss des Diameters zur Peripherie kennt, welches durch die Ludolfische Zalil ausgedriickt vvird, die aus drei Einbeiten und einer Heibe von Decimalen bestebt, die ins Unend-lielie gebt. Sobald man eine unendliehe Beilie von Decimalen annimmt, so ist eon-statirt, dass mit einer endlichen Zalil keine absolnte Genauigkeit in der Bereehnung erreicht vvird, und docb geniigt es, ti bis 7 Decimalen aus der unendlichen Heibe zu nebmen, um die Bahnen der Planeten zu berechnen. Sie seben, dass man mit einer Aproximation an die VVabrbeit — und melir ist keinem Menschen gegeben — schon viel erreieben kanu, Die Unvollkommenheit statistischer Dat en ist nur ein Sporu, eine Ermunterung, relativ vollstiindige Daten zu ervverben. Was aber den Einwand betrilft, dass der Statisliker es lediglicb mit der Gegenvvart, also einem im niichsteu Augenblicke sieh Verfliichtigenden zu tliun babe, so beruht er auf Unverstiindniss derSache. Es ist eine alte Eriabrung, dass mandurcb das „auf dieSpitze Treiben" jedeSache ins Absurde vcrkehren karm; so kiinnte man sagen, die e\acteste aller Wissensehaften, die Mathematik vvare unmoglich, dieganze Geometerie vviire eine umniigliche Wissenscbaft, denn die Geometerie geht von dem Pnncte aus, derPunct entwickelt sieli zur Linie, die Lime zurKliiche, die Fliiche zum Kiirper u. s. w. Was isl nun der mathematische Punct, Irage icb, wenn wir dieSache auf die Spitze stellen? Der mathematische Punct ist et\vas Ideales, denn er bat keine der drei Dimensionen, vveil er eben ein mathematischer Punct ist, und docb gebt die Geometrie von dieser angeblich unrichtigen Basis aus und kann daraus die ganze geometrische Welt construiren. Der Irrtbum oder die biisvvillige Verdrebung beruht darauf, dass derStatistiker es nicbt mit der Gegenwart als einem sieli verfliichtigenden Momente zu thun hal, sondern mil einem als Gegenvvart fixirten Zeitraume. Wer z. B. das Materiale be-sitzt, um die Regiernngszeit der Kaiserin Maria Theresia zu bearbeiten, der schreibt eine Statistik der Gegenvvart, relativ beziiglieb der von unsangegebenenR(!gierungs-Epoehe. DerStatistiker behandelt Ziffern, allerdings, aber er verarbeitet sie vvie der Kiinstler die Bausteine zu einemGebaude verarbeitet, zu einem Gebaude, vvelclies symmetriseh naeh einem gevvissen Plane angelegt ist. Hauptsachlich hal der Statistike r auf die D u r c h s c h n i 11 s z i ffe r sein Augen-merk zu riehten. Icbfrage, vvasistdieDurchschnittsziirer, von der Sie fortvviihrend im Laufe der statistischenDarstellungreden boren? Die DurchschnittszifFer (la moyenneJ ist jene Ziffer, vv elehe aus einer Reibe von Beobachtungen durch Combiuation der-selben, riicksicbtlieh durch Addition der Beobachtungsposteu und die Division der sich so ergebenden Summe dureb die Anzahl der Beobachtungen entsteht. Will man z. B. die mittlere Jabres-Temperatur eines Ortes baben, so nimmt man 36i> Beobacb-tungsposten, addirt die Temparaturen der einzelnen Tage und dividirt diese Summe durch 365. Man kann sich aber die Aufgabe erleichtern, vvenn man jedes Monat die mittlere Temperatur des Mouats constatirt, und dabei nur 30 oder 31 Beobaehlungs- posten hat; man kann ancli bloss (lic mitllere Sommertemperatur oder die VVinter-temperatur zurn Gegenstande der Beobachtung machen. Die Ziffer, welche sicli auf diese Weise durch die Summirung der Beobachtungsposten und die Division der Anzahl der Beobachtungen ergibt, beisst die inittlere Ziffer. Wenn Sie sagen, bei der Bevolkerung Oesterreichs kommen 3.100Seelen aul' die Quadratrneile, so ist das die mittlere Ziffer oder die Durchschnittsziffer. Welehe Bedeutung hat nun die Durch-schnittsziffer liir den Statistiker? Die Durchschnittsziffer ist eine ideale Ziffer in dem Sinne, dass es vielleielit kein einziges Datum in der Beobaelitnnggilit, das sich genau mit der Durchschnittsziffer als eongruenteZifferde<;kt. Wenn iclisage,die osterreichische Monarcbie babe 3.100 Seelen auf der Quadratmeile, so ist es wahrscheinlich, dass nicht Eine Quadratmeilevollkommen genau 3.100 See'en zahll; und dochistdieDurch-schnittsziffer von entscheidender VVichtigkeit, weil siezurVergleichung derZustiinde verschiedener (iebietstlieile, oder versebiedener Zeitepocben, je nachdem man das raumliche oder zeitliehe Moment unterscheidet, dient, ja allein dienen kanu. Eben desshalb, weil die Durchschnittsziffer zunachst mir fiir die Vergleichung und dadnreh 1'iir die Kruirung des den einzelnenErseheinungeu zn GrundeliegendenGesetzes, was die Hauptaufgabe des Statistikers ist, dienstbar ist, darf man bei Construirung der Durchschnittsziffer nicht willkiirlieh zu Werke gehen, sondern muss genaue Beobachtungen anstellen, und erst wenndieGenauigkeitderBeohaehtungen constatirt ist, die Durchschnittsziffer daraus ableiten. Dess\vegen ist es sehr empfehlens« ertb, in statis-tisehen Tabellen, welehe DurchschniUsziffern enthalten, aueh die beiden Extreme, das Minimum und das Maximum der Beobaelitungszifler in einer Parenthese oder klammer anzugeben, um zu vvissen, zwischen vveleben Extremen die Durchschnittsziffer sich bewegt. Dass man Durchschnittsziffern mit grosser Behutsamkeit behandeln muss, liegt auf der Hand. In der osterreichischen Monarcbie z. B. haben Sie Ex-Ireme in der Diinne und Dichtigkeit der Bevolkerung. Im oberen Innthale und im Marmaroscher Comitate kommen 1.000 Seelen, in der Umgebung von Rumburg und VVarnsdorf 12.000 Seelen auf die Quadratmeile. Ineinem und demselbenLande, weleh‘ ein gewaltiger Unterschied. Vergleichen Sie den Piseker Kreis in Bdhmen mit dem Leitmeritzer, und Sie werden einen ahnlichen Unterschied finden. Die Homogenitat der einzelnen Beobachtungsposten ist von der grossten Bedeutung. Wasniitztes, wenn icli dieBevolkernng bloss nacli der Ziffer kenne, aber nicht die einzelnen Bestandl heile priife, aus welchen sie zusammeugesetztist. Eine und dieselbe Stadt z.B. die Grossstadt Wien liefert dasauffalligste Beispiel,wie verschie-den beschaffen die Bevolkerung in den entfernten Vorstiidten und in derinnerenStadt isl. Wie verschieden sind die sanitaren Zustande, die mit derArmuth oderBehiibig-keit der einzelnen Individuen zusammenhiingen, im Umfange einer und derselben Stadt! Mit dem blossen Summiren ist nicht Alles gethan; man muss ancli miiglichst homogene Beobachtnngen haben, wenn man eine Durchschnittsziffer, die sich der Wahr-heit nahert, daraus ableiten will. Und dennoch, so heiklich diese Durchschnittsziffer, so vvichtig ist sie. Nehmen wir die politische Arithmetik, die Lieblingswissenschaft der Englander. Was ist sie anders. als eine Wissenschaft, die auf der Durchschnittsziffer basirt, indem sie aus der Thatsache, dass eine Erscheinung sich regelmassig unter gegebenen Umstanden vviederholt, auf das Wiederkehren dieser Thatsache in der Zukunft Scliliisse ableitet. Auf (lem Probahilitats-Calciile sinil alle Gesellschaften, welche die Versicherung muusclilichen Gutes gegen Schaden, oder die Versicherung des mcnschlichen Lebens fiir die Ueberlebenden zumGegeiistaudchaben.basirt. Diess zeigt, wie wichtig es ist, die DurchschnittszitTer mit Vorsieht uiul mit Verstand zu bebandeln, VVelche uuliebsame Erfalnungen man macht, \venn man sieli in der Praxis diessfalls verrechnet, dass konnen die Mitglieder jener Witwen- und VVaisen-Societiiten bezeugen, welcheauf Grundlage lalschcr Probabilitats-Bechnungen zu liolic Pensionen auszalilten, und dieselben dann wieder reduciren mussten, wei.l die Basis der Berechnung, der Caleiil, irrig war. Die Statistik erfasst den Menschen, sobald er das Lcbenslicbt erblickt, und liisst iiin nicht los bis er in dieErde sinkt. Sie betrachtet ihn als Kind, Jiingling, wehr-fUhigen Jiingling, Mann und Greis, sie ziiblt ibu und beobachtct seinenSland und seine Qualificiition in den verscbiedenen Kreisen des biirgerlicheu Lebens, sie betrachtet ibu als Arbeiter, als Laudmann, als Haudolsmann, als ledig, als verbeiratet, sie berechnet dieFruebtbarkeit derEben, denUmstand, ob die Kinder ehelich oder unehe-lieb geboren werden, mit einem Worte, sie betrachtet den Menschen inallen Phasen, in allen Veranderungen seines Lebens. Desshalbmuss der Statisti ker bei derBetracli-tung dieser verscbiedenen Phasen des menschlichen Lebens gcnaue UnteiMuchuugen anstellen, obseine Berechnung aucheine richtige sei, und darf siril nie verleiten lassen, aufeinzelne Beobaelitungen, welcheuichtdurch oftere VVicderholungen bestiiligt sind, gleicli Scliliisse zn bauen. Die Indiictioiien sind am gefahrlichsten im Gebiete einer \Vissenschaft wie die Statistik. Der beriihnite franzosische Ingenieur, Feldherr und Statistiker Vauban liatte zu einer Zeit, woeskeinen Katastergab, dessenldeeerzuerst autlfasste, das Terrain Frankreichs bestimmen vvollen. Er ziihlte die Pfluge Frankreichs, deducirte daraus die Grosse des pflugbaren, dem Plluge unterworfenen Areales, und wollte dann so die ganzeAreaFrankreichs kcnnenleriien, indem er das Verhaltniss des unbebaulen zum bebauten Lande approximaliv berechnetc. Wenn das in einem so lioeh civilisirtem Lande, wie Frankreich, vor 200 Jahren noch stattfand, so konnen Sie leiclil ermessen, was davon zu baltcn ist, wenn in statistischeu Werken oft mit grosser Kiihnlieit das Areale von Russland und der Tiirkei bis auf die Einlieitcn (es fehlen nur die Bruchtheile) angegeben ist. Der Statistiker muss bei Mchandlung der Zillern ausserordeutlieh vorsichtig zu Werke gehen. VVas die Construction der Tabellen betrifft, so bemerke ich, dass man beide Extreme vermeiden muss, zu umfangreiebe Tabellen, weil man sieli in dem Labyrinlhe von ZilVern nicht zurecht fiudet. auf der andern Seite auch zu selir zusammen-gcdrangteTabellen, zu mikroskopische Tabellen, \veil sie die Uebersichl ersclnveren. Die Tabellen sind logische Schemen, sie haben horizontale und verticale Spalten. In der Ueberschrift und auf der verticalen'Seite sinil z. 11. die Gebictsthcile Oesterreichs angefiihrt. Steiermark, Karnten u. s. f. in dem Kopfe und den horizontalen Spalten findetman dann die Zeit angegeben,z.B. Bevolkerung 1861,18G2u.s. f. Am Scliliisse der horizontalen und verticalen Spalten sind dann die Sumnien angegeben. Mit der Art, die Tabellen zu bebandeln, welche friiher in Oesterreieh gebrauchlich var, namlich sie mit einem Commentar zu versehen und die Tabelle wie mit einem Netze zu umspannen, konnen wir nicht einverstanden sein, weil ein solclier Commentar immei- diirftig ist, und die wissenschaftliche Darstellung nicht iiberfliissig macht. Die Taltelle hal mir die ZifTersprache zu spreclien. Die nacliste sieli ergebende Frage betrifft min die Art und Weise, wie der massenhafte StofT der Statistik zu l»ewaltigen, Liclit und Ordnung in denselbeu zu bringen sei, mit anderen Worten, welches isl die passendste Einlbeilung der Statistik, um sicli in dem unermesslichcn Gebiete des Staatsleheus zu orientiren? Wenn der leitende Gedanke des Statislikers immer der Staatszvveck bleibt, wenn aber der Staat ein Verein von Menscben auf einem gegebenen Territorium unter Gemeinschaftlichkeit der Obrigkeit umi der Gesetze zu einem sittlichen Orga-nisinus ist, dessen Zweck zuniicbst in der Reebtssicberheit, mittelbur aber in der Erreichungderhochsten Aiilgaben derMenschheit bestebt, so ergibt sicli uns daraus, dass die passendste Eintlieilung der Statistik nacli drei Abtbeilungen gescbeben kann; wir behaudeln namlich: I. die G ru n d in a c li t, d. i. Boden und Bevulkerung; II. der zweite Abscbnitt zeigt, wie die Stnatskrafte organisirt sind, das ist der Absclinitt, der von der Verfassung und Verwaltung bandelt; lil. zoigen wir, wie die im Staate vereinigten Krafte aucb \virklich thatig und \virksam sind. Die Ueberschrift dieses dritten Abschnittes ist Cul tur. Die Cultur aber zertallt wieder 1. in die pbysischc und 2. in die geistige (moraliscbe) Cultur. Die pbysische Cultur zerfiillt abermals in drei grosse Hauptrubriken: a) die Ur p rod u e ti o n, b) die Industrie, c) den Mandel. Naeh den bier angegebeneu grossen Abscbnitten, Rubriken und Unterabtbei-lungeuderselben, vvollen wir also das statistische Materiale, uns auf das notlnvendigste und wesentlichste beschriinkend, in raseher Itevue vor den Augen vorbeifUhren. Lassen Sie uns daher von derGrundmacbt, d. i. vonBoden undBev5lkerung, zweitens mit etwas veranderter Ordnung. um mit dem complicirtesten und schwierigsten zu schliessen, von der pbysischen, geistigen und moralischen Cultur, und dann drittens von der Organisation des Staates, also der Slaatsverfassung und Staatsver-vvaltung spreclien. Wir werden also jene Momente, vvelche statistiscb denkwiirdig sind. im All-gemeinen berausheben. VVollte ich in Einzellieiten eingeben, so miisste icb einen gesonderten Cursus aus dieser Einleitung machen, dann wiirde die Einleitung zu einem Uuelie uber National-Oekonomie, Verwaltungspolitik und liber Staalsreelit an-scbwellen. Das ist aber nicbt unsere Aulgabe. Diese bestebt. mir darin, Sie auf das denk- und merkvviirdigste im Gebiete der Statistik aufmerksam zu macben. Ich iibergehe nun zu dem Hoden des Staates. Welehe Momente niuss derStatistiker, wenn er den Boden des Staates betrach-tet, vorAllem berausheben? Das erste ist (las Areale, und zn diesem Behule nmss der Statistiker den Znsland des Katasters in'sAuge fassen, welcher eben so wichtig in militiirischer als In national-okoncuiischer und finanziellerBeziehung isl. Worin die Operalion des Kata-sters besteht, liier auseinander zu setzen, ist nielil der Ort. Es geniige anzudeuten, dass vor Allem die trigonometrische Aufnahme des La n des stattlinden nmss, dass darauf die grapliisehe '1'riangulirung 1'olgt, und endlich die VVerthsohatzung von Grund und Boden sich an diesen militiirisch graphischen Tlicil der Operation anschliesst. Nur aul’ diese Erhebung des Werthes desErlrSgnisses des Bodens kanu eine gerechte Vertlieilung der Grundsteuer basirl werden, denn nur jene aui den Grund und Boden gelegte Sleuer ist gereeiil, welche den Reinerlrag IrifFt. Zu diesem Behufe werden alle Grundstiicke in Classen und Kategorien nacli ihrer Giite einge-theilt, mit Rucksicht aul' die landesiibliche Culi ur. den gevvohnlichen Fleiss und den gewohnlichen Ertrag. Der so eruirte Betrag wird nacli dem einzelnen Betrago und nach den einzelnen Classen-erhoben, dann in Geldvverth angeschlagen, davon die Culturkosten nach einer mitlleren Berechnung abgezogen; so erhiilt man den Rein-ertrag als Basis der Besteuerung. Inwielerne das \veitlauligo 0[ierat des Katasters in Oesterreich ga n/, oder tlieilwci.se nacli diesen verschiedenen Abstufungen durch-gefuhrt ist, vverden Si« bei der Darstellung desGrundes und Bodens aus deuTabellen entnehmen konnen. 1 lahen Sie das Areale des Laudes, so lragt es sich, welches siiul die Con-t.ourendesLandes. Es ist begreillieli, dass die Bcscbairenheit desLandes, die ausseren Contouren fiir die Vertheidigungsliihigkeit desselben keinesvvegs gleichgiltig sind. So ist das Kaisertlium Oesterreich ein grosses Trapez, an uelches sieli im VVesten ein Folygon (ein Fiinfeck) Tirol anschliesst, vviihrendsichimSiiden ein lang ausgedehntes Kiistenland, Dalniatien, als Fortsetzung des Hauptkorpers darstellt. Dieser Korper ist niehl vollstiindig arrondirt, sondern an zwei Stellen, im Norden und Siiden des Kreises Ragusa durch schmale Landzungen des turkischen Territoriums durchbrochen, jene von Klek und Sntorina. Dass diese Durchhrechung' des Territoriums elier vom Btisen als vom Guten isl, brauche icli nicht zu er\vahnen. Weun man dic Beschaffen-lieit dieses Territoriums in seinen Contouren studirt, so wird man sehen. dass dieses lang gestreckleKustenland einLand ohne llinterland ist. und alle Nachtheile, vvelclie in militiirisclier und national-okonomischer Bezicliung aus dieser negativen Beschal-fenheit des Bodens hervorgehen, zu wiirdigen im Stande sein. W as die Griinzen des Landes betrifft, so wird der Statistiker hervorheben, ob sie natiirliche oder kiinstliche, trockene oder nasse, oh sie Gebirgs- oder 1’luss— griinzen seien, vveil alles dieses in viellacher Richtung beachtenswerth ist. Audi wird der Statistiker seinen Blick iiber die Granzen des Lundes auf die Nachbarn werfen. Es ist nicht gleichgiltig, oh die Nachbarn sch\vache oder iniich-tige Staaten im Riickschritt begriffene oder aufstrebende Staaten sind. Es isl nicht gleichgiltig, ob ethnographisch Verwandte sich in den Nachbarstaaten liefinden oder nichi, denn alles das ist von grosser politischer Bedeutung. Hat man das Areale, die Griinzen und die Conlouren eines Landes kennen gelernt, so ubergeht man z ur Darstellung derBeschaflenheit des Bodens, der oro- und hjdrographisehen Verhiiltnisse, derGebirge, Ebenen und des Bewasserungs-Systems des Landes. Nicht mit Unreeht \vird die Erde mit einem grossen gewaltigen Korper verglichen, er hat sein Knochen-system, die maelitigen Gebirge, sein Venensystem, die Gewasser; er hatseine Bewegung, and zwar eine doppelte, um seine Achse und um die Sonne als Centrum des Solar-Systems, er iiat seine magnetische und elektrische Empfindung, wie Sie Alle vvissen. Langst haben Historiker und Geographen das VVechselverhaltniss betrachtet, welches zwischen Hoden und Menschen, namentlich dem socialen Mensehen besteht, und diese Wechselbe,ziehung zurn Gegenstande ibres Studiums gemacht. Es bedarf' keiner weiteren Auseinandersetzung, dass teliurisebe und kosmische Einflilsse von grosster Hiiekwirkung und Bedeulung fur die sociale Entwicklung des Menschen sind. Und umgekebrt \vird Niemand zwei('eln, dass der Menscb gcstaltend und metamorphosirend ant' die Natur einvvirken kanu, und sie,h die Natur his zu einem gewissen Grade dienstbar macbt. Es besteht zvvischen der Natur und dem Menschen cin Verhiiltniss der Wecbselwirkung, cin Verbaltniss, welches, weil es wechselseitig ist, die Freibeit des Menschen in der Gemeinscbaft ebenso wenig aufbebt, als der Umstand, dass der einzelne Menscb von seiner Um-gebung, seiner Erziehung, von zeitlicben und riiumlichen Eintliissen in seiner Ent-\vicklung abbangig ist, die Freibeit des Individuums aufheben kann. Niebt umsonst kniipfe ich diese Betracblung moraliseber Natur an dic Einleitung, an die Darstel-lung des Grundes und Bodens; denn es gibt eine Scbule der Statistik, welche aus dem regelmassigen Wiederkebren gewisser Thatsacben auch im Gebiete der mnra-liscben Welt die falscbe Scblussfolgerung ableitet, dass es keine Imputabilitat und keine Freibeit des Willens gebe. VVeil gewisse Verbrechen gegen die Person, das Eigenthurn, oder andere betriibende Erscheinungen, wie Selbstmorde, ich mochte sagen, mil erschreckendcrRegelmassigkeit unter gegebenen Voraussetzungen wieder-Icehren; so leitel man daraus ah, dass ahnliche ciserne Gesetze der Nolbwendigkeit die Schicksale der Menschen hestimmen. Diese Anschauung hiingt mit der Ausicht jener Scbule zusammen, die ich friiher cbarakterisirte, welcbe die Gesetze der Mathematik unbedingt auf die ethisebe Welt iibertragen will. Wir glauhen, dass durch die relative Abhangigkeit des Menschen von tellu-rischen und kosmiseben Eintliissen seine Freibeit niebt aufgehoben werden kann, dass das eiserne Gesetz der Nothwendigkeit keinesvvegs allein maassgebend ist, und die Schicksale der Menschen niebt einem eitlen Wurfelspiele zu vergleichen seien. Dic ganze Geschichte ist da, um diese Anschauung zu \viderlegen, die ich ehen besprochen babe. Wenn auf der einen Seile die freithiitige Leistung des Genius in Kunst und Wissensehaft niebt in Ahrede gestellt vverden kann, so unterliegt auch die ganze Gesellscbafl boberen Gesetzen als blossen Naturgesetzen. Ich komme zu ilen Gehirgen, und frage, vvas der Statistiker dabei hervorzu-beben bat. Seine Aufgabe ist es. vor Allem dic horizontale und verticalc Gliederung des Bodens genau zu fixiren. Es geuiigt also niebt, die Gebirge namentlich aulzu-zablen, das vviire mir cin Ballast fiir dasGedachtniss, sondern man muss den Zusam-menhang des Gebirgs-Svstems mit den Ebenen und Thalern in s Auge lassen, so wic den Zusammenhang der Gebirge unter sicb, ob sie, strahlenfiirmig von einem Knoten-punete auslaufen oder einen gevvissen Parallelismus, wie er sicb bei den europiii- schen Gebirgen findet, beobachtrn. Die absolute und relative Hohe, d. h. die Erlie-bung iibcr den Meeresspiegel uiid liber die niichste Umgebuug, vor Allem aber die Gebirgsjoche, die Piisse, als natiirliche Verbindungsstrassen zvvischen den verschie-denen Gebirgssysteinen und Thalern, zugleich die Richtungen, vvelche die grossen Heeresstrassen und Eisenbahnen einschlagen miissen, sind anzugeben. Was nun die Gewiisser betrifft, so uuterscheidet der Statistiker: 1. das Meer, 2. die Binnengevvasser. Die Beschaffenheit des Meeres und der Meereskiiste ist statistiseh von grosser Bedeutung, namenilioh fiir die Schifffahrt. Wie versehieden z. B. ist die Ostkiistedes adriatiscbenMeeres, mil ilircu tiefen Buchten und den Ein-rissen des Meeres in das Festland, gegeniiber der westlichen Kiiste, welche so zu sagen in dieSee vorriickt,so dassjene Stadt, welche dem gauzen Meerbusen den Namen gegeben hat, Adria, lieutzutage lief landeinwarts liegt; Bavenna, zur Zeil des Kaisers Augustus eine Hauptstation der romischen Kriegsflotte, sleht lieutzutage mir mehr durch Lagunen mit dem Meere in Verbindung. Die Grosse des Meeres, des Kiistengebietes, die Beschaffenbeit der Kiiste niuss der Statisti ker seiner Aufmerksamkeit unterziehen. Was die Binnengewasser betrifft, so kann der Statistikcr sich nicht begniigen, die blosse Stromentwicklung im Ganzen darzustellen, er muss aueh das Verhaltniss der Stromcutwicklung zur Stromeslange untersuchen. So durchlauft z. B. die Douau von Passau bis Orsowa 180 Meilen, eine gerade Linie von PassaubisOrsovva betragt aber kaum 1(10 Meilen, der Statistiker wird daher sagen: die directe Stromeslange von 100 Meilen verlialt sicli zur factischen Stromentwieklung wie 100 : 180 oder wie « : 9. Der Statistiker muss das Gefalle der Fliisse genau kennen. Wie unterscbieden ist z. B. das Gefalle der Donau hier im Erzherzogthume Oesterreicb, welches ein Terrassenland ist, von dem in Ungarn. Dort ist das Gefalle 3 bis 4 Mal so bedeutend als in Ungarn, wo es hocbstens 3 Fuss per Liingenmeile hat. Welchc Folgen diese Verschiedenheit des Gefiilles hat, wie namentlicb die Bergfahrt dadurch erschwert wird, liegt auf der Hand. Also die directe Stromeslange, aber aucli die Stromentvvicklung, das Gefalle, die Schnelligkeit des Flusses, die Beschaffenheit des Flussbettes, wovon namentlich die Thal- und Bergfahrt abhfingt, nicht minder die Beschaffenheit der Flussufer, wovon die Treppehvege fiir die Bergfahrt abhšingen, iiherhaupt die Angabe der Zalil der schiffbarcn Meilen eines Flusses miissen betrachtet vverden. Die Darstellung der Canale eines Landes, miigen sie was immcr fiir Zweeke haben, entvveder Fliisse, welche verschiedenen Abdachungen angehoren, zu ver-einigen, oder die Schifffahrt auf Flussen derselben Meercsabdachung durch Verbindung abzukiirzen, wie z. B: der Franzens-Canal in Ungarn diesenZweck hat, istgleieh-falls eine llauptaufgabe des Statistikers. Die Canale konnen aucli den Zweck haben, das Land zu entvvassern, Sumpfe auszutroeknen, z. B. der Bega-Canal in Ungarn. Hat der Statistiker die oro- und hydrographischen Verhaltnisse eines Landes kennen gelernt, so iibergeht er zur Darstellung desKlima’s. Alle thermo-, baro- und hygrometischen Beobaehtungen, die Beobaehtungeu iiber die mittlere Jabres-Tempe- ratur, liber die Temperatur im Winterund Sommer, ombrometrischeForschungen iiber die Menge umi die A rt des Niederschlages in eiuein Lande, gehoren in die Darstel-lung desKlima's. Das physische Klima differirt oft hedeutend von dem mathematischen. \velches nacli derGntfernung einesLandes von demAequator und dem Pole bestimmt wird. Mit Riicksicht auf dieses physische Klima sind die Isotliermeu von der grossten Wichtigkeit, das sind jene Linien, welehe die Orte von gleicher oder anniihernd gleicher mittlerer Jahrestemperatur verbinden, ein Gedanke, den Alexander von Humboldt angeregt bat und durchObservatorien, die iiber den ganzenErdball zer-streut sind, zu venvirkliehen bemiihl war. Die Isothermen, wie sie in den physikali-scben Atlanten von H e rgh aus angefuhrt vverden, sind lehrreich fiir die Erkeuntniss der Vegetalion, denn von dem Klima und dem Niedersehlage hSngt die Vegetation des Landes ah. Uebergeben wir im raschen Laule zur Bevolkerung. Die Bevblkerungs-Stalistik ist eigentlich die Statistik; denn des Volkes \vegen ist der Staat da. Das Volk juristisch gegliedert, ist ebeu der Staat. Eine genaue Statistik der Bevolkerung naeh allen Bichtungen ist ebeu die Statistik des Staates, weil die BegrilVe Volk und Staat identisch sind und sieh decken. Vor Allem muss die Bevolkerung gezahll werden. So lange die Menschen sich in Gemeinscbaft befinden, zablen sie sich. Wirverweisen mir aufdas altesteExempel einer Ziihluiig in der Bibel, welebe freilich dem Konige David, weil sie mit lioch-miithigenNebengedanken unternommen wurde, iibcl vermerkt wordeu ist. Naeh dem Zeugnisse Herodofs lindet sich eine Zahlung des Volkes aucli bei den alten Persern. So \viehtig dieseOperation ist, so ist docli die stiirkstc Regierung nicht im Stande, sie mit jener Vollkommenheit durchzuluhren, welche wiinsehenswerth ist. Etwas absolut Vollkomineucs zu erreichen, ist ebeu dem Menseben nicht gegeben, aber approxi-maliv bat man in der neueren Zeit in der Volkszithlung Ausserordentliches geleistet. Wir khnnen sagen, dass Oesterreich in dieser Bezichung anderen Staaten nicht nur nicht nachsteht, sondern mit den bestconditionirten Staaten gleiehen Schritt liiill; aber ein sch\vieriges Operat ist und bleibt es immer. Ain zvvcckmassigsten ist es, dieses Operat nicht zu rasch naeh einander vorzunehmen, weil es sehvvierig ist, liingere Zeit braucht und es besser isl, Veršinderungen, die sich in der Bevolkerung allmalig herausstcllen, in gevvissen lixen Zcitraumen aufzunehmen, iudein sie in kiirzeren Zeit— abschnitten nicht so leicht lassbar und hemerkbar sind. Esinbt ein Hecr von Menschen, vvelchesich der Zahlung widersetzen, vieleSteuerzahlende, besonders in den unteren Schichten der Landbevblkerung, vveil sie glauben, dass die Ziihlung des Volkes eine Erhohung der Steuern bezvvecke; jene zahllose Schaar von Individuen, vvelche mit der Gesellschaft nicht aul' gutemFusse sleht, Verbrecher, Vagabunden und ahnliches Gelichter; endlich ist es auch die Alnvesenheit von so vielcn tausend Angehbrigen des Staates, welche das Volksziihlungs-Operat immer bedeutend erschwert. Hat man endlich die absolute Volkszahl eruirt und constatirt, dann ist es Aufgabe des Stati-stikers, die relati ve Volkszahl, die Volkszahl auf dem alsEinlieit angenommenen Raum zu bestimmen. Diess geschieht, vorausgesetzt, dass der Kataster scine Schuldigkeit gethau, durch einfache Division, man dividirt die Summe der Bevolkerung durch das Areale und bat die relative Bevolkerungszahl fiir eine Quadrat- meile. Ieli brauche nichl zu \viederholen, was icli sclion iiber die Bedeu-tung der Mittelzahl anfiihrte; sie ist cine ideale Zalil, weiche zur Vergleicliung unenthehrlich ist, sie spielt in der Statistik die griisste Rolle. Es kommt aber baupt-sachlicb daraut an, dass die Factoren, aus denen sie entstanden ist, genau sind; ich habe bemerkt, dass es zweckmassig sei, bei der Durchschnittsziffer auch die Extreme, die Mininia und Maxima, zwischen vvelchen die Mittelzahl oscillirt, anzugeben, um sich ein nabereš Urtheil iiber die Entstebungsart der Mittelzahl zu bilden. Hat der Statistiker die Volkszahl kennen gelernt, so schreitet er zu einem zweiten hochwichtigen Momente, zurEruirung der Bewegung der Bevolkerung (le mouvement de la population sagen die Franzosen. und die Deutschen haben von ilinen diesen Ausdruck entlehnt). Der Statistiker erfasst den Menscben in dem Momente, wo er das Lebenslicht erblickt, und von diesem Augenblicke an begleitet er ihn \vie sein Schatten; er zahlt ibn ant'jeder Altersstufe, er zabit, rubricirt und nuinmerirt ibn in jeder Beschaftigung, die der Mensch ergreift, als Industriellen, als Ackerbauer, oder Mitglied eiuer Handelsgesellschaft, oder irgend einer Association, als VVebrpflichtigen, als Steuerpflichtigen, und verlasst ibn nicht, bis sieh die miitter-licbe Erde fur immer iiber ihn sebliesst. Der Statistiker bat die Pflicht, diese Beolt-achtungen des Einzelnen so\vie der Gesammtheit fort\vahrend in Evidenz zu balten; eine Unterbrechung, eine Lučke wiirde das ganze Operat storen. Die Bewegung der Bevolkerung ist die Veranderung, die Ah- und Zunabme der Beviilkerung nach den einzelnen Varianten, welche die Bevolkerung darbietet. Die Factoren der Bevvegung der Bevolkerung sind auf der einen Seitc die Geburten, auf der andern Seite die Sterbefalle ; zwiscben beiden in der Mitte sleherni die Trauungen, mit der Fruchtbarkeit der einzelnen Eheu; ferner die Ein- und Ausvvanderungen, \vo diese die Bevolkerung alteriren. Irland z. B. bat in den letzten 10 Jahren 2 Millionen Menscben dureb Auswanderung verloren, in demselben Maassc hatNordainerika an Bevolkerung zugenommen, ganzabgesehen vonderEinwauderung aus Deutschland. Wir schreiten zu den einzelnen Factoren. Wie tein verastelt, wie vielfach gestaltet sich die Statistik bei Betrachtung eines jeden dieser Factoren! Lassen Sie uns beispielsweise die Geburten anseben. Der kaum in’s Leben getretene Mensch wird von dem Statistiker gleich bczitVert; nun verfolgt er ibn so lange, als er auf Erden bleibt; der Statistiker bemerkt zu seinem Erstaunen, dass bis zum vierten Lebensjabre die Halfte der Geborenen, bei Vielen zu ihrem eigenen Besten, das Zeitliche gesegnet hal. Er begniigt sich aber nicht damit, zu wisscn, wie viele Kinder in einem .lahre geboren sind, er vergleichl, wie sich die Zalil der Geburten zur Gesammtzahl der Bevolkerung verhalte, vvelebes Percent di(> Neugeborenen ausmachen? Daraus ergiht sich die Erscheinung, dass /.n allen Zeiten und in allen Liindern melir Kuaben als Mfidehen geboren werden. Und doch ist es auftallig, dass allenthalben, fast oline Unterscbied in den europaiseben Staaten das weiblicbe Geschlecht iiberwiegt; es mag bie und da ein kleiner Unter- schied stattfindeii, vvie boi uns in den siidlichcu Provinzen, in Dalmatien und in der Mililiirgranze, aber alle Staaten weisen das Phanomen a ul', dass die Anzahl der mannlichen Geburten grosser ist als die der \veibliehen, vvahrend die Gesammtzabl der vveiblicben Beviilkerung etwas grosser ist als die der mannlichen. Das erste Phanomen erklart sich daraus, dass. wenn mebrKnaben alsMadchen geboren vverden, andererseits die Mortalitat miter den Knaben grosser ist als unter den Madehen; das zvveite Pliiinonien daraus, dass die ganze Lebensweise desMannes eine viel anstrengendere ist als die desWeibes, dassTausende von Mannern in Gewerben, \velche der Gesundheit nacbtbeilig sind, arbeiten, oder im miinnermordenden Kriege, wie ibn die Alten nennen, unterliegen: \viihrcnd das weiblicbe Geschleebt, namentlich aucb was die Gewerbe betrillt, mehr geschont ist. Der Ueberscluiss des weibliehen Gescblechtes ist im Ganzen unbedeutend, und daraus gebt hervor, dass die Mono-gamie nicbt nur in der Etbik, sondern selbst in der Natur, in der providentiellen Einrichtung begriindet ist, und die Polvgamie selbst in der Pbysik des Mensehen-geschleehtes keine Grundlage bat; es mtisste sonst dasUebergewieht des weiblichen Gescblechtes iiber das miinnlicbe ein ganz anderes sein, als es in Wirklichkeit ist. Hat der Sla lisi iker aueh alle diese Daten erseluipft, so ist er mit der Statistik der Geburten nocli nicht fertig, dann muss er erst jene ungliicklichen Kinder betrachten, welche schon in ihrerWiefe der Pflege ihrer Aeltern entbehren miissen, die uneheliehen Kinder. Er muss die Zalil der unehelichen Kinder registriren und ihr Verhaltniss zu den eheliehen feststellen. Daraus wird er einen beiliiufigen Sehluss auf den Zustand des Familienlebens in einem Landc ableiten konnen, icli sage einen beiliiuligen, weil nocli viele andere Betraclitungen coindiciren, bevor man dar iiber einen apodiktischenSchluss ziehen kanu. Wenn er dieTodtgeborenen zabit, so wird er linden, dass die PercentzahI, vvelche von den todtgeborenen auf die unehelichen Kinder iallt, eine viel grdssere ist, als die PercentzahI der todtgeborenen eheliehen Kinder zu den eheliehen Kindern uberhaupt; es scheint, dass schon im Mutterleibe jene betriibenden Umstande, als da sind Gemiithskriinkungen der Mutter, Mangel an de;' erfbrderlichen Nahrung und Ptlege verderblich auf die Leibestrucht einwirken. Hat der Statistiker auf der einen Seite die Geburten betrachtet, so maclit er auf der anderen Seite auch die Mortalitat zum Gegenstande seiner Erwagung. Wie viele Mensclien sterben in einem Lande? VVelehes Percent nehmen die Todten von der Gesammt-Bevolkerung ein? Dieses Percent ist ein geringeres als das der Geburten, die Geburten iiberwiegen die Sterbefalle, dadurch erklart sich die Ver-mehrung des Volkes aus sich selbst, ahgesehen von jeder Ein- und Ausvvanderung. Ferner sebreitet der Statistiker zur Classification der Krankheiten, welche die Mensclien hinwegraffen. Aber auch durcli gewaltsame Naturereignisse oder menscli-liche Gewalt iverden Sterbefalle veranlasst, durcli Naturereignisse z. H. Ueber-scbvvernmungen, Lawinen, Erdstiirze oder durcli menschliche Gewalt, «ie durcli Mord, Todtschlag; in diese Kategorie fiillt auch die Todtung durcli Hinrichtung; alle diese Falle miissen constatirt, und mit der Gesammt-Bevolkerungszalil verglichen werden. Sfnli.it. Mittlieil. XVI Jalirg. 1. Ileft. 2 Dic Classificirung der Krankheiten ist eine niclit leichte Aufgabe. Im Jahre 1857 waren im landstiindischen llause zu Wicn die Miiimer des slatistischen Con-gresses versanunelt. Aus diesem Anlasse wurde eine zwcckmiissigc Einthcilung der Krankheiten von Experten entworfen, und diese Tabellen dienen zum Muster in den meisten europaischen Staaten. Gewolmlicli untersclieidet man acute und chronische Krankheiten; ferner epidemische, welche in Folgc miasmatischer Ansteekung durcli die Luft u. s. w. entstehen, und endemisehe, welelie in gewissenGegenden heimisch sind, z. U. der Skorbut. Vergleichen Sie die Reihenfolge, nach welclier 100 gleichzeitig Geborene aus dem Leben scheiden, bis nicht einer voii ilinen mebr auf Erden wandelt, vergleichen Sie die Mortalitat in den einzelnen Lebensstufen, so kommen Sie zu dem, was man die Absterbe-Ord nuug' nennt. Sie begreifen, dass diese Absterbe-Ordnung mit grosser Sorglalt st udi rt verden muss, es beruht daraul' derProbabililiits-Calciil, der aus dem Wiederkehren gewisser Erscheinungen daraul' schliesst, dass unter gleicher Voraussetzung sieb dieselbe Erscheinung auch in Zukunft erneuert. Nach dieser Absterbe-Ordnung und aus dem Vergleiche derGeburten mit den Sterbefallen konnen Sie deiiFortschritt derRevolkerung eruiren. Siti bereehnen diesen Fortschritt in Per-centen, indem 100 Menscheu als cin Capital alsFundamcnt derBcrechnuug angesehen werden. Das Percent des Fortschrittcs der Bevolkerungsbevvegung in Oesterreich ist circa ”/10 von 100, wahrend es in den wes*lichen Staaten Europa's niclit einmal so vici betriigt, z. I>. in Frankrcich uugcfahr */,n. Vergleichen Sie daniit die aulTiillige Erscheinung, dass im grossen \Volga-Thale, welches zum kaspischen Meere abdacht, im Herzen von Moskovvien nocb immer ein Fortschritt derBevolkerung von 1 bis 1 */a Percent statlfindet, so konnen Sie daraus ableiten, vvic gross heilaulig die Bevol-kerung im mittleren Russlaud, im fruehtbarsten Theile Russlands in SO bis 100 Jahren sein wird. Solche Ziffern veranlassen Naclulenkcn, rcitliches Naehdenken. Denken Sie sich das glaubenseinige, in sich nicht zerkliiftete Russland in so rascher Progression mit seiner Beviilkerung vorwarts gehend, \velche Zukunft kanu tur das mitteleuropiiische Volksleben hervorgehcn, \vcnn diese Progression so ununterbrochen fortschreitet? Eine Macht,- welche vollkoinmen einig in jeder Be/.iehung ist, durch keine Glaubens- und politische Skrupel zerrissen wird, ist von grosserer Bcdeutung, als die Horden eines Attila oder Dschingiskhan, die wie Erdbeben iiher die Welt zogen. Der Statistiker bevvegt sich in Diugen, die fiir die Weltmenschen ziemlich gleicbgiltig sind, aber fiir den Forscher und Denker iiberraschendeResultate liefern. Der Statistiker begniigt sich nicht damit, das Volk nach seinen Abtheilungcn zu zahlen, und Geburten, Trauungen und Sterbefalle zum Gegenstande seiner Betrach-tungen zu machen. Er will auch wissen, wie das Volk wohnt, und zahlt die Wohnorte. Aber auch die Zahlung der Wohnorte geniigt i lun nicht, er vvill wissen, wie die VVohnorte beschaiTen sind. Ein Sprichwort sagt: Sage mir, mit \vem du umgehst, und ich sage dir, wer du bist; noch mit mehr Reclit konnte man sprechen: Sage mir, wie du wohnst, und ich sage dir, wer du bist. Der Grad der geistigen und sittlichenBeschaffenheitdes Volkes kannnach der Behabigkeit seiner Wohnuugen, der Beschalfenheit dersclben heurtheilt vverden. Vergleichen Sie die troglodytenartigen Wohnungen desBaucrs iinSiiden der Monarchie mit dem Wohusitze eines behabigen ober-iisterreichisehen Bauers, so werden Sie den unermcsslichen Abstand sehen zwischen den Menschen, welche ein mul dieselbe Monarcliie bewolinen. Der S la listi ker muss aucli \vissen, »b diese VVohnorte stadlische oder liind-liche sind, er ziihlt die Stiidte, Miirkte, die Diirfer. lir vergleicht wciter die Diirfer, Miirkte und Stiidte mit dem Areale, er wird sagen, dass z. H. in der osterreichiscben Monarcliie aul' 13 Quadratineilen eine Stadt kommt, er wird aber aueh die Tliatsaebe herausheben, dass in den Sudetenliindern, Bolimen, Miiliren und Sehlesien, vvelche o.000 Seelen aul’ die Quadralmeile zahlen, sehon auf 3 Quadratmeilen eine Stadt kommt ; er \vird weiter das Factum bestatigen, dass von der Gesammtzahl der Stiidte der Monarcliie, sagen vvir in runderZifferSOO, rnelir als die Halfte auf die 1.400 Quadrat-meilcn von Bohincu, Miiliren und Sehlesien kommen, also scbon auf’ drei Ouadrat-rneilen eine Stadt, viihrend inUngarn auf S0Quadratmeilen erst eine Stadt kommt. Die Sudelenliinder bilden die industriereielisle (legend der Monarcliie, Ungarn dagegen ist ein agricoles Land, Ackerbau und Viebzucht sind diellauptbescbiifliguiigcn seiner Bcwohner, die Industrie ist eine Ausnahme. Dazu kani in friilierer Zeit nocb ein poli— lisches Motiv, die Eifersuelit des Adels auf die Stiidte, \vclehe den Stiidten die Imma-triculirung, dieAufnahmc in dieBeichsvertretung, nur spiirlich zugestand. Wir gelien weiter und beguiigen uns nielit, die Stiidte, Miirkte und Diirfer zu kennen, wir ziihlen aucli die Ilauser in ihnen, und ziililen die Familien in den liausern. Wir freuen uns constatiren zu konneii, dass der Bauer in einzelnen Tbeilen der Monarcliie gescbieden vom llausvieli, in bequemen, mit llausgeriitben verselienen Wohnungen sich belindet, wahrend wirmil Bedauern sehen, dass in anderen Tbeilen der Monarcliie das liebe Vieli mit dem Menschen dieselbe Behausung tlieilt. Uebergeben wir zu den Culturzustanden eines Staates, so 1'iihre ich in Ilir Gedachtuiss zuriick, dass die Cultur in die physische und in die geistige, moralische Cultur eingetbeilt wird. Was die p liy s i s c h e Cu 11 u r betrifft, so haben wir l.dielJrproduction, 2. die Industrie, vvelche die Stolic derUrproduetion verarbeitet, und 3. den Mandel heraus-geholien, vvelcher zwischen Producenten und Consumenten vermittelt, den Ueber-scliuss des Einen lieniitzl, um die Bedurlnisse des Andern zu befriedigen. Was die U r p r o d uction betrifl'1, so ist esvorAllem die nicht leichte Aufgabe des Statistikers, jenen Theil des Ackerlandes kennen zu lernen, welcber derUrproduetion gewidmet ist. So wird er z. B. bemerken, dass ungelahr 33 Millionen Joclie in Oesterreich dem Ptlugegehoren, d. h. naehdeni 10.000 osterreicbische .loche eine Ouadratmeile hilden, liber 3.000 Quadratmeilen beaekertes Land sind; beiliiufig ein abiiliches Quantum gehiirt dem Forste an, und 14 Millionen Jocli sind noeh Weide, gehiiren also einer Culturgattung an, die eigentlich keine Cultur ist, luciis nnonlucendo. DerStatistiker wird also nach der Culturgattung das bebaute Land eintheilen in Aeker, Wald,’ Wiese, Weingarten und VVeide. Die Bubrik des uncultivirten Bodens muss aber mit der des cultivirten Bodens verglieben vverden. Man muss audi den uncultivirten Roden uieder in mehrere Buliriken eintheilen. Einmal giht es einen uncultivirten Boden, iler gar nielit fur die Cultur zu gewiniicn ist; auf den Gletsehern in Tirol und Steiermark kann man nicht 2* pfliigenundsaen. Wirunterscbeiden also zunacbstjenenuncultivirten Boden, derunter jeder Voraussetzung der Kultur entzogen ist. Zvveitens gibt es aber einen unkultivirten Boden, der nicht bepfliigt, beeggt und besiiet werden kanu, der aber von der grossten Bedeutung fiir die Cultur ist, die Binnengewasser und das Meer. Sie sind befruchtende Elemente, tragen Schifle und setzen Tausende von Mascbincn in Bewegung. Das ist der zweite Tbeil des Bodens, der niehl zum Culturlande im eigentlicben Sinne des Wortes gehiirt, aber irn hoben Grade die Cultur fordert. Drittens die fiir den Statist iker betriibendste Rubrik ist aber jener Tlicil, welclier in keine der beiden anderen Kategorien gebort, jener Theil, welcher bei Amvendung menschlicher Sorgfalt und menschlicher Kunst in Culturland verwandelt werden kann, z. B. dureb Enhviisserung, Bepflanzung und iihnliche Mittel, welcbe die localen Verbiiitnisse und die Einsicht des Oekonomen bieten. Hat der Statistik«*!* das alles betrachtet, so muss er noch denErtrag des cultivirten Landes anCerealien, Waldproducten, Wein u. s. w, erheben. Wir fragen, \vie bekommt man bierSummen zusammen, wie kann man VVeizen, Hafer, Gerste summiren, das sind ja disparate Grossen oline Ilomogenitiit, vvie kann man so verschiedene Griissen dabin bringen, dass man sie addirt? Das gescbiebt durcli eine leichte Methode, welche die Cbemie der Landwirthscbaft an dielland gibt. Die Cbemie bestimmt denGehalt an Nahrungs-stoft’, welcher in einer als Einheit angenommenen Kornergattung enthalten ist, man nimmt z. B. einen Metzen Weizen, bestimmt den Nahrungsgebalt, welcber darin enthalten isl, vergleiebt dann den Metzen Waitzen mit gewissen Quantitaten von Hafer, Gerste u. s. w. Der Gehalt an NahrungsstofT ist bei diesen Cerealien nun entvvedergrosser oder geringer; so kann man seltr leicht ein gegebenes Quantum von Weizen auf das entsprecbende Quantum von Hafer, Gerste, Beis u. s. w. reduciren. In abnlicher Weise kiinnen Sie auch den W:irmestoff, der im Holze enthalten ist, mit dem Warmestofle einer gegebenen Anzabl von Centnern Kohlen vergleiehen. Haben Sie den Ertrag von Acker, Wald, Weingarten u. s. w. eruirt, so kiinnen Sie leicht zu einem sclrvvierigeren Operate schreiten, zurEruirnng des Bodemverthes. Wenn derWerth als das 20fache Ertragniss veranschlagt wird, so brauchen Sie nur die einzelnen Summen mit 20 zu multiplieiren, und Sie haben den Werth des Bodens gefnndeu; diese ziffermassige Berechnung ist zwar an sich leicht, aber im Ganzen ist es doch schwer, zu diesem Besultate zu kommen, weil noch viele andere Momente hier in Enviigung kommen miissen. Der Statistiker begniigt sich nicht mit der Angabe des Ertrages von Grund und Boden, er muss auch die privat- und staatsrechtliche Stellung des Bauern in's Auge fassen. Der Statistiker bestiitigt den Satz der National-Oekonomie, dass die Arbeitan Werth steigt, je mehrsiefreiist, dass der Ertrag von Grund und Boden um so bober isl, je grosser der Anlbeil ist, den der Bauer an Grund und Boden bat, also je freier der Bauer ist. Die Sklavenarbeit ist die sebleehteste, die am vvenigsten profitable. Es ist Thatsache, dass der ljandmann in dem Maasse, als sein Verhiiltniss zum Grunde und Boden sich dem eines freien Eigenthumers nahert, mehr erzeugt. Die Sklavenarbeit ist der sebleehteste Modus, dann kommt dieLeibeigenschaft, dann das Nutzniessungsrecbt, dann das 1’achtverbaltniss. Offenbar isl der Erbpacht, wel- cher dem Eigenthume am nachsten steht, viel zweckmassiger als der Zeitpacht und beim Zeitpacht wieder derjenige. der sich auf langere Zeit erstreckt, vortheilhafter als ein kurzer Pacht. Die Lage des irlantlischen Paehters, der mit kurzer Pachtzeit auf dem Boden sitzt, ist elend imVergleiche zu der des englischen und schottisehen Bauern, der eine Pachtzeit vou 21 und noch mehr Jahren hat. Eine so lange Paeht-zeit llusst dem Pachter das iuteresse ein, Meliorationen an Grund und Boden vorzu-nelimen, seine Lage nahert sieli um so mehr dem Eigenthumsrechte, als sich in den einzelnen Familien hitulig der Erbpacht aus diesem langeu Zeitpachte, wenn auch nichl vertragsmassig, so doch factisch entwickelt. Von dem Grade der Freiheit des Bauern und dessen Authe.il an dem Ertrage seiner Arbeit hangt daher die Giite, die Intensitat seiuer Production wesentlich ah, vorn juristischen Standpuncte ganz abgesehen, um nur den national-okonomischen Standjiunct zuniichst herauszubeben. Doch hangen beide Standpuncte, der juristische und national-okonomischc aut' das luigste zusammen, viel mehr als man beim ersten obertlaclilichen Anbliek glaubt; und die grossten und brennendsten Fragen des Tages tindeu ihre letzte Erkliirung in national-okonomischen Motiven. Betrachten Sie beispielsvveise die Lage des osterreichischen Bauern, so werden SiediemannigfachstenUnterschiedefinden. Auf dereinen Seite linden Sie den Kolonen inSiid-Tirol, Dalmatien und lstrien, der gar kein Eigenthum an Grund und Boden hat; auf der andern Seite den freien deutschen Bauer; zvvischen beiden steht der eigenthiim-lich eonditionirte miiitarische Landinauu , welcher die Militiirgriinze bewohnt, mit dem Institute der Hauscommunioncn, \velches in letzterer Zeit nicht oline triftige Griinde als nalional-čikonoinisch verderblich bekampft worden ist. Abernichlalleiu diestaats- undprivatrechtliche Stellungdes Bauern, sondern auch die Methode der Be\virthschaftung ist es, welclie die Aufmerksamkeit des Statistikers herausfordert. Weun der Statistiker z. B. den Boden des osterreichischen Kaiser-staates betrachtet, so wird er tinden, dass der Boden grosstentheils nochimmer nach deralthergebrachten Dreifelderwirthschaft mit dem Systeme der Brache bebaut wird, dass aber gerade in jenen Landern, vvelche von der Natur stiefmiitterlich bedacht sind, in deu Alpenlaudern namentlich, die \Vechsehvirthsehaft vorherrscht, welche keinenTheil desGrundes undBodens unbenutzt lasst, sondern abvvechselnd verschie-dene Fruchtgattungenbaut, woher dieseganze Methode den Namen hat. IndenAlpen-liindern lindet sich auch eine CombinationbeiderSysteme, ein Mittelding zvvischen dem eincm und andern Systeme, die sogenannte Koppelwirthschaft, vveldie den Turnus nicht zvvischen den schvveren und leichteren Cerealien, sondern zvvischen Cerealien und Wiese maeht. Im innigsten Zusammenhauge mit der Landvvirthschaft steht die Viehzucht. Der Statistiker kanu sich nicht damit begniigen, bei der Viehzucht nur die Quantitat der Hausthiere nach den einzelnen Abtheilungen anzugeben, er muss auch die rela-tive Quantitat, das Verhaltniss der Hausthiere zum Areale und zur Grosse der Bevol-kerung betrachten. Nachdem aber das (jualitative Moment immer filr den Statistiker dasHauptsachliche bleibt, so ist er in der Lage naehzuvveisen, vvie die ausschliess-liche Beriicksichtigung der Quantitiit gerade bei den Hausthieren oft vom Uebel ist, vveil es bei denselben immer mehr auf das Quale als auf das Quantum ankonunt. lir vvird die Pferde, das Rindvieh, das Borstenvieh, jenes edle Thier, das Schaf, dessen Fusstritte sicli, wie die Alten sagen, in Gold vervvandeln, alle einzelnen Species der Hausthiere zalilen. In Oesterreich wird mit der Ziihlung der Bevvoliner aucli die Zithlung der wichtigsten Hausthiere in Verbindung gebracht. Zur Urproduetion gehiirt ferner der Bergbau eines Staates. Aueli hier wird der Statistiker 1. die absolute, 2. die relative Ziller herausheben. Wie gross ist das Erzeugniss eines gegebenen Landes, z. B. Oesterreichs, an den einzelnen Mineralien Gold. Silber und an unedlen Metallen, die aber viel wichtiger als die edlen sind, namentlicliEisen; ferner an jenemFossile, welches heulzutage fiir die Industrie das ist, was das Brot fiir den Menschen, namlich die Steinkolile. Der Statistiker wird nicht nur genau die Quantitat aus einer gegebenen Periode, aus einem gegebenen Ja lire herausheben, er muss auch Vergleiche anstellen. Ausdein verdienstvollen Werke des Veteranen der Statistik, des Herrn Hofrathes Springer: „Statistik des oster-reichischen Kaiserstaates“ ist zu entnehmen, dass die l‘roduction an Steinkohlen im Jalire 1840 acht Millionen Centner betrug; heulzutage iiberschreitet sie schon 100 Millionen Centner; ollenbar ist aber die Tragfahigkeit und Tuchtigkeit unsererSteinkohlen-Reviere eine noch viel grossere, und man kann ihre heutige Aus-beute nur als Beginn einer vveit grosseren Produetion ansehen. Hat der Statistiker auf diese Weise die Quantitaten nach der Anzahl derFund-orte erlioben, so gibt er auch ihren Wertb an. Der Bergsegen eines Landes ist ein Hauptelement seines Wohlstandes. In dieser Beziehung kann Oesterreich sagen, dass mit Ausnahme Russlands, das uns in der Produetion von Platina vorangeht, kein Staat in Europa ist, der eine solehe Mannigfaltigkeit an montanistischen Producten aufzuweisen bat. Er \vird aber constatiren, dass bei uns die Preise des Eisens noch viel zu hoch sind, weil das Brennmateriale zu theuer ist, und das Brennmateriale ist zu theuer, weil es noch an Communieationsmitteln f'ehit, um es von demOrte der Produ ctiori an den Orl des Bedarfes zu schaften. So greift in der Kette der staatlichen Erscheinungen ein (jlied in das andere, und liisst sicli nicht aus dem Zusammen-hange reissen. Ilal der Statistiker so die Landvvirlhschaft, Viehzucht, den Bergbau, dieObst-zucht geschildert, so erhebt er die Werthe der einzelnen Productionen, surnmirt dieselben und kann so approximativ den Werlh der gesammten Urproduetion angeben, denn er dann neben dem Ertrage der Industrie und des Handels als Besultat der grossen nationalen Thiitigkeit heraushebt. Eine Revue der Industrie gehiirt zu den sclnvierigsten Leistungen des Sta-tislikers. Die verschiedenen statistischen Congresse, namentlich der Wiener vom Jahre 1857, haben vortreffliche Tabellen zur statistischen Erhebung und Constati-rung der Industrie aufgestelll. Die Sclnvierigkcit liegt einmal in der Classification. Damit, dass man die Industrie nach den dreiReichen der Natur classificirt, ist die Sache nicht abgethan, \vcil viele Industriezweige aus mehreren Reichen der Natur ihr Materiale entlehnen; dieseIndustrien \verdendiegemischtengenannt. Es ist somitvvohl in der Hauptsache thunlich, sich an diese drei Reiche der Natur, welche die Roh-stolfe liefern, anzuschliessen, aber die Wiehtigkeit der Industrie liir die national- okonomische Entvvicklung des Landes nacli der Anžah] der daliei besohiiftigten Indi-viduen uiul nach dem gesammten Ergebnisse im Geldwerthe ist das entscheidende Moment. Eine Statistik der Industrie muss von den einfaclisten Daten biszu den compli-cirtesten fortschreiten, und zvar gemeindeweise. Mie Industrien in einem gegebenen Orle miissen genau elassilieirt werden. Von den Gemeinden kommt man zu den Be-zirken, von den Bezirken zu Kreisen, vvo die Kreiseintheilung noch besteht, endlich erhebt man sich zu den Provinzen und zur ganzen Monarcbie. Der Statistiker hat folgende Momente ins Auge zu fassen: 1. Welcbes ist der Rohstoft', den die Industrie consumirt? Wie viele tausende oder liunderttausende Centner Baumvvolle werden jahrlich in einem Lande ver-arbeitet? 2. WiestehtesmitdenHalbfabricaten, \vie vieletausend undabermal tausend Centner werden an Garnen eingeftthrt, wo also derLobn fiir die erste Arbeit, fiir die Verarbeitung des RohstoiTes zum Halbfabricate, demAuslande zuGute kommt. 3. Wie siehl es mit den Ganzfabricaten aus, nicht nur mil den roben Gcweben, sondern aucli mit der Druckerei, der Apretirung, mit der Bearbeitung in ali' den Sluten, welche ein Fabrieat bis zu seiner Vollepdung durchlauft. Wenn der Stat istik er elen Werth des Rohstoffes weiss, z. R. der Baumwolle, wenn er dann den Werth des Halb- oder Ganzfabricates kenut, so ergibt siehdurch einen einfachen Calciil, wie viel eine gegebene Industrie einem Lande an Geldwerth jiihrlich triigt. Diesen Geld\verth muss der Statistiker dureb eine ausserst selnvierige Analyse auf die Far,toren repartireu, welelie an dem Gesammtertrage der Industrie participiren. Diese Factoren si ud: 1. Das Capital, 2. der Unternehmer, 3. der Arbeiter. In welcbem Verlialtnisse wird nun das gesammte Ertriigniss auf diese drei vvesentlichen Factoren repartirt? Dazu kommt bei jenen Rohstoften, welche die lieimatlicbc Urproduction liefert, noch ein vierter Factor, der eigentlich beztiglich der Zeit der erste ist; welches ist die Grundrente, vvelclie von dem Preise des Rohstoffes auf die Urproduction entfallt? So lragt es sicli bei derSchafzucbt, welches ist die Grundrente, die von dem Preise der Wolle auf den Viehzuchter entfallt. Hal der Statistiker alle diese Daten miihsam zusammengestellt, so kommt er zu einem Theile der Statistik der zu den vvichtigsten und heiklichsten gehort, zur Ar-beiter-Statistik. Das landliche und stadtiscbeProletariat, das industrielle Proletariat, es ist in normalen Zeiten derScgen des Staates; in balb\vegsbewegten Zeiten, in Zeiten der Krišen, eine Geissel des Staates. Sie kennen den grossen Kampf, der jetzt im Scboose der Arbeiter-Bevolkerung selhst ausgekampft wifd, ob Selbsthilfe, ob Hilfe des Staates. In die Beurtheilung dieser Frage einzugehen, ist hier nicht der Ort. Wir sind einerseits iiberzeugt, dass das Sprichwort „Hilf dir selbst undGott wirddir belfeu“, eine grosse Wahrheit enthalt; andererseits ersteht fiir den Staat und die Industriellen die zweifellose Pflieht, was an ihnen liegt, zur Erleichterung und Verbesserung des Loses der Arbeiter beizutragen. Es muss wirklich von beiden Seiten auf das physische, geistige und sittliclie Wold der Arbeiter bingewirkt werd'en. Es ist allerdings tur den, der National-Oekonomie versteht, ein Absurdum, dass die Fixirung des Arbeitslohnes von der VVillkiir der Arbeitgeber abbiinge; die Arbeits- krilit ist cine VVaare, \velclie au(' den Marki kommt. und dort ilircu Preis erhalt, der sich richtet nach dem Angehote auf der einen, und der Nachfrage auf der anderu Seite. Diese Factoren hiingen nicht von der Willkiir eines oder auch sammtlicher Fabrikanten der Erde al); sie sind durcli die Natur derSache gegeben. Niehts desto vveniger ist es wahr, dass, wenn auch der Arbeiter nicht in jener unbedingten Ab-hangigkeit vom Capitale steht, wie man gewohnlich glaubt, \veil ja der Capitalist die Arine und die Intelligenz des Arbeiters bran ulit; doeli die Stellung des Arbeiters cine relativ weit melir abhangige und weit vveniger gesicherte ist, als die des Capitali-sten, des Grundreutners und des Unternehmers. lcb wiederhole, wenn auch Sdbst-hille das erstePrincip ist, so ist doch dieCooperation vonCapitalisten, Arbeitsgeber und Staat zur Verbesserung des Loses der Arbeiter nicht minder ibre Pflicht. Icb 1'rage, cooperiren nicht Industrielle und Staat bei Errichtung von liildungsanstalten, die im luteresse des Arbeiterstandes unter unserenAugenentsteben? Keine VVissen-schaft aber kann hier dem Gesetzgeber, dem Denker, dem Staatsmann, dem Capita-listen melir Licht verscbaffen, als die Statistik. Die Statistik ist beredsamer als lange Commentare. lcb erlaube mir z um Belege dieser liehauptung einige ZillVrn, die icb cinem vor Kurzem erscbienenen verdienstvollen Werke iiber Arbeiterwobnungen ent-uebme, anzufuhren. Nach zuvcrlšissigen ofTiciellen Dalen entfallen unter den europaischen Gross-stiidleii auf cin llaus in London, \vo jedes Haus fast nur von einer Familie bewohnt wird, vvas lur die Sittlichkeit in der Familie und ihre Behaglich-keit, fiir ihr leihliches und geisliges Wohl das entsprechendste ist, circa 8 Per-sonen; in Berlin 32 Personen, in Pariš 115 Personen, in Petersburg 52 Personen, in Wien aber nahezu 55 Personen. Vergleichen wir nun mit dieser dicht gedrangten, ja zu dicht gedrangten Bevolkerung die Sterblicbkeitsziffern in denselben Grossstadten, die icb vorher anfiihrte. In London betragt die Mortulitšit auf je 1.000 Bewohner 24 jahrlich, in Berlin 25, in Pariš 28, in Petersburg 41, in Wien die erschreckliche Ziffer 47. Nebmen wir noch einen Factor um in dieser beredsamen Spraehe der Ziffern lortzulabren. Vergleichen Sie das Verhaltniss der ehelichenGeburten zu den unebe-lichen in den genannten Stadten. In London hetragen die unehelichen Geburten 4 Percente der ehelichen : in Berlin 1(5, in Petersburg 20, in Pariš 26, in Wien die entsetzlicbe Zalil von 51 Percenten. Wenn wir auf die Kosten der Wohnungen ubergehen, so fragt es sich, wie vici muss ein Mensch jahrlich von seinem Einkommen auf die Wobnung ausgeben? Wie gross ist der Theil, den jahrlich der Einzelne von seinem Einkommen \veg-geben muss, fiir die Wobnung? In London */,„ bis 1/8. wenn z. B. Jemand 2.000 Pfd. Sterling Revenuen hal, so gibt er 200 Pfd. fiir seine Wohnung aus; in Berlin sclion 1/5, das ist 20 Percente; in Pariš '/4, das ist 25, in Wien zwischen i/4 und i/8, das ist zvviscbcn 25 und 33 Percenlen des Einkomrnens. Was entnehmcu Sie aus dieser so beredten Spracbe der Ziffern? Jeenger die Bevolkerung in einer grossen Stadt zusammengepfercht ist, deslo theuerer ist die Mietbe, desto bober die MortalitiitszifTer, desto tiefer der Grad der Sittlichkeit. Sie sehen, was eine Statislik der Arbeiterbevolkerung fiir eine Bedeutung liat itir den Denker; es ist nieht gleicligiltig, ob der Staat sich in die Verhaltnisse der Arbeiter einmischt oder nicht, es ist z. B. nieht gleichgiltig ob and \vie die Zaiil der Arbeitsstunden fiir die armen Kinder lixirt; ist. Sogar die britisebe Gesetzgebung die doch auch etwas vonFreiheit versteht, nimmt keineu Anstand, in dieser Beziehung zu intervoniren, wcii es eben ihre Ptliebt ist. Man muss in dieser Frage, wie in ahn-licben sich inimer vorExlremen hiiten, weil das „auf dieSpitze Treiben“ einer Sache n ur zum Absurden Rib rt. Lassen Sie uns diese Statistik noeb dureb einige Daten verfolgen, die ich der englischen ofliciellen Statistik entnehme. Wie gross ist das durclisehnittliche Lebensalter in England? Die Verhšiltnisse a m Continente mogen natiirlich etwas verscbieden sein, aber imGrossen und Ganzen wird dieDifferenz keine so bedeutende sein; es ist aber selir lehrreich, die englischen Verhaltnisse kennen zu lernen. DieDreitheilung derBeviilkerung in die wohlhabenden Classen, in den kleineren Mittelstand und in die Arbeiterbevolkerung, diese Dreitheilung finden Sie iiberall. Sie wissen, dass ein geistvoller Scbriflsteller Riehl, einen vierten Stand so zu sagen erfunden hat, der aus den tiefsten Schichten der Gesellschaft, und den Abtallen der iibrigen Bevolkerungsschichten besteht. Man bereehnet, dass inderGrafschaft Rutland (einen der kleinsten) in den Jahren 1840 bis 185(1 bei den hoheren Classen das durclisehnittliche Lebensalter 52 Jahre* betrug. Das ist eine grosse ZifFer, wie sie nur der hohe Norden, Sch\veden und Nor-wegen aufweist; bei den mittleren Classen war die durclisehnittliche Lebensdauer 40 bis 41 Jahre, bei den Arbeitern betrug sie in dieser Grafsehaft nur 38 Jahre. Wenn Sie aber in die Fabriken nach Manchester gehen, einem wahren Bienenkorbe der Industrie, so finden Sie fiir die hoheren (-lassen eine mittlere Lebensdauer von 38 Jahren, fiir den Mittelstand von 3(1 Jahren, fiir die Arbeiter von 17 Jahren. In der grossen Handelstadt Liverpool, wo die Bevolkerung ausserordentlich schlecht wobnt, \vie ich das aus wiederholter eigener Anschauung vveiss, finden Sie, dass die mittlere Lebensdauer durchschnittlich bei den hoheren Classen 35 Jahre, bei dem kleinen Mittelstande 22 Jahre, bei dem Arbeiterstande 15 Jahre betrftgt. Betrachten Sie die Kindermortalitat, die ausserordentlich lehrreich ist. Sie finden, dass die Kindermortalitat in ganz England alle 40 Grafschaften zusammen-genommen, bei den \vohlhabenden Classen so beschafien ist, dass ein Sterbefall auf 4'/a Geburt kommt; unter den Mittelclassen koinmt ein Sterbcfall auf 21/» Geburt, bei den Arbeitern schon auf zwei Geburten. Sie sehen, \vie solehe Fragen ausserordentlich instructiv sind, und wie der-jenige, welcher iiber staatliche Dinge ein Urtheil haben will, der nicht kannegiessern. sondern iiber ernste Sachen ernst sprechen, der ein motivirtes Urtheil haben will, Zahlen kennen muss. Niemand, der am Staate Antheil nimmt, am wenigsten aber Gesetzgeber, Vervvaltungsbeamte konnen die Statistik entbehren. Ich wiederhole das Urtheil, das ich in der letzten Vorlesung ausgesprochen babe, Sie konnen den Grad der Bildung eines Mensclien nach dem Interesse, welches er an Fragen dieser Art nimmt, berechnen. fcli erlailbe mir, da icli sclion bei Illustrationen bin, Ihnen noch cine selir interessante vorzufiibren, z um lteweise, dass dic brennendsten Tagesfragen sicli nur aus statistisehen Daten erklaren. Dcr blutigste Biirgerkrieg, deu die Mensebbeit je gesehen, imd dessen die Gesehichle gedenkt, der so zu sageu miter unseren Augen und zu unseren Lebzeilen iiber luni' Jabre Amerika verheerte, ist, wie die Masse zn glauben pflegl, lediglieb aus der Sympatbie der Nordstaaten fiir die arinen uuter-drticklen Negersklaven des Siidens entstanden, Das ware eine schiine bumanitare Absiebt, zum UnglUcke ist sie nicbt wahr. Denn auch in den freiesten Staaten von Nonlamerika, wo es nit; eine Sklaverei gal>, bal der scliwarze freieMann seine eigenen Tempel, seine eigenen Scbulen, seine eigenen Galerien im Tlieater, seine eigenen Eisenbahnwaggons, und es liiill sicli der Weisse von jedem Vcrkehr mil dem Scbwarzen lerne. Was immerpbysiologiscb oder psjcbologisch beurtlieill die Motive hierfiir sein miigen, die Thatsache stebt Cest, wie Sie aus Hunderten von Reise-Handbucher erseben konnen. Die Ursache dieses Biirgerkrieges \var zunaelist eine national-okonomisebe. Der Siiden der Vereinigten Staaten ist enlsebieden freihandlerisch, weil agrieol, der Norden ist enlsebieden induslriell. Das Freihandel-System des Siidens war auf die Sklaverei basirt, und auf der Sklaverei beruht aucb, wenn sie die Sacbe tiefer ver-folgcn. die merkviirdige Erseheinung, dass mit Ausnabme vonJohnson, Lincoln, Van Buren und wenigen Anderen fast allePrasidenten aus den Siidstaatenkamen. DieSiid-staaten waren die Pflanzstatte von Mannern der Politik; der pliysischen Arbeit und Sorge entsehlagen, konnten diese Manner sicli der Politik widinen. Die Sklaverei ermoglichte es sebon im Altertliume dem Ireien Burger, sicli auf' dem Forum zu bewegen, in den Gvmnasien den Lebren der Philosopben zuzuboren und auf dem Schlaehtfelde seine Valerlandsliebe zu betbStigen. Kr allein war berufen zu den Kiinsten des Friedens und Krieges. Die Siidstaaten der Union waren dureb diese Verbaltnisse die Ptlanzsebule der grossten Staatsmanner der Vereinigten Staaten. Die Rivalitat zwischen den Nord- und Siidstaaten basirt auf national-okonomiseben und politischen Motiven, nicbt auf der Sklavereifrage und ilirer*verschiedenen Beur-tbeilung. Die Siidstaaten vvaren gegen dasSebutzzoll-Systemder nordstaatlichen Indu-striellen, es enveiterte sicli allmiilig die Spannung zu einer nicbt auszufiillenden Kluft, die Befreiung der Neger war nur der Vorvvand, diese sollten nur gewonnen werden, um die Siidstaaten zu vernichten. Dass bei Einzelnen, ja Vielen aucb liuma-nitare Motive mit unterlaufen siiul, wer wollte das in Abrede stellen? Aber in der Hiiuptsaclie liegtder Schliissel zu dem grossen KampfeinderNational-Oekonomie und Politik. Die Arbeiterstatistik, um zu ihr nach dieser vielleieht zu langen Digression zuriiekzukehren, befasst sicli mit dem pliysiscben, geistigen und sittlicben Zustande der Arbeiterbeviilkerung, mit ihrer Wohnung, mit ihrerNahrung, mit ihrer Kleidung, mit dem Unterriehte, welcben die Arbeiterjugend bekommt, mit der Fiirsorge, \velche fiir die Tage derGebreeblicbkeit, derKrankheit, endlich der Arbeitsunfabigkeit, dureb Bruderladen und iihnliche Institute getrollen wird. Wie ist in einem Staate der Associ ationsgeist beschatfen, weleber solclie Wunder in der Industrie heutzutage scbafft, aber auf der andern Seite dem Capitale eine um so grijssere Macbt, ja imponirende Stellung im Staate verleibt? Bestebt in einem Lande noch der verderbliche Zunftzvvang, oder ist das Princip der Industrie das der Freiheit? Sind die Gewerbe eben so frei, wie es iiberhaupt die Thatigkeit des Menscben in dem Rahmen des Gesetzes sein soli? Und wenn in einem Lande die Vinculirung der biiuerlichen Realitaten allinalig aufhort, wie das in Oesterreich jelzt lruckt im Hofle, XV. Jahrgang der Mittheilungen aus dem Geliiete der Statistik. 9.000 Schiffe mit 30.000 Mann Bemannung und 300.000 Tonnen Gehalt; so haben Sie cine beiliiulige Uebersicht der osterreichisclien Handelsmarine, sie betriigt mir nahezu '/in der britisclien, die iiher 3 Millionen Tonnen Gehalt bat. Betrachtcn wir aber dann die Qualitat der Schiffe, ilire Beschaffenheit, so zeigt es sicli, dass wir das vortreiFlicbste Schiflsbau-Materiale haben, wir besitzenEisen.Holz, Hanf von der vor-ziiglichsten Qualitat, unser Sebiffspersonale steht anTiiclitigkeit, Disciplin, Intelligenz und Ausdauer keinem des ganzen Erdballes nach. Sie werden finden, dass dieses Sebiffspersonale eine riihmiiche Anbiinglicbkeit an das liegt, was es seine gloriosa bandiera, die Flagge des Staates nennt; Sie werden finden, dass unsere Flagge in allen Meeren respectirt wird, dass unsere Schiffe eine billige Versicherung zablen, weil sie solid gebaut sind und ibr Personale vortrefflich ist, so dass sie von jeder See-Assecuranz gerne aufgenommen werden, zu anstandigerem Preise als inanebe andere, vvie z. B. die grieehischen, welche in Betreff ihrer Tiichtigkeit und ibrer Verlassliebkeit sieli keines so guten Bufes erfreuen. Der Statistiker muss aber auch wissen, wohin die Pahrten gehen. Welche Falirten machen die Sebiffe iiberbaupt, wie gross ist die Zalil der in den osterreichischen Uši len cin- und auslaufenden Schiffe, wie gross isl die Anzahl der Schiffe, vvelche mitVVaaren beladen oder im Ballast auslaufen; wie gross ist das Percent, mit welehem unsere Schiffe in Constantinopel, Smyrna, Alexandrien u. s. w. concurriren? Wie gross ist die Anzahl der fremden Schiffe, z. B. der britisclien, amerikanischen in unseren Hafen. Erst nach Beantwortung aller dieser Fragen bat man ein voll-standiges Bild von dem Zustande der Handelsmarine eines Staates. Was geschiebt zur llebung des Handels und der Scbifffahrt? Wie ist die Gesetzgebung in dieser Beziebung besebaffen? Wie steht es namentlich mit dem Credite; denn der ('redit ist fiir den Handel, was das Blut und dessen Circulation fiir den menscblichen Korper ist. Welche Institute hestehen zur Forderung des (»eltl-umlaufes, \velche Banken, Biirsen und Creditinstitute aller Art? Wie ist das Maass-, Gewichts- und Miinz-System in einem Lande besebaffen? Nahert es sicli den Systemen anderer Staaten? Denn die Gleieblormigkeit in solehen Dingen ist von der grossten Wichtigkeit fiir den Handel. — Hat der Statistiker nun die Urproduction, die Industrie und den Handel nach den von uns lierausgehobenen Hauptmomenten dargestellt, so iibergebt er zur Betrachtung der geistigen und si ttlic hen C ul tu r des Volkes. Gewiss wird es Ibnen wie ein Axiom, das keines Beweises bedarf, ersebeinen, dass auf Intelligenz und Sittlicbkeit allein das materielle und geistige Wobl des Staates beruhe, die Arbeit aber berubt hauptsachlich auf diesen Factoren der Intelligenz und Sittlicbkeit. Jeder Unterricbt, wenn er seiner Bestimmung entsprechen soli, muss hildend sein fiir den Charakter und die Sitte des Menschen; ist er das nicht, so ist das der klarste Beweis, dass er ein scblecbter Unterrieht \var. Es fragt sicli, welche statistischen Momente sindbeziiglich desUnterrichtes herauszuheben? Das Fundament alles Unterrichtes und aller Bildung im Staate ist die Volksschule. Der Statistiker wird zuerst das Ziffermassige zu constatiren haben, und beziiglicli der Vollcsschulen angeben, wie gross ist die Zalil der die Scluile besuebenden Kinder, vvie ist das Verbaltniss der die Scliule besuebenden zu den schulfiihigen Kindern? nnd zwar nicht nur im ganzen Staate, sondern auch in den einzclnen Gebietstheilen desselben? In Oesterreich z. B. crgeben sich z\vischen den siidlichen mul nttrdlichen, zwischen den ostliclien und westlichen Provinzen in dieser Beziehung auffallendc Differenzen. Wiihrend in den deutschen Provinzen, Oesterreich untcr und ob der Enns, Salzburg, Ti rol tast alle schulfahigen Kinder die Schule auch \virklich besueben, stellt sieb in Dalmatien und Galizien ein selirungiinstigerPercent-Aiitbeil heraus; nurzwisclien 10 und 131’erccnte der scliul-fiibigen Kinder besueben wirklich die Schule. Solche Ziffern sind selir beredsam und zeigen, an welchen ererbten Uebelstandcn \vir leiden. Aber niclil nur die Zalil der Schiller, auch die Zalil der Lehrer und Lehreri-nen, die Zalil der we!tlichcn und goisllichen Lehrer, insbesonders der Beligions-lelirer hal der Statistikcr anzufiibren. Er muss vorziiglich auch auf die Qualitat des Unterrichles selien. Vor Alleni isl die Frage zu beant\vorten, ob der Unterrieht in der Volksschule ein obligalorischer oder nur ein facultativer sei. Mil der Frage uns zu beschaftigen, ob der obligatorische oder facultative Unterrieht in der Volksschule den slaatsrechtlichcn Begriffen entspriichc, ist niclil unsere Sache. Wir wollen aber unbedenklicli unsere Meinung daliin aussjirechcn, dass es niclil nur Recht, sondern auch Pflicbt des Staates sei, dafiir zu sorgen, dass die Staatsbiirger in deuElementen des VVissens unterrichtet werden, Der Zustand der Mitlelschulen ist es zweitens, der den Stalistiker beschaftigt, und /,\var nicht nur der teebniseben Mittelschule, der Bealschule und Biirgerschule, sondern auch der gelebrten Mittelschule, des Gymnusiunis. Von den Mitlelschulen ijbergeht er im naturgemassen (Jange zu den llochschulen, zu den Universitaten, welche l'iir die Gyinuasien (las sind, was die polytechnischen Institute fiir die Beal-schulen. Sclion die Slatistik der Universitaten kann den Statistikcr vollaul' beschaf-ligen, weun er sich dieser Specialitat widinet. Um nur cin einziges Beispiel anzu-liihren, vvie verschieden sind die Universitaten in Deutscbland, Frankreich und Eng-land. In Frankreich gibi es keiue Universitaten im deutschen Sinne; die Universitat isl dort eine Verwaltungsmaschine 1‘iir den ganzen Unterrieht, von Napoleon I., dem Centralisator v.oa' kir/jrj, begriindet, sie isl die Centralisation siimintliclier Lehr-anslalten Frankrcichs. In Deutscbland hingegeii herrscbt das alteUniversitats-System, vvie vvir es aus dem II). und 14. Jahrlmndert ilberkommen haben, ervveilert und ver-Vdllstandigt imGeiste der fbrtgescbi ittenen Zeiten. Universitat aber isl der urspriing-lichen Bedeutung nacli nicht eine Anstalt, an der die Gesamintheit der Wissenschaften gelehrt wird, sondernUniversitat lieisst von dem mittelalterlich lateinischen Ausdrucke nniversitas, cine gelehrte Corporation, die es sich zur Aufgabe gemacht bat, die Wissenschaft als solche zu pflegen. Die Gesamintheit der Wissenscbal'ten kann bei dem heutigen Zustande derselben keiue Lehranstalt umfassen. Mit Rucksicht aul' diesen Umstand unlerscheidet. der Statistikcr allgemeine uud specielle Schulen, wie z. B. inontanistiscbe, militiirische und andere, die speciellen Bi*rufszwecken dienen. Wahrend die tranzosische Universitat nur eine Vervvallungsmaschine ist, isl die deutsche Universitat eine universitas scientiarum im angegehenen Sinne des VVortes, aber sie ist im Geiste der Neuzeit umgestaltet. Die englischen Universitaten von Oxford und Cambridge dagegen haben ihre mittelalterliche Gestalt beibehalten, denn der Stasit nimmt auf die Einriehtungen der Studien do rt keinen Einfluss; die Univer_ sitiilen Englands sind mittelalterliche, klosterliche Corporatioiien, nur mit dem Unterschiede, dass an die Stelle der katliolischen Kirclie die anglikanisclie getreten ist. Weil an den anglikaniscbeii Universitaten von Oxford und Cambridge keine Dis-sentcrs, d. h. Niemand, der nicht der englischen Hochkirche angehiirt, die akademi-sc.hen Grade empfangen kanu, da jeder Schiller die 30 Glaubensartikel der anglika-nischen Kirclie unterfertigen muss, ist 1’iir die Dissenters (Katlioliken, Qu;iker, Juden u. s. w.) die freie Universitat zu London eigens erriehtet worden. Die Verschiedenlieiten der Universitaten nach ilirer Verfassung und ihrer Auf-gabe sind also von dem Statistiker ebenfalls darzustellen. Erst wenner die Volksschule, die Mittelschule und die Universitaten kennen gelernt bat. wenn er die allgemeinen und speciellen Schulen nach ihrem Besuche, nacli der Ari und VVeise des Unter-richtes und ihrer Einrichtung gesehildert bat, gewinnt er ein vollstandiges iiild von dem Unterrichtswesen eines Laudes. J)amit ist aber die Statistik des Unler-richtes nocli nicht vollendet; man inuss auch alle Anstalten, welche zur Pllege gei-stiger Interessen besteben, ins Auge fassen: nicbts kann daher dem Statistiker naher liegen, als die Darstellung der Literaturund der Presse in einem Lande. Insbesonders wird heutzutage die Presse, diese tausendstiimnige Verkiinderin des Wissens, diese Bilderin, zeitweilig auch Verfuhrerin des Volkes, obschon sie in sich selbst die besten Heilmitte! gegen die Verfubrung enthalt, die Auf-merksamkeit des Statistikers in bobem Grade erregen. Er \vird untersucben, ob das Censur- (Praventivsystem) oder das Kegressivsystem (Justizsystem) hesteht. Das Regressivsystem unterscheidet sieh von dem Censursysteme dadurch, dass man die durch die Presse verubten Handlungennacb dem Strafgcsetze beurtbeilt, wahrend die Censur, indem sie jede in Druck zu legende Schrift 1‘ruher einer Prufung unter-wirft, eine solche Handhabung der Justiz uberfliissig inacht, aber zugleich die Frei-lieit des Schreibens und Druckens aufhebt. Aus der blossen Moglichkeit, durch die Presse zu schaden, kann das llecht des Staates nicht abgeleitet vverden, von vorne hinein Jemanden zu verhindern, seineGedanken durch den Druck zu veroftentlichen; andererseits ist man aber durch die Veroffentlichung seiner Gedanken, dem Staate sovvie den Einzelnen gegentiber, deren Interessen, Rechte und Ehre man verletzen kann, zur Verautwortung verpflichtet. Der Unterschied zwischen Regressiv- und Praventivsystem beruht auf diesem Gesichtspunkte. Alles endlicli, \vas diePflege der Kunste und Wissenschaften angeht, Anstalten zur Hebung der einen wi(i der anderen, Akademien, Hibliotheken, gelehrte Anstalten, alle Arten von Museen, Cahineten u. s. w. gehiirt in den Bereich der statistischeu Darstellung. Hal der Statistiker dieses grosse Departement des Unterricbtsvvesens in allen Einzelheiten bearbeitet, so schreitet er zur Darstellung der Cultur. Wir komrnen hierbei auf ein heikles und hochwichtiges Gebiet, auf das Verhaltniss zwischen Kircbe uti d Staat. In Betreff dieses Verbiiltnisses unterscheidet man verschie-dene Systeme: 1. Das theokro tische; es lordert die vollstandigeUnterordnung des Staates unter die Kircbe, wie z. B. in den Staaten der Pforte, \vo der Sultan der Nachfolger des Khalifen und Oberhaupt der GlSubiger ist. Nur theilweise ist das tlicokratische Princip im Kirchenstaate vorhanden, in dem die geistliche Gewalt der weltlichen dort vorangelit, den ersten Rang einnimmt, weltliche Dinge aber nach weltlichen Gesetzen verwaltet werden. 2. Annahernd ist das Princip der Casaropapie in Russland, \vo das Oberhaupt des Staates, weil Oberhaupt des Staates, zugleich Oberhaupt der Kirche ist. In weit minderein Grade ist das bei der Staatskirche in England der Fali, wo der Kiinig nicht das Oberhaupt der Glaubigen, sondern nur der Vertheidiger des Glaubens ist, der defensor fidei seit Heinrich VIII., der freilich diesen Titel vom Papste fiir ein anderes Verdienst alswegen des anglicanischen Glaubens bekominen hal. Vollstiindige Vereiuigung der weltlichen und geistliehen Macht besteht in Russland, wo der Kaiser das Oberhaupt der h. Synode, der obersten kirchlichen Behiirde ist. 3. Verschieden voii diesen Systemen ist das Te r ri to r i aI sy s t cm, es besteht in den protestantischen Staaten Preussen, Diinemark, Schweden, Norwegen,zum Theile auch in England. Das Territorialprincip stel It den Grundsatz auf, dass der Gebieter im Staate, der Souveran, zwar nicht das Oberhaupt der Kirche sei, dass er aber nicht nur ein sogenanntes jun c,ir ca mera, sondern Sinne genommen, die Lander, welc.he von der Donau uud ihren Zuflussen durchzogen sind, begreilend) etvvas natiirliches sei, uud die Verbindung ali' dieser im grossen Donau-thale gclegenen Lander eine reale \verden musste. Es wird auch oft behauptet, dass zvvischen Sclnveden uud Nnrwegen auf der einenSeite, uud zwischeu Uugarn uud Oesterreieh auf der anderen SeiteeiueaufTallende Afiinitat hestehe. Ich erlaube mir zumSehlusse diesen Gedauken naherzueriirtern. Wir meinen, dass die Verhaltnisse dieser beidm Liiudergruppen uud ihre Wechselbezie-hungen nicht nur nichtahriliche, sonderngeradezudiametraleutgegengesetzte sind. Be-trachteu wir einmal vom statistischen StanJpuncte Schweden uud Norvvegen in kurzem rapidem Ueberblicke. Das Doppelreich Sclnveden uud Norwegen ziihlt 14.000 Quadrat-meilen mit 5,700.000 Ein\vohnern; davon kommen auf die 8.000 Quadratmeilen Sch\vedens 4 Milliouen.auf die circa G.000 Quadi atmeileuNorvvegens gegen 1 ,(>00.000 Einvvohuer. Ueber unermessliche Haume ist eine Bevijlkerung zerstreut, die nicht einmal so gross ist, wie jene von Bohmen und Mahren, wo auf 1.300 Quadratmeilen liber G*/3 Million Menscheu leben. Die relative Beviilkerung der osterreichischeu Monarchie betragt 3.100 Seelen, die von Sclnveden 480 Seelen, die von Nonvegen 270 Menschen auf die Quadratmeile. Kein Fluss vcrbindet beide Lander, \vie die Donau die osterreichischeu Lander; die kleinen Fliisschen in Sclnveden Elfen, genannt, miinden in dieOstsee, die vonNonvegen in dieNordsee. Ein liohesGebirge, die Kiolen, macbt, dass die Abdachung von beiden Landern entgegengeselzten Meeren sich zinvendet. Im grellen Gegensatze zu dem vielsprachigen und auch in der Confession manniglaltigen Oesterreieh, werden Sch\vedeu und Nonvegen von z\vei nahe ver-wandten Stiimmen der germanischen Volkerfamilie bewohnt, welche sichausschliess-lich zur lutherischen Kirehe bekenen. Betrachten wir zem Schlusse die Verhaltnisse der Vertheidigung. Die sclnve-dische Annee ziihlt 40.000 Mann, wovon 30.000 auf Ackerholen eingetheilt sind, und eine Art von Banernmiliz bilden; die nonvegische Armee ziihlt 10.000 Mann. Aber \vie verschieden isl die militarische Lage und die Fiihigkeit der Vertheidigung, vvenn Sie Sclnveden und Norvvegen einerseits, und Oesterreich-Ungarn anderseits betrachten. Die scandinavische Halbinsel ist von drei Seileu vom Meere umgeben; von dem vtisten menschenleerenNordenRusslands durch ein Flusschen, die Tornea, geschieden, bis zu den Polargegenden von Granitfelsen umgeben, bildet dieses Doppelreich >veder einen Gegensland der Eroberungssucht, nocli ist es leicht angreifbar, und dazu nocli von dem Korper Europas ganz abgeschieden. DagegenOesterreieh fast in der MilteEuropas allseits von machtigen Staaten umgeben, tausendfache Beriihrungs-und Collisionspuncte bietend, dieses grosse Donauthal, welches nordlich undvvestlich nachDeutschland, siidlich indiebalkanischeHalbinselragt, kannnur durch eine unge-theilte Heereskraft und eine concentrirte Politik gegen die von allen Seiten drohen-den Gefahren vertheidigt werden. Der Vergleich zvvischen Schweden und Norwegcn, und Oesterreich-Ungarn ist der unrichtigste, denn man sich denken kann, hier ist nichts gleich, Alles ist verschieden. Es eriibrigt mir, nocli iiber die beziiglich der Ve rw altu n g desStaates hervorzuhebenden statistisch wichtigen Momente einige nothwendige Erorte-rungen zu geben. Wir haben zum Schlusse dieser Vortrage im Vorausgehenden das Wesen der Verfassungen vom statistisch politischen Standpuncte betrach-tet. Die beste Verfassung aber wird ohne eine zvveekmassige Verwaltung illus orisc.b. Man bat in dieser Bezicbung oft den beruhmten Vers des englischen Dichters Pope citirt, dessen Inhalt ist, dass nur Thoren iiber die Form der Begierung disputiren kiinnen, dass der bestverwaltete Staat, aueh der beste sei. Pope sagt in seinem beruhmten Versuche iiber den Menscben: Let fools on formes of government contest The best adrninistered is tlie best. Wenn man glaubt, dass dem einsichtsvollen Manne, namentlieh aber dem Briten, die Verfassung etvvas ganz gleichgiltiges sei, so hat man den Sinn dieser oft citirten, und oft missbrauchten Stelle verkannt. Pope will nur sagen, dass es sich nicht bloss um die Form der Verfassung, sondern um den Geist, um die Seele derselben liandle; unsere Behauptung ist, dass die Verwirklichung der Verfassung in der Verwaltung liege; d. i. in der Leitung der Staatskrafte zu dem Staatszwecke. Esfragtsich, welchessind die statistisch wichtigen Momente, die hier hervorzu-heben sind? VorAllem muss der Statistiker die Z us a m inens etz u n g der V er w a I-t u n g s b e h ti r d e n kennen lernen, namentlieh, ob sie mit einzelnen Personen, die allein verantwortlich sind, oder mit Collegien besetzt sind; das erste nennt man die bureau-kratische, das zvveite die collegiale Vervvaltung. Die bureaukratische Verwaltung passt oflenbar am besten fiir die Administration im Gegensatze zur Justiz, weil es hier sich oft um eine rasche, ja augenblickliche Entscbeidung bandelt; wiihrend die Justiz einen viel ruhigeren, gemesseneren Gang bat, und die Anforderungen der Scbnelligkeit und Sicherheit der Entscbeidung immer im Gleichgewichte stehen mussen. Desshalb sind die Justizbeborden zumeist collegialisch besetzt, wiihrend die administrativen Behorden im engeren Sinne des VVortes bureaukratisch organisirt sind. Diese Organisation steht aueh im Zusammenhange init dem Principe der Tren-uung der Justiz von der Administration. Diese ist ein Postulat unseres Jahrbunderts, dem alle continentalen Staaten nachkommen, wahreml in England nocb in den untersten fnstanzen Justiz und Administration fortwahrend vereinigt sind j treilich liegt hier ein macbtiges Gegengevvicht in einem anderen Umstande, der von mir gleich hervorgeboben werden soli. Vollends muss der Statistiker sich klar vverden iiber die so oftgebrauchten, und mitunter so wenig verstandenen Begriffe C e n t r a 1 i s a t i o n und D e c e n t r a 1 i s a t i o n. Die Statistik und Geschichte, namentliehFrankreichs, zeigen uns dieEnergie, aberauch zugleich die Verderbliehkeit einer iiberspannten Centralisation, welche alles selbst-standige Leben der Gemeinden, Corporationen und Bezirke vernichtet. Auf der anderen Seite zeigt uns aber auch die Geschichte, wie verderblieh fiir den Staat das entgegengesetzte Extrem ist, das Uebervviegen der centrifugalen Richtung. Wie im grossen Weltall die Harmonie nur auf dem Gleichgewichte /,wischen centripetalen und centrifugalen Kraften ruht, so ist es auch im Staatsvvesen. Nichts gerechter, nichts billiger, als dass der Staat die Eigenthumlichkeiten der Provinzen und Gemeinden respectirt, aber diese Eigenthumlichkeiten diirfen nicht so weit gehen, dass dadurch die Einheit des Staates, der nur eine Souveranitat oder gar keine besitzt, aulgehoben wird. Man beruft sich oft auf dieDecentralisation Englands. Wir nehmen das Beispiel als ein vollgiltiges an, allein man vergisst dabei, dass es fiir die drei Konigreiche England, Schottland und Irland, trotz ihrer provinciellen Verschie-denheiten, ihrer Selbstverwaltung in Gemeinden, Grafschaften und Corporationen nur eine gesetzgebende Gewalt giltt, das Parlament in London. Mit einem Worte, die politische Centralisation in England ist so energiseh wie nur in irgend einem Lande der Welt, die Decentralisation Englands bezieht sich nur auf die ortliche Verwaltung, auf die Selbstverwaltung der griisseren und kleineren Bezirke. Wenn Sie die Verwaltungsgeschichte Englands in neuerer Zeit mit priifendem Blicke ver-folgen (und ich vervveise diessfalls auf das classische Werk des Professors Gneist iiher die Verwaltung, namentlich die Munieipalverwaltung Englands), so wird Ihnen ein unverkennbarer Zug zur grosseren Centralisation selbst in der Ver-waltung auffallen. Auf der anderen Seite aber ist nicht zu iibersehen, dass das mit vollem Bechte gepriesene Selfgovernment Englands, die Selbstverwaltung Englands in Bezirk, Gemeinde und Grafschaft, hauptsachlich auf Einem Factor beruht, darauf namlich, dass die grosse, intelligente und unabhangige Mittelclasse ihre Dienste der Verwaltung des Landes unentgeltlich widmet. Um das zu wiirdigen, miissen Sie sich vergegenvviirtigen, dass im Konigreiche England allein, ohne Irland und Schottland, 40.000 Friedensrichter bestehen. Das sind nicht jug es de p aix, wie in Frankreich, welche in Bagatellsachen als Richter fungiren, sondern diese 40.000 Manner, welche die Elite des Adels und der Biirgerschaft bilden, haben Verwaltungs-, Justiz-,Finanz-und Polizeisachen zu besorgen. Die ganze Venvaltung ruht in ihren Hiinden. Nur auf diese Art ist die Selbstverwaltung in England miiglich geworden, und konnte man dort dem Bureaukratismus, weleher in seiner Ueberspannung eine Geissel der continentalen Staaten geworden ist, aus dem Wege gehen. Bei naherer Betrachtung ist es fiir den Administrirten gleichgiltig, ob die Geschafte der Bezirke und Kreise durch die Statthalterei oder einen Landesausschuss besorgt werden, das ist noch nicht das Selfgovernment Englands, welches bis zur untersten Stufe der Verwaltung geht, und sich hinauf bis zu den Centralbehorden erstreckt. Ich sage, die politische Centralisation ist fiir jeden Staat so unentbehrlieh, M ie die Lebensluft fiir den ein-zelnen Mensehen; die Decentralisation kann sich nur auf die Verwaltung beziehen. Darili manifestirt sich das echte Verfassungsleben, ein Verfassungsleben, das aus dem Volke hervorgegangen, in ihm seiue Wurzelu hut, dass die besten und einsichts-vollsten Miinner des ganzen Volkes aus allen Schichten desselben zur thiitigen Theil-nahinc an der Verwall,ung mitberufen sind. Der Statistiker wird, liachdent er sieli diese grossen Fragen klar gemacht bat, die Gliederung uud den Instanzeuzug der Behorden in das Auge fassen; er wird von den Centralbeborden eines Reiehes zu den biiheren Behorden, zu den Provincial-behorden, dann zu den mittleren Behorden, zur Kreis- und Grafschaftsverwaltung, endlich bis zu den Ortsbehbrden herabsteigen, und sich den Wirkungskreis und das Ineiuandergreifen dieser Abstufungen in der Vervvaltung klar maclien. Um dann, nachdem er diese Gliederung kemien gelernt bat, sich die einzelnen Zvveige der Vervvaltung wie in einein Bilde darzustellen, muss er die Vervvaltu ngszvveige nach den verschiedenen Objecten derselben unterscheiden. In der Specialisirung derVer-waltungszwcige gibt es eine Menge Varianten. Betrachten Sie nur, um bei den ober-sten Verwaltungszweigen stehen zu bleiben, die verschiedenen Ministerien in den einzelnen Staaten. Hier fiuden Sie ein Handels-Ministerium, dort ist es mit dem Mini-sterium des Innern vereinigt, in einem Staate gibt es ein Ackerbau-Ministerium, \vie jetzt in Oesterreich, iu anderen nicht u. s. w. Die gewohnlichen Vervvaltungszvveige, die in allen Staaten mehr oder weniger vorkommen, sind: die Justizvervvaltung, die polilische Vervvaltung, auch die innere Vervvaltung genannt, vveldie alle Gegen-stiinJe umfasst, die nicht einzelnen Zvveigeu der Vervvaltung besonders zugevviesen sind, drittens wo esein eigenes Polizei-Ministei ium gibt, diePolizei-Vervvaltung, wobei ich aber bemerke, dass das Wort Polizei bald in einem weiteren Sinne genommen wird, wobei es die gesammte Wohlt'ahrtspolizei, Humanitalspolizei, Sanitatspolizei und viele andere Zvveige umfasst; \vahrend Polizei im engeien Sinne des \\'ortes zunacbst die Interessen der Sicherheit und Ordnung im Staate zu handhaben bat, ihre Bemtihung also auf die Entdeckung der Verbrecben und ihrer Thater und auf die Verstopfung der Quellen von Gesetzesiibertretungen gerichtet ist. Wir liaben also bis jetzt Justiz-Vervvallung, die innere oder politische Vervvaltung, die Polizei-Vervvaltung, vvo diese einem eigenen Ressort zugevviesen, uud nicht mit dem Mini-sterium des Innern vereinigt ist, vvie in Frankreich. Neben den genannten Vervval-tungsz\veigen baben vvirnoehanzuluhreii: dieFinanz-Vervvaltung, die Militar-Vervvaltung, die Vervvaltung des Unterrichtes uud Cultus, vvo dafiir ein eigenes Ministerium besteht. In vielen Staaten ist dieser Vervvaltungszvveig mil der Justiz, oder \vas wohl passender ist, mit dem Innern in Verbindung. Endlich baben vvir noeh die Vervvaltung des Staates in seinen iiusseren Angelegenheiten. Werlen vvir nun einen fluchtigen Blick auf die einzelnen Vervvaltungszvveige. Was die J u s ti z- Vervv a 11 ung betiifft, so muss der Statistiker hervorheben, vvelehe Gesetze in jedem Staate bestehen, von vvelcbem Geiste diese Geset/.e erfiillt sind, ob ein Staat eigene selbststiindige Gesetze bat, wie Frankreich, Oesterreich, Preus-sen, oder nur ein fremdes recipirtes Recht, vvie z. B. in den meisten deutschtn Staaten noch immer das gemeine deutsche Recht gilt, dessen Grundlage das riimi-sehe Recht ist, versetzt mit deutschem und kunonischem Bedite. Der Statistiker wird insbesondere, was das Strafverfahren betrifft, unterscheiden, ob in einem Staate das inquisitorische oder accusatorische Verfnhren bestehe. Bei dem lelzteren ist es Aufgabe der Staatsverwaltung, durch ihr Organ, den Staatsanwalt, die Verbre-chen zu verfolgen, \vahrend die Vertheidigung des eines Verbrechens Beschul-digten seinem Vertheidiger obliegt. Unparteiisch iiber Anklage und Vertheidigung stelit der Richter, er hitt nur das Gesetz anzuwenden, und zwar wendet er es ent-weder mit selbststandiger Beurtheilung der thatsachlichen Fragen und des Gesetzes an, oder es entscheidet cine Versammlung von aus dem Volke gewahlten unabhan-gigen Mannern, vonGeschworenen liber die Thatfrage, und fallt dariiber ihren Wahr-spruch (Verdict). Der Statistiker wird untersuchen, ob dieses accusatorische Ver-fahren mit oder ohne Geschworne, mit oder olme Oeffentlichkeit, welche die hejlsamste Controle aller Verwaltung bildet, staltfinde. Hat er so die einzelnen Zweige der Straf- und aucli der Civiljustiz betraehtet, so ent\vir!'t er die J ust iz ta bel len. Es gibt kaum lelirreichere Documente zur Beurtheilung der sittlichen Verhaltnisse eines kStaates, als die Justiztabellen. Abgesehen von den viel einfachercn Civil-Justiztabellen heben wir nur beis()iclsweise einige Rubriken aus den Straf-Justiztabcllen heraus. Die vorziiglichstenRubriken dieser Tabellen sind : Welehe Verbrechen vvurden begangen? Es werden /,wei grosse Gruppen von Verbrechen unterschieden: a) Verbrechen gegen die Person ; b) Verbrechen gegen dasEigenthum. Unter den ersteren hebt man die Verbrechen gegen die vvichtigste Person, die des Staatsoberhauptes und gegen den Staat hervor; ferner specificirt man die einzelnen Unterabtheilungen der Verbrechen gegen Personen und gegen das Eigenthum. Vor Allein aber inuss der Statistiker die Verbrecher selbst ins Auge fassen; 1. nach dem Geschlechte, 2. nach den verschiedenen Altersstufen; 3. nach dem Bildungsgrade und derBesehaf-tigung, weleher sie angehoren; daher die Rubrik, ob der Verbrecher lesen und schreiben, oder wenigstens lesen, oder keines von beiden kaun, einen nicht unwich-tigen Maassstab fiir die Beurtheilung des sittlichen Zustandes eines Volkes und des Zusammenhanges zwischen der Bildung desselben und den Angriffen auf Person und Eigenthum abgibt. Aber auch die betriibende Rubrik der Reeidivitat, des Riiektalles der Verbrecher, darf nicht fehlen. Hat der Statistiker diese traurige Tabelle vollendet, so muss er auch dem Verbrecher in das Gefangenhaus folgen; aber nicht bloss die Beuegung der Bevolkerung in den Gefangnissen, eine sehr belangreiche Bevvegung, znmal wenn sie vorschreitend nicht riickschreitend ist, sondern selbst die Beschaf-tigung der Gefangenen ist fiir den Statistiker vorn Interesse. Er untersucht, ob die Gefangnisse so sind, dass nicht nur die Bestrafung des Verbrechers, die Siihrie der Gerechtigkeit, sondern, was mindestens ebenso vvichtig ist, die Besserung des Verbrechers erzielt \vird, oder ob die Gefangnisse so systemlos eingerichtet sind, dass sie zu wahren Verbreeherschulen werden. Der Statistiker betraehtet die verschiedenen Einrichtungen der Gefangnisse, untersucht, ob das System der Isolirung, welches man nach dem Staate, in dem es zuerst angevvendet wurde, das pennsyl-vanische Systein nennt, eingefiihrt ist; oder ob die Gefangnisse nach dem Systeme gemeinsamer, mitSchvveigen verbundener Arbeit bei Tage, und Isolirung zurNacht-zeit; oder ob sie nach dem sogenannten Genfer Systeme eingerichtet sind, welches die Verbrecher classificirt, und das Aufsteigen aus der unteren in die hohere Classe mit Vortheilen, z. B. mit grosserem Ueberverdienst, Aufbesserung der Kost u. s. w. Terbindet. In der letztenWei.segibtnicht ltlos dieDauer derStrafe denMaassstab fiir die Classifiqation ab, da oft Jeniand, der in derLeidenschaft ein Verbreeben begelit, bedeutend weniger verachtlich und unverbesserlich ist, als ein raffinirter Betrilger; sondern auch die Gemiithsbeschaffenheit des Verbrecbers, \vie sie sicb nacli der Beobacbtung der Inspeetoren oder Directoren des Gefangenhauses heriiusstellt. Was die Vervvaltung der Fina 11 zen betrifft, so ist die Finanzstatistik fiir sich allein so umfassend, dass sie allein die Thatigkeit eines tiichtigen Mannes vollauf in Ansprueh nimmt. Der Statist iker muss auf der einen Seite das Erforderniss des Staates, auf der anderen Seite die Bedeekung des Erfordernisses in's Ange fass§n, den Voranseblag, welcher gestiitzt auf die Einnahmen und Ausgaben des vorvergan-genen Jabres das Prognostikon der Einnahmen und Ausgaben fiir das niichste Jahr s telit und den Rechnungsabschluss, \velcber nacli gescliehener Verausgabung den Beprasentativkorpern gelegt wird, um das Absolutorium fiir die Vervvaltung zn erbalten. Was die Einnahmen und Ausgaben betrifft, sovvird der Statistiker die VVahrheit bestiitigt finden, dass der Privat- wie derStaatshaushalt auf dengleichen llegeln der Zvveckmassigkeit undSparsamkeit beruhe, nur mit demUnterschiede, dass imPrivat-haushalte sich die Ausgaben nach den Einnahmen richten, im Staatshaushalte dagegen die Einnahmen durch das Erforderniss, d. h. durcb die Staatsausgaben hestimmt werden. Die Einnahmen muss man nach den beiden grossen Rubriken, ordentliche und ausserordentliche eintheilen; die ordentlichen wieder nach den Einnahmsquellen ; also Einnahmen aus den Domanen (Staatsgutern), aus den Regalien (d. i. aus dem Staate ausschliesslich vorbehaltenen Erwerbszweigen), endlich aus der ausgiebigsten Einnahmsquelle, den Steuern. Die Steuern wird der Statistiker iibersichtlich eintheilen in directe und indirecte, oder wie sie heutzutage viel zvveckmassiger benannt werden, in Schšitzungssteuern, vvelche auf der Schšitzung von Grund und Boden, riicksichtlieh seinesErtrages also auf Schatzung des Einkommens beruhen, und Ver-brauchssteuern, da die indirecten Steuern, \velche so benannt werden, aus Anlass der Consumtion erboben werden. Hat der Statistiker das Hčer der Steuern durchmustert, so schreitet er zu den ausserordentlichen Einnahmen. Den ausserordentlichen Bedarf, den Ueberschuss des Bedarles ilber die Einnahmen kann der Staat nur in ausserordentlicher Weise decken, sei es durch die Erhohung der bestehenden oder die Einfiihrung neuer Steuern, oder, wo beides nicht mehr moglich ist, durcb Anlehen. Die Statistik der Staatsanleilien lost eine der lehrreicbsten, und in unserer Zeit auch cine der wich-tigsten Aufgaben der VVissenschaft wie der Praxis. Der Statistiker wird vor Allem die Beschaffenheit der Anlehen in's Auge fassen, ob das Anlehen ein zeitliches oder ein ewiges fiir immer dauerndes ist. Zeitliche Anlehen sind solche, vvelche wie Leibrenten, Annuitaten, Lotterie-anlehen, nacli einem im vornehinein angelegten Plane in einer gewissen Anzahl von .lahren absorbirt werden; ewige Staatsschulden dagegen (vvelche die grosse Mehrheit der Schulden bilden) sind jene, bei denen sich der Staat nur zur Bezali- lung einer bestimmten Rente verpflichtet, wahrend er zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, das Capital abzutragen. Diese ewige Schuld ist demnach strenge genommen, kein Darleben, sondern der Verkauf und Kauf einer Rente. Wenn nun derStatistiker diese verschiedenen Arten der Staalsschuld erhoben und ziffermassig constatirt bat, so sclireitet er zur Darstellung der gesaminten Schuld des Staates, darf aber dabei niclit iibersehen, dass es neben der consolidirten Schuld noch cine schwebende oder flottanle gibt, die der Staat zeitweilig mit der Aussicht auf baldige Abtragung contrahirt. Wenn diese schwebende Schuld zu lioch wird, ist dann der Staat genothigt, sie in eine consolidirte zu verwandeln. Die Summirung der Staatsschuld ist eine schwierige Aufgabe. Wenn Sie erwagen, zu wie verschiedenem Zinsfusse die einzelnen Staatsschulden contrahirt sind, so werden sie, abgesehen von den iinanziellen Vortheilen, aucb die Zveck-miissigkeit der Vereinfachung der Unification der Reducirung aul' eine einzige gemeinschattliche Reute ahleiten konnen. Hal der Statisti ker die Einnahmen eines Staates betrachtet, so muss er aucb die Ausgaben seiner Erorterung untcrziehen, und zwar nacli denselhen Verwaltungs-rubriken, die ich friiher anfuhrte, Ausgaben fiir die Justiz, die innere Verwaltung u. s. w. Wenn nun diese Ausgaben eine solehe Hiihe erreichen, dass sie durch die normalen lauieuden Einkiinfte nicht gedeekt werden k) von FRIEDRICH SCHMITT, Vice-Uirector der k. k. administrativen Statistik. Die unrnittelhar vorausgegangenen Vortrage desHerrn Regierungsrathes Pro-fessors Schaeffle haben sich mit der wirthschaftlichen Bedeutung des Capitals, und den verschiedenartigen Formen der Capitalsaufbringung und Capitalsverwendung befasst. Herr Professor Schaeffle sagte ausdriieklich, dass der Zweck jeder Capi-talsverwendung darin bestehe, dass in allen Fallen der grosstmoglichste NutzelFect d. h. der hochste Unternelimungsgewinn erzielt werde. Es wurde aueh hervor-geboben, dass bei allen Unternehmungen der Gewinn in der Differenz bestehe, welebe zwischen dem Verkaufspreise des Productes und den Erzeugungskosten liegt. Was die Verkaufspreise bctrilft, so sueht jedes Product den Marki auf, wo die besten Preise erzielt werden konnen; das ist ilbrigens Saebe der kaufmannisehen Thatigkeit. Um aber den hochsten Nutzellect zn erzielen, miissen die Productions-koslen verminderl werden, und wir finden in dieser Thatsache die Ursaehe jenes Conflictes, der so hiiufig entstanden, und in der neuesten Zeit zu einer brennenden Frage geworden ist, des Conflictes zwisehen Capital und Arbeit. Die Gntlohnung des Arbeiters bildet bei den verschiedenen lndustrie-Zweigen einen melir oder \veniger bedeutenden Factor der Productionkosten. Indem nun der Arbeiter seine Thatigkeit auf die bestmoglichste Weise zu ver-werthen trachtet, so liegt in dem Streben der Arbeitsgeber naeh Verringerung der Produetionskosten und in dem Wunsche nach Erhohung des Lohnes von Seite der Arbeiter der Gegensatz der Interessen zwischen Capital und Arbeit, zwischen Arbeits-gebern und Arbeitern. Es fragt sich nun, was vom okonomischen Standpuncte (ich betone nur diesen, nicht den politischen Standpunct der Arbeiterfrage) das beste Mittel sei, um beide einander vviderstrebenden Interessen nach Thunlichkeit auszugleichen? Naeh allen Forschungen und Erfahrungen ist es lediglieh die Freiziigigkeit der Arbeiter, welche im Stande ist, diesen Gegensatz auszugleichen; dieselbe Freiziigigkeit, wie sie dem Capitale zu Gebote steht, soli aueh dem Arbeiter gevviihrleistel werden. In derPrasis finden wir diese Freiziigigkeit der Arbeit schon durchgefiihrt bei der Entlohnung der personlichen Dienstleistungen, bei den Hilfsarbeitern des Bodenbesitzers, endlich bei denGesellen desHand\verkerstandes. Alle diese leben mit den Arheitsgebern im engen Familienverbande, in gewissen patriarchalischen Verhiiltnisscn; ihr Lohnvertrag ist gegenseitig soweit bindend, dass fiir gewisse Zeit der Arbeitsgeber gegen Kost, Wohnun^ und Entlohnung in Geld die Dienste des Arbeiters miethet. Wenn von Eineni oder dem Andern, dem Arbeitsgeber oder Arbeiter, dieLeistung nicht mit den Anforderungen ubereinstimmend gefunden wird, wird das Lohnverhaltniss gelost, der Arbeitsgeber suclit einen neuen Arbeiter, der Arbeiter ein neues Dienst-verhaltniss auf. Nochpriiciser ist diese Freiziigigkeit der Arbeiter bei der sogenannten Haus-Industrie ausgepragt. Wir finden diese Haus-Industrie in der im Reichsrathe vcrtretenen Halfte dcr Monarehie in verschiedener Form; ich werde versuehen, auf diese Formen nUher einzugehen, um diese Freiziigigkeit genauer zu charakterisiren. Wir finilen im Riesengebirge die sogenaunten Hausvveber; es sind das die friiher (lir den Localbedarf arbeitenden Weber, welche nun in stets vermehrter Zalil von dcr grossen Fabriks-lndustrie in Anspruch genommen werden. Wie stelit nun das Verhaltniss dieser Hausarbeiter zu den Fabricanten oder Arbeitsgebern iiberhaupt? Der Arbeiter besitzt seinen eigenen Webstubl, er sucbtArbeit durcb Vermittlung der sogenanntcn Factoren. Ein solcber Factor liefert im Auftrage seines Kaufmannes dem VVeber das Gani, die Kette und den Einschuss; beide kommen liber den Betrag iiberein, weleben der Arbeiter, der Weber eines ganzen Stiickes Kattun oder Leinwand als Arbeitslobn erbalt. Boi Uebergabe der gewebten Kattune oder der Leinwanden erhalt der Arbeiter den bedungenen Lohn, der nun inner-lialb ausserordentlich \veiter Granzen variirt, je naebdem das Kattun- oder Lein-wandgeschaft im Aufsebwunge oder im Riickgange ist. Dieses Verhaltniss \veebsclt, und aucb der Factor; niclit immer derselbe liefert dem Webcr die Arbeit, der Weber nimnit bcute von der Firma X, die niiehste VVoclie von der Firma Y oder Z seine Arbeit, es ist ein vollstiindig freier Markt zwiscben Arbeitsangebot und Arbeitsgcber. Das ganz gleicbe Verhaltniss existirt im nordlichen Bohmen iu der Umgebung von Haida Itei den Glassebleifereien. Das robe Glas wird aus den (Jlasbiitten von den Glashiindlern bezogen, und durcb die Factoren den Arbeitern zurVeredlung iibergeben, und zwar gegen einen bestimmten Lohn fiir jede Gattung der Veredlung ; es gibt Schleifer, Kugler, Maler u. a., \velcbe sieh in die Arbeit thcilen und von denen Jeder einen bestimmten Theil der Arbeit am Glasgefiisse zu vollziehen bat. Aehnlich ist das Verhaltniss der Freiziigigkeit der Arbeit bei der speciellen Wiener Industrie. In VVien und iu den Vororten (indet sich eine grosse Zalil von Galanterie-Tischlern, Ledergalanterie-Arbeitern, die auf eigeneRechnung arbeiten, so dass sie den Rohstofl'niclit von einem Factor oder Fabricanten beziehen, somlern auf eigeneRechnung einkaufen, und ilire fertigen Arbeiten denNiirnberger VVaaren-handlern u. s. w. anbieten, indem sie von Firma zu Firma wandern, um deu hiichst moglichen Lohn fiir ihre Arbeit zu bekornmen. Bei der Spitzenkliippelei im Erz-Gebirge und der Weisswaaren-Stickerei in Vorarlberg bestehen ahnliche Verhiiltnisse; ich gelie aber darauf niclit niilier ein, da ich durcb die bisher geschilderten Verhiiltnisse die Freiziigigkeit der Arbeiter geniigend charakterisirt zu haben glaube. Anders ist das Verhaltniss der Arbeitsgeber zum Arbeiter beim Bergbaue und in jenen grossen Fabriken, \velche wegen des wohlfeilereuBezuges von Roli- und Brenn-stoffen, oder wegen der Nothwendigkeit bedeutender Wasserkrafte zum Betriebe des Gewerbes in Gegenden situirt sind, wo die Nachfrage nacli Arbeit niclit von so wesentlichem Umfange ist, um den Bedarf an Arbeitern befriedigen zu konnen. Wir finden z, B. beim Bergbaue Fiille, wo Arbeitsgeber die Arbeiter unterbringen, gewissermassen colonisiren miissen, um sie in der Niihe des Arbeitsortes zu haben. Das Gleiche gilt von der Riibeiizucker-Industrie, welche wegen Bezuges der Runkel-riibe auf das (lache Land angewiesen erscheint, wo eine dunnere Beviilkcrung vor-lianden. Die Fabricanten miissen nun die stabilen Arbeiter aus der Ferne heranziehen und fiir deren Bequartierung sorgen; das Gleiche fmdet sicli wegen des Brennstofl-bedarfes hei der Eisen-lndustrie, bei deri Eisenschmelzwerken, bei dem Glashutten-betriebe, oder wo viele Dampfmaschinen in Thatigkeit sind, oder wo zahlreiche und kraftige Motoren durcli Wasserkraft betrieben werden. In allen diesen Fallen geht das Streben der Arbeitsgeber daliin, die Arbeiter, welche sie herangezogen haben, soviel moglich an sicli zu ketten, die Arbeits-krafte zu stabilisiren; und doch kann nicht geliiugnet werden, dass es docli immer im Interesse des Arbeiters liegt, seine Arbeit miigliclist zu mobilisiren, jenen Zusland herbeizufubren, wo er durch einen besseren Lohnangebot seinen Auf-enthalt und seine Arbeit wechseln kann. Es ist hauptsachlich die Fabriks-Industrie, bei weleher die Arbeiterfrage am priignantesten und am brennendsten zu Tage tritt. Icli habe schon erwahnt, dass ich nur die okonomische Seite der Arbeiterfrage zu beleuehten habe. Ilierzu ist statistisehes Materiale unbedingt nothwendig. Die im vorigen Jahre durcli das Handels-Ministerium veranlasste Enquete ist keineswegs die erste, \velehe in Oesterreieli versucht worden ist. Schon im Jahre 1847 hat der n. 6. Gewerbe-Verein eine derartige statistiselie En-fjuete veranlasst; die Ursache, welehe den tiewerbe-Verein hierzu bewog, ist mir nicht bekannt. Es scheint sicli hauptsachlich darum gehandelt zu haben, fiir die durch die Kaiserin Maria Theresia in Wien begriindeteSeiden-Industrie jeneOrte auf-zufinden, wo der Taglohn ein geringerer ist, damit fiir das neuerliche Emporbliihen der Seiden-Industrie die richtigen Produetionsorte gefunden vverden. Die Art und Weise dieser Erhebungen bestand, indem sie von einem Privatvereine cingeleitet wurden, nur darin, dass jene Firmen, welcbe entweder in Oesterreich unter der Enns Fabriken besassen, oder in Wien Niederlassungen hatten, miige der Productionsort wo immer gelegen sein, um die Beantwortung von festgestellten Fragen ersucht wurden. Diese Fragen bezogen sicli zumeist auf die Lohnverhaltnisse, und wurden theilweise voll-standig beantwortet, theilvveise aucli nur liickenhaft. Es ist mir nicht bekannt, zu welcher Zusammenstellung der Gewerbe-Verein diese Mittheilungen heniitzt hat. Einige dieser Nachweisungen sind in den Besitz des stutistischen Bureau’s gelangt, und ich werde spater nianche Fragepuncte aus denselben naher erortern. Es handelt sich nun darum, zu constatiren, wie weit dernieder-osterreichische Gewerbe-Vereindamals dieEnquete ausgedehnt hat? Ich habe bereits erwahnt, dass die gestellten Fragen sich hauptsachlich auf die in den Fabriken arbeitende Bevolkerung bezogen. Eswurdeaber aucli dieHaus-Industrie ins Auge gefasst, und dasistderGrund warum ich vermuthe, dass die beabsichtigte Uebersiedlung der Wiener Seiden-Indu-strie naeh dem nordlichen Bohmen die Ursache der Enquete gewesen sein mag. Es hat ein grosses Interesse zu sehen, wie im Jahre 1847 die Lohnverhaltnisse im nordlichen Bohmen waren. EinBeispiel, vvie einFabricant aus Zwikau die an ilin gestellten Fragen beantvvortet bat. „I)er Taglohn eines ervvachsenen gewaudten Lolinwebers oder Zuarheiters, sowolil vom mannlichen als weiblichen Gescblechte, beliiuft sich bei anhaltend fleissi-gem Arbeiten tiiglich auf circa30bis 35 kr. WienerWahr., wozu jedoch der Arbeiter noch einen Gehilfen, ein Kind von 12 bis 14 Jahren als Spuhlenmacher der Ein-schussgarnebenothigt. Dagegen gibt es aber aucli Arbeiter, dcnen die Arbeit trolz allen Fleisses nicht so von Iliinden geht, und dic sich bloss tiiglich 18 bis 24 kr. \Viener Wahr. verdiencn. Kin Kind von 12 bis 14 Jahren kanu sicli tiiglich durch Spuhlen der Kctten-garnc 10 bis 1K kr. verdiencn. Der Lolin wird liier nur in barem Geldc, jedoch nicht tiiglich, sondern bei Ablieferung des ganzen zur Verfertigung iibergebenen Gevvcrkes (Waare), welche Ablieferung in circa 14 bis 30 Tagen erfolgt, bezahlt. Derjenige Arbeiter, welcher sich tiiglich 36 kr. Wiener Wiihr. verdient, muss von Frilh O Uhr an, bis 10 Ulir Abends fleissig arbeiten, welche Arbcitsstunden liier aucli fiir dic gcbrauchlichen durch alle Wochcntage (ausgcnomnicn Sonn- undFcier-tage) angenommcn werden. Der Arbeiter,Weber selbst, kanu nebst demVVeben keineNebcnbeschiifligung betrciben, jcdocli scinc Angehorigen konnen sich durch Spuhlen der Kcttcnganic, und zwar diePerson von 12 Jahren und daruber tiiglich lii bis 20 kr. WienerWabr. verdiencn, diese Arbeit aber langt nicht hin, um nur die Halfte der Arbeitsuchcndcn bcschiiftigen zu kiinnen. Der Arbeiter bat an den Staat jalirlich 6 bis 12 kr. Conv. Miinze als Fiktiz-Steucrn, an dic Kirche jedoch nichts, ausser den bei eincm Baue vorkommenden gcbrauchlichen Handlangertagen zu bezahlen, an die Herrschaft (Obrigkeit) bat der-selbe jiihrlicb Robottage 13, aucli 20 Tagc entweder in natura oder im Geldc, und z\var 3 II. IS kr. und 6 11. 30 kr. VViener Wahr. zu leisten. Fiir eine Weberarbeiter-Familie mit 4 Kindern kanu man ungefahr die Kosten des Haushaltes bei der geringsten magersten Kost und nur mit den hochst notlnven-digsten Lebensbediirfnissen, wie folgt berechnen, als: fiir ganz ordinare Wobnung jalirlich.........................20 11. — kr. VViener Wahr. I'iir Fuss-und Kiirperbekleidung jiihrlicb...................60 „ — „ „ „ fiir 5 Klafter Holz sanimt Fuhrlohn a 19 fl 95 „ — „ „ „ fiir Licht jiihrlicb...........................................2K„ — „ „ „ fiir das Fruhstiick, eine Mehi-, Erdiipfel-, Brot- oder Wassersuppe taglich 12 kr., fiir Mittagmahl '/3 Achtel gleich «/,a StrichErdaplel mil Salz und etwas Brot und Suppe 30 kr., fiir Abendmahl ‘/a Achtel Erdiipfel mit Salz und Brot 24 kr. macht taglich 1 11. 6 kr. Wiener Wahr., daher jalirlich.............................................401 „30 „ „ „ betriigt einen jahrlichen Bedarf von 601 11. 30 kr. Wiener Wiihr. Die nothigsteuLebensbediirfnisse diirfte der Arbeiter hiergegends um hochstens 5 Percente imKleincn bober bezahlen miissen, als solehe aufMarkten im Grossen zu kaufen sind. Im Falle der Arbeitsunfahigkeil besteht hierorts in der Stadt Zwikau ein, jedoch unbedeutendes Armen-Institut, aus welcbem der wirklicb arine Arbeitsunfa-hige eine kleine Gabe von 30 bis KO kr. Wiener Wahr. monatlich crhiilt. Ausser dieser ist keine Anstalt, daher das Bctteln immer mehr und mehr iiberhand nimmt. Uebrigcns wird nocli mitgelheilt, dass erwaclisene Tagarbeiter beim Landbaue, wo freilich mir zu gewisscn Zeitperioden Arbeil ist, hiergegends taglicb mit 18 kr. WienerWahr. nebst Kosi, oder ohne Kosi mit 3(5 kr. Wieuer Wiihr. umi Kinder iiber 12 Jalire mit dem balben Lohne bezahlt werden“. Dieses Arbeiter-Budget zeigt eia nicht unbedeutendes Deficit; der Arbeitslohu l’iir Mann, Weib und 2 Kinder beliiuft sich auf 240 tl. Wiener Wiihr., die Auslagen fiir Quartier, Kleidung, Beheizung (diese ist mit 95 <1. Wiener Wiihr. wohl zu bocli angenommen) und Nabrung belaufen sich auf 252 d. Wiener Waln\, ungeachtet die Nahrung dieses Arbeiters eine selir scblechte ist, da nicbt Fleiscb, sondern nur Erdiipfel und Brot dieselbe bilden. Im Jalire 1851 kurz nach Erricbtungder llandelskammernbatsicli dasHandels-Ministerium veranlasst gesehen, die Arbeiterfrage neuerlich eincr statistischen Enquete zu unterziehen; es wurden dazu die llandelskammern des gesamm-ten Beiches aufgefordert. Eswurde einFragebogen ent\vorl'en, der sich sowohI auf die Lohnverhaltnisse bezog als auf die Lebensmittelpreise, so\vie auf die humanitaren Anstalten, die zum Besten der Arbeiter bestehen. Die Formularien wurden an die llandelskammern hinausgegeben mit dem Ersuchen, diese Fragen durch die Arbeitsgeber und Fabricanten beantwortenzu lassen. Die llandelskammern warenerst vor Kurzem ent-standen, kamri organisirt, und verinoehten nur in geringemGrade und in den selten-sten Fiillen demAnsinnen des Handels-Ministeriums zu entsprechen. Einige llandelskammern, welche mit sehr tuchtigenSecretaren ausgerilstet waren, wie Beichenberg, l’rag, Briinn hatten vorziigliche Zusammenstellungen iiber die Arbeiter-Verbaltnisse verfasst, aber die grosse Mehrzabl der Kammern beschrankte sich auf liickenhafte Berichte. Eine Handelskammer sagte nur, der durchschnittlicbe LohneinesFeldarbei-ters sei 20 bis 24 kr. Conv. Miinze, eines gewerblichen Arbeiters 24 bis30kr. Conv. Miirize. Esistbegreiflich, dassmitsolchenNachweisungen keinestatistische Zusammen-stellung moglicli \var; es mussten diese Naclnveisungen ad acta gelegt, werden. Idi will mir aber erlauben, aus dem Berichte der Reicbenberger Handelskammer vom Jalire 1851 das Budgct einer Arlieiter-Familie ahnlieh dem aus dem Jalire 1847 /.ur Keuntniss zu hringen. Es wird eine Familie mit 5 Personen, Mann, Weib und 3 Kindtrn gerechnet, aber ausdriicklich darauf Riicksicht genommen, dass dieser Weber einen kleinen Grundbcsitz bat, vvie das vvolil zumeist in der Gegend von Beichenberg und imRiesengebirge der Fali ist, wo die Weber ausser dem Hause kleine Grundstiicke besitzeu, um einige Metzen Erdžipfel zu haiien und Futter lur eine Ziege zu gewinnen (fiir eine Kub reicht der Grundbesitz selten aus). Mit Riicksicht auf diese Moglichkeit, fiir den Haushalt etwas herbeizuschaffen, hat die Beichenberger Handels- und Gewerbekammer das Budget einer Arbeiter-Familie in folgender \Yeise berechnet: Fiir den Mann ein jahrlicber Verdienst von 90 fl. 75 kr. « die l1 rau n „ „ „ 20 lf 5 n „ 3 Kinder „ „ 33 „ 90 ,. „ die Familie „ „ „ „ 144 11. 70 kr. Es ist das im gunstigsten Falle Lei unausgeselzter Arbeit nur dann moglich, ivenn der Weber sowolil immer Arbeit bekommt, als aucli \veder er noch ein Familienglied dureli Krankheit an der Arbeit verhinderl werden, und bildet jedenfalls cine selir geringc Einnahme fiir cine ganze Familie. Reehuct man als Minimum, was die Familie jalirlich braucht: An Wolinungsmiethe......................................................10 fl. Liclit, 1 Pfund Oel die Woche fiir die Wintermonate gerechnet ... 6 II. Schlichte (fiir die Kelte)...............................................4 fl. Mol/ (angenommen, dass der VVeber kein IIolz kauft, sondern sicli mit Klaubholz bcliilft, so muss man docli deu Arbeitsverlust in Rechnung bringen)............................................................ 5 fl. Seife 2 fl. Kleidung................................................................17 II. Zusammen 44 fl. Sonaeli bleibcn 100-7 fl. lur die Nahrung iibrig, das ist fiir die ganze Familie 10-78 kr. per Tag. Sie miigeii sieli aus diesen ZifTern einen BegrifF iiber die Existenz der Arlieiter der llaus-Industrie im Erz- und Riesengebirge machen. Viel besser ist die Existenz der Fabriksarbeiter, und doeli sind es gerade diese, welche die Arbeiter-lrage in neuester Zeit aul' die Tagesordnung gebracht haben. Wir haben gesehen, dass ein Weber im Erz- und Riesengebirge sieli taglich 36 kr. Wiener VViihr. oder 28 kr. osterr. W;ihr. verdient; wenn wir iliin einen Arbeiter auseiner Wiener oder 1’rager Masebinen-Fabrik gegenuberstellen, so finden wir, dass in der Regel ein derlei Arbeiter der untern Kategorie l II. 20 bis 1 11. !iO kr. osterr. Wabr. taglieb verdient. EssindzwardieWobnungen in diesen Stadten allerdings etwas tlieuerer als im Riesengebirge, die Nabrungsmittel aber im Durchschnitte bili iger, als dort, wo sie weitber zugeluhrt \verden rniisseii. Es ist Tbatsaehe, dass im Erz-und Riesengebirge Korn und Weizen um 20 bis 30 1‘erceute tlieuerer zn stelieu kommen als in Wien. Zn Anfang des vorigen Ja h res \vurde von Seife des Handels-Ministeriums die slatistische Central-Commission aufgefordert, ihr Gutacliten alizugeben, wie eine neuerliche Enquete iiber die Arbeitslobue und die sonstigen Arbeiterverhaltnisse einzuleiten sei. Die statislisehe Central-Commission bat mit Beniltzung der Iruberen Formularieu aus denJahren 1847 und 1851 sieli dahin geaussert, dass die Handels-kammern neuerdings in Ansprueh genommen werd(‘ii sollen, in der Weise, dass sie die von der statistischen Central-Commission entworfenen und dem llandels-Ministerium iibergebenen Blanquette ari die Arbeitsgeber hinaussenden, und diese einladen, alle in den Fragen enthaltenen Puncte zu beantworten und die Anhvorten an die Handels-kammern zuruckzuleiten, welche dieselben wieder an das llandels-Ministerium zu iibergeben haben. Das galt bezuglieh der industriellen Etablisseinents. Urn die Dateu iiber die Bergbau-Industrie zu erhalten, wurde vomllandels-Mini-sterium dasAckerbau-Ministerium eingeladen, denBerghauptrnannsehaften deu Auftrag zu ertheilen, in derselben Art und Weise durch llinausgabe der Fragebogen an die einzelnen Gewerksbesilzer diegleieben Verhiiltnisse bei den Rergbauen undSchmelz-biitten zu erheben. so Es vvurde von einer Seite bcmcrkt, dass dieAnfragc bei den Avbeitsgebern (iber dieLohnverhaltnisse der Arbeiter ein verlehlter Weg sei. Abgesehen davon, dass cine Enquete kaum je zu Ende gediebcn ware, wcrm man die Arbeiter, oder Arbeiter-vereine biitte beniitzen wollen, liegt kein Grund vor, ein Misstrauen in die Angaben der Arbeitsgeber zu setzen. Die Angaben der einzelnen Arbeitsgeber eontroliren sieli gegenseitig dadurch, dass die Handelskammern von Seite des Han-dels-Ministeriums aufgefordert wurden, die einzelnen Angaben einer Priifung durch die in der Kammer sitzenden Fachmanner zu unterzielien. Es inuss vorausgesetzt werden, dass die Angaben, soweit sie iiberhaupt vorliegen, den moglichst liohenGrad von Verlasslichkeit besitzen. Verlasslieh sind sie, aber nicbt so vollstiindig, als es vomHandels-Ministeriumgevviinscht werden musste, dennauch derErfolg dieser En-«iuete isl nielit ein durclnveg vollstandiger gewesen. Es vvurde gefragt, vvas ist von Seite der Arbeitsgeber zum Besten der Arbeiter geschehen; die Lohnverhaltnisse uud die Preisverhiiltnisse wurden bei der vorigjahrigen Emjuete ausser Aelit gelassen. Man wollte nur die humanitaren Einrichtungen kennen lernen, vvelche von deu Arbeitsgebern zum materiellen und geistigen Wohle ihrer Arbeiter getrofleu vvurden; man fragte um alle Anstalten, welcbe fiir die Bequartierung der Arbeiter, fiir ihre Ernahrung, fiir denUnterrieht der Arbeiter und ihrer Kinder, fiir die Unter-stiitzung erkrankter und verungliiekter Arbeiter und allenfalls ihrer Hinterbliebenen getroffen worden sind. Wie ervviihnt, war der Erfolg dieser Enquete aber kein vollstandiger. Die Schuld liegt theils an den Handelskammern, theils an den Industriellen und Gewerken, welehe entvveder gar keine oder nur liickenhafte Antvvorten gegeben haben. Es wurde von Seite manelier Ilandelskammer dieser Frage nicht jene Auf-merksamkeit gesehenkt, welche sie verdient. Andererseits aber fiillt aueh eine grosse Schuld auf die Indolenz der Industriellen. Viele scheinen besorgt zu haben, dass man Erhebungen iiber dieArbeiterverhiiltnisse nur pflege, um gewisse Vorkebrungen vor-zubereiten, welehe die Arbeitsgeber gegeniiber den Arbeitern belasten kiinnten. Sogar die Angabe der Zalil der Arbeiter iiberhaupt vvurde in mehreren Fallen vervvei-gert, da invielen KreisenderVerdaehtbesteht, dass bei allen stalistischenErhebungen iiscalisehe Riieksichten im Hintergrunde stehen. Von 400 Etablissements haben nahezu 100 die gesammte Zalil ihrer Arbeiter nicht angegeben, bei denendaher die Nol hvvendigkeit eintrat, aus den lriiheren statistischenBeriehlen der Handelskammern die Angaben iiber die Arbeiterzahl zu erganzen, Die zvveile Abtbeilung derEnquete befasst sieli mit den Fragen an die Arbeitsgeber iiber die Lohnverhiiltnisse, die Preisverhiiltnisse der Lebensmittel und Woh-nungen, und iiber sonstige Anstalten, vvelehe von Corporationen oder Genossenschaften, oder Gemeimlen zum Besten der Arbeiter getroffen vvurden. Ueber den Erlolg dieser Enquete, welehe eben im Zuge ist, kann ieh heute noch nicht berichten; vvas aber die von den Arbeitsgebern in den im Reichsrathe vertretenen Landern ins Leben gerufenen humanitaren Anstalten anbelangt, so ist die Untersuchung geschlossen, die Erhebungen sind fertig, so dass ieh dariiber das Niihere mittheilen kann. So liickenhaft diese Erhebungen vvaren, sind doch bei dem Stande von mehr als 400.000 Berg- und Fabriksarbeitern 21S.000 Arbeiter nachgevviesen, \velche an deri eincn oder anderen Mothilitiiieu der Wohlthaten, an humanitaren Ein-richtungen der eincn oder der anderen Art oder selbst mehrerer Arten zugleichTheil nehmen. In den im Reiclisrathe vertretenen Landern finden wir bei dem gesammten Bergbaue 78.000 und liei den industriellen Etablissements 340.000, bei beiden Zweigen zusammen somit 418.000 Arbeiter besehaftigt. Die Nachweisungen der k. k. Berghauptmannschaften und jene der Handels-kammern ziililen 215.000 Arbeiter auf, vvelehe bei solchen Bergbauen und industriellen Etablissements in Venvendung stelien, in denen naeh irgend einer Bichtung vonSeite der Arbeitsgeber tur das malerielle oder geistige Wohl der Arbeiter Vorsorge getroffen erscheint. Es belragen sonacli die Arbeiter dieser mit humanitaren An-stalten versehenen Etablissements mehr als i>0 Percente des gesammten Arbeiter-standes. Selbstverstiindlich kommen hier die Arbeiter der sogenannten Kleingewerbe, dann die Arbeiter der in allen Theilen dieser Reichshallte mehr oder weniger vertretenen Haus-lndustrie niclit in Betracht, weil dieselben theils (wie diess am flachen Landc last durchgehends und zum grossen Tlieile aucli in Stadlen der Fali ist) iu einem patriarclialischen Verhiiltnisse mit den Arbeitsgeborn leben, theils an cumula-tiven oder aucli allgemeinen humanitaren Einrichtungeu (wie Genossenschafts-Cassen u. dgl.) betheiligt sind und sich dereu mannigfaclie Verhaltnisse nahezu jeder ein-gehenden Erhebung entzielien. Es beschranken sich demnaeh diese Erhebungen ausschliesslich auf die Bergbaue und auf die sogeuannte Fabriks- oder Gross-]ndustrie. Hier wurden hauptsachlich vierRichtungen der humanitaren Vorsorge ins Auge gefasst u. z. 1. die Vorsorge fiir Ernahrung, 2. die Vorsorge fiir die Unterkuuft, 3. die Vorsorge fiir Untcrstiitzung in Krankheitsfallen, sowie in Fiillen der Arbeils-unfahigkeit und 4. endlich die Vorsorge fiir den Unterricht der Arbeiter und deren Kinder. Eine Seite, und gerade cine solche, welche von hochster Wiehtigkeit ist, musste ausser Betracht gelassen werden, vveil in dieser Bichtung die erforderlichen Einrichtungen von solcher Verschiedenheit sind, dass sie sich kan m iu einen Bahmen bringen lassen. Es sind diess Vorkehrungen in sanitiirer Beziehung beijenen Productions-z\veigen, bei denen dieGesundheit der Arbeiter einer besonderen Gelahr ausgesetzt ist, und daher aucli ausnahmsweise Vorsorge erheischt. Ich neime beiin Bergbaue nur dieQuecksilber- und Bleibergwerke und Schmelzhiltten. Dessgleichen finden wir auch im Bereiche der industriellen Thatigkeit solche Zweige, die eine besondere Vorsorge zur Hintanhaltung von Erkrankungen der Arbeiter erforderlich ersclieinen lassen. Vor Allem finden wirdiess bei der chemischenIndustrie und namentlicli liei derFabrication von Phosphorzundholzchen. Wir begegnen hier schon mancherlei Verwaltungs-massregeln, welche den Fabriksbesitzern besondere Vorkehrungen und Vorsichts-inassregeln zur Pflicht maclien. So besteht z. B. eine Verordnung vom Jahre 1846, welche die Bestimnning enthalt, dass die Tunkstuben eine eigene Ventilatiou zu erhalten habeu, und dass die Arbeiter anzuhalten sind« Tor dem Eintritte iu dieselben ilire gewohnlichen Kleider abzulegen und diesc bei dem Weggehen erst dami wieder anzuziehen. naehdem sie sich gehorig gereinigt haben. Ebenso ist den Arbeitern die sorgialtigste Reinigung vor dem Essen zur Pflicht gemacht. Eme Verordnung der Statthalterei fiir Bohmen verfiigte, dass die bei der Murexid-Erzeugung beschaftigten Arbeiter vor gehoriger Reinigung keine Speisen in die Hand nehmen durten. Ferner ware in dieser Richtung die Glas-und speeiell die Spiegel-Fabrieation zn nennen, bei der insbesondere die sogenannten Beleger oder Amalgamirer bei ihrer Beschiiftigung den nachtbeiligen AVirkungen des Amalgames so sebr exponirt sind, dass ihnen nacb verhaltnissmassig kur/.er Verwen-dungsdauer in der Regel die Zahne sieh lockern und ausfallen. Selbst bei der VVebe-Industrie gibt es Beschaftigungen, welebe eine beson-dere Vorsorge in sanitarer Hinsiebt erfordern. Ich beschriinke mich, bier beispiels-weise nur des sogenannten Schwefelns bei der Schafvvoll-, Casirnir- und Merino-Fabrieation zu erwahnen. Wenn ein Arbeiter dieser Beschaftigung einige Monate obliegt, ist er in der Begel von den nachtbeiligen Einwirkungen der schwefligen Saure so angegriffen, dass er liingere Zeit zum „Waschen“ verwendet werden muss. Es bietet diese Art der Vorsorge iiberhaupt ein weites Feld fiir buninnitare Bestrebungen und namentlich sind es die chemischen Fabriken, welche Vorsichts-massregeln in mehr oder minderer Ausdehnung erfordern. Naclulein ich diess im Allgemeinen vorauszuscbicken fiir unumganglich nothig eracbtete, gehe ich nun zu der ersten Gattung der humanitaren Fabriksanstalten iiber, niimlich auf die Einrichtungen f iir Bequartierung d er Ar b ei ter. Der Ort der Anlage der verschiedenen Etablissements ist entweder von dem Bezuge der Rohstofte oder des Rrennmaterials, oder aber von dem Bestande der zum Betriebe erforderlichen bewegenden Kraft bestimmt; so linden wir beispiels-weise die Bergbaue selbstverstandlich an den Fundorten der bezuglichen Erze, die Scbmelzwerke vorvviegend, die Glashiitten und Glasfabriken aber durchgehends an oder niichst den Fundorten desbierzu erforderlichen Brennmateriales, Zuckerfabriken dagegen inGegenden, in deren nachstemUmkreise ausgedehnte geeignete Ackerfelder zum Biibenbaue vorhanden sind u. s. w. Wir finden daher auch bei den Berg- und Scbmelzwerken, sowie bei den Glashiitten fast tiberall Vorsorge fiir Jiecjuartierung der Arbeiter getroffen, weil erstere desBohstoffes, letztei^e des Brennmateriales wegen in der Regel vondichter bewohnten Ortschaften entfernt situirt sind. Aber auch bei anderen und hauptsachlich bei den sogenannten neueren Unternehmimgen begegnen wir liiiulig einer solchen Vorsorge fiir die Arbeiter und es ist diess vorwiegend bei jenen Etablissements der Fali, welcbe ein zahlreiches Arbeiterpersonale beschaftigen und entvveder von dichter bevolkerten Orten entfernt oder iiberhaupt iu dUnn bevolkerten Gegenden augelegt sind, wie wir diess selbst auch inOesterreich miter der Enns in der Ebene nachst Wr.-Neustadt zu bemerken die Gelegenbeit baben. In Bohmen finden wir selbst in Gegenden, wo die Bevblkerung sehr dicht ist, namentlich bei der Baumwoll-, Flachs- und Glas-Indu-strie grosse Etablissements mit 1.000 bis 4.000 Arbeitern, bei denen selir gute Vorsorge fiir Bequartierung getroilen ist. VVeniger ist diess der Fali iu den Landesbauptstadten, wie bei den Maschinen-Fabriken und anderen lndustrie-Zweigen iti Prag, Briinn und Wien, vvo fiir die Unterkuuft der Arboiter von Seite der Arlteitsgeber gar keine Vorsorge getroffen crachcint, und dicse Sorge dem Arbeiter selbst iiberlassen ist. Feb mache bieraus den Arbeitsgebern keinen Vorwurf, weil dieselben in Anbetracbt der freien Concurrenz der Privat-wobnungeii bierin eine brennende Frage nocb nicht erkaimt baben mochten. Dass diese jedocb aucb liier bald zurSpracbe kommen diirfte, lasst sicb aus der steigenden Wobuungsnolb, namentlicli in Wien leielit vorausseben. Anders ist es in jenen Gegenden, wo die Industrie niclit stark vertreten, die Theilung des Grundltesitzes dagegen so weitvorgescbritten und dieBeviilkerung eine eventuell dicbte zu nenncn ist, dass (wie in Tirol und Vorarlberg) mit \venigen Ausnahmen eine eigene Vorsorge der Arbeitsgeber fur dieUnterbringung ihrer Arbeiter g« n z unnothwendig ist. Es ist begreiflicb, dass die Vorsorge fur die Unterkunft der Arbeiter nur in wenigen Fiillen allein vorkommt (wir findendiess in derTbat nur bei 8 Bergbauen mit 189 Arbei-tern und bei 31 industriellenEtablissements mit 1.609 Arbeitern), sondern in der Hegel mit 1, mit 2 oder aucb mit siimmtlichen 3 ubrigenGattungen der Vorsorge vereinigt auftritt. Es sind von der Gesammtzald von 418.000 Arbeitern der Bergwerke und der Industrie 113.500, und zwar 54.800 bei solcben Bergwerken und 58.700 bei solcben industriellen Etablissements bescbiiftigt, in denen eine Vorsorge fiir Bequar-tierung entweder allein oder im Vereine mit einer solcben in einer oder mebreren anderen Bicbtungen getroffen erscbeint. Im Durchschnitte findet sieb diese Art der Vorsorge vorzugsweise bei Bergbauen vor, wabrend von den Arbeitern der industriellen Etablissements kaum ein Dritttheil an derselben betbeiligt sind. Verscbieden ist die Art und VVeise, in welcber von Seite der Arbeitsgeber fiir die Unterkunft der Arbeiter gesorgt wird. Icb beginne mit jenen Etablissements, bei denen die Arbeiter gleicbsam in einem patriarcbaliscben Verhiiltnisse mit ihrem Arbeitsgeber leben, und von demselben unentgeltliebe Wobnung nebstKost in dessen eigenem Ilause und in Erkrankungsfallen die Verpllegung entvveder ebenda oder doch auf Kosten des Arbeitsgebers im Spitale geniessen. Es sind diess den einge-langten Naehweisungen zufolge 45 Etablissements mit 1.048 Arbeitern, welche gleicbsam denUebergang vom Kleingewerbe zur Gross- oder Fabriks-Industrie bilden und zwar der grossten Anzabl nacb Seuscnbammer (31 mit 1.050 Arbeitern), zunitchsl kleinere Brauereien und sonstige der Nahrungsmittel-Industrieangehorige Etablissements (10 mit 204 Arbeitern). Nur 4 Etablissements mit 94 Arbeitern gehoren anderen Industrie-Zweigcn an. Darunter bcfinden sicb eine Kerzen- und Seifenfabrik mit 12 Arbeitern, eine Webcrei mil 70 Arbeitern, eine Papierfabrik mit 5 Arbeitern und eine Lederfabrik mit 7 Arbeitern. Von den sonstigen verschiedenen Anstaltcn und Einricbtungen, mit welcben in den ubrigen Etablissements von den Arbeitsgebern fiir die Unlerkunft ibrer Arbeiter gesorgt ist, werde icb nur die nennenswcrthesten hervorbeben. Als derlei Anstalten besteben vor Allcm Familienwobnungen und Schlafsale. Es werden ersterc oder letztere allein oder beide zugleicb unentgeltlicb an die Arbeiter iiberlassen in 490 Etablissements mit 62.970 Arbeitern; gegen billige Mit^llu; lindet diese Ueber-lassung statt in 111 Etablissements mit 33.229Arbeitern; llieils unentgeltlicb, tbeils gegen biliige Miethe in 22 Etablissements mit 9.095 Arbeitern. Gemietbete Woli-nungen \verden den Arbeitern unentgeltlicb uberlassen in 4 Etablissements mit 270 Arl)utern; Quartiergeldbeitrage erhalteu die Arbeiter in 13 Etablissements mit 3.800 Arbeitern. Es drangt sich hier unwillkiirlieh die Frage auf, ob die unentgeltlicbe Ueberlassung von Wohnungen, oder die Ueberlassung von solehen gegen hillige Miethe zvveekmassiger sei. Da die unentgeltlicbe Ueberlassung in derRegel entweder als eine besondere Vergiinstigung, oder als eine Erhiihung des Arbeitslobnes ange-sehen zu werden pflegt, wiirde ieb ohne Bedenken der Ueberlassung von Familien-hausern gegen billige Miethe den Vorzug zusprechen, vorausgesetzt, dass dieselben zweekmiissig gebaut und gut erhalteu werden. Diese VVohnungen vverden lediglich verheirateten Arbeitern uberlassen. Dneh nehmeu hieran aueh Ledige dadurch Antheil, dass sie von den ersteren als Bettgeher aufgenommeu werden, eine Modalitiit, \velebe aus Ersparung amMiethspreise entstanden, vom moralischen Standpuncte aus unmog-lich befiirvvortet werden kanu. Sehlafsiile fur Ledige allein fmden sich sowohl beim Berghaue als bei indu-striellen Unternehmungen ausserst selten, sondern in der Regel gleichzeitig mit Familien-Wohnungen vor. In 28 Etablissements mit 2.(50!) Arbeitern erhalteu nur die Werkmeister unentgeltlicbe VVohnungen, sowie iiberhaupt aueh in vielen anderen Etablissements die Vorsorge fur die Unterkunft nicht auf die Gesammtheit des Arbeiter-Personales sich erstreckt. Man findet zuweilen die einheimischen Arbeiter, zuvveilen eineu aliquoten Theil der Arbeiter iiberhaupt davon ausgeschlossen, so dass keinesfalls die Gesammt-Arbeiterzahl der aufgeziihlten Etablissements mit 113.500 Kopfen an der getroffenen Vorsorge fiir Unterkunft Theil bat. Ich komme endlich zu einerArt der Bequartierung, welche in neuererZeit viel hesprochen vvird. Es ist nicht nur der Reiz derNeuheit, sondern hauptsacblich dienach zvveiSeiten bin sich erstreckende wohlthatige Wirkung, welche fiir die mogliebst weite Verbreitung dieser Modalitiit spridit. Sie bezvveckt niimlich zu Gunsten der Arbeits-geber die allmiilige Stahilisirung der Arbeiter und zum Vortheile der Letzteren die allmiilige Erwerbung von unbeweglichem Eigenthume. Es ist diess der zuerst in Miihlhausen ins Leben gerufene Vorgang, dass von Seite und auf Kosten der Arbeits-geber Familienhauser erbaut und entweder allein oder unter Bcigabe von kleinen Grundparzellen unter Aufrechnung massiger Zinsen den Arbeitern gegen 10- bis lSjahrige Annuitaten in deren unbeschranktes Eigenthum uberlassen vverden. Wir finden diese Modalitiit bis nun in einem einzigen Etablissement in Schle-sien, und zwar in der Zuckerfabrik zu Barzdorf mit 200 Arbeitern eingefiihrt, wo im Jahre 1868 10 solcher lliiuser hergestellt wurden und nach den Versicherungen der beziigliehen Eingabe im laufenden Jahre weitere 10 erbaut werden. Es vverden sonach zu Ende dieses Jahres bereits 20 derartige lliiuser fiir je eine Familie bestehen. Diese Vorsorge ist insoferne als besonders human zu bezeichnen, als. wie aus der Eingabe hervorgeht, diese Gehiiude den Arbeitern gegen zinsfreie Annuitaten uberlassen vverden. Nachdem ich mit diescm letztgenannten die Aufzahlurig jener Etablissements erschiipft babe, in denen fiir Bequartierung der Arbeiter vorgesorgt ist. eriibrigt mir in dieser Riehtung nur noch die Proportionalen zu constatiren. Wir finden, dass von den Arbeitern jener Elablissements, welche die Naehweisungen umfassen, nahezu 53 Percente, von der Gesammtzahl der boi deni Bergbaue und bei der Industrie beschiiftigten Arbeiter iiberhaupt aber kauin liber 27 Percente in solchen Etablisse-ments in Vervvendung stehen, in denen auf eine oder die andere VVeise fiir die Unterkunft entweder derGesammtheit oder doeh mindestens einesTheiles der Arbeiter Vorsorge getrotFen ist. Die sogenannten Berghiiuser, wie wir solcbe bei 10 Berg-bauen mit 1.113 Arbeitern nachgewiesen finden, konnen wohl kanni eine eigentliclie Vorsorge lur Unterkunft genannt werden, weilsie, oline fiir Wohnzweeke im engeren Sinne des Wortes zu dienen, nur dazu bestimmt sind, wahrend der Arbeitszeit und der dazwischen fallenden Rubepausen den Arbeitern zeitweiligen Unterstand zu gevviihren. Es dršingt sich uns scbliesslich noch die Frage auf. ob denn niclit auch in den Landesbauptstadten, in denen vvir bisber fiir die Unterkunft der Arbeiter nocli gar keine Vorsorge gewabren, von Seite der Arbeitsgeber etwas wird gethan werdun miissen? Ich nenne vor Allem Wien, wo die Wolinuiigsnotli wieder so fiihlbar zu werden beginnt, wo die Bevolkerung so dicht zusammengedriingt ist, dass niclit nur im Weichbilde der Stadt und der Vorstadtbezirke, sondern selbst in den Vor-orten, den bislier vorzugsweisen Zufluchtsorten tur die Unterkunft der Arbeiter-Beviilkerung, selbst gegen hohe Miethzinse keine Wobnung zu finden ist. Es liisst sieli daber voraussehen, dass auch in den Landesbauptstadten und vorzugsweise in den grossen, diese drštngende Frage zunachst auf die Tagesordnung zu setzen sein vvird. Es bat sich zwar in neuerer Zeit zu Prag eine Gesellschaft gehildet, welcho den Zweek verfolgt, Arbeiter-Wohnungen zu bauen; es ist mir jedoch noch niclit gelungen, iiber deren Intentionen Niiheres zu erfahren. Solite dieses Unternelimen auf blosser Speculation beruhen, so wird wolil hieraus lur die Arbeiter-Bevolkerung kauin eine andere Wohlthat envachsen, als dass dadurch vielleiclit einigermassen der Wohnungsnoth im Allgemeinen gesteuert wird. Wir kommen nun zur Vorsorge fur die Ernahrung der Arbeiter. Das-selbe Verhtiltniss wic bei der Vorsorge fiir Unterkunft finden wir aucli bei jener fiir Ernahrung der Arbeiter. AuelidiesenZweig der Vorsorge finden wir, und zwar aus den gleichen Motiven bei den liergbauen und bei der Glas-Industrie vorzugsweise vertreten. Bei d«n Bergbauen hestehl die eigene Manipulation, dass von den Arbeitsgebern Getreide und sonstige Lebensmittel entweder von den Producenten unmittelbar oder aber auf Markten angekauft, dann an die Arbeiter in Naturalfassungen zu Limitopreisen abgegeben und von diesen an Sonutagen den Familien zugefuhrt werden. Dagegen lileibt den Arbeitern der Glashiitten mehr Zeit zuin Betriebe der Landvvirthschalt, indem bei denselben auf eine lOstiindige Arbeitszeit in der Begel 2(1 Stunden der Buhe folgen, vahrend welcher sich die Kiililung der Oefen vollzieht. Wir finden daher auch last durchgehends, dass bei Glashutten den Arbeitern nebst ihren Wohnhausern auch Grundstlicke entweder unentgeitlich oder gegen einen miissigen Pachtzins iiberlassen werden. Wir sehen in dieserBichtung namentlich bei den Glashutten im Bohmervvalde sebr viele Arbeiter verbiillnissmassig glucklich leben. Sie haben nebst ibrem VVohnhauschen durchschnittlich 2 his 3 .loeii Grund zur Beliauung. Es koslot diess aucli den Arbeitgebern durchaus koin Opfer, denn die Glashiitten befiiulen sicli, wie schon enviihnt, dorl. \vo das II ol Z geschlagen wird, und dcr Arbeitcr macbt diesen ausgerodelen Waldantheil selbst urbar, baut sicb daselbst Kartoffeln, Gemiise und Getreide, gewohnlich aucli Futter fur eine Ziege, und boli sicli das sonstige Wenige, was er nocli bedarf, vom nacbsten Markte, Im Ganzeu ist mit Ausnahme dcr Glas-Industrie fur die Ernabrung beim Berg-baue besser vorgesorgt als bei der Industrie iiberbaupt; denn wiihrend von den Bergbau-Arbeitern 47 Perccnte der Gesammtzahl an Vorkehrungen fur Ernabrung Thcil nelimen, finden wir bei der Industrie mir gegen 20 Perccnte der gesammtcn Fabriks-Arbeiterbevdlkerung in solchcn Etablissements bescbaftigt, in deneu auf irgend welche Weise fur Ernabrung Vorsorge getroffen ist. Zahlreicb sind die Modificationen, unter welebcn fur die Erniibrung der Arbeitcr in den verschiedenen Etablissements gesorgt wird; nur die wesentlicbsten werdc icb naher beruhren. Nacbdem dieUcberlassung vonGrundstiicken, sei es unentgeltlichoder gegen einenbilligenPacbtzins, bereitserwiibnt wurde, babe icli nur nocli beizufiigen, dass diese Modification, ohneRiicksicht auf das gleichzeitigc llcsteben einer andcren in 279 Bergbau- und Industrie-Etablissements mit 32.956 Arbeitern vorkommt. Icb komme nun nach kurzer Hinweisung auf die bereits bei der Vorsorge fiir Unterkunfl crwabnten 45 Etablissements mit Hausverpflegung, von denen in 43 Etablissements mit 1.256 Arbeitern die Letzteren aucli die unentgeltliche Verkbstigung geniessen, dann auf 3 Etablissements mit 163 Arbeitern, in denen ledige Arbeitcr mit Kostgeld abgefunden \vcrden, vvahrend fiir die Verbeirateten daselbst Naturalfassungen von Kom und Schmalz besteben, und endlich auf eines mit 120 Arbeitern, in welcbem zcitvveise eine Gratisbctbeilung mit lteis und Kartoffeln stattfiudet, zuniiclist auf die Natu ral fassung zu Limito-Preisen. Es ist diess eine Modification, welche vnrzugsueise bei den Bergvvcrken iiberbaupt, dann auch bei den Salinen im Salz-kammergute vorkommt, wo den Arbeitern oline Riicksicbt auf die jevveiligen Markt-preise Lebensmittel zu bedeutend ermiissigten und sicb immer gleicli ldeibenden sogenannten Limito-Preisen verabfolgt iverden. Welcbe Vortbeile dadurcb den Arbeitern zugewendet werden, miige daraus erhellen, dass beim Steigen der Markt-preise dicZuschiisse derWerksinbabungen niclit selten nabezu50Percente betragen. Diese Art der Vorsorge finden wir in 33 Bergbau- und Industrie-Etablissements mit 9.011 Arbeitern. Zuniiclist ist jene Modification als cine der wichtigsten zu beacliten, wo die Arbeitsgeber Lebensmittel ankaufen und den Arbeitern zu den Engros-Ankaufs-preisen iiberlassen, oft oline selbst die Transportkosten in Anschlag zu bringen, so dass die Arbeitcr nicht selten 18 bis 20 Perccnte ersparen; wir finden diess in 37 Bergbau- und Industrie-Etablissements mit 8.912 Arbeitern in Uebung. Andere 60 Bergbau-Unternebmungen mit 21.731 Arbeitern besorgen den Ein-kauf von Victualien bei dem zuniiclist gelegenen Markte, sowie deren Zufubr und iiberlassen dieselben den Arbeitern sodami zu den Gestehungskosten (Marktpreisen, Transportkosten). VierEtablissements endlich mit 1.031 Arbeitern bereclmen zu den Gestebungskosten nocli einen Zuscbuss von 5 bis 10 Pcrcenten, welcbes Vorgeben, Slalisl. Mittheil. XVI. Jnlirg. I. Ileft. 8 sei dieser Zuschuss nun Unternehmungsgewinn oder aucli n ur Manipulations-Ent-schadigung, wohl nicht ganz uneigenniitzig genannt werden kanu. VVenn sicli aucli die Ueberlassung von Gruudstiicken und die sonstigcn liis nun aufgezahlten Modalitaten selir liaufig vorlinden, so gibt es lioch cine Unzahl von Versuchen zurUnterstiitzung derArbeiter, welche die Erleichterung ihrer Ernahruug zurn Zwecke baben. So sind es vorerst die Speisc-Austaltcn mit eigenen Brotbticke-reien, in denen die Arbeiter zu billigen 1’reisen Suppe, Fleisch und Gemiise, sowie aucli Brot erhalten; wir finden diese Einrichtung in 3 Etablissements mit 2.896 Arbeitern. Merkvviirdigervveise entsprechen diese Anstidten in den seltenslen Fallen dem Gescbmackc der Mehrzahl der Arbeiter-Bevolkeruiig. leli babe bei Gelegenbeit einer Reise im Jalire 1857 aus eigener Anschauung cine solclie Speise-Anstalt kennen gelernt, wo derArbeitsgeber die Feuerung beistellte, eigene Koche liielt und iiberhaupt in besonders vorsorglicher VVcise lih' die Bereitung guter Speisen zu den billigsten Preisen bcdacbt \var. liskostele beispielsweise ein Seitel Suppe 4 kr, W. W., cine Pori ion Kalbs- oder Scbweinebraten 8 kr. W. W., und docli fandcn sicli von 2.000 Arbeitern kaum 400, welche an dem Bezuge von Suppe, und nur gegeu 50, die an jenem von Fleisch Tbcil iialnnen. Besonders ist es das weibliehc Arbeiterpersonale, welches sicli biervon ganzlich zuriickbalt und es vorzielit., sicli selbst in der Buliestunde cinen Topi' voli Erdiiptel zu koclien und zu verspeisen, um den hierbei erzielten Ueberschuss aul' besseren und scliiinereii Anzug an Sonn-und Feiertiigen zu verwenden. So viel icb aus den Nacbweisungen entnonnnen babe, besteht diese Speise-Anstalt aucli lieute nocli, derZusprucb derArbeiter bei derselben ist aber nocli ebenso bescliriinkl, vvie vor melir als 10 Jahren. Andere Ktablissemcnts sorgen fiir Beistelluug schmackhaCten und billigen Brotes durch eigene Biickereien, welcbe bei blosser Berecbnung der Gestebungs-kosten den Arbeitern das Brot um circa 1'/3 bis 2 kr. pr. Pfund billiger liefern. Wir linden solclie Biickereien ali ein bei 4 Etablissements mit 2.45!i Arbeitern. S u p p en-A n s ta I te n ali e in linden sicli in 3 Fabriks-Etablissements mil 1.471 Arbeitern vor. In Ji Etablissements mil 1.til (i Arbeitern besteben Fabrikskiichen, in denen die Arbeiter ilire Speisen selbst koclien, wozu der Arlieitsgeber als Beitrag nebst deni Locale nocli die uncntgcltliclie Feuerung beistellt. Als weiterer Beitrag dieses Letz-teren ist liier aucli nocli die Arbeitszeit jener weiblicben Individuen anzusebeii, wahrend welelier sicli dieselben mit der Bereitung der Speisen besclialtigen. In 4 Etablissements mit 1)35 Arbeitern werden aus der Fabriks-Casse ledig-licli besondere Koclie besoldet, Traiterien, fiir welclie die Arbeitsgeber das Locale unentgcltlicb iiberlassen, deren Preise daber uberwacbt werden, linden wir liei 28 Bergbau- und Industrie-Etablissements mit 4.(580 Arbeitern. Bei 2 Etablissements in Vorarlberg mit 600 Arbeitern besteben Victualienliideii, in denen der Bezug von Lebensmitteln bei Berecbnung der billigsten Preise mit Lieferungsbucheln und wahrseheinlich auf eiiiwochentiichen Credit stattfindet. Eine eigentbiimliclie und wobl nur sebr besebrankte Vorsorge linden wir in einem Etablissement mit 590 Arbeitern, die ausscliliesslicb nur darin besteht, dass den Arbeitern, welche ilire Kost von ihren Familien beziehen, ein auf Kosten des Fabriks-Inhabers geheiztes Speiselocal zur Verfiigung steht. Ich komme scliliesslicb zu einer Art von Vorsorge fiir Erniihrung, welche erst in neuerer Zeit ins Leben gerufen wurde, und dessen ungeacbtet bereits eine starke Verbreitung gelunden liat. Es sind diess die Consum-Vereine. Zur Ehre der Arlieitsgeber muss icli constatiren, dass von den 7 bei den Berg-hauen und 39 bei der Industrie bestebenden Consum-Vereinen, mit zusammen i).880 Theilnebmern, bei den Bergbauen (! und bei den industriellen Etablissements 34solcbe sind, die ibre Griindung sowohl als aucb ibrenFortbestand oder mindestens die Erleichterung desselben der Intervention der Arbeitsgeber verdanken. Die Ein-riebtung derselben ist eine mannigfache. Wahi'end bei fast sammtlichen Arten derEinricbtung dieserVereine die Arbeiter regelmassige Beitriige leisten, finden wir dagegen die Leistungen der Arbeitsgeber in verscbiedenerWeisevor. Bei einigen leisten dieArbeitsgeberVorschiisse zum Ankaule von Lcbensmitteln nnd Bekleidungsgcgenstanden im Grossen, andere Arbeitsgeber stellen Magazine zur Unterbringung und die Arbeitskraft fiir denAnkauf und die Vertheilung bei. Nocli einer anderen VVeise der Organisirung der Consum-Vereine begegnen wir, welehe darin bestebt, dass der Arbeitsgeber die Magazine beistellt unddieVerbuebung l>esorgen liisst, wogegen das Capital zum Einkaufe der Kranken-Casse entnommen wird. In dieseni Falle zahlen die Arbeiter auch geni 5 Percenle und darilber, weil der liieraus resultirende Nutzen wieder der Kranken-Casse zufliesst. Ich glaube, dass diese letztere Modalitšit von grossem Segen fiir die Arbeiter-Bevolkerung ist, weil sie nacli zwei Biehtungen hin wohltbatig zu wirken geeignet ist. Wir koinmen nun zu jenen Anstalten, welehe fiir Unterstiitzung bei Ungliicks-, Krankbeits- und Sterbefiillen der Arbeiter ins Leben gerufen wurden, und zum Theile von Seile der Arbeitsgeber erhalten werden. Begreillicher Weise kanu bei der Fabriks-Industrie niclit jener Modus einge-balten werden, wieerbeidem Kleingewerbe Gebraueb ist. Bei dem Kleingewerbe erbiilt der Geselle ausser der Wohnung und Nabrung aucli die Verpllegung in Kranklieits-tiillen entweder in der Wobnung des Arbeitsgebers selbst, oder es werden die Ver-pflegskosten einem Spitale entweder von Seite des Arbeitsgebers oder einer Genos-senscbaft der Arbeitsgeber vergiitet. Wir fmden bei derFabriks-lndustrie denModus der Hausverpflegung auch bei 45 Etablissements durchgefiihrt; nur sind aber von diesen 4S Etablissements nicht alle Arbeitsgeber aucb die Verptlicbtung eingegangen, ibre Arbeiter in Krankbeitsfallen zu unterstiitzen, es ist das eben nur in 37 der Fali; in anderen 8 Etablissements sorgen diese fur ibre Arbeiter in Krankheitsliillen gar nicht. Es fragt sich, wie viele unterden angefiibrten Bergwerks- und Industrie-Unter-nebmungen in Krankheitsfiillen fiir ihre Arbeiter Vorsorge tre (le n, und zwarentweder bloss allein in Krankheitsfiillen oder zugleich auch fiir Erniihrung, Bequartierung und den Unterrieht. Wenn wir diese Combinationen, wovon ich in dem niichsten Vortrage sprechen werde, nochunberiicksichtigtlassen, so (inden wir, dass 378 Bergbau-Unternebmungen «“ mit 77.200 Arlieitern uiul 705) industrielle Elablissements mit 129.300 Arbeiteru fiir ihre Arbeiter in Erkrankungsfiillen Vorsorge treffen. Wenn diese Arbeiterzabl auf die Gesammtzabl der Arbeiter bezogen \vird, soweit eben von Seite der Ilandels-kammern die Nacbvveisungen vorliegen, so findet sich hier die grtisste Percentzahl; beimBergbaue werden 78 Percente der Arbeiter unterstiilzt, bei industriellenEtablisse-rnents sogar 94 Percente (auf die Gesammtzabl der Fabriksarbeiter im Ganzen bezogen ergeben sicli 38 Percente des Arbeiterstandes). Die Art und Weise, wie diese Vorsorge getroffen wird, ist eine ausserordent-lieli manniglache; liier ist die Mannigfaltigkeit nocli grosser als bei der Vorsorge 1'ttr ErnabrungundBequarlierung. Von derHausverpflegung wurde scbon gesprochen; es kommen aber aueli viole Fiille vor, wo diese Vorsorge aussehliesslich von Werks-oder Fabriks-Besitzern getroflen wird, so dass die gesammten Heilungs- und Unter-stiitzungskosten oder die Provisionen an die Arbeitsunfahigen, sowie die Beerdigungs-kosten lur die Verstorbenen aus den Fabriks- oder Werks-Cassen bezahlt werden. Wir fmden beimBergbaue, dass bei S6 Elablissements mit ungefahr 10.000 Arbei-tern die Vorsorge so getroflen ist, dass entweder die Heilungskosten oder dieMedica-mente von Seite des Bergwerksbesitzers, oder eine Unterstiitzung in barem Gelde, welche .200 Arbeitern; 4 Percente in II Etablissemcnts mit 711 Arbeitern; 5 Percente in 3 Eiablissements mit 1.948 Arbeitern eingeboben. Beim Bergbaue isl die Einzablung mit 2 Percenten des Lobnes ziemlicb stark vertreten; sie (indet sicli bei 33 Unternebmungen mit 4.!>00 Arbeitern. Bei der grossteu Zalil der Unternebmungen werdeu aber bier 4 Percenle gezablt, nitmlicb bei 87 Unternebmungen mit 24.000 Arbeitern. Zablreicb sind nocli die Uuternebinungen mit U Percenten und mit 3 Percenten; mit S Percenten bestehen 39 Eiablissements mit 12.000 Arbeitern, mit 3 Percenten 82 Etablisscmcnts mit 10.000 Arbeitern. Icli babe nur nocli die anlFallende Erscheinung bervorzuheben, dass uuter den industriellen Etablissemcnts eines gefunden wird mit K90 Arbeitern, wo die Arbeiter G kr. vom Gulden, also (i Percente, und eines mit 110 Arbeitern, \vo sie 7 Percente einzalilen. l)as Elablisscment, welelies (5 Percente fordert mit JJ90 Arbeitern ist eine Maschinenlabrik. Die Hiilie der Einzablung ist vollkommen gerechtfertigt, indern, was bei Kranken-Cassen selten der Fali ist, hier die Arbeiter provisionsfahig sind, und bedeutende Provisionen nicbt bloss an die Arbeitsunlahigen, sondern auch an deren Familienglicder gezablt werden. Die gleicbe Begriindung kanu nicbt bei jenem Etablissemenl geltend gemacbt werden, \velcbes 7 Percente einhebl; obgleicb in einer ebemiseben 1'abrik die Morbilitiit eine grossere ist, sebeint docb keinesvvegs die Einbebung von 7 Percenten des Lobnes nothvvendig zn sein. Denn in Folge dieser boben Einzablungeu war der Stand dieser Kranken-Casse zu Ende t8(i8mehr als 6.000 11., obgleicb sie erst seit wenigen Jabren besteht. Es sebeint angezeigt zu sein, dass der Arbeitsgeber im Vereine mil den Arbeitern entvveder die spateren Einzablungen giinzlich sistire, oder wenigstens auf das richtige Maass beschranke, weil die Interessen des jetzt sebon angesainmelten Capitales nabezu ausreichen, um die jiihrlichen Verpflegskostcn fiir die erkrankten Arbeiter auszubezablen. Wir linden wirklicb ein Etablissement mit 150 Arbeitern, welclies gar keine Einzablung von seinen Arbeitern fiir die Kranken-Casse fordert, weil das aus fruheren Jabren zusammengelegte Capital sovveit ausreicbt, dass bei einem geringen jahrlieben Beitrag des Arbeitsgebers sammtliche lleilungs- und Unterstutzungskosten fiir die erkrankten Arbeiter bestritten werden konnen. Eine Modalitat, die jedocb nur in einem Etablissement vorkommt, muss ich noch erwabnen; sie besteht darin, dass die Arbeiter keine bare Einzablung leisten, sondern in jeder Woche am Samstag zum Besten der Kranken-Casse eine Stunde langer arbeiten. Diese ibre Slundenarbcit vvird vom Arbeitsgeber mit dem gewohn-licbeu Liibne honorirt, der von den Arbeilern ins Verdienen gebraelite Betrag jedoch niclit diesen ausgehiindigt, sondern in die Kranken-Casse gelegt. Ein gleichcr Betrag wird von dem Arbeitsgeber aus Eigenem an die Kranken-Casse abgefiihrt. Diese Kranken-Casse war vollstiindig activ uiid hatte niclit nur kein Deficit, sondern einen bedeutenden Fond. Es fragt sicli nun, welclie Modalitiit ergibt sich aus dieser statistischen Dar-stellung liber den Bestand der Kranken-Casse als diejenige, welche den beiderseiligen Interessen des Arbeitgebers und Arbeiters am vollstandigsten entsprielil? Sclion die grosse Zalil derjenigen Kranken-Cassen bei Fabriks-Unternehmun-gen, wo 2 Percente des Arbeitslolines voif den Arbeitern eingezahlt werden, und wo die Arbeitsgeber einen Betrag von 20 bis 28 Percenten dessen geben, was die Arbeiter leisten, deutet daraul’ hin, dass dieser Beitrag der Arbeitsgeber, und diese Einzalilung seitens der Arbeiter ausreicbt, um der Verpflichtung der Kranken-Casse, wenn es sich nur auf dielleilungskosten und dieZahlung des halbeiiLobnes tur die Familie des Arbeiters bandelt, gereeht zu werden. In der That findet man bei jenen Etablisse-ments, wo 2 Percente des Arbeitslolines in die Kranken-Casse eingezahlt \verden, und die Arbeitsgeber 20 bis 25 Percente der Einlagen der Arbeiter beitragen, kein Deficit, wogegen bei allen Kranken-Cassen, zu welchen die Einlagen unter 2 Percente des Arbeitslolines betragen, der Arbeitsgeber aus Eigenem das Delicit der Kranken-Casse zu deeken gezwungen ist, eiu Deficit, welcbes bei einem grossen Arbeiterstande hitufig selir bedeutend ist, so dass Falle vorkommen, wo die Arbeitsgeber ein Delicit von 300 bis 500 fl. jiihrlich zu decken haben; eiu solehes Deficit kommt bei ciner Beitragsleistung von 2 Percenten des Arbeitslolines der Arbeiter und 25 Percentcn des Beitrages, welchen der Arbeitsgeber leistet, durebaus niclit vor. Wenn wir dagegen die Bergbau-Unternelimungen betracbten, bei denen die Bruderladen aucli die Unterstiitzung der Arbeitsunfahigen, die Provision, die slabile Unterstiitzung derselben, sowie der hiuterlassenen VVilvven und Waisen leisten, so finden wir, dass bei 5percentiger Einzalilung des Arbeitslolines, diesen Verpllicli-tungen geniigt werden kanil. Bei weniger als 5 Percenten sind aucli hier von den Bergbau-Unternehmern Deficite zu decken; bei melir als 5 Percenten bestehen dagegen giinsligere Bedingungen fiir die Provisionirung. Diese Provisionirung besteht in der Begel in der Auszahlung von '/t des Arbeitslolines fiir die Zcit der Arbeits-unfahigkeit, und ‘/s des Arbeitslolines an die hinterbliebene Witwe. Die Beitrage fiir die Waisen sind unbedeutend, es kommen bei viclen Bergbau-Unternelimungen kaum 30 kr. pr. Monat auf den Kopf. Es zeigt sich aber, dass bei der Einzalilung von 5 Percenten des Arbeitslolines diese Leistungen geschehen kiinuen, und zwar um so sicherer, je griisser die Zalil der participirenden Arbeiter ist; denn wo nur eine geringe Zahl von Arbeitern eiuzahlt, und eine Epidemie oder sonst eine ungiinstige Zeit eintritt, muss selbst bei einem Beitrage von G Percenten des Arbeitslolines nocli ein von Seile des Bergbau-Unternehmers zu deckendes Deficit sich lieraus-stellen. Was daher die Sicherlieit anbelangt, so ist die Zusammenlegung der Kranken-Cassen und der Bruderladen, eine von den Arbeitern selbst besprochene Notlnvendig-keit. Es gilt hier dasselbe, wie bei den Versicherungs-Gesellsehaften, die bei einem kleinen Kreise von Betbciligten niclit bestehen konnen, wie \vir diess seinerzeit bei der Schvvarzenbergischen Versielierungs-Gesellschaft in Wien erlebt haben. Die Garantie ihres Restandes finden dic Krankcn-Cassen, welchc hloss Krankenunter-stiitzungcn geben, Lei eiuer Einzahlung von 2 Percenten dcs Arbeitslohnes, jene, \velche auch Provisionen an Arbeitsunfahige geben, bei einer Einzahlung von 5 lJer-ecnlcii des Arbeitslohnes, wobci aber voiausgesetzt wird, dass eine grossere Zalil von Arbeitern daran Theil nimmt. Wird vorausgesetzt, dass eine grossere Zalil soleher Krankcn-Cassen zusammen-gelegt. wird, so werden diese 2 Perccnte jedenfalls noch vermindert werden kiinnen, eben so gut wie die ervviihnten Percente. Ich hege dieAnsicht, dass bei einer Ein-zahlung von 1 '/« Percent bei einer Zusammenlegung der Kranken-Cassen dasselbe geleistet \vird, wie jetzt mit 2 Percenten, und bei den Bruderladen mit 4 Percenten so vici wie jetzt mit !> Percenten dcs Arbeitslohnes. Uebrigens ist weder das Verlangen der Arheiter, noch die von mir durch Ziffern dargetbanc Nothwendigkeit der Cumulirung der Kranken-Cassen etwas Neues. Sclion der Minister Bruck hatte im Jahrc 181)0 cin Project, dem verstorbenen Ministerial-Secretar Hain zur Ausarbeitung ubergeben, welches dahin ging, fiir den gesammten Umfang der osterreichischen Monarchic nur eine einzige Arbeiter-Casse iu’s Leben zu rufen, eine Arbeiter-Casse, welche die vollste Freiziigigkeit des Arbei-ters innerhalb der Granzen der Monarchie Gewiihr geleistet luilte, so zwar, dass ein Arheiter, wenn er z. B. aus einer Fabrik in Prag ausgetreten und nacli Pest iibersiedelt w;trc, die von ihm gelcisteten Einzahlungen in der Prager Arbeiter-Casse nicht verloren hiitte, und in Pest nicht drei Monate \vieder hitite warten miissen, um einen neuen Anspruch zu erwirken. Es waren ihm unmittclbar bei seinein Uebertritte aus der Prager in die Pester Fabrik die in Prag geleisteten Einzahlungen in Pest gutgeschrieben worden. Dieses Project ging noch vveiter. Es sollten Beitriige nicht, wie sie jetzt theil-weisc unterschicden sind, bloss nacli dem Stande verschiedenartig sein, sondern auch nach dem gcwerblichcn Betriebe. Denn es ist bekannt, aber bis jetzt noch nicht statistisch erwiesen, dass bei den verschiedenen Gewerben eine verschiedene Sterb-lichkeit herrsche. Im Allgemeinen nur wird angenommen, dass beziiglich der geringen Morhilitiit die Gerber und Fleischer an der Spitze stehen, beziiglich der hauligen Erkrankungen und grossen Sterhlichkeit aber die chemische Industrie und der Betrieb von Steinbruchen hervorragen. Damals wollte der Handelsminister Bruck auch in diesem Siiine Erhcbungen inachen. Ich babe diesen historischen Riickhlick gemacht, um zu zeigen, dass in der Arbeiterirage von Seite der Regierung nicht jetzt erst, sondern sclion im Jalire 18!50 Maassnahmen vorbereitet wurden. Wir haben nun noch einer vierten Art der Vorsorge fiir das Wohl der Arheiter zu erwahnen, d. i. der Vorkebrungen fiir den Unterricht der Arheiter und ihrer Kinder. In dieser Richtung finden wir bis heule am wenigsten und diess erst in jiingster Zeit geschehen; denn von der gesammten Zalil der industriellen Arheiter (41 S.000) nehmen nur 8S/10 Percente, von der Zalil der in den hesonders nachgevviesenen Etablissements beschiiftigten Arheiter nur 22 Percente an Vor-kehrungen tur den Unterricht Theil. Nur bei 67 Rerghau-Unternehmungen mit 29.000 Arbeitern und bei 101 industriellen Etublisscment mit 30.000 Arbeitern ist fiir den Unterricht vorgesorgt. Uie Ari und VVeise dieser Vorsorge ist sehr verschiedenartig. In 7 Etablissements mil 2.000 Arheitern bestehen Zeiclmenschulen. Musikschfllen 1'iir erwaclisene Arbeiter liiulen sicli bei 8 Etablissements mit 600 Arheitern, mul zwar lici (len galizischen Salzsiedereien; sie sin«l kaurn als humanitiire Austalten anzuliihrcn, iiidem die gcsaminten Salinenarbeiter lediglich des Vcrgniigens wegen cine eigeue MusikeapeIlc zu besilzen, von ihrem Lohne ausser dem Beitrage 1'iir die Kranken-Casse von 2 Percenten, nocli 2 Percente lleilrag 1'iir die Erhaltung der Musik leisten miissen. Zahlreicher sind die Vor-kehrungeu 1'iir den Ijnterricbt der Kinder. Sowohl beim Bergbaue als bei der Industrie bestehen Etablissements, vvo die Kinder der Arbeiter aul' Kosten der Werks-Casse oder docb unter Beitragsleistung derselben in die niichste Volksschulc geschickt werden. Entvveder wird das ganze Sehulgeld, oder eine Pauscbale an die Volksscbule des nachsten Ortes vom Arbeitsgeber, oder das Scbulgeld, resji. das Pauscbale wird aus der Bruderlade gezahlt, vvelche zum Theile aus der Wcrks-Casse dotirt wird, oder endlich das Scbulgeld wird geincinschafllieh aus der VVerks-Casse und der Uruderlade bestritlcn. Obgleich diese Etablissements im Ganzen nicb* zahlreich vorkominen, leisten sie Gutes heziiglicb der Auhaltung der Arbeiterjugend zum Schulhesuche. Insbesonders, wo cin Pauscbale gezahlt wird, liudct sicli in den Nachvveisungen regelmiissig die Anmerkung: Die Kinder der Arbeiter \verden strenge verlialten die Schule des Orle.s N. N. zu besuchcn. VVo jedoch 1'iir die Kinder j>er Kopi'gezahlt wird, wird diese Vorsorge nicht so genau eingehalten. Wo die Entfernung des Etablissements vom niichst gelegenen Orte eine zu grosse ist, als dass man die Kinder der Arbeiter dort hinschicken komite, werden eigene Schulen 1'iir die Kinder der Arbeiter im Etahlissement oder in dessen niiebster Niihe unterhalten, und zwar entweder ausschliesslich aus der VVerks-Casse, oder aus der Werks-Casse in Geineinschaft mit der Uruderlade, oder iu Gemeinschaft mit den Arheitern selbst, vvelche gevvisse Ueitriige 1'iir Schulzwecke an die VV erks-Casse zu leisten haben, oder endlich von der Uruderlade ausschliesslich. llei lij Bergbau-Unternehmungen mit 9.K00 Arheitern, wird aus der VVerks-Casse die Wochenschule unterhalten, bei 2 Unternehmungen mil Arheitern aus der Bruder-lade. Gemeinschaftlich von den Fahricanten und Arheitern werden von 10 in-dustriellen Etablissements mit 1.637 Arheitern und Idoss aul' Kosten der Fabriks-Casse bei 39 industriellen Etablissements mit 13.900 Arheitern die Kinder in die Fabriks-Schule geschickt. Sonnlags- und Zeichnenscliulen bestehen fiir die Arbeiterkinder bei 13 Berg-bau-Unternchmungen mit 10.900 Arheitern. Endlich ist noch eine Nahschule filrweib-liche Kinder von 409 Arheitern bei einem industriellen Etahlissement zu erwahnen. Von Kinderhevvahr-Anstalten, vvelche entvveder ausschliessend von demArheits-gcber oder aus der Kranken-Casse erhalten vverden, findet sicli beim Bergbaue nur eine bei einem Etahlissement mit 900 Arheitern naehgevviesen. Bei 7 industriellen Etablissements mit 3.800 Arheitern dagegen bestehen besoudere Kinderhewalir-Austalten, wovon 4 ausschliesslich von den Arbeitsgebern, 3 aber von der Kranken-Casse dotirt vverden. Was die Schulen iu den Fabriken iiberhaupt anbelangt, so vverden sie in vie-len Angaben nicht als gevvohnlichc Schulen bezeichnet, sondern es wird der Ausdruck Miltags- mul Abendsclmlen gebraucht; namentlich kommt diess bei Baumwollspinne-reieu vor. Leider ist in dieseni Falle vorauszusetzen, dass die Mittags- oder Abendstunden dem Arbeiterkinde entzugen und dem Unterrichte gewidmet werdcn. Dass dieser Unterrielit neben einer zvvollstiindigen Arbeitszeit fflr das Kind wenig fruchtbringend sein kunne, liisst sich leicht ermessen. Icli schliesse hiermit die statistische Darstellung der humanitaren Anstaltcn, welche in den itn Reichsratbe vertretenen Liindern bei den Bergbau-Unternchmungcn und industriellen Etablissements bestehen, mil dem Bedauern, dass den guteu Absichten der Regierung bei Anordnung dieser Enquete von vielen Seiten mit Miss-trauen oder Indolenz begegnet wurde, dass daher die Naelnveisungen niclit als voll-stiindig betrachtet werden konnen. ■ Tereine in Oesterreich Vortrag-, gelialten im 5. Cydus der stalistlscli-adiuliilstrativeu VortrKge im Wliiterseiiu>s1ev 18«8—18«» (April 18(59) VOll FRIEDRICH SCHMITT, Vice-Director der k. k. administrativen Statistik. - Die Vereinigung gleichgesinnter Personen /ur Erreichung eines gemein- satnen Zw»‘ckes ist eines der wichligsten Forderungsmittel sowohl der materiellen als der geistigen Cultur eines Volkes. Was dem Einzelnen zn erreichen sehr hautig unmoglich, wird von einem Vereine oft mit Gliick erlangt. liei der Raschheit der wissensehaftlichen Knldeckungen und der praktischen Verwerthung derselben in allen Zweigen der materiellen Cultur, vermag schwer ein Einzelner allen diesen Verbesserungen zu folgen; es ist kaum moglich, dass ein und dieselbe Person allen neuen Erscheinungen im lietriebe der Landwirthschaft, des Forstvvesens, des Berg-baues, im Betriebe der Industrie und im Mandel gleichmassig 1'olge. Ich wiII damit nicht sagen, dass diess einem Vereine leieht sei, denn diese Entdeckungen folgen so rascb, dass ich auch einem Vereine die Moglichkeit abspreehe, alle neue Krscheinungen zu erfassen; wenn aber ein Verein sicli auf das eine oder audere Fach verlegt, so wird er hier leisten, was dem Einzelnen unmoglich ist. Einzelne Arine durch Almosen zu unterstiitzcn, vermag jeder Wohlthater; in ausgedehnterem Maasse kanti er das nicht leisten, was eiu Verein, der sich die Versorgung der Armen oder die Vorsorge Ciir Kranke u. s. w. zum Zwecke gesetzt bat, zu tim n vermag. Dass das Vermiigen Einzelner nicht ausreicht, um jene Schopfungen der neuesten Zeit im Communicationswesen ins Leben zu rufen, welcbe \vir in rascher Folge entstehen sehen, ist leiclit begreiflieh. Wir brauchen, abgesehen von den gross- arligen Leistungen im Eisenbahnbaue Englands und Nordamerika’s, in \velch’ letzterem Lande schon das atlantische Meer mit dem stillen Ocean durch eine iMsenbalm verbunden ist. abgesehen von der VVichtigkeit des Suez-Canales, uns mirim eigenen Vaterlande umzusehen. und zu betrachten, was nacli dem Erscbeinen des Eisenhahn-Concessionsgesetzes vom Jahre 1854 bis gegenwiirtig itn Eisenbahnbaue geleistet wurde, und jede Woche eine oder mehrere neue Bau-Concessionen bringt. Die Thatsache, dass seit 1. Januar 1809 bis heute (13. Februar) liir 1.500 Meilen Hahnen Concessionen zum Baue oder liir die Vorarbeiten ertbeilt vviirden, liefert den Beweis, dass der Associationsgeist in Oesterreich in der neuesten Zeit in dem hochsten Aufschwutxge begriften ist. Im vorigen Jahrhunderte unter Kaiser Josef kannte man kein anderes Ver-eiusgesetz als das Verbot der geheimen Gesellschaften. Andere Vereine, ausser zu religiosen Zweeken hatten im vorigen Jahrhunderte nicht bestanden, sie waren verpiint. Im Jahre 1817 vvurde durch ein Hofkanzlei-Decret zuerst den Actienunter-neliniungeti ein lreies Feld gegonnt; es wurde dort gesagt, ein grosses Verdienst erwerbe sich Jeder liir das Vaterland, welcher wenigstens zum Theile und allmalig das leiste, vvas der Staat jetzt nicht zu leisten im Stande sei. Es wurde direct zur Errichtung von Actien-Gesellschaften aufgefordert. Im Jahre 18!il erschien ein Ilolkanzlei-Decret, welches den politischen Behorden die Weisung ertbeilt, Unter- nelirnungci) von Actien-Gesellscliaften fiir Production iind Verkehrsmittel zn unter-stiitzen umi zu fordern. lin Jalire 1843 wurden allgemeine Grundsiitze iiber die Vereine iiberhaupt erlassen, und das Patent vom 26. November 18!>2 lusst aul' (liesem Gesetze vom Jalire 1843; es gab den politischen Beborden das Becht, nicht mir Actien-Vereine, sondern aueli andere Vereine zu concessioniren. Um diese C011-eession zu erreiehen, musste das Slatut gevvisse Garantien gegeniiber der Staats-verwaltung bieten, dass der Verein mit keinem auslandischen Vereine in Verbindung stebe, keine staatsgefiihrliche Zvvecke verfolge u. s. w. leli muss noeli ervvithnen, dass nach dem Patente vom Jalire I852 es den Vereinen zur Pfliclit gemaelit wurde, regelmiissige Nachweisungen iiber ilire Tbiitigkeit an die verscliiedenen Beborden, zu liefern, \velche es von ibnen verlangen sollten. Auf solelie Weise mussten manehe Vereine oft fiinferlei Nacliweisungen liefern. So wurden von der Sparcasse in \Vien Nacbweisungen dem k. k. Ministerium des Innern, dem Polizei-Ministerium, dem Handels-Ministerium, dem Finanz-Ministerium, und der Direetion der administrativen Statistik vorgelegt. Da jede dieser Beborden ein anderes Formulare liatte, wurden die Vereine, namentlich die Sparcassen, mit diesen vielerlei Nachweisungen bedeutend in Anspruch genommen. Das Vereinsgesetz vom 11).November 1807 entspriclit in Vergleichung mit den gleicbartigen Gesetzen anderer Staaten allen freibeitliehen Anforderungen. Nur muss icb im Vorhinein bemerken, dass sieli aucli dieses (iesetz aul' die religiiisen Vereine nicht bezielit, wie aueli die ant’ Gewinn bereebneten Vereine, die Enverbs-(leseilscbaften, Actien-Gesellschaften nicht unter diesem Vereinsgesetze stelien. Sclion vor dem Zustandekommen des neuen Vereinsgesetzes liatte die statistiscbe Central-Cominission der Statistik des Vereins\vesens ilire Aufmerksamkeil gewidmet. Mil Biicksicht darauf, dass drei bis fiinferlei Nachweisungen den ver-schiedeuen Centralstellen vorgelegt werden mussleji, bat die statistiscbe Cenlral-Commissiou diese Vorlagen zu centralisiren gesucht; man wollte die Vereine von der Nothwemligkeit der Vorlage so vielfacher Nacbweisungen entlasten. Indem die statistiscbe Central-Commission alle Nachvveisungen der Vereine sammelte, solite sie aus diesen Nachweisungen den einzelnen Centralstellen die von densclben gewiinscb-ten Auskiinfte geben. Es wurden zweierlei Daten ins Auge gefasst. Der Bestand der Vereine; in dieser Beziehung wurde der Direetion der Statistik die Anlage cines Vereins-Katasters zur Aufgahe gestcllt. Eine zvveite Naclnveisung, vvelebe aber von den Vereinen jetzt nicbl melir in mehrlaeber Form, sondern nur einmal zu liefern ist, und zwar unter der Adresse der statistischen Central-Commission, bat sieli mit der Thatigkeit der Vereine im abgelaufenen Jalire zu beschiiftigen. Begreif-liclier Weise kounten die Forinularien fiir den Vereins-Kataster fiir alle Vereine gleichartig sein; es handelt sieli liier gleichmassig fiir alle Vereine: I. um den Namen und Zweck des Vereines; 2. um das Grimdungsjabr desselben; 3. um jene Statthalterei- oder sonstige behordliche Verfugung, mittelst welcher der Verein seine Concession erhielt; 4. um die Zalil der Mitglieder; 5. um die etwaigeu Filialen; 6. um die Angabe des jeweiligen Priisidenten und Vice-Prasidenten. Die Nacbweisungen iiber die Tbiitigkeit der Vereine batten dagegen die verschieden-artigste Gestalt; es musste dafiir eine grosse Zalil von Forinularien entworfen werden. Bei der Berathung dieser Formulare waren Vertreter aller betreffenden Ministerien anwesend; begreiflicher Weise musste jede Rubrik oder jede Abthei-lung der Vereine ein eigenes Formulare bekommen. Diese Nacliweisungen siud (ur das Jahr 1866 zum ersten Male eingelaufen, nameiitlich die Ausweise fur den Kaiaster, liber den Bestand der Vereine. Die Ausweise iiber die Tbiitigkeit der Vereiue langten erst nacb liingerer Zeit bezuglieh des Jahres 1867 ein. Aber selbst die Naeliweisungen fur den Kataster waren aus Tirol noch bis vor etwa drei Wochen ausstandig, und die Nachweisungen iiber die Tbiitigkeit dieser Vereine im Jabre 1868 durften erst im Juli oder August 1869 einlaufen. Es ist mir gegonnt, einige Daten iiber den Bestand und aueh iiber die Thiitigkeit der Vereine bis zurn Seblusse des Jahres 1867 vorzutragen. Ich muss nur das Bedauern aussprecben, dass ich die grosse Anzahl der im Jahre 1868 neu auf-getauchten politisehen Vereine vor der Hand unbesprochen lassen muss, weil die Nachweisungen iiber dieselben von Seite der politisehen Behorden noeli nieht ein-gelangt sind. Ich muss iibrigens vorausschicken, dass diese Erhebungen iiber das Vereinswesen nicht die ersten sind; selion im Jahre 1855 fiihlte das Ministerium des Innern die Nothwendigkeit, eine solclie Erhebung im gesammten Gebiete des Reiches vornehmen zu lassen, und Herr Professor Stubenrauch unterzog sich der Muhe, eine Zusammenstellung iiber die gesammelten Daten zu liefern. Seine Naeli-weisungen, zwar liickenhaft, gingen docb so weit, dass vvenigstens eine allgemeine Uebersicht ermoglieht war. Wie sicli die Entwicklung des Vereinswesens seit dem Jahre 1856, in welchem Stubenrauch sein erwahntes Werk verfasste, gestaltet, \verden Sie aus der Vergleichung der damals und im Jahre 1867 bestehenden Vereine leicht entnehmen. Stubenrauch wies im Jahre 1856, und zwar mit Inbegriff von Venedig, Lombardei, Ungarn und Siebenbiirgen den Bestand von 2.234 Vereinen nacb; davon sind noch vveiter 610 religiose Vereine abzuziehen, iiber welche auch die Erhebungen ausgedehnt wurden, aber im Jahre 1867 nicht ausgedehnt werden konnten. Er wies als humanitare, wirtbschaftliche und Actien-Vereine fur die gegenwiirtig im Reichsrathe vertretenen Lander 1.624 nacb; ich bin dagegen in der Lage, mit Ende 1867 schon iiber 4.175 soleher Vereine in diesen Landern berich-ten zu konnen. Es haben sich daher in den cisleitanischen Landern die Vereine vom Jahre 1856 bis 1867 um 2.500 vermehrt. Diese Vereine verfolgen die ver-schiedenartigsten Z\vecke. Insoferne diese Z\vecke einzig und allein den Ein-theilungsgrund der Vereine bieten, miissen vor Allem andern die Vereine in solehe eingetheilt werden, welche das Beste ihrer eigenen Mitglieder, und in solclie, welelie das Beste Anderer bezvvecken. Ich werde jedoch von diesem Eintheilungsgriinde abgehen, und zuerst von den Produetions-Vereinen sprechen, dann von den \virth-schaftlichen Vereinen, von den Wohlthiitigkeits- und Humanitats-Vereinen, von den Vereinen zur Beforderung der geistigen Cultur, der korperliehen Gewandtheit, fur geselligen Verkehr, endlich von den Enverbs- und Actien-Gesellschaften. Was die Vereine anbelangt, welche zur Beforderung der Production der Landvvirthsehaft, des Bergbaues und der Industrie bestehen, so finden wir mit Ende I867deren96 mit 4!?.863Mitgliedern nachgewiesen; sie thoilen sicli in Vereine, vvclchc mil der Forderung der Roh-Production sicli beschaftigen und solclie, welche Statist. Mitthcil. XVI. Jahrg. 1. Heft. 6 die Forderung der Gevverbe und die Ausbildung fiir den Handel und die Industrie sicli zur Aufgabe gcstclll liaben. Mit der Roh-Production besehiiftigen sicli jene Vereine, welche als landwirth-sebaftliche Vereine die flebung der Landwirthschaft im weitesten Sinne des Wortes zum Z\vecke liaben. Es wurde die Erricbtung von landwirthsehaftlichen Gesell-schaften mit einem Hofkanzlei-Decrete aus dem Jahre1843 anempfohleu, wir finden daber die meisten landwirthschaftliehen Gesellscbaften seit diesem Jahre ins Leben getreten. Nur zvveihatten bereits vordem erwahnten Hofkanzlei-Decrete bestanden: die k. k. okonomische Gesellscbaft in Wien und die landwirthsoliaftlicbe Gesellschaft in Steiennark. Alle diese landwirlhscbaftlichen Gesellscbaften liaben die Berechtigung, den Titel k. k. zu fiihren. Wir linden 60 solcber landwirthschaftlicher Vereine mit 43.495 Mitgliedern. Der grosste Verein dieserArt istder im Centralpuncte desReiches in Wien; er bestelit seit 1807, er hat sicli die Forderung der Landwirthschaft im vollsten Umfange zur Aufgabe gestellt, ziihlt 2GFilialen innerbalb Nieder-Oester-reiebs und 9.010 Mitglieder. Icb vvill nur Einiges tiber die Art und Weise erwahnen, in der diese Gesellscbaft iliren Zweck verfolgt. Die Mitglieder versammeln sich regel-miissig zur Besprecbung der neuesten Erscbeinungen auf demGebiele des Land- und Forstwesens. Eine Zeitun^, welcbe sowobl fiir die Mitglieder als auch fiir solche bestimmt ist, die ausserhalb des Vereines stehen, bringt diese Besprechungen und Neuerungen zur Kenntniss weiterer Kreise und erscheint in neuester Zeit zu einem ausserordentlicb woblfeilen Preise, in populiirer Form, daher verstandlich fiir den kleinen Grundbesitzer. Die landwirthschaftliche Gesellschaft in Wien, als Vertreterin der librigen landwirtbschaftlichen Gesellschaften, vermittell vveiters den internationalen Verkehr; im vorigen Jalire waren die deutschen Landvvirtbe in Wien versammelt, um ihre Ideen und Programme gegenseitig auszutausclien. Eiu noch weit vvichtigerer Zweck wurde zweimal durch die landwirthscbal'tliche Gesellschaft in Wien verfolgt durcli das Arrangement von allgemeinen landwirtlischaftlichen Ausstellungen, von denen die erste 1857 im Augarten, die zweite 18GG im Prater stattfand. Es miigen die Meinungen liber den Nutzen von Ausstellungen getheilt sein; aber statistiscbe Tliat-sacben bcweisen den ausserordentliclien praktischen Erfolg dieser beiden land-wirtbscbaftlichen Ausstellungen, mitbin das Verdienst, welehes sich die landwirth-schaftlicbe Gesellscbaft fiir das Emporbringen der Bodencultur durch die Veranstal-tung dieser Ausstellungen erworben hat. Es \vurden zweimal Erhebungen veranstaltet iiber die Zalil der in Oesterreich in Ver\vendung stehenden Dampfmascbinen, niimlich in den Jahren 1852 und 1803. Abgesehen von den stehenden Maschinen fanden sich im gesammlen Gebiete der Monarchie im Jahre 1852 nur 4 Loco-moliile vor; davon waren 2 bei industriellen Etablissements in Verwendung. Im Jahre 1803 standen schon iiber 400Locomobile inThatigkeit, vovoi^/g in derLand-Nvirthscbaft vervvendet wurden. Diese wurden zumeist erst nach dem Jahre 1857 angeschaift, ein Bevveis, dass die landwirtbschaftliche Ausstellung im Augarten (im Jahre 1857) den čisterreichischen Landwirthen die Notlnvendigkeit und den Vortheil der Vervvendung von Locomobilen vor Augen gefiihrt. Aehnliche land-wirthschafiliche Gesellschaflen bestehen in allen Kronlands-Hauptstiidten, so in Sal/.burg, Laibach, Gratz, Giirz, Innsbruck, Prag, Briinn.Troppau, Czernowitz, Zara, in kleinerem Umfange nocli zu Bregenz, da die landwirtlischaftlichc Gesellscbaft in Innsbruck fiir Tirol und VrorarIberg besteht. Ausser den Ackerbau- und ]andwirthschaftlichen Vcreinen im Allgemeinen besteben nocb einzelne Vereine, uelche sich specielle Zwecke gesetzt liaben. Namentlicli besteben in grosserer Zalil Vereine, welche Garten- und Obstcultur ptlegeu; so bestebl in Wien die Gartenbau-Gesellscbaft ganz unabliiingig von der landwirtbscliaftlichen Gesellscbaft. In Baden ist cin Verein von Gartnern, der aber specielle praktiscbe Zwecke verfolgt, nur 40 Milglieder ziihlt und besondcrs die Blumenzucbt ins Auge fasst. In Gratz ist ein Gartenbau-Verein, in Triest eine Gartenbau-Gesellscbaft, welcbe sich mit der Verbreitung jener Kenntnisse befasst, die sich auf den Obst- und Gemiisebau und auf die Blumenzucht beziehen. Zwei Vereine besteben im Kiistenlande, welche sich lediglich mit der Veredlung von Obstbaumen und mit der Verbreitung der veredelten Baumehen befassen. In Prag concurriren zwei Gesellschaften, eine Gartenbau-Gesellscbaft mit 683 Mitgliedern, und ein separater pomologiscber Verein, der aber nicht als ein selbststandiger Verein, sondern nur als eine Section der landvvirtbschaftlichen Gesellscbaft anzu-seben ist. Ein besonderer Obstbaumzucht-Verein bestebt noch zuKlattau iuBobmen. In Briinn ist fiir den Obstbau eine besondere Section der landwirthschaftlichen Gesellscbaft organisirt, welcbe 21 Mitglieder ziihlt, Fiir den Weinbau, der in Oesterreich so ausgedehnt betrieben wird, dass Oesterreich der zweite weinbauende Staat des Continentes genannt werden inuss, besteht nur eine cinzige Gesellschaft zn Trient, die enologische Gesellscbaft, welcbe erst 1806 gegriindet wurde, und sich mehr mit der Ilebung des Verkebres, mit der Ausfuhr der Tiroler Weine beschaftigt als mit der Veredlung des Wcines solbst. Fiir die Ilebung der Viehzucht besteben mehrere Vereine, die erst in neuerer Zeit entstanden sind. Fiir die Pferdezucbt und Pferderennen besteben Vereine in Wien, zu Prag und Lemberg. Eine Seclion der patriotisch-okonomiscben Gesellschaft zu Prag befasst sich speciell mit der Schafzucht und ziihlt 63 Mitglieder. Fiir die Bienenzuclit sind im Kataster drei Vereine notirl: der Verein fiir Bienenzucht in Wien mit SOS Mitgliedern (besteht seit 1860), zu Cbrudim mit 60 Mitgliedern und eine Section der patriotisch-okonomiscben Gesellscbaft in Prag mit 700 Mitgliedern. Grosse Ausbreitmig haben die Vereine fiir den Seidenbau. Die Bestrebungen, den Seidenbau in den nordlicher gelegenen Gegenden des Kaiserstaates einzufuhren, weil er eine ausserordentlich rentable Nebeuheschafligung der kleineren Landvvirthe bilden kann, sobald es das Klima gestattet, haben in neuerer Zeit einen ausser-ordentlicben Aufscbwung genommen; es wurden in den verschiedensten Landern Seidenbau-Vereine gegriindet. In Linz bestebt ein soleher Verein seit dem Jahre 1867, ehenso in Salzburg; es wurde aber dort ausdriicklich gesagt, dass der Verein versuchen \volle, ob das Klima der Zucht der Maulbeerbiiume und der Seidenraupe giinstig sei. In Gratz besteht ein Seidenbau-Verein seit 1843 als der allcste in den niirdlichen Landern; zu Klagenfurt besteht ein soleher Verein, der 500 Mitglieder zalili, und im Jahre 1867 bei der Pariser Ausstellung ausserordentliches Aufsehen 6* gemacht hat, indem er alle seine einzelnen Mitgliedcr be\vog, Seidencocons auszu-stellen. Bohmen besitzt Scidenbau-Vereine zu Prag, Taus, Briix, Jičin, Kiiniggratz, Leitomischl; ebcnso beschaftigt sich eine besondere Section der patriotisch-iikono-rnischen Gesellschaft zu Prag mit dem Seidenbau. Miihren bat einen Seidenbau-Verein zu Olmiitz, Schlesien zu Troppau; sogar in Galizien besteht ein solcher Ver-ein zu Brzeczan und in der Bukowina zu Czernowilz. Forstvereine bestehen in den im Beichsrathe vertretenen Liindern 7, \vovon besonders die bohmisehen Forstvereine eine grosse Anzahl von Mitgliedern haben (1135). Der Wiener Forstverein zabit gegen 200 Mitglieder und liat die Aufgabe, alle Fortschritte im Forstivesen so viel mbglieh im gesammlen Kaiserstaate zu ver-breiten. Ein Forstverein besteht fiir Steiermark zu Gratz mit 150 Mitgliedern, fiir Tirol zu Innsbruck mit 374 Mitgliedern. Daselbst besteht auch ein Forstschul-Verein, welcher hauptsachlieh die Aufgabe bat, Forstsehulen zu griinden; er zahlt 128 Mitglieder. Die Section der landivirthschafllichen Gesellschaft zu Briinn fiir Forstwesen zabit 700 Mitglieder; die fiir Westgalizien zu Krakau 305 Mitglieder. Fiir Austernzuclit findet sich, nacbdem die Entstehung eines soleben Vereines in Palmatien cben im Beginne ist, im Vereins-Kataster nocb keine Nacbweisung; fiir kiinstliche Fisehzucbt besteht aber ein Verein in Isehl, der 1805 begriindet wurde und 28 Mitglieder zabit, in Salzburg ein Verein mit 90 Mitgliedern. Diesen zvvei Vereinen ist ein kleinerVerein von 30 Mitgliedern in Bohmen (zuNachod) anzu-reihen, wclcher eigenc und gepacbtete Teicbcmit Fischen bevolkert, um die Fiscberei als Vergniigen zu betreiben, daher eher als ein Geselligkeits-Verein zu betrachten ist. Fiir die Forderung des Bergbaues, wenn icb von dem Bergbau-Vereine zu Briinn giinzlicb absehe, der mehr die geognostiscbe Erforschung der ganzen Monar-chie sich zur Aufgabe gestellt hat, bestehen nur zwei Vereine: der geognostisch-montanistische Verein zu Gratz mit 170 Milgliedern, und der Verein zu Jakobsthal im Erzgebirge, welcher sich die Forderung der Montan-Industrie im Erzgebirge zur Aufgabe gestellt hat. Die genannten, fiir die Betordcrung der Boh-Production bestehenden 00 Vereine zah!ten im Jahre 1807 im Ganzen 30.210 Mitglieder. Wir kommen nun zu jenen Vereinen, welche sich die Beforderung der 1 ud us tri e und des 11 a n de Is zur Aufgabe stcllen. Von diesen bestehen in den im Beichsrathe vertretenen Liindern 30 Vereine mit 7.047 Mitgliedern. Die wichtigsten sind dieGewerbe-Vereine, welche sich beinahe in allen Kronlands-Hauptstadten vor-linden. An ihrer Spilze steht der Wiener Gewerbe-Verein. Derselbe wurde im Jahre 1840 gegriimlet, er ist einer der iiltesten Vereine iiberhaupt und hatte friiher eine besondere NVicbtigkeit, so lange die Handelskammern nieht bestanden, da alle Anfragen liber die VVaarenpreise, Communicationswesen u. s. w., welche von den einzelnen Centralstellen ausgingen, an den Gewerbe-Verein gerichtet vvurden. Der VViener Verein hat die meisten Mitglieder (970); Gewerbe-Vereine bestehen nocb in Linz, Salzburg, Gratz, Klagenfurt, Prag (unler dem Titel „Verein zur Ermunterung des Gewerbefleisses“) und zu Briinn. Kleinere gewerbliche Vereine mit Begriinzung ihrer Wirksamkeit auf ihren Standort und ihre nachste Umgebung bestehen in Sechshaus, St. Polten, Beichenberg, Schlakenwerlb, Bielitz und llohenems. Sowie dur Gewerbe-Verein zu Wien im Jahrel845 fiir Nicderiisterreich, ver-anlasste der Gewcrbe-Verein zu Reichenberg im Jahre 1852 unmittelbar nach der ersten iuteriiationalen Ausstellung zu London, fiir das Gebiet des Biesengcbirges eine Ausstellung der Producte des Gewerbefleisses und der Industrie, vvelche als V orliiuferin fiir andere locale Ausstellungen dienen solite. Aueb andere Vereine haben sieli die Hebung der Gewerbc, der Industrie und des Handels zur Aufgabe gestellt. So bestelit in VVieu der Verein der VViener Kauf-leute, dessen Zweck die Besprechung von Fragen aus dem Geschaftsleben, die Ver-tretung commereieller Interessen ist. Die Wiener Kaufmannshallemit 151 Mitgliedern verlolgt denselben Z\veck. Ein Verein zur Befiirderung der Riibcnzucker-Industrie besteht zu Wien; er erstreckt seine Wirksamkeit iiber die ganze osterreichische Monarchie und sueht namentlich die Interessen der Riibenzucker-Industrie gegeniiber der Zollgesetzgebung zu vertreten. Weiters besteht zu Wien der Verein derllandels-Akademie, der die genannte wicbtige Leliranstalt ins Leben gerufen bat und aus eigenen Mitteln erbiilt, der Verein der osterreicbischen Eisenindustrielleu zur Wabrung der Interessen dieser Industrie gegeniiber der Zollgesetzgebung, endlich der Verein der Iudustriellen mit 250Mitgliedern. Gegeniiber den genannten Vereinen. welebe die Wahrung der speciellen Interessen gevvisser Iiidustriezweige gegeniiber der Zollgesetzgebung bezvvecken, ist in neuester Zeit (1806) ein Verein entstanden, \velcher die Wabrung der Interessen der Consumenten zur Aufgabe sich stellt, der Verein fiir volkswirthschaftlieben Fortsebritt. Zu erwahnen ist noeh der Verein der Buch- und Kunstbiindler, zur Forderung des Buebbandels und wohltbatiger Anstalten fiir verungliiekte Corporationsmitglieder, sowie die Effecten-Societiit zur Erleich-teruug des Verkehres in Werthpapieren. Kleinere Vereine zur Vertretung commercieller Interessen, namentlich zur Besprechung von Ercignissen in der Geschaftswelt bestehen zu Gmunden, Marburg, Gratz und Prag; sie nenuen sich bezeichnend genug in der Regel „Merkur“. Zu Gratz besteht auch ein Verein zur Erhaltung der Akademic fiir Handel und Industrie, dann ein Verein zur Befiirderung der Kunst-Industrie, so\vie zu Reichenberg ein kaufmannischer Klub. Nocli erwahne ich den Hopfen-Verein zu Saaz, welcher die Mischung und Verfalschung des Hopfens zu verhindern sucht mit 400 Mitgliedern, die sich als Vereins-Mitglieder verptlichten, den von ilinen gebauten Hopfen unverfalscht in Handel zu bringen. Dam it wiire die Darstellung der Vereine zur Be forderung der Roh-Production und des Handels geschlosscn. Ucbergehend auf die wirthschaftlichen Vereine habe ich zu bemerken, dass einTheil derConsum-Vereine beiGelcgenheit der humanitaren Einrichtungen, die fiir Fabriksarbeiter bestehen, bercits besprochen wurde. Unter den mit Ende I8G7 bestehenden 55 Consum-Vereinen finden sich 37 Fabriks-Vereine, die ich schon in den friihercn Vortragen eiwaluitc. Diese 55 Consum-Vereine ziihlen 10.800 Theil-nehmer; das grosste Con ingent stellen Miihren, Bblimen und Oesterreich unter der Enns; statt des Namens Consum-Vereine tragen einige den deutschen Namen „Ver-brauchs-Vereine“. Der alteste Verein dieser Art, ein Arbeiter-Consum-Verein zu T-eschdorf, gegriindet 1857, nennt sich „Wechselseit;iger Unterstiitzungs-Verein der Fabriksarbeiter zu Teschdorf". In dem Jahre 1861 sinil zwei solche Vereine entstanden zu Sternberg, aber niclit fur Fabriksarbeiter, sondern fiir die dortigen Hausweber, und zu Wien der Beamten-Consum-Verein. Alle iibrigen derlei Vereine wurden erst in der neuesten Zeit (180!» bis 1807) gegriindet. Consum-Vereine konnen nur bei einer griisseren Anzalil von Theilnehmern Horiren, weil die Magazinirung der im Grossen angekauften Verbrauehsartikel, die Manipulation beim Verkaufe, und die Ver-buchung namhafte Auslagen verursachen. Wenn, vvie ich bei Besprechung der Fabriks-Consum-Vereine zu bemerken mir erlaubte, der Arbeitsgeber das Magazin und den Comptoirislen fur die Buchfiihrung zur Verfiigung stellt, konnen allerdings auch kleinere Vereine gedeilien. Wo diess nicht der Fali ist, gedeihen, wie gesagt, nur jene, welche eine bedeutende Zalil vonTheilnehmern besitzen, z. B. der Beamten-Consum-Verein in Wien mit 1.080 Mitgliedern, der Consum-Verein zu Prag mit 1.194 Theilnehmern, und andere Vereine. Die auf die Zalil von 20 Mitgliedern sieli beschriinken, bemerken in ihren Eingaben, dass sie daran sind, sieli aufzuliisen. Von grosseren Consum-Vereinen werden die Verbrauehsartikel den Theilnehmern um 10 bis 15 Percente gegen die Platzpreise billiger verabreicht, iiberdiess werden bei einer grossen Zalil vonTheilnehmern, besonders wennEhren-Ausschuss-Mitglieder sieli unentgeltlicli mit dem Ein- und Verkauf der Waaren heschiiftigen, noeh Uebersehusse zu Gunsten der Theilnehmer erzielt. Beziiglicli der Vertheilung soleher Uebersehiisse enthalten die Statuten in der Regel die Bestimmung, dass der Gevvinn naeli den Einlagen vertheilt werde. Hiiutig bezieht aber derjenige, der grosse Ein-lagen gemacht hat, wenig oder gar keine VVaaren aus dem Vereins-Magazine, wogegen ein Arbeiter, der nur kleine Wochen-Einlagen leistet, beinahe ganz auf den Bezug seiner Verbrauehsartikel aus dem Vereins-Magazine angewiesen ist. Die Bestrebungen, die Vereins-Statuten so zu andern, dass der Gevvinn nicht bloss naeh dem eingelegten Capitale, sondern aueli naeh dem Uinsatz-Capitale vertheilt werde, enthehren souacli nicht ganz der Berechtigung. Wir kommen nun zu einer sehr wichtigen Gattuug von Vereinen, wovon ich einen Tlieil sclion bei Besprechung der humanitaren Einriehtungen fiir die Arbeiter beriihrthabe, zuden Kranken-.Unterstiitzungs- u nd Leichen-Vereinen. Es bestehenindenimReichsrathe vertretenen Landern925 Vereine mit 535.000 Theilnehmern, worunter nur vvenige Fahriks-Cassen, und diese \venigen nur in dem Falle begriften sind, wenn ilire Ver\valtung ausser der Fabrik liegt. Diese Unterstiitzungs-Cassen sind einzutheilen in solehe, welche lediglich Kranke unterstiitzen, in Leichen-Vereine, welche bloss die Leichenkosten fiir ihre verstorhenen Mitglieder bezahlen, endlieh in gemischte, welche sowohl mit der Krankenunterstiitzung als auch mit der Bezahlung der Leichenkosten sieli besehaftigen. Diese Unterstiitzungs-Cassen sind entvveder giinzlich private, oder genossenschaftliche, oder sie gehoren religiosen Korperschaften an, oder sie sind wie erwahut, Fahriks-Kranken-Cassen. Diese Kranken- und Unterstiitzungs-Cassen zusainmengenommen, vertheilen sieli der Zalil nacli ziemlich gleichmiissig vorwiegend aufNieder-Oesterreich undBohmen. Bohmen hat 334, Nieder-Oesterreieh 341 derartige Vereine. DieMitgliederzahl variirt dagegen ausserordentlich, iu Bohmen ziihlen diese Vereine 83.500, in Niederiister-reicli 395.000 Mitglieder. Die Ursache davon bestehl nur in der Cumulirung jener Nachweisungen der Kranken-Untcrsttttzungs-Cassen mit den Leichen-Vereinen, welch lelztere besonders in Wien selir zahlreich vorkmen. Ausserordentlich ver-schicdenarlig siud die Statuten. Sonderbarkeiten beziiglieh d or Aufnahme, gcwis.sc Ungerechligkeiten beziiglich des Verhaltnisses der Einzahlungen, kommen hiiulig vor. Ich will zur Erlauterung des Gesagten nur eincii Paragraph aus den Slatuten eines solchcn Krankenunterstiitzungs- und Leichen-Vereines, der im Jahre 185K gegriindet wurde, vorlesen. Da lieisst es im §. 2: „Zur Aulnahme in denVerein ist jeder Mann geeignet, welcher die k. k. osterr. StaatsbUrgerscliaft besitzt, nicht ausser dem Wiener Polizei-Rayon wohnt, mit keinern unheilbaren Leibesgebreehen und mit keiner chronischen Krankbeit bebaftet, ferner nicbt erwerbsunfahig, sowie in der freien Verwaltung seinesEigenthums nicht gehemmt ist, endlich in cinem unbcscholtenen Rufe steht." Abgeseben von der Qualification, welche zur Aufnahme nothwendig ist, ist die Bestimmung, dass das Mitglied im Polizei-Rayon wohncn muss und zufolge eines spa-teren Paragrapbes bei Umsiedlungen jedes Anspruches auf Unterstiitzung oder Riick-vergiitung der eingezahlten Betrage verlustig wird, fiir Arbeiter selir driickend. Audi andere Festsetzungen entbehren der vollstandigen Billigkeit. Die Einzahlungen betragen fiir die Person wochentlich 10 kr. osterr. Wiiln\; drei M on ate muss jedes Mitglied eingezahlt haben, bevor es einen Ansprueh aufeineUnterstiitzung bat. Im Falle einer eingetretenen Krankbeit werden wochentlich 4 11. ausbezahlt und zwar durch scchs Monate; dauert die Krankbeit langcr, so bekommt der Kranke durch weitere sechs Monate wochentlich 3 11. Naeli Verlauf dieser Zeit vvird das Mitglied ausgestrichen, und es bleibt dem Ausschusse des Vereines vorbehalten, zn beschlicssen, ob dem Kranken cine Ablertigung und bis zu welcliem Belrage sie ihm zukommen soli. Eine Einlage von wochentlich 10 kr. isl an und fiir sich bei einer Krankenunterstiitzung von 4 II. wochentlieh eine hohe Einzaldung; ausserdem aber kommt in den Statuten noch die Bestimmung vor, dass bei einer grosseren Morbilitat die Erhohung der wochentlichen Einlage von 10 auf 20 kr. eintreten kann, welehe Entscheidung dem Ausschusse allein zusteht. Ich will nun als Gegensatz zu dem Gesagten die Bestimmungen eines Vereines kurz erortern, welcher der neueren Zeit augehort und von mir bei den humanitaren Einrichtnngen fiir Arbeiter nicht enviihnt wurde, weil er eineGremial-Unterstiitzungs-Casse ist. Es ist dies der Untcrstiitzungs-Verein fiir Buchdrucker und Sehriftgiesser, • dessen Statuten der neueren Zeit cntsprechend, im Jahre 1863 revidirt wurden. Es zahlen die Arbeiter 1 i> kr. pr. Wocheein; dazu kommt aber fiir jeden Arbeiter der Beitrag des Principals mit S kr., so dass jeder Buchdruckerei- und Sehriftgisserei-Besitzer Monate 2'/a fl. erhiill. Ueberdiess werden 25 (1. Begriib- nisskosten gczahlt. Arbcitsunfiiliige erhaltcn eine Provision, deren Hohe, so lange der Invaliden-Fond nicht in Thatigkcit ist, von dem Ausschusse bestinunt wird. Fch muss noeli erwiihncn, dass drei Vereine fiir wechselseitige Vieh-Versicherung entstanden, welche 1867 bereits 2.000 Mitglieder ziihlten. 1806 entstand ein solcher Verein in Linz, der 1867 schonS22 Mitglieder zabite. Lebens- nnd Renten-Versicherungs-Anstalten, vvelche auf Gegenseitigkeit basiren, besleben im Ganzcn li, siimmtlicb inOesterreich unter derEnns n. z. die mit der Sparcasse vereinigte allgemeine Versorgungs-Anstalt, die allgemeine wechsel-seitige Capital- und Renten-Versicherungs-Anstalt Januš (seit 1840), die Renten-und Lebens-Versiclierungs-Anstalt A u s t ria (1860 gegriindet), die Lebens-Versi-cherungs-AnstaltPatria (1860 gegriindet) und die Lebens-Versiclierungs-Anstalt des Beamten-Vereines (gleichfalls 1860 entstanden). Den wirthscbaftlicben Vereinen sind weiters die Vorscbuss- und Darlehens-Vereine zuzuzSblen, von welelien bis zum Schlusse des Jabres 1867 333 mit 100.000 Mitgliedern in den im Reichsrathe vertretenenLandern organisirt waren. Die meisten, und zwar grosstentheils nach dem Scbulze-Delitzscb’schen Systeme in der neuesten Zeit begriindeten, bestehenin Biihmen namlich 220 mit 76.000 Theilnehmern. Diese Vereine baben den Zweck, ihren Mitgliedern Darlehen, in der Hegel verzinslieh von 4 bis 6 Pereenten zu gevvaliren. Das Capital (und Reservefond) wird durch monatlicbe Einlagen der Mitglieder, dann dureli unverzinslicbe oder woblfeile griissere Darlehen von Ehrenmitgliederu gebildet. Diese Vorschuss-Cassen gehoren in der Regel dem kleinen Gevverbestande oder der Haus-Industrie an. Der bedeutendste dieser Vereine, der „Fels“ in Wien arbeitet mit einem Fonde von nahezu l'/a Million. In Bohmen finden sieh selbst in kleinen Stiidten derlei Vereine, welche Fonde von bis 1 Million besitzen. Ich babe nocb Vereine zu erwahnen, welehe in geringerer Ausdebnungbestehen, aber gewissermassen als Vorschuss-Vereiue fungiren, das sind die Pfandleih-Vereine. Diese Cassen, deren 10 in Bohmen und Miihren bestehen, geben Vorschiisse aufFaust-pfiinder. Die Pfandleih-Anslalt in Wien ist eine Actien-Gesellschaft; da sie nicht auf den Principien der Gegenseitigkeit berubt, gehiirt sie nicht in diese Kategorie der wirthschaftlichen Vereine. Ich babe noch zwei Gattungen von Vereinen zu erwiihnen, die bis zum Schlusse des Jabres 1867 noch wenig Boden in Oesterreich gevvonnen hatten; es sind dies die Rohstoff- und Productiv-Vereine, welche durch Einzahlungen der Mitglieder ein Capital zur Anschaffung des Arbeitsmateriales im (Jrossen bilden, theil-weise auch den Verkauf der Producte gemeinschaftlich besorgeu lassen. Ausserordentlich zahlreich und vielgestaltig sind die Wo hi th ati g k eits-Vereine; ich muss micli darauf beschranken, einzelne dieser Vereine je nach Zweck und Organisirung hervorzuheben. Zur Unterstiitzung von Armen und Ililfsbediirftigen iiberhaupt standen zuEnde 1867 im Ganzen 142 Vereine mit mehr als 40.000 Mitgliedern in Thatigkeit. Davon sind vor Allem die Vereine zur Unterstiitzung der Hausarmen, welche von ihren Mitgliedern regelmiissige Beitrage einsammeln, zu erwahnen. Diese Vereine bestehe n neben (len Armen-Instituten durchvegs in (len grosseren Stadten; sie verdanken ihre Entstelmng nicht erst der neuen Zeit, sondern datiren vielfach schon aus dein vorigen Jahrhunderte. Daneben bestehen Vereine, welche mit der Unterstutzung der armenKinder sich befassen, indem sie fiir dieselben dasScliulgeld bezahlen, oder den-selben Schulbiieher und Kleidungsstiicke kaufen. An den Universitaten z« Wien und Prag finden sich Vereine, deren Zvveck es ist, arme Studirende wahrend ihrer Stu-dien zu unterstfltzen. Endlieli bestehen Vereine, vvelche sich die Fiirsorge fiir die Witwen nnd Waisen von Kriegern zurAufgabe gesetzt baben. Zwei grossere solcher Vereine bestehen in Wien: der Verein zur Unterstutzung der Hinterlassenen der in Mexiko Gefallenen und der patriotische Hilfs-Verein fiir verwundete Krieger. In der Regel \verden bei diesen Vereinen die Einnahmen, wie sie durch die Einzahlungen der Mitglieder eingehen, Jahr fiir Jahr verbraucht, auf Handbethei-lungen oder zu dauernden Unterstiitzungen verwendet. Docli linden sich auch einige Vereine, welche, seit langer Zeit bestehend, bedeutende Capitalien gesamraelt haben, so die Gesellschaft der adelichen Damen, welche (zur Unterstutzung der Hausarmen) Ende 1867 einen Fond von 340.000 fl.besass und der patriotische Hilfs-Verein, welcher, da die Einzahlungen der Mitglieder fortdauern, bis Ende 18(57 nahezu >/4 Million Gulden Capital angesammelt liat. Der Central-Armen-Unterstiitzungs-Verein inGratz, dessen Organ is irung schon in das vorige Jahrhundert fallt, besitzt an Gebauden und Werthpapieren mehr als eine Million Gulden. Fiir Familien, in welchen Vater und Mutter den Tag der Arbeit ausser llause vvidmen, daher ihre kleineu Kinder ohne Aufsicht, ohne Fursorge zu llause lassen, oder vielleicht unsicheren Nachharn zur Aufbewahrung uhergeben iniissen, sinil die Sauglingsbewahr-Anstalten (Crechen), wahre VVohlthatigkeits-Anstalten. Diese Crechen, welche in Osterreich erst seit dem Jahre 1847 in grosserer Zalil gegriindet wurden, sind meist von einzelnen Wohlthatern gestiftet, werden aber durch Vereine erhalten und stetig vergriissert; gegen Entrichtung einer kleineu Gebiihr, die in VVien kr. pr. Tag betragt, werden die Kinder den Tag iiber beaufsichtigt, bekommen in der RegeleinFruhstiick und ein Mittagmahl und werden Ahends von den Eltern abgeholt. Der grosste dieser Vereine besteht unter dem Titel „Central-Verein fiir Krippen“ in Wien, mit einem Fonde von cirea 80.000 H. Im Jahre 18(57 wurden 930 Kinder durch 71.600 Tage auf die angegebene Weise verpflegt. Solcbe Vereins-Crechen bestehen noch zu llainburg, Gratz, Prag und Kuttenherg. Fiir iiltere Kinder bestehen Kleinkinderbevvahr-Anstalten, welche gleichfalls von Vereinen erhalten werden; von densellten als humanitaren Anstalten tur Fabriks-arbeiter durch die Arbeitsgeber erhalten, babe ich frilher gesprocben. Sie unter-seheiden sich von den Krippen dadurch, dass bei ihnen durch angestellte Lehrer ein Grund fiir die weitere Ausbildung des Kindes in der Volksschule gelegt wird; es werden den Kindern in den Kinderbewahr-Anstalten niimlich die Grundziige des Lesens, Schreibens und Rechnens beigebracht. Diese Anstalten finden sich in Wien und in allen Kronlands-Hauptstadten, aber auch in klcineren Stadten und zwar in einer Anzahl von 38 mit 4.620 Mitgliedern in den im Reichsrathe vertretenen Landern. Endlicli hestehen Vereinc, um kranke Kinder, die einer sorgsamen Pflege bedurfen, iu besonderen Spitalern unterzubringen. Audi hier steht Wien an der Spitze mit einem Kinderspitale, welclies als einc Central-Anstalt zu betrachten ist, nach dessen Muster mehrere andere gegriindet worden sind. Die erste Anstalt dieser Art ist das St. Anna-Kinderspital in der Alservorstadt. Der Verein zur Erhaltung dieses Spitales ziihlt 203 Mitglieder, welche Ende 1867 mit Einrechnung der Zinsen des dem Spitale eigentbiimlichen Fondes 22.000 tl. eingezahlt hatten. Im Jahre 1807 wurden 1.1(53 kranke Kinder aufgenommen, und der Melirzahl nach der Genesung entgegenfuhrt. Das zweite grosse Spital dieser Art besteht zu Sl. Josef aul' der Wieden, wo 800 Kinder im Jahre 1867 Verpllegung fanden. Ausser den genannten Spitalern vverden solelie Anstalten zu Baden, zu Hall in Oberiisterreich, (1'iir skrophu-liise Kinder), zu Gratz, zu Laibach, Briinn und Lemberg von Vereinen erbalten. Andere Vereine (5 mit 658 Mitgliedern) baben sieli die Aufgabe gestellt, nicht sovvohl die Erzieliung von Blinden und Taubstummen iu die Hand zu nehmen, weil dafiir Staats- und Landes-Anstalten besteben, sondern erwacbsenen Taubstummen und Blinden Bescbiiftigung zu verschaflen. Von 62 Vereinen (mit 7.528 Mitgliedern), welcbe unter dem Titel „Sehul-und Bildungs-Vereine“ im Kataster zusammengefasst sind, haben die Erhaltung von Madchenschulen 12 Vereine mit 1.800 Mitgliedern zum Zvvecke. Der Best lallt zum griissten Theile jenen Vereinen zu, \velehe unter dem Titel katholische Gesellen-Vereine nicht nur in allen Landes-llauptstadten, sondern auch in den Provinzial-Stadten existiren, und in den Jahren 1854 bis 1860 gegriindet wurden. Der Zweck dieser Vereine ist ein dreifacher. Man wi11 die Gesellen vom Besuehe der Wirths-hiiuser und vom Trunke abhalten, indem man sie in einem Lesezimmer versammelt, \vo von Seite des Vereines den Gesellen eine Bibliothek zur Disposition gestellt wird. Nachdem diese Gesellen-Vereine unter kirehlicher Aufsieht und unter kirch-lichem Patronate stehen, beschranken sich diese Bibliotheken zumeist aul religiose Lehrbiicher. Mil diesen Gesellen-Vereinen ist eine Casse verbunden, in welche die Gesellen sehr kleine, die Ehrenmitglieder aber griissere Beitriige einzahlen, um daraus Gesellen, \velche olineArbeit sind, im Notbfalle eine Verkbstigung im Vereins-loeale, durchreisenden Gesellen ein Viaticum zukommen zu lassen. Als Humanitats-Vereine sind noch vveiters die Schutzvereine 1'iir vcrvvabrloste Kinder und 1’iir entlassene Striiflinge zu ervvahnen. Seit 1852 besteht ein Verein zum Schutze vervvahrloster Kinder, seit 1866 der Verein zur Unterstiitzung tur ent-lassene Straflinge zu Wien. Vereine dieser Art finden sich nocli in Gratz, Innsbruck, Prag (2) und Briinn. Endlicli sind noch als Humanitats-Vereine zu envahnen die Thierschutz-Vereine zu Wien, Gratz, Triest, Prag und Neustadt in Biihmen. Unter den Vereinen zur F o r d er u n g der gei s ti ge n C u I tu r sind vor Allem die Vereine zur Belorderung der bildenden Kunste zu nennen. Der unter diesem Namen im Jahre 1831 in Wien gegrundete Verein zahlte im Jahre 1867 942 Mitglieder. Ein zweiter im Jahre 1850 enlstandener Verein, der osterreichische Kunstverein, zahlte Ende 18(i7 1.400 Mitglieder. Der Zweck dieser Kunstvereine wird in der VVeisc zu erreichen gesuclit, dass Werke der bildenden Kunst zur Ausstellung gebracht, zum Theile angekauft und durcli Verlosung in das Eigenthum der Mit- glieder des Vereines gebracht werden. Ausser Wien wirkcn derartige Vereine noch zu Linz, Salzburg, Gratz, Triest, Prag, Krakau und Innsbruck. Naclist diesen die Forderung der Kunst, der Malerei oder der Bildhaucrei anstrebenden Vereinen ist der seit 1839 in Wien bestehende Ingenieur- und Architekten-Verein mit 839 Mit-gliedern, der Verein Baubiitte (216 Mitglieder) und die photographische Gesell-schaft in Wien mit 181 Mitgliedern anzufiihren. Viele Vereine zur Beforderung der Musik bestehen seit dem vorigen .labr-hunderte. Der iiIteste Verein dieser Art, der zu Prag 1798 gegriindete Verein zur Beforderung der Tonkunst ziihlte im Jabre 1867 400 Mitglieder. Ausser der Gesellschaft der Musikfreunde in VVien mit 872 Mitgliedern bestehen bier noch mehrere Vereine fiir Kireheiimusik. Nicht allein die Landes-Hauptstadte, sondern auch viele kleinere Stadte besitzen solche Vereine. Hervorzuheben ist als Grunder des Mozarteums der Dommusik-Verein zu Salzburg, welcher 500 Mitglieder ziihlt. Anschliessend an diese Vereine muss ich die seit dem Jabre 1840 anfiinglich oline bebordliehe Concession, entstandenen Mannergesangs-Vereine erwahnen, welche sicb die Pflege der friiher beinahe ganz vernachlassigtcn Vocalmusik zur Aufgabe gestellt und in der neuesten Zeit eine grosse Ausbreitung gefunden liaben. Es bestehen in den im Beichsrathe vertretenen Landern 505 solche Mannergesangs-Vereine mit 33.200 Mitgliedern. Bohmen steht auch liier an der Spitze, da auf das-selbe 244 solche Vereine mit 13.200 Mitgliedern entfallen, und fast jedes Stiidtchen im Erz- und Riesengebirge einen Mannergesangs-Verein aulzuvveisen hat. Zumeist wird der im Jabre 1843 gegriindete VViener Mannergesangs-Verein als der alteste Verein dieser A rt in Oesterreich angenommen. Es ist das nicht richtig, denn es bestand zu dieser Zeit schon der Mannergesangs-Verein zu Waidholen an der Ybbs. Zu Linz wurdel845, zu Gratz 1846, zu Salzburg 1847 je ein solcher Verein gebil-det; die meisten datiren jedocb aus den Jabren seit 1850. Vereine zur Erreichung theils allgemeiner, theils politischer Bildung bestehen unter dem Namen Lese- und Bibliotheks-Vereine in der Gesammtzahl von 247 mit 21.000 Mitgliedern. Theils vvissenschaftliche Werke von grosserem Umfange, theils periodisehe Blatter werden im Vereins-Locale aufgelegt oder sonstvvie den Vereins-Mitgliedern zur Disposition gestellt. Nicht Bohmen, nicht Nieder-Oesterreich, sondern Mahren steht in dieser Richtung mit 93 Vereinen und 4.900 Mitgliedern an der Spitze. Der alteste Verein dieser Al t ist der bekannte, an der politischen Bevve-gung des Jahres 1848 lebhaft betbeiligte juridisch-politische Lese-Verein in Wien, vvelcher 1841 gegriindet worden war. Die Stenographen-Vereiue baben ihre Entstebung erst der neuesten Zeit, nainenllich der Zeit der constitutionellen Entwicklung zu verdanken. Im Jabre 1849 wurde der Central-Verein der Stenographen des osterreichischen Kaiserstaates gegriindet, der gegenwartig225 Mitglieder zabit. Anderwarts bestehen Slenographen-Vereine nur in den Kronlands-Hauptstadten, wo die Landtage vcrsammelt sind. Weiters sind jene Vereine zu enviihnen, welche die Anbahnung von Reformen in gewissen Kreisen sich zur Aufgabe stellen, \vie die Vereine, \vi!lche von den Leh-rern an den Volksschulen und den Miltelschulea in Wien gebildet wurden. Derlei Vereine bestehen in den im Reichsrathe vertretenen Liindeni nur 6 mit 823 Mit-gliedern. Endlicli muss der in allerneuester Zeit entstandenen Vereine tur Arbeiter-bildung gedacht vverden. Im Jahre 1867 bestanden deren nur 3, zwei zu Wien mit 1.200 Mitgliedern und einer zu Prag mit GOO Mitgliedern. Zu den Vcreinen, welche sich die Ausbildung der korperlichen Gewandtheit zur Aufgabe stellen, gehiiren die Turn-, Feclit, Ruder-, Eislauf-, Seliiitzen- und Wehr-Vereine. Ruder- und Eislauf-Vereine bestehen 4, und zwar in Wien und Briinn. Fecht-Verein besteht einer in Wien mit 10 Mitgliedern. Zahl-reicher sind die Turn- und Schiitzen-Vereine. Turn-Vereine bestehen 134 mit 18.780 Mitgliedern, wovon in Bohmen 71 Vereine mit (j.800, Niederosterreich 1(5 Vereine mit 6.700 Mitgliedern. Schiitzen-Vereine, wobei aber zu bemerken, dass die Schiitzen-Vereine von Tirol hier nicht nachgewicsen sind, werden 179 mit 11.132 Mitgliedern nachge-vviesen; davon kommen auf Bohmen 66 Vereine mit 8.600 Mitgliedern, auf Oester-reich unter der Enns 38 Vereine mit 1.288 Mitgliedern. Sehrzahlreich finden sich jene Vereine, welche dieVerbreitung des gesel-ligeu V ergniigens sich zur Aufgabe stellen. Resourcen undCasino’s bestehen202 mit 22.000 Mitgliedern. Audi hier findet sich vviederBiihmen au der Spitze; ihm zu-nachst kommt Mahren und erst in dritter Beihe Oesterreich unter der Enns. Andere Unterhaltungs-Vereine kennt man gewohnlich unter dem Titel Geselligkeits-Vereine; sie bestehen meist nur inVVien und Prag. Da, wo solche Vereine einen Boden finden, stellen sie sich zur Aufgabe, durch musikalische und declamalorisclie Vortrage, sowie durcli Arrangeinent von Tanzkranzchen ilire Mitglieder zu unterhalten. Solche Vereine bestehen in Wien 27 mit 3.829 Milgliedern, in Bohmen 20 mit 1.682 Mitgliedern. Als Curiosum will ich erwahnen, dass Aussig 7 solche Vereine zahlt, freilich jeder mit einer geringen Anzahl von Mitgliedern. Es gibt dort eine Concordia, Bomania, Flora, Aurora, Fortuna, Alliance und einen Frohsinn. Wir kommen nun zu der Gruppe vonVereinen, welche die Association des Capitals zur Erreichung gr os s er er wirthschaftlicher Zweeke ver* mitteln. Herr Regierungsrath Professor Schaffle bat bereits liber die Bedeutung dieser Anstalten im Vergleiche zu den Einzelunternehmungen gesprochen, es kann daher meine Aufgabe nur sein, Ihnen die Statistik dieser Geld-Association vorzufiihren. Nachdem ich bereits von den Versichcrungs-Vereinen, denLebens- und Brandschaden-versicherungs-Vereinen gesprochen babe, welche auf Wechselseitigkeit bcruhen, kommen noch jene Vereine zu ervviihnen, welche auf die Einzahlung von fixen Prti-mien gegriindet sind, bei welchen das von den Actionšireu hinterlegte Capital den Versieherten Biirgschaft leistet fur die von der Gesellsehaft iibernommenen Ver-pfliehtungen. Solche Lebensversicherungs-Gesellschaften sind 1867 u. z. in Nieder-Oesterreieh zwei nachgewiesen, der Anker und der Gresham. Beide zusammen haben ein von Actionaren sichergestellles Capital von 2 Millionen Gulden. Brand- und Hagelversichcrungs-Gesellschaften bestehen in Nieder-Oesterreich zwei miteinem Actien-Capilale von 1,600.000 11., namlich die Gesellschaften Phonix und Donau, in Triest drei Gesellschaften mit eincm Actien-Capital von I 2yi0 Mil-lionen. In Triest bestehen weiters 15 Versicherungs-Gesellschaften fiir Sceunfalle, fiir Havarien mit einem Capitale von zusammen kaum 3 Millionen. Ausserdem besteht noeli eine Versicherungs-Gesellschalt fiir Uiifiille zur See in Zara mit einem Capitale von 300.000 tl. Fiir Hypotbekar-Versicherungen, d. h. zur Versicberung des auf Hypotheken angelegten Capitales besteht in Wien die Gesellschaft Vindobona mit einem Anlage-Capital von 1 '/3 Million. Von Anstalten, welche die Fdrderiing des Credits durch Pfandgeschafte, Giro-geschiifte und Escomptegeseliiifte sicli zur Aufgabe stellen, bestauden zu Ende 1857 15 Banken und Credit-Institute mit einem Capitale von 1901/., Million Gulden in den im Heiclisrathe vertretenen Landern. Es sind diess: die National bank, dieBoden-credit-Anstalt, die Escompte-Anstalt, die Anglo-osterreichische Bank, die Credit-Anstalt fur llandel und Gewerbe, die Pfandleih-Anstalt in Wien; in Sleiermark haben wir zwei solehe Anstalten: die Pfandleih-Anslalt und die Escompte-Anstalt zu Gratz; eine Escompte-Anstalt zu Laibaeh; eine Commercialbank zu Triest; die Hypothekenbank, und die Escomptebank zuPrag, dieEscomptebank zu Warnsdorf, die Escomptebank zu Briinn und der galizisch-standische Credit-Verein zu Lemberg. An Gesellschaften zur Erhauung und zum Betriebe von Eisenbahnen sind 20 mit einem Actien-Capitale von 487»/,„ Millionen Gulden nachgevviesen. Als Actien-gesellschaften fiir Schiflsverkehr sind die Donau-Dainpfschiirfahrts-Gesellschaft in Wien (Anlage-Capital 22 Millionen Gulden), die Worthersee-Dampfschifffahrts-Gesellschaft, dieLloyd-Gesellschaft zu Triest (Anlage-Capital 9 Millionen), dieSegel-schifffahrts-Gesellschaft und dieDampfschifffahrts-GesclIschaft zu Prag aufzufiihren. Zur Erhaltung von Badern bestehen 15 Actien-Gesellschaften mit eincm Gesamint-Capitale von 3 Millionen Gulden. Von den vier in Wien belindlichen Gesellschaften, welche ein Actien-Capital von 1,300.000(1. besitzen, liebe ich hervor die Sofienbad- und Dianabad-Actien-Gesellschaft, endlich die Gesellschaft fur das Bad in Pyrawath. Eine besonders wichtige Gattung von Associationen bilden jene, welche Capitalienvereinigen, urn sie derindustriellenProduction zuwidmeu. Es sind 58solehe Vereine nachgevviesen mit einem Actien-Capital von 44 Millionen Gulden. Die wieh-tigsten derselben sind: die Actien-Gesellschaften zur Ausbeutung von Bergwerken, und fiir die Gevvinnung von Kohle und Schiefer (10 mit einem Actien-Capitale von 14 '/2 Million), die Bierbrauerei-Aetien-Gesellsehaften (4 mit einem Actien-Capitale von 2 '/o Million Gulden zu Schellenhof, H utteldorf und Brunu, dann zu Triest), die Gesellschaft fiir Erzeugung chemischer Producte (zu Aussig mit einem Capitale von I Million Gulden), 4 Dampfmiihl-Actien-Gcsellschaften(2zu Wien, zuTriest und zuSmichow), die Actien-Gesellschaften (4inNiederostcrreieh, 2 inMahren) zum Betriebe von Zeug-hiitten. Gasheleuchtungs-Actien-Gesellschaften bestehen (ausser der englischen Im-periaI-Contineutal-Gas-Association)zwei in Nieder-Oesterreich (zu Wien und VViener-Neusladt). DiePorzellanfabrik zu Prag, dann 4 Papicr-FabrikcnzuKlein-Neusicdl und Pitten in Nieder-Oesterreicli, zu Hcinricbstlial inlliibmen und zu Ilelleseliau in Miiliren werden von Actien-Gesellschaften betriebeu. Baumvvoll-, Schafwoll- und Flachsspinncreien wcrden in grosserer Zalil von Actien-Gescllscbaften betriebeu, und zwar inNieder-Oesterreich zu Teesdorf, Truman und Viislau, in Biihmen zu Schlan und Tetseben, in Miiliren zu Heidenpiltsch, Fried-land und Sehonberg, in Selilesien zu Freudenthal und Licbtenwerda. Zuckerfabriken, durch Actien-Gesellschaften betrieben, besteben 0 in Bulimen, 5 in Miiliren, 1 in Selilesien und 1 in Galizien. Weitere drei Actien-Gesellscbaften sind liier noeli anzufiiliren, niimlicb: die Gesellscliaft zur Erzeugung von Tliiiren und Fenstern in Wien, die Aotien-Gesell-scliaft zum Betriebe einer Druckfabrik in Neusiedl, und cine Actien-Gesellscbaft fiir den Schiffbau in Dalmatien zu Orabicli. Zur Erbauung und zum Betriebe von Eisenbahnen, zum Betriebe der Dampf-scliitffabrt fiir Versicliei,ungswesen, sowie fiir Credit-Anstalten war zu Ende des Jalircs 1807 cin Actien-Capital von 730 Millionen und an Prioritaten 428 Millioncn, daher zusammen 1.212 Millionen Gulden angelegt. Die erwahnten Actien-Gesell-sebaften fiir industrielle Production endlicb besitzen cin Anlago-Capital von 43 Millionen Gulden. Da die giinstigen Handels- und gcvverblichen Verbiiltnisse der Jalire 1807 und 1808 cine ausserordentliclic Vermclirung der Anlagen von Capitalien in Industrie, Verkebrs-Anstalten und Bankcn nach sicli gezogen liaben, so darf das zu Ende des Jalircs 1808 in Oesterreicli zu Productions- und Verkelirszwecken associirte Capital mit mindest 2.000 Millionen Gulden vcransclilagt wcrdcn. Zum Selilussc innss icli, nachdem icli von dem Besteben der Vercine am Seblusse des Jalircs 1807 gcsproclicn habc, mitthcilen, dass im Jalire 1808 inFolge des neuen Vcreinsgesetzes cin ausserordentlichcr Aufscliwung im Vereinswescn stattgefunden bat. In Steicrmark, Kiirnten und Krain sind im Jalire 1808 81 Vercine mit 9.S00 Mitglicdcrn neu entstanden; aufgelost liaben sicli 7 klcinere Manner-gesangs-Vereine am flacben Lande mit 523 Mitglicdcrn, dalier sicli in diesen drei Liindern allein im Jahrc 1808 die Zalil der Vercine um 74, die Zalil der Mitglicder um 9.000 vermelirt bat. Statist. Mittheil. XVI.Jahrg. 1. Heft. 7 . . - Publicationen der k. k. s(a!istischcn (enlral-Commission und k. k. Direclion far administrative Statistik in Wien. —*vf — Tafeln zur Statistik der dstorroichischon Honarchie: XV. Jahrgang, 1S42, 1 Band. 4 11. 40 kr. XVI. „ 1848, 1 „ 4 «. 40 kr. XVU. „ 1844, i „ 4 A. 40 kr. XVIII. umi XIX. (Doppeljabrgang), 1845 umi 184li. 2 lliinde. II fl. 05 kr. XX. umi XXI. „ 1847 „ 1848, 2 „ 5 fl. 80 kr. Neue Kolpo: Band I. (Die Jahre 1841) bit 1851 umfagsuiid), in 9 lleften. 8 II. „11. „ „ 1852 „ 1854 „ „ 9 „ II fl. „ III. „ „ 1855 „ 1857 „ „ 9 „ 12 fl. «0 kr. „ IV. „ „ 1858 und 1859 „ „ 8 „ 8 fl.' 40 kr. „ V. „ 1800 hi« 1865 „ l.lleflSOkr., 3. Heft 1 D. 40 kr., S. Heft 8 «. 40 kr. MIttheilangen aus dem Gebiote der Statistik: I. J a h r g ii n g-, i n 4 H c f t e n: 1 fl. 40 kr. 1. Heft. Ueberaichtatafeln zur Statistik «!cr osterreichisehen Monarchie 1848—1851. 40 kr. 2. „ Die osterreichischen Eisenbahnen 1850. 20 kr. 3. „ Die Dampfraaschincn Oesterreichs 1851. 20 kr. 4. „ Die hoheren Lehranstalten und Mittelsehulen Oeaterreicha 1851. 60 kr. II. J a h rg ang, in 4 lleften: (Vergriffen). III. Jahrgang, in 8 Heflen: 2 fl. 40 kr. 1. Heft. (Dr. A. Ficker.) Landvvirthschaft und Montan-Industric der Buko\vina 1851—1852. 20 kr. Z. „ Be\veguug der Bevttlkeruug in Oeaterreich 1851. 20 kr. 3. „ (A. Debrautt.) Gewerblichc und coiumerzielle ZuatKnde Spaniens. 40 kr. 4. n Ruhenzucker-Fabrication in Oesterreich 1851—1853. 20 kr. 5. „ (A. Debraur..) National-tfkonomische Zustande Portugals. 20 kr. 0. * (A. Debrauz.) „ „ M Marokkoa. 20 kr. 7. „ (Freiherrv. Cioernig.) Ergebnisac de« Strassen- u. Wasaerbauei in Oesterreich 1830—1853. 40 kr. 8. „ (Frciherr V. Cioernig.) Betrieb der oaterreichischen Staats-Eisenbahnen 1853. 60 kr. (V. Jahrgang, in 6 Heft en: 2 fl. 1. Heft. (Dr. A. Ficker.) Skizze ciner Geaehichte des k. k. atatistischen Bureau’a. 20 kr. 2. „ Uebersichtstafeln der Statistik Oeaterreicha 1851—1855. (Land und Bevrohner, Orgaoiamns der Staataverwaltung.) 20 kr« 3. „ Ueberaichtatafeln der Statistik,Oesterreich* 1851—1855. (Landvrirthachaft, Berirbau, Indnatrie. Mandel.) 40 kr. 4. „ (Dr. A. Ficker.) Verlinderung in der Gliederung der politiachen Behfirden 1848—1855. 20 kr. 5. „ Ueberaichtatafeln der, Statistik Oesterreich« 1851 — 1855. (Nationalbank, Verkehrsanslaltrn geistigo Cultur.) 40 kr. C. „ (Frciherr T. Cioornig.) Betrieb der oaterreichlachen Staata-Eiaenhahnen 1854. 60 kr. V. Jahrgang, in 4 lleften: 2 fl. 40 kr. 1. Heft. (Y. Streffieur.) Slraascn-Statiatik des oaterreichischen Kaiaerataatea. (Karaten.) 1 fl. 2. „ Ueberaichtatafeln der Statistik Oeaterreichs 1851—1855. (Ciril- und Strafrechtapflegc* Staats- haubhalt.) 60 kr. 3. „ (J. Knssiwall.) Eiaen-Industrie ron Karnten 1855. 60 kr. 4. n (J. Kossiwu!l.) Eiaen-Industrie ron Krain 1855. 20 kr. VI. Jahrgang, in 4 Heflen: 2 fl. 20 kr. 1. Heft. (Dr. A. Ficker.) Verauderungen in der Gliederung der JustizbehSrden 1848—1857. 4» kr. 2. „ Iniluatrie—Statistik der osterreichischen Monarchie, (SUinwaaren, Thon-u. Glas\vaaren.) 60 kr. 3. „ (Dr. A. Ficker.) Die dritte Versammlung des iuternat. Coogreaaea fflr Statistik in Wien 1857 40 kr. 4. „ (Frciherr v. fioernig.) Betrieb der daterreichiachen Staata-Eiaenhahnen 1855—1856. 80 kr. Vil. Jahrgang, in 4 lleften: 1 fl. 60 kr. 1. Heft. (G. Scliimnier.) Statistik der Lchranstalt<*n des flsterreichiachen Kaiserstaates, 1851—185", (Uuircraitfiteu und anderc hohere Lehranstalten.) 40 kr. 2. „ Industrie—Statistik der Ssterreichischen Monarchie. (Maachinen.) 20 kr. 3. „ (Frciherr V. fineruig.) Betrieb der ffsterreichiachen Staata-Eiaenbahnen 1857—1858. 60 kr. 4. „ (G. Schimmcr.) Statistik der Lehranatalten dea tiaterr. Kaiaerataatea 1851—1857. (Mittelaehultn), 40 kr. Jahrgang, in 1 Heft: (J. Russiwall.) Eiaen-Industrie in Steieriuark 1857. 1 fl. 40 kr. TX. Jahrgang, in 3 lleften: i fl. 20 kr. 1. Heft. (Freiberr v. Cioernig.) Statiatisclie Darstellung der Vertheilung de« Grundbeaiue« im Besirb« Windiachgratz. 40 kr. 2. „ loduatrie-Statiatik «1er oaterreiehisehen Monarchie. (Chemische Producte.) 40 kr. 3. „ SchiiTfahrt and Seehandel 1858—1839. 40 kr. X. Jahrgang, in 4 Heften: 1 fl. 40 kr. 1. Heft. SchiiTfahrt und Seehandel, 1860. 20 kr. 2. „ Verhiiltniaae der Industrie, der Verkehramittel und de« Mandela 1850—1860. 40 kr. 3. „ Verhandlungen der k. k. statiatisohen Central-Commiaaion 1863. 40 kr. 4. „ Bergwerksbetrieb im Kaiserthume Oeaterreich 1862. 40 kr. XI. Jahrgang, in 4 Heften: 1 fl. 40 kr. 1. Heft. Da« ttaterreichiache Budget 1864, nach dein Finanigeaetze vom 29. Februar 1804. 20 kr. 2. „ Die Dampfmaschinen in Oeaterreich 1863. 40 kr. 3. „ Bergwerkabetrieh im Kaiaerthume Oeaterreich 1863. 40 kr. 4. „ Verhandlungen der k. k. atati«ti«chcn Ceutral-Curomiaaion 1864. 40 kr. XII. Jahrgang, in 4 Hefteo: 2 fl. 1. Heft. Die ateuerpflichtigeu Gewerbe de« (iaterr. Kaiserstaate« 1862. (I. lndustrial-Gewerhe.) 60 kr. 2. „ Bergwerkabetrieh im Kaiserthume Oesterreich 1864. 60 kr. 3. „ Verhandlungen der k. k. statistiachcn Central-Commiaaion 1865. 40 kr. 4. „ Die ateuerpfliehtigen Ge\rerl>e de« iisterreich. Kaiaeratante« 1862. (H. Commerzial-Gewerbe.) 40 kr. XIII. Jahrgang, in 4 Heften: 2 fl. 1. Heft. Bergwerk«betrieb im Kaiserthume Oeaterreich 1865. 60 kr. 2. „ Bewegung der Bevolkerung im KSuigreiche Ungarn 1864. 40 kr. 3. „ Verhandluugen der k. k. atatiatiachen Central-Comraiaaiou 1866. 40 kr. 4. n SchiiTfahrt und Verkehr auf der Donau und ihren NebontlUaaen im Jnhre 1865. 60 kr. XIV. Jahrgang, in 4 Heften: 1 fl. 80 kr. 1. Heft. Verluate der k. k. Annee 1866. — Landlagswahlen 1867. — Bewegung der Bevtilkeruug iu Siebenbtirgen 1864. 40 kr. 2. „ Verhandluugen der k. k. itatistiachen Central-Commiaaion 1867. 40 kr. 3. „ Bergwerkshetrieh im Kaiaerthume Oeaterreich 1866. 60 kr. 4. „ (G. Scliimnicr.) Mortalitat und Vitalitat der ttalerreiohiachen Monarchie 1828—1865. 40 kr. XV. Jahrgang, in 4 Ilefteu: 2 11. 40 kr. 1. Heft. Darstellung der Realitiitemverthe, 1866. 60 kr. 2. „ Oeaterreichiache Eiaenbahnen. — Bodenpreiae. — Lehr- und Erziehunga-Anatalten. 40 kr. 3. n Verhandlungen der k. k. atatiatiachen Central-Commiaaion 1868. 40 kr. 4 4. „ (l)r. A. Ficker.) Die Vdlkerstiimnie der uaterr.-ungarischen Mpnarchie. 1 fl. J (Krciherr v. Czoernig.) Statistisches Handbiichlein fttr die <>sterreiohische Monarchie. 40 kr. Cebersichtstafeln zor Statistik der Osterreiohischen Monarchie (tir dio Jnhre 1861 und 1862. 1 fl. 60 kr. statistisches Jahrbuch der osterreichisohen Monarchie. 1863—1867. a i fl. no kr. Ausweise iiber den auswtirtigen Handcl der dsterreichisohen Monarchie: XXII.—XXVIII. Jahrgang (1861 — 1867) h 1 fl. Debersichten der Waaren-Ein- und Ausfuhr: Jahrgang 1863—1868, Ji 40 kr. (Freihorr v. iiocrniR.) Ethnographie der Osterreichisohen Monarchie. 3 Btinde, 1855—1857. 4 fl. 50 kr. I. Band, 1. Ahtheilung. Allgemeiner Theil. Oeaterreich unter der F.nn«. 1 fl. 50 kr. II. und III. Band. Ungarn, Kroatien und Slavonien, 8iebenbfirgen. 3 fl. Kthnographische Karte dor osterreiohisohen Monarchie. GrSasere Auagabe in 4 Bliittern, 1855. 12 fl. p' Kleincre Auagabe in 1 Blatt, 1857. 4 fl. (Frclherr ▼. Cioeroig.) Das ftsterreiohische Budget flir 1862, in Vergleichung mit Jenen der vorziiglicheren anderen curop&ischen Staaten. 2 Bunde, 1862. 2 fl. Statistisohes Handbiichlein des Kaiserthumes Oesterreich 1865. so kr. 186«. 50 kr.