Narodua in univerzJtetna knjižnica __________ vLjubljani___________ '^36119/ WM Die ^WWD^^W Grsterrcich-NnlMnZ in wort und Nild. eben von Vr. Friedrich Nnllanft. VNI, Vmid. » Die ^Narkgrafschaft M ähre n. ^ Mil zaljlkticliciu HWildunflNl M 'ill ^^Vt^'!!^!'!!^. iGEOGMfflEl .d: '' ■■"lii-Ti-l1 :■' l' ■■' ' , i iiillililiil'llliiliiläi&i!]! TB1 N I kunsi: I 1: 1 Verlag von Carl Gracjer. , ---------- —^ e^S J Die Hander Oesterreich Ungarns in Wort und Vild. Herausgegeben von Prof. Dr. Lriedrich Umlauft. Dlc Marltgrafschafr Mährcn. Geschildert von Vc. Ä^ca Zmoilc. Mit zahlveichc» Abbildungen und einem Tttclbildc in Fcn'bendruck. Wicu i33i. O erlag von Carl Graeser I. walfischglisse 6. BRUNN. Verl.iff von Carl Gr.ieser in WK'ii. Die Markgrasschaft MWM Geschilden von Dr. Leo Smollc, l. t. Gymnasial-Professor in Vriinn. Mit zahlreiche» Abbildung«, und cinüm Titclbildc in Farbimdruck, Wien 188 i. Verlag vo:i Carl Graeser I. walfischgasse 6. + O Mähre»! lass darnin inich jnbelud preisen Als freie Schwester dich vom Böhmerland; Mag das auf seinen starken Löwen weisen, Du hältst den kühnen Aar in mnth'ger Hand: Nnr wenn ihn selbst die sicher'n Schwingen tragen, Kann er sich anf znm Soinienfener wagen. In deines Herrn nnd Kaisers Kroncnschümner Sei stets ein eigner schöner Edelstem; Dein Schild, das herrlich lichte, soll auf immer Der Eintracht Band, das Gluck d^'s Friedens sein. Und rnft die Zeit, in neuen Kampf zu gehen, Das Banner Östreichs soll zum Siege wehen. I. C. u, Wiefer, ^^//^/7<5 361191; >toinss Marl'lid, 8 Die MavkiMfschaft Mähven. auch auf die Bewohner Mährens ausdehnten, den Nümcrn furchtbar. Um die Mitte des zweiten Jahrhunderts nach Christi begann nämlich, durch das Vordringen der Slaven von Osten her veranlasst, ein so gewaltiger An^ drang germanischer Stämme gegen die Donaugreuze, dass die Römer zu den Waffen greifen und in dem gewaltigen Martomanucnkriege (161 bis 180) — es war dies der letzte Krieg, in dem die römische Kriegskunst gegen die Germanen theilweise siegreich blieb —dic Rcichsgrcnzc vertheidigen mussten. Noch länger als zwei Iahrhuuderte uach dieseu blutigen Kämpfen behaupteten sich die Markomannen und Quaden in Böhmen und Mähreu, bis auch sie iu deu Stürmeu der Völkerwanderung den Einfällen der Hunnen weichen mussten, die ihre verheerenden Scharen über die üppigen Triften Mährens wälzten. Schon aber waren auch slavische Völkerschaften über die Marken des Landes gcdruugeu und uach dem Znsammenbrnche des großen Hnnncnreiches ward Mähren der Tummelplatz verschiedeuer germani-scher und slavischer Stämme, bis uach dem Abzüge der Rngcu, die von der Wag bis zur Krems herrschten, nuter ihrem Könige Fava (oder Fele-theus), der kräftigste Stamm nuter den slavischen Völkerschaften, die in unser Kronlaud gedrnngen waren, unter dem Namen der Marahanen oder slavisch Morawer (soviel als Marchanwohncr) sich in den ausschließlicheu Besitz der Marchlaudfchafteu setzte. Wie fast alle Slcweustämmc waren sie seit den ältesten Zeiten Feldbauer, und so boten ihnen diese reichen Flurcu den günstigsten Boden; doch nicht lange erfreuten sie sich des ruhigcu Besitzes ihrer Felder, denn schon in der zweiten Hälfte des fcchsten Jahrhunderts dehnte das Ncich der beutegierigm Auarcu sich auch über die Grcuzen unseres Landes aus, bis der sagenhafte Franke (?) Samo (623—666) die Slaven vom Auareujochc befreite und ein großes Neich begründete, das aber noch schneller untergieng, als das Marbods und nach dem Tode seines Stifters in mehrere kleinere Fürstcuthümer zcr fiel. Ungestört konnten sich jetzt die Mährer unter ihren Patriarchalischen Fürsten dem Ackerban nnd der Landwirtschaft hingeben und schon ficng unter dem rnhmrelchcn Frankcnherrscher Karl dem Großen nnd seinen nächsten Nachfolgern der Einfluss des mächtigen Nachbarreiches au, sich geltend zu machen, indem die ersten dentschcn Glaubensboten die Christenlehre zu den heidnischen Mährern trugen, und in dem altehrwürdigeu untergegangenen Nelehrad, das später vorübergcheud die glänzende Hauptstadt des groß-mährischeu Reiches war, wie zu Vrüuu uud Olmütz wahrscheinlich schon damals christliche Kirchen entstanden^ Doch die Zwistigkeiten unter den schwachen Nachfolgern Karls des Großen, Lndwig dem Frommen und dessen Sühnen, bewirkten bald die völlige Selbständigkeit Mährens und seiner Thcilfürsteu, unter denen sich Moimar (oder Moimir), der zu Welehrad herrschte, bald zur höchstcu Macht emporschwang, iudem er die audcren Fürstcu zur Anerkcuuung selucr «HMichtl.'. 9 Oberherrschaft zwang und so der Begründer des großmährischen Reiches wurde. Welehrad (d. h. große Burg), in der Nähe des heutigen Ungarisch-Hradisch, wurde die Residenz d-er stolzen und prachtliebenden Köuige Großmährms: es war auch berufen, die Wiege des mährischen Christenthums zu werden. Hier erhob sich, die Ncbcnhügel, welche die weit ausgedehnte Stadt umträuz-ten, rings überschauend, die königliche Vnrg, hier der ^"^ prächtige Tempel des slavi^ schen Kriegsgottes Swaute-wit, zu desscu Dienste der heilige Schimmel Tag und Nacht gesattelt und gezäumt - in Bereitschaft stand. Er war ^, der Schutzgott der Weiubcrge , 1'^ ^' und der Feldfrüchtc. Ihnr zu „ ^ Ehren wurde jährlich unter dem Jubel des zusammen strömenden Volkes das nationale Erntefest mit großem Gepränge gefeiert. Doch sein und der übrigen Slavengötter Glanz verblich, als Moimirs Herrschast durch Ludwig den Deutscheu gestürzt wnrde nnd dcsscu Neffe Ratislaw oder Nostislaw dcu königlichen Thron zu Welehrad bestieg. Um Mährru auch iu kirchlicher Beziehung vom deutschen Reiche unabhängig zu machen, schickte dieser Fürst auf Anreguug feiner Gcmahliu Miloslawa im Jahre 563 eine Gesandtschaft an dcu Hof iu Vyzanz, um von dem oströmischen Kaiser Michael christliche Priester und Glaubensbotcu zu erbitten. Im Frühjahre des genannten Jahres kamen die beiden Slavcnapostel Koustantiu und Methodios, von denen der erstere bereits ein slavisches Alphabet zusammengestellt uud Theile der heiligen Schrift ins Slavische übersetzt hatte, uach Welchrad uud entzündeten hier die Leuchte des christlichen 10 Tie MarlMnfschnft Mähren. Glaubens, welche bereits schon früher im mährischen Lande aufgeflammt war, für immer. Sic bedienten sich sowohl bei dein Lesen der Messe, wie bei den sonstigen kirchlichen Bcrrichtuugm der slavischen Sprache und schufen dadnrch die slavische Liturgie. Konstantin weihte da, wo heutigen Tages dic von der Glorie nationaler Tradition umstrahlte Friedhofskapelle des Marktfleckens Welehrad steht, das erste christliche Gotteshaus im Banne der Königsburg ein, in welcher bald darauf der Vöhmcnhcrzog Boriwoy, der Gemahl der heiligen Ludmilla, getauft wurde. Viel mussten die beiden Brüder von den Feinden des Christenglaubens, wie anch besonders von den bairischen Glanbcnsbotcn, welche die slavische Liturgie uud Kirchenversassung befehdeten, erdulden, deshalb reisten sie schon im Frühjahr 8<;7 nach Rom, mn des Papstes Fürsprache nnd Entscheidung cinznholen. Damals war es, wo der sanfte, kränkliche Konstantin in ein Kloster zu Rom trat und den Namen Kyrillos annahm; er starb schon zwei Jahre darauf, während die kirchlichen Kämpfe, die in Mähren heftiger denn je ansgcbrochcn waren, den thatkräftigen Mcthodios noch mehrere Male veranlassten, nach Nom zn pilgern uud des Papstes Schutz anzuflehen, bis cr von diesem unter Bestätigung aller seiner Anordnungen znm Erzbischofc von Pannonicn nnd Mähren ernannt wnrdc. Doch Methods fürstlicher Gönner Rastislaw wnrdc bald von Ludwig dem Dcntschcn bekriegt nnd, von seinem eigenen Neffen Swatopluk verrathen, an Ludwigs Sohu Karlmann ausgeliefert, der ihu zu Rcgensbnrg blrudcn ließ nnd hierauf bis zn seinem Tode in klösterlicher Haft behielt. Doch Swatopluk, den Karlmann an die Spitze eines Heeres gegen die aufständischen Mährcr stellte, verband sich mit seinem Bolle gegen die Franken nnd der langwierige Krieg, den der kühne Empörer mit dem ostfränkischen Reiche führte, endigte schließlich mit der Anerkennung der Unabhängigkeit des großmährischen Reiches unter fränkischer Oberhoheit. Mit kräftiger Hand herrschte Swatoplnk über das weite großmährische Reich nnd bald änderte er anch die kirchlichen Verhältnisse desselben. Zwar war Swatoplnk anfangs dem Erzbischofc Method mit inniger Freundlichkeit zugethan, doch bald stimmten die zahlreichen Neider und Feinde des Apostels des Königs stolzen Sinn um und führten einen Anlass herbei, um Methodios vollständig in Ungnade zu briugen. Einst hatte Swatopolnk, als er mit glänzendem Gcfolgc anf die Jagd gezogen war, dem Erzbischofe die Weisung hinterlassen, mit der Messe anf feine Heimkehr zn warten. Als jedoch die Mittagszeit schon herangerückt nnd die Kirche mit Andächtigen, die des Messopfers harrten, gefüllt war, begann Method den Gottesdienst; gegen Ende desselben kam der König mit seinem Gefolge znr Kirchcnpforte geritten, und ergrimmt, dass man seinem Befehle zn trotzen gewagt, gab cr den Befehl, zu Noss ins Schiff der Kirche zu sprengen; erst an den Stnfcn des Altars hielt der lästerliche Zug! entsetzt Geschichte, 11 floh dcr messelescnde Priester: da sprach Methodios einen furchtbaren Bannfluch über den königlichen Frevler und sein gauzes Geschlecht aus. Grauenhaft sollte derselbe in Erfüllung gehen, deun nachdem dcr greise Slavcu-apostcl bald daraus gramgebengt verschieden war, sollte anch Swatopluk's nnd des ganzen großmährischen Nciches Herrlichkeit nicht lange mehr wahren, Swatopluk starb im Jahre tt94 nach einer unglücklichen Schlacht, geistig und körperlich gepeinigt, und nach schrecklichem blutigen Bruderzwiste, dcr nutcr dm Söhnen des verstorbenen Königs ausbrach, ward dao groß-mährische Nrich zugleich eine Bcnte der Vöhmcn nnd Ungarn, deren verheerende Naubzüge die Blüte des Bandes knickten. Das stolze Welchrad, dcr glänzende Fürstcn-sitz der Moünariden, ward im Jahre 904 zerstört, nnd nie wieder erhob sich die einst so blühende nnd volkreiche Stadt ans dem Schütte der Verwüstung. Swatobog, dcr letztc König Großmährcus, starb als Einsied-ler in einer rauhen Bergwilduis. ^iicht lange blieb Mähren im getheilten Vesitze dcr Böhmen und Ungarn; bald unterstützten Böhmens Herzoge die deutschen Fürsten, um den verheerenden Naubzügcn der Magyaren, deren Kraft aus dem Lcchfcldc gänzlich gcbrocheu ward, Einhalt zu thun und dcr Vöhmenhcrzog Volc^ flaw I. vereinigte ganz Mähren mit Böhmen, während sein Sohn Bolcslaw II. dnrch die Gründung des Bisthums Prag (973) Mähren auch in kirchlicher Vezichnng an Böhmen uud mittelbar ans dentsche Ncich knüpfte, denn das Pragcr Visthum nntcrstand dem Erzbischofc von Mainz. Mit den Pfemysliden, deren Scepter nuu über Mährcu hcrrschte, begiunt der Einfluss deutscher Cultur nud Verfassung im Niährcrlande zn wachsen und bald, besonders nntcr den späteren Fürsten dieses Hanfes, wcrdcn Scharen betriebsamer deutscher Colonistcu in das thcilweise entvölkerte Land gezogen; besonders das nordwestliche und nördliche Gebirge wird von den Deutschcu besiedelt uud nun schürfte dcr dcntsche Bergmann in dm gold-uud erzreichen Adern des Gesenkes nach den kostbaren Schätzen. Viele Namen von Dörfern und Flecken im nördlichen Mähren, wie Goldenstem, ferner das itonstllntiii und Mclhodios. 12 Tie Marlqrafschaft Mähren. alte Goldeck, später Altstadt genannt, u. s. w., dcntcn auf den einstigen Reichthum dieser Gegenden, wo nur selten mehr der Hammer des Bergmanns klingt, während setzt in den ärmlichen Dorfhütten der fleißigen Gebirgsbewohner unablässig das Spinnrad schnurrt nud die Spindel schwirrt. Mit der deutschen Colonisation zn den Zeiten der Premyslideu aber änderte sich gar bcild auch die ganze Verfassung des Bandes; Städte nach deutschein Nechte erstanden und die patriarchalische Verfassung der slavischen Gemeinwesen, die Eiutheilung des Landes in ^upen, wich bald gauz dem vom deutschen Reiche überkommeilen Leheuswcfen. Doch die Herrschaft der Prcmyslidcn in Mähren war im Anfange keineswegs glücklich; der tapfere Polenhcrzog Boleslaw Chrobri eroberte fast das ganze Land, bis der böhmifche Achilles, Vietislaw, die Polen ans Mähren vertrieb uud das Land aus der Hand seines Baters als Herzogthmn Mähreu erhielt. Eiugcdeuk der einstigen Größe und Macht dieses Landes soll Vrctislav Thränen vergossen haben, da er das stolze Welehrad in Trümmern, und alle heiligen Stätten frevelhaft entweiht sah: wohl mag er mit wehmüthigen Erinnerungen seinen Truuk aus dem Brunnen geschöpft haben, der im westlichen Walde bei Wclehrad hervorquillt und der noch jetzt das „Goldbrnnul" heisit, aus dem einst der ruhmreichste Köuig Groß-mähreus seinen Iagdbechcr gefüllt hatte. Als Vretislaw Herzog von Böhmen geworden, machte er feinen ältesten Sohn Spitihuöw zum Herzoge von Mähren, der zu OlmUtz seinen Fnrstcn-sitz aufschlug, und fortan blieb Mähren ein Vasallenlaud der böhmischen Großhcrzoge und ward zn einer Markgrasschaft gemacht, als Wladislaw, bisher Herzog von Zuaim, als Leheusfürst der böhmischen Krone mit dem Titel eines Markgrafen ausgestattet wurde. Die Erbfolgeordnung Vretislaws (vom Jahre 1054) bewirkte, dass die jüngeren Glieder des prcmyslidischm Hauses mit Theilfürsteuthümern in Mähren ausgestattet wurden: sie waren, obwohl Herzoge genannt, dem Markgrafen untergeordnet und herrschten zu Brunn, Olmütz, Luudenbnrg, Iaunntz: Orteu, die seit den ältesten Zeiten für die Geschichte des Landes denkwürdig sind: besonders erhob sich Olmütz, wo im Jahre 1l)l^> ein eigenes mährisches Visthum errichtet wurde, zum altehrwnrdigcn Mittelpunkte des ganzen Landes. Doch des Landes Blüthe ward nicht nur durch die unaufhörlichen Fehden der einzelnen Fürsten des prcmyslidischcn Geschlechtes, souderu vor allem durch dru furchtbaren Eiubruch der Mongolcnhorden gebrochen, die sich dnrch die Oderpfortc auf die blühenden Marchgcfilde stürzten, bis sie au den Maueru vou Olmütz der heldenkühne Iaroslaw von Sternberg anfs Hanpt schlug, worauf sich ihre zügellosen Schareu uach Uugaru wandten. Noch jetzt erzählt die Sage vou der entsetzlichen Noth eines Christenhäufleins am waldumkröntcn Gipfel des Hosteincrbcrgcs: wir wollen der Sage lauschen, wenn uns uusere Wanderung znm romantisch gelegenen Berge selbst führt. Oeschicht,'. 13 Brand und Verwüstung bezeichneten den Zug der asiatischen Nomaden; doch bald erhol, sich das Mährerland unter der Herrschaft des hochstrebenden ehrgeizigen Markgrafen Plcmysl Ottokar II., den die Deutschen den goldenen, seine Feinde aber den eisernen nannten. Ihm zttr Seite, als er anch .König von Böhmen geworden, waltete, segensreich für nnser mährisches Land, sein berühmter Kanter Brnno (Branu), Bischof von Olmütz, ans deutschem Orafcngcschlcchte stammend, der auch nach dem Stnrzc des Vöhmenkönigs, von Nndolf von Habsburg hochgeachtet, im Dienste seineiniscr sserdina>ld I, Jahrhunderts, unablässig im Dienste der Schule und dcr Aufklärung thätig war uud von dcm eine vollständige Reform dcs Ingendmtterrichts im Sinne der Auschauuug angebahnt wurde, uämlich Johann Amoö Comcuius. If) Tic Mavtssvanchaft Mäh«,,. Doch noch sind wir nicht in der Erzählung der geschichtlichen Ereignisse bis zn diesen Zeiten vorgedrungen. Noch musste die Markgrafschaft nach dem frühzeitigen Tode Albrechts und dessen nachgeborenen Sohnes Ladislaus die Einfälle des Nngarnkönigs Mathias Corvin über sich ergchen lassen, ehe nach dem Tode des ans dem mährischen Adelsgeschlechte der Kmistadt entsprossenen Georg Uon Podöbrad s14?1) und nach den Ereignissen, die anf denselben bis zur Schlacht bei Mohacs folgten, das habsbnrgische Fürstenhaus niit der Krolle Böhmens zugleich dauerud die mährische Markgrafschaft erhielt. Ferdinand I. gab dem Laude eine ncne Rechtsordnung, da das uon Ctibor von Cimlmrg zusammeitgestellte Tobitschaner Nechtsblich nicht mehr genügte. Aber nicht lauge währten ruhige uud geordnete Zustände im Lande, die unheilvollen Religionskriege warfen ihre Wogen anch nach Mähren. Doch bald wurde die Empöruug der mährischen Stände unterdrückt, besonders war es der Cardinal Franz Uon Dietrichstciu, Bischof von Olmütz, der mit eiserner Hand im Dienste seiner Kirche wirkte, Erst als die Stürme der aufständischen Bewegung und die unheilvollen Neligionskämpfe vorübergegangen waren, kounte die weise Sorgfalt nnd rastlose Regentcnthätigkeit, welche Habslmrgs Herrscher entfalteten nnd womit sie ihr ganzes weites Ländcrgcbict umfafstcu, anch für das mährische Land reiche nnd dauernde Früchte tragen. Aus den Tagen des Aufruhrs und Abfalls der mährischen Stände ragt die edle Gestalt des patriotischen Landeshauptmannes von Mähren Karls von /erotin, hervor, der unablässig thätig war, den Frieden zwischen Kaiser und Land herzustellcu, sowie vaterländische Sitte und Sprache vor dem Verfalle zn bewahren, wie sein berühmter Erlass, den er an den Magistrat von Olmütz gerichtet, beweist. Obwohl er in Böhmen (zn Brandeis 14. September 15 15). Seitwärts vom Hochaltare der Stadtpfarr-kirche zu St, Jacob befindet sich das schmucklose Grabmal des Vertheidigers dcr Stadt. Diese selbst erhielt von Kaiser Ferdinand lll. wegen ihrer Helden-müthigm Ausdauer das Vorrecht, in ihr Stadtwappcn den kaiserlichen Nameusbuchstaben ^. III. aufzunehmen, ein anzeichnendes Privilegium, dessen sie sich noch gegenwärtig bedient. Dem 30jährigen Kriege folgte allenthalben eine furchtbare Verwilderung der Sitten, die sich namentlich in einem finsteren starren Aberglauben äußerte; auch auf uuser Land, besonders auf die uördlicheu Gegenden desselben, senkten sich die schwarzen Schatten blinden Vorurtheils. Insbesondere war das liebliche Thal des Tesssiusses, in dessen waldumkränzte , mit Ortschaften übersäete Gefilde die ehrwürdigen Gebirgshäupter des Spieglitzor und Glatzcr Gebirges herabnickeu, der Schauplatz empören der Hexenverfolgnngcn, vor denen selbst die Diener der Kirche nicht gefeit waren, wie die Hinrichtung des gelehrten De chants Christoph Alois Lau tu er, beweist, dcr 1«!l^5 zu Müglitz nnter uugchcncrcm Volkszulauf lebendig vcr-brauut wurde. Doch diese sinstereu Zeiten wi-chcu endlich duldfaincrcn und edler-denkenden Iahrhnndertcn. Mähren fühlte sich bald unter der Regierung der habsbnrgischen Fürsten als Glied eines großen Ganzen, dem all' die Wohl-thateu eiucr geordneten Verwaltung und Rechtspflege, fowie uinsichtiger Förderung vou Kunst und Gewerbe, Handel und Industrie zu stattcu kamen. Besonders in letzterer Beziehung war die Regierung Kaiser Karls VI. von heilsamstem Einflnsse für das Land. Auf feine Fürsorge vor allein ist dcr Aufschwung zurückzuführen, deu die Tuchiudustrie iu unserem Kronlaude zu nehmen begann; bisher wnrden die Schäfer für ehrlos gehalten (wie die Abdecker), erst jetzt (1717) wnrdeu sie zu einer ehrlichen Handwerkerzunft vereinigt. Unvergesslich sind ferner für unser Kronland die Zeiten, iu denen die große Kaiserin Maria Theresia und ihr erleuchteter Sohn das Scepter führten. Alle Wunden, die die schlcsischen Kriege, der 7jährigc Krieg dnrch die wiederholten Einmärsche der feindlichen Trnppen dem Vande schlngcn, wurden durch die unermüdlichen, auf das Wohl und den Auffchwuug ihrer Länder Vm° ll«: Marlgraischast Mahrc». 2 Klir! UMI ^erotni. 1 K Tic Mcn'fgvafschaft Mähvr», gerichtctcu Bestrebungen der beiden genanuteu Herrscher bald geheilt. Der Zusammenkunft, welche Kaiser Josef II. mit Friedrich von Preusten im Feldlager bei Olschan am Ufer des Blattaflusses hatte, folgte bald der dauerudc Friede der beiden Staaten. Die Thätigkeit der edlen Kaiserin Maria Theresia uud ihres großen Sohnes war besonders auf Hebuug der Schule und der Volksbildung gerichtet und Mähren kann stolz fein, einen Mann nntcr seine Söhne zählen zu dürfen, dessen erleuchtetem Worte es vor allem zuzuschreiben ist, dass der letzte Nest dcs finsteren Mittelalters, die Tortur, abgeschafft wnrde. Sounenfels war es, in dessen Gegenwart Maria Theresia das Patent zur Aufhebung der peinlichen Tortnr unterzeichnete, nachdem die Kaiserin den beredten Worten des edlen Ncchtslehrers mit tiefer Rührung gelauscht hatte. Von des Kaisers Josef II., des unvergesslichen uud ruhmgekrönten Menschenfreundes auf dem Throne, Liebe zu dem Lande und seinen Bewohnern nnd der hohen Achtnng, welche dieser Monarch vor dem Vauerustaudc hatte, gibt auf mährischem Boden ein seltenes Denkmal beredtes Zeuguis. Auf dem Felde bei Slawikowitz, in der Nähe von Ncu-Naußnitz steht eine von den mährischen Ständen im Jahre Ift.'.i errichtete eherne Pyramide, die, anf mächtigem Qnadcrsockcl ruhend, an ihrer Spitze einen Adler mit stolz ausgebreiteten Schwingen trägt uud deren Inschrift eine der schönsten Thaten des Kaisers verewigt. Auf diesen: Acker war es nämlich, wo Josef II. einem ackernden Bauer den Pflug nahm, nm selbst eine Furche zu ziehen uud so deu Stand des Landmannes zu ehren. Die Zeiten Kaiser Franz I. brachteu über Mähren wieder schwere Kriegsheimsnchnng durch die Navoleonischen Feld^ügc; russische und französische Trnppcn durchzogen das Land; bei Austerlitz erdröhnte am 2. December 1^4 der Donner der Kanonen. Noch zeigt man im fürstlich Kaunitz'schen Schlosse dortselbst das Simmer mit den barocken Nococomöbeln, den kostbaren Gobelins und deu verblassten in schweren Goldrahmcn hängenden Bildern, in welchem Napoleon nach der siegreichen Dreikaiserfchlacht geschlafen hat; es ist dasselbe Prnnkgcmach, in dem auch Maria Theresia, Josef II. und Kaiser Franz übernachtet haben sollen. Der Frirdensobelisk anf dem Vrünncr Franzcnsbergc, dessen Hinter-grnnd ein schöner Porticns im griechischen Stile bildet nnd der in seiner würdevollen Einfachheit sich so wirkungsvoll vou dcu prächtigen Boskets des wohlgcvflegtcn Gartens abhebt, ist ein Zeugnis dankbarer Treue, womit die Bewohner der Landeshauptstadt nach der Beendigung der langwierigen französischen Kriege den geliebten Kaiser ehrten und seine segensreiche Fricdensthätigkeit anerkannten. Der Grnndstein zu dein schmuckrcichen Denkmal wnrde im Jahre 181.^ von dem damaligen Kronprinzen Ferdinand gelegt. So hat uns der Lauf der vaterländischen Geschichte bis nahe an unsere Tage geführt. Wem wäre wohl die Hcrrscherthätigteit unseres jetzt regierenden Geschichte. 19 allgeliebtcn Kaisers unbekannt! Zu Olmütz war es, wo am 2. December des Jahres 1848 im großen Saale des fürstersinschöflichcn Palais Erzherzog Franz Karl, der Vater des jetzt regierenden Mouarchen, nach Bcrzichtleistnug Kaiftr Josef II. auf die Thronfolge, die Krone seinem ältesten Sohne, Franz Josef I., übertrug. Stürmisch war der Beginn dieser Regierung, doch seinem erhabenen Losungsworte: „mit vereinten Kräften" getreu und alle seine Länder mit gleicher Is) Die Martssrafschaft ?^iähren. Liebe umfassend, schenkte Franz Josef denselben die Segnungen einer freiheitlichen Verfassung und im Vnnde mit den anderen Kronländcrn erstarkte anch Mährens innere Blüthe nnd der Wohlstand hob sich wie nie znuor. Ehe wir jedoch diesen erfreulichen Verhältnissen des Volkswohles, wie es sich in dem Aufschwünge von Gewerbe und Handel, von geistiger und materieller Cultur in so deutlicher Weise kundgibt, unsere Aufmerksamkeit schenken, wollen wir zunächst den Boden des Landes betrachten, auf dem all die denkwürdigen Ereignisse, die wir soeben betrachtet haben, sich abspielten. Zuvor noch sei im Anschlüsse an das Geschichtsbild des Landcswappcns gedacht. Unter Wenzel II. erscheint der geschachte mährische Adler znm erstenmale; seil den Luxemburgern ist der nach rechts schanendc, weiß nnd roth geschachte gekrönte Adler im blanen Felde das Landeswappen; Kaiser Friedrich IV. gestattete im Jahre 1462 den mährischen Ständen den gold- und rothgeschachteu Adler im blanen Felde zn tragen, der von da ab das eigentliche Wappen der Markgrafschaft blieb, doch hat sich das ältere Wappen noch im Gebrauche erhalten. Die Lcmdesfarben sind Gold, Noth nnd Blan. Die Markgraffchaft Mähren mit einem Flächeninhalte von 22.292-61^'" ist das fünftgrößtc Kroulaud der österreichischen Ländcrgrnftpe. Die Gestaltung seiner Vodenobcrflächc ist außerordentlich mannigfaltig, Tiefland wechselt mit Hochland, während das eigentliche Gebirge sich mehr im Norden und Osten des Landes znsammendrängt. Von den großen europäischen Gebirgen hat das Land an dem deutschen Mittelgebirge nnd den Karpathen Antheil. Die Furche der Oder, die Senke bei Weißkirchen, der Lauf der oberen Beäwa und die March trennen diese beiden Gebirgssysteme von einander. Die Hauptaboachnng des Landes ist eine südliche, das kleine Odcrgebict fallt gegen Nordost ab. Im Westen des Landes zieht sich mit vorherrschender Nichtnng von Südwcst nach Nordost das böhmisch mährische Hochland, ohne ausgesprochenen Gebirgscharaktcr, obwohl die oft fcharf uud tief cingcrissencn Flnssläufe, die, größtentheils der March zneilend, ebensovicle oft sehr enge Qnerthälcr bilden, so wie die vielen dem Hauptrücken aufgesetzten Kuppen einzelnen Theilen dieses Plateaus eiuc Gebirgsphysioguomie aufdrücken. Durch eine Linie, welche vom Marchflnffe beginnend, längs der mährischen Sazawa aufwärts streicht, dann über die Senkung von Bühmisch-Trübau zur stillen Adler und Neisse sich hinzieht, wird das böhmisch-mährische Platean, dessen mittlere Seehöhe durchschnittlich 500>n beträgt, von dem Znge der Sudeten, von denen für Mähren nur die östlichen Theile in Betracht kommen, geschieden. Die Hanptrichtung derselben, deren Länge in Mähren etwa 2i;0>"n beträgt, geht von Nordwest nach Südost nnd ihr Charakter ist zumeist der eines bergigen Hochlandes, doch mit scharf ausgeprägter auf demselbeu aufgesetzter Bergkette. Die mährischen Geographi?. 21 Sudeten zerfallen in zwei Theile, in die Gruppe des Spieglitzcr Schneebcrgs und in das eigentliche Gesenke. Kaijer Frnnz Aosej I. An der östlichen nnd nordöstlichen Grenze gegen Ungarn und Galizim streicht das Karpathcngcbirge mit einem vollkommen zusammenhängenden Hauptrücken und einer durchschnittlichen Kmnmhöhc von 630 bis 790'«; außer- 22 Die Martgrafschaft Mähren. dem wird das westliche Mähren noch uon vielen zum Hauptkamme anfänglich parallel streichenden Gliedern angefüllt. Die Karpathen werden in Mähren in die weißen oder eigentlich mährischen .Karpathen, die bis znr Qnelle der Oberen Acöwa reichen, nnd in die Bcskiden eingetheilt. Nicht mit Unrecht wird, sowohl was feine geologische Beschaffenheit als die gemeinsame Erhebnngsrichtung nnd die ähnlichen Contouren seiner Knppen betrifft, ein anderes scheinbar isoliertes Gcbirgssystem von Manchen noch zu dem Karpathcngebirge gerechnet; es ist dies das Marsgebirge, welches von den Fnrchen der March, Thaya, Schwarzawa, Littawa nnd Hanna eingeschlossen wird und sich im Südosten des Landes ausbreitet. Ganz ifolicrt find die Polauer Verge mit ihren malerisch schönen Formen im äußersten Süden des Landes, die eine prächtige Fernsicht über die weite Ebene zu ihren Füßen gewähren und welche dnrch das breite Grcnzband des Thayaflusscs sowohl vom Marsgebirgc, als auch von dein böhmisch-mährischen Höhenzuge vollkommen geschieden werden. Wir haben hier nur ein ganz allgemeines Bild der orographischcn Verhältnisse des Landes geboten, erst auf uuseren Wanderuugeu in die einzelnen Theile des Landes werden wir Gelegenheit finden, die Verzweigung der Gebirgszüge fowic deu Reichthum an malerischen Anssichtspunktcn und geographischen Merkwürdigkeiten näher kennen zn lernen. — Wir wenden uus nun zur Betrachtung der hydrographischen Verhältnisse. Mit oem Marchflnsse gehört der größte Theil des Landes dein Donan-gebietc an. Die March entspringt am südlichen Abhänge des Spieglitzer Cchneebergs aus drei Quellen iu eiucr Seehöhc vou 1260°°, nimmt bei Müglitz die vorherrschende südliche Richtung an, bildet, indem sie sich vielfach zn verzweigen anfängt, nördlich nnd südlich von Olmütz schon weite grasreiche Anen, wird bei Napajedl durch das Marsgebirge eingeengt und verlässt nach einem ^10>"n langen Lanfe unterhalb Landshnt das Land, nachdem sie eine außerordentlich fruchtbare Ebene dnrchflosscn. — Trotz feines geringen Ge-fällcs könnte der wasserreiche Flnss auch für größere Fahrzeuge fchiffbar gemacht werden, wenn nicht die vielfachen Verästelungen des Hauptstrom-bcttcs, fowie die vielen Krüinmuugen dies bis jetzt vor der Ncguliernng des Flusses unmöglich machen würden. Dasselbe ist der Fall bei den anderen wasserreichen Flüssen des Landes, besonders bei der Thaya, ein Umstand, der anch Ursache der vielen fast regelmäßig eintretenden verheerenden Über-fchwcmmnngen ist, von omen besonders die Ufergclände der unteren March und Thaya heimgesucht werden. Unter den bedcntendercn Nebenflüssen oer March erwähnen wir am linken Ufer die malerifche Tcss, die ans der Altvatergruppc iu zwei reißcn-dcu Gcbirgsbächen hcrabschäumt, ferner die Vcöwa, die gleichfalls aus zwei Quellen entsteht, vou denen die eine, die Unter-Bei-wa an der Wysoka entspringt und das freundliche Thal von Ro2nau bildet, während die andere, ^cossvaliln«,'. 23 - V 2,sgrud 24 Die Navtgvafschaft Miihrcu. die Ober-Bc5wa, in weitem Bogcu fließcud, erst bei Walachisckj^Meseritsch sich »lit der ersteren vereinigt. Eine breites, reiches Thal durchziehend mündet der bereinigte Fluss gegenüber von Kremsier. Wir übergehen die anderen kleineren Nebenflüsse am linken Ilfer wie die Nusawa nnd Olsawa nnd nennen, von den rechtsseitigen Zuflüssen, im worden beginnend, zunächst die mährische Sazawa, dann die Hanna, die anfänglich ein enges Waldthal bildend, bald die eigeutliche Kornkammer Mährens, dic üppige Hanna-Ebene, durchfließt und bei Koseteiu in die March fällt. Der wichtigste Nebeufluss der March ist die Thaya. Diese entsteht aus zwei Quellbächen, der deutschen nnd mährischen Thaya, welche sich bei Naabs mit cinauder vereinigen, und durcheilt auf ihrem weiteren mäandrisch gcwnndrnen, das Auge durch die herrlichsten Landschaftsbildcr ergötzenden, an geschichtlichen Erinnerungen so reichen Lanfe einen der schönsten Theile des mährischen Landes. Ebenso ausgezeichnet durch die wechselvolle Pracht ihrer Ufer siud die vou Norden kommende Zwittawa nnd Schwarzawa, von denen dic erstere ein Nebeuflnss der letzteren ist, während die Schwar-zawa wieder als Nebcnfluss der Iglawa zu betrachten ist, mit welcher sie sich kurz vor deren Einmündung in die Thaya vereinigt. Die letztere ergießt sich, nachdem sie hart au dem Fuße der Polanerberge vorbci-geflossen, in nngemein trägem Laufe bei Hohenan in die March. Der Schwarzawa fließen links unter Anderen die Frischawa (bei Ingrowitz) der Lanlkabach (bei Tischnowitz) nnd rechts außer der Zwittawa noch bei Groß-Seelowitz die Ccsawa zu. Als ein weiterer wichtigerer Nebcnfluss der Iglawa ist noch die bei Eibcnschntz mündende Oslawa anzusehen. Nnr ein kleiner Theil Mährens ist Oderlaud, uoch eiu weit kleinerer Elbeland. Die eigentliche Oder entspringt in einer Höhe vou (MM am Ostabhange des Lieselbcrgcs, durchfließt zunächst ein rauhes nud kaltes Querthal, erweitert sich unterhalb Odrau, bis daun der Fluss das freundliche, obstreiche Kuhläudchcn, sogenannt nach dem Geschlechte der Kravate, das hier einst mächtig war, durchläuft, bildet daun von der Mündnug der Oppa bis zu jener der Ostrawitza — beide wichtigere Nebenflüsse der Oder auf mährifchem Vodcn — die Grcuze zwischcu Mähren nnd dem preußischen Gebiete und verlässt das Kroulaud nach einem HO'"" langen Laufe. Anßcr den beiden genannten Nebenflüssen der Oder ist noch die Mohra, die an der hohen Haidc ihren Ursprung hat, daun die Lubina, die von dem sagen-nmkröntcn Nadho^t kommt, der muntere Titschbach, sowie die Olsa zu nennen. Das Gebiet der Elbe beträgt in Mähren nnr etwa 22< >!!!'"« und wird nur durch einige Bäche nnd kleinere Zuflüsse der Luxuitz und Sazawa gebildet. Der herrlichen Gebirgsseen nnscrcr Alpen mit ihrer freundlichen oder düstcrcu Ufcrumraudung entbehrt Mähren ganz; nur wenige Teiche, an deucu es einst so reich war, deren Boden aber meist in Ackerland umgewandelt wurde, breiteu sich uoch au mauchen Stcllcu des mährischen Plateanlandcs Geographie, 25 sowie in secartiger Ausdehnung in dem ungeheuern Parkgebicte von Eisgrub aus. Dagegen ist Mähren ungemem reich an mineralhältigen Quellen und Gesundbrunnen, die noch dazn, wie kor allem die berühmtesten Badeorte Mährens, Ullcrsdorf, Tcvlitz, Luhatschowitz, in den lieblichsten nnd anmuthigstcn Gegenden gelegen sind, gleichsam als wollte die Natur dem vom Sicchthum ermatteten Leibe nicht bloß den heilkräftigen Trank spenden, sondern als wollte sie ihn auch in köstlich schöner Schale crcdenzcn. Anßer an den genannten Cnrorten finden sich in Mähren noch an vielen anderen Plätzen, so bei Iglau, bei Nömerstadt, Napajcdl, in der Nähe von Mährisch^Trübau zu Großlatcin, Kosteletz und an mehreren anderen Orten Mineralquellen und zwar theils Säuerlinge (Teulitz), theils Schwefelquellen (Ullersoorf), theils Eisen- uud Stahlqncllcn, theils Natronqnellen (Luhatschowitz). Eine besondere Erwähnung verdient die Molkencnranstalt in dem idyllisch schönen NoLnau. Wcrfeu wir noch einen Blick auf Klima, Pflanzen- und Thicrwelt des Landes, so sind zunächst die klimatischen Verhältnisse durchaus günstig. Zwar haben die Karpathengegeudcn rauhe Winter nnd nasskalte Nebel, im Winter hänfig eine Temveratnr von —2il Grad N^anmnr mit heftig wirbelndem Schneegestöber, zwar ist der Sommer des Gesenkes knrz nnd beginnt auf den nördlichen Hochflächen der physische Frühling oft erst mit dem Monate Iuui, doch ist der größte Theil des Landes dnrch die schirmenden Gebirgs-züge, die es umsäumen, vor dem Anprall der ranhen Lnftströmnngen geschlitzt und erfreut sich daher im ganzen eines milden und gesnnden Klimas, welches besonders in der frnchtbarcn Marchebene den Begetationsvcrhältnissen so günstig ist. Das Iglauer Bergland ist den schneidenden Nord- nnd Nordostwindm ausgesetzt, so dass das Klima dieser Gegenden fast das ranheste des Landes ist; es gehört nicht zu den Seltenheiten, dass in den waldigen Schluchten bei Iugrowttz noch um die Mitte Inm Schnee liegt, während hänfig schon Anfang October ncner dichter Schneefall eintritt. Im allgemeinen ist der klimatische Unterschied zwischen dem Süden und Norden des Landes so bedeutend, dass in den südlichen Landstrichen .die Erntezeit gewöhnlich nm vier bis fünf Wochen früher eintritt als iu den nördlichen. Das Minimnm der Iahres-TcmUeratur des Landes schwebt zwischen 2l! Grad uud 2« Grad N^aumur, das Minimum beträgt—15'5 Grad, sinkt aber auch auf —21 Grad herab. Die Anzahl der Gewitter, von welchen durchschnittlich Mähren im Jahre betroffen wird, beträgt 21, und zwar ist die Gegend von Hochwald am meisten von Ungcwittern heimgesucht; die herrschenden Winde sind der Nord- und Südostwind. Die Pflanzen- nnd Thierwelt hat Mähren fast ganz mit seinen benachbarten Ländern gemein. Die hcrrfchcndcn Bäume der Karpathen sind die Tanne und Fichte, ebenso in den Sudeten, wo noch der Lärchenbanm und 26 Die Martgrafschllft Mähr«,. die Weymouthskiefer häusig auftreten; die Südfeite diefes Gebirges ist größten-theils mit Laubholz, Eschen, Espen, Ahorncu uud vor allem mit Buchen und Birkcu bewaldet; die herrlichsten Alpcublnmcn finden sich in der Gruppe des Allvaters, vor allem prächtige Arten von Scnbiofen. Unter den Vögeln sind fast all die lieblichen Sänger unserer Wälder Wandervögel, die uns nur zur Sommerzeit besuchen. Auf deu höchsteu Kuppen der Sudeten uud der Karpathen horstet der Schrciadler, Schlangenadler, Seeadler, während die finstern Schlnchten der graue Geier umkreist, indes der Nothgcier nur selten ans dein Süden zn uns kommt. Die meisten Flüsse? besonders aber der Hauptfluss des Landes, sind ungemein fischreich, während auf sonnigen Felsen oder im dnnklen Moosgrunde des Waldes alle Arteu Eidechsen nnd Schlangen sich ringeln. Bon Giftschlangen findet sich nur die Viper, am häufigsten auf den: Rautenberge, uud die träge Kreuz- oder Kupferotter im Gesenke. Die fchwercn Pferde der Hanna, der fchöne Schlag des Rindviehs im Kuhländcheu siud bekannt. In der Zncht veredelter Schaft steht Mähren obenan nntcr den Kronländern Österreich-Ungarns; die grasrcichen Triften der Karpathen sind ausgezeichnete Weideplätze. Erheblich ist der Reichthnm des Landes an Iagdthieren, nnd stattliche herrschaftliche Thiergärten, wie der wahrhaft fürstliche Thicrpark zn Eisgrnb, und Fasanerien sind zum Frommen des edlen Weidwerks angelegt. Was die Erzengnisse des Bergbaues betrifft, so war das Land einstens viel reicher daran, als gegenwärtig. Der Schoß seiner Gebirge barg viele Adern edler Metalle nnd im Mittelalter war Iglan ein so wichtiger Sitz des Bergmannsgewerbes, dass manche deutsche Stadt, wie selbst Freiberg in Sachsen, sich das altberühmte Iglaner Bergrecht zum Muster nahm. Der Schatz an Edelmetallen ist erschöpft, doch ist das Land noch sehr reich an Eisenerzen, die in vielen großartigen Schmelz- und Gnsswerkcn, so in Zöptan, Vlansto, Adamsthal, Friedland a. d. Ostrawitza, Witkowitz, Nossitz nnd Stefanan gewonnen nnd verarbeitet werden. Ebenso ergiebig ist Mähren an fossilen Brennstoffen, Steinkohlen werden vorzüglich in Nossitz, Oslavan und, Mährisch-Ostran, Brannkohlcn in Neudorf, Lesitz, Natißkowitz nnd l^eiä gewonnen; noch manch anderes Product des Mineralreiches, wie Graphit, Alann, Marmor, findet sich in erheblicher Menge in Mähren vor. Es ist natürlich, dass sich zn diesen reichen Gaben der Natur auch rastloser Fleiß der Menschenhände gesellt, um eine blühende nnd schwnngvolle Industrie zu schaffen, doch bevor wir einen Blick anf die Industrieverhältnisse Mährens werfen, wollen wir die Bewohner des Landes kennen lernen. Mähren hat eine Bevölkerung von 2.111.70(1 Bewohnern, so dass es hinsichtlich der Anzahl seiner Bewohner den dritten Rang nntcr den im Reichs-rathe vertretenen Ländern einnimmt. Die Dichte der Bevölkerung ist natürlich nach den einzelnen Kreisen des Landes sehr verschieden; während sie in den gesegneten Strichen des Flachlandes stellenweise 127 Bewohner auf dm Quadratkilometer erreicht, gibt es dagegen einzelne Plätze im südwestlichen Winke ldes Bandes, sowie in den ranhen Thälern der Karpathen nnd Endeten, wo sic nnter <><» Bewohner hcrabsiukt. Von der Gesammtbevölkerung gehören 26"/,^ dein deutschen, 72"/<, dem slavischen Sprachstamme an, während 2"/„ auf die Israelite« entfallen. Die Deutschen wohnen im Norden nnd Süden des Landes in compacten Massen, überdies noch in vielen Sprachinseln mitten nnter dem slavischen Voltsstamme, von denen die bei Iglan nnd Zwittau die bedeutendsten sind; außerdem ist das slavische Sprachgebiet in einer Linie von Groß-Seclowitz nach Olmütz dnrch Dcntschc unterbrochen. Die Deutschen Mährcus gehören theils dem bairisch-österreichischen theils dem schlesischcn Sprachstamme an; nntcr den ersteren sind besonders die Bewohner des Iglaucr Berglandes und die Anwohner des Thayaflusfcs hervorzuheben, bei denen sich noch manche charakteristische Eigenthümlichkeiten in Sitte nuo Tracht vorfinden' nnter den letzteren die sogenannten Hochländler oder Gebirgler, deren Mundart nnd Bräuche eine gewisse rauhe, aber herzliche Einfalt zur Schau tragen und die in unverdrossenem Fleiße sich ihr ganzes, wenig freudenvolles Leben abmühen , nm das kärgliche Brod zu gewiuueu. Auch die Slaven Mährens bilden ciuzelue, iu Mundart, Sitte und Kleidnng ziemlich fcharf von einander gesonderte Stämme; so die Bewohner des böhmisch-inährischeu Höhenznges, die genügsamen melancholischen Horaken, ferner die kräftigen, mit ihrem Reichthum gern Prahlenden Hannaken, die Walachen in den Karpathen, schöne schlankgewachsene fröhliche Bergbewohner, endlich die Slaven im Osten des Landes, gcsangliebend nnd dnrch ihre malerische auffällige Tracht ausgezeichnet, schließlich noch die kleine Colonie von Kroaten in der Umgebung von Nikolslmrg. Diese eine solche Mannigfaltigkeit der Volkselemeute anfwoiscnde Be-völkcrnng steht in Hinsicht ihres Bildnngsstandcs auf einer erfreulichen Stnfe, da von 100 schulpflichtigen Kindern ^4 wirklich die Schnle besuchen nnd Mähren über 2W0 öffentliche und Priuatvolksschnlen bcfitzt. Außerdem gibt es gegen 40 Mittelschulen, die technische Hochschule zu Brunn, mehrere Handels- und Gewerbeschulen nnd eine größere Anzahl landwirtschaftlicher Lehranstalten, zwei theologische ,vacnltäten zn Olmütz nnd Brunn n. s. w. Bon der Gesammtbevölkernng obliegen etwa ^l^"/„ der Landwirtschaft in allen ihren Zweigen, während 21"/„ industrieller nud gewerblicher Thätigkeit sich beflcißeu. Schon diefe hohe Ziffer deutet nnf einen blühenden Znstand der Indnstrieverhältnissc des Landes. Achtunggebietend durch ihr Alter und ihre Ansdehnnng sind vor allem die Leinen- und Tnchindnstrie, von oencn die erstere hauptsächlich die armeil aber arbeitsamen Bewohner der nördlichen Gebirgsgegenden beschäftigt uud am schwungreichstcn zn Schönbcrg, dem Mittelpunkte der mährischen ^eiuenindustric, Friedland chci Römcrstadt), Hcidcnpiltsch, Wiescuberg und Mistet betrieben wird, Der mährischen Tuch-fabrication wird schon um die Mitte des 14. Jahrhunderts (1M»<>) sehr ehrend gedacht. Iglan war durch vier Jahrhunderte der an Reichthum und glänzendem Wohlleben seiucr Bürger mit mancher prunkenden deutschen Reichsstadt wetteifernde Mittelpuukt der Tnchindnstrie, bis es dann von Olmütz, wo die erste Tuchfabrik Mährens errichtet wnrde, und in neuerer Zeit, seit 17N5, in welchem Jahre die Kaiserin Maria Theresia die zweite Fabrik in Brunn erbauen ließ, von letzterer Stadt weit überflügelt wurde und für immer seines ehemaligen Reichthums verlustig gieng. Ein Wald dampfender Schlote, der die Landeshanptstadt heutigen Tages umsäumt, gibt Zengnis Uon der glänzenden Entfaltung des Fabrikswesens in unserem Lande. Lebhaften Anfschwuug nahm m Mähren auch die Eisenindustrie: die großartigste«: Eisenwerke bestehen zu Wittowitz, dem Freiherrn von Rothschild gehörig, Ctefauau, Zöptan, Rossitz, Friedrichsdorf uud Iohnsdorf (beide im Nömerstädtcr Bezirke), während der Maschinenbau hauptsächlich iu den Fabriken zn Vrünu, Blansko und Adamsthal, sowie m einigen der schon genannten Eisenwerke betrieben wird, außerdem werden Schienen, Radsterne, Waggonräder und alle sonstigen Erfordernisse zum Eisenbahnbau uon vielen Fabriken hergestellt. Unter den übrigen außerordentlich mannigfaltigen Erzengnissen der mährischen Indnstrie erwähnen wir vorzüglich noch die Fabrication von Rübenzucker, in welcher Mähren nach Böhmen den ersten Rang einnimmt, uud welcher große Etablissements zu Prerau, Chropin, Wrbatck, Ungarisch-Ostra, Göding, Grnßbach, Seelowitz u. s. w. dienen, sowie die Ver-fcrtignng feiner uud gröberer Thonwarcn, welche befonders in Znaim, Krawska und Frain iu großartigeui Stile betrieben wird: die ausgezeichnete Thouerde, welche die Vrcuditzcr Gegeud bei Znaim liefert, begünstigte die Entfaltung dieses Industriezweiges, prächtige Majoliken, knnst- und geschmackvoll ausgeführte Thougefäße aller Art giengen aus den Znaimcr Etablissements hervor. Entsprechend dieser schwungvollen Industriethätigkeit ist anch das reich-verzweigte Netz von Schienenwegen, welche das Land nach allen Richtungen durchkrenzen. Es sind dies die Kaiser Ferdmands-Nordbahn, die das Land von Lnndcnburg bis Mährisch-Ostrau durchzieht, mit ihren Flügeln: Lunden-burg-Brünn, Prerau Olnnitz, Olmütz Stcruberg, Brünn-Ätezamyslitz-Prerau; ferner die österreichische Staatsbahn, die das Land bei Grußbach betritt uud bei Zwittau verlässt, mit den Seitenlinien: Grnßbach Znaim und Böhmisch Trüban-Olmütz; dann die österreichische Nordwestbahn, die über Znaim nach Iglau läuft; die mährische Grcnzbahn uon Steruberg über Schönberg nach Grulich in Böhmen, mit den Zweigen! Hohmstadt-Schön-berg und Schönbcrg-Züptau; die mährisch-schlesischc Ecntralbahn, die von Vrüliii und Nm^'vumi. I9 Olmütz an die schlcsische Grenze nach Kriegsdorf geht, mit einer Zwcig-linie nach dein gcwerbfleißigcn Nömerstadt; endlich die kleineren Bahnstrecken: Brüun-Nossitz-Segen-Gottes (Staatsbahn) nnd die Lundenburg-Grußbacher Strecke, die die Verbindnng der Nordbahn und Nordwcstbahn herstellt. Indem wir nnn nnserc Nandernng dnrch die einzelnen Theile des Landes antreten, werden wir wohl gnt thnn, das Beispiel landvcrmessendcr Geographen nachznahmen nnd nns zunächst größere Sectioncn zu bilden, in die wir das Land eintheilen wollen;") am besten wird sich hiczu die Gruppierung der Gebirge eignen. Wir wollen die Terrassenlandschaften des Westens, die kärglich bebanten Thäler und waldigen Höhen der den Norden und Nordosten des Landes erfüllenden Endeten, die triftereichen Knppcn der Karpathen dnrchstrcifen und endlich das weite Becken in der Mitte des Landes besuchen, an das sich im Süden nnd Sttdosten der Kranz der Polaner Berge und der Wall des Marsgebirges anschmiegt. In vielen Städten und Ortschaften, 2) deren Lage nns anlockt, deren Bedcntnng für Gewerbe und Handel uns zu längerem Verweilen einladet, wo Geschichte und Sage reiche Ansbente verheißen oder manches fesselnde Denkmal der Kunst sich erbebt, werden wir längere Zeit in unserem Wandern innehalten. Es ist nicht mehr als billig, dass die Landeshauptstadt uus zunächst zn längerem Bleiben veranlassen soll. 2. Brunn nnd Umgebung. (Die Lemdeshanfttstadt. — Topographisches und Geschichtliches. — Der Spielberg. — Ein Nmidgang durch die Stadt. — Sehenswürdigkeiten. — Nächste Umgebung.) Fast in der Mitte des Landes, dort wo von Nordwcstcn her sich die südlichen Verzweigungen der Nordstnfc des böhmisch mährischen Höhenzngcs in jene große Ebene herabsenken, die bis znm Donauthal ihre korngesegnetcn Flnren erstreckt, hart an der Vereinigung der beiden Flüsse Schwarzawa und Zwittawa, die es halbinselartig nmrahmcn, liegt Vrnun, slavisch ') Hier mag als Anmerkung die Anmaln' stehen, dass die P olitisch e. Ein« theilnng und die Verwaltimg des Landes s«t den Iahrm 1«4» nnd 1849 crlMich um^cstaltct wurden. Fvühcr war Mähren in sechs Kreise eingetheilt: den Brnnner, Olmntzcr, Prcraner, Hradischer, Zuaimcr nnd Iglaner. Gegenlviirtig mttcrsteheu der Statthalterei in Brnnn dreißig Bezirkshanfttmamischaften nnd sechs Städte mit eigenem Geincindestatnt, nämlich Brunn, Olnü'ch, Znaiui, Iglan, Ungarisch-Hradisch und Kremster, Dem Oberlandesgericht in Brnnn unterstehen ein Landes-gericht nud sechs Kreisgcrichte, ,md diesen sind siebzig Bezirksgerichte uud sieben ftädtisch-delcgierte Gerichte nmergeordnet. ^) Mähren hat 86 Städte, 190 Märkte und 3041 Dörfer, im ganzen also 33l7 bewohnte Orte mit 280.301 bewahittcit Häusern. 30 Brunn und Umgebung. Brno, dic Hauptstadt des Landes.^ Der Zusammentritt der beiden gc-uanutcu Flüsse bildet fast ein Delta, dessen Basis durch die letzten Ausläufer der nordwestlich abfallenden Gebirgsketten gebildet wird; gegen die Mitte des Dreiecks ragen noch einige isolierte Hügel empör, die sich dann wellenförmig in die Ebene ausbreiten, und auf diesem Boden, theils an die nahen Hügel sich anschmiegend, theils in die weite Ebene sich ausdehnend, breiten sich die Hänscrmasscn von Brunn in uugemcin günstiger nnd glücklicher ^age ans. Es ist keine Frage, dass dieser einer städtischen Anlage so uugcmein zu statten kommende Platz schon frühzeitig zn einer größeren Ansiedelnng verlockt haben mag. In der That ist Brunn, beherrscht in Nordwest von der domiuierendcu Fclsmasse des Spielbergs, überragt an der Ostseite von dein eine malerische Fernsicht über Stadt nnd Umgebung gewährenden Franzensberge, außerordentlich uorthcilhaft gelegen. Wären die Flüsse, die an seiner Südseite sich durchschucideu, wasserreicher und könnten sie dem industriellen Betriebe besser dienstbar gemacht werden, so wären die Vortheile einer solchen ^!age, für ciue Stadt, die ciue so schwungvolle Fabrits-thätigkcit besitzt, wie Brunn, noch ungleich erheblicher. Jedoch die aus dem Nordeu kommende Zwittawa, welche, nachdem sie das romantische Adamsthal durchströmt hat, bei Obran in die Ebene tritt, genügt cbcu nnr zum Betriebe der au ihreu Ufern liegenden Mahlmühlcn, während die ebenfalls wenig wasserreiche Schwarzawa, nachdem sie auf ihrem obcrru ^aufe die reizendsten Thäler dnrchflossen, selbst in nächster Nähe der Stadt von anmnthigcu, in den hellen Farben ihrer Oesteinsartcn seltsam schimmernden, znm Theil mit Ncbcngewindcn umrankten Hügeln ziemlich schmal eingeengt wird. Es sind dies die unter dem Namen der rothen uud gelben Berge bekannten Auhöhcn bei Brunn, die durch einen ziemlich engen, thcilweise eine Vorstadtgasse bildenden Hohlweg von dem Hänsergewirre der eigentlichen Stadt getrennt sind, aus welchem sich (iu ciuem gewissm Siune kann man wohl sagen, aus der Mitte der Stadt) der einst so furchtbare Spielberg mit seiner den ganzen zu Füßen liegenden Umkreis kühn beherrschenden Citadelle erhebt. Mit ihm sind seit den ältesten Zeiten die Geschicke der Stadt eng verknüpft, nud wie es ganz erklärlich, dafs anf feiuer Höhe znerst ein befestigtes Bollwerk sich erhoben haben mag, an welches das entstehende städtische Anwesen sich anschmiegte, so ist diese beherrschende Warte jederzeit von größtem Einflüsse anf die Stadt gewesen. Was den Namen der Hanptstadt anbelangt, so wird er sehr verschieden erklärt; am ansprechendsten und glaubwürdigsten ist gewiss jene Erklärung, der zufolge der deutsche uud der slavische Name der Stadt ') Nach der Volkszählung vom 61. December 1869 hatte Brunn eine Bevölkerung von 73.771 Einwohnern. Man darf aber dieselbe gcgenwärtia. gewiss schon weit höher ansetzen. Der Sftlolbcrg. 31 gleichen Ursprungs ist, denn das deutsche „Brünne" des Mittelalters und das slavische Vr>1, bedeuten gleicherweise Pauzer, eisernes Kriegshemd, so dass also schon im nraltm Namen der Stadt der Hinweis anf ihre bollwerkartige Lage cuthalten gewcseu wäre. Sehr zweifelhaft ist es, ob wir in dem römischen ^dcn-cxilnnim Brunn suchen dürfen, oder ob wirklich au der Stelle, wo heute der Dom von St. Peter sich erhebt uud zu deu Zcitcu Cyrills und Methods ciuHeideu-tcmpel gestanden haben soll, die Slavenaftostel die Ungläubigen bekehrt haben. Gewiss ist, dass der slavische Name Vruo zuerst um die Mitte des eilftcn Iahrhuuderts iu eiuer Urkunde auftaucht. Vald darauf wird Brunn der Sitz eigener, dem böhmischcu Herzog untersteheudcr Fürsten, bis hier die Markgrafen des ganzen mährischen Bandes ihren Herrschcrsitz auf-schlagcu. Zu allen Zciteu war Brüuu vou größter Bcdcutuug für die Geschichte dcsLaudes; hier sammelte Iaroslaw von Steruberg seluc glaubcns-muthige Schar, ehe er zur Mongolenschlacht auszog, hier entwarf Ottokar weit umfassende Pläne eines ungesättigten Ehrgeizes, bevor er das Kriegsglück auf dem Marchfclde versuchte; hier faud der gläuzrudc Fiirstencongress statt, auf welchem die Erbvcreinignng des Habsburgischeu und Lnrcmbnrgischcn Hauses zu Staude kam uud die prunkvolle Vermählung zwischen Margaretha Maultaschc uud dem Markgrafen Johann stattfand. Welch ein festes, uu-bezwinglichcs Bollwerk Vrünn in der Schwedenzeit dem Lande gewesen, haben wir oben schon erwählt. Boll von den Eriuneruugeu au gläuzeude, erciguisschwere Tage der Vergangenheit, wendeu wir uus mm der Stadt selbst zu. Am stattlichsten und imposautestcu ist der Anblick derselben von der Ostscitc her; der schroff vorspringende Frauzensbcrg und der uoch Höhcrc Petcrsberg mit der Domkirchc, uud vor allem das Wahrzeichen der Stadt, der eiust so düstere Spielberg, erheben sich in markanten Contoureu vor deu Augen des herankommenden Neiseudcn. WaS den seltsamen Namen Spielberg betrifft, so kommt er erst zur Zeit der Luxemburger vor, er heißt früher immer die Burg vou Arüuu, wahrschciulich rührt er daher, weil unter dem ritterlichen König Johann, dessen Vorliebe für Kampfcsspielc aller Art bekannt ist, im geräumigen Vnrghofc die Prächtigsten Rittcrspiclc abgehalten wurden. Die Höhe des Berges ist von einem großen burgähulicheu Gebäude gekrönt, das einst eine mächtige Feste, uud später bis zum Jahre 1857, wo die lctzteu männlichen Sträflinge nach Murau gebracht wnrdcn, als Strafanstalt verwendet wurde. Einige Zeit hindurch galt der Spielberg als Österreichs Sibirien und viele berüchtigte und berühmte Gefangene, wie der Pandurcuhauptmann Josef Freiherr v. Trcnk (gestorben am 4. October 1749), dessen Haft aber keineswegs fo furchtbar war, als romantische Erfindung sie später darstellte, nnd der italienische Dichter Graf Silvio Pcllico schmachteten iu den finsteren Zclleu. Im Jahre 1862 wurde über allerhöchste 32 Vrünn und Umssctnniss, Anordnung anch die Militär-Citadelle, als welche der Spielberg seit dem Jahre 1N57 gedient hatte, aufgehoben, und die Bergfläche der Brünner Stadtgemeindc mit der Bestimmung übergeben, dass sie daselbst eine Parkanlage ins Leben rufe. Gegenwärtig dient das Gcbände einem Theile der Brünner Militärbesatznng zur Kaserne. Betreten wir nnn das Inuere des Gebäudes, so erblicken wir iu der östlichen Ecke an der Stelle der früheren Vurgkapelle eine weuig geräumige unansehnliche Kirche. Das zwcistockhohe Gebäude, wie es sich uns heute darbietet, entstammt fast ganz der neueren Zeit und enthält zweireihige düstere Zellen, die früher zur Aufnahme der Gefangenen bestimmt waren,-niedrige, mit Eisen beschlagene Thüren, die einst mit schweren Schlössern behängen waren nnd von denen jede eine kleine vergitterte Öffnung enthält, dnrch welche der Anfscher die Gefangenen beobachten musste, führen in die des Lichtes fast ganz beraubten Zellen. Doch fast wohnlich nnd begehrenswert nehmen sich diese traurigeu Kerkergelassc gegenüber den entsetzlichen Kcrkcrzellcn aus, die sich unter der Erde befinden. Um von oben hinab zu gelangen, ninss man über eine düstere Treppe zum Wallgraben hinunter steigen; neben einem kleinen Vorbaue in dem letzteren, der einst als Lcichcn-kammer diente, befand sich der Eingang ill die Welt des Todes, denn nicht anders kann man diese grässlichen Verließe bezeichnen, ans deren fchanriger Nacht wohl keiuer von Denen, die in sie hinabgestoßen wnrden, jemals wieder ans rosige Licht des Tages emporstieg. Nur die schwersten Verbrecher wurden hier in den ersten Zeiteu der Strafanstalt, bis zum Jahre 1791, eingekerkert. Wer über die finstere Treppe hinabstieg, sagte nicht nur dem freundlichen Licht des Tages, soudern anch dem Leben für immer Lebewohl. Diese unterirdischen (äasemattcn ziehen sich iu einem Doppelgangc von 96m in die Länge. Der rechte Gang — so schildert ein Besucher dieser Räume dieselbeu — war in einzelne, aneinanderstoßende Zellen abgetheilt, die aus Balken und Pfosten gezimmert, je einen Verbrecher aufnahmen. Jeder derartige Holzkasten war ^-1>" h»ch^ i-89"> breit und 1-5^n> tief, folglich wenig Raum zur Bewegung vorhanden. Davou ist jetzt bloß die Spur au der Wand und am Fnßbodcn übrig geblieben. Der andere linke Gang hatte ebenfalls durch Holz getheilte Zellen, zeigt jedoch noch die für den augcschmicdcten Körper gemachte Mauervcrticfnng, welche cylindcrförmig für dcu Nucken und den Kopf wie ein Abklatsch aussieht. Der Gefangene ward sonach mit dem Rücken gegen die Wand durch einen eisernen Ring um den Hals nnd Leib festgehalten, während eine lange Kette von Fuß und Arm sich aufwärts zu einer Qnerstange von Eisen zog, die ankleinen Ringen, welche in der Decke befestigt waren, schwebte nnd dnrch die ganze Weite der Casematteu führte. Nur manchesmal ward diesen Verbrechern freie Bewegung gestattet nnd ihnen der Ring vou Hals und Leib geöffnet, ohne daß man aber die Fuß- und Armketten, die au der Eisenstaugc hicngcn, abgenommen hätte. Kaiser Josef im Spielberg. 33 Die Nahrung bestand ans Vrot nnd Wasser. Selten lcbte so ein Mensch über sechs Wochen, da sich nach gänzlicher Erblindung bald der Tod einstellte; nur ein einziger soll '.» Monate ausgehalten haben. Man zeigt noch die Fallthür, durch welche man die Unglücklichen iu diesen schauerlichen Kerker hinabließ. Kaiser Josef II,, dessen segensreichem edlen Walten wir an so vielen Stätten unseres Bandes begegnen, gab den Befehl, ihn selbst eine Stunde lang in diese grässlichc Orabkammcr' einzuschließen uud voll uusäglichcu Grauens hat er, als er wieder emporgestiegen war, verordnet, dass fürder lein Mensch mehr in diese entsetzlichen Gefängnisse gestoßen werden sollte. Ein vaterländischer Dichter hat diese hochherzige That des Kaisers in einem Gedichte gefeiert, das hier folgen möge: Vtmftr Joscf im FpiMcrgc. Es war cm Fürst un deutschen Reich, Den Besten aller Zeiten gleich. Der trat zmn Herrn und Knechte ein, Ein Vater jedem Kind zn sein; Der Pflügte selbst mit eigner Hand, Dass man den Baner ehr' im Land. Nach Brunn einst seinen Weg er nahm Und in die Feste Spielberg kam. Er stieg von seines Thrones Höh'n, Der Menschen Abgrnnd anznseh'n, Ol> dort die dunkle Kerterwelt Nach seinem milden Sinn bestellt. Sie führen ihn von Ort zu Ort, Er sprach manch weises, goldncs Wart, Ais man ihm schonend angesagt: Im Kellergrnnd, wo's niemals tagt, Und ewig Nacht entgegenllafft, Dort sei die schwerste Kerkerhaft. Wie dies der edle Fürst gehört, Den Ort er gleich zn seh'n begehrt, Und schritt bei hellem Fackelschein Dnrch das Gehöft zum Kerker ein. Als sich die Eisenthür erschloss, Ihm Moderduft entgegenschoss. <3in ol le: Martgrafschast Mayrn,, Tief drunten an der Manerwand Der Schreine lange Reihe stand. Der Schrein im Naum drei Schnhe maß, Worin gebückt das Opfer saß; O Schrecknis, die der Kerker barg! Ein Nanm, zn tnrz für einen Sarg! Weh dem, der über jenen Pfad Das schauerliche Brett betrat. Er sah den lieben Sonnenstrahl, Indem er kam, znm letztenmal, Und hat iu jene Toppeluacht Der Kirche Trost schon mitgebracht. Znsammgckauert dort er lag Und wusste nicht, was Nacht und Tag, Und da noch hat der Ketten Last Lebendig ihn zerrieben fast. Was man ihm dnrch die Lnkc bot, War täglich Wasser nnr uud Brot. So lag er uamculos gequält, Bis er in t'nrzer Frist entseelt: Man hat den Todten erst verspürt, Fand man die Atznng unberührt; Dann griff der Freimann in den Schrein Und grub ihn auf dem Anger ein. 3 34 Brü»» mid Umgelmng, Wie dies der große Kaiser sah, Stand tiefen Ernstes lang' er da; Und was er fühlt, hat er nicht hehl, Er gab dem Schließer den Befehl: „Sperr mich in solch 'nen Kasten ein Und lass mich eine Stund' allein!" — Erschreckt der alte Schließer stand. Ihm zitterte die welke Hand, Bis wiederholt des Kaisers Mund Ihm gab den festen Willen kund. Da hat, zu Thränen er gerührt, Was ihm geboten, stumm vollführt. O Josef! Josef! Heilig Vlut. Voll wunderbarem Kaisermuth! So strahlend aus dein Woltenflor Trat nie die gold'nc Sonn' hervor Wie heute deine Majestät Ans jenem Kerker, nachtumweht! Und also sprach ocr Kaiser klar: „Ich fühl', was mir die Stunde war. Das ist kein irdisches Gericht; Der Kerker war, sei fürdcr nicht. Ich schritt der letzte Mensch hiucin, Lasst ewig ihn verschlösse,: sein." Rudolf Hirsch, Doch fort von diesen Stätten der Verwesung, hinauf ans die mit freundlichen Anlagen bepflanzte Höhe, von der ans man einen bezaubernden Rundblick über die am Fuße sich ausbreitende Stadt nnd ihre Vorstädte, aus denen ein Wald vou Fabritsschloteu cmporstarrt, genießt. Nicht minder lohncud ist der Rnndblick vom Gipfel des benachbarten Frauzcnsberges, anf dem sich jenes Denkmal treuer Bürgerliebe zu dein angestammten Herrscher befindet, dessen wir bereits oben Erwähnung gethan haben. Wir eilen den Serpcntincnweg am westlichen Hange dieses Berges hinab nud befinden uns bald dem Bahnhofsgebäude der Nord- nnd Staatsbahn gegenüber. Monumental aufgeführte, iu reichem architektonischen Schmucke sich präfcuticreude Gebäude zieren die andere Seite der Straße, die, mit Bäumen freundlich umsäumt, nicht nur den Namen Ringstraße führt, sondern wirklich flüchtig an die prächtigen Nmgbmilcvards Wiens erinnert. Besonders stattlich präsentiert sich das große H^tel gegenüber dem Bahuhofgebäudc, Grand H<»tel genannt, das zur Nachtzeit aus den Lampcuroscn zn beiden Seiten des Portals blendendes elektrisches Licht auf dic weite Fläche wirft. Die Bastei- nnd Schwedengasse, iu die wir nun gelangen, erinnern an die kriegerischesten Zeiten Brünns. Gegenwärtig erhebeu sich iu diesem neuen Stadtthcil, der durch die amnuthig freundlichen Glacisaulagen, vou denen er umrahmt ist, noch mehr gewinnt, die prächtigsten Gebäude, welche den Stil modernster Banart an der Stirn tragen, was gegenüber so vielen finstern, unregelmäßigen altersgranen Baulichkeiten im eigentlichen Kerne der Stadt nm so wohlthuender wirkt. Neun wir iu die nach dem einstigen imposant großcu Kloster, das jetzt zur Kaserne umgewandelt wurde, so genannte Icsuitengasse einbiegen, so gelangen wir durch die cuge Reungassc, in der sich besonders au Wiutcr-abendeu das dichteste Menschengewühl dräugt, anf den ziemlich unregelmäßigen Platz, das eigentliche Rendez-vous der promenierenden, fashionable» Welt, NrUnn. 35 Wo sich die elegantesten Emkaufsläden befinden, dessen Mitte aber leider noch immer einige nichts weniger als schcnswerthe hüttenartigc Gewölbe verunzieren. Man geht mit dem Gedanken um, den Hauptplatz der Stadt mit einem Denkmale Josefs II. zu schmücken. Allerdings würdc Brunn hic-mit dem Andenken des großen Kaisers nnr einen schuldigen Zoll der Dankbarkeit abtragen. Von dem großen Platze führt die stellenweise wieder recht schmale Fcrdinandsgassc hinab auf den Bahnhofring, von dem wir ausgegangen sind. Von ihr zweigt sich rechts ein anderer stattlich schöner Platz ab, der sogenannte Krantmarkt, der besonders in den Morgenstunden, wenn hier Gemüse nnd eine erdrückende Fülle duftender Blumensträuße feilgeboten werden, einem wahren Garten gleicht, aus dessen unabsehbarem Grün die Farben bunter, hundertfältiger Blüten hervorschimmert!. Vom Krant-markt gelangen wir in die ziemlich lange Bäckcrgassc, die sich dann nach Altbrünn hinabsenkt, einst eine eigene Etadtgcnirinde nud, wie schon der Name andeutet, die Anfänge des heutigen Stadtgebietes in sich bergend; das sogenannte KcmigMoster, gegenwärtig dem Drdcn der Angnstiner gehörend, beherrscht mit seiner Kirche das durcheinander gewürfelte Hänsergewirr von Altbrüuu. Hier herrscht besaudcrs zur Zeit der großen Märkte ungemcin reges Leben und ein unabsehbares Durcheinander von Kramladen und Verkaufsbuden aller Art. Von anderen Plätzen Vrünns sei noch der nach Kloster und Kirche, die dort stehen, genannte Dominicanerplatz, so wie der Platz vor dem neuen Landhanse erwähnt, anf dein auch das leicht nnd zierlich gebaute provisorische Thcatergebände steht. Von sonstigen hervorragenden Baulichkeiten erwähnen wir das geräumige Statthaltercigebäudc, ehemals ein Kloster, das ncnc Landhaus, im Jahre 1^7^ vollendet nnd eröffnet, mit geschmackvoll imposanter Facade, die den freundlichen Anpflanzungen zngekehrt ist, die Gebäude der Technik und des ersten deutschen Gymnasiums, beide von hübschen Anlagen nnd freundlichem Bnschwcrk nmhegt, die Staatsoberrealschnle, leider in enger Gassen-kreuzuug verborgen nnd so den architektonischen Eindrnck, den der Van sonst hervorbringen würdc, eiubüßeud, daun das alterthümlichc Rathhaus, im Stile der bereits cutartcteu Gothik aufgebaut, welches in seinem Innenhof das seltsame Wahrzeichen Brünns, einen riesigen Lindwurm (mumisicrtes Krokodil) birgt, an den sich wohl noch irgend eine dnnkle Volkserinncrnng knüpfen mag; schließlich noch das Gebäude des Landcsmusenms, das mauchcu kostbaren Schatz aus der vaterländischen Geschichte nnd Knnst aufbewahrt nnd an welches das düster genug drcinblickcuoe, den Beschauer weuig aumuthcndc städtische Rcdoutcugebäudc mit seiuem altcrthümlichen decorative,: Schmuck anstößt. Brunn ist überhaupt arm an Denkmälern der Kunst, es ist, als ob oie gewaltigen Schornsteine uud dampfenden Essen die Bildsäulcu und Statuen ersetzen sollten, mit denen sonst die Stätten künstlerischen Strebcns ausgeschmückt sind, als sollte schon von vornherein der Stadt ihr Gepräge als H!) Brunn und Ni»sscdu,!ss. Sitz schwuugvollerFabriksthätigkeit und gen'erblicher Arbeit aufgedrückt wcrdeu. Unter den wenigen u,id größtcntheils ein hohes Alter aufweisenden Bildwerken, welche die öffentlichen Plätze gieren, sei vor allem des seltsamen znr Sonulierszcit meist von hellgrünem Schlingtrant und üppigen Nosengewindcn überwucherten Felsenbaues gedacht, der ans unerforschlichen Gründen den Xiamen Parnass führt und in dessen Innerem eine wirklich kunstvoll gemeißelte Stcingruppe, Hercules mit dem gebändigten Cerberus, sich befindet, während die Spitze eine weibliche Gestalt schmückt, die Scepter nnd Schwert hält und von mnntereu Delphinen umtanzt wird. Auch uuter den Kirchenbautcn Brünns finden sich wenige, die auf architektouische Kunstvollendung Ansprnch erheben dürfen. Die Hanvtkirche der Stadt, der ans dem 14. Jahrhundert stammende Dom zu St. Peter, ficht mit seinen breiten Massen von dein gleichnamigen Verge herab; das architektonisch schönste Gotteshaus ist die Stadtpfarrkirchc zu St. Jacob, die in dein einfach edlen Vanstile des 14. Jahrhunderts errichtet ist und mit der Doppelreihe ihrer schlanken tühngcbantcn Sänlen, anf denen sie rnht, den Eindruck freier und heiterer Erhebnng des Gemüthes hervorbringt, Über dem Hanpteingange, dem sogenannten Niescnthore, erhebt sich der wahrhaft verwegen gebantc, bei l>2 >" hohe Thnrm, der mit seiner nadclähnlichen Spitze voll ferne einen fondcrbaren Eindrlick hervorbringt. In dieser Kirche befindet sich das Grabmal des Schwedenbczwingers Lndwig Nadnit des Souches, während vor dem Hauptaltare der Thomaskirche die Markgrafeu Johann, Iost und Prokop bestattet liegen und in der Kaftuzinerkirchc der berüchtigte Kroatenführer Franz Freiherr von Trcnk ruht. Von den freundlichen Anlagen, die rings die Stadt umkränzen, sei außer dem gartenähnlichen, die lohnendste Fernsicht selbst bis an die Polalterberge gewährenden Franzensberge, der aus einem öden Hügel in eine blumengcschmückte Terrasse mugewaudelt wurde, vor allein der Augartcu geuaunt, mit seiuen schattigen Alleen, lauschigen Boskets, saftiggrüneu mit reizenden Vlumenfestons gezierten Anen mit dem schmucken, einen geräumigen Saal enthaltenden Parkgcbäude, vor welchem an schönen Sommerabendcn Scharen von lustwandelnden, die angenehme Kühle genießenden Spaziergängern den Klängen einer rauschenden Militärmnsik lauschen. Der An garten wnrdc, wie eine am Eingang angebrachte Tafel besagt, von Kaiser Josef II. den Bewohnern Vrünns geöffnet, nachdem er früher einen Theil der dem Jesuitenorden gehörenden Güter gebildet hatte. Fast möchte mau uoch den uugemein wohlgepflegten Fricdhof, der aber schon der Stadt zu nahe gerückt ist uud bald durch eiueu gesünder gelcgeuen ersetzt wcrdcu wird, zu dcu Aulagcu der Stadt rechnen, so ungcmciu lieblich wird hier die Welt des Todes durch die holden Kinder Floras verhüllt, ein so prangender und duftiger Pflanzcnfchmnck ziert die Hügel, uuter denen das Gebein der Entfchlafenen morfcht. Besonders am Tage Allerseelen, da die Hadibcrss. Zcilc, 37 katholische Kirche der Dahingeschiedenen vorzüglich zu gedenken pflegt, verwandelt sich der Gottesacker in einen noch zur Neige des Herbstes prächtig erblühenden Garten. Unter den Vorstädten Vrüuns, welche die eigentlichen großartigen gewerblichen Etablissements enthalten, wegen deren Vrünn nicht mit Unrecht den Namen des österreichischen Manchesters führt, verdient die Kröna, mit dein israelitischen Tempel genannt >zn werden; die lange, stellenwcise wohl recht nnpoctische, vom Nuß nnd Dampf der Schlote stark geschwärzte Straße führt über die Zwittawabrücke, an welcher die räthselhaftc Zderadsäule steht, rechts in das freundliche Thal, in dem das Dörfchen ('eruowitz gelegen, in dessen Nähe sich hinter mächtigen Kronen eines parkähulichcu Gartens das wohnliche Asyl der armen Geisteskranken erhebt. Andererseits gelangt man die gerade Etraßenzeile verfolgend, anf den nahen Hadiberg, von dem man die vollkommenste Nundschau über Vrüuu genießt, nnd anf dessen Höhe ein einsames verfallenes, nicht sehr geheures Gasthans, die sogenannte Klridufka, sich befindet. Wenn man den Weg weiter fortsetzt, gelangt man in das mitten in waldiges Vrrgland gebettete, nngemcin amnnthig gelegene Dorf Kiritein, einen gern aufgesuchten Sommeranfenthaltsort der Brnnner. Ferner sei die Vorstadt „Zeile", mit ihren rechts nnd links von der Straße sich erhebenden Fabrikspalästen erwähnt, die nach dein schmucken Örtchen Obrowitz führt, sowie die Vorstadt „Nengasse", von der ans man auf der Prager Chaussee nach Karthans odcrKönigsfcld kommt, wo gegenwärtig eine Cadettenfchule sich befindet; will man weiter wandern, so kann man anf einem nngcmcin frenndlichcn, am Saum des Waldes sich hiuzieheuden Pfade in das in schönem Thalkessel gelegene Ücckowitz gelangen, woselbst man sich im schattigen Garten des Brauhauses au kühlem Gerstensäfte erlaben mag. Uugemein anziehend ist auch der Weg, der von Altbrnnn dnrch eine dichtbelaubte Kastanienallre in den beliebtesten Ausflugsort der Vrüuuer, den sogenannten Echrcibwald, führt, oder noch schöner der ant Eanme einer Hügelkette längs der weiden- und rrlennmbnschten Schwarzawa dorthin geleitende Pfad, wenn die nnterstnkende Sonne die dnrch das Ufergcbnsch hervorblitzendcn Fluten goldig belenchtet, oder das Silber des Mondes sich durch das Erlcngitter stiehlt. Ein malerischer Hngel mit dem sogenannten Jägerhause krönt das Thal des Cchrcibwaldcs, von dem aus man anf angenehmen Pfaden nach Inndorf oder nach dem anf der anderen Seite des Flnsses gelegenen langgestreckten Dorfe Scbrowitz gelangt. Nicht weit von Vrnnn, im Westen der Stadt, liegen die reichen Steinkohlenlager von Nossitz, Segen Gottes nnd Oslawan: doch vom Fabriks-staube der Stadt schon genugsam behelligt, wolleu wir nicht länger an diesen Stätten verweilen, wo in mächtigen Flötzen der schwarze Diamant zn Tage gefördert wird, sondern lieber von der Hanptstadt ans in die Wald-umranschtcn Thäler der Schwarzawa und Zwittawa Ansflügc machen und 3A Das Schwarznwll- und Zwittawa-Thal. uns an dem Genusse der schönen Natnr, sowie sinniger Sagen, die sich an so viele Platze dieser Thäler knüpfen, erfreuen. 3. DaF Schwarzawa- und Twittawa-Mal. (Das Schwcn'zawathal. — Burg Eichhorn nnd Pcrnstrin. — Ansstüqe von Brunn mittels Stcmtsbchii. — Adamsthal, Vlanstu. — Die Mazocha nnd die Sloupcr- Höhlrn. — Bnr^ und Stadt Bosl'owitz. — Zwci dcntwürdi^ Stätten Ältährens: Aüstcrlitz, Slauntowitz. — Mährisch-Trüdan.) Steile Felseilwände senken sich im Westen des Cchwarzawathales znm Flusse herab, hie nnd da ragen einzelne, weithin sichtbare Knvpcn auf, deren gewaltige Fclsmassen Überreste von Burgen tragen, in denen einst stolze Nittergeschlechtcr hansten uud Vcchcrklang und Saitcitspicl ertönte. Epheu und Schlingkrant umrankt jetzt die geborstenen und zerklüfteten Mauern, Bögel uisten in den verfallenen Wartthürmen nnd nnr der lispelnde Hauch der Sage umweht die Erker nnd Zinnen und das zerbröckelnde alte Gemäuer. Zn den lohnendsten Ausflügen, die in die nähere Nmgebnng Vrünns unternommen werden können, gehört wohl nilstreitig eine Fahrt nach der im südöstlichen Theile des Schwarzawathales gelegenen, nngcfahr eine und eine halbe Stnndc von der Landeshauptstadt entfernten Vnrg Eichhorn. Der Fluss, anfänglich durch lachende Auen wallend, dann über zerklüftetes Gestein branscnd, verengt sich bald zn einem romantisch düstern Waldthale, in welchem auf schroff anfragendem, weithin sichtbareil Felsgestelle, dessen Fuß wilde Gcbirgsbäche umtosen, Vnrg Eichhorn liegt; eigentlich sind es zwei Felsengipfcl, die durch eiueu kühngewölbten Vrückeu-bogeu mit einander verbunden sind uud deren einer die eigentliche Burg trägt, während ein in den Felsen gesprengter Weg von dem Thale der schämneudeu Wewcrka (welches Wort so viel als Eichhörnchen bedeutet) zur sogenauuten Vorbnrg hinaufführt, die mit mächtigen Ringmauern unigeben ist uud durch drei uralte Wartthürme ein seltsam abcntcncrliches Aussehen erhält. Enge Zwinger nnd svitzbogcnfürmige Thore vermitteln von hier über die schon genannte Fclsenbrücke den Zngang zu dem eigentlichen Hanpt-gcbäudc, welches halbmondförmig einen weiten Hofraum umschließt. Hiuter demselben stür;t jäh znm rauschenden Waldbach der Felsen hinab, dessen Rand verfallene Ningmancrn und Thürme einsäumen: wuhlgepflegtc qucllcnreiche Parkanlagen mit dnfti^cn Blumenbeeten nnd schönen Kieswegen, die sich dann in dem nahen Eichenforst verlieren, überkleidcn den Felsenhang auf der anderen Seite, und so ist es wohl erklärlich, dass anf dieser einsamen Höhe mitteu im Frieden des würzigcu Waldes ein Herzog Mährens einst einen tiefen Schlaf gethan und eiucu gar scltsamcu Traum gehabt haben soll. .Schlols Prrnstcin. 39 Herzog Konrad, der um die Ältitte des 11. Jahrhunderts Mähren beherrschte, soll einst — so erzählt die Sage über den Ursprung von Eichhorn — nach mühsamem Weidwerk sich plötzlich ans einer von allen Seiten fast unzugänglichen Waldeshöhe befunden haben, wohin er sich, von seinem Gefolge getrennt, verirrt hatte. Ermüdet vom langen Wege und ängstlichen Spähen, streckte er sich ins weiche Moos und träumte allhier, in einem Prächtigen Jagdschlösse zu sein, in dessen Halle der Schwärm der Iagd-genossen lärmt, die Meute kläfft und das Hifthorn zum Anfbrnche mahnt. Darüber erwacht der Hcr;og und wie er znr Annbrnst greift, nm den wilden Bär zu sagen oder das schlanke Nch zn erlegen, sieht er über sich in den Zweigen des Baumes eine Meuge zierlicher Eichhörnchen hermuhüpsen. Da Schloss Pcrnstei». schlagcu seine Nüdcn an, des Herzogs Gefolge bricht dnrch das Waldes-dickicht uud lachend erzählt ihnen Konrad vou dem Traume, dcu er gehabt und auf den Schwärm von Eichhörnchen weifend sagte er, das Iagdschloss, das er anf diesem Platze, ans dem es sich so wohl der Rnhc pflege, zn bauen gewillt sei, müsse nicht anders wie Burg Eichhoru heißen. Und also kam's, dass einer Vnrg dieses Namens schon in ältester Zeit, zuerst im Jahre 1198, Erwähnung gethan wird. Unter den Vnrgcn des nordlichen Schwarzawathalcs ist vor allem das auf einem mächtigen, 427>" hohen Felsenhügel sich erhebende, großartige Schloss Pernstein scho» deshalb erwähnenswert, weil es, der Seiten Stürme überdauernd, noch völlig unversehrt erhalten ist. Anch über die Gründung dieser Ritterburg weiß uns die Volkssage eiue ansprechende Erzählung zu berichten. 40 Das SchwarMva- und Zwittawll>Tlial. Zu jenen Zeiten, als noch mächtige Könige in dem herrlichen Welrhrad Hof hielten, lebte im tiefen Walde, der die Höhe bedeckte, auf der jetzt die Trümmer der einstigen Feste Zuberstein über den Abgrnud emporragen, ein armer Köhler, Namens Wönawa, in düsterer Abgeschlossenheit sich kärglich von seinem Gewerbe ernährend. Damals wurde das Laud weit und breit von einem ungeheuern Büffel verheert, der einst auch m wilder Wuth gegen die Waldhütte Wünawa's rannte, doch der riesig starke Köhler bezwäng das Unthier, zog ihm ciue Weideuruthc durch die Nase und führte es so an den Hof des Königs, der schon einen hohen Preis auf die Er> leguug des furchtbaren Thieres gesetzt hatte. Erstauut über den Muth und die Körperkraft W«'uawas und voll Freude über die Bändigung des Uuthiercs, dem Wünawa vor den Angen des ganzes Hofes mit einem Schwerthiebe deu gewaltigcu Kopf vom Rumpfe trennte, forderte der Fürst den Köhler auf, sich eine Gnade zu erbitten. Als der schlichte Waldbewohner sich nichts auderes erbat, als ihn noch writers in Frieden seines dürftigen Gewerbes pflegen zu lassen, schenkte ihm der dankbare Köuig alles Land am ganzeu Berge, das um seine Hütte fich ausbreitete. Wiwawa ward unter die Nitter aufgenommeu und ihm gestattet als Wappen den Büffclkopf mit einem dnrch die Nase gebogenen Ninge zu tragen. (5r erbaute an der Stelle, wo einst seine ärmliche Hütte gestanden, ein festes Haus, an dcfsrn Stelle sich später die Vnrg Znberstein erhob, in deren Namen (nudr heißt im Böhmischen Auerochs) sich das Andenken an die That ihres Grüuders erhalten hat. Die Feste Zuberstcin ist längst in Trümmer gesunken; unweit von ihr erbaute Wimawas ältester Sohn Prsteu eine neue Burg, deren Gründung, in so granes Alterthum zurückreichend, denuoch deu Waudel der Jahrhunderte überdauert hat. Es ist dies ebeu Schloss Peru st ein, dessen Namen gleichfalls auf scineu Gründer zurückweist. Die Pcrnsteiner blieben fortau ciucs der glänzendsten Nittcrgcschlechter des Landes, das feine höchste Blüte erreichte, als um die Mitte des 16. Iahrhnndcrts nuter Wratislaw, dem Prachtlicbeuden, die großartig ausgebaute Burg zum prunkvolle« Pstegesiyc der aufblühenden Wissenschaft wurde. Verschwenderische Pracht nöthigte bald zum Verkaufe der Burg. Der letzte Sprosse des einst so rnhmvollcu Geschlechtes fiel ferne von seinem Hcimatbodcu uud dem Schlosse seiner Väter in der Schlacht bei Tangermünde gegen die Schweden im Jahre 1631. Vcsuchcu wir nnn die Burg selbst. Durch doppelte Ringmauern, zwischen denen tiefe, iu deu Felsen gehaucue Wallgräben deu Zugang erschweren, gelaugt mau zu drei hochgewölbten Thoren, deren zweites noch Spuren gewaltiger Arthiebc aus der Zeit der Schwedenbelagernng ausweist, nnd au welchem eiu in den Stein gehauenes uraltes Reliefbild die Hcldcn> that des Köhlers W^uawa darstellt, während das steinerne Wappen mit dem beringten Vüffelkopfc über dem Eingänge prangt. Hart am dritten Schloss Pernstci». 41 mid letzten Thore, welches in den ältesten Theil dcr Burg führt, steht der düstere Wartthnrm mit dem furchtbaren Burgverließ. Nur durch eine von dem oberen Stockwerk dcr Burg herabführende hölzerne Brücke kann man in das Innere dieses Thnrmes gelangen. Wenig stimmt 511 dein heiteren Gemache, das uns mm aufnimmt, die Volksüberlieferuug, dass hier zur Seit der heiligen Fehmc die Schoppen Gericht gehalten und der Schuldige durch eine in dem Boden angebrachte Fallthüre in das unterirdische Verließ gestürzt wurde, wo er von den Armen des entsetzlichen Marterwerkzeuges, der eisernen Inngfran, anfgeuommeu und dem qnalvollsten Tode überliefert wurde. Noch andere Sagen weiß der Volksmund von der uralten Burg zu erzählen. So haust in den Räumen derselben dir weiße Frau, dcr Geist des einst von ihrem Vater Zibrid von Pernsteiu getödtcteu Vurgfräuleius, jedes erschütternde Ereignis im Schlosse dnrch ihr Erscheinen vorher verkündend; so zeigt man in einem Gemache noch den schwarzen Spiegel, vor dem einst eine pntzsüchtige Kammerzofe, die, auch als das Glöcklcin der Vnrgkapelle Sountags zur Messe läutete, stets nur ans ihren Schmuck bedacht war, von dem unter Donnerschall sich öffnenden Steinboden plötzlich verschlungen wurde. Wahrhaft überrafcheud ist die Unregelmäßigkeit, mit welcher das, cm unendliches Gewirrc von Erkern, uiclgezackteu Zinnen, Thürmen, Stein-gallcricn und vergitterten Bogenfenstern aufweisende, in überladener Manier der Rococozcit mit Schnörkeln und Stückarbeit aller Art reichverzierte Hanptgcbände aufgeführt ist. Unter den zahlreichen, meist mit wcißcm Marmor überkleidetcn Gelassen nnd Kemenaten, von denen noch über vierzig Zimmer wohl eingerichtet nnd bewohnt sind, ähnelt nicht eines dem anderen, man mnss Treppen auf, Treppen ab stcigcu, mu von einem Gemache ins andere zu gelangen und vergeblich wird man unter den unzähligen Fenstern nach zwei vollkommen gleichen suchen; überaus kühn sind die weit über den darunter gahueuden Felsenabgrnnd vorspringenden Erker, von denen man eine entzückende Aussicht über schäumende Bäche, helle Wicsenflächen, dnnklc Tanncnforstc und bebante Felder genießt. Wir gelangen über ein Gewirr von Trcppeu wieder ins Freie, da fesselt ein gewaltiger Eibenbamn an der äußersten Ringmauer uoch nuseren Blick; auch an ihn knüpft sich eine seltsame Sage: Als der Grnud zu der gewaltigen Burg gelegt wurde, soll ein anö dm, heili» gen ?andc gekommener, gerade des Weges 'ziehender Pilger kopfschüttelnd, das Beginnen der Bauleute betrachtet haben, und seineu Stab iu die Vrde stoßend, ausgerufen haben: „So wcuig dieser dürre Stecken wieder grünt nud Früchte trägt, so wenig wird hier je eiue Ritterburg sich erheben." Und siehe! alsbald schlng der Stab Wurzeln, trieb Blätter und trug'saftige rothe Beeren. Der Eibenbaum a» dcr Burgmauer mm soll noch derselbe Baum sein. nnd an das Grünen desselben knüpft derVolks-glaube das Bestehen der Bnrg nud zwar nm so fester, da einst ein dürrer Ast her' abfiel und gleichzeitig der halbe Balkon des Schlosses abgetragen werdeu musste. 42 TaS Schwarznwa und Zwittawn-Thal. Doch wir vorlassen nunmehr das Schwarzawathal, in dem noch südlich von Vrünn das freundliche Mödritz, sowie die schon im eilsten Jahr-hnnderte gegründete, an mancherlei archivalifchen und archäologischen Schätzen reiche Bencdictinerabtci Naigcrn mit schöner Stiftskirche, nnd südlicher an der Einmündung der Cesawa Groß-Sclowitz, der Geburtsort der Königin Christine von Spanien, mit seinen ansgcdehntcn Fabriksgcbäudeu gelegen sind, und wollen lieber mittelst Staatsbahn einen Ausflng von Vrünn unternehmen, der nns in das geologisch so merkwürdige Zwittawa- nnd Pnutwa-thal führen soll. Haben wir bisher fast nnr den Sagen der Vergangenheit gelauscht, so wollen wir jetzt die seltsamen Bilduugen der schöpferisch wirkenden Natur-t'räfte bewundern. — Wir gelangen nämlich, im Zwittawathale aufwärts stcigcud, in das Gebiet des devonischen Kalksteins, der die kühnsten und bizarrsten Bildungen ausweist uud mit seinen zahllosen Schluchten nnd Höhlen, mit seinen unterirdischen Gewässern uud seinen verschwindenden und wieder auftauchenden Flüssen znwcitm an den Charakter des Karstlandes erinnert. Wir fahren zunächst nnr bis zur nächsten Station der nördlich von Brunn gelegenen Strecke der Staatsbahn, nämlich bis Ad a ms that. Unfern von der Hanptstadt verengt sich das fruchtbare Vrüuncr Becken zu dem engen Felsthale der Zwittawa: gewaltige Steinwände erheben sich zu beiden Seiten, nur hie und da mit Vänmen oder Stranchwert bekleidet, dnrch acht in die gewaltigen Felsmassen gebohrte Tunnels muss die Locomotive hindnrchsansen, bis endlich das Thal sich wieder erweitert, und das am linken Ufer der Zwittawa gelegene Adamsthal in anmnthigcr Niederung vor nns liegt. Wir verlassen hier die Bahn nnd wenden nnsere Schritte südwärts in die enge Thalschlucht des Kiriteiner Baches, deren von krystallhellem Wasser durchrieselte Sohle frisches Wicfengrüu bedeckt. An lustig pochenden Eisenhämmern nnd malerisch gelegenen Mühlen vorüber, gelangen wir nach etwa drciviertelstündigcr Wanderung in das liebliche „Iosefsthal" und zu der m nächster Nähe gelegenen Evagrottc, mit einem natürlichen, oben zersprungenen Felscnthorc nnd einem etwa 37^ langen Fclsengauge. Vom höchsten Pnnkte der Felsspalte aus kaun mau das ganze paradiesisch schöne Thal überblicken, während links in geringer Entfernung der imposante Eingang zur Ricsenhöhle Vej/iiskala (Sticrfclsen) den Veschancr angähnt. Am Eingänge zur Höhle bieteu Mäuncr uud Weiber dem Besucher Kienfackeln an. Wir zünden die Späne in der !gcräumigcn Vorhalle an und gelangen dnrch einen :iI2"' langen Gang, der an der Decke nnd den Seitenwändcn mit glitzernden Tropfsteinen geschmückt ist, in das Innere der Höhle, wo jedoch ein ziemlich großes tümpelartigcs Gewässer nns am weiteren Vordringen hindert; ein am Ende der Höhle angebrachter Denk- Adamsthal. Nowyhrad, 43 stein verewigt den Besnch, den iin Jahre 1W4 Kaiser Franz nnd seine Gemahlin Maria Theresia der merkwürdigen Grotte abgestattet haben. Die Wände der Höhle sind mit seltsamen, im Lichte der Fackeln wundersam glitzernden Tropfsteingebilden bedeckt nnd in .einförmig klatschenden Tönen sickert fortwährend Tropfen anf Tropfen herab, sich am Voden in Steingebilden verhärtend; wir lanschcn dem monotonen Geriescl, das schon durch Jahrhunderte in ewig gleicher Ameise herabträuft, nnd traumversunkcn gedenken wir der Tage, wo einst die'Höhle den heidnischen Mährern als Tempel des Kriegsgottes Swantewit gedient haben soll. Durch einen anmnthigen, mäßig ansteigenden Naldpfad pilgern wir wieder nach dem Ioscfsthale nnd von hier nach Adamsthal znrück, nm längs der Zwittawa weiter nordwärts zn wandern. Das von gewaltigen, dicht bewaldeten Bergketten eingeschlossene Thal wird hier so eng, dass es kaum Nanm für das ranschende Flnssbett nnd die anf hohem Damm dnrch ziemlich lange Felscntnnnels hinlaufende Eisenbahn nnd den Fahrweg bietet. Etwa eine halbe Stnnde von Adamsthal steigt der anf drei Seiten nmflntetc, schroff nnd majestätisch gleich einer Felsenzungc sich emporreckcndc sogenannte Doinbcrg anf, der die Nnincn der Vnrg Nowyhrad lNenschloss im Slavischen) trägt. Der Fahrweg schlangelt sich unter prachtvoll schattigen Buchen nm die Südseite der Nnine herum und erreicht in sanfter Steigung das Schlossthor, zn welchem eine über den tiefen Felsengraben gespannte zierliche Holzbrncke hinüberlcitct. Durch das links neben dem Thore in Rninen liegende Gebäude gelangt man über eine nicht ganz ungefährliche Holyreppc zum Wallgange der breiten Ringmauer, auf dem jetzt Gras und Schlinggewächs aller Art sprosst. lautlose Rnhc herrscht hiev, wo einst Waffen-länn getost und cisengcpanzerte Ritter uud knappen sich nmhergetnmmelt haben. Snr Schwcdenzcit hatten sich .ziemlich viel Bewohner aus der nahen Hanpt-stadt in die Burg geflüchtet; ein Bancr aus OlomnLan wies dem schwedischen Kriegsvolle den Weg zn derselben; sie wnrdc überrumpelt, die Besatzung, die sich gerade, nichts Arges ahnend, nnt Kegelspiel unterhielt, ward niedergemacht, die Vnrg selbst angezündet uud zerstört. Das Marieubild der Kapelle soll mitten in den Flammen nnvcrsehrt geblieben sein; es ist das Gnadenbild der vielbesuchten Wallfahrtskirche von Wrancm, wohin es nach der Zerstöruug vou Nowyhrad gebracht worden. Eigenthümlich anziehend nnd einen romantisch düsteren Eindruck hervorbringend ist der Blick uou dem achteckigen thurmähnlichen, mit einer sreien Umsichtsgalleric versehenen Gcbände aus über die dunkelbewaldctcn Berge, das tiefe, finstere Flussthal, an dessen jenseitigem Ufer das Kirchlein von St. Kathreiu, das am Ansgange eines lieblichen Thales sich befindet, freundlich hernberschimmert, während die hügeligen Ackerflnren von Vlansko von Norden hcrgrüßen. 44 Das Echwllrzawa« und Zwitlaw.iThal. Wir steigen vorbei an dem Schlossbrnnncn von Nowyhrad wieder znm Zwittawathal hinab, welches sich nach dem letzten Tnunel der Staats-bahn zn einem freundlichen Hügcllandc erweitert, in welchem das niedliche Städtchen Vlansko mit seinen berühmten fürstlich Salm'schcn Eisenwerken weitgedehnt lagert. Unterhalb des Dorfes Kleftailow am linken Zwittawa-Ufer, zu dem ein Steg hinüberleitct, in nächster Nähe von Blansko, mündet das merkwürdige Thal der Pnnkwa in das der Zwittawa. Wir verfolgen es anfmärts bis zur sogenannten Stcimnühle, wo es sich in zwei Arme theilt: die rechts gegen Wilimowitz sich hinangehende Schlncht heißt das öde, die links gegen Slonv aufsteigende Wafserrinnc das dürre Thal. Wir wollen nicht tiefer in das letztere eindringen, welches, obwohl ans bloßem Steinboden bestehend (daher sein Name), dennoch mit schlanken Tannen, deren tiefes Grün seltsam vom weißen Gestein sich abhebt, bewachsen ist, und folgen lieber dem öden Thale anf knrze Strecke aufwärts, nm nns dann einem rechts abzweigenden Pfade anzuvertrauen, der über blnmige Wiesen nnd an sanft im ^nfthariche sich bewegendem leichten Gestränch vorüber, uns plötzlich zn unserer gransig jähen Überraschung an den Nand eines fnrchtbaren Felsmabgrnndcs führt. Plötzlich scheint der sanfte Charakter der Gegend wie verwandelt, schanrig rauscht es in dem düsteren Walde in unserer Nähe, wild zerklüftetes Gestein nm-starrt uns und eisige Todeslnft scheint nns ans den Tiefen des Abgrnudes an-znhanchen; doch allmählich weicht das Bangen, nud wenn wir nns in den pavillonartigen Bau wagen, der die gähnende Tiefe an ihrem östlichen Nande überragt nnd nns über das Geländer, mit dem dieser kühn von Menschenhand gezimmerte balkonartige Van versehen ist, bückcu, so scheu wir, dass der 1ü6"> tiefe, also die Höhe des Wiener Stcphansthnrmcs noch um ein bedeutendes überragende Erdsturz nicht etwa ein finsterer, Granen einflößender Abgrund, sondern ein nngehencr tiefer, wenngleich nicht überall senkrecht abstürzender, selbst anf feinem Grunde noch vom goldenen dichte der Sonne besuchter, wahrscheinlich durch den Zusammenstnrz von übereinander gethürmten Höhlen entstandener Abgrnnd ist. Nur an der Stelle, wo wir stehen, fällt die Wand senkrecht nnd schwindelnd steil ab, an den anderen Seiten ist der obere Theil des Erdstnrzes kessclartig ansgeweitet (60m Breite) nnd soweit die sanftere Abscnknng es gestattet, mit verkümmerten oder halbvcrwittcrten Tannen oder wirrem Gestrüppe bedeckt, bis dann nnr mehr Farrcnkrant nnd Moosvstänzchcu dcu uacktcu Felsen mit spärlichem Grün bekleiden. An einer Stelle, links von dem erwähnten Pavillon, kann man noch vom obersten Nande bis zu einer ziemlich beträchtlichen Tiefe herabgelangen und von einer klemm Terrasse aus zur Tiefe blicken; von hier aus sieht man, dass die Sohle des Abgrundes keineswegs, wie man an dein obersten Nande vermeint hat, ebener Voden, sondern sehr abschüssig sein müsse. Übrigens ist der Boden des ungeheneren Schlnndes, zn dem sich, nicht allzuhäufig freilich, der Strahl der Sonne noch hinab- T K' MazüHc,. 46 Das Schwnr;awll- und Zwittawa-Thal, stiehlt, mit Gras und Gesträuch überwuchert; zwei klare Teiche befinden sich am Grunde, welche ein Bach verbindet, der auf der einen Seite in den Felsen hineinfließt, nm anf der anderen wieder silberklar ans Tageslicht zu brechen nud sein frisches Wasser dem Pnnkwathale znznführcn. Von der Tiefe des Erdstnrzcs kann mau sich auch überzeugen, wenn man von dem obersten Häuschen einen Stein hinabmirft; erst nach Verlauf von 6—7 Secunden langt er in der Tiefe au, Steine mittlerer Größe kann nur ein scharfes Auge mehr wahrnehmen, wenn sie dcu Grund erreichen. Mehrmals bereits und zwar seit dem Jahre 1723 sieben Male, wnrdc dieser wilde uud unzugängliche Erdstnrz erforscht, ohne dafs es jedoch gelungen wäre, bis zu jenen weitverzweigten Grottengängen zu gelangen, die sich in die Nacht der Felscngründc verlieren und wahrscheinlich bis zur Höhe des Erdsturzes emvorführen. Weuigstens fand die letzte Expedition, welche am 21. August 1«56 von Dr. Wankel und dem Altgrafeu Erich zu Salm unternommen wurde und bei der sich die Theilnchmer auf Seileu hinunter lassen musstcu, nicht nur zwei dunkelgrüne Teiche von 22"> Durchmesser, sondern auch einen Fclsengaug 113m hoch cmporführend, der aber wahrscheinlich durch äußere Einflüsse verschüttet wnrde, was die Entstehnng des Erdstnrzes durch zusammengebrochene Kalkhöhlen noch mehr bestätigt. Die genannte Expedition hoffte durch das am Grunde der Mazocha fließende Wasser bis zum Aus-gange der Puukwa zu gclaugcn, wurde aber durch Strauchwerk und Gebälke gehindert, welches wahrscheinlich in Folge einer Überschwemmung von den umliegenden Mühlcu iu die Mazocha getrieben wnrdc. Die unterirdische Verbindung des Erdfalls mit den nördlich von ihm gelegenen Slouperhöhlcn bewcifeu die vielen trichterförmigen Öffnungen des kalkigen Bodens, welche, den Dolmen des Karstes nicht uuähulich, von den Vcwohnern „Wirbel" genannt werden. Den mährischen, wie den krainifchm Vertiefungen ist es gemeinsam, dass das Nasser beständig in den durchlöcherteu Boden hinabsickert, so dass im hohen Sommer die Erdoberfläche sehr wasserarm ist. Der schaurige Abgrund war natürlich in früheren Zeiten noch viel mehr gefürchtet und gemieden als gegenwärtig; noch heutigen Tages treibt übrigens der Landmann bei heranfziehcudcm Unwetter fein Vieh von dem Rande deß Abgrundes, weil der durch die Höhlung streichende ^nftzng den Blitz lockt. Der Name des Erdsturzes bedeutet im Slavischen soviel als „Stiefmutter" nnd über den Ursprung desselben ist folgende Sage im Munde des Volkes: Dic Witwe eines Bauers aus dem benachbarten Dorfe, welche sich aufs uenc mit einem Landmann, der gleichfalls einen Knaben aus erster Ehe hatte, ucrmählt hatte, behandelte dieses Stiefkind sehr hart. Da jedoch der Knabe, allen Mißhandlungen zum Trotze, kräftig und uom Vcttcr innig geliebt, heranwuchs, beschloss sie eiust dic Abwesenheit ihres Mannes zu benutzen und ein teuflichcs Nachcwcrt auszuüben. Sie suchte den Knaben, den sie am Grabe seiner Mutter weinend traf, auf und lockte ihn, mit der Weisung Schwämme zu suchen, an den Rand des Abgruudes. Sloup lind seine Höhlen. 47 Als sich der Knabe auf ihr Geheiß cm wenig über denselben bückte, stiesz sie ihn mit aller Kraft in die grausige Tiefe. Doch vorzeitig war der Vater zurückgekehrt und als er deu Knaben nicht zu Hause traf, voll böser Ahnungen ihu suchen gegangen; eiu schwaches Wiunnern, das aus der Tiefe des Erdsturzes heranfdrang, leitete ihu auf die Spur und mit einigen hilfreichen Genossen wurde der Knabe, der sich beim Falle an ciuein vorspringenden Hasetstrauche festgehalten hatte, wenig verletzt aus der Tiefe heraufgezogen. Die Rabenmutter, die van Gewissensbissen gefoltert, in dem nahen Walde herumirrte, wurde von den erbitterten Baueru zur Sühne ihres schreck' lichen Verbrechens nun selbst in den Abgrund gestürzt, der seit dieser Zeit den Namen Mazocha. Stiefmutter, führt. Ein vaterländischer Sänger, Josef Freiherr von Hammcr-Purgstall, feiert die Sage von der bösen Stiefmutter in einer Dichtung, deren Fassung ein wenig von der obigen Erzählung abweicht. Hlmip, Doch nicht länger wollen wir cm diesem von düsteren Sagen mn-rauschtcn Ort verweilen, nicht länger in den schwindelnden Abgrund dieses merkwürdigen Erdstnrzcs starren, wir kehren wieder in die Schlucht des öden Thales zurück nnd bald liegt still und anmuthig, umkränzt von schön geschwungenen Waldhngeln der freundliche Wallfahrtsort Sloup vor uns. Der Nnudbau der Marienkirche birgt ein wunderthätigcs Gedenkbild, zn dem jährlich tanscnd nnd tausend Landlcnte wallfahren. Vor dem Dorfe rieselt ein silberklarcr Bach, in dessen Fluten muntere Forellen plätschern; seinem ^anfe folgend, gelangen wir bald an den Eingang ;n dem Labyrinthe der Tropfsteinhöhlen, die eine wahre Sehenswürdigkeit der Gegend sind. Ein feltsam gestalteter Felsblock (Hrebcnas genannt) erhebt sich vor dem Eingänge in diese unterirdische Welt, gleichsam als wollt' er die klaren 48 Das Schwnv^awa- u»d Zwittc»wc>-Thnl, Fluten vor dem Reiche der Nacht, dem sie zustürzen, und welches sie alsbald verschlingt, warnen. Überraschend ist die Länge und Ausdehnung der Grottenränmc; der etwa hundert Schritte lange Hanptgang verzweigt sich rasch in eine Menge bald breiter, schön gewölbter, bald wieder jedes Vorwärtskommen verhindernder enger und niedriger Stollen, dann wieder treten wir in Säle oder domartige Hallen voll phantastischer Pracht. Dann klimmt man ans schwanker Treppe zu dem Nande, einer trichterförmigen Vertiefung, welche bezeichnend der „Abgrund" heißt. Seine Tiefe verräth die lange Fallzeit eines hinabgeworfencn Steines. Er umfasst weitläufige unterirdische Hallen, in deren einer sich ein kleiner See befindet. Die Seiten-Wände dieser Höllenrämne, von dem düsterrothen Schein der Fackeln beleuchtet, glitzern und flimmern im Glänze von Millionen Krystallen. Eine Grotte heißt die Nirgrottc, die im Winter im leuchtenden Schmucke ihrer Eisgebilde märchenhaft erstrahlt. Von dem „Abgrund" führt der sogenannte Casca-dcngang, in dem unaufhörlich unsichtbare Wässer rauschen, zu einer Stelle, wo seit Jahrtausenden zwischen Schichten aufgeschwemmten Vodcns zahllose Skelette vorsnndflntlicher Thiere gelagert sind; hier fand man Knochen vom Höhlenbären, Höhlentiger, Höhlcnmarder, Vielfraß nnd der vorsündflntlichen Hyäne. Ebenso berühmt wie die Slouper Höhlen sind die Höhlen von Ochoz, welches etwa zwei Wegstunden entfernt ist. Hier liegt die Königin aller mährifchen Tropfsteingrottcn, die, wenngleich bei weitem kleiner, als die Adclsberger Grotte, dennoch lebhaft an dieselbe erinnert: denn auch in dem domartigen Raume der Ochozer Höhle bringt das Glitzern der unzähligen Tropfsteingebilde, die gleich funkelnden Edelsteinen schimmern, einen bezaubernden, die Phantasie berückenden Eindruck hervor. Bon der Zeit, da die Panzerfische der Urzeit mit ihren knorrigen Leibern um die Kalkfelsen Mährens glitten, bis zur heutigcu Stunde ist des Wassers Arbeit ewig die gleiche. Mit pcudeluhrartiger Regelmäßigkeit fällt Tropfen für Tropfen herab, Schichte für Schichte hinwcglcckend nnd in Myriaden Stäubcheu zn ncncn Gebilden sich ansetzend. Und wie wnnderbar sind nicht diese Gebilde! Von welcher Feinheit künstlerischer Ansführnng sind oft die Draperien, mit denen die Felsen- und Höhleuwände ausgeschmückt sind. Ein im Fluge erstarrter Vogel, ein vom Froste überraschter Katarakt, ein feines Schleicrgewebe, eine schneeweiße, wohl gefaltete Nömertoga, all das ist mit seltener Treue dargestellt. ^^ Doch wir kehren wieder znr Slouper Höhle zurück, aber nicht mehr soll uus die Nacht des Abgruudes umfaugcn, wir wollen wieder ganz der Oberwelt gehören; dort wo wir ans Licht des Tages emporgestiegen sind, fesselt ein gigantisches Felscnportal unferen Blick, welches nicht mit Unrecht dm stolzen Namen des mährischen Pausilippo führt. Wir wenden uns ostwärts in das reizende Thal von H olnstein, welches eine halbe Stunde von Slonp entfernt ist. Wie erquickt sich unser durch das lange Ver- Oslrow. VoSfowih. 49 weilen ini düsteren Höhlcngcwirre nur an die schatten der Unterwelt gewöhntes Auge an dem Smaragdgrün der Wiesen, die von Ahorn- und Blichen Hainen malerisch eingefasst sind. Die Nniucn der einst so furchtbaren Raub-ritterburg von Holnstciu mit dem schaurigen Verließe, in dem man eine Menge Menschcnknochen vorfand, verlieren ihre Schrecken inmitten dieser lieblichen und idyllischen Umgebung. In dem Umkreise des Thales finden sich viele Grotten und Höhlen, in deucn unterirdische Gewässer ranscheu: überhaupt ist der Boden weit und breit dnrchhöhlt, davon liefern noch die Spuren grauscr Erdstürzc an der südwärts führenden ^andstruße den dent' lichen Beweis. Bei den: Dorfe Ostrow befinden sich noch die lange und niedrige Schafgrotte, welche Stalaktite enthält, nud die „.^aisergrotte" oder Nllstowi^, „Einodis" mit einem großen unterirdischen See: wir aber gclaugeu durch das dürre Thal, iu dem ein hochgcspauutcr Fclsenbogen, die Tenfclsbrücke, sich über nns wölbt und das finstere Auge der sogenannten Nittcrhöhlc uns eutgegcnstarrt, wieder an den Pnnkwafluss und läugs desselben ius waldumgürtete, fclseuumrandete Thal der Swittawa znriick. Eine des Befuchcs werte Station der Staatsbahn, die dieses Thal durchzieht, ist auch das alte gcwerbflcißigc Städtchen Boskowltz. Im Westen an steile, waldige Anhöhen gelehnt, erstreckt es sich mit seinen spärlichen Gassen nach Osten in die Ebene, so dass nach dieser Seite der Blick über eine weite, mit wogenden Kornfeldern bedeckte und mit Ortschaften dicht bcsäetc Ebene, welche am fernen Saum des Horizontes in die kleine Hanna übergeht, schweifen kann. Die im Westen emporragenden Anhöhen Tmolle: Marlgrafschast Mährni. 4 50 3)ns SchwlN",awa- »,id Zwittnw^Tl,lll. bilden drei 5inppcn, auf derm einer die Rninen der ältesten Burg hart an drm von dichtem Föhrcnwalde bestandenen Abhänge, an dessen Fnß die über zerklüftetes Gestein tosende Vicla dahinschänmt, emporragen. Das Geschlecht der Voskowitzc spielt in der Geschichte Mährens eine bedeutsame Nolle, besonders vor dem gcwaltthätigcn eiscrueu Schcmbera von Boskuwitz, dem letzten seines Stammes, der dem Prior nnd Convcute der Dominicaner zu Vrünn gar übel mitspielte, und daher uoch jetzt zuweilen als wilder Jäger auf feurig schuaubcudcm Rosse in schaurig flüsteren Nächten beim Kloster vorbeisauseu muss, weiß die Sage des Volkes gar viel zu erzählen; anch von dem holden Nittcrfräulcin Miloslawa, die vom Söller in die Tiefe stürzte, da sie vorschnell ihren Geliebten untren wähnte, erklingt die traurige Mär. Der Urspruug des einst so mächtigen Rittergcschlcchtcs wird in die granestc Vorzeit zurückversetzt. Zur Zeit da zuerst das Christenthum in Mähren Eingang fand, soll Fürst Priwina, der angebliche Begründer vnn Brunn, der auf Burg Spielberg herrschte, sich einstmals in den meilenweiten dichten Forsten, die rings sein Schloss umgaben, verirrt hnben. Trci Tage schon irrte er nmher, und war bereits dein Hnngertodc nahe. da gcrieth er endlich in eine mitten im Walde verborgene Hütte, die dem armen Vogelfänger Wclen gehörte. Dieser nahm den uerirrten Jägersmann, ohne m ihnt seinen Fürsten zn erkenneil, freundlich auf. Pflegte sein, so gnt er tonnte; am nächsteil Zilorgen strählte er ihm die verworrenen Haare mit hölzernem Kamme. Der Fnrst, welcher in dem Bogelfänger einen edeldenkenden Jüngling kennengelernt hatte, gebot diesem, sich am nächsten Tage in dcr Burg Priwinas einznsinden und dabei dVn Finnin als ürknlnungszeichcn 'mitzubringen. ' Welen that dies und der Fürst nuichte ihn alsbald zn seinem Ritter, gab ihm den goldenen Kamm im rothen Schilde zum Wappen nnd schenkte ihm alles 5'and auf der Höhe rings um den Bogl'lherd. Als Welen mm mit den Seinen vergnügt durch deu Wald schritt, um den Platz zn suchen, auf dem er die neue Bnrg erbaneu möchte, stieß er mit seiuem bloßru Fuße an eiueu spitzen Stein, dass Blnt heransrann; doch Welen rief lachend seinen Neglritrrn zn: .7^ n^än )><>5k! bl'i Slnwilowiy. 51 bekannt sind: Zwittau nämlich und Vriismi. Östlich vou Zwittau liegt Mährisch^Trüban (I'.NX) Eiinrohner) mit einem stattlichen an Alterthümern und Knnstschätzcn reichen Liechtensteinischen Schlosse, einst uutcr dem pracht-licbrnden Welcn von /erotin, der eine große Anzahl voli Kinistlern nud Gelehrten hichcr berief, uicht mit Unrecht das „mährische Athen" genannt. Wir aber uchmen hier, nicht weit von der Grenze Böhmens, Abschied vom malerischen Zwittawathalc, nm zur Landeshauptstadt zurückzukehren. Ein kurzer Ansflng ans der Zweigbahn, die von Brunn nach Prcrau führt, bringt uns zu zwei geschichtlich denkwürdigen Plätzen. Ans der Ebene bei Austerlitz fielcu einst die eisernen Würfel des Krieges und über dem Mährisch ^vüliau. blutgedüngten Vodeu leuchtete die Sirgcssonuc des französischen Eroberers. Unsern von diesem weltberühmten Schlachtfcldc liegt ein anderes Feld, ein schlichter Acker mir, der aber durch eiu Werk des Friedcus berühmt ist, von dem gleichfalls die spätesten Iahrhnudertc sich erzählen werden. Es ist der Acker bei dem Dörfchen Slawikowitz, anf dem ein Pflügcr aus kaiferlichcm Geblüte einst die Furchen gezogen. Das Denkmal, welches sich hier erhebt, mit den in Lilien endigen-dcu Stäbcu der geschmackvoll soliden Gittcrcinfassung, ist aus der Salm'-schm Eiscugrwcrks Fabrik zu Blansko, und hat sannut der aus Quadersteinen aufgeführten Plattform eine Höhe vou über tt'/,. m. Schöu sind die Embleme des kaiserlichen Namcuszuges, der Garben nud des mährischen Adlers, womit die vier Seiten geziert sind, wahrhaft künstlerisch aus- 4* 52 Znnim und das TlMiathlil. geführt der fliegende Adler, der dic Spitze dcr Pyramide krönt. Die Inschrift in deutscher, lateinischer und böhmischer Sprache lantet: ,,Kaiser Josef II,, hochachtend den Ackerbau, den Ernährer der Menschheit, pflügte auf diesem F>lde am N>. August 17i>',>," „Dem Andeuteu des trefflicheu Fürsten weihteu Mährens Stände dies ueu er« richtete Deutmal 1835". Die südliche Linie der Staatsbahn soll uns mm von Vrüuu aus in das mit Naturreinen anderer Art rcichgeseguete Thayathal, zunächst nach der Thayastadt pllr «x«c!!Ini>L^, dem geschichtlich und landschaftlich merkwürdigen Städtchen Znaim führen. 4. An aim und das Lhauarhal. (Die südliche Linie der Staatsbahu von Brüuu aus. — Znaim. die Perle des Thaya- thals. — Sealsfield-Postl und Prot^p Diwisch. — Klosterbruck, — V«n Zuaim die Thaya aufn'iirts. — Schloss Fraiu, — Vüttan, — Die Nordwestbahu bis I^lau.) Die Strecke dcr Staatsbahu vou Vrüuu nach Grußbach bietet, über den Gebirgswall, dcr das böhmisch-mährische Terrasseulaud vou dcr Ebene trennt, hinüberführen!), eine Fülle landschaftlich schöner Puutte dar; besonders wo das Flussthal der Iglawa in tiefgelegcnem Bette den Gcbirgs-zug durchschneidet, entbehrt die Gegend nicht einer gewissen romantischen Wildheit und Erhabenheit. Bei dem spargclreichen Eibeuschutz übersetzt das Geleise dcr Bahn auf einer kühn und doch fast zierlich gebauten eiscrncn Brücke die tief unten rauschende Iglawa. Eigenartig überraschend ist auch das Städtchen Mährisch-Kromau sitmert. Nicht unmittelbar an dcr Bahnstrecke liegend, ist es vollständig verborgen; erst wenn man hart an den Nand des ziemlich engen Kessels getreten ist, in welchem es wohlversteckt ruht, wird mau förmlich überrascht, zu seinen Füßen das van ciuem stattlichen Fürst Liechtensteinischen Schlosse überragte Städtchen sich im Thalgrunde ausbreiten zu sehen. — Südlich von Kromau verliert die Gegend immer mehr au Reiz und bei Grußbach, woselbst sich eine stattliche nach den Principien modernster Technik splendid eingerichtete Zuckerfabrik besiudet, sind wir schou mittcu in der Ebene. Wir benutzen die von Grußbach abzweigende, anfangs dem Laufe des Iaispitzbaches folgende Flügclbahn und in kurzer Frist sind wir in dem Hauptorte des Thayathalcs angelangt. Doch von dieser Seite ist dcr Anblick des Städtchens wenig bedeutend; desto imposanter uud überraschender ist der Eindruck, den Znaim auf den mit der Nordwestbahn von Wien herkommenden Reisenden ausüben muss. Lange bevor der Zug über die 45>" hohe,. Dic Stadt Znan». 53 ganz aus Eisen construierte Brücke, ein wahres Meisterwerk des modernen Vrückeubancs, branst, ist die Stadt sichtbar, deren blinkende Häuser wie con unsichtbarer mächtiger Hand anf den Kanim und Rücken eines den ranschenden Thayaflnthm kühn entsteigenden Felsen-kcgels geworfen zu sein scheinen. Hart an den Fluss schmiegen sich zuerst Anen und Gärten, nnter denen der sogenannte Faschinggarten, ein klein wenig oberhalb der Eisenbahubrnckc, ein beliebter Ausflngsort' der Zuaimer Welt ist, dann treten die Hänser der Le-dcrcrgasse bis unmittelbar an die Thaya heran. Hier hatte seit uralten Zeiten die Znnft des Lcdererge-wcrbes ihre Gerbeplätze. Von dieser am Rmid des Flusses sich hingehenden Straße klimmt dann in regellosen: Gcmirrc, gleichsam als wollte ein Häns-chen das andere überhasten , die sogenannte Grnbc nnd hoher hinan die eigentliche Altstadt die Granitwand des Felsens empor, bis oben der schlanke Van der Stadt-Pfarrkirche von St. Niko-lans, sowie der sogenannte „Heidentempel", ein seltsamer, ans massivem Stein-Werk aufgefiihrter Nnnd-ban, der in grane Vorzeit zurückreicht, und die Ilbrrreste der alten Herzogsbnrg den Platz bezeichnen, den einst der Burgfrieden umschloss. Ein mächtiger Wall zog sich am Rande des ohnedies fast uneinnehmbaren Berges bis an die Westseite desselben hcrnm, deren nackte, Kaiser Iosej am Pflug. 54 Znaim und d^s ThayiNhal. von Gras und Strauch entblößte Felswand fast senkrecht gegen die tief eingerissene Schlncht des hier mit der Thaya sich vereinigenden Granitzbaches abfällt. Anf der gegennberliegendeli Seite dieser Schlncht steigt ein zweiter mächtiger Fclshügel empor, dessen Anhöhe Kirche und Stiftsgebände der dem Präger Kreuzherrenorden gehörenden Probstei Pöltmberg krönen. Schmuck und nett find die Hänschen des gleichnamigen Ortes und überaus frenndlich ist der Spaziergang in das nahegelegene Weskaner Wäldchen. Wald und Wiesen wechseln gar anmnthig mit einander und nach allen Seiten ist der Ansblict von der Poltcnberger Höhe hübsch nnd erfreuend, Wälle uno Thore, die Znaim umgürteten, siud längst verfchwnnden. Die frenndlichen Anlagen des Karolinenberges, deren in den Granit gehauene Scrpentinenwege einen köstlichen Ausblick ins Thayathal gewähren, sowie wohlgepflegte Alleen, die den oberen Theil der Stadt mit der zum Bahnhofgebäude der Nordwestbahn führenden Straße verbinden, sind an die Stelle der Wallgräben und Ringmanern getreten, und doch erinnert noch so vieles, was nns bei einem Gange durch die Stadt anfstößt, au die reichbewegte Vergangenheit des Städtchens. Am Bnrgplatze stand die alte Markgrafenbnrg, die wohl schon zu Anfang des 11. Iahrhnndcrts bestanden haben muss; nicht weit davon erhebt sich der in Notuudeuform aufgeführte Heideutempel, dann der noch aus der Seit der Krenzzüge in die frenndlicherc Gegenwart hineinragende Näuberthurm. Jetzt dehnt sich, an diese verfallenden Denkmale der Nitterzeit anstoßend, der schattig knhle Bräuhausgarten anf hoch über den Spiegel des Thaya-flusscs emporragender Felfenrampe ans. Von diesem Punkte hat man die herrlichste Fernsicht den Flnfs abwärts bis zu dem in prächtiger Fm.ade her-überfchiminernden Gebäude von Klosterbruck, eiust einem Kloster, gegenwärtig Garnisonsgebändc, das sich stolz ans den wogenden Baumkronen des Parkes erhebt; andererseits schweift das trunkene Angc flussaufwärts, bis sich das Silberband der Thaya in die dämmerige Nacht der die steilen Berghänge bedeckenden Wälder verliert. Aber nicht bloß hier an der Stätte, wo einst Waffengcklirr im ernsten Kampfe, wie im prächtigen Ritterspiele crtlnngen ist, erschallt jetzt fröhlicher Lärm der nach des Tages Arbeit sich labendeu Gäste, uoch mehr hat die Stadt ihren alterthümlichen Charakter au dem entgegengesetzten Ende, der östlichen Seite, abgestreift, wo fich gegenwärtig die schöuste Straße Zuaims,, die mit hübschen Gebäuden eingesäumte Hauckstraßc bcfiudct; hier steht auch der monnmentale Bau der neuen Oberrealschule, welcher seine stattliche Facade schönen Anlagen zukehrt. Au dieses Gebäude schließen sich mit der Fronte gegen die Bahnstrecke eine Neihe im modernen Wiener Baustile erbauter Häuser, das Ncu-Znaim der Zukunft. Vor dem Gebäude der Oberrealschule dehnt sich der hübscheste Platz Znaims, der Kopalplatz, ans, auf welchem sich ein schlanker Granitobelisk erhebt, dessen Seiten Inschriften nnd Die Swdt Znaim. 55 Znaini 56 Hnaim und das Thayathal, Waffentrophäen zieren, während seine Spitze eine aus dcr Meisterhand Fern-torns hcrvorgcgangenc geflügelte Siegesgöttin trägt. Prächtig hebt sich dieses zu Ehren des bei Znaim geborenen rnhmgetrönten Sirgers von Sta. Lucia und Vieenza, Obersten Karl von Kopal, errichtete einfach schöne Denkmal von dem frischen Grün der Alleen ab, denen es seine beiden Seitcnwände zntchrt. In der belebtesten, leider stets hügclan führenden Hauptstraße dcr Stadt, welche die beiden größten Plätze Znaims nut einander verbindet, erhebt sich das, schon dem ehrwürdigen Änßcren nach, hohes Alter verkündende Nathhans mit den: seltsamen, nennspitzigen Thnrme, dem weithin sichtbaren Wahrzeichen dcr Thayamctropole, dessen oberste Spitze 79-:;>!>n ^»^ über dem Niuean der Straße aufragt. Die Füttergasse, eben die Hauptuerkchrs-ader dcr Stadt, führt einerseits südwärts in die nntcrc Vorstadt, andererseits über den oberen Platz dnrch enges Gasscngcwirr in die obere Borstadt. Da Znaim fast am Nordsaume des österreichischen Wcingeländes gelegen ist, da, wo die Rebcnhügcl der südlichen Striche an die spärlichen Getrcide-fluren des nordwärts gegen Iglau sich ausdehnenden Hochlandes sich anlehnen, erfreut eö sich eines doppelten Klimas, und in allem Ernst kann man beobachten, dass der Temperaturnntcrschied zwischen der oberen und nnteren Vorstadt stets nm 1 bis 3 Grad Cclsins variiert. Entsprechend den vielen Denkmälern, an denen die Stadt und hauptsächlich ihre Kirchen, unter denen wir noch die angeblich von König Wratislaw im Jahre 116.^ gestiftete Michaelerkirchc hervorheben, reich sind, ist Znaims Geschichte eine sehr bewegte gewesen. Sitz von eigenen Herzogen bis ans die Zeiten .König Wenzels I. wurde es von diesem nnd seinem ehrgeizigen Sohne Ottokar ganz besonders reich bedacht nnd mit Stiftniigcn uud Frei-heitsbricfcu bcguadct; hier rnhte auch die Leiche Ottokars dnrch Itt Jahre hindurch. In den stürmischen Zeiten der Neligionskämpfc ward Znaim von ^Kaiserlichen und Schwedischen schwer heimgesucht. In Znaim verweilte Wallenstcin, als der Baiser zmn zwcitenmale wegen dcr Übernahme des Commandos sich an ihn wandte; in Znaim verblieb Napoleon mit seinem Etabc dnrch längere Zeit, nnd im Meierhofe von Zuckerhandel (einem dnrch feinen Wein berühmten Dörfchen nahe der Stadt) wurde der Waffenstillstand unterzeichnet, der dann am 14. October 1800 zn dem für Österreich so drückenden Wiener Frieden führte. Doch nicht länger sollen die Schatten der Geschichte sich nm nns breiten, das Sonnenlicht lacht nnd der Himmel blant so tief, nnd die Thaya grüßt verlockend znm Felscnberge heranf und ladet uns zu einer Wanderung in ihrem reizend schonen Thale ein. Wir steigen also den Karolinenberg, der auf jedem seiner balkonartigeu Nnheplätzchen nene reizende Ausblicke ins Thal gewährt, hinab nnd befinden uns bald auf dcr Thalsohlc des Flnsses, die hier noch ziemlich breit und mit Anen und Panmgruppen bekränzt ist, bald aber so enge wird, dass die Pöltcnbrlss. Rnbo»sleui, 57 schroff absteigenden Felswände ihren Fnß unmittelbar im wild anfschänmenden Wasfer des Flusses netzen nnd nicht der schntalstc Saumpfad über den zerklüfteten, der grünen Pflanzendecke entbehrenden Granit führt; doch dies haben wir im Beginne nnferer Thalfahrt nicht zu befahren. Wo der Pöltenbcrg sich steil nnd rissig znr Thaya hcrabsenkt, da fesselt ein seltsam geformtes Felsgcbildc den Blick des vom Ufer aufwärts schaneudcn Wanderers. Gewaltige Felscntrümmcr haben sich nämlich so abenteuerlich aufeinandergethnrmt, dass das Profil eines Nicfenkopfcs deutlich sichtbar wird. Menschenhand ist hieran ganz unbethciligt, wie jeder, freilich nicht so mühelos, sich überzeugen kann, wenn er zur tiefgefnrchten Felseustirnc empor-tlettert. Der Mnnd der Sage erzählt von diesem Steine, der „Nabenstein" genannt, wie folgt: Ritter Scyfried und sein Vater waren wegen blutiger Nachethat von der Reichs' acht getroffen worden. i>iur vuu einem Diener begleitet, flohen sie vou ihrer Burg in liu>uegsames Laud. Ta ivurdeu sie vuu einer feindlichen Schar überfallen nnd weggeschleppt; der Ritter entsprang nnd kam wie durch eiu Wunder zum jetzigen Rabeusteiu, wo iu prächtigem Schlosse die Fee Hiltrude wohnte. Bald ivurdeu Seyfried uud Hiltrnde eiu Paar nud uier bli'cheude Kiuder n>aren schon ihreiu Ehe glücke entsprossen, da fand der Ritter, des' sen Freuden nur durch die bauge Sorge um des Katers Schicksal getrübt wurden, einst auf einem Ritte den Kuecht, der ihu llud seineu Vater ans der Flucht begleitet hatte; auch er war seiner Haft entsprungen; alls des Ritters eilige Frage, ob der Vater noch unter deu Lebeuden waudle, sagte der Diener, der schwache Greis schmachle im schämigen Verließe der Burg von Zuaim; rasche Hilfe künue ihn iwch retten. Schnell sammelte der Ritter seiue Reisigeu um sich, uud der Wuth des Augriffcs understand die Feste nicht: dennoch vermochte Seyfried zu spät erst zum Verließ zu driugeu; als er die Thüre mit wuchtigem Arthiebe gesprengt hatte, lag der blutüberströmte Leichnam seiues Vaters vor ihm. Wahusiuu umfieng nun feiue Siune, er draug mit dem Schwerte gegen seine eigeueu Äindcr ein, uud fchon hatte er drei getödtet, schon hatte er die Wafse zum Streiche gegeu das Haupt des vierteu Knaben, des Lieblings der Mutter, crhobeu, da bauute eiu Zauberspruch der Fee Hiltrude. die vom Schlosse herbeigeeilt war, den Arm, der Ritter erstarrte zn Stein; das Felseuschloss verfiel, Hiltruden aber uud den letzten Kuübcu sah uicmand wieder. Das ist die Sage vou dem Rabenvater, dessen steinernes Antlitz uoch immer drohend gegen Znaim sieht. So düster diese Sage, so lieblich wird bald die Ufcrlandschaft; wo sie wieder ernster wird, erblickt man rechts ziemlich steil ansteigend dichte Waldbestände, in deren Mitte sich Überreste einer Ningmancr nnd gewaltige P»s!l T^löfield. 58 Zülnm und das Thayathal. Trümmerhaufen vorfinden. Der Volksmund kennt sic unter dem Namen Markomannenlager, die Geschichte aber hat noch nicht versncht, das Dunkel dieser räthselhaften Steinmassen aufzuhellen. Wir schreiteu noch einige Zeit das Thal aufwärts uud biegen dauu zur linken Haud ab, um zu ciuem Fclsblock zn gelangen, von dem man des Flusses malerische Wiuduugeu bis dort, wo aus der Ferne das stolze Stift von Pöltenberg herübergrüßt uud die Thürme der Stadt Znaim ans dem Nebelschleier hcrvorblinken, übersehen kaun. Hier auf diesem lauschigen Plätzchen soll oft ein Knabe, da er noch Student des Stiftsgymnasinms in Znaim war, träumend gesessen sein; so kühn er aber anch geträumt habeu mochte, kanm wird ihu die Phautasie in die Grasslurcn des Mississippi geführt haben. Und doch sollten dereinst die Wellen des Grasoceaus um die Flanken seines Pferdes schlagen und das Kreuz des südlichen Himmels über seinem Haupte erglänzen, denn der jugendliche Träumer war der iu dem uahen, freundlichen Dörfchen Puppitz geborene Karl Postl, den sein Vater, der strenge Dorfrichter Anton Postl, und die fromme Mnttcr Juliane, geborene Nabel, sowie wahrscheinlich eigener Ehrgeiz später iu deu reichen Orden der Kreuzherren zu Prag führten. Doch plötzlich verschwand Postl, der es in kürzester Zeit znm Secrctär seines Ordens gebracht, ans den Klostcrmaucrn uud verschwaud, wie es schien, auch aus der Welt, Da tauchteu iu deu dreißiger Iahrcu uuscres Iahrhuudcrts Romauc auf, die mit glühender Farbenpracht und energischer Lcbeuswahrheit Zustäude uud Menschheit von jenseits des Weltmeeres schilderten nnd das höchste Erstaunen wachriefen. Leider sind selbst die besten dieser Romane, wie: „Der Legitime nnd der Republikaner", „Der Vircy und die Aristokraten", „Transatlantische Neiseskizzeu", „Lebensbilder aus den beiden Hemisphären", „Süd uud Nord", trotz ihres bleibeudeu Gehaltes schou ganz verschollen. Man forschte uach dem Verfasser, der sich Charles Scalsficld nanute; es hieß, er sei eiu weltscheuer, knorriger Amcrikaurr mit einsiedlerischen Lebeusgewohuhcitcu, der sich zu Solothuru eiu eigcucs Laudhaus: „Uuter den Tauueu" gekaust uud ab uud zu nach Amerika reist, wo er ausgedehnte Plautageu hätte. Wer wollte da au deu Poupitzer Baucrnsohu deuten, der aus irgend einem Grunde den Zwang des Klosters abgestreift nnd für immer verschollen war? Uud doch ist Charles Sealsfield uud Karl Postl eine und dieselbe Persönlichkeit. Das Testament, welches der große Unbekannte zu Solothnrn am Abende seines Lebens mit zitternder Hand niedergeschrieben, brachte insofernc Licht in diefes dunkle Leben, als der Bürger der Vereinigten Staaten, wie sich Sealsfield mit Vorliebe nauute, die Kinder des Anton Postl iu Poppitz, uuter ihueu auch deu vcrfchollcueu Sohn, also sich selbst, zu Erben seiues übcrseeischeu Vermögens eingesetzt. Siuneud über dieses gefeierten Schriftstellers räthselhafte, eigentlich nur an ihrem Ausgaugc uud ihrem Veginue vom Lichte sicherer Knndc erhellte Lebensführung stehen wir auf dem Kirchplatze des Dorfes Poppitz vor dem ,^arl Postl. Po^vitz. Protcft Diwlsch. 59 schmucken Häuschen, desseu Wand nut einer Gedenktafel folgenden Inhalts geziert ist: „Dem Dichter Charles Scalsfield (Karl Postl), Bürger von Nordamerika, geb. den !,. März 17l>:5, gestorben den 2(>. Niai 1.^64." Noch lebt in dem weißgetüuchtcu sauberen Häuschen die greise Schwester des Dichters an der Seite ihres gleichfalls hochbetagtcn Gemahls, des Poupitzer Schnllehrers Dan. Pahr: ein Grcisenpaar, wie einst Philemon uud Baucis. Poppitz liegt überaus anmuthig; geht man von hier über die breite Knvpe des Knhbergcs, so wird man, wenn man an den Nand des gegen den Thayaflnfs sanft abfallenden Hügels getreten, durch eiu Bild überrascht, welches, besonders wenn schon die Nacht über die Halde herabgesunten ist, von wahrhaft magischer Wirkung ist. Der gegenüberliegende Felscngrat scheint wie mit hundert nnd hnndcrt Brillanten übersät, es ist Znaim, welches sich mit dem Labyrinthe seiner bclenchteten Gassen und Hänser auf der vor uns liegenden, dnrch das glitzernde Band der Thaya von nns getrennten Anhöhe ansbreitet. Surrechten Hand liegt das vom Schimmer des Mondes übergossene, fürstliche Gebäude vou Klosterbruck, dessen breite Faxade sich schon vom dnntlen Grün des Parkes abhebt. Hier lebte, als das mächtige Gebäude vor der Aufhebung dnrch Kaiser Josef II. noch ein stolzes Klosterstift war, in stiller Gelehrtcnznrückgczogen heit ein Mann, dessen Andenken erst wieder die jüngste Gegenwart aus dem Schütte der Vergessenheit hcrvorgegrabeu hat; es war der Stiftsprior Prokop Diwisch, der sich rühmcu konnte, vor Franklin den Blitzableiter erfunden zu haben. Geboren den 1. Angust 1<»'.N! zn Sonftcnberg (Böhmen), widmete er sich neben seinem geistlichen Berufe mit (5ifer den Naturwissenschaften. Am 15. Iuui 175:i — mithin früher als Beuj. Franklin - stellte er den ersten Blitzableiter in Brenditz bei Znaim auf und erhielte damit den glänzendsten Erfolg; doch ou,' Banern, die das abergläubisch angestaunte Instrument für die Ursache des trockenen Sommers hielten, rissen eines Nachts dasselbe nieder und der Wctterleitcr dnrfte auf höhereu Befehl nicht mehr aufgestellt werden. Diwisch hatte auch ein incrkwürdiges Orchestrion erfunden welches 7W Saiten hatte, deren Ton 1?!l> Mal verändert werden konnte nnd das er Nmüs s1'«l- nannte. Wohin dieses seltsame Instrument uach dem Tode des Vrncker Stifts-Organisten Wiesner, der es znletzt besessen Prulnft Tiwisch, 60 Hnainl „nd daö Tli>N)ath^l. hat, gctommeu, ist gänzlich unbekannt. Diwisch starb zu Klostcrbruck am 22. December 1775. Südwärts von Klosterbrnck breiten sich dann senc gesegneten Neben-gelände aus, die über die Marken des Bandes hinausreichen und mit den weinrcichsten Gegenden Nicdcrösterrcichs um Netz, das von Znaim etwa zwei Wegstunden entfernt liegt, zusammenhängen. Unter den berühmtesten Wcinforten, die nm Znaim gedeihen, nennen wir den Echobesscr, Ranscn-brucker, Znckcrhandler. Üioch mancherlei landschaftliche Schönheiten bietet das Thal der mäandrisch gewundenen Thaya von Znaim anfwärts dem Wanderer dar; ein Hanvtreiz desselben besteht in den romantischen Burgruinen und Schlössern, womit dessen Ufer geschmückt sind. In herrlicher Waldgegend liegt auf der Höhe eines schroff nnd kühn gegen den Spiegel der Thaya abfallenden Glimmerfchieferfelsens die Vnrg Nenhänscl, von deren höchsten Zinnen man ein ^andschaftsbild von ergreifender Schönheit genießt: die Thaya windet sich nämlich hier dergestalt nm drei Waldhügcl, dass man von dem hohen Aussichtspunkte drei Flüsse statt eines zu sehen glanbt. Ungemcin lieblich nuo idyllischen Frieden athmend ist auch das Plätzchen im Vurghose zwischen der Nninc und dem zur Thaya abstürzenden Felscnhange. Eine der stolzesten Burgen des Thayathales ist ferner Frain. Doch das klippige Gestade gestattet nicht mehr die Wandernng längs des Flnsses. Wir fahreil daher mittels Nordwestbahn nach Schönwald sder ersten Station von Znaim ans), das am Saume prächtiger Waldungen gelegen, seinem Namen alle Ehre anthut, nnd wandern durch das in Liebreiz und Anmuth getauchte Echweizerthal dem tief zwischen Bergen eiugebettcten Markte Frain zu. Auf der rechten Seite des Flusses erhebt sich auf steiler Anhöhe das Schloss, das aus den Überresten der alten Vnrg und dem ans dem Anfang des 18. Jahrhunderts stammenden imposanten Nenban besteht. Eine breite Straße führt durch fchattigen Lanbgang vom Markte anfwärts. Im gc-ränmMii Bnrghose, der zn dem weiten, mit lebensgroßen Statuen geschmückten Cchlosssaale führt, stehen zn beiden Seiten des Stiegenhauses zwei kolossale Steiugrnvpeu, Äncas, Anchises auf den Schultern tragend, uud Herkules, dcu Sohn der Erde Antäns in die Lnft schwingend; beide Niescn-Grnppen, ans einem italienischen Sandstein gehalten, waren ursprünglich für die kaiserliche Burg bestimmt; da sie sich aber für den dortigen Platz zu hoch erwiesen, wnrden sie vom Kaiser Karl VI, der damaligen Schlossherrin Gräfin Althann Pignatelli geschenkt. Tritt man aus dem Saale auf die blmnengcschmücktc Terrasse heraus, so blickt man hier tief in das Thayathal hinab nnd auf die dasselbe umkränzenden Höhen; voll Norden her grüßt ein weithin ans dein Walde schinmlernoes Kreuz, welches die einstige Besitzerin von Frain, Fclicitas Gräfin Mniszck, znm Andenken an ihren Gatten errichten ließ; nach Osten '-i'M'ss ,^ral!!. ai ^ 62 Zmiim mid das ThlNjathal, schweift der Blick bis zu den sogenannten Eisleithen, merkwürdigen Höhlen, in denen selbst im heißesten Hochsommer nicht nnr sibirische Kälte herrscht, sondern auch wirkliche Eiszapfen zu finden sind. Hier ragt ans der höchsten KnPpe ein schlanker Obelisk empor, im weitesten Umkreise sichtbar, der die Inschrift trägt: „Der Durchlauchtigsten Fran Helene Gräfin Muiszck die Dankbarkeit der Naturfreunde." In dem sogenannten Silberzimmcr des Schlosses sind reiche, überaus geschmackvolle Geschirrvrobcn aus der in Frain befindlichen großartigen Porzellan- und Wcdgewood-Geschirr-Fabrit aufgestellt. Überreste der alten Bnrg sind der Wasserthurm und der sogenauute Uhuthurm, dcsscu vier nach den Wcltgcgcndcn gerichtete Fenster andersfarbige Gläser haben, dnrch jedes derselben erscheint die Landschaft in den grellsten Lichtcffectcn einer der vier Jahreszeiten. Erwähnen wir noch, dass die Schlosskirche von dem berühmten Fischer von Erlach crbant ist, und besuchru wir noch vor dein Scheiden den zierlichen Tempel, der in dem ungemeiu lieblichen Fclicicnthale über einer kühl uud klar sprudelnden Verggncllc erbaut ist und die Inschrift trägt: „Fclicitas Gräfin Mniszek dem Wanderer zur Erquickung, dem Fclicicnthalc zur Verschönerung", so haben wir im flüchtigen Umblicke Frains seltene Neizc kennen gelernt. Ein angenehmer Weg führt, fast nnnntcrbrochen durch Wald, von Frain an der Nuiue Zornstein vorüber nach dem Schlosse V öttau, welches am liuken Ufer des Schellctaubachcs gelegen ist, der hier in die Thaya mündet. Das prächtige, gegenwärtig dem Grafen Dann gehörige Burggebändc, das vou einer köstlichen Orangerie flankiert wird, ist hauptsächlich dnrch die außerordentlich reiche Waffensaminlnng berühmt, die sich im zweiten Stockwerke befindet. Im Angcsichtc dieser gewaltigen Nnststücke und Schlachtschwcrter denkt man sich unwillkürlich in die Zeit zurück, wo der schon vor Kampfbegier glüheude Knabe den Vater anfleht: „Mcin Arm wird stark und groß mein Muth: Gib, Vater, mir ein Schwert! Verachte nicht mein junqcs Blut, Ich bin der Väter wert!" Unter den vielen kostbaren Waffcnstücken (950 an der Zahl) befindet sich auch das aus Silberdraht geflochtene Panzerhemd und ein Mnsketon des Niklas von Zriny. Noch eiucu Blick werfen wir in die prächtige Landschaft des Thayaflusscs, dessen schönste Partie mit Vöttau abschließt, uud um so lebhafter werden wir den grellen Contrast empfinden, wenn wir jetzt von Znaim aus die Nordstrecke der Nordwestbahn befahren und die kärglich bebaute, dem Anprall rauher Stürme preisgegebene Hochfläche von Iglau besuchen. IgliUi und di(! Bewohner des lwhmisch-mahrischen Höhl!!,;u^'s. 63 6- Äglau Und dir Brwcchncr dcz^ lnillmisch-malirischcn HtthmzuyeF. (Iglan und seine lnstorischcn Erinnerungen. — Die mährische Terrasse. — Schloss Pirnitz. — Groß-Aieseritsch. — Icmmitz und sein Volksfest. — Die Teutschen und die Slaven des Thayadodnis und der mährischen Tcrrassculaudschaften.) Einst war Iglau s2s).2<>0 Einwohner) eine der stattlichsten und reichsten Städte des Bandes, denn der Bergbau anf Silber ward hier schwungvoll betrieben, so dass Prcmysl Ottokar I. in Iglau ein Bcrgamt und eine Münzstätte crrichlctc und König Wenzel I. der Stadt ein Bergrecht verlieh, das als eines der ältesten in Deutschland anzusehen ist. Aller Orten erbat I>ilau. man sich vou den Iglaner Schoppen Rath nnd Vclchruug; später blühte die Tllchindustric hier kräftig enipor, so dass Iglauer Tlich auf allen Märkten viel gesucht »md thener bezahlt war. Wie sehr die, der Sage nach schon im Jahre 79'.), der reichen Silbererze der Umgebung wegen, angelegte Stadt im Mittelalter es an Wohlhabenheit und frühlich üppigem Leben ihrer Bürger allen Städten des deutschen Reiches gleich that, beweist der Umstand, dass noch die vollkommen ansgearbcitcte Meistersinger-Schul-Ordnung aus den Zeiten des entstehenden Meistergesanges erhalten ist, die die Namen der Mitglieder des „Geniertes", aus lauter ehrsamen Iglaner Patriziergcschlechtern entsprossen, enthält. Wenugleich auch noch gegenwärtig die Tuchindustrie, sowie die Leder-, Thon- nnd Glaswarenfabrication eine namhafte Höhe aufweist, so ist doch die eigentliche Blütezeit Iglaus längst vorüber. 64 Issllm und die Vi'wohncr düs büliniisch-inährisch!'» Hüho>^»glV^. Nicht zum Vortheile der Stadt ist auch der Umstand, dass das Bahn-hofgebände und die Bahnlinie in ziemlich beträchtlicher Entfernung von der Stadt gelegen sind. Diese zeichnet sich hauptsächlich durch den ungeheuern Platz ans, von dem nach allen Seiten die Straßen anslanfcn: leider ragt schon eine ziemlich lange Hänserzungc in dcu Platz hinein, der dadurch von seiner wirklich imposanten Großartigkeit erheblich einbüßt. Hier im Mittelpunkte der Stadt befiudeu sich die meisten amtlichen Gebände und die elegantesten Gasthöfe. Das übrige Gcwirrc der Gassen macht mit manchem mittelalterlich gcgicbelteu Hause und deu vielen reich verschnörkelten Erkern den Eindruck ciues guten Stückes deutscheu Mittclalters, der auch nnr selten durch allzumodcrncn Lnxns gestört wird. Das älteste Kirchleiu, um das herum die allerersten Häuser der Stadt entstanden sein sollen, ist die wirklich uralte Kirche St. Iohaun am Hügel, außerdem sei noch die große Jakobs-kirchc, sowie die mit schcnswcrthen Fresken verzierte ehemalige Icsnitenkirche zum h. Ignaz erwähnt. Zu den schönsten Anlagen nahe der Stadt gehört der sogenannte „Heulos", der mit wohlgcpflegtcn Gartenwegen versehen ist. Ein beliebter Ausflugsort ist auch die sogenannte Holzmühlc im Norden der Stadt. Die Umgebuug Iglaus bietet im gauzcu wenig Reize; kärgliche Kartoffelfelder müssen die üppigen Weingelände der Thayalandschaft ersetzen. Der Name von Iglau oder eigentlich Igel-Nu soll der Sage nach von den vielen Igeln herrühren, welche die ersten Ansiedler, die wegen des Bcrgwcrkbctricbcs rasch zusammenströmten, hier gefunden haben sollen. Un-gmicin viel hatte Iglau durch die furchtbaren Brandschatzungcn der Schweden zu leiden und dieser Umstand hat anch mit den Verfall des blühenden Gemeinwesens herbeiführen geholfen. Noch lebt im Muudc des Volkes die Sage von dem grausamen Schwcdenobcrst Österlein, der die Stadt im Jahre 1648 besetzt hatte. Nur mit einer gläsernen Kugel, so hieß es, könnte dieser hieb- und stich- uud kugelfeste Verbündete des Satans gctödtet werden; ein Iglaner Bürger streckte ihn wirklich mit einer eigens ans Glas verfertigten Kugel nieder, nnd noch bis auf uuscre Tage tobt der Schwede, der sciuc Seele dem Teufel verschrieben, auf feuerschnaubcndem Rosse durch die Gassen der Stadt, nnd mancher furchtsame Bürger will den feurigen Schweden in stürmischer Nacht vorübersauscn gesehen haben: lange Zeit war das Bild des schwedischen Commandanten am Hcnlos zu sehen und konnte, da es angeblich mit Gift gemalt war, lange nicht entfernt werden. Die Hochfläche im Süden Iglans hat viele, mitunter namhafte und fischreiche Teiche aufzuweisen, daher dieser Theil des böhmisch-mährischen Höhenzuges auch das Iglauer Tcichplateau heißt. Recht freundlich und wohnlich liegt an der Linie der Nordwcstbahn und dem Iglawaflusse das Städtchen Pirnitz, obwohl es rings von kahlen, nur hie und da bewaldeten Höhen eingeschlossen ist. Imposant ragt von dem Felsen das aus festen Quadern gefügte, in verschiedenen Baustilen aufgeführte Schloss empor, das Schloss Pirnitz. 65 mit mehreren Wartthürmen vcrscheu ist und in welches man durch eine prächtige Allee gelangt, zu der ein massives Stcinportal den Zugang eröffnet. Von den zwei großen Sälen, die außer vielen luxuriös ausgestatteten Gemächern sein Inneres birgt, ist vorzüglich der eine schenswürdig, in welchem hohe Wandgemälde Begebenheiten ans der Geschichte des Schlosses darstellen; besonders farbenreich nnd mit genauer Porträtähulichkcit der einzelnen Personen sind die prunkvollen Einzüge der Kaiser Ferdinand II. und III., Leopold I., Josef I. uud Karl VI, dargestellt; alle diese Monarchen wurdeu mit wahrhaft fürstlichem Anfwande, der ihrer kaiserlichen Würde vollkommen entsprach, von den damaligen Besitzern des Schlosses aufgenommen und bewirtet. Der Boden des Saales ist mit schwarzen und Schloss Pn'üitz. Weißen Marmortafclu belegt, die, schachbrettartig gefügt, die Wappcnfarben der Schlossherren anzeigen. Das Archiv des Schlusses ist reich an den wertvollsten handschriftlichen Schätzen, denn Pirnitz wurde im Jahre 1623 von Kaiser Ferdinand II. an den tapferen Kriegshelden Nombald, Grafen von Collalto, Herrn von St. Salvatore in Italien, der Oberst im Wallcnstcin'schen Heere und kaiserlicher Kricgsrath war, käuflich überlassen; daher birgt das Schlossarchiv noch viel hochinteressante Briefe und Actenstücke ans der Zeit des dreißigjährigen Krieges, namentlich eigenhändige Schreiben Albrechts von Wallenstcin. Noch gegenwärtig ist eine Nebenlinie des Hauses Collalto im Besitze der Herrschaft. Westwärts von Iglan auf jenem kahlen und sterilen Hochplateau, welches nicht ohne Hnmor, aber auch uicht ohuc Wahrheit das stciuige Arabien Smoltz Marfgrasschaft Vläyr»,. 6 66 Isslau mid die Bewohner des böhmisch.mährischen HöhcnzusscS, Mährens genannt worden ist, liegt Stadt und Schloss Groß-Mcseritsch, erstere durch ziemlich schwungvolle Tuchiudustrie, letzteres durch den Einfluss, den einst sciuc Hcrrcu, gleich den Besitzern von Pcrnstein und Pirnitz, auf die Geschichte des Landes genommen, ausgezeichnet. Die erste urkundliche Erwähnung von Mczirice findet sich um das Jahr 11,!>7; gewiss hat also die Bnrg schon früher bestanden. Die Sage erzählt sogar, dass sie von dem Markommaunenfürsten Marbod gegründet, von Attila zerstört und von dem Slavenkönige Samo wieder hergestellt worden sei. Die uralten massiven Grundmanern, die sich in einer Entfernung von einer halben Stnnde bis zum Dorfe Mostitsch hiuzieheu, mögm die Ursache dieser Erzählung von dem altersgrauen Ursprünge der Bnrg gebildet haben. Gewiss ist, dass am Anfange dcs 14. Jahrhunderts die edlen Herren von Lomnitz hier gewaltet und dass die lutherische Lehre unter der derselben sehr ergebenen Schlossherritt Helena m der Stadt und Umgebung große Verbreitung gefunden hat. — Die Gestalt, in welcher das anf ziemlich steilem Hügel stehende, schon von ferne sichtbare Schloss gegenwärtig sich darbietet, hat es nach dein großen Brande von 172:; erhalten. Blickt mau aus den Fenstern des obersten Stockwerts, so übersieht man die einförmige« Hügelketten des Iglaner Berglandes, dessen harten Boden nur hie uud da wenig ergiebige Ackerkrume bedeckt, während stellenweise nicht einmal spärliches Steppengras wächst. Die monotone Landschaft macht einen wehmüthigen Eindruck uud selbst der Garten, den ausdauernde Kunst nm dies Schloss augelegt, zeigt nnr, dass anf diesem Bodeu auch des Menschen Fleiß im Kampfe mit der kärglich spendenden Natnr nur sehr bescheidene Trinmphc zu feiern vermag. Noch eines anderen Städtchens des mährischen Plateaulandcs müssen wir gedenken, welches südlich uuferu der anmuthigen Thayagestade gelegen ist. Es ist dies das am Scheletauer Bache lieblich au eiucu Hügel sich anlehnende Städtchen Iamnitz. Dnftiges Vlumengrstränch übcrraukt zur Sommerszeit die Neste der alten Stadtmaner, die sich an dem Hügel hin anzieht. Unter allen seinen Gutsherreu, unter denen wir die Dann, Stadion, Trantmanusdorf, Pallavicini nennen, herrschte im stattlichen Schlosse, das die Stadt überragt, glänzendes und fröhliches Treiben, besonders bestand zur Zeit der lebenslustige» Fürstin Trantmannsdorf selbst fast die ganze Dienerschaft ans musikalisch geschulten beuten, da die Fürstin znr Veranstaltung großartiger Eoucerte und Festlichkeiten ein reichliches Personale benöthigtc. Noch heutigen Tages besteht im Städtchcu Iamnitz ein eigenartiges Volksfest, welches anf eine alte geschichtliche Erinnerung znrückwcist. Am Sonntage nach St. Veit veranstalten nämlich eine Auzahl von Bürgcrssöhueu in mittelalterlicher Tracht eine Art Wtttlauf, bei welchem die vier zuerst am Ziele anlangenden mit seltsamen Geschcukeu bedacht werden. Orosi'Mcs«'itsch. 67 Es sind dieselben Gaben, die einst die Gemahlin des Königs Johann von Lurembnrg den Boten gespendet haben soll, die ihr die liebe Kunde überbrachten, dass ihr königlicher Gemahl siegreich ans der Schlacht zurückkehre. Im Jahre 1312 war nämlich König Johann gegen den Palatin Mathias, Grafen von Trentsin, zn Felde gezogen, der damals räuberisch ins Land gebrochen war. Seme Gemahlin, so erzählt die alte Chronik, ließ er in Iamuitz in bangen Ängsten zurück. Als er nnn die Schlacht gegen den Ungarn glänzend gewonnen hatte, sendete er vier Boten aus, die, bevor er selbst käme, die Siegesbotschaft seiner bekümmerten Gemahlin überbringen sollten. Nicht gar glänzend war damals die Habe, die Elisabeth ihr eigen nannte nnd in ihrer Herzensfreude schenkte sie dem ersten Voten einen Nock ans Barchent, dem zweiten ein Paar Strümpfe, dem dritten ein Halstuch, der vierte nmsstc sich an einem Blumenkranze genügen lassen, doch, wie die Chronik treuherzig hinzusetzt, geschah ihm darob nicht eben sonderliche Frendc. — Dies sind auch noch hen-tigen Tages die Preise, mit denen bei dem genannten Volksfeste die Iamnitzcr Bür gcrösöhne beschenkt werden. Anch sonst ist das Städtchen noch an manchen alten Denkwürdigkeiten reich, die ins frühe Mittclaltcr zurückweisen: so hat man in der Hanptkirche Senlpwrcn gothischen Stils von hohem Knnstwcrthc erst in allerjüngstcr Zeit aufzndcckcn versncht. Nahe der Stadt ist eine, wohl schon an die tanscnd Jahre alte, znm Theil geborstene nnd mit Eisenklammcvn umschlossene Linde, unter deren breiter Krone einst der feurige Franciscaucrmönch Capistran seine Predigten hielt. 5« Schloss Gros! Mcscvüjch. 68 Iglllu u»b die Newoh,lcr düs böhmifch-mährisÄien Hijhenzuges. Wenden wir uns nun zur Schilderung der Bewohner der au landschaftlichen Reizen nicht überreichen Terrassenlandschaften nnd der viel gesegneteren Thayagefilde. Die Stadt Iglau und Umgebung ist eine an: äußersten gegen die westliche Landesgrcnze vorgeschobene deutsche Sprachinsel. Die Iglancr unterscheidcu sich von der deutschen Bevölkerung der Thayagegendcn, welche mau gewöhnlich „Thayaner" zu nennen pflegt, in mancher Beziehung. Schon die ganz anders gearteten Verhältnisse von Boden und Klima müssen auf den Volkscharakter verschiedenartig einwirken. Dahcr ist der Bewohner der mit spärlicher Halmfrncht bewachsenen dürftigen Hochfläche von Iglau viel ernster, bedächtiger, aber auch, wie es schon das rauhe, deu Körper stählende Klima erheischt, viel zäher und ausdauernder, als das seiner lachenden Nebcnhügel nnd frnchtschweren Äcker sich erfrenendc, wohlhabende und gesellige, zu Scherz und Kurzweil, aber auch zu Streit uud Kampf leicht aufgelegte Völkchen der Thayabcwohncr. Der Deutsche der Iglauer Gegend ist, wenngleich abgehärtet nnd deu Unbilden des Wetters trotzend, doch, auf kärgliche Nahrung angewiesen, viel schwächlicher, als der kräftige, hochgewachsene und wohlgenährte Menschenschlag der Thayagegendcn. Der Mnndart nach gehören sowohl die Iglancr Dentschen als die Thayabewohner dem bairisch-östcrreichischen Dialekte an, wenugleich besonders iu der Iglauer Gegend viele Ausdrücke schon au den sndctischen Stamm erinnern. Obwohl die eigenthümliche Volkstracht schou vielfach einer halb städtisch en Kleidung gewichen ist, so weist sie doch noch manche originelle Züge auf. Der Iglauer Bauer trägt meist kurze schmarzledernc Kuiehoscu au grüueu Hosenträgern, blane Wollstrümpfe und Schuhe mit großen Messingschnallen, fcruer eine rothtucheue Weste mit einer langen Reihe blinkender Metallknöpfe, darüber wird zum Kirchgänge au Sonntagen ein hellblauer Oberrock getragen, deu Kopf bedeckt eiu brcitkrämpiger schwarzer Filzhut. Viel malerischer ist die Tracht der Fraueu. Sie tragen einen reich gefältelten, sehr steifen, kaum bis aus Knie reichenden Rock, darüber eiue weiße oder blaue Schürze, hochrothc, wolleuc Strümpfe, ein kurzes aus rother oder blauer Seide verfertigtes Mieder und eiu weißleinenes Oberhemd, bei Reicheren von feiustem Linnen, mit breiten oben anfgeschovptcn Ärmeln und mehr oder weniger kostbarem Spitzenbesatz. Die Haare sino zierlich geflochten uud durch eine Nadel oder ein farbiges Stirnband zusammengehalten. Die großen goldenen Sturmhauben der Frauen, dencu man auch iu einzelnen anderen Gegenden Mährens begegnet, werden immer seltener. Die Tracht der Thayabewohner ist fast ganz vou der gewöhnlichen bürgerlichen Kteidnug verdrängt worden. Die weibliche Kleidung ähnelt, was den weiten faltenreichen Rock betrifft, der der Iglanerinnen, doch werden Mieder uud Oberhemd gewöhnlich durch die mehr oder minder schmucke Jacke ersetzt und ist überhaupt die ganze Kleidung viel farbloser und einfacher. Olnuch und die Marchebcne. 69 Die slavischen Bewohner des böhmische mährischen Höhenznges, die denselben in einer 4 bis N Meilen breiten Zone von Schildberg bis Datschitz bewohnen, werden Horakcn (lloil^i), das ist Hochländer, genannt. Sic sind durchgchcnds von mittlere, nicht selten sogar kleiner Statur, aber kräftig, gesnnd, abgehärtet nnd ansdanernd in Ertragnng jeden Ungemachs, daher gelingt es ihrem unverdrossenen Fleiße auch, den sterilen Boden der hnmns-armcn Hochfläche ziemlich ergiebig und ertragfähig zn machen; im Winter spinnen nnd weben sie den Flachs, den sie gebaut. Sie sind lernbegierig nnd lieben, gleich ihren slavischen Brüdern in Böhmen, Gesang und Musik; gerne begleiten sie die Feldarbeit mit lantem, in Molltönen sich bewegenden Gesang, der meist etwas Ernstes nud Cchwennüthiges hat, wie denu ihr verschlossener Charakter mehr znr Melancholie neigt. Auch in ihrer Kleidung, dem langen dunkelblauen Nocke, den sie gewöhnlich tragen, bevorzugen sie die dunkle Farbe. Die Franen tragen kurze Nöckc von deinen oder Wollstoff, die aber sehr breit sind, ein enganliegendes, gleichfalls kurzes Jäckchen, an dem vorne ein seidenes mit Goldborten besetztes Brustschnürleibchen sichtbar ist, während der Kopf ganz in ein verschiedenfarbiges großes, eigenthümlich gefaltetes Tuch gehüllt ist. 6. Owltth imd dir Marcheliciic. fOlmiitz in alter und neuer Zeit. — Einr Naud^runci durch das Marchbrcken. — Prcl'mi. — Prossuih. — Kn-msn-r, — Ter erzbischöfliche Pcirl, — Wclehrad. — Ein Blick auf Mährens Burznt.) Der dammartige Vcrgzng, welcher sich von Znaim nach Nossitz zieht, scheidet die böhmisch-mährische Terrasse von der Ebene des Marchflusscs. In zahlreichen Windungen durchzieht dieser Strom das einem wahren Frncht-garten gleichende Gefilde. Stolz nud majestätisch wälzt er seine Fluthcn gegen Süden, doch trotz der zahlreichen Zuflüsse, die er vom Westen wie von der Ostseitc einvfängt, ist er sowohl wegen seines geringen Gcfälles, als auch der mannigfachen Verästelung seines Bettes, sowie der viclcu Wehren halber, die seiueu Lauf hemmen, nnr auf knrze Strecken und für kleinere Fahrzeuge schiffbar. Dort, wo vou Nordosteu her ein Zweig des nadelholzbewaldetcn Gesenkes seinen Fuß fast uumittelbar in die Thalflächc vorsetzt nnd die steile Felsknvpe des heiligen Berges sich erhebt, während von Südosten her aus weiter Ferne noch die Kirchenkronc des sagennmranschtcn Hostcincrbcrgcs sichtbar ist, ostwärts der Kamm des Odergebirges sich hcrabsenkt und im Westen oie letzten Erdwellcn nnd Hügelketten des Plateans von Drahan 70 Olmii!) u»d di>' Mavchebexe. die Ebene flankieren! dehnt sich die Königin der Marchebene, des Landes alte Hauptstadt, Olmütz, ans. Doch eigentlich kann sic sich nicht allzufrci und ungehindert ausdehnen, dazu sind ihre Glieder zu sehr gefesselt, denn Schanzgräbeu nnd Wälle mit mancherlei Fortificatiouswcrkcu umschließen sie fast ringsum, nur an der gegen Osten den stattlichen Bahuhof-gebäudeu der sich kreuzeudeu wichtigen Verkehrsadern zugekehrten Seite ist durch die Muuificeuz unseres jetzt regierenden Herrschers der eiserne Niug, der die Stadt umklammert hält, znm Theil gebrochen und eine Erweiterung des Stadtgebietes angebahnt. Wenn auch bisher nnr ein äußerst bescheidener Theil des neugewonnenen Terrains verbaut worden ist, so ist doch mit dem Spatenstiche, durch dm am 5. Juni 1A7li der nm das Zustandekommen des Stadterweiteruugswcrkes so hochverdiente Bürgermeister Josef u. Engel, den ersten Stein ans dem Gefttge der über eilt Jahrhundert alten Festnngs-maucr gebrochen hat, dem Gemeinwesen von Olmütz eine neue Zuknuft erschlossen worden. Schon schmückt sich die Stadt auch, die uach schicksalschweren Tagen freundlicheren Zeiten entgegengeht, mit neuen, prächtigen Anlagen, unter denen wir vor allem den schönen, reiche Abwechslung des Pflanzenschmucks darbietenden Stadtpark mit dem eleganten Cnrsalongebäude besonders hervorheben wollen. Die änßcrst günstige Lage der Stadt, welche die nördlichen nnd nordöstlichen Pforten des Bandes bewachend, die breite Fnrchc des Marchbeckcus uud damit den Zngang znm Herzen des Reiches beherrscht, bewirkte, dass Olmütz vou der Kaiserin Maria Theresia in den Prenßeukricgcn zur Festung umgestaltet wurde, welche neue Bestimmung der Stadt ein wesentlich verändertes Gepräge aufdrückte und ihre weitere Entwicklnng bccinflnsste. Nachdem der kühne Rcitcrgcncral Landou in den Schluchten des Gesenkes einen großartigen Trausport vou preußischem Kriegsmaterial uud Proviant dnrch eilten verwegenen Handstreich anfgehoben hatte, ließ der Preußische König von der Velageruug der Stadt ab uud waudtc sich gegen Böhmen. Olmütz wnrde in den Jahren 1742—56 mit eiuem Kostcnanfwand vou 10 Millionen Gulden zu einer der stärkstarmicrten Festungen des Reiches nmgeschaffen nnd dieser militärische Charakter der Stadt, verbunden mit ihrem kirchlichen Gepräge, welches sie als ältestes Bisthum des Bandes, das im Jahre 1,777 zu einem Erzbisthnm erhoben wnrde, bis auf unsere Tage bewahrt hat, verleiht ihr in der That noch gegenwärtig eine specifische und eigenartige Physiognomie. Zahlreiche Glockenthürmc mit ihren schimmernden Kreuzen schmücken die vielen Kirchen und Klöster nnd sind schon weithin aus der Ebene sichtbar; auf den Wällen nnd Bastionen blitzen unanfhörlich die blanken Waffen der Wachtposten, Hornsignale nnd Trommelwirbel erschallen allenthalben, übertönt zuweilcu vou dcu schmetterudeu Faufaren eines raufcheudcu Mar- Olmütz, 71 schcs, unter denen die Truppen in ihre Kaserueu ein-rückeu; hic nud da blitzt zuweilen von dem grasüber-wachseuen Wallgürtcl ein Geschütz ab, desscu Donner über die Ebcnc dahinrollt und sich an den nahen Bergen bricht. Einst bewegte sich dic Geschichte der Stadt in anderen Vahncn, wenngleich Olmütz stets seiner wichtigen Lage wegen von den Stürmen entschcidungs-schwerer Kämpfe umtobt war. In der Ebcnc von Olmütz empficng Iaroslaw vonStcrnberg an der Spitze der tapferen Bürger die Hanpthorde der Mcmgolcn und brachte ihr eine furcht bare, vcruichtcude Niederlage bei (1241). In dem Wirrwar der Religionskriege hatte Olmütz gleichfalls viel zn leiden; acht Iahrc hindurch hielten die Schweden die Stadt belagert, nach ihrem Abznge war die Zahl ihrer Ein^ wohner von Mi.OlX» auf nicht ganz W(10 zusammen geschmolzen. —> Wahrend der vierzehntägigen Br lagernng durch deu Köuig Friedrich II. vou Prcnßeu >m Iahrc 175« vertheidigte sich die Stadt fo mannhaft und erfolgreich, dass sie unter anderen hnldv ollen Beweisen des kaiserlichen Dankes auch die Erlaubnis Olmütz, 72 iDlmUH und die Mavchcbcue. erhielt, den kaiserlichen Namenszng FMT. (Franz, Maria Theresia) mit einer goldenen Ehrcnkette im Brustschilde des gewürfelten städtischen Wappcn-adlcrs tragen zu dürfen. Doch Olmütz sah nicht bloß düstere und nnhcilschwerc Tage, es erlebte auch schone nnd glänzende Zeiten. In das Morgengrauen unserer vaterländischen Geschichte mnss die Gründung von Olmiitz, dessen Name von dem altmährischcn Ansdrncke koi^ mn,>,o. hohler Felsen, abgeleitet wird, zurückversetzt werden. Olmütz war eine derjenigen Stätten des Bandes, von denen am frühesten das Ucht des Christenthums ausstrahlte; im Jahre ^<»Z wurde die Petcrslirchc vom heiligeu (lyrill geweiht nnd schon damals herrschte in der Vnrg der Fürst der /upa, deren Mittelpunkt Olmlltz war' uoch höher stieg die Vcdentung der Stadt, als Olmütz unter den Pfemysliden znm Sitze eines eigenen Bischofs erhoben wurde, und eigene Herzoge iu der Dombnrg mit glänzendem Gepränge Hof hielten. — Segensreich waltete der Krummstab über der Stadt und ihrem Gebiet, nnd als schon früher Kaiser Nudolf II. den Bischöfen für immerwährende Zeiten die Würde eines Herzogs nnd Fürsten verliehen hatte, ward Olmütz nnter dem achtnndfünfzigsten Bischöfe, dem Grafen von Collorcdo, zn einem Erzbisthum erhoben, während in Vrüuu cm Suffrag an biscl) of installiert wurde. Überall begegnen wir auf einem Rnndgange dnrch die Stadt den Schöpfungen ihrer hochherzigen Kirchcnfürsten, sowie der Mitglieder des Mctropolitan-Domcapitcls, welches sich den Beinamen des „allzeit getrenen" verdiente. Die Stadt zählt gegenwärtig bei 15.300 Einwohner nnd ist nicht nur der kirchliche Mittelpunkt Mährens, sondern, seiner neueren Be-stimmnng entsprechend, auch der Sitz der wichtigsten militärischen Stellen des Bandes. Die detachierten Forts bilden eine weite kreisförmige Kette um die eigentliche Fcstnng, nnd einige derselben fehen schmncken Bnrgen nicht unähnlich- innerhalb des Ningcs der Vorwerke erheben sich zwei Citadellen auf dem Galgen- nnd Tafelberge. Bon der Ostscitc orr Stadt, von dem Doppelbahnhofc der Nordbahn nnd Staatsbahn hat man den Anblick der imposantesten Gebäude; hier erheben sich die fürstcrzbischöfliche Residenz, die Paläste der Domherren, die Domkirchc mit der Anncnkapelle, in welcher das Conclave der Domherren bei der Wahl des Erzbischofs stattfindet, sowie viele militärische Gcbändc, größtentheils aus ehemaligen Stiften und Klöstern entstanden. Olmütz lässt sich am besten, seiner Entstehung nnd Geschichte entsprechend, in zwei Bestandtheile scheiden, in die ältere obere nnd die untere viel neuere Stadt. In der oberen Stadt liegt die Domkirche zu St. Wenzel mit der größten Glocke Mährens, welche 7617 l<3 wiegt. Vom Domplatze stieg man dnrch die alte Landrichtereigasse zu dem Burgthor hinab, ans dem in jener Mitternacht des 25. Inni 1241 Iaroslaw von Stern- Olmüh. 73 berg zur Mongolcnschlacht ausbrach, und aus dem vier Jahrhunderte später die Schwedeu abzogeu. Die Demolierung des Burgthores und der daran Kaiserin Maria Theresia, stoßenden FcstunaMauer hat jetzt den Charakter dieses historisch so denkwürdigen Stadttheils ziemlich verändert. Durch die Bischofsgassc gelangt man auf deu gleichnamigen Platz, auf welchem das ron dein Bischöfe Karl 74 Olmüh und die Marchebcnc. 1 Grafen von Liechtenstein, der auch die erzbischöflichc Sommcrresidenz zu Kremsier gegründet hatte, erbaute crzbifchöflichc Palais steht, dessen Fronte von Banmwivfeln halb verborgen wird, dereu frisches Grüu inmitten der Stadt nud der gewaltigen sich rings aufthünneudcn Steinmasscn ungcmein freundlich wirkt. In der Nähe ist der Platz der ältesten Stadtpfarrc zu St. Peter, auf dem das eine reiche Waffcnfammlung aufweifende Zeughaus steht. Hier ist auch das Gebäude der mehr als 5,0.000 Bände zählenden Landcsbibliothek, die in den Räumen einer ehemaligen Klosterkirche untergebracht ist; aus der Frohuleichnamsgassc ragt das hohe Gebäude der ehemaligen Universität hervor, die 1570 von dem Bischöfe Wilhelm Prnsinowsky gestiftet worden war und bis zum Jahre 1855 bestandeu hat. Diese Gasse führt zum Iuliusberge hiuanf, dessm Namen man fogar mit dem des römischen Kaisers Inlins Marimns in Verbindung bringt und woselbst im Mittelalter, wie noch die Namen: Burggrafeuhans und Landherrcngafse andeuten, die Castellane, Burggrafen und Würdenträger der Landtafel Mährens gewohnt haben. Viel später als diese obere Altstadt, aus der noch der Vlasiusberg hervorragt, entstand nach Ableitung eines Marcharmes die jetzige nntere Stadt, der Sitz des eigentlichen kaufmännischen und gewerblichen Lebens, woselbst nnter den sogenannten „Lauben" die elegantesten Kanfgcwölbe und Auslagen sich befinden. Aus einem Vadhause, welches ursprünglich am jetzigen oberen Platze stand, wnrde im Jahre 1261 dnrch einen Gnadcn-brief König Ottokars II. ein stattliches Kanfhans znm Ausstellen und Feil-bieteu einheimischer und fremder Waren nnd Erzeugnisse, namentlich Tuch, Leder und Rauhwerk. Aus dieser Kaufhalle wurde bald 1318 ein mächtiges hochbethnrmtes Rathhaus. Dasselbe, ein längliches Viereck bildend, wird rechts von einer im gothischen Stil erbauten Erkcrkapclle, links von dem in eine kühne Spitze anslanfenden Thurme flankiert; am Dachgcsimse läuft eine Gallerie um den^ selben, während eine nnten angebrachte Nische ein hochberühmtcs, leider schon rninenartig aussehendes Kunstwerk enthält. Es ist nämlich die von dem Verfertiger der Präger Altstädter Nathhausnhr, dem sächsischen Meister Anton Pohl, im Jahre 1422 vollendete Kuustuhr, welche iu ihrer Art wohl weit und breit nicht ihres Gleichen hat. Sie enthält nicht nnr ein wunderbares Glockenspiel und überaus sinnreiches Stclla-Planetarium, sondern war auch mit einem so kunstvollen Mechanismus versehen, dass, wenn sie aufgezogen ward, 16 ans Holz geschnitzte Engel, von denen jeder eine Glocken-schale nnd einen Hammer hielt, vier Musikstücke spielten, während Stunden und Viertelstunden durch die heiligen drei Könige, Josef und Maria auf der Flucht uach Egypten, die unter Leierspicl herauskamcu, dann durch das Bild des heiligen Wenzel, welcher mit der Pendclbewcguug den Kops wendete, Olmiltz. 75 und den Drachenritter Georg, sowie noch durch vier sich bewegende Mönche angezeigt wurdcu. Einer unverbürgten Sage nach ward Anton Pohl von seinen ob dieses Wunderwerkes neidischen Zuuftgeuosseu mit hämischeil Anklagen, dass er nnr durch teuflische Zauberei das Werk habe schaffen können, verfolgt nnd zuletzt auf Befehl der Rathsherren, die auch verhüten wollten, dass der Meister noch ein zweites ähnliches Kunstwerk verfertige, geblendet. Da erbat er sich als letzte Gunst die Erlaubnis, noch einmal in das Innere des Uhrwerks geführt zu werden, wo zahllose Räder uud Ketten in einander griffen und einander durchkreuzten, auch vorgebend, das Werk würde plötzlich stehen bleiben, wenn er nicht noch ciuc unscheinbare Feder in Veluegnng setze. Der Meister ward ins Uhrgehäuse geführt uud rasch zwickte er mittelst scharfer Sauge einen fast unsichtbaren, ihm wohlbekannten Leitdraht ab, worauf das Werk uutcr schier dämonischem Raffeln, Schnarren, Pfcifcu nnd Heu len abgelaufen uud plötzlich stehen geblieben sei. Erst ein Urenkel Anton Pohl s, Hanns Pohl, soll in Verbindung mit dem kaiserlichen Mathematicus Paul Fabricins das Uhrwerk wieder in Gang gebracht uud mit neuen sinnreichen Erfiu- duugeu versehen haben; die letzte Reparatur ward 1«1^ vorgenommen; noch steht das Zifferblatt, zu beiden Seiten die Bildnisse der beiden Meister Anton und Hanns Pohl mit ihren kernigen Wahlsvrüchcu. Nicht unerwähnt dürfen wir anch die hochinteressante Et. Hieronymns-Kapellc im städtischen Rathhanse lassen, deren kunstgemäßc uud sorgfältige Restaurierung im Jahre 1874 begonueu worden ist, nnd in der das reiche haltigc Musenm untergebracht wurde. Schll',.' ^ol'Mchm,, 76 Olmütz imd die Marchebrne. Eine Zierde des Hauptplatzes ist auch die im Jahre 1740 von der Stadt errichtete Drcifaltigkeitssänle mit zahlreiche« Figuren von schmier Bildhaner-arbeit verziert, Zll'" hoch, die höchste iu ganz Mähren. Auf dem untcreu Platze, dem sogeuanuteu Nicderring, entfaltet sich das lebhafteste commcrcielle ^eben, hier herrscht anch meist das dichteste Gewogc der Spaziergänger. Der Oberring führt durch ein kleines Gasschen znr Stadtpfarrkirchc von St. Manritz, deren Gründung man sogar auf den großmährifchcn König Moymir zurückführt und deren Inneres die größte und klangvollste Orgel Mährens enthält. Der nordwestliche Stadttheil ist die Pilten, die frühere Iudeustadt, mit Kirche nnd Kloster der Dominicaner, ans welcher man dnrch das Franzcns-thor anf die von Wassergräben umschlungene nnd von Parkanlagen umkränzte Schicßstätte gelangt. — Wenn wir schließlich noch gewissermaßen mit einem Blicke den Eindruck, den das einst so stolze Olmütz anf den Beschauer ans-übt, festhalten wollen, so wählen wir am besten einen der südwestlichen Hügel zum Anssichtspnnkt. Das manergckröntc, vom grünen Wallgürtcl wie von einem Bande umschlungene, anf zwei Marchinseln gelegene Hänsergcwirre dehnt sich vor uns ans, weit überragt von der, der Fclscnstirnc des Inlins-bergcs entsteigenden, dreifach geknppelten Michaelskirche und dem gleich einem Rittcrspeerc anfstarrcndcn, schlanken Thurme des Nathhauses. Auch vou der Höhe des nordöstlich von der Stadt gelegenen, sogenannten heiligen Berges, anf welcher eine weit nnd breit berühmte Marienkirche steht, die einst in Folge eines Traumgesichtes von einem reichen Olmützer Bürger gestiftet wnrde nud zu der jährlich taufende andächtiger Waller pilgern, genießt man eine prächtige, freilich anders geartete Aussicht, welche nach Norden bis an den Altvatcr, der bei den Olmntzern als vcrlässlicher Wetterprophet in hohen Ehren steht, streift, anderseits die bnrgengeschmückten Vorberge des Karvathenznges nnd die frnchtreichc, von Dörfern brsäete Ebene ost-und südwärts umspannt. Die Wallfahrtskirche von Heiligenberg gehörte einst zu dem gegenwärtig als Garnisonsspital verwendeten früheren Prämonstraten? ser-Kloster Hradifch nahe der Stadt. Borstadtähnliche Dörfer, wie die Neugasse, Greincrgasse, Powel, Neustift, Neuwelt, Bleich nnd Pawlowitz, verrathen noch ihren früheren Nang als Vorstädte von Olmütz und die eiustige viel bedeutendere Ausdehnung der Stadt. — Olmütz ist ein wichtiger Knotenpunkt des Eisenbahnverkehres. Nicht nur der Flügel der Nordbahn: Vrnnn-Preran zweigt bei Nezamyslitz ab und führt nordwärts nach Olmütz, während ein anderer kleiner Zweig derselben Bahn bis Stcrnbcrg führend an die mährisch-schlesischc Grcuzbahn sich anschließt, sondern anch die nördliche Staatsbahn entsendet einen Ast von Mährisch-Trüban in die Metropole der Marchebene. Noch immer ist der Handel der Stadt, ihrem Gcwcrbflcißc entsprechend, erheblich zu nennen. Ebenfo wichtig in commcreiellcr Beziehung ist Prcran im nnteren Beöwathale nahe ihrer Mündung in die March; einst freilich, als hier die Pern- Prossnitz. Busmi, Tobüschau. 77 steine gewaltig waren, that sich Prerau besonders dnrch eine lebhafte geistige Strömung hervor. Die Picarditen (so nannten die Gegner die Anhänger des Kelches) nnd mährischen Brüder sanden hier Zuflncht nnd Schntz nnd es erblühte im Städtchen eine Schule, die weit und breit berühmt wurde, besonders als der milde Iugendcrziehcr Cowenins derselben in den Jahren 1614—1616 als Rector vorstand. Ebenso ist auch das in der Hanna gelegene Prossuitz als Sitz der Brüderuuität in den stürmischen Zeiten der Reformation von harten Glaubeus-kämpfcnnintobt gewesen, gegenwärtig ist es als Hauvtort der korngescgneten Hanna Mährens bedeutendster Frncht-markt. Noch sei des alten auf ziemlich steiler Höhe sich erhebenden Schlosses Bnsan mit dem nnbedeutenden Städtchen gleichen Namens Erwähnung gethan, welches westlich unfern von Olmütz im Marchgebicte gelegen ist. Die Vnrg, obwohl weder geschichtlich noch architektonisch besonders merkwürdig, fordert doch ihrer pittoresken Lage wegen dcnStift dcsZeichners heraus. Mitten in den Anen des Marchfeldcö, von dem Orte gleichen Namens, wie von einem blühenden Garten umgeben, erhebt sich das in der Geschichte Mührens oft mit Ruhm gcuannte Schloss To-bitschau. Da noch urwaldähuliche Wilduis das Marchthal von Olmütz abwärts bedeckte, scheuchte emst ein stattlicher Iagdzug mit Höruerklang nnd Rüdengebcll das Wild in diesen Forsten auf. Herzog Konrad von Olmütz und seine Gemahlin, die ungarische Köuigs-tochter Ndlcta, spvcngteu mit glänzendem Gefolge dnrch den Wald; au einer lieblichen Lichtung, anf sanfter Anhöhe ward zur Rast geblasen nud ein fröhliches Mahl gehalten nnd so wohl gefiel dem Herzoge und seiner Gemahlin 78 Olmütz Iiüd die Mnrchebcne. diese Stätte, dass sie beschlossen, hier ein Iagdschloss zu crbanen nnd als Castellan den Liebling Konrads Litoslav von Towaöowsky einzusetzen. Aus dem Jagdschlösse ward bald eine mächtige Feste, die sich dann später gegen Schweden nnd Preußen gar zähe vertheidigen musste. Der berühmteste unter den Schlossherren ist jener Ctibor von Towaöowsky, welcher um die Mitte des 15. Jahrhunderts als Landeshauptmauu die Rechte, Privilegien, Gewohnheiten und Gcrichtsbräuche von Mähren in einer kostbaren handschriftlichen Sammlung zusammenstellen ließ. Er crbante auch deu hoheu Schlossthurm, dcu er nicht mit Unrecht ^'uiiiZ torm«^ (schöner Thurm) nannte nnd von dessen Zinne alts man ein überraschend schönes Panorama überschcmcu kann: Gegen Nordcu haftet das Auge an deu sauft geruudeteu Kuppen des Sudeteugebirges, ans denen an besonders heitercu Tagen das schneeige Hanpt des Altvaters hervorragt; ostwärts ist die Wallfahrtskirche des heiligen Berges und das wallumgürtetc Olmütz, dann im malerischen Beöwathale die Nuiue Helfenstein, noch weiter gegen Osten sind die Trümmer der Alttitscheiner Burg sichtbar; während mehr nach Süden ans den seltsam aufeinander gcthürmtm waldigen Höhen der Karpathenberge das Kirchlein am Hostcin hervorschimmert und endlich ganz zu unseren Füßen das im Golde seiner Uhren wogende, von dem fernen Nande des Marsgebirges wie von einem dunklm Bande mnsäumte Marchfeld sich majestätisch ausbreitet und auch im Westen dem, die üppige Hauua überschauendeu Blicke gleich reicher Scgcu entgegentritt. Nachdem wir von dem Wartthurm des Tobitschaucr Schlosses noch einmal in die Bergwelt des Nordens und Ostens hinausgeschant, wollen wir mm ganz in die Ebene hinabsteigen und die Sommerresidenz der Erzbischöfe von Olmütz, das auf dem rechten Ufer der March unweit von den Mün-dungm der Be6wa uud Hanna gelegene Kremsier, die bedcntendste Stadt des unteren Marchbeckens, bcsnchen. Die Stadt wird von dem imposanten Sommerpalais der Olmützer Fürstcrzbischöfe beherrscht und lehut sich eiuerseits au deu ausgedehnte,: Schlosspark, anderseits an deu fürstlichen Ziergarten an. Das Schlofsgebäude selbst, im italienischen Baustile aufgeführt uud im Jahre 1711 vollendet, bildet ein Viereck mit zwei Vorsprüugeu und ist an der Stadtscite zwei, gegen den Park zu drei Stockwerke hoch. Unter den durchwegs mit wahrhaft fürstlichem Prunke ausgestatteten Gemächern, zunächst denen des ersten Stockes, heben wir den dnrch zwei Etagen reichenden an der Parkseitc gelegenen mit dem Bilde des Fürstbischofs Hamilton geschmückten großeu Saal hervor, in welchem einst vom 1(1. Juli 1^48 bis zum 7. März 184!) der österreichische Reichstag tagte, dann den Thronsaal, in welchem die Besitzer der bischöflichen Lehen den Vasalleucid leisteten. Die große, an 14.000 Bände zählende, mit einem schönen Deckengemälde lU li^eo geschmückte Bibliothek befindet sich im zweiten Stockwerke, welches auch deu zu den Sitzungen des Lehenamtes be- zlrcmsier. 79 stimmten, gleichfalls mit wertvollen Frescogemälden prunkenden Lehcnsaal enthält. Die Souterraiuränme au der Parkscite enthalten Säle mit Stnccatur-, Mosaik- nnd Vildhauerarbeit, in denen Vczierwasserwerkc, künstliche Bergwerk-stollm u. s. w. angebracht sind. Alle Erwartung übertrifft der von der' March nnd einem ihrer Arme durchschnittene Park, der in den eigentlichen Schlossgarten und in den der Stadt zugekehrten Max-Iosef-Park zerfällt. Mit seinen schlangcngleich gewundenen Laubgängcn, exotischen Prachtbänmcn, Nadel- nnd Laubholzwäldchen, Ncbenhügelu nud Obsthaineu, sciucn lauschigen 3tasenplätzrn und an Teichen sich ausdehnenden Anen, seinen Fasanerien und Wildständen, Cascade», Springquellen, Bassins, Eremitagen, Kiosks, Pavillons, aumuthige Ausblicke gewähreuden Vnsthäusern, mit seinen chmep>chen Parapun-, Fasanen-, Psauen-und Phantasiehänschcn, dem Freundschafts- und Schwauentempel, der Max-Colonnade, Sonnenuhr, Iris-, Phantasie- nud Laternenbrnckc: bietet er eine fast unerschöpfliche Fülle entzückender Genüsse dar; das Füllhorn reizend schöner Gaben, mit dem hier Natur und Kunst den stannendm Wanderer überschütten, scheint niemals leer zu wcrdcu. Ebenso reich an reizenden Abwechselungen und überraschenden Schönheiten ist der all der Südwcstseite der Stadt gelegene fürstliche Ziergarten mit seinen seltenen Gewächshäusern, seiner prächtigen Orangerie, der akusti-scheu Gallcric mit antiken Nischeustatnei,, dem Wasscrkunsttempel, aus dessen Boden, Decke und Sciteuwäudm unversehens Negcn träuft, Wasserstrahlen und Fontaincn hervorspringen, nnd mit all seinen tropischen Riesenpflanzen und iN'rmsi«. 80 Olmuy und die Marchebene. ungeheueren Blumeupyramideu, die den arglos Lustwandelnden unvermuthet in das sogenannte Labyrinth locken, in dci» man, falls man nicht zufällig den richtigen Weg trifft, stundenlang irre gehen kaun, ohne den Ansgang zu finden. Die Schloßkapelle besitzt ein ungemein kunstvolles Altarblatt; mit der im gothischen Stile erbantcn, von dem Cardinal-Erzbischofe Max Josef Freiherrn v. Sommerau nach dem großen Brande von 1836 prachtvoll restaurierten Collegiatkirche zu St. Mauriz ist das Palais dnrch rillen langen Corridor verbunden. Vor dem Hanptaltare dieser Kirche sind in einem Grabe von Quadcrsteiucu die irdischen Überreste des Kanzlers Ottokars II., des berühmten Vruuo vou Olmütz, beigesetzt, der sich um den Sprengel seines bischöflichen Stuhles durch Berufung zahlreicher deutscher Ansiedler, Aus-roduug von Wäldern, Anpflanzung von Weinbergen und viele segensreiche Einrichtungen außerordentlich verdient gemacht, und als weiser Berather und treuer Freund Ottokars II. denselben auf semem Kreuzzuge ins Laud der heidnischen Preußen begleitet hatte. Er starb am 18. Februar 1281 in dem noch jugendlichen Alter von Z6 Jahren. Hat uns dieser Kircheufürst in die glänzenden Tage des Aufblühens bürgerlicher und städtischer Gemeinwesen in der Markgrafschaft zurückgeführt, fo wollen wir jetzt eine Stätte besuchen, welche geweiht ist durch Erinnerungen, die in eine viel fernere Vorzeit znrückleitcn. Am breit und mächtig sich entwickelnden Marchstromc liegt in ungemcin fruchtbarer Ebene, die aber auch häufig von dcu hochgehenden Wogen des vielfach sich spaltenden Flusses übcrfluthet wird, die Stadt Ungarisch-Hradisch, die aus einem Vorwerke, das zum Schutz gegen die räuberischen Ungareinfällc unter König Bcla errichtet worden war, entstand und rasch cmvorblllhte; ciuc halbe Stunde vou Ungarifch-Hradisch liegt das Dorf Wclehrad. Hier befinden wir uns auf wahrhaft klassischem Boden für die Geschichte des Landes; denn anf diesem durch die Tradition geheiligten Grunde erhob sich iumitten von Rebenhügcln und Frnchtfeldern die Residenz der Könige Großmährens. Die bentcgierigen Scharen Arpads haben die Burg zerstört uud die Wiege des mährischcu Christenthums dem Erdboden gleichgemacht. Auf dem Fricdhofe des Dorfes steht die St. Cyrilluskapclle an derselben Stelle, an der einst das erste christliche Gotteshaus im königlichen Burgbaune sich erhoben haben soll: noch wird der Vordcrtheil des Kirchlcins auf der Altarseite als eiu kostbarer Überrest der ersten, von dem Landcspatron geweihten Kirche angesehen, in der auch der Herzog der Böhmen Boriwoy getanft worden sein soll, nachdem er, zn Besuche am Hofe zu Welehrad weilend, mit seinen Rittern fo lange von der königlichen Tafel ausgeschlossen blieb, bis er auch würdig war, ^nm Tische des Herrn zu treten und von dem himmlischeil Mahle zu speiscu. Nahe der Kirchhofs-tapcllc ist ein umwallter freier Platz sichtbar, der das Schlössleiu (Hradek) Die Ncwohncr dcö Marchtü'ckcns und der angrcnzcndcn Lnndstriche. 81 heißt und auf dem der Sage nach Ewatopluks Königsburg gestanden haben soll. Noch zeigt man anch ein abgeflachtes Frlscnstnck im nnfcrncn Walde, au welchem der König mit seinen Genossen das Iägermahl eingenommen haben soll und das bis znm hentigcn Tage „des Königs Tisch" heißt. So mag man hier gern sich sinnend in die Schattenwclt der Geschichte zurückziehen, geru aber auch frohen Blickes die lachende Natur genießen, die ringsum ihre Reize entfaltet, denn in anmnthigcm Wechsel erfrenen hier liebliche Obstgärten, wohlbebautc Äcker,, Waldstreifen nnd blumige Anen und ab nnd zn das Silberband des Flusses das Auge. Hier genießen wir so recht den Frieden und Segen der reichen Ebene des Marchflnsses, dessen Bewohner wir nnn auch kennen lernen wollen. 7. Vir Vrwuhner deF MarchlicckcnF imd der angrenzenden Landstriche. (Die Hanna und ihre Bewohner. — Tracht nnd Voltsgebrlinchc der Slowaken, — Das „Kümgsrcitl'n" und der „Brantknchcn". — Die mährischen Kroaten. — Ihre malerische Kleidung.) Wohl der fruchtbarste Theil des ganzen Marchbeckcns ist die Ebene an der Hanna, die eine kurze Strecke oberhalb Kremsier in die March fällt; sie ist die Heimat der rüstigen, rosscliebenden Hannaken, des kräftigsten slavischen Volksstammes Mährens, dessen Sprachgrenze man etwa durch die Städte Wischan, Olmütz, Leipnik und Kremsier abzeichnen kann. Der Hannake ist groß nnd stämmig, von offenem und geraden Wesen, doch viel Phlegmatischer als der leichtlebige Wallache oder der heitere nnd gcsanglicbcnde Slowake. DicHannakcn sind dnrchans wohlhabend, ja reich, denn der fette Humns ihres Ackerbodens liefert bei emsiger Bcbanuug überreichen Ertrag; nirgends ist daher anch die Kost des Landmannes besser nnd nahrhafter; die Hannakcn essen Weizcnbrod, sie lieben gute Kuchen (Buchteln) und Schweinefleisch und ziehen Bier jedem andereu Getränke vor. Der Hannakc übt gerne nnd oft in -übermäßigem Grade Gastfreundschaft nnd liebt es auch, nnt einem gcwisfeu Stolze seine Wohlhabenheit sehen nud fühlen zn lassen. Ungemcin gerne haben sie starke und kräftige Pferde, daher die Pferdezucht im ganzen Lande nirgends anderswo fo trefflich gedeiht; gerne fährt der reiche Vaner mit dem Vier- nnd Sechsgespann feiner Vollblutpferde in seinem Sonntagsstaate znr Kirche. Die Männer tragen eine grüne Jacke, meistens aber, oft anch im Hochsommer, einen kürzeren oder längeren braunen Schafspelz mit der Sm 0 llr 1 Mlü-lgraslchast iNahrc,,, h 82 Die Vl'wl'hm'r des MlN'ch!>eck«,',is und der aiissreo^'iidc» Vnndstriche. Wolle uach innen, dann eine weite, oben in Falten gelegte, zinnoberroth oder rothbrann gefärbte lederne.Knichose und hohe, steife Stiefel; meist auch Sommer nnd Winter hindurch einen Mantel mit kurzem Faltcnkragen und einen schiffschnabelförmig uach vorue uud hinten geschweiften Fil^hnt mit buutem Bäuderaufputz. Was das Beinkleid betrifft, welches von der Hüfte bis zum Knie weit und pludrig ist, muß es nach hanuakifchen Begriffen so weit sein, dass es einen halben Metzen Weizen fassen kann, ohne dass man es bemerkt, und am Knie so fest zugezogen haften, dafs kein Körnchen durchschlüpfen kann. Die Franen und Mädchen, die als die schönsten des Landes gelten können, tragen als Kopfumhüllung einen eigenthümlichen, aus einem grellfarbigen Tnche gebildeten Bund, von dem die Enden gleich Ohrgchäufeu abstehen; der kurze Faltcnrock, über den eine bnnte Schürze gebreitet wird, wird über die Hüfte aufgebunden und ist durch einen Streifen des enganliegenden Hemdes von dein gleichfalls enganschließenden, in der Regel goldbordicrteu Leibchen getrennt; Hals- und Armkranscn sind von gelben Spitzen nnd die mit hellfarbigen Bändern geschmückten Schnhc meist sehr zierlich nnd mit hohen Stöckeln verseheil; doch letztere tragen dic Mädchen fast nnr, .wenn sie für den Tanzsaal Toilette machen, sonst haben sie gleich den Slowakinnen schwere, mit Hufeisen beschlagene Stiefel. Verschieden von den reichen behäbigen Hannaken in Kleidung nnd Lebensweise, Charakter nnd Sitte, ist der Volksstamm der Slowaken, die das ganze südöstliche Mähren erfüllen nnd nicht nnr marchabwärts wohnen, sondern auch einen Theil der Karpatheugegenden besetzen, von wo sie sich jenseits der Laudcsgreuze am Nordsaume Uugarns ausbreiten, westlich bildet das Marsgcbirge die scharfe und genaue Grenze gegen die Slaven des Westens. Obwohl das Marchbccken also nur eiucn kleinen Bruchtheil derselben beherbergt, wollen wir ihrer doch schon hier gedenken, da die fruchtbare Strecke von Ungarisch Hradisch bis Lnndcnbnrg, sowie die Gegend um Gaja die eigentliche Heimat der reicheren, ackerbautreibenden Slowaken ist, während die Bewohner der Karpathenthäler sehr arm sind und auf tiefer Bildungsstufe stehen. Aber auch die Slowaken der Ebene sind weniger bildungsfähig, wie die übrigen Slaven des Landes, und die Bewirtschaftuug ihrer Felder ist daher im allgemeinen unzureichend nnd mangelhaft; anch das slowakische Baucrnhans ist ärmlich; es ist zumeist aus nnbchanenm Fichtenstämmen erbaut und mit Stroh gedeckt; das Innere desselben ist nichts weniger als besonders reinlich, und die Ochsen, Schweine und Ziegen leben dariu auf etwas gar zu vertraulichen! Fuße mit der Familie. Der Slowake ist mittelgroß, aber kräftig gebant, leicht erregbar und schnell zu Streit uud Kampf aufgelegt; cr ist ungcmeiu gesangliebcnd, uud es gibt bei ihnen schöne Volkslieder, die sic bald in rauhen scharfen Tönen, bald in klagend weichen, schmelzenden Accorden bei der Arbeit in Haus und Feld zu singeu pflegeu. Tracht u,d Vollögc^rinichc dor Slowakcn. 83 Charakteristisch ist die Kleidung des Slowaken, die manche von der Tracht der magyarischen Mchbarn entlehnt hat. Im Sonnncr tragen die Männer ein knrzcs, aus Hanf gewobenes Hemd, eine lange, sehr weite Gatjc aus demselben Stoffe, die unten mit Fransen besetzt ist, ein rundes Filzhütchen, das ganz mit bnntfarbigen Bändern und Schnüren umwundcu, auch wohl mit Stränßchcn besteckt ist; über das Hemd wird dann noch ein Mantel nüt weiten Ärmeln ans graulich-weißem, dicken und groben Stoffe gcworfcu. Die Gatjc wird im Winter mit einer knapp anliegenden, nach ungarischer Weise verschnürten blauen Tuchhose vertauscht. Wenig geschmackvoll und originell ist die Klcidnng der Frauen und Mädchen. Sie tragen meist dunkle oder ganz schwarze Röcke mit knrzcr Taille uud einer darüber gebundenen langen weißen Schürze, das Kopfhaar wird uüt einer weißen, farbig ausgenähten Binde zusammengehalten; au vielen Orten flechten die Mädchen ihr reiches Haar in zwei lange, über den Nucken hiuabhäugende bnntbebändcrtc Zöpfe. Unter den eigenthümlichen Gebräuchen, die bei den Slowaken uoch hmuifch sind, verdient das sogenannte „Königsreitcn" hervorgehoben zu werden. Am Pfingstmontag reiten einige Burschen in weißen, talar-ähnlichen Kleidern, zur Seite ciuen Säbel uud mit ciucr kroueuartigeu Mützc, zu Pferde durch das Dorf: viele auderc Bursche, ebenfalls reitend und in ähnlichem Anfzuge, schließen sich ihueu an. Die ganze Neiterschar sprengt uun, wie uatürlich unter dein Zusammenlanf von Groß und Klein, zum nächsten Dorfe, wo ihnen schon eine ebenso heransgeputzte Cavalcade entgegenkommt. Die gekrönten Bauernbursche, Bauernkönigc genannt, begrüßen sich sodann unter merkwürdigen Ceremonien und komischen Verbeugungen uud ladeu sich gegenseitig auf deu Abcud zum Trank und Schmaus in eiucm Wirtshausc ein, wobei Ort und Zeit der Zusammeukunft genau verabredet wird; hicranf kehren sie ins Dorf zurück, wo mittlerweile für die Vauernkönige verschiedene Esswaren, zumeist Eier, Speck und Fleisch von Haus zu Haus gesammelt werden; all das wird daun, iu dcr Ncgel auf dem Platze vor der Schenke, verkauft uud der Erlös des Abends gemeinschaftlich vertrunken. Ebenso eigenthümlich ist die Sitte des Vrantknchenö, die in folgendem besteht: Volkstracht der Slovaken. 6* 64 Die Bewohner des Marchbcckciis und dcr iiügvmienden ^'audftriche. Sobald der Tag der Trauung festgestellt und die Gäste dazu geladen sind, übernimmt in der Regel eine Muhine der Braut das wichtige Geschäft, den Vrautkttcheu zu backen; derselbe hat wahre Riesenduuensioneu, ein ganzer Metzen (0'<>^) Weizenmehl wird hiezn verwendet, die Länge des Kuchens beträgt meist 1'2m, die Breite 0'8m und die Dicke der Teigmasse ganze 2:'>«m. Nm dieses Ungeheuer in den Backofen schieben zu könuen, muss das Ofcnloch natürlich ausgebrochcu wcrdcu. Der Kuchen wird mit Flittergold reich verziert uud so auf die Tafel gebracht; iu der Mitte hat er eine bedeutende Vertiefung, die dadurch erzeugt wird, dass währeud des Vackeus ein großer Topf iu deu Teig gestellt wurde. Das Brautpaar wird uach der Trauung, die jedesmal vormittags stattfindet, von den mit bunten Väudcru nnd Rosmarin geschmückte!: Brautführern nnd Krauzcljuugfraucu nicht nach Hause, sondern ins Wirtshans geführt, woselbst das Frühstück, in Branntwein uud Kuchcu besteheud, eingenommen wird. Hier wird bis gegen 4 Uhr nachmittags verweilt, dann zum Hause der Muhme aufgebrochen, woselbst der Braut-kuchen feierlich abgeholt nnd unter dem Schalle der Musik ins Haus der Brant getragen wird. Zn diesem Riesenkuchen stellt die Brautmutter eiuen kleiuen bei, der ebenfalls mit einer Vertiefung in der Mitte versehen ist. Die Hochzcitsgäste, nehmen an der Tafel Platz uud bei jedem Gerichte, das frisch aufgetragen wird, werfen sie Geldstücke in die Vertiefnng des großen nnd kleinen Kuchens. Am Ende der Mahlzeit wird die Summe, die der kleine Kucheu enthält, der Brant, die des großen Knchcns dagegen dem Bräutigam zur Hauseiurichtuug übergeben. Merkwürdig ist es, dafs die Braut währeud der ganzeu Mahlzeit weiucnd nnd mit einem Tnch vor dem Gesichte dasitzen mnss und von den Speisen nichts berühren darf. Nach der Tafel nähern sich ihr vier Frauen, meisteus ans ihrer Verwandtschaft, nnd während zwei ein großes Lciutuch gleichsam als Vorhang vorhalten, nehmen die anderen unter lautem Schluchzen und Wehklagen den Myrtenkranz vom Kopfe der Brant und bedecken letzteren mit einem Tuche, wie es die Frauen zu trageu Pflegen. Eudlich beginnt der Tanz, den das Brautpaar eröffuet, und dieser Augenblick scheint wohl schon lange von der Brant heiß herbeigewünscht worden zn sein, denn gleich nach dem erstcu Reigen entfernt sie sich in die Vrantkammer, wo die fürsorgliche Mutter mittlerweile Speise nnd Trank iu Hülle uud Fülle für die Huugrige vorbereitet hat. Erst in der Früh des uächsteu Tages begleitet der gauze Zug unter lärmender Musik und fröhlichem Jauchzen die junge Frau in das Haus ihres Manues. Eiu Theil der Slowaken, besonders um Lundcnburg und Eisgrub, hat auch die reiche uud malerische Tracht der Kroaten angenommen, die eine kleine Colonic im südwestlichen Mähren bilden, indem sie auf ciueni Gebiete von nicht ganz 28«m>"" in deu Dörfern von Fröllcrsdorf, Guttcnfcld nnd Neuprerau südlich von Dürnholz und westlich von Nikolsburg leben. Sie Die mäyvischcn Kroaten. 85 wurden im Jahre 1584 von dem Freiherrn Christoph von Tenffeilbach auf feiner Herrschaft Dnrnholz angesiedelt und haben sich, obwohl sie rings uon deutscher Bevölkerung nnigebcn sind nnd obgleich der Gottesdienst bei ihnen in dem verwandten slowakischen Dialekte gehalten wird, Sitten, Sprache und Kleidung in unvcrmischtcr Reinheit erhalten. Besonders die letztere ist nngemcin malerisch nnd die reichste unter allen Trachten der mährischen Slaven. Der Kroate trägt zunächst auf dem Leibe ein Hemd mit sehr weiten, offenen, am Endsaum mit einer rothen, schwarzen oder blancn Bordüre besetzten Ärmeln aus grobem Linnenzeug, welches über dem engen blancn oder weißen Bcintleidc, das ganz dem ungarischen gleicht, getragen wird. Der Leibrock von blauem oder weißcu Tuch ist au der Kaute mit rotheu, schwarzen oder weißcu Schnüren besetzt nnd wird so getragen, dass er den starken Nacken und die breite haarige Brust der Hitze und Kälte preis gibt.' Au Werktagen ist der Kroat mit eiuem weißen, aus grobem Wollcustoff verfertigten Mantel, Halma gcuaunt, bekleidet. Die Fnßbekleidnng bilden Czismeu mit eiuem hufeiscuartigen Eiseubeschlage statt des Absatzes. Ein kleiner zugespitzter Filzhut mit einer eingerollten Krampe uud mit vielen bunten Scidcubäudcru geschmückt, ist die Kopp bedcckung! stecken überdies noch eine oder mehrere Federn an dem Hute, so gilt dies als Zeicheu uutcrnehmeudeu Muthes und als Aufforderuug des Trägers an jeden, der Lust und Kraft genug besitzt, mit ihm zu riugcu. Die Tracht der Fraucu uud Mädcheu ist au Wochentagen viel einfacher als der schone uud kostfpiclige Sonutagsstaat. Über dem falteurcichcu, licht-odcr dunkelfarbigen Nocke wird eine kurze Jacke (Epcufer) ans weißen» Flanell, im Winter ein langer weißer Pelz aus Schaffellen, dessen Bordcrzipfel nach rückwärts umgeschlageu siud, getrageu, währcud ein „Tüchcl" so über den Kopf gcbuuden wird, dass es die frifchen rothwcißcn Wangen vor der bräunenden Sonne schützt. Dagegen ist der Feststaat reich und malerisch. Dic Mädchen flechten ihre reichen, meist dunkelkastanienbrauuen Haare iu einem künstlichen Knoten rückwärts zusammen, darüber wird dann eine aus Pappendeckel gemachte, mit Seide überzogene und mit Gold oder Silberborten reich verzierte Haube getragen, uon der an besonders hohen Festen ein mit Spitzen, BolMracht oci Kroaten, 86 Der Spiegliher Schneeberg. besetzter, aus Moussclinc gewebter oder schwarz und weiß gestickter Schleier bis unter die Taille herabfällt. Das Leibchen aus schwarzem geblümten Seidcnzeug wird vorne meist mit silbernen Ketten oder Knöpfen znsammen-gencstclt; große Sorgfalt wird auf die Stickerei des Hemdes verwendet, dessen ungemcin weite, ballonartigc Ärmel mit feingcstickten Manschetten versehen sind. Im Winter wird an Feiertagen ein mit blauem Tuch überzogener, reich verbrämter und mit Knöpfen und Spangen ans Silber geschmückter Pelz getragen. li. Der Spieglitzer Schnreberss. (Charakter oer mährischen Sudeten und ihrer Bewohner. — Vuu Stcrnbcrg zu den Quellen der March. — Besteigung des Spieglitzer Schneebergs. — Altstadt. — Goldenste in. — Die Sage von: Fuhrmannsstein,) Wir haben die Bewohner des reichgcscgnetcn Marchbeckens kennen gelernt, die, fast durchgchends wohlhabend nnd gastlich, sich ihrer wogenden Getreidefluren nnd grasreichcn Triften crfrcnen' die March soll uns nun den Weg weisen in das ranhe, aber doch an so vielen Schönheiten reiche Gebirge des Nordens, dessen Vcwohuer nur spärliche Halmfrucht ernten nnd ein kärgliches Dasein fristen, doch durch unverdrossene Arbeit sich die Bürde des harten Lebens erleichtern. Einst freilich herrschte auch in den Thälern der Sndetcn ein reges frohbewegtes Leben, da noch der Bergmann in den Stollen des Gesenkes nach Gold- nnd Silbererzen schürfte und manch kostbaren Schatz ans Tageslicht hob; als aber, wie das Volk dieser Gegenden noch immer zn erzählen weiß, harte und böse Menschen die Berggeister erzürnten, und die Kobolde und Zwerge Gänge nnd Minen verschütteten, als die kahlen Bcrghalden, auf denen nur hie und da niederes Gehölz uud dürre Grasbüschel vorkommen, keine blendenden Schätze mehr im Innern des Felsens bedeckten, da sank der Neichthum so vieler Städte, und die Bewohner dieser Gegenden, die so manchen nraltcn Brauch festhielten, mussten sich an das nene Leben voll harter Arbeit gewöhnen. Doch ehe wir das eigentliche Gesenke besnchm, wollen wir die ehrwürdige Kuppe des Spieglitzer Schucebergs besteigeu, an dessen Südfnß der Fluss, aus dessen Ebene wir soeben kommen, entspringt. Wir wauderu also von Olmütz an, bei welcher Stadt wir zuerst die Marchcbene betreten haben, thalanfwärts. Von Osten her grüßt uns das durch seinen Gründer, den von Sage nnd Geschichte gefeierten Mongolen-besieger Iaroslaw berühmte, gewerbfleißige, am Fuße des Gesenkes malerisch gelegene Städtchen Stcruberg. Wo die mährische Sazawa in den March- Echildbl'vg, Mährisch-Nothwass«. QnarMchcr. 8? fluss sich ergießt, etwas unterhalb Hohenstadt, bicgcn wir ab, um in das Frisawathal und zn dcm riugs von Bergen umrahmten, steil gelegenen Städtchen Schildberg zu gelangen, welches anf denjenigen, dcr die enge und steile Hauptgasse hinnuklimmt, schon gzinz den Eindruck eines richtigen Hochgcbirgsstädlchens hervorbringt. Das anmuthigc Waldthal der Friese oder Frisawa (eines Nebenflusses der mährischen Eazawa) noch immer hinausteigend, gelangt man an dcm emsiger Gcwcrbthätiglcit beflisscncu Markte Ma'hrisch-Ncith Wasser vorüber. Bald sieht m'au das gewaltige Hanpt des Cchneebcrgcs vor sich emporragn»: nach andrrthalbstündigcr Wanderung trifft man in dem, im obercu Thalc der March gelege»eu Orte ein, von wo die eigentliche Besteigung des Schncebergcs bcginut. Ein dichter, fast jedem Sonnenstrahl den Eingang wehrender Tannen- und Fichtenwald, dcr die ganze Südseite des Cpicglitzcr Echnce-berges bedeckt, uinmit uns auf; uus zur Seite rauscht bald lanter, bald leiser rin silberheller Bach, der zuweilen aus Buschwerk nnd Gestein hervorblickt, bald wieder Volt zerkliiftctent Steingeschicbc nnd überhängendem Gesträuch fast ganz vndeckt wird: es ist die March, die am Südhauge des Epirglitzcr Schueebergs als stilles und gar brschoideucs Wässcrleiu entspringt nnd in schwachem Oerirscl zu Thale rinnt. Bald fesselt am vechtcn Ufer des Flilsschens ciin' Felscnwand unsere Aufmerksamkeit, in der sich zwei große Öffnungen befinden. Es sind dies die sogeuaunteu „Qnarklöchrr", Höhleurämue, mit schönen Tropfstcingcbildcu geschmückt, aber anch am Boden nnd den Wänden mit einmi weißlichen, quartähulichen 5taltbrei brklcistert. Anch in diesen Höhlen lässt die Phantasie, des Volkes märchenhafte Schätze vergraben sein und die Sage erzählt, dass einst ein Jägersmann, dcr vom Schuccbcrg hcrabsiieg, hier einem fremden Wanderer von dunkler Gesichtsfarbe mit schwarzem ^ockeuhaar nud mit bnnten Phantastischen Gewändern angcthan, begegnet sei. Der unheimliche Fremde habe ihn angerufen, ihm gesagt, dass er ans Wrlschlaud komme nnd von wnnderbnreu Schätzen wisse, dic hier in dcr Gegeud verborgeu seieu. Ungläubig schüttelte dcr Forstmann den Kopf, da führte ihn der Wclsche zu den Onarklöchcru; sie schritten hiuein nnd dcr Fremde klopfte an die Wand im Hintergründe, da that sich dicse anf nnd taufcndfältiges Licht, das ans dcn Perlcu, Rubinen, Cmaragdru, Gold- nud Silberbarren, die hier anfgehänft lagen, hcrvor-strahltc, blendete die Eintretenden. Der Welsche redete nun dcm Iägcr zn, sich zu nehmen, wonach er Gelüste trage; doch möge er sich nicht allzusehr belasten, dcun sechsmal wolle er ihn noch in diese unterirdische Zaubrrwclt führen, beim siebenten Male aber solle er für immer ihm gehören. Als uuu der Iägcr Neue empfand und sich nicht entschließen mochte, das Blatt, das ihm dcr Unbekannte hin hielt, mit seinem Blute zu unterschreiben, da breitete dcr Fremde 88 - Der Spiestlitzer Schnecberss. seinen rothen Mantel anf den Boden aus und hieß den Zagenden sitzen. Kaum war dies geschehen, so erhob sich in der ^nft ein stürmisches Brausen und in rasender Eile wnrdc nnscr Jäger dnrch die ^ufte entführt; nach wenigen Minuten fühlte er sich sanst uicdcrgcseukt, bctänbt und fast bc-wusstlos fand er sich in einer ihm gänzlich nubckannten Stadt, wo niemand, den er ansprach, ihn verstand, es war Padua; da bemerkte er plötzlich an dem Fenster eines hohen schönen Hauses den Mann ans Welschland, der lachend aus thu hcrabblickte. Der bestürzte Jäger eilte zu ihm hinauf uud flehte ihu an, ihu wieder in die Verge seiner Heimat zurückzuführen; er wolle ihm alle seine Schätze zurückgeben nnd nie wieder ein unlauteres Ver-laugen nach kostbarem Gute äußern. Nach längerem Zögern willigte endlich der Fremde ein und sagte, daß die ausgcstaudeuc Äugst und die Folterqualen des Gcwisseus Strafe für seine Begehrlichkeit sein mögen. Nun reichte er ihu: aus eiucm Spitzglase einen Trnnk; als der Jäger denselben zu sich genommen, verfiel er in einen tiefen Schlaf, da er aus demselben erwachte, fand er sich wieder in seinem heimischen Walde vor der rüthsel-haften Höhle, in die ihn der Fremde geführt hatte. Bald oberhalb der Qnarklöcher verlassen wir die March, die freundlich murmelnd nns so lange Gesellschaft geleistet, nnd indem wir einen steilen Seitcnpfad einschlagen, gelangen wir nach einem zweistündigen, sehr beschwerlichen Marsche über den kahlen felsigeil Boden, anf dem unr mehr hie nnd da kümmerlicher Vaumwnchs sein Dasein fristet, znr „Schweizerei", die bereits anf prcnßischer Seite liegt. Hier hält man gewöhnlich Nachtrast, um dann beim frühesten Grauen des Tages den Anfstieg anf die eigentliche Knppe fortzusetzen und hier das Schallspiel des Souucnaufgaugs zu genießen. Die höchste Kuppe des Schneebcrgs ist vollkommen bäum- und stranchlos und nnr etwa vier Monate des Jahres schneefrei; sie bildet eine bei 11 Hektar breite Fläche, in deren Mitte sich eine steinerne Säule an der Stelle erhebt, wo die Grenzmarkeu uou Preußen (Glatz), Böhmen und der Markgrafschaft zusammentreffen. Schon zeigt sich der Pnrpnrschein der Sonne im Osten und der Glanz des Tagcsgestirnes überstrahlt bald die nahen und fernen Kuppen der Berge, während in den Schluchten und Thälern des Glatzer Gebirgskessels noch die bläulichen Schatten der Dämmcrnng lagern. Gegen Südosten kann das bewaffnete Auge bei klarem Himmel bis in die Fluren der Marchebene schweifen. Es ist nur schade, dass der breite Rücken der Knppe, anf welcher der Beschancr, der sich hier so recht mitten in die Bergwclt der Sndetcn versetzt fühlt, steht, immer nnr gestattet, einen verhältnismäßig kleinen Ansschnitt des Horizontes zu überschauen. Znm Abstiege vom Gipfel wählen wir den Weg, der nns znr March-quelle führt, wir lassen nns von dem hell riefelnden Wasfcr eine Strecke begleiten nnd folgen dann dem Laufe der kleinen March; am linken Ufer dieses Baches liegt bei Glasdörfel der sagenreiche Saubcrg, von dem Erzberg. Altstadt, Goldcnstcin. 89 der Volksmund erzählt, dass hier einst auf dem schauerlich wilden Fels-vorsprungc eiu Nallbritter gehaust habe, der, nachdem er lauge Zeit die Umgebung mit Furcht und Echreckeu erfüllt und Verbrechen auf Verbrechen gchanft hatte, cudlich von der gerechten Strafe ereilt worden sei. Vom Landeshauptmann in seinem Fclscuncstc belagert, tödtetc er, als er keinen anderen Ausweg mehr sah, zuerst Weib uud Kind und stürzte sich dann selbst unter grässlichen Gotteslästerungen in den tiefen Schlossbrnnnen; doch noch findet er keine Nuhc im Grabe, noch muss er als Quäler und Peiniger der Nachkommen seiner einstigen Unterthanen auf Erden umherirren; naht etwa ein unkundiger Wanderer um Mittcruacht dem schaurigen Orte, wo einstens die Burg gestanden, so erhebt sich allsogleich ein furchtbares Uugewittcr und rollender Donner und grässlich znckcnde Blitze zwingen den Vorwitzigen, die Stätte scheu zu fliehe». Die Gruppe des Spieglitzer Schmcbergs wird vo» dem eigentlichen Gesenke durch den Sporuhancr Pass (oder Namsaner Sattel) geschieden. Die Gebirgslandschaft, die dazwischen liegt nud uor welcher der Salwicscuberg uud Fichtlich als mächtige Bergriegrl vorgeschoben sind, hat in den beiden Zuflüssen der March, dem Grauppabachc uud dem Bord- oder Mittelbordbach, die wichtigsten Thäler. In denselben standen einst viele Eisenhämmer und Hüttenwerke, während gegenwärtig von all den verschütteten oder versunkenen Schachten unr hie und da noch einer spärliche Ausbeute liefert. So wird noch heutigen Tags bei Erz b erg, südlich von Altstadt, Erz gegraben. Altstadt kommt uuter diesem Namen nachweislich erst im sechzehnten Jahrhundert vor, es hieß schou seit ältester Zeit Goldeck, und erst als am Fuße der Burg Goldenstem eiu Ort gleichen Namens entstand, nannte es sich Alt-Goldcck, uud als sich tciu bliukeudes Goldkörnlciu iu dm Adern des Gebirges mehr zeigte, gehörte bald auch der Name Goldcck zu den längst verschollenen, an seine Stelle war „Altstadt" getreten. Ebeuso wohlhabend dnrch Bergwerkbetricb wie Altstadt war Goldenstein im Thale des Mittelbordbaches. So wie viele Sagen das Andenken an den einstigen Reichthum dieser Gegeudcu erhalten habeu, so wisscu audcrc Erzähluugcu wieder vou deu furchtbar tranrigeu Tage» zu berichtcu, wo die kärgliche Frucht, die der Fleiß des Laudmanns dem Steinboden zu cutlocken weiß, missrieth und Huuger, Pest uud Kriegsuoth in die Thäler des Gebirges brachen. Besonders war es die Zeit der Hussitenkriege, die über diese Landstriche Elend nnd Noth brachte. In diesen Tagen lebte, so weiß dle Sage zu erzählen, in Goldenstein ein reicher Prasser, der bei wohlbesetztcr Tafel des Hungers uud dcr bittereu Noth der Armen spottete, denen er auch das letzte Stückcheu Habe durch schäudlicheu Wucher abpresste. Eudlich verhieß er dm Bejammernswerten Wagen voll Getreide, die er aus Schlesieu herüberführen wolle. Statt dcsseu führte er Stciue und Felsklnmpm ins Gebirge hinauf; von allen Seiten 9,0 Das TcsSthal mid bcr Allvater, Waren hungerbleiche Gestalten herbeigekommen; als sie des Truges gewahrten nnd statt der Frucht die Etcinc sahen, hoben sie die Arme zum Himmel auf und stießen gräuliche Verwünschungen gegen den erbarmungslosen Lästerer der Armut aus, uud die göttliche Strafe traf den Frevler sofort, Gerade als er mit Noss und Wagen umkehren wollte, nm nach Goldenstem zurückzufahren, ward er plötzlich in Stein verwandelt. Noch jetzt zeigt man den moosbewachsenen verwitterten Felsblock, der einem mit Noss uud Kuecht zu Stein erstarrten Fnhrmannswagcn nicht unähulich sieht. Es ist der „Fuhr-mannsstcin" in der Nähe des Städtchens Goldenstem, schon am linken Ufer des Mittclbordbaches, uud also bereits dem Gesenke, der Hochschaar-grnppc, angehörig. Das ganze, südlich vom Hochfchaar uud dem Köpcruik oder Glaserbergc hinzieheude Gebirge führt den Namen Ullcrsdorfcr Berglaud uud begleitet das liebliche uud romantische Thal der Tess, jenseits welcher die Grnppe des Altvater sich erhebt, auf ihrem Laufe bis zur Mündung iu die March, Dieses Thales anmuthiger Zauber soll uns nuu zunächst zu längerem Verweilen einladen. 9. DilF OesFchal und drr Allvater. (Durchs Tcssthal. — Schöuberg. — Petersdorf. ^ Wicsenberci nnd seine Fabriken. — Waldpnrticn im Thale der rcmschendcu Tess. — Die Briinndlheide. — Niif der Kuftfte des Allvaters. — Der Pcterstein, — Im Merthathale. — Wptcm. ^ Ein AuZflug nach Stcruberg.) Am Ausgange des Tessthales, welches mit seinen wolkenumschleierten Bergeshöhen, seinen drohend überhäugeuden Felsmasscn, den rauschenden Quellen, die überall vorbrcchen, den düsteren Wäldern, die sich über dem Waudercr wölben, dem prächtigeil Vlnmenflor seiner Verge uud den mühsam bebanten, hie nnd da zerstreuten Ackerflächen ein Alpcnbild im kleinen darstellt, liegt das grwerbfleißige, uugcmcin malerisch au die Abdachung des nördlichen Gebirges sich anlehnende Städtchen Schönbcrg, der Hanptsitz der mährischen ^cineuiudustrie. Schöuberg ist ciue der ältesteu Ansiedelungen der Deutschen iu Nord-mährcn, ltnd während der Slave seit den ältesteu Zeiten nur den Pflng zu führen verstand, schwang der Deutsche in dieser ranhen, der Fcldfrnchte entbehrenden Verglaudschaft bald den Hammer des Bergmanns; als jedoch die Adern des Gebirges durchwühlt uud der reichen Schätze entblößt waren, schuf sich die deutsche Bevölkerung dieses Thales neue Goldgrubeu, iudem sie zur Sviudel uud zum Wcbstuhl griff, und so macht denn Cchönberg mit seinen reinlichen Gassen, seinen blanken schmucken Häusern und dem geschäftigen Schonbcr^ N>,'itc»dorf. Pctcr<>dorf, 91 Leben, das allenthalben herrscht, dem Summen nnd Schnnrrcn der Webstühle, das fast aus jedem noch so schlichten Häuschen dringt, und dem Sausen nnd Brausen seiner Fabriten den Eindrnck behäbigen Wohlstandes, den unermüdliche Arbeit sich im Laufe der Jahre geschaffen. Die Schönberger Fabriks-hcrreu beschäftigen fast die ganze arme Bevölkerung der nmliegcnden Ortschaften und versenden die Waren hauptsächlich nach Wien, Trieft, Budapest, nach Italieu, ja selbst uach Amerika: jährlich werdru bei 100.000 Schock Lciuenwcnen verschickt, und Schünberg ist im ^ande für die ^cinenindustrie das, was Brunn fllr die Tnchmannfactnr ist. Anfänglich war die Erzeugung des Linnens nnr auf Handarbeit befchränkt, im Jahre 17^5 wnrdc die erste Fabrik m Schönberg errichtet nnd gab, wenn sie anch in Folge der Conti- uentalsperre (1,^12) vorübergehend cingicng, doch den Anstoß zu schwungvoller und immer wachsender Fabrikation im großen, durch welche die Bürger des freundlichen Städtchens bald zn ansehnlicher Wohlhabenheit gelangten, die sich in vielen mit besonderer Munifiecnz errichteten commnnalcn Anstalten kundgibt. Vom ehemaligen Schlosse, das jetzt in ein bürgerliches Brauhaus und Magazill umgewaudclt wurde, genießt man eine entzückende Aussicht ins Thal der Tcss. Noch schöner ist die Fernsicht vom Taubenberge nahe bei Schönberg: von hier gelangt man, der Fahrstraße folgend, nach Reitend orf, am rechten Ufer der Tefs,- nnfern davon am anderen Ufer liegt Petcrsdorf, woselbst noch gegenwärtig eine der sogenannten „Schwcstcrl'irchcn" steht, H>'!j!,'»!,'N'>,, 92 Das TesSthal und der Allvater. Während die andere, die sich früher in Ncitendorf befand, abgetragen lind durch eine neue geräumigere ersetzt worden ist. Mit diesen Schwcstcrkirchcu »erhielt es sich aber folgendermaßen. Es waren Kirchlein vou granem Manerwcrt mit graner Thurm- uud Dachbedecknng, einander vollkommen, bis ins Einzelnste, gleich, nnr dass das eine etwas größer war. Doch das siel dem Beschauer nicht sogleich anf, nnd erstaunt musste sich der Wanderer fragen, ob Zufall oder Absicht es gefügt, dass die beideu Gotteshäuser einander so völlig gleichen. Schnell hat die Sage die Antwort zur Hand, dass es uuversöhulichcr Schwesteruhass gcweseu, der solches bewirkte. Zwei Zwillingsschwestern lebteu ciust, so berichtet der Muud des Volkes, auf dem Schlosse zu Ullcrsdorf, in gleicher Schönheit heranblühend nnd anch an Gemüth uud Geisteseigeuschaften einander vollkommen ähnlich; so lebten sie in inniger Neigung einander zugethan und nichts schien diese Schwesternliebe stören zu können; da kam ein stolzer Ritter, Zdenko mit Namen, anf die Bnrg und gewaun beider Herzen; verzehrende Eifersucht bemächtigte sich fortan der Schwestern und unauslöschlicher Hass trat an die Stelle einstiger heißer Liebe; sie vermieden es selbst, einander zn begegnen, und bald sollte anch nicht mehr ein und derselbe Namn der Vurgcauellc die Unversöhnlichen beim Gottesdienste vereinigen. Da fafsten beide zugleich und in derselben Stunde den Entschlnss, jede für sich eine Kirche zu erbanen, um so des vcrhassten Anblicks der Schwester enthoben zn sein. Jede entwarf den Plan nnd berief ihren Baumeister nnd als dann nach knrzer Zeit die beiden Kirchen fertig dastanden, da musste es bei dem bekannten Hasse der beiden Schwestern jedermann Wnnder nehmen, dass beide Kirchlein so ganz gleich ausgefallen: nnr noch höher stieg der Groll der Schwestern ob dieses Umstandes, der wie gegenseitige Verhöhnung gedeutet wurde, uud erst der Deckel der Gruft begrub die unselige Feindschaft; doch nicht früher, so erzählt die Sage weiter, finden die verstorbenen Schwestern Nnhe im Grabe, als bis die kleinere Kirche ganz in die größere hineingernckt sein würde, denn immer mehr und mehr ^so wusste das Auge der Lentc zn beobachten), näherte» sich die Kirchlein einander. Schade, dass jetzt dnrch die Abtragnng der baufälligen Nciteudorfer Kirche auch die Erfüllung der Verheißung vereitelt worden ist. Immer das Flnssthal hinansteigend kommen wir von Neiteudorf nach dem Curorte Groß Ullcrsdorf. Vom Hutbcrge aus genießt man eine schöue Aussicht über das von saftigen Triften uud dunkeln Waldnngcn nmkränzte Dorf, ans dessen Mitte der vieleckige Thurm des nenen Badehauses sich erhebt. Die fürstlich Liechtenstcin'schc Vadevcrwaltung hat in jüugstcr Zeit ungcmein viel zur Hcbnng des Cnrvlatzcs gethan. Groß-Ullersdorf ist nicht bloß dnrch seine Qnellcn, welche mit denen von Gastein. Schlangenbad in Nassan und Iohannisbad in Böhmen nahe verwandt sind nnd bci allen fiebcrlofen rheumatischen Leide», iu Schwäche- Ullrrsdorf. Wicsenberss. 93 zustanden, Erkrankungen der Athmnngsorgane, Skrophulose, Krankheiten des Kreislaufs und der Drüsen außerordentliche Erleichterung gewähren, sondern auch dnrch seine vorzügliche Mölke und seine schöne und gesunde Lage, welche die Wirkungen seiner heilkräftigen Gewässer noch erhöht, rühmlichst bekannt. Etwa eine Stunde von den: Ullersdorfer Cnrhause entfernt, ist der sogenannte schwarze Graben (Gräben heißen im Gesenke die tief ill das Gebirge eingerisseneu oder anch den Kamm desselben begleitenden, meist steilen und von jäh abfallenden Felswänden eingeschlossenen Schluchteu, durch die Nllerödorf. hie und da ein Bach — mundartlich die Bach — braust), der auch „Kubingraben" heißt. An dem reizend gelegenen Jägerhause vou Buchelsdorf vorüber gelangen wir bald nach Wiesenberg. Zoptau mit seinen rauchgeschwärzten Schornsteinen bleibt rechts liegen; das Flussthal wird immer enger, indem die dicht-bewaldeten Vorbergc der Sudeten hart an die Ufer treten, dazwischen gibt es reizende Ausblicke auf saftig frische Wiescnflächcu, deren duuklc Taunen-umraudnng, abwechselnd mit hellerem Bnchcngrüu ein ungcmcin lebhaftes Colorit abgibt; im Hintergründe des Thales ist das weiße, doupelthürmige Schloss Wicscnbcrg sichtbar, hinter welchem dann die Hochgipfel des Ge- 94 Das Tcsothnl und der Altvater, birges aufsteigen, bald m überrascheudc Nahe gerückt und deutlich sichtbar, bald wie in dnftig blauer Ferne uerschwimmcnd, cine hänsig wiederkehrende Täuschung in den Gcbirgsländern, die durch die wechselnde Feuchtigkeit der Atmosphäre veranlasst wird. Die höchsten Kuppen des Gesenkes sind freilich von hier uicht sichtbar, aber man steht einige uiedererc Kuppen, wie die Einsattelung der Vrüuudl-heide und deu „rothen Verg". Ungemein malerisch ist der Contrast zwischen den frcnndlichcn Wiesenmattcn der Thalsohle und dcr Vegetation des Gebirges ; den Fnß desselben säumt dunkler Tannenwald ein; wo der Forst sich lichtet, wächst niederes Gestrüppe uud kümmerliches Strauchwerk bis au den Rand der sogenannten Heidcflüchcn, so ucuut man die eigentlichen Hochkuppen des Gesenkes, die durch deu Wintcrschuec, den sie lange tragen, weithin kenntlich sind. Während des kurzen Sommers, da sie schneefrei siud, wachseu die Heidelbeere, das Baumwolleugras, der blaue Fingerhnt, Moose nud wunderschöne Orchideen uud Glockenblumen, sowie uoch andere seltene Pflanzen auf den „Heiden". Die schöuc, wohlgcpflcgte Straße, welche an dem Schlosse von Wicseu-berg vorüberzieht, führt über Neitcnhan und Auuaberg, woselbst sich die rauschende Tcss, die in der Nähe des Fnhrmannssteiucs entspringt, uud die vou Westeu kommende, aus dem sogenannten „Bärmuttergrabeu" hervor^-quellende eigentliche Tess mit einander vereinigen, in mächtiger Steigung über deu „rothcu Verg" an die schlesischc Grenze, nach Freiwaldau und Gräfenberg. Wiesenbcrg selbst liegt ungemein freuudlich und ist reich au lebhaft betriebene» Industrie-Etablissements, von denen die Dampfbrancrei, die Spiritusbrcnnerci, die großartige Cviunfabrik, die Walzwerke uud Schmieden zu uenneu siud und die größteutheils durch die jetzigen Besitzer, die um das Tessthal, seine Cultur und seiucu gewcrblichcu Aufschwung hochverdienten Gebrüder Klein, deuen auch die ausgcdehuten Eisenwerke zu Zöptau und Stephanau gehöreu, ius Lebeu gcrufcu wurden. Mit vollem Rechte ziert dieses Haus der Freiherrentitel „vou Wicseuberg". Auch die prächtige Kunststraße, die über deu rotheu Berg führt, ward von den hochherzigen Wohlthätern dieser Gegend erbaut; wir verfolgen sie aufwärts bis etwa nach Annaberg. Kostlich ist der dichte kühle Wald, durch dessen Hallen man das ganze Thal der rauschenden Tess entlang wandelt. Wer einmal im frohen Genusse der Waldesherrlichkcit hier gewandelt, der gedenkt dann stets des Dichterwortes: Mich lockt der Wald mit cMueu Zweigen Aus dumpfer Stadt und trüber Luft; Er lockt mit seiner Sänsscr Reigen Nnd seinem feierlichen Schweigen Uud seiner Blüten mildem Duft, Der Altuatcr. 95 Immer einsamer wird es um uns herum, je höher wir hinansteigen, immer schwächer das ans dem Thale herausdringende Rauschen der Gebirgs-wäsfer, immer mehr lichtet sich aber auch der Wald, nnd bald begleiten nur mehr einzelne niedere Fichten unseren Weg, der uns endlich zum Untcrknnfts-hcmse ans die Brünndlhcide führt. Hier mag wohl längere Zeit gerastet werden, nmsomehr, da sich eine Prachtdolle Anssicht nach Gräfenbcrg nnd ins Tessthal bis znm Marchbecken darbietet. Doch da unser eigentliches Reiseziel der Ultvater ist, so dürfen wir uns nicht allzulange hier aufhalten. Auf den Altvater führen mehrere mehr oder minder beschwerliche Fußwege, nntcr welchen der beste der von Winkelsdorf durchs Thal der stillen Tess, den Hnngergraben nnd über den sogenannten Bärenkamm ist. Von der Brünudlheide geht man den Hauptrücken des Gebirges entlang über die Einsattclnng der Straße, die anf den rothen Berg führt und von da immer längs der mährisch-schlesischcn Grenze znr Ullersdorfer Schweizerei, welche an der Südwestscite des Lciterbcrges sich befindet und die höchste bewohnte Stätte Mährens und Schlesiens ist. Von hier, wo sich ein schöner Ausblick in das obere Tessthal öffnet, geht es dann znr eigentlichen Kuppe des Altvaters, auf der ein Grenzstein steht, da hier einstmals drei Herrschaften zusammenstießen. Dem entsprechend trägt auch das steinerne Grenzmal auf der einen Seite die Bischofsmütze (Bisthum Brcslau), auf der andcrcu Seite das Deutschmeisterkreuz (Freudeuthal) und auf dcr dritten den ^erotinischcn Löwen (jetzt Liechtenstein'sche Herrschaft Ullcrsdorf). Der Weg zur Knppe des Allvater führt über eine Halde, anf der nur wenige verkümmerte, an der Spitze meist abgestorbene Fichtenbäumchen stehen. Ihre den Nord- und Weststürmcn zugekehrte Seite ist meist ast- und nadellos; die völlig abgestorbenen, fast silbergranen Stämmchcn werden vom Volksmunde „Leichen" genannt. Ist bewölkter Himmel oder liegen wogende Nebel anf der Kuppe, so scheinen sich diese bleichen, geisterhaften Leichen mit zerzaustem Schöpfe und starr zum Himmel gestreckten Armen gespenstisch zn bewegen und nn-heimliche Furcht befällt wohl dm abergläubischen Wanderer. Der Altvaterstock besteht eigentlich aus drei Kuppen, dem Altvater (1487 ">), Leiterberg (1370ln) nnd dem Großvater (1377m); an diese schmiegen sich, fast wie Mnttcr und Sohn, noch die hohe Heide und der Peterstein (letzterer 1444'« hoch); die Anssicht vom Altvater ist nach der mährischen Seite dnrch Vorberge fast ganz verdeckt, doch sieht man den Spicglitzer Schnceberg, Sternbcrg und Olmütz. Aber oft ballen sich plötzlich Nebelmassen znsammcn, die dann jeden Ausblick hindern und anch beim Aufstieg den Wanderer leicht in die Irre leiten, daher ist es stets gerathen, einen Handcompass mitznführen, denn sonst kann man anch wohl in einen dcr beiden westlich von der Schweizern gelegenen großen Sümpfe gelangen. Bricht dann die Sonne durch die 96 Das Tessthal und dcr Allvater. ziehenden Nebel, so entstehen oft, besonders des Morgens, seltsam schöne Luftspiegelungen. Steigt man südwärts von der Kuppe hinab, so gelangt man zur Karls-brunner Schäferei in der Einsenknng, die den Altvater von dem Petcrstein trennt. Letzterer hieß einst „hoher Ruck". Als jedoch in den Zeiten der Glaubenskämpfe ein protestantischer Maler und seine Braut vor ihren Verfolgern flohen, kamen fic, zu Tode erschöpft, auf den hohen Ruck und hier riefen sie in ihrer höchsten Bedrängnis zum heiligen Petrus, der ihnen auch rettend erschien und sie an den Qnell Hinncwieder (jetzt Karlsbrunn in Schlesien) wies; wnndcrbar gestärkt durch den Truuk aus der Quelle, eilten sie weiter und kamen glücklich über die Grenze und nach Dresden, woselbst Peter Hagenbach, so der Name des flüchtigen Malers, bald ein berühmter Schüler von Lncas Kranach wurde. Zur Eriuueruug au diese wunderbare Rettung erhielt der hohe Ruck den Nameu „Peterstein". Als im schönen und lieblichen Tessthale der finstere Herenglauben zu wüthen anficng, ward der Peterstein bald berüchtigt als der Ort, „allwo die Hexen ihre verdammte Zusammenkunft zn halten pflegen" und es ward daher im Jahre 1681 beschlossen, denselben „zur Beförderung der Ehre Gottes und zur Verhütung dergleichen ferneren lasterhaften Herenzusammen-künften" zu entsühnen nnd ans seiner Kuppe eine Säule mit einem Crucifir und Vesperbild anzubringen. Am 20. Juni 1682 erfolgte unter allem erdenklichen Pomp und großer Schmauscrei, die zum Schlüsse uicht fehlte, die Aufstellung der Martersäulc (das Bild hatte 3 fl., die Säule 13 fl. 35 kr. gekostet). Wie hoch es an diesem festlichen Tage alldort hergieng, ersieht man wohl schon daraus, dass die Pferde der geladenen Gäste zwei volle Schäffel Hafer verzehrten, die Gäste aber erlabten sich an einigen Eimern kühleu Weines, welche die Ullersdorfer Herrschaft beigestellt hatte. Doch noch sollte der unselige Wahn, dem schon so viele Unglückliche zum Opfer gefallen waren, nicht fein Ende erreichen, wenigstens meldet eine Römerstädter Chronik auch aus den Jahren 1686, 1687 und 1689 noch fünfzehn Herenbrände in Ullersdorf, und noch immer bildete der Peterstein den unheimlich düsteren Hintergrund dieses grausigen Aberglaubens. Als die Hexenverfolgungen in dieser Gegend in höchster Blüte waren, bestanden zwei Hercngerichte, eines in Ullersdorf nnd eines zu Schöuberg. Das erstere war zusammengesetzt aus dem bcrüchtigtcu Juristen Boblig als Director, dann dem Burghauptmaun, Rentmeister, Burggrafcu, Forstmeister und Hammerverwalter und es wurden in den Jahren 1679 bis 1686 bei 40 Heren und Hexer verbrannt. Erst vom Jahre 1690 an erloschen die Herenprocesse vollständig. Das Licht, welches die wachsende Erkenntnis der Naturträfte, die besonders in unseren Tagen so glorreiche Siege feiert, allenthalben verbreitete, Weimsborf. Sternbcig. 97 hat auch die letzten Nebel dieses unheilvollen Aberglaubens verscheucht nnd gegenwärtig ziert die Kuppe des Petcrstcins eine in den Felsen eingefügte Gedenktafel mit folgender Inschrift: „Dem Andenken unseres vaterländischen Forschers, Professor Dr. F. A. Kolenati, gewidmet vom wissenschaftlichen Vereine „Kosmos" in Mährisch-Echönberg." Der nm die Erforschung des mährischen Landes so hochverdiente Gelehrte Dr. Kolenati ist in der nahegelegenen Karlsbrnnner Schäferei am 12. Juli 1864 verschieden. Wir ergötzen uns noch einmal ,an der herrlichen Fernsicht nach Mähren, die man vom Gipfel des Pctersteins aus genießt, wenden uns dann im Abstiege, die hohe Heide und den Maiberg zur Seite lassend, westwärts und gelaugeu bald in die gastliche Herberge „anf der Krich" (Franzens-Jagd-Hans) j ans dem Fenster dieses mitten im rauschenden Walde nngcmein an-muthig gelegenen, netten Hänschens sehen wir noch einmal in klnmpigcr Masse den nnförmlichcn Pctcrstcin vor uns liegen nnd blicken auch ins Waldthal der Mcrtha hinab, in das wir nun uiedcrstcigen und dem wir uns bis Wermsdorf, woselbst die Mertha in die Tcss mündet, anvertrauen wollen. Die Mertha entsteht aus den Wildbächcn des Kieß- und Hirschgrabens und ihr Thal ist ausgezeichnet dnrch den prächtigen Wald, der seine ehrwürdigen, schattigen Kronen über die Sohle nnd die Ränder desselben breitet. Die Mertha, deren Rauschen uus wic munteres Geplauder begleitet, wenn sie auch hin und wieder im Waldcsdickicht zu verschwinden scheint, bleibt uns zur Seite bis nahe vor Wcrmsdorf, wo sich der Wald zu lichten beginnt nnd wir dann der Fahrstraße folgen. Diese führt uns dnrch den über eine Stnndr laugen Ort, dessen reinliche Häuser, größtcnthcils mit hübschen VorgiMchm versehen, übcrans freundlich dreinblickcn, bis nach Zövtau (eigentlich Stettrnhof), woselbst die großartigen, den Gebrüdern Klein gehörigen Eisenwerke, welche vornehmlich Nägel, Maschincubestandthcile und Erfordernisse für den Eisenbahnban liefern, eingehender Bcsichtignng wert sind. Von hier führt uns ein Ast der mährischen Grenzbahn nach Schönberg zurück. Von diesem Orte ans mag nns dieselbe Bahn zn einem Ausflüge nach Stcrnbcrg verleiten, welches ungleich volkreicher als das erstgenannte Städtchen, an Betriebsamkeit nnd rührigem Gewerbesteiße mit diesem wetteifert. Sternbcrg (mit etwa 14.000 Einwohnern) ist der Hauptsitz der mährischen Vanmwollcnindustrie. Nördlich nnd östlich an das Gesenke sich anlehnend, blickt es nach Süden in die große Marchebcnc. In seinen Straßen, die dnrch eine fast holländische Reinlichkeit ausgezeichnet sind, herrscht tagsüber das regste Leben und Weben. Sternberg ist der wichtigste Stapelplatz für alle Erzeugnisse des so industricrcichcn benachbarten Gcbirgs-landes; Warcnzngc durchkreuzen nach allen Nichtnngeu die Stadt, deren Bewohner größtcnthcils wohlhabend, dabei lebenslustig, frohgemuth, aber 2 molle: M.irlgrafschnft Mayre». 7 98 Das Gesenke und seine Bewohner. auch von dem edelsten Wohlthätigkeitssinn beseelt sind. Zahlreiche Stiftungen zur Unterstützung verarmter Bürger, zur Ausstattung mittelloser Mädchen, das Bürgerspital, Armenhaus, sowie viele andere gemeinnützige Anstalten geben beredtes Zeugnis von dem Wohlthätigkeit^- und Gemcinsinn der Bürger. Seltsam ragen in das geschäftige Leben dieser gewerblichen Stadt die altersgrauen Trümmer der Vnrg Iaroslaw's von Sternberg herein, der nicht nur diese Feste erbaute, sondern auch den ersten Anstoß zur Erbauung der Stadt gab, welche aber als solche erst iu einer Urkunde des Jahres 1371 genaunt ist, während sie früher bloß als Marktflecken erwähnt wird. Vorübergehend ward Sternberg protestantisch, litt später sehr infolge der Be-lageruug durch Torstenson, welcher erst nach Jahresfrist Stadt und Burg einnehmen konnte; mehr noch ward Sternberg durch die schreckliche Wasserflut im Jahre 1789 verheert; erst in unseren Tagen blühte es als wichtiges Emporium der nordmährischeu Industrie so mächtig empor. Es gibt auch eine hübsche Sage von' dm Schätzen des Sternbergcr Schlosses. Ein Knabe fand einst an einem Pfingstmontag morgens eine wunderbare, seltsame Blume, die er alsbald ans seinen Hnt steckte; kaum hatte er dies gethan, als er sa-fort vor einem prächtigen Krystallpalast stand; eine schöne Fee lud ihn ein, einzutreten nnd van den schimmernden Schätzm zu nehmen. Dies that er anch, dach dreimal überhörte er beim Weggehen den Rnf, das Beste nicht zu vergessen; es war der mit der Zanberblnmc geschmückte Hut gemeint, den er am Eingänge zurückgelassen. Der achtlose Knabe sprang hinans, donnernd siel die Felsenpfarte zu, ihn noch an der Ferse verletzend, nnd aller Schätze beraubt stand der Knabe an der brennenden Felsenwand. Mit unserem Ausfluge uach Sternberq sind wir aus dem vom Hochgebirge umrahmten Thalkessel der romantischen Tess wieder plötzlich an den Südrand des Gesenkes versetzt worden, wo dasselbe in allmählich sich ab-stufendeu Hügelketten zur großen Mittelebene des Landes herabfällt. Dieser Theil des Geseukes, der westwärts nur durch eine verhältnismäßig schmale uns schon bekannte Senke von dem Karpathcngebirge geschieden wird, heißt das niedere Geseuke, und wird durch deu Thalsattel, über welchen die mährisch-schlcsische Centralbahn ihren Weg nimmt, von dem hohen Gesenke getrennt. is. VaF Gesenke und seine Vewahner. (Das niedere Gesenke nnd seine Bewohner. — Nömcrstadt. — Die Enlenburg. — Altstadt. — Der Pnrkauer Bach. — Die Sage vom Zwerge Aftella, — Sprache und Bräuche der „Gebirgler". — Besuch einer Spinnstnbe im Geseuke.) Fast alle Städtchen des östlichen oder sogenannten niederen Gesenkes sind durch den rührigen Gewerbefleiß ihrer Bewohner, durch die lebhafte Nomt'vstadt. Vcrgstadt. Il)h»^dorf. E»lc»bcrg, 99 Industrie, die größtcntheils in der Bereitung feiner und grober Lcmenwaren besteht, ausgezeichnet. Wir nennen Nömerstadt an der oberen Mohra, dessen Name kaum ans eine Nömergründnng zurückzuführen sein dürfte, gegenwärtig durch einen Bahuflügcl mit dem Netze der mährischen Schienenwege verbunden; ferner Vergstadt, eiust, wie seiu Name besagt, durch reiche Silber-, Kupfer- und Bleigruben ein wichtiger Sitz des Bergmannsgewerbes, gegenwärtig nur ein kleiner Ort, von wenig wohlhabenden Leiuweber-familien bewohnt; Iohnsdorf, woselbst noch immer bedeutende Eisenindustrie und mächtige Eisenwerke bestehen; ferner die Städtchen Värn, Hof und Grub au, deren Bewohner fast nur von Handfpinnerci und Weberei ziemlich dürftigen Unterhalt gewinnen. EulmbiNH. Viel verborgener aber als,diefe Ortschaften und beinahe in weltabgeschiedener Vergessenheit liegt in einem einsamen Waldthale, fast nur den Umwohnenden bekannt, der kleine Markt Eulenberg mit den zum größten Theil iu Staub gesnukenen, zum Theil erhaltenen nnd mangelhaft restaurierten Trümmern der Enlcnburg, die, aus melaucholischer Waldschlucht aufragend, nur mehr eiu Obdach lichtmeidcndcr Thiere ist und in deren Fenstcrhöhlen mannigfaches Gesträuch üppig wuchert. Am interessantesten ist ihr Anblick, wenn man sie von Norden her nmgcht und ans der tiefen Thalschlucht, auf deren Grunde ein Bach schäumt, emporsieht. Vom duuklcn Tannenwald umgebeu, erblickt man dann die Ruinen scharf vom grau bewölkten Himmel sich abhebend, anf schwindelnder Höhe des Felsens kühn und stolz alles ringsum überrageud. ?* 100 Das Gcsentc u»d seine Bewohner. Betrachtet man die Burg von dieser Seite, so erlangt man erst einen Begriff von den außerordentlichen Mühen, welche mit der Belagerung einer solchen schier unzugänglichen Nittcrfestc verbunden waren. Ilnd Eulenburg weiß von mancher harteu Bestürmung zu erzählm. Als die Burg, die, wie die naive Sage erzählt, einst sogar den Bruder des Pontius Pilatus beherbergt haben uud zu den Zeiten Jesu Christi den Brüdern Rabcnstcin nnd Stralek gehört haben soll, nicht mehr im Besitze des in der Landesgeschichtc viel genannten Geschlechtes derer von Sowinctz, sondern bereits in dem des dentschen Ritterordens war, belagerte im Jahre 1643 der Schwedengcncral Bernhard Torstenson das Schloss durch vier Wochen vergeblich, obwohl er die größteu Anstrengungen, es einzuuehmen, machte, Erst nach dieser Zeit, als bereits alle Anßenwerke zertrümmert waren, capitnlierte der Commandaut der Burg, Augustin Oswald von Liechtenstein, gegen die Bedingung freien nnd chreuvolleu Abzuges. Es ist noch ein Ncchmmgsüberschlag der Unkosten erhalten, welche die Vertheidigung der Burg verursachte uud die darthun, welche Wichtigkeit mau diesem Platze bcigemessen und wie groß die Stärke der Besatzung, andererseits aber auch, wie rüstig die Constitution der Vclagerteu gewesen seiu musste. Darnach betrugeu die Auslagen an barem Gelde 43.40k fl.; an Fleisch hatte mau 277.000 Pfund, au Brot über 555.000 Pfuud con-sumiert, au Bier aber hatte mau das gewiss respectable Quantuni von über 541.000 Maß vertrunken, währcud zu anderweitigem Bedarfc 13.1l>4 Metzen Hafer verbraucht wordeu warm. Damals ward, was noch unbeschädigt von beweglichem Gut in der Burg zurückgeblieben war, von den Schweden geraubt oder zerstört und bald bot das Schloss das Bild vollkommensten Verfalles dar, als das es dem Beschauer noch gegenwärtig entgegentritt, obwohl Herzog Maximilian Josef als Hochmeister des deutschen Ordens manches zur Erhaltung des geschichtlich so denkwürdigen Schlosses gethan hat. Nördlich vom Markte Eulenberg liegt das von uns erwähnte, einst durch schwungvollen Vergban hervorragende Bergstadt; eine halbe Stnnde davon entfernt bildet in einem engen, rings von hohen Felsen eingeschlossenen Thale der Pürkauer Bach den merkwürdigsten nnd bedeutendsten .Katarakt im Lande. Er stürzt über einen 21 ", hohen Felsenrücken, in dessen Mitte sich eine trichterförmige Öffnung befindet, in welche das Gebirgswasser unter brausendem Tosen und mit großer Gewalt fällt, um sogleich wieder zurückgeworfen zu werden nnd meterhoch emporznwirbeln, worauf es dann in Millionen schillernder Wasserstäubchen versprüht nnd in das untere Becken hinabperlt, welches die Form eines Viereckes hat; von dieser Höhe aus beginnt der zweite Sturz des augesammclteu Gewässers in ein gleichfalls mehrere Meter tiefes Becken, welches man „den schwarzen Tümpel" ncuut. Über dem schwarzen Tümpel ragt eine Seite des Felsens derart hervor, dass Die Enge Umn ZweiM Äftella. 101 man auf dem schmalen Gesimse desselben längs des steinigen Flussbcttes aufwärts klimmen kaun, worauf ein herrlicher Ausblick auf das wildromantische Thal die verwegene Kühnheit lohnt. An der Ostseitc des Thalkcssels erhebt sich die etwa 63"> hoch emporsteigende Felsmassc des sogenannten „Uhnstcines", in deren Nissen die licht-scheue Eule haust. Eine kurze Strecke vom Uhustein entfernt, ragt nordwestlich ein anderer mächtiger Bergrücken auf, der vom Volke den Namen des „verwunschenen Schlosses" erhalten hat, denn das Gestein auf seinem Scheitel ist so seltsam aufeinaudergethürmt, dass es der Grundmaner eines Gebändes oder den Ruinen eines Schlosses nicht nnähnlich sieht; blendende Schätze von ungeheuerem Werte lässt die Phantasie des Volkes iu dm unterirdischen Räumen dieses eigenthümlichen Fclscubaues vergraben sein, welche sammt den ucrzauberteu Prinzen und Priuzcssiuen vou böswilligen Geistcru in strenger Hnt gehalten werden. So wie diese Sage die Erinnerung an die bösen Mächte festhält, welche in diesen Thälern, wo der Vergmannsgrnß schon längst verklnngen, in deren Bergen kein edles Metall mehr blinkt nnd in deren Hütten nur mehr das Webschiffchen den Faden zieht, die Schätze der Unterwelt für immer vergraben nnd verfchlosseu halteu, so dass kein menschlicher Blick mehr sie zn erschancn vermag; so bewahrt eine andere Sage, die im Gesenke erzählt wird, das Andenken an die freundliche«: Zeitcu, da noch gnte, hilfreiche Berggeister an dem Schicksale der Menschen gütigeu Antheil uahmm nud gerne von der Fülle ihrer Schätze an die Armen und Nothleidcndcn spendeten. In Gaisdorf bei Bodenstadt, so erzählt diese Sage, lebte einst eine arme Witwe, Namens Anna, mit ihrem einjährigen Kinde in bitterem Elend. Als sie. einst wieder herbe Thränen vergoss über ihre drückende Noth und darüber nachsann, wie sie doch ihrer Armut ein wenig abhelfen tonnte, fiel ihr die Sage von dein Zwerge ein, der iu der nahen Berghöhle seit unvordenklichen Zeiten Hansen solle. Sie erinnerte sich zugleich, dass am ^harfreitag alle Höhleu nnd unterirdischen Paläste der Erde geöffnet seien, und an diesem Tage begab sie sich daher zn dem mächtigen Felsblocke, der, wie sie wnsste, den Eingang zum Verge verschloss. Mit lauter Stimme rief sie den Zwerg an nnd bat ihn, ihr zu öffnen; da erhob sich als« bald ein gewaltiges Dröhnen und donnerähnliches Getöse; die Fclsenpfurte sprang anf, und augstbeklommeii nnd mit zitternden Gliedern trat die arme Witwe, das Kindlcin im Arme. ill das Innere der Höhle. Wie erstaunte sie aber, als sie die Herrlichkeit ringsum gewahr wurde; geblendet vou dein überirdischen Glänze, den die Fülle des Goldes' nnd Edelgesteincs ausstrahlte, schlug sie das Änge zn Boden. Da sie cs wieder erhob, erblickte sie im Hintergründe der Höhle, anf einem herrlichen Thronfcssel sitzend und geschmückt mit einem Diademe lenchtcnder Edelsteine, den Zwerg Apclla^ der sie frcnndlich anredete und sie aufforderte, wenn es zn ihrem Wohl'e gereichen sollte, was ihr zunächst liege, zn sich zn nehmen. Hastig, mu ja nicht den Angenblick zn versänmeu, setzte sie das kleine Mädchen anf den Boden und griff gierig nach den Goldklumpen, die vor ihr lagen; soviel sie davon ergreifen konnte in den Händen haltend, eilte sie mit der kostbaren Habe hinans. Erst als das Felsenthor hinter ihr wieder donnernd zugefallen war, erinnerte sie sich des Kindes, 102 Das Gesenke und seine Bewohner. das sie zurückgelassen. Jammernd und weinend flehte sic znm Zwerge, sie nochmals einzulassen; vergeblich war ihr Pochen, vergeblich ihr Nnfen nnd Klagen: die Mauer des Felsens blieb starr nnd unbeweglich. Weinend und betrübter als sie hergekommen, schlich sie nach Hanse zurück. Im nächsten Jahre erschien sie au demselben Tage wieder; auch diesmal fanden ihre Thränen und ihr Flehen kein Gehör, erst im dritten Jahre fand sie am Sterbetag des Heilands die Höhle geöffnet, sie erblickte ihr Kind an derselben Stelle sitzend, wu sie es an jenem unseligen Tage in ihrer durch die Gier nach Gold bewirkten Eile zurückgelassen. Mit einem lanten Freudenschrei Presste sie ihren Liebling au die selige Brust und bedeckte das Gesichtchen mit heißen Küsseu; da hurte sie die sanfte Stimme Apclla's, der im strahlenden Glänze vor ihr stand, „Vergib mir", sprach er zu ihr, „dass ich dir eine so harte Prüfung auferlegt habe; in Zukunft soll dir unr Glück zn Theil werden." Mit diesen Worten verschwand der Zwerg und die Frau eilte daukerfülltcn Herzens nach Hanse; dort angelangt, stellte sie ihr Kind nieder, um auf den Knien Gott für seine Nettnng In danken; da sie sich bückte, entfiel ihrem Schoße ein goldener Apfel. Es war das Geschenk des Zwerges nud er besaß die wunderbare Gabe, den Besitzer desselben vor jedem Leide zu bewahren! Nicht allzuschwer ist dic erliste Deutung dieses sinnigen Märchens; der goldene Apfel, der seinen Eigner vor allem Ungemach nnd jeder Trübsal des Lebens schützt, ist das stille dauernde Glück, das in stetiger Arbeit und schlichter Bedürfnislosigkeit gelegen ist. Man möchte fast sagen, dass jede noch so kleine und dürftige Hütte der Sudetenlandschaft diesen Zauberapfel Apella's birgt. Die Bewohner des Gesenkes sind fast durchgehends ungemein thätig nnd genügsam uud dabei gutmüthig, außerordentlich redlich, offen uud gerade und trotz harter Arbeit und karger Habe, die sie ihr eigen nennen, heiter und gastfrei. Die Bevölkerung an der Nordgrenze Mährens geHort durchwegs dem deutschen Stamme, und zwar dem sogenannten sudctischen Sprachzwcigc der oberdeutschen Gruppe, au. Zu diesem Sprachzweigc muss man alle Dentschm Schlesiens, sowie die am Nordrande Mährens rechnen. Sie haben jene große zusammenhängende Fläche besiedelt, als derm Centrum der Gebirgs-stock des Altvater und des Hochschaar gelten kann und d'^e sich von der nordwestlichen Grenze Schlesiens und Mährens, woselbst sie mit Prcnßen und Böhmen zusammenhängt, bis nach Olmütz und Neutitschein hinabzieht und zn der auch die große Sprachinsel der sogenannten „Schöuhengstler" um Mährisch-Trüban gehört, währcud sie ostwärts in dem reichen und gesegneten Ländchcn an der Oder, das „Kuhländchcn" genannt, verläuft. Die Kuhländler, die den dnrch die Ergiebigkeit seiner Felder, durch den Reichthnm an wohlschmeckendem Obst uud den schönen Nindvichschlag ausgezeichneten Landstrich an den östlichen Ausläufern des niederen Gesenkes in der Fnrche des oberm Oderthalcs bewohnen, sind, dem gnten Ertrage ihrer Ackerfluren eutsprccheud, meist wohlhabend nnd begütert. Dagegen siud die eigentlichen Gebirgsbewohner, die auf den kahlen Hochflächen nnd in den waldigen Schluchten ihrer Berge unr kümmerliche Feldfrncht gcwiuueu und Sittcn mid OM'tiuche der SudctenbnuolMr. 103 die Arbeit ihrer fleißigen Hände um geringen Lohn verkaufen müssen, meist sehr arm, aber freilich auch von staunenswerter Genügsamkeit. Nichtsdestoweniger aber ist der „Hochländlcr" oder „Gebirgler" (so heißen die Vewohucr der Gegenden von Schildberg, Grumberg, Schönberg, Neustadt und Sternberg bis an die nördliche Landesgrenzc), wie schon gesagt, friedfertig nnd heiteren gutmüthigen Sinnes; er bleibt, wie das schöne Dichter-Wort besagt, „mit Freuden arm." Er liebt seine rauhe Heimat von ganzem Herzen und häugt, wie auch der Älpler und überhaupt alle Gebirgsbewohner, zäh nnd fest an den althergebrachten Sitten nnd Bräuchen seines Volkes, die alle eiuen tief gläubigen nnd frommen Sinn und das Streben bekunden, die verschiedenen Vorkommnisse im menschlichen Leben mit deutuugsschweren Formen zn umgeben. So wird beispielsweise in einzelnen Gegenden der erste Vrotaufschnitt, bei den Hochländlcrn „Ramftla" genannt, beim Hochzeitsmahle in zwei gleiche Stücke getheilt und der Braut nnd dem Vräntigam vorgelegt. Von diesen wird das Namftla sorgfältig aufbewahrt, denn solange es noch im Hause ist, schützt es, so glaubt mau, vor Hungersnoth nnd Elend. Beginnt eines der beiden Stücke zu schimmeln, so deutet dies auf deu baldigen Tod des Besitzers. Nralt uud mit dem Wiedererwachen der Natur, das ja in fo vielen Volksbräuchen gefeiert wird, zusammenhängend, ist die Sitte des „Maigehens". Am sogenannten „schwarzen Sonntag", das ist am Sonntag vor Palmsonntag, sieht man in vielen Ortschaften kleine Mädchen, die mit Bändern oder Papierstreifen bunt geschmückte nnd mit farbigen Eierschalen behängte Tannen- oder Fichtenstämmchen trageu, von Haus zu Haus gehcu; in den Höfen oder vor den Thoren singen sie dann verschiedene Lieder, meistens die folgende Strophe: Dan Summer breiM in'r hoitc, Wir dauka lieb a Loite, Es guckt jo aus dem Hans U schme Iunf'r raus; Werd sich wol bcdcuka Nud uns en Gobc schmka. Werd se nns cu Gobe schenkn, Werd sc a Iuhr ci (in) Fnmda laba, Ei Freuda im ei Ehra, Gott werd se jo wieder bcschora. Ebenso alt nnd weitverbreitet ist anch, nicht bloß in vielen Gegenden der Sudeten, sondern anch in den Karpathenlandschaftcn, das Anzünden der Iohaunisfeucr am Vorabende des 24. Juni, ein Brauch, der, wie bekannt, mit dem heiduischen Sonnrnwendfeucr zusammenhängt. 104 Das Geftnfr und seine Ncwohiiür. Wenn die letzten Töne des Abeudglöckleius leise verklungen sind nnd über Halde und Wald der Frieden des Abends sich hcrabseukt, wenn auf den schweigsamen Höhen schon nächtiges Dunkel lagert, da blitzen plötzlich hie nnd da, zncrst vereinzelt, dann in immer größerer Anzahl züngelnde Flammen aus den Schluchten und auf den Felsgipfclu empor, die schließlich wie eine leuchtende Kette von Rubinen um die Felscunacken der Gebirge sich schlingen nnd vom Dunkel des Himmelsgewölbes sich abheben. Fast möchte man, hört man dazn noch das Dröhnen der Pöllerschüsse nah nnd fern, die das tanscndfältige Echo der Berge weckeil, glauben, dass die alten Geister der Berge, die einstens hier dem Bergmann so reiche Schätze gewiesen, wieder ans ihren Klüften und Schachten emporsteigen und auf den Kuppen und Halden den nächtlichen Reihen führen. Reges Leben herrscht an diesem Tage allenthalben, fröhliche Paare drehen sich ill unermüdlicher Lust auf dem Tanzboden, Gesang erschallt überall uud Musik uud Bcchcrklaug hört man bis in die späteste Nacht erklingen. Anheimelnd uud mit der den größten Theil des Jahres ans die Stube beschränkten Lebensweise der Gebirgsbewohner zusammenhängend, ist die alte Sitte des Rockcnganges oder Lichtcrganges. Beginnt die in den Gebirgsthälern meist sehr rauhe Winterszeit, so versammeln sich an den langen Abenden in einigen Hänsern des Dorfes die Mädchen, in anderen wieder die Burschen und bilden dann eine meist muntere lind frohe Spinngescll-schaft (Nockengang genannt). Da schnnrren die Rädchen, da wird die Spindel, hier Spclla genannt, gedreht uud manche Kurzweil und Neckerei getrieben; die emsige Hansmntter führt den Vorsitz uud achtet darauf, dass kciue Unsitte uud kein Unfug geschehen mag. Wenn der Hansvater nicht anch selbst spinnt, so schleißt er Späne oder treibt irgend ein anderes Geschäft, denn niemals geht im Gebirge der Mauu müßig, was so häufig beim Laud-mauu der Ebene der Fall ist. Zuwcileu ist es ganz still in der Spinnstube, nicht einmal der Faden will vom Finger gleiten, fo athemlos nnd ängstlich hört alles zn, wenn irgend jemand eine recht grnscligc Geschichte von bösen Zwergen oder ab-schenlichen Hcrcn erzählt. Oft aber herrscht fröhlicher Lärm in der Stube der Mädchen, wenn die Burschen eines anderen Nockengauges ihre Spinnrocken, gefüllt mit dürrem Obst, Rosinen und Mandeln, des Abends iu die Spinngescllschaft der Mädchen geschickt haben. Jede Spinnerin nimmt dann einen solchen Rocken und spinnt davon einen Theil zn Garn, das sie mit einem bunten Bande in den übrig gebliebenen Flachs bindet. So werden dann die Nocken zurückgeschickt und um so höher steigt die Freude der Burschen, je länger, bunter uud schöner das Rockenband, das in seinem Flachs eingebunden ist, ausgefallen ist. Bevor sich ein Rockeugang anflöst, wird die Treunuug durch ein sogenanntes Bcschadcssen (Abschieds-Vescheidesscu) gefeiert, das iu eiucr Milch- ^ftrnche und Tracht der Gebirgler. 105 oder Biersuppe Mtd gekochtem Obstbrei, zuweilen wohl auch uoch iu einigen reichlicheren Gängen besteht und in der Mittcrnachtsstundc von allen Anwesenden genossen wird. Auch die Sitte der Maibänme ist in manchen Dörfern üblich. In der Nacht vor dem ersten Mai setzen die Bursche vor den Häusern der Mädchen, die sie besonders auszeichnen wollen, Birken- oder Buchenbänmchcu, die bis auf die grünen Wipfel, an denen bnnte Bänder hängen, abgeschält sind. Wenn im Frühjahre das Vieh zum' erstenmale ausgetrieben wird oder wenn die Mägde mit dem frischen Grase, das sie an den Ackerrainen oder in den Wäldern gesammelt, das erstemal nach Hanse kommen, bcgicßt sich das junge Volk in fröhlichem Muthwillcn mit Wasser. Das ^icdchen, das beim „Maigchcn" die Mädchen singen, hat nns eine kleine Probe der Mnndart der Gebirgsbewohner geliefert; diese hat trotz der Verbreitung des Hochdeutschen dnrch den Schnlnnterricht noch ihren alten Charakter unverändert beibehalten. Wie der Schweizer das helle i, so liebt der Bewohner der Sndeten das breite a, das er meistens für c gebraucht; ebenso eigenthümlich ist dieser Mnndart der häufige Gebrauch des o für a, z. B, lossa — lasseu, der Voch — der Bach, uaba — ncbcn, die Anssprache des l nach Art des den Polen eigenthümlichen dnrchstricheiien 1, wie etwa Wall ^ Welle; anßer-dem wird die Endsilbe der Zeitwörter meist zusammengezogen, also gam — geben, schlon — schlagen, gan -^ gehen. Ferner wird als Vertleineruugssilbe fast immer la statt lein oder chen gebraucht i Tischla, Tischlcin, Nisla, Röschen, Madle, Mädchen, Bergla, Berglein u. s. w. So lautet der Satz: Ncbcu dem Wege steht ein kleines Hänschen: „Naba dam Wage stieht a klintschigcs Hoisla"; oder: „Ale Nahle hala nei, nojc hala bess'r", soviel als! Alte Nägel halten nicht, neue halten besser. Die Tracht des Sudetenbewohners, der meist mittelgroß, aber kräftig gebaut nnd bei schmaler Kost und harter Arbeit gesund und abgehärtet ist, bietet verhältnismäßig wenig Eigenthümliches. Der Sonntagsstaat der Burschen besteht gewöhnlich in tnrzcu, schwarzen Kniehosen, hohen Stiefeln, einer langen, geblümten, bis oben zugeknöpften Weste nnd einer knrzcn, mit Metallknöpfen besetzten Jacke von blauem Tuch; um den Hals wird ein schwarzseidcnes Tuch geschlungen und anf den Kopf ein cylindcrförmigcr Filz-hnt gesetzt, den ein Blumcnsträußchcn und ein paar rothe Bänder schmücken. Noch einfacher ist die Kleidung der Frauen nnd Mädchen; sie tragen in den meisten Gegenden lange faltige Nöcke von branner oder duukelrothcr Farbe, die beinahe ganz von einer weiten, ebenso laugen Schürze brdeckt sind, außerdem blaue Iäckcheu und eine weiße, hanbenartige Kopfbedeckung mit flatternden weißen Bändern. Dies Volk, an Noth und Entbehrung gewöhnt und in sanercr Arbeit aufwachsend, meidet den hellen Farbcnprnnk der Bewohner des reichen Flachlandes. 106 , Das Qdrrland. ii. Da§ Gderland. (Der Odrrgrnnd und das „Äuhländchen". — Nentitscheiu. — Die Sage von seiner Gründling. — Die Burg Strambcrg, — Der Kotonö. — Fraukstadt. — Freiberg. — Hochwald'. — Ausblick 'ins Oderthal. — Mistet. — Eisenindustrie im Thale der Ostrawitza. — Mährisch-Ostrau. — WitloN'itz.) Während der sogenannte Odergrund, das Thal dcr Odcr nahe an ihrem Ursvrnnge, ungcmein enge nnd kalt ist nnd von so hohen Bergwänden eingeschlossen wird, dass die Sonne vom November bis Febrnar mit ihren erwärmenden Strahlen nicht bis znr Sohle vordringen kann, erweitert sich das Thal bei Odran, von wo die Oder eine südliche Richtung nimmt, um bei Deutsch-Iaßnik einen vorherrschend nordöstlichen 3anf einzuschlagen. Dieser Theil des Oderthales ist anmuthig durch seine herrlichen Wicscnflächen, die die Ilfcr nmsämnen, und ausgezeichnet dnrch die hochentwickelte Obstcnltnr, so dass die Obstgärten oft kleinen Waldungen gleichen, welche die edelsten Gattnngen von Stein- und Kernobst liefern. Das Knhländchen ist anch berühmt dnrch seinen trefflichen Nindviehfchlag, welcher dcr Verner Nasse fast gleichkommt. Die Mundart der Bewohner in diesem Theile des Odcrthalcs hat noch mauches Eigenthümliche, wodurch sie sich von dcr der übrigen Sndetcn-bewohner theilweisc unterscheidet; man hat, vielleicht nicht ganz mit Unrecht, behauptet, dass in derselben selbst das Gothische und Angelsächsische noch theilweise zn erkennen sei. Die Bewohner sind natürlich viel wohlhabender als die „Gebirgler" des Gesenkes. Gastfreundschaft, Frohsinn, aber auch Hang zu sinniger Sagcnbildnng herrschen bei ihnen vor. Wir erzählen die Sage von dcr Gründung von Nentitschein, welches Städtchen, an dem der Oder zufließenden Titschbache gelegen, als der eigentliche Mittclvnnkt des amnnthig freundlichen Knhländchens gelten darf. Vor alten Zeiten, so erzählt dcr Mnnd des Volkes, lebte iu der Burg Gyöin ein tapferer Ritter, der ein holdes Töchterlein sein eigen nannte, die nicht bloß gütigen Herzens nnd uiit bestrickenden ^iebn-iz geschmückt, scmdern auch im rauheren Weidwerke wohl erfahren und zu waghalsigem Iagdritte sttts geneigt war. Damals hauste ein furchtbarer Bär in dem Walde, wo jetzt das Städtchen Nen-titschein liegt, der auch iu die Felder und Hütten der Laudleute brach nnd einst eincm armen Weibe ihr einziges Kind raubte. Jammernd eilte die Fran auf die Burg nnd das Herz Mariens — dies war der Name des Nitterfriinleins — ward so von Mitleid erfüllt, dass sie augenblicklich das Hifthorn von der Wand nahm nnd zmn Jagd' ansbruche blies. — Ein stattlicher Hirsch brach durch das Dickicht des Waldes nnd fchou wollte das Fräulein und das geringe Iagdgefolge demselben nachfetzen, als die Mutter des geraubten Kindes dcr Bnrgherriu den Weg vertrat und sie anflehte, ihr Kind zn retten, das sie in einer nahen Schlucht weinen gehört, das also noch am Ll'ben seilt müsse. Allein sprengte Maria tiefer iu den Forst uud bald war sie znr Höhle des Bären gelaugt. Schon hatte sie die Bärin erlegt, welche die Mutter des Kindes umklammert hatte, da riss sie der grimmige Bär zn Boden, nnd schon hielt er mit seinen furchtbareil Tatzen sie fest nmstrickt nnd sie wäre, da die Bauersfrau in die Höhle geeilt war. um ihr weinendes, wunderbarer Weise wirklich noch under- Neutitschein. 107 sehrtes Kind zu holen, unrettbar verloren gewesen, wenn nicht plötzlich eilt von kräftiger Hand abgeschnellter Pfeil dem Bären ins Auge gefahren wäre, so dass das wüthende Thier schmcrzbetäubt von seiner Beute ließ. Als Maria, aus tiefer Ohnmacht erwachend, wieder ausblickte, lag das Thier todt zn ihren Füßen; an ihrer Seite aber stand «in schöner, blondgelockter Jüngling, in dem Gewände eines Hirten, mit Pfeil nud Bogen bewehrt. Den Dank des Edel-fränlrins ablehnend, erbat er sich die Erlaubnis, dasselbe durch den Wald zur Burg des Vaters geleiten zn dürfen. Auf dem Wege erzählte er, dass er der Sohn einer armen Witwe sei und deshalb einem Verwandten als Knhhü't habe dienen müssen. Als Maria mit ihrem Retter auf dem Schlosse erschien, entnahm der alte Burgherr bald ans den Erzählungen des Jünglings, dass dessen Vater einst seiu Diener gewesen und ihm in einer heißen Schlacht das Leben gerettet habe. Der Hirt erbat sich keinen anderen Lohn für seine That. als dass an derselben Stelle, wo er dem Edcl-fräulein das Leben gerettet habe, eine Hütte für seine arme Mutter und ein Bild des Erlösers aufgestellt werde. So geschah es auch; Hütte und Kapelle erhoben sich bald in der Lichtung des Waldes. Der Ritter aber gewann den Jüngling rasch so lieb, dass er ihn in allen ritterlichen Künsten wohl erziehen ließ und ihm die Hand seiner Tochter gab, die schon längst in Liebe zu dem edlen Ritter entbrannt war. Zum Andeuten an seine Abkunft behielt er den Ritteruameu Krawcn- (Kuhhirt) und in seinem Wappen führte er Pfeil und Bogen, auf den Ursprung seines Adels deutend. Hoch obcu anf der Spitze des Alttitscheiner Berges erbantc er ein festes statt' liches Schloss uud ans der Hütte im Walde wurde gar bald, da die greise Mutter die Stätte nicht verlassen mochte nnd das kleine Häuschen die Zahl der Enkelkinder, die mit ritterlichem Gesinde sc> oft vom Schlosse hcrabt'amen, beinahe nicht mehr fassen konnte, ein geräumiges Iagdschloss. Der erste Krawcu- erbaute dies ueuc stattliche Haus in der Lichtung des Forstes nnd nannte es das Neue Titschcin (Nowv Gyöin). Der Wald ward ausgerodet. das Herrenhaus blieb bald nicht mehr allein nnd so ward aus der neuen Ansiedelung das Städtchen Ncntitschein, Ncutitschein wuchs rasch empor, besonders als nach dem verheerenden Mougolmzuge im Jahre 1241 König Wenzel l. in dic verwüsteten und entvölkerten Gegenden betriebsame deutsche Colomsteu in großer Zahl berief. So verwebt sich in dem Verlaufe der Begebenheiten Sage uud Geschichte zu ansprechendem Bunde. Ncutitschein hat gegenwärtig bei 8000 Bewohner. Uuter den Erzeugnissen der Industrie ist vorzüglich die Verfertigung der „Neutitscheincr Kutschen", die auch unter dem Namen „Neutitschanka" bekannt sind, hcrvorhebenswcrt. Überhanpt herrscht in Neutitschcin ziemlich lebhafte Industrie, besonders ist die Tuchcrzengung iu stetem Aufschwünge. Wichtig ist die Vcrkehrsstraße nach Polen, au welcher die Stadt gelegen ist; auch mancher feindlichen Invasion war dieselbe deshalb ausgesetzt; Franzosen nnd Russen marschierten wiederholt durch ihr Weichbild. 1790 war hier das Hauptquartier des berühmten Feldmarschalls Laud on, der auch daselbst am 14. Juli 1700 starb nud in der Stadtpfarrkirche beigesetzt ist. Noch immer aber sehen von dem kahlen, isolierten Altlitschcmcr Bergkegel die Trümmer der einst so stolzen Ritterburg, die die glänzendsten Geschlechter des Landes, die Krawarc, Cimburge, Boskowitze, /.erotinc zu ihren Be- 108 Taö Odcvland. sitzern gezählt hat, auf die Stadt und das gesegnete Oderländchm nieder. Der stolze Fclscnbau war aber auch wie geschaffen zur weiwmblickcnden Burg. Von den Zinnen derselben konnten die Herren des Schlosses ihr Auge an dem Anblick ihres weiten gesegneten Besitzes erfreuen; von dem fruchtbaren Hügellaudc, das sich zu Füßen der Burg ausbreitete, kaun hier der Blick bis zum Oderthalc uud darüber hinaus in verdämmernde Fernen schweifen; der Flor dieses anmuthigcn Läudcheus liegt hcrzerfrcueud vor dem beschauenden Auge uud die Blicke der Burgherren ruhten auf so vielen schmucken Dörfern, auf so mancher stolzbethürmten Stadt. Erwecken schon die wüsten Ruinen der Herrenbnrg von Alttitschein in der Brust des Beschauers wehmüthige Erinnerungen an jene Zeiten, wo Vccherklang und Miuuelicd, Waffeugetöse und Saitcnspiel in den Hallen des Schlosses crtöuteu, so gilt dies in noch höhcrem Grade von der etwa eine Stunde östlich vou Ncntitschcin gelegenen Ruine der Strambcrger Burg. „Gleich einem Niesenpokal" — wie ein Reisender poetisch sagt — „der seine rnnde Mündnug in die Wolken taucht, um daraus einen Trunk Himmelsuass znm Toaste ans die Vergangenheit zn schöpfen, in die er zurückreicht", ragt der Wartthurm des Stramberger Schlosses auf dem Fclsengipfel eines Ansläufcrs der Karpathen, fast uoch unversehrt iumittcu der in Schutt zerbröckelnden Trümmer der einstigen Vnrg empor. Das Volk nennt dicfen Rnnothurm, au welchem fast in schwindelnder Höhe ein Kranz mächtiger Tragsteinc gallerieartig hervorragt, das „Stramberger Horn" ^n-amdm-gkH ti-ndli,); er steht noch ungebeugt nud in ungebrochener Kraft da, eiu weithin sichtbares Wahrzeichen aus uralten Zeiten, gegenwärtig nur vou dunklen Dohlcuschwärmen umflattert, während von der eigentlichen Vnrg nur mehr ein Theil der Außeumaucr erhalten ist, der sich an dem südlichen AbHange des Schlossbergcs befindet, an dessen Fnßc, die Felsenstufcn abwärts klimmend, die Häuser des uralten Städtchens Strambcrg thalab zerstreut sind. Noch an zwei Seiten ist dieses Städtchen von Felsgebirgen umgeben. Gegen Süden thürmt sich der vou Höhlcu durchbrochene, sagcngefcicrte Koton^fclsen empor, während nordöstlich sich die Skalky oder kleinen Felsen erheben, unter denen der sogcuanutc weiße Berg oder djlll, nc.^,, wegen der reizenden Fernsicht, die man vou hier aus auf die düster bewaldeten Bcskiden und das fruchtbare Kuhläudchen bis weit nach Schlesien genießt, namentlich hervorzuheben ist. An den Felsen des Kotou« knüpft sich eine Sage aus der furchtbaren Zeit des Mongolcnciubruches, als die anmuthigen Landschaften an der Oder von den Horden des Tatarcnkhans verwüstet und verödet wurdcu, nud so manche Stadt entvölkert, manch schmuckes Dorf in Asche gelegt, manch blühendes Gefilde von Nosseshnfen zerstampft wurde. Da floh, was fliehen konnte, in die Wildnisse der Gebirge; uud viele christliche Familien snchten anf dem Fclsengipfcl des Kotoui- Schutz vor den Der Kotmll'Iiül',1, 109 sengenden und mordenden Barbaren; die unterirdischen Grottcnverließc des höhlmreichen Kotouöberges bargen Habe und Gut der Flüchtlinge. Die Schar anf dem Berge suchte unter der Führung eines kriegsknndigcn Hauptmannes alle Zuwege durch Verhaue so viel als möglich zu verlegen uud sich gegen den Anstnrm der schrecklichen Feinde zn vertheidigen. Bald erschien ein Mongolcnschwarm im Thale, der sich dnrch immer nene und zahlreichere Scharen verstärkte; furchtbar widerhallte das wilde Kriegsgeschrei der Heiden in den Karpathenbcrgen, wiederholt' schon waren sie den Vcrg hinangestürmt, doch immer hatte sie der Muth und die Entschlossenheit des Christeichänfleins Nuntt! dl>r ^tvcnndl'»^!,' '^,,rl,. zurückgetrieben, da begann die Kraft der Belagerten zu weichen, schon quälte sie der Hunger uud nirgends war Ncttnng nnd Erlösung möglich. In inbrünstigstem Gebete wandte man sich an den Herrn der Heer-schaaren, der sandte seinen Wetterstrahl aus dunkler Wolke unter die Feinde; ein entsetzliches Gewitter brach los, der Bach, der am Fuße des Berges entquillt, brach aus seinen Ufcru, die Christen durchstachen die höher gelegenen Teichdämmc nnd in unaufhaltsamen Flnthen ergoss sich der Schwall der Wässer über das Lager der Feinde, die entsetzt zur Flncht sich wandten und über die Senke bei Weißkirchcn ins Vci-wa- und Marchthal vor- 110 Das Oderland. drangen, um, wie die mit der Sage verwobene Geschichte erzählt, vor den Mauern von Olmütz durch das Heer des Iaroslaw von Sternberg eine völlige Niederlage zu erleiden, worauf sie durch Uugarn in die Steppen Asiens zurückkehrten. Noch heutigen Tages werden zur Erinnerung an jene furchbare Zeit des Mongoleneinfalls Bretzeln und Pfefferkuchen in Gestalt von Nasen und Ohren verkauft, da die Mongolen den Todten die Ohren abzuschneiden und den Gefangenen die Nasen zu stutzen pflegten. Es geschieht dies am Feste der Himmelfahrt Christi, denn dieser Tag des Jahres 1241 war es, an dem die Christen nach dem fluchtähnlichen Abzüge der Feinde Gott für ihre wunderbare Rettung danken konnten. Eine Steinpyramidc, deren Spitze ein Kreuz trägt, ziert gegenwärtig die Spitze des KotonL. Einst freilich war es anders; in grauer Vorzeit war der Kotou« einem Slavengötzen geheiligt, darauf deuten manche Alterthümer, die man im Jahre 1660 daselbst ausgegraben; auch in seinem von Höhlen zerrissenen Inneren hauste lange Zeit viel heidnisches Volk von Zwergen und Kobolden. Die thaten den Strambergcr Bürgern allen Schabernack und Possen an, und besonders wenn Sonn- und Feiertags zur Messzeit Küche und Stube leer waren und Herrcnleute und Gesinde außer Hause weilten, ward gröblicher Unfug verübt. Die boshaften Zwergmännchen ließen den Wein aus den Fässern rinnen, die Suppe aus dem Topfe laufen, das Huhn am Spieße verbrennen, kurz an allen Ecken ward Unheil angestiftet. Das wurde den ehrsamen Strambcrgern doch endlich zu arg; der Ortspfarrer verfügte sich, wie die Sage zu erzählen weiß, mit Messbuch und Weihwedel in die Höhlenwohnung der Kobolde und bannte sie für ewige Zeiten in ferne Länder. Gegenwärtig wird der Gipfel des Kotouö jährlich von zahlreichen Scharen andächtiger Wallfahrer bestiegen. Aber gern klimmt auch Derjenige, den bloße Freude an der Natur antreibt, auf die Höhe hinauf, denn unver-gesslich bleibt dem Beschauer das in der Ferne verblauende Bild des freundlichen Odcrlandes im düsteren Rahmen der es rings umstarrenden Felseumassen! Wenn wir, noch immer im Gebiete der Oder verweilend, uns südöstlich von Stramberg wenden, so kommen wir in die in mancher Beziehung interessante Ebene von Frankstadt, welche durch die Lubina, einen rechtsseitigen Nebenfluss der Oder, gebildet wird. Man kann die Umgebung des Städtchens Frankstadt eigentlich kaum noch mehr eine Ebene nennen, denn an beiden Seiten des Flusses treten die Bergwände ziemlich enge zusammen, während den Ansgang dieser thalähnlichen Ebene einer der am weitesten sich erstreckenden Ausläufer des RadhM, sowie eiu waldreicher Zweig des großen Iavoruik verschließen uud im Norden Berg und Burg Hochwald wie ein mächtiger Riegel das Thal versperrt. Der imposante, schön geschwungene Gipfel des Ondrenik (Andreasberges) wird durch näher gelegene Höhen den Blicken entzogen. Dagegen steigt Fiautstadt. Frnbcrg. Hochwald. Ill genau im Süden der Stadt Frankstadt die dominierende Felsenmasse des rund-kuppigen RadhoZt empor, dessen ehrwürdigen Gipfel wir jedoch nicht von Frankstadt ans, von wo ziemlich unbequeme und steile Wege hinanfnhren, sondern von dem im lieblichen Thalc der Beüwa gelegenen NoXnan aus besteig eu wollen. Die Stadt Fraukstadt selbst hat keine ereignisreiche Vergangenheit. Sie wurde im Jahre 1299 von dem Olmützer Bischöfe Thcodorich gegründet, der sie seinem Vasallen Pharkas von Na^ril zu Lehen gab, daher eigentlich Pharkastadt; manches hatte sie im dreißigjährigen Krieges« leiden, im ganzen aber blieb das stille und abgeschlossene Thal von wilden Kricgcsstürmen verschont und nur der friedliche Wanderer und Naturfreund mag gcrue das anspruchslose Städtchen aufsuchen, wo er im ganzen ziemlich gute Herberge finden kann nnd von wo er am besten die hohen Waldknppen der kleinen Karpathen ersteigen wird. Flnssabwttrts von Frankstadt, gleichfalls an der Lubina, liegt die Stadt Freiberg, von der eiue ziemlich beqneme Seitenstraße in kurzer Frist zum kleinen Orte Hochwald und znr gleichnamigen romantischen Burgruine Hochwald. 112 , Daö Oberland. führt. Wcuu irgend ein Name bezeichnend ist für die Stätte, der er beigelegt wurde, so ist dies bei Hochwald der Fall. In länglicher Form steigt der Berg, auf welchem die umfangreiche Rniue gelegen ist. beträchtlich hoch ans dem Thale empor und fenkt seine dicht bewaldeten Gehänge nngemein steil in die tiefen Schluchten hinab, die ihn gegen Süden von der kahlen Vabyhora (Altweiberberg), gegen Norden von dem hohen waldbedeckten Kazniöow (Znchtlingsberg) trennen. Man kann sich kaum einen reizenderen Aussichtspunkt denken, als der ist, den die mit kleinen Blnmeuterrassen geschmückten Bastionen der alten verfallenden Burg darbieten; mittagwärts thürmen sich die größtcnthcils mit düsteren Föhreuwäldern bedeckten Kuppen der Karpathen vor den Angcn des Beschauers anf, währeud gegen Norden der freie Blick über fruchtbare, wohlangebaute Hügclwclleu bis an die Marken Schlesiens zn schweifen vermag. Ein durch seine schönen alten, erquickenden Schatten spcudcuden Laub-bänme ausgezeichneter, wohlgepflegter Thiergarten führt zn den auf dem Gipfel des Berges gelegenen, malerisch romantischen Ruinen der alten Bnrg. Bnrg Hochwald scheint in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts gegründet worden zu sein; als ihr erster Besitzer wird in Urkuuden ein Arnold Comes de Hukchswagc genannt: in den Jahren 1234 — 1237, der Nachfolger Arnold's war Graf Frank und von diesem kanfte Bruno von Olmütz, desfen Name mit den Geschicken des Gebietes au der Oder und des Kuhländchens durch die Scharm betriebsamer deutscher Colouisten, die er in diese Gegenden verpflanzte, so innig verwebt ist, Burg uud Herrschaft Hochwald. Noch bedeckte dicker Urwald den Boden im weiten Umkreise um die Burg. Doch bald war die Wildnis ausgerodet und wo die Art das Dickicht gelichtet, zog schlcuuig die Pflugschar des neuen fleißigen Ansiedlers Furchen in den fruchtbaren Ackerboden. Bischof Brnno überließ Hochwald dem früheren Eigner der Vnrg, Frank von Hnckenwalde, als Lehen des Olmützer Bis-thnms. Langer Rnhe nnd wachsenden Wohlstandes erfreute sich Schloss nud Gebiet von Hochwald unter bischöflicher Herrschaft, bis zu Zeiten des Kaisers Sigismnnd die Bnrg verpfändet wurde und nun mehrmals ihre Besitzer wechselte: auch die Boskowitze waren vorübergehend Herren anf Hochwald; erst im Jahre 1581 löste sie der Bischof Stanislaus Pawlowsky wieder ein und fortan blieb Hochwald ein Lehen der Ol-mützcr Kirche. Furchtbare Kriegsstürme tobten über die Burg hinweg nud wiederholt trotzten ihre festen Mauern den Angriffen wilder und übermüthiger Feinde. Iu dcu Iahreu 1420 uud 1480 brach sich au ihnen die wilde Nuth der Taboriteu, im Jahre 1626 belagerte der Graf von Mannsfeld die Burg nenn Monate vergeblich und musste beim Herannahen eines kaiserlichen Heeres unvcrrichteter Dinge abziehen; ebenso ergicng es den Schweden, welche 1645 vor der Bnrg lagen, ohne sie einnehmen zu köuueu. Hochwald, ssrcibcrss. 11Z Innig verknüpft mit dem Schicksale der Burg ist auch die Geschichte des Städtchens Freiberg. Bei der Vertheidigung von Hochwald pflückten sich die Frcibcrger Bürger uuverwelklichc Nuhmcslorbeeren. Als der Manns-feldcr mit feiilen Scharen heranrückte, flüchteten die Freibergcr mit Weib und Kind ans der Stadt und bargen ihre Familien n»d ihr wertvollstes Habe in der Bnrg Hochwald, die sie mit solch zäher Tapferkeit vertheidigten, dass, wie wir schon oben erzählt, als endlich kaiserliche Hilfe nahte, der Feind abziehen mnsste. Ebenso wacker hielten sich die Bürger, als die Schweden vor Hochwald erschienen; dafür ward das Städtchen von den rachsüchtigen Feinden mehrmals gänzlich eingeäschert: doch ward anch manch stolze Auszeichnung und manches ehrende Privileg dem tapferen Städtchen zutheil und iu Land und Reich hatte man sich bald das Vcrslcin gemerkt: „Brieg, Freiberg und Brunn machen die Schweden dünn." Doch nach diesen stürmischen Seiten verfiel die Burg immer mehr und erst in neuerer Zeit hat man ein schmuckes Iagdschlösslcin an« Fnße des Schlossberges crbant und auch mauchcs zur Erhaltuug des alten Burg-gemäucrs gcthau. Eiust mochte wohl keine Bnrg Mährens so stattlich gewesen sein als Hochwald, denn acht besondere Abschnitte umschloss das Steingcwaud der Mauern und Wälle. Tritt man jetzt durch das mit dem Wappcnschildc des Bischofs von Olmütz, Erzherzogs Leopold, geschmückte Außenthor iu den ersteu Hofranm, so fällt zuerst der fünfeckige starke Wartthurm, ein Lugius-land, dessen Zinnen der Flügclschlag von sechs Jahrhunderten berührte, ins Auge; mächtige Felscukcller, zu deueu mau vom Thurm alls hinabsteigen kauu, dehnen sich uuter der Burg aus, wohl nicht die fabelhaften, uon Drachen behüteten Schätze bergeud, von denen der Volksmund zu erwählen weiß, doch wie gcschaffcu zur Aufbewahrung goldig perleuden, kühlen Rebensaftes. Iu dem Turuierhofc, dem an Größe wohl kanm ein zweiter Burghof gleichkommen wird, und in den man durch ein rundgcwölbtes Thor gelaugt, steht die vom Cardinal Fürst Dictrichstcin im Jahre 1602 erbaute Audreas-kapellc. Am Feste dieses Hciligm strömeu Scharcu andächtiger Waller auf den Berg uud crfüllcu alle Naumc der sonst so schweigsamen nnd öden Nninc, deren zerbröckelndes Gemäuer uur lichtscheuem Gethier zum Schlupfwiukel dient. Es macht cineu wehmüthig ernsten Eindrnck, wenn das Glocklein der Andrcaskapelle mit silberhellem Klänge die Grabesruhe unterbricht, die sonst über den Trümmern der Vergangenheit ausgebreitet ist. Wir wollen nicht weiter durch das noch erhaltene spitzbogigc Thor in die eigentliche Herrcnburg eindringen; wir wollen lieber noch einmal hinaustreten iu das Gärtchcu, das hoch obcu auf der südlichen Bastei angelegt ist, uud uus, bevor wir von Hochwald scheiden, nochmals au dem herrlichen Ausblicke über die mit Ortschaften übersäete gesegnete Odcrlaudschaft ergötzeu, 2 ,» «! lci Marl>,rasscha!t Mähr«,. ß 114 Das Odcrland. die sich herz- und augerfrcuend von dem düsteren Hintcrgrnndc der kar-Pathischen Waldberge abhebt. Es ist ein idyllisch zartes und zugleich wildromantisches Gemälde, das sich da vor unseren Blicken entrollt. Lange genug haben die Zauber der Nomantik, mit denen Burg Hochwald jeden Besncher umspinnt, uusern Sinn gesungen gehalten, besuchen wir wieder eine Stätte, wo rastlose Thätigkeit den Menschen in dem Kreise der Gegenwart gebannt hält nnd ihm nicht die Zeit gönnt, in eine crstorbcnc Vergangenheit sich zu versenken. Ostwärts von Freiberg und uicht allzuweit davon cntferut, liegt an der Ostrawitza, einem anderen Nebenflüsse der Oder, die Stadt Mistek, die mit dem schlesischcn Städtcheu Friedet in ähnlicher Weise zusammenhängt wie Bielitz mit Biala. Seit den ältesten Zeiten waren diese Schwesterstädte Friedek-Mistek durch namhafte Industrie ausgezeichnet. Gleichwie in Vielitz-Biala die Tuchfabrication, so blüht in Fricdck-Mistek die Vaumwollwaren-Industrie. Hart und überaus strenge ist gewöhnlich der Winter in diesen Gegenden, tief in Schnee vergrabet! liegen die Hütten der einzelnen Dorfschaften und kaum ist ein Verkehr von Gehöft zu Gehöft, geschweige denn von Ort zu Ort möglich. Da gewährt dann das Bereiten des Garnes einen, wenngleich kümmerlichen, doch sicheren Broterwerb; fast die ganze ländliche Bevölkerung des Mistckcr Bezirkes lebt zur Winterszeit von dieser Veschäftignng. Außer den vielen Luftblcichcn für die Garngcwebc gibt es noch eine Firblciche zu Naschkowitz, anßerdcm besteht in der Umgebung von Mistek noch eine mit Dampf betriebene Kattnndruckcrei, fowic Schwarz- nnd Schönfärbereien. Die Landwcbcr beziehen ihr Matcriale von den Handels-leuten in Mistek und Friedet und liefern auch die fertige Ware dort ab; viel davou kommt daun anf den Brünner Markt. Aber nicht bloß im Spinnen und Weben der Baumwollgarne änßcrt sich die rührige Betriebsamkeit dieser Gegend; im romantisch-schönen Thale der Ostrawitza, nahe ihren; Ursprünge, erheben sich auch Berge, „wo", wie der Dichter sagt, „das Eisen wächst in dem Schacht". Die schwungvoll betriebenen Eisenwerke von Friedlaud, öeladna uud Ostrawitza liegen im Thale des genannten Flusses, der am karpathischcn Grcnzgcbirge zwischen Mähren, Schlesien und Ungarn entspringt uud jenseits des Kohlenbeckens von Mährisch-Ostrau sich in die Oder ergießt. Hier in diesem Geläude, welches die höchste Stufe in dem Übergangsgebicte von der preußisch - schle-sischen Ebene zur wilden Vergwclt der Karpathen bildet, herrscht allzeit arbcitsfrisches, betriebslustiges Leben; da glüht und sprüht es in den Hohöfen, da hämmert und pocht es in dm Hüttenwerken; an 2,128.000^3 Erz werdeil alljährlich von über 200 Bergleuten zu Tage gefördert und in den verschiedenen Werken verarbeitet. Auf fchlcsischer Seite befinden sich die großartigen crzherzoglich Albrecht'schcn Hüttenwerke im Tcschener Bezirke. Ntährisch-Ostrau. 115 Eine eigene Zweigbahn der Nordbahn, der Flügel Ostran-Friedland, verbindet diesen wichtigen Sitz der mährischen Eisenindustrie, der der erzbischöf-lich Olmützer Gntcrverwaltnng untersteht, mit den mächtigen, fast unerschöpflich reichen Kohlenlagern bei Mährisch-Ostrau, das an der äußersten Spitze jenes Landesthcilcs gelegen ist, der wie ein Keil sich zwischen das Troppauer und Teschcner Gebiet von Österreichisch Schlesien hineinschicbt. Die Kohlenformation von Mährisch-Ostrau ist in einer elliptischen Mulde von mehreren Meilen Länge und Breite abgelagert und bildet den südwestlichen Theil der gleichen Bildungen von Preußisch-Schlcsien, von wo sie sich dann bis in das Krakauer Gebiet fortcrstreckt. Im Ostraner Reviere sind nicht weniger als "»7!» einzelne Flötze vorhanden, von denen aber nur 117 abbauwürdig siud. Die flötzlccren Sandsteine sind in der Negel heller, als die in der Nähe von Kohlcnstützen gelagerten; in dem Thonschiefer, der häufig in Gesellschaft der letzteren anftritt, finden sich viele Versteinerungen, auch kommt Kohlen- nnd Thoneisenstcin vor; besonders interessant ist das Auftreten von Grnnstcingängcn. Das ganze Kohlcngebirge wird von einer Tcrtiärdccke, meist Trgel, Vasalttrümmern nnd diluvialem Sand, sowie stellenweise von Lehm und Gerolle überlagert. In dem ganzen Terrain, namentlich aber in dem Gebiete bei Mährisch-Ostran strömt uuuuterbrochcn ans den Klüften nnd Spalten des Bodens Kohlenoxydgas hervor, welches auch die Ursache der so häufig auftretenden schlagenden Wetter ist. Die Kohle, die nn Ostrancr Bezirke gewonnen wird, 8* MM. 116 Das Odc'rla„d, ist von vorzüglicher Güte, sic gibt 60—70 Procent Cokes und nur, je nach der Grube/ 3-5—14 Proceut Asche. Die reichen Gruben des Ostraner Kohlenbeckens, die für Jahrhunderte Brennstoff in ihrem Schoße bergen, sind besonders fnr die in der Nahe der Stadt Ostrau gelegenen, großartigen der freihcrrlich Nothschild'schen Familie gehörigen Eisenwerke vou Witkowitz von hoher Wichtigkeit. Dieser etwa eine halbe Stunde von Ostrau entfernte Fabriksort gleicht einer wahren Cyklopenwerkstätte nnd ist uicht mit Unrecht das österreichische Seraing genannt worden. Der Gründer dieser Gewerke, welche in den Jahren 182<^ nnd 1829 erbant wurden, war der Cardinal-Erzbischof von Olmütz, Erzherzog Rudolf. Die Anlage des Werkes besteht aus drei Hohöfen, der Gießerei, der Puddling- und Wal^hütte und der mechanischen Werkstättc nebst vielen dazugehörigen HilfsWerkstätten. Es zählt bei 150 Eisenstein- nnd über 200 Stcinkohlengrnbcnmassen, Z Hohöfen, 2 Cnftol- und 1 Flammenofen, 31 Pnodel- nnd 26 Schweiß-üfen, !>6 Cokesöfen und 5^ Schmiedfencr. Auf den Gruben arbeiten 27 Dampfmaschinen mit !^1 Pferdckraft, auf den Hüttenwerken 28 Dampfmaschinen mit 700 Pferdekraft, im ganzen also 55 Dampfmaschinen mit 16,^1 Pferde-kraft und außerdem noch 6 Wasserräder mit 1^6 Pfcrdekraft. Für das Werk besteht eine eigene Gasanstalt, welche ^00 Flammen unterhält; was die jährliche Menge von Erzengnissen anbelangt, so yrodnciert Witkowitz 130 Millionen Kilogramm Steinkohle, wovon 74 Millionen in den Etablissements selbst verbraucht werden, dann 11,200.000^ Roheisen, 1,'.»60.000^3 Gussware, 16,^00.000^' gewalztes Eisen, größtentheils Eisenbahnschienen, und endlich 3,!»2O.OOO!<^ diverse Maschinenarbeit, worunter namentlich Blech- und Gittcrbrücken, Eiscnbahnräder, Dampfmaschinen, Dampfkessel n. s. w. Witkowitz crzengt die größte Menge von Bahnfchicnen, Rails nnd Tyres unter allen Gewerkschaften Cisleithanieus. Wahrhaft stattlich ist die Anzahl und Menge der Communications-mittel, welche die Umgcbnng den Fabrikswcrken verdankt; ebenso umfangreich und trefflich geordnet sind die verschiedenen Anstalten, welche speciell der Unterknnft und dem Wohle der Fabriksarbeiter gewidmet sind, von denen znr Zeit des lebhaftesten Betriebes nahezn an 400!) in den Anstalten beschäftigt sind. Es besteht eine eigene Kinderbewahranstalt, eine Mhschnlc für Mädchen, eine zwciclassige Volksschule, ein trefflich eingerichtetes Spital, ein Vadehans mit Donche- nnd Dampfbädern, eine Kochanstalt, welche für kräftige nnd billige Beköstigung der unverheirateten Arbeiter sorgt, anßcrdem eine mit einer Sparcasse verbundene Knappschafts- oder Brnderlade für die Arbeiter nnd ein Pensionsinstitnt für die namhafte Zahl der Beamten, die an der Spitze der einzelnen Genierte stehen. Vic >iar>i>ithc!>l>iudjchnsttn und ihre,B>'wo>iücr. 117 12. Dir liarpathrnlandschastru nud ihre Vrwohner. (DaZ B^wathal. — Bad Tcplitz uud das „G^'attcrloch". — Numo Hclftnstnu, — WcisNirchril, — Nuiuau uild der 3nidhu«t. — Die WMcichcn imd das Lrlicn iin Gcbirgo, ^^ Holirschan, — Bislritz nin H^strili. '— UncMisch-Hvadisch. — Dcr Cuvovt Luhatschowitz. — Nlwmtz, (^clnirtslivt von Ioh. Amos Comcnins. — Sl'iu Leb^il,) So oft schon haben wir von dcm Oderthale aus in dic cil^cntliche Bcrgwclt dcr Karpathen hineingeblickt, mm wollen wir znnächst ein Flussthal durchstreifen, u>elcl)eö uns mitten in dicscs Gebirge hineinführt, nämlich das der Be^wa, nächst der Thaya der wichtigste Ncbenflnss der March. Eie entspringt aus zwei Quellflnsscn, von denen der eine, die Unter-Beöwa, vom nördlichen Hange des Wysokabcrgcs an der nngarischcu Grenze, die andere, die Obcr-Bc<'wa, von der Südwrstabdachnng des Trojac'-kaberges hcrabkommt. Die letztere fließt iu einem unrcgelmäßigclt, nach Norden geöffneten Bogen bis Wallachisch-Mescritsch, woselbst sich die Unter- oder No/.naucr-Bc^wa mit ihr vereinigt. Zwischen beide Flussarmc schiebt sich auf der einen Seite der lange Zng des Zapbergcs, als letzter Anslänfer des Wysolabcrges, während an der westlichen Seite der Hosteiuerberg an den Fluss heranzieht; beide engen das Querthal der Ober-Be^wa ein, nachdem sie bei Wsetin eine ziemlich weite Thalmulde gebildet hatte. Viel regelmäßiger ist der Lauf der Unter-Bctwa, welche im ganzen die gerade, ostwcstlichc Richtung bcibchält. Von Noxnan an erweitert sich die Thalsohle des Flusses, nachdem er bisher von steilen Bergwänden eingeschlossen HHUk'Nntz. 116 Die Karpathcxlandschaftcn und ihre Bewohner, gewesen. Ein mit üppiger Vegetation bedecktes, anmuthiges schönes Becken, nördlich von den waldigen Höhen des großen Iavornik, südlich uon den steilen Abfällen des Wechhura-Berges begrenzt, erstreckt sich bis zur Vereinigung der beiden Flüsse bei Wallachisch - Meseritsch. In breitem Bette und unter vielfachen Krümmungen wälzt nun der vereinigte Fluss seine Wellen an Weißkirchen, Leipuik, Prerau vorbei, um dann, in zwei Arme getheilt, oberhalb Kremster in die March zu münden, deren oberes Becken er in trägem Gefalle eine Strecke lang durchflossen hatte. Während dieses Laufes wird der geeinigte Beöwafluss noch einmal unterhalb Wcißkirchcn von jäh abstürzenden Höhen so eingeengt, dass es fast den Anschein hat, als hätte er erst das felsige Waldgebirge durchbrechen müssen, um sich die Bahu für seine Wogen zu erzwiugeu. Es ist dies der durch einen Ausläufer der hufeisenförmig sich vorschiebenden Kette der Sudeten, sowie einen .Zweig des Karpathengebirges gebildete, romantisch wilde Engpass bei dem Bade Tcplitz unweit Wrißkirchen. Warme Schwefelquellen sprudeln hier aus dem Schoße der Erde hervor und ein schaurig tiefer Erdfall, das sogeuauntc „Gcvattcrloch" (böhmisch Propast) öffnet hier seinen klaffenden Schluud, der eine Tiefe von etwa 7O> hat. Die Sohle des Erdsturzes, der manche Ähnlichkeit mit der von uns bereits befuchtm Mazocha hat, bedeckt ein tiefes Wasser, das aus Höhlen-artigen Seitcugängen und Felsenriffen eindringt und dessen Spiegel fortwährend Blasen aufwirft, infolge des Entwcichens kohlensaurer Gase, die aus dem mit mineralischen Bestandtheilen getränkten, süncrlich schmeckenden Wasser aufsteigen. Die Alpenrose, der Türkenbund, der gelbe Fingerhut, die Haselwurz und mauch andere seltene Pflanze wächst nahe dem Nande des Gcvatterloches. Steigt man die gefahrlose, ja sogar ziemlich bequeme, zum Theile in dm Felsen gehauene Treppe, die bis zu dein Grnndc des seltsamen Fclscn-schlundcs führt, hinab nnd wendet man dann vom Spiegel des Teiches den Blick nach aufwärts, so fühlt man sich von Granen erfaßt, wenn man vergeblich ein Stückchen Himmelblau zu erspäheu versucht und die überhängenden Felsenmassen, einem halbeingcstürztcn Gewölbe gleichend, Einen in der furchtbaren Tiefe zu zerschmettern drohen. Angsterfüllt eilen wir hinauf uud athmen erleichtert auf, wenn der furchtbare Spuk von uns gewicheu. — Das Wasser des Grundes hängt durch uuterirdische Canäle mit der Beöwa zusammen und sein Spiegel sinkt oder steigt je nach dem Wasscrstandc des Flusses. Was dcu seltsamen Namen, den diese gähnende Erdspalt führt, betrifft, so soll derselbe, wie die Sage erzählt, von Gevatterslentcn herrühren, die sich bei rinein Kindstaufschmause beranscht und in finsterer Nacht anf dem Heimwege sich verirrend, an den Nand des Abgrundes geratheu und hineingestürzt waren. Hclscnsteiii, 119 In der Christuacht soll zuweilen der Silberton eines Glöckleins aus der schaurigen Tiefe hcranfklingen; denn einst, so weiß eine andere Sage zu berichten, soll an der Stelle des Abgrundes eiue Burg gestanden haben, auf der der Ritter Rolf gehaust, der weit und breit als Raubritter berüchtigt und gefürchtet war. Da er einstens wieder von einem ergiebigen Raubzugc in später Nacht heimkehrte, versank er plötzlich nahe seiner Vurg tief und immer tiefer in ein Moor, das er nie zuvor wahrgenommen; all fem Rufen nach den Knappen nnd dem Castellan des Schlosses war vergeblich, vielmehr versank das Schloss und mit ihm alle seine Bewohner in die grausige Tiefe und ein Abgrund klaffte, wo früher die Naubbnrg gestanden. Das Glocklcin der Schlosskapclle aber klingt noch in der den Christen heiligen Nacht ans dem Grnnde des Wassers herauf, sowie noch die Glocken der stolzen Stadt Bincta unter dem Meeresspiegel läuten. In mancher stürmischen Nacht aber muss der von der Strafe des Himmels getroffene Rolf anf schnaubendem Rosse durch die Felscnklüfte sprcugen, um sein versnuteues Schloss zu suchcu. Eiue ähnliche Volksfagc knüpft sich an den Schlossbrunueu der Burg Helfen stein, die am linken Ufer der Vcöwa nnwcit des „Geuatterloches" und in nächster Nähe der Stadt Leipmk an der Spitze einer schroffen, bewaldeten Höhe der Karpathcnkctte gelegen ist. Ein Raubritter, der bereits lange durch arge Übclthatcn die Gegend bedrückt hatte, ward auf Helfenstcin belagert, und schon blieb ihm kein anderer Ausweg, als entweder dem Schwerte seiner Feinde sich zn überliefern oder quälendem Durste zu cr- Hülsenstenl. 120 Ti^ Karpüthcnimidschastc!! und ihrc Hrwohner, liegen; denn so lang sich auch die feste Burg noch gehalten hätte, war doch jede Aussicht auf Rettung abgeschnitten, schon war nämlich der letzte Tropfen Nasser im Schlosse versiegt, da verschrieb sich der Ritter dem Teufel, wenn ihm dieser sofort einen Vrmmcn hervorzaubere. Blitzschnell war der Vruunm gegraben, doch als der Ritter sich über den Nand beugte und mit gierigen Augen das Wasser immer höher steigen sah, da ergriff ihn Schwindel, er stürzte hinab nnd zerschmetterte sich an den spitzigen Felsen. Die Sage hält die dunkle Erinnerung an jene Zeiten fest, wo auf Hclfeustein wirklich ciu kühner und gewaltthätiger Raubritter saß, der die nordische Handelsstraße im Veöwathale unsicher machte und von seinem unbezwingbaren Felsenneste aus den fahrenden Kaufmauu seiner Waren nnd Schätze beraubte. Mit den Waffen in der Hand hatte der schlcsische Stcgreifritter Fridusch von Linau sich im Jahre 1280 Vurg Helfenstein erbaut uud bald erhoben sich noch audere Burgeu im Lande, wo er mit seinen gleich nnedles Naubwevk treibenden Genossen Gut nnd Geld, das er Handelsleuten und Reisenden abgenommen, verprasste. Es war damals eine trübe unsichere Zeit über das Laud gekommen, als König Wenzel II, von Böhmen noch minderjährig war uud der mährische Statthalter, Milota vou Noseuberg, nnr mit schwacher Hand seines Amtes zu walteu wusste. Vergeblich zog endlich König Johann von Lnremburg selbst gegen die Nanlmester Linau's und seiner Mitgesellen; endlich wurde die Burg Natiz eiugeuommen, uud Linau musste versprechen, seine Raubschlösser zu zerstörcu; der Hclfenstein aber verblieb ihm nnd von dieser Stnnde an ward der gefnrchtete Raubritter ein trener Diener seines Königs, der ihn wiederholt mit seinem besonderen Vertrauen auszeichnete. Auch über den Ursprung Helfeusteius weiß der Mund des Volkes eine sinnige Sage zn erzählen. Da noch zn Olmntz Herzoge walteten, hatte einst Venno, des Herzogs Hoffalkcnier, sich schwer vergangen, doch harter Strafe durch die Flucht entzogen. Wilden Ingrimms voll ließ der Fürst allenthalben nach dem nnbotmäßigcn Knechte fahnden; da geschah es, dass der Herzog einmal von feinem Iagdgefolge abkommend, in einer Vergwildnis, nahe dem Veöwa-flufse, sich verirrt hatte und von einem wnthschnaubenden Auerochsen verfolgt wurdc. Da sprang Benno, der in der Wildnis als Köhler und Wildschütze sein Leben gefristet hatte, im Angenblick der höchsten Gefahr dem Herzoge zu Hilfe uud tödtcte das Uuthier mit einem einzigen Arthicbe. Der Herzog, des Grolles vergessend, erwies sich seinem Lebensretter dankbar und machte ihn zum Herrn des ganzen Gebietes. Benno erbaute im Beöwathalc, an der Stelle, wo die Nettungsthat geschehen war, eine Burg und nannte sie zum Andenken daran den „Helfcnstein". Wie ein Gruß aus längst verkluugcnen Tagen gemahnen uns jetzt die mit grünem Buschwerk übcrhangcnen Ruinen der einst so stolzen Ritterburg, die melancholisch in das Veöwathal hinabblicken, wo auf hohem Damme über whugeschwungencn Mauerbogen die dampfende Locomotive, das welt- Wcißtirchc». Pültm. 121 umgestaltende Verkehrsmittel der Neuzeit, über die europäische Wasserscheide hinweg gegen Nordost ins freundliche Odcrthal enteilt. Einst sahen die Wanderer, die diese Straße zogen, schcncn Blickes zur mächtigen Feste empor, ob uicht hinter Busch und Strauch der Knappcntross des gefürchtcten Raubritters lauere; gegenwärtig blickt der Reisende, behaglich ans den Polstern des Coupes ausgestreckt, mit heiterem Auge iu die schöne Landschaft oder wirft höchstens einen sinnend ernsten Blick ans die Trümmer der Vergangenheit, die — „kcinm gegrüßt, gemieden" '— ebenso rasch entschwinden, als sie vor den Blicken des Betrachters aufgetaucht waren. Nasch entführt uns der geflügelte Dampfwagcn dcu Stätten der Vergangenheit und bringt uns wieder mitten in die an Auen nnd Frnchtgcfilden reiche, im Durchschnitte eine Stuude breite Thallandschaft des Bei-waflusses hinein, welche von den Viaducten der Eisenbahn der Länge nach durchzogen wird. Malerisch hebt sich von den dunkelbewaldeten Berghängen, die sie um-randeu, die weißschimmernde Stadt ab, die ihren freundlichen Namen nicht mit Unrecht trägt, wir meinen Weißkirchcn, die bedeutendste Stadt der unteren Veöwa. Nördlich von Wcißtirchen führt der Schienenweg über deu Rücken der Anhöhen von Polten, der enropäischen Wasserscheide, wo sich in einer Scchöhc von 305>" Sudeten und Karpathen die Hand reichen. Einst berührten sich die beiden Gebirge unmittelbar bei Weißkirchcn, doch hat die Veöwa ihre Verbindung hier durchbrochen nnd sich den Durchgang erzwungen. Überhaupt ist das Thal dieses Flusses in der Nähe der Städte Leipnik und Wcißkirchen nngemein reich au interessanten geologischen Naturmcrk-würdigkciten. Unweit von dem Felsenschlunde des Gevatterlochcs ist ein seltsam geformter Felsblock, die sagcnumklungene Tcufclstauzel; im Norden ragt, als höchster Pnukt der Gegend, der sogenannte Iohanuesfclsen, ein mächtiger Granwackenblock, empor, auf welchem sich die kolossale Statue dieses volksthümlichen Heiligen erhebt. Während diese grotesken Felsen-gestaltnngen an der rechten Seite des Thales gelagert sind, sprudelt am linkeu Ufcrhange des Beöwaflusscs eine Schwefelquelle aus der Erde hervor, welche das Bad Teplitz speist, das ein hohes, ehrwürdiges Alter auszuweisen vermag, denn fast schon 280 Jahre sind es her, dass seine Heilquellen im Gebranche stehen. Einstens bedeckte unabsehbarer Urwald die Weißkirchener Landschaft und gewiss ist es (schon der slavische Name der Stadt Wcißtirchen: Ili-lvni««, Grenze, deutet darauf hin), dass hier ein wüstes, von wilden Jäger- und Hirtenstämmeu durchstreiftes Grcnzland sich ausgedehnt habe. Der deutsche Name deutet auf kirchlichen Ursprung zurück und die Legende erzählt, dass der heilige Günther, der dann in dem von ihm gestifteten Benedictinerkloster zu Brannau sciueu Tod gefuuden, sich als Einsiedler iu diese Waldöde zurückgezogen nnd hier zuerst das Christenthum gepredigt habe. 122 Die Karpathenlandschnfte» und ihre Vewuhncr. Gewiss ist es, dass der Orden des heiligen Benedict nicht bloß den Samen des Christenthums, sondern auch der Gesittung zuerst hier ausgestreut, und dankbar erkannte Herzog Friedrich zu Olmütz dies an, indem er dem Orden eine namhafte Landschenkung im BeLwathalc machte. Schon im Jahre 1201 waren die Orte Weißkirchen, sowie Hekmanitz, Polom, Ln^ky, Vielotin und (Deutsch-) Iasnik (Iesenitz) gegrüudet. Doch Markgraf Wladislaw cntriss dies ausblühende Gebiet den Benedictinern und als in der Bcncdictinerabtei zu Kloster Hradisch bei Olmütz ein ganzer Convent wegen grober Ver-gehnngen, die man demselben vorwarf, lebendig eingemauert wordcu war, wurde Vand und Gebiet den Prämonstratensern von Strahow vergeben. Markgraf Pkemysl erhob Weißkirchm nu Jahre 1251 zur Stadt uud bald fmden wir, durch Kauf in den Besitz gelangt, das glänzende Geschlecht der Pernsteine als Herren dieser Landschaft, zu welcher auch die damals schon verödete Burg Drahotusch gehört, auf welcher einst des Königs Pkemysl Ottokar II. Hofmarschall, Bohuslaw von Drahotusch, geherrscht hatte. Vielfach wechselte Stadt und Schloss Weißkirchen die Gebieter und nachdem die Empörung der mährischen Stünde unterdrückt worden war, schenkte Kaiser Ferdinand II. unter anderen Schlössern des Be^wathales auch dieses dem Cardinal Franz Dietrichstein, „um ihm" — wie es iu der Urkunde heißt — „für die Mühen, Gefahren und Aufopferungen während der Rebellion der mährischen Stände einigermaßen eine Nccompens nnd Ergötzlichkeit zn geben". Seit der Zeit verblieb dieses Gebiet im Besitze der fürstlich Dietrichstcin'schcn Familie. Am Eingänge der Stadt, wenn man von Leipnik her kommt, befinden sich zwei imposante militärische Institntsgebäudc. Eine Merkwürdigkeit der Stadt ist auch das stattliche herrschaftliche Schloss mit dem historisch denkwürdigen Thurme, von dessen Zinne sich im Jahre 1620 der Erbrichter von Polten, Malik, herabstürzte, als er gegen den Kaiser rebelliert hatte und den Platz nicht länger gegen die stürmenden spanischen Soldaten zu halten vermochte. Dagegen vertheidigte sich die Stadt im Jahre 1iäka (Röschcu) genannt, hin, welches mit dem Ritter Liebhost in dieses aumuthige Thal gefloheu war, und uachdem der harte Vater, der die Vcrbiuduug der Liebenden nicht gewähren wollte, gestorben war, an der Seite ihres Gatten als edle Wohlthäterin der Bewohner ein beglücktes nud beglückendes Leben führte, so dass man das Thal nach der schönen Herrin die Noscnau nannte. — Doch mag der Name Ro^nau wol nicht so holder Deutung seinen Ursprung verdanken, viel eher mag der slavische Kriegs- nnd Schlachtcngott, welcher auf dem hohen RadhM throute, der Gegend deu Nameu gegeben haben und nicht die Rosenflur, sondern das „Marsfcld" wird Roiwau bedeuten, nnd richtiger werden wir das Wort von i-a/.nn, der Krieg, ableiten, wenn wir bedenken, dass die Gottheit, die auf dem NadhoZtberge verehrt wurde, auch aller Muthmaßung zufolge den Beinamen lio/.^vn^io (ro/.n,) Krieg nnd vn^ Führer) Anführer im Kamvfe, geführt hat, dcuu kaum ist Radhost oder Nadgost, Radegast bloß der lichte, gastfreundliche Gott gcwcseu, wenn er auch — wie schon der Name, i,>,ä !io«l,!>,, andeutet — mit dem .lnpitei-Ko8piv>1i8 oder dem 2«u3 xmnn« der Griechen nahe verwandt ist. Diese Erinnernng an die heidnische Vorzeit des Slavenvolkes hat nns Plötzlich auf dcu Gipfel des majMätischeu NadhM versetzt, der, 1135m v»n der Ebene aufragend, nicht allznbeschwcrlich von No5nau aus zu ersteigen ist. Wie diese imposante Bergknppe auf unfcren zuletzt angetretenen Wanderungen schon häufig uuscrem umschauenden Blicke begegnet ist, so entfaltet sich hinwieder von seinem Gipfel ans ein entzückendes Nnudgemälde, dessen Contonren die abwechslungsreichste Mannigfaltigkeit darbieten und in desseu Rahmen die mcisteu der zuletzt geschilderten Landschaftsbildcr ciu-gefügt sind. 126 Tie Karplit>'ntii»dschaftc,i und ihrü Vcwolmer. Man möchte den Radho^t den Olymp der alten mährischen Slaven nennen. Sowie bei den Wenden nnd Obotritcn sich Spuren der Verehrung des Nadogast („Gcrngast") vorfinden, so stand diese Gottheit nächst Swan-tewit, dem „Allwaltcnden", auch bei den heidnischen Mährcrn in hoher Verehrung und Opferfener loderten ihr zu Ehren ans dem höchsten Gipfel des Berges empor. Das Bild des Gottes, das in dem Tempel auf dem RadhoZt stand, soll in Menschcngrößc nnd aus lautcrem Golde verfertigt gewesen sein und trug eiue Krone auf dem Haupte, anf welcher ein Vogel mit ausgespreizten Flügeln faß-, die Brust war mit eiucm schwarzen Stierkopf geschmückt, auf welchem die rechte Hand des Götzen ruhte, während die linke einen Spieß hielt, woran nach vorne ein Beil nnd rückwärts zwei scharfe Sacken befestigt waren. Als der großmährische Fürst Nastislav die ersten christlichen Glanbens-boten ili fein Land gerufen, musste der gewaltige Slavengott gar bald von seinem hohen Sitze weichen nnd die Stätte, wo sein glänzender Tempel gestanden, wnrdc den Verkündcrn des Evangeliums geweiht. Noch heute ragt auf der höchsten Kuppe des NadhoZt ein steinernes Kreuz empor, zu dem alljährlich am Tage der Verklärung Christi (6. Angust) Schm-en von Andächtigen aus der Umgebung hinaupilgcru. Doch hat sich die Erinnerung an jene Heidenzeit noch in manchem abergläubischeu Brauch, der unter der wallachischcn Bevölkerung dieser Gegend heimisch ist, erhalten. So lodern »och jetzt zur Seit des Sommer-Souucnweudfestcs, am Vorabende des Johannistages (24. Inni), zahlreiche Feuer am Gipfel des Nadho^t anf, damit die reifende Frucht vor Schaden bewahrt und der Schwärm der Herm, die Menfchcn und Vieh verzaubern, verscheucht werde. — Fcruer wird noch jetzt das eigenthümliche Fest der Marena, welchen Namen einst die Göttin der Jagd bei den heidnischen Slaven geführt, begangen. Am Palmsonntag stopfen sich nämlich die wallachischen Mädchen clncs jeden Dorfes einen weiblichen Popanz aus, den sie mit bunten Bändern behängen nnd anf einer Stange dnrchs Dorf auf eine freie Anhöhe hinauf tragen, wodei sie immer- ,,Hs u^K Iiello! mä mi I«, Nar«uo" singen. Ihnen kommt dann die männliche Ingend des Ortes nach, welche die >l«r«nn. genannte Puppe verspottet nnd mit Koth nnd Stciucu bewirft. Da die Mädchen sich zur Wehre setzen, so entspinnt sich zum Scherze ein Kampf, der damit endigt, dass man sich gegenseitig mit Branntwein nnd gerösteten Erbsen bewirtet. Dies seltsame Spiel mag wohl noch der leise Nachhall eines hciduischcu Festes sein. Doch kehren wir jetzt, nachdem uns so lange die Fittige der Vergangenheit umrauscht, wieder zur Gcgcuwart zurück und mischen wir uns nntcr dies einfache Hirtenvolk, welches diese schönen Bergthäler bewohnt, so werden wir die Wallachen, spartanisch abgehärtet uud bedürfnislos wie sie sind, als echte Söhne der Berge kennen lernen. Die Wallachen, 127 Nach dcn Forschungen des slavischen Sprachgelehrtcn Mraniak bedeutet das Wort Wallach so viel als Hirte; so würde also schon die Benennung des Volksstammes dessen Hauptbeschäftignng bezeichnen, denn sie sind großentheils Schafhirten, der Ackerban ist wenig erträglich nnd die Weberei, vor der Einführung des Vaumwollgarns in und um RoXnau ziemlich lebhaft betrieben, ist jetzt fast ausgestorben. Der Wallache ist im allgemeinen schön und kräftig gebaut, mit Gliedern wie Stahl, ein Kind der wilden Natur. Die Tracht der Wallachen nähert sich der ungarischen; die Füße stecken in Schnür- oder Tuchstiefeln, den Csismen; hie uud da trägt der Wallache auch eine Art Bundschuhe von grobem, weißen Tuche (Hunja) mit einem Stück Rossledcr als Sohle, die mit Niem-chen zusammengezogen und aufgeschnürt werden; diese Schuhe, die denen der Landbewohner Untcritalieus ähneln, heißen Krbce. Die enganliegenden Beinkleider aus grobem Tuche werden durch eiueu um den Leib geschlungenen Riemen festgehalten; der grüne, branne oder wcißgrane kragenlose Rock, der mit rothen Aufschlägen und überdies vorne mit vielen Knöpfen und Zieraten versehen ist, lässt den sonngebräunten Nacken und die breite braune Brust frei; die Kopfbedeckung besteht meistens aus einem Hute mit breiter Krampe, der bei den ledigen Burschen noch mit einer langen Feder geschmückt ist. Die Wallachinnen tragen einen faltenreichen, schwarzglänzendcn, steifen Rock-(Kafanka genannt), ein kurzes, enges, bis au die Brust reichendes Unterhemd, Rubaö geheißen, das wieder von einem feinen leichten Oberhemdchen, Nubavcc, bedeckt wird, darüber wird ein enges violettes oder rothes Jäckchen getragen. Das Kopfhaar flechten die Mädchen in einen einzigen Zopf, dessen Ende mit rothen Bändern geziert ist, indes die Frauen eine Art Haube zu tragen pflegen. Die meist klein und zierlich geformten Füße bekleiden sie entweder mit Tnchsticfeln oder anch gleich den Männern mit den sogenannten Krbce. Außerordentlich viel halten die Wal-lachinncn ans schöne, reichgesticktc und blendendweiße Wäsche. Nicht leicht ist ein Bolksstamm so genügsam nnd so außerordentlich abgehärtet in der Ertragung von Strapazen und Entbehrnngcn als der wallachischc. Vcsuchcu wir einmal eine Passeke (Sennwirtschaft) im Gebirge. VuMN'llcht der Wallachen. 128 Dic Älirpnthenlnndschnitcn nud ihre Bewohne, Nngemeiu armselig ist die Hütte (Koliba), uni welche herum die aus Ruthen und Reisig geflochtene Hürde für die Schafe (Kossar) angebracht ist. Hier haust der Ba^a, Schafmeister, mit den Ovc'akeu, Hirtm, welche die Herde auf die Bcrgwcide (Salasche), die oft fehr weit von der Koliba cutfcrnt liegt, treiben. Gestalt und Anzug des wetterharten, ehrwürdig aussehenden Va5a, der anch die Mölke und deu -Käse bereitet, passen zu der ganzen Umgebung. Das hagere Gesicht, sowie die bloßen nervigen Arme uud die uacktc Brust find von der Sonne gebrannt, das schlichte lange Haar ist hinter die Ohren zurückgelegt nud meist steckt ein kurzes Pfeifchen zwischen deu Zähnen. Sind nnn die Schafe von den Ovöaken abgemolken, so beginnt die Arbeit des BaLa. Die gewonnene Schafmilch wird theils zu Käse verarbeitet, theils kommt sie, nachdem sie durch eine grobe Leinwand (Hnndarka) durchgeseiht worden war, in den kupfernen Kessel, der mittelst eines Ringes über dem Feuer befestigt ist; fängt die Milch geliudc zn kochen an, so wird der Nahm aufs neue abgeschöpft und die klare Schafmolke (Zini-ica) bleibt zurück. Ist die Mölke bereitet, fo bläst der Schafmeister auf seinem langen Rohre angenehme Weisen nnd verkündet dadurch allen, die das warme Getränk für ihre Molkcncurgäste zu holen berufen sind, dass es sich auf den Weg zu machen gelte. Weib uud Kind dessen, der da hoch oben in der Sennhüte wohnt, bleiben natürlich den Sommer über im Thalc, oft aber wird die Höhe erklettert uud der Koliba ein Besuch abgestattet; wie jubeln da die Kinder dem Vater zu und wie wohl schmeckt allen das einfache Mahl, wenn der Baöa groben Heiden in den Nahm hineinmischt uud zu diefer Licblingsspcise der Wallachen aus dem kleinen, schmnckcn, hölzernen Trinkgefäßc frische Vuttermilch herumreicht; wenn er gar Kartoffeln mit Salz vorsetzen kann, so ist das fast ein Fest für die Familie. Zum Nachtisch wird dann das mitgenommene Brot in kleine Stückchen zertheilt uud dazu doppelt so viel Hrudka (ungesalzener frischer Schafkäse) verzehrt. So eintönig nnd entbehrungsreich das Leben anf den Salaschcn ist, so jubelt doch alles iu den Dörfern, wcun der Schnee auf den Kuppen der Karpathen fchmilzt und Triften und Halden sich mit jungem, frischem Grün überziehen. Jeder Zug, der zur Bergweidc hinansteigt, wird von jubelnden Knaben und singenden Mädchen, sowie von allen Anverwandten des Pächters der Salasche begleitet und fröhliches Leben herrscht bis tief in die Nacht in den Thälern und auf den Höhen. Gewöhnlich erfolgt der Aufstieg um die Mitte Mai und die Schafe bleiben etwa 18 bis 20 Wochen auf der Weide. Bei dieser harten und einfachen Lebensweise ist dennoch der Wallache von fröhlicher Gemüthsart und nngemcin sangliebcnd. Wie alle Bergvölker sind auch die Slaven in den Karpathen sehr fromm uud mancher seltsame abergläubische Brauch findet sich bei ihnen vor. An Kirchweihfestcn und Hoch- Vlllksgebräiichc der Wallachen. 129 zelten herrscht l>ci den Wallachen manche seit Alters überlieferte Sitte; aber anch an den letzten Tag des Faschings (Koni-ini) knüpft sich uiel eigenthümlicher Aberglaube. So wird am Faschingsdicnstag vor Mitternacht die große Bassgcige (Barbora genannt) von den Musikanten nnter allerlei lächerlichen Ceremonien begraben. Wie hoch das Mädchen am letzten Fasching springt, so hoch wird der Flachs wachsen. Im Fasching tanzt hinter jedem Paare ein Paar von Tenfcln; wer von einem Sarge ein Brett nimmt nnd durch das Astloch desselben schaut, kann dies sehen. Im Fasching wird auch nicht gesponnen; das Gespinnst an diesen Tagen würde sich abscheulich verwickeln u. s. w. Auch eiu eigcuthümliches Schnitterfest, Pobaba, besteht bei den Wallachen, wenn sich Lente ans dem Dorfe bei einem Grnndbesitzcr zum Mähen der Wiese oder zum Schneiden der Frncht verdingen. Die Arbeiter erhalten keinen Lohn, aber der Hanswirt mnft sie mit Mnsit vom Felde holen lassen und ihnen ein reichliches Abendmahl vorsetzen, bei welchem die Hausfrau vor jeden Arbeiter einen Knchen hinlegt, während der Wirt jedem ein Gläschen Branntwein gibt. Ein Tänzchen beschließt gewöhnlich das gemeinschaftliche Mahl. Von dem schalkhaften Frohsinn und dem regsamen Oennithsleben des wallachischen Volksstammes geben auch die vielen Lieder, die man bei demselben antrifft und von denen wir zwei in der Übersetzung von Professor Maniak mittheilen wollen, beredtes Zeugnis: 1. Am Teich, im grünen Rohr Wäscht emsig sein Gefieder Ein Gänschen, bald empor Es schaut, bald nieder. „Anf, Jäger, lade Schrot Und stell' dich an den Nand Und schick' ins Herz den Tod Der Gans mit sich'rcr Hand!" Ich thu' ihr nichts zn Leide! Der Vogel ist mir wert; Am Hals die rothe Seide Verräth, wen, er gehört. Dies Band hat meine Käthe Dem Liebling nmgebnnden, Als ich der holden Käthe Den ersten Knss entwnndcn. Anf glatten Wellen schlüpfe Ich lieber hin vom Ncmd Im leichten Kahn und knüpfe Ihr los das schöne Band. Wird sie dann schnatternd waten Zum offnen Thor hiuci», Soll Käthe ahnend rathen Und — sich des Dicbstahls frcu'n. 2. Die zarten Hände rang Rosine an dem Bach, Der wild noriibcr drang, Und sah ihm jammernd nach. Entzückt am Hochaltäre Schon stand die schöne Braut, Jetzt, mit zerrauftem Haare, Klagt sie am Ufer lant: 9 130 Die ,^nrpllthcnlandjchllftcn und ihr«: ÄcwolMr, „Ach Welle, falsche Welle, Tic mir den Vräntigam, Vntstiirzend schwarzer Hölle, Vom treuen Herzen nahm! Ach Welle, hab' Erbarmen, Gib mir zurück den Knaben, Den dn in deinen Armen So tückisch hast begraben!" Sie stürzte flehend nieder Auf ihre Knie am Nandc. Die Welle gab ihn wieder: Er lag — entseelt im Sande. Mag uns noch der Gruß dieser sinnigen Lieder umkliugeu, wenn wir zetzt das liebliche Thal uon Ro^uau verlassen, um andere Orte der Karpathcnlandschaften zu besuchen. Vor allem sind es noch zwei Curplätzc, die zu etwas längerem Verweilen einladen: Bisttitz, gleich No^nau durch seine heilkräftige Mölke bekannt und ebenso wie dieses am Fuße eines sagcn-berühmteu Berges, des Hostein, gelegen, sowie die Triuk-, Bade- und M o lken cn ran stalt 3 n hats ch o Witz. Zuvor jedoch fesselt noch ein altes Städtchen, an der Rusawa (einem Nebenflüsse der March) gelegen, welches in der Geschichte des Landes keine unbedeutende Rolle gespielt hat, unsere Aufmerksamkeit. Es ist dies Holle fch au, berühmt durch gelehrte Theologen, wie Martin und Johann von Holleschau, letzterer Prior des Stiftes Naigeru uud heftigster Gegner Husscns. In Hollcschau wirkte auch als Pfarrer jeuer Johann Sarkauder (1859 selig gesprochen), der, als Märtyrer seines Glaubens, während des mährischen Aufstaudes des Landesverrathes beschuldigt wurde und zu Olmütz au den Folterqualen starb (1619). Thomas Sturm, ein geachteter Bildhauer des vorigen Jahrhunderts, die beiden Historienmaler Chambrez, Vater und Sohn, der Musikschriftsteller Nafael Georg Kiesewcttcr gehören ebenfalls Holleschau an. Nordöstlich von Holleschau liegt der Curort Vistritz am Hosteiu mit einem großartigen Schlossgebäudc, welches in den Jahren 17<»5 bis 1768 in edel einfachem Stile erbaut worden ist, uud einem prachtvollen, weit ausgedehnten Parke, der dasselbe umgibt. Das eigentliche Wahrzeichen des Ortes aber ist der, eine kleine halbe Stunde südöstlich gelegene, etwa 732'" hohe Hosteiu, den die Legende des Volkes mit dem Epheugcwinde unvergänglicher Ermnerungeu geschmückt hat. Schon in der Heidenzcit hat der Berg, der dem Slauengotte Hostiu, dem Gastlichen, geweiht war, eine ähnliche Vedeutnng gehabt, wie der nngleich majestätischere RadhoZt. Die Benennung des Berges reicht demnach in die früheste Vorzeit zurück und schou in einer Urkunde Bretislaw's I. vom Jahre 1030 finden wir des Berges unter dem Namen „Gospina" erwähnt. Von dem Glorienscheine nationaler Tradition jedoch wurde sciu Scheitel erst umstrahlt, als die Mougoleu verwüstend in das Land eingebrochen waren und ein kleines Häuflein gläubiger Christen sich auf den Gipfel des Berges geflüchtet und uuter den Schutz der Gottesmutter begeben hatte, HoMii. 131 der schon damals ein kleines Kirchlein auf der Höhe des Verges geheiligt war. In der Nacht verschanzten nnd umwallten sich die Christen so gnt sie es vermochten nnd mit dem granendcn Morgen schlugen sie bis zur sinkenden Sonne alle Stürme nnd Angriffe der Heiden zurück. Doch ihr tapferer Führer Wueslaw fiel im Kampfe, nnd des nächsten Tages begannen zwar die wilden Horden den Sturm nicht sofort, aber unsäglicher Durst peinigte die ermatteten und vom heißeis Kampfe todeömndcn Christen, denn infolge der andauernden Hitze war die Qnclle, die sonst einer Felseusvalte des Berges entrieseltc, vertrocknet. Schon räth einer ans der Christcnschar, Wcston mit Namen, zur Ergebung, doch Wratislaw, ein auderer Tapferer, verweist ihm die muthlose Rede uud führt die Schar zur Kapelle der heiligen Jungfrau, um Hilfe und Rettung zn erflehen. Da steigt ein schwaches Wölkchen am Horizonte auf, das bald zn dunklem, den ganzen Himmel überziehendem Gewölle wird- gräuliche Blitze zucken ins Lager der Feiude nieder und erquickender Regen strömt herab; die versiegte Bcrgquclle füllt sich aufs ucne uud stärkt die verschmachtenden Helden. Heiße Dankgebete, der Gottesmutter dargebracht, steigen znm Himmel empor nnd nen gestärkt nimmt die Christcnschar mit frischem Muthe den Kampf auf und nöthigt die Mongolen znm Rückzüge. Die asiatischen Horden überschwemmen die Frucht-gefilde der March, bis sie vor den Manern von Olmntz das Verhängnis ereilt. So die geschichtliche Legende, wie sie sich tren in der Erzählung des Volkes crhaltm hat. Noch jetzt misst mau dem Vrnnulein, welches unterhalb der Kirche aus einem Felsspalt hervorbricht, heileudc Kraft iu vielen Krankheiten zu. Die wnndcrbare Errettung der Christen wnrdc der besonderen Hilfe der Himmelskönigin zugeschrieben, nnd das Kirchlein auf dem Berge wurde seit diesen Seiten von ungezählten Scharen andächtiger Waller anfgesncht, welche hier ihre frommen Gebete zum Throne der Gottesmnttcr, die einst vor mehr als sechshundert Jahren so wuuocrthätige Hilfe gespendet, cmporschicken. Die Wallfahrtskirche wurde im Jahre 1748 dnrch den Grafen Ludwig vou Nottal prachtvoll restauriert, doch bald darauf durch eiuen Blitzstrahl in Brand gesteckt, fo dafs nur mehr eine Knppel unversehrt blieb und die Kirche, an deren rückwärtiger Wand das Guadeubild gemalt ist, gegenwärtig das Bild langsamen Verfalles darbietet. Doch fast möchte man auf diesen dnrch so uralte Traditionen geheiligten Platz anf der waldumkränzten Höhe des Hosteiner Berges die Worte des Dichters von dem Kirchlcin im Walde deuten: „Und würd' es mit den Jahren Auch ganz in Trümmer geh'u, Der Geist der Andacht würde Noch um die Trümmer wch'n. 9* 132 Die Kciryathculcmdschasten »nd ihre Vrwohuer. Und überwüchs' auch Nasen Die Trümmer, Schutt und Sand, So sagte jedes Gräschen, Dass hier ein Kirchlein stand." Von der Kuppe des Hostein genießt man eine prächtige Fernsicht über einen großen Theil des Landes. Von dem Spicglitzer Schnecberg bis zu dem Kranze der Polauer Berge im Südeu, vom Alttitscheiner Bergkegel im Nordostcn bis zu dem Spielberg bei Brunn liegt nahezu ein Drittel des mährischen Landes vor den Blicken des Beschauers ausgebreitet. Unsere Wanderungen durch die mährischen Karpathen führen uns jetzt nach Süden, wo au einem anderen linksseitigen Nebenflusse der March, der OlZawa, der Ort Uug arisch-Brod liegt, desseu Geschichte von zwei hcldeumüthigeu Vertheidigungen gegen die räuberischen Ungarn-Einfälle durch die Bürger der Stadt erzählt. Unweit oavou, nud vou der nächsten Eisenbahnstation Uugarisch-Hradisch etwa 3^ Meilen entfernt, liegt in einem aumuthigeu Thalc das Dorf Luh ätsch owitz und beiläufig eine Viertelstunde von demselben entfernt, zwischen zwei Bergen, der großen und der kleiucn Kamena, eingeschlossen, der Curort gleichen Namens. Wohlgepflegte Alleen, deren mächtige Banmkronen crquickeu-dcn Schatten spenden, führen vom Dorfe dorthin und schon ans der Ferne winken dem Besucher die freundlichen Villen entgegen, die sich in der Nähe der stattlichen uud trefflich eingerichteten Curgebäude befinden. In weiterer Eutfernnng dehnt sich der herrschaftliche Park bis zu deu mit schö'ueu Bucheu-, Eichen- und Birkenwäldern bepflanzten Bergen aus, deren kräuterreiche Trifteu eiue freundliche Augenweide darbieten. Der besondereu Sorgfalt der gräflich Serenyi'schen Besitzer hat der Curort deu stetigen Auf-schwuug, den er vorzüglich in neuester Seit geuommen, zn danken. Seine Mineralquellen haben einen ausgezeichnete!! uud weitverbreitete:: Nuf. Als Badecur gebraucht, verändert das Lnhatschowitzer Wasser den gesammteu Vegetaticmsproccss des menschlichen Körpers und wird erfolgreich gegen chronische Krankheiten gebraucht. Weit über die Grenzen Mährens wird dieses heilkräftige Wasser in mehr als ein uud einhalbhuudcrtauscnd wohlvcrkorkteu und versiegelten Flaschen überallhin versendet uud bildet, namentlich mit österreichischen Landwcinen vermischt, einen moussierenden, angenehm säuerlichen uud auflösend wirkenden Kühltrank, der in der heißen Iahres;cit doppelt erfrischend ist. Das L uh ätsch o witz er Wasser ist ein alkalisch salziger, eisenhaltiger Säuerling, welchem etwas Jod, Brom uud Flussspat beigemischt ist, es besitzt durchgeheuds zu allen Jahreszeiten eine Temperatur vou 10—11 Grad t^. — Vou deu Luhatschowitzer Miucralauelleu, von denen der vaterländische Naturforscher Ioh. Neu. Graf Mittrowsky im Jahre 1788 fünfzehn uutcr- Badeort Luhatschowch. 1ZI sucht und beschrieben hat, stehen gegenwärtig sechs wegen ihres besonders reichlichen Gehaltes an Salzen und Kohlensäure im Trink- und Badegebranchc. Am angenehmsten schmeckt das Wasser >der Vinccnti- nnd Iohanms quelle; an diesen beiden Brunnen, deren erster mit einem säulengetragenen Dache überdeckt ist und mit der geschmackvoll eingerichteten Wandclbahn in unmittelbarer Verbindung steht, sind Schöpfcimerchen angebracht, mit dmen die Curgäste ihre Gläser füllen. Mit der erstgenannten Quelle ist auch eine großartige Füll- und Vorrathskammer der zur Versendung bestimmten Flaschen verbunden. Der sogenannte „Sprudel" uud der „Pumpbrunnm", welch letzterer der tiefste nnd wasserreichste nnter allen Brunnen des Badeortes ist, dienen zum Badegebrauchc, aus ihnen wird das Mineralwasser mittelst Röhrenlcitungen dem Kcssclhanse und den comfortabcl nnd bequem ausgestatteten Badecabinen zugeführt. Die Dauer eines Bades, welches gewöhnlich vor- und nachmittags genommen wird, ist eine Glockenstnndc; auch wird früh morgeus an die Cnrgäste ausgezeichnete frische Molle verabreicht. Lnhatschowitz vereinigt alle Annehmlichkeiten eines fashionablercn uud anmnthig gelegenen Cnrplatzes in sich; bedeckte Wandelbahncn sür die unfreundlichen Tage der Saison, anmuthige Spazicrgänge in den kieöbcstreuten Gängen des schönen Cnrparkes, wo Vlnnienbcete, Wiesen und Waldesdickicht angenehm abwechseln, nnd vor allem die lohnenden Ansflügc auf die Verge der Umgebung bieten nicht bloß den Hcilbedürftigcn, sondern auch deu voller Gesundheit sich erfrcncnden Vesnchcrn dieses reizenden Thales ebensovirlc Gelegenheit zn anregender geselliger Unterhaltung, wie zu beschaulich stillem Natnrgennsse. Dabei ist es ein besonderer Vorzug dieses Curortes, dass alle dem Cur-gcbranche, wie den Freuden der Geselligkeit gewidmeten Etablissements sich dicht nebeneinander vorfinden. Rechnet man noch hinzu, dass anch die leibliche Pflege der Curgästc iu den verschiedenen Restaurants in vorzüglicher Weise besorgt wird, dass dnrch den offenen Markt, der während der Badesaison hier herrscht, die mannigfaltigsten Handelsobjecte von dem gewöhnlichsten Gebrauchsartikel bis zu dem feinsten Luxusgegeustande hier zum Verkaufe feilgeboten werden, so darf man wohl sagen, dass Luhatschowitz nicht nur seiner glückliche« Lage uud der Heilkraft seiner Wässer halber, sondern anch wegen der Annehmlichkeiten einer wohlgeordneten nnd bequemen Lebensweise, die hier der Erholung und Gcucsuug bedürftige Badegäste fiuden, unter den Curorten Mährens eiuen vorzüglichen Rang einnimmt. Was die Geschichte der Luhatschowitzcr Gesundbrunnen betrifft, so wird wohl, lange bevor die Menschen von den Spenden der wohlthätigen Qnellnymphc Nutzen gezogen haben, der Instinct die Thiere an das salzige Nasser gelockt haben, welches dem Wilde, namentlich den Wildtauben, Hasen u. s. w. wie auch den Hausthiereu köstlich mundet. In frühester Zeit schon stand auf dem unweit von Luhatschowitz entfernten Berge Hrad ein Ritterschloss, das freilich bald verfiel; im Jahre 1049 legte der Ungarnkönig 134 Die KcirMhenlandschllfto» u»d ih^e Aewuhner. Andreas die später uou den mährischen Herzogen Otto und Konrad stark befestigte Stadt und GrcnzFeste UngarischBrod an, die etwa ein und eine halbe Stnnde vom Badeorte entfernt liegt. Der Balncograph Thomas Jordan von Klansenburg, der etwa mn das Jahr 1585 eine ausführliche Beschreibung mährischer Badeorte geliefert hat, erwähnt unseres Ortes noch nicht; es ist also mehr als wahrscheinlich, dass der Gebranch seiner Mineralwässer nicht bis in diese Zeit zurückgeführt Werden darf; damals hieß das Wasser im Munde der Landbewohner 8ll>i>«, nockl (Salzwasscr) und wurde statt Salz und Hefe zum Vrotbackcn und zum Kochen von Mehlklößen verweudet. — Erst iu späterer Zeit, als die Lnhatschowitzcr Herrschaft in den Besitz der Gräflich Scrcnyi'schen Familie übergieng, wnrde, wie wir schon oben erwähnt, die Heilkraft seiner Quellen immer mehr erkannt uud gewürdigt und eine Neihe dem Wohlc und Comfort der stets wachsenden Zahl von Vesnchcrn dienender Anstalten trugen zur glänzenden Entfaltimg des Curplatzcs das Ihrige bei. Uud so mögen wir wohl, au den Aufenthalt in diesem, dnrch Natnr und Kunst geschmückten Badeort zurückdenkend, in welchem die von der Klughcitsschlauge umzüngelte holde Göttin Hygieia aus goldener Schale den Trunk verjüngender Genesung reicht, mit dem Dichter, den der Liebreiz des Thales uud der Quelle belebende Heilkraft begeisterte, ausrufeu: „Zieh hm, o Kranker! wenn zu Gottes Geist Ein recht Vertraneu du vermagst zu hrgen, Dass dem Gewässer, über dem er kreist, Dir frisch cutl'lühe der Genesung Segen; Uud Wunderkräfte sprudelt dir der Vorn, Von jungem ^eben fühlst dn dich dnrchflosscn, Tort wo Nlitur des Überflusses Horn Mit so verschwenderischer Hand vergossen." Unweit von Uugarisch-Vrod und dem eben beschriebenen Curorte Lnha-tscholvitz, abseits vom Schiencnstrange der Nordbahn liegt an einem kleinen Flüsschcn, das in die OlZawa mündet, ein unbedentcndcr Marktflecken, auf deir aber insoferne ein Schimmer geschichtlichen Glanzes fällt, da er der Geburtsort eines weitbcrühmten Mährcrs war. Es ist der kleine Ort Niwnitz, in dem am 2^. März 15^2 Johann Amos Comenius das Licht der Welt erblickte'). Sein Vater Martin, Müller seines Gewerbes, stammte ans dem Flecken Komnia, weshalb er sich Komensky nannte. Schon in dein Geschichtsbilde haben wir mit wenigen Worten die Bedcntnng dieses edeldenkendcn l Neueren Forschungen zufolge soll Comeuius aus Ungarisch-Brod stammen; freilich ist es nicht ausschlaggebend, dass er sich selbst nach der dem Heimatsorte zunächst gelegenen größeren Stadt: lluuodroäuiisilj nennt. Iohannn Nmos Vomenius. 135 Menschenfreundes hervorgehoben, wir wollen nun nut einigen Strichen das an Kämpfen und Stürmen reiche Lebensbild vervollständigen. Nachdem Johann Amos, dessen Eltern der Sectc der mährifchen Brüder angehörten, die Lateinschule absolviert hatte, besuchte er, von ungestümem Wissensdrange getrieben, die protestantische Hochschule von Herborn im Nassanischcn nnd die Heidelberger Universität. Doch eben so groß als sein Dnrst nach Wissen, war sein Drang, Länder nnd Menschen kennen zn lernen und ein großes Stück der schönen Gottcserdc selbst zn besehen. Er machte weite und ausgedehnte Nciscn, die ihn auch nach Italien führten, doch finden wir ihn bald daranf in Amsterdam, wo er einige Zeit verweilte, ohne damals ahnen zu können, dass hier auch dereiust sein müder Lebenslanf sich zn Ende neigen werde. Nach Heidelberg zurückgekehrt, verfiel er in eine schwere Krankheit, die ihn in eine solche drückende Noth läge versetzte, dass er die Reise über Prag zu Fuß, uud fast uur von milder Gastlichkeit lebend, znrücklegen musste. In Mähren nahn: sich des hoch-strebendcn Jünglings der edle Landeshauptmann Karl von /erotin an; bald ward er znr Leitung der Prerauer Brüdcrschulc berufen, der er zwei Jahre vorstand, wodurch er zuerst ciucu tiefen Einblick in das Untcrrichtswcsen gewann nnd den Grnnd zu seiner so übcrans ersprießlichen pädagogischen Wirksamkeit legte. Zum Priester geweiht, ward er als Prediger in ssulnck angestellt: als die Wirreu des :;<»iährigeu Krieges über seiu Heimatland hereinbrachen und ihn zur heimlichen Flucht ans dem Lande nöthigten, nachdem anch das Asyl, welches sein hochherziger Schützer ihm für einige Zeit anf seinen Burgen angeboten, immer unsicherer und gefahrvoller zu werden drohte. Anf der mit unsäglichen Mühen und Strapazen uerbuudcncn Flucht nach Brandcis in Böhmen verlor Co-menius seine Frau uud zwei Kinder. Doch sein Aufenthalt bei der Brüdergemeinde in Brandcis dnrftc nicht lange währen. Er begab sich dann nach Polen und fand bei dem Grafen Nafacl von Lissa gastfreundliche Anfuahme. Er versah das Amt eines Seniors der dortigen Gemeinde uud fand endlich die lang entbehrte Muße zu litcrarifcher Thätigkeit, die hauptsächlich der Verbesserung des Erzichnngswesens gewidmet war. Seine Welt in Bildern, ordil? plows, bedeutet eine rcformatorische That auf dem Gebiete der Iugcndbildung. Johann Amoö Ciniiculiis. 136 Die Knr^nlhcnlandschafteii u»d ihre Vewllhoer. Bald finden wir Comcuius wieder auf der Wanderung. Der Nuf seiner Gelehrsamkeit und seiner Erzichuugskunst verbreitete sich über halb Europa. Das englische Parlament lud ihn ein, nach London zu kommen, doch der irische Aufstand, der damals gerade ausgcbrochen war, machte die Unterhandlungen scheitern. Comenms nahm die Einladung des reichen niederländischen Kaufmanns Ludwig van Geer, der sich iu Norköping nieder-gclasseu hatte, zu einer Ncise uach Schweden au, uud Orenstierna stellte an den berühmten Gelehrten die ehrende Anfforderung, die schwedischen Schulen nach seinen Grundsätzen zu reorganisieren. Aus seiner rastlosen Thätigkeit, der er sich zu Elbing in Preußen, wo er sich niedergelassen hatte, um ungestörter seinen didaktischen Studien leben zu können, hingegeben hatte, riss ihn die neuerliche Bernfnng nach Lissa, wo ihn die Gemeinde zu ihrem Bischöfe wählte (1648). In einem auszeichnenden Schreiben berief ihn Fürst Rakoczi auf seine Güter uach Ungarn; uach vorübergehendem Aufenthalte in diesem Lande kehrte er wieder auf seinen Bischofssitz in Lissa zurück. Der schwedisch-Polnische Krieg, der damals ausgebrochcn war, beraubte ihn uicht nur aller seiner mühsam erworbenen Habe, sondern stieß auch den 65jährigen Greis aufs ueue aus dem Lande, welches seine zweite Heimat geworden, in das Elend einer ungewissen Zukunft hinans. Der Amsterdamer Kaufherr, Lorenz van Geer, der Sohn semes einstigen Gönners, nahm sich des hochbetagtcn, heimatlosen Gelehrten an. Comenius blieb bis zu seinem Ende ein hilfreicher Wohlthäter seiner zersprengten Gemeinde und starb, nachdem er in der letzteren Zeit mit der Herausgabe seiner sämmtlichen didaktischen Schriften beschäftigt war, in dem hohen Alter von 7!) Jahren am 15. November 1671 zu Amsterdam, woselbst er bis an sein Ende die Gastfreundschaft seines edlen Beschützers genossen hatte, ohne dass es ihm vergönnt gewesen wäre, noch einmal sein geliebtes Heimatsland zu betreten. Kein Wunder, dass am Abende eines so vielbcwcgtcn, an Leiden und Sorgen so reichen Lebens in das Wesen des einst so thatenfrcudigen Mannes sich ein Zug grübelnder Mystik uud frömmelnder Asccse gemischt hat. Noch über seinem Grabe, das sich zu Narben befindet, hat der Streit der Parteien und das Gezänk seiner Verfolger nicht geruht. Lauge blieb der Name des zu seiner Zeit ebenso gefeierten als angefeindeten Iugeud- uud Mcnschcufreuudcs verschollen und vergessen, nnd erst der ueucrcu Zeit blieb es vorbehaltcu, das Audenken an diescu Reformator der Pädagogik wieder in seinem alten Glänze aufleuchten zu lasscu. Im Jahre 1874 ist ihm in Prerau ein Denkmal errichtet worden. Auf uuseren Strcifzügcn durch die mährischen Karpathen sind wir bereits zur Südostgrcuze des Laudcs gelangt, die häufig von kriegerischen Einfällen der benachbarteu Ungarn heimgesucht worden war. Wir haben schon der einst so wichtigen Grcnzfcstung Ungarisch-Brod (Brod bedeutet soviel als Furth) Erwähnung gethan, die zum letztenmale von Emerich Tököly Das MarscMlge und dic Polaucr Vcvssü. 137 im Jahre 1683 erobert worden war. Wir besuchen noch das Feld in der Nähe des Dorfes Hlnk, wo einst Wladislaw von Böhmen nnd Stephan von Ungarn mit zahlreichen Gewappneten zusammen kamen, nnd aus rauschenden Festen sich ein blutiger Kamps entspann, in dem die Ungarn znerst siegreich waren, bis die Herzoge Sobieslaw von Brunn und Otto von Olmütz den fliehenden Böhmen zn Hilfe kamen und, die Zelte der Ungarn überrumpelnd, als König Stephan mit seinen Oroßen im freudigen Siegesräusche gerade tafelte, den Feind bis an die Waag znrück trieben, deren Wogen sich von dem Blute der erschlagenen Magyaren rötheten. iZ. VaF MarFgclnrssc und die Polauer Bcrgc. (Das Marsgebirae. — Schloss Buchlau. — Graf Bcrchtold von Buchlan. — Ausflug in die Polaucr Berge. — Tnc Maydeubura. — Ruine Roscnstein. — Nikols-bur^: Lage und Geschichte. — Josef von Sonnenfrls,) Wir kehren nochmals auf uuscreu Wanderungen durch das mährische Land zur Thalfnrche der March zurück, deren gesegnetes Becken wir von Olmütz aus durchstreift hatten. Dort, wo bei Navajedel die Ausläufer der Karpathen hart an den Fluss herantreten, wird derselbe auf der anderen Seite durch ein Gebirge eingeengt, das, wie wir schon im allgemeinen geographischen Bilde angedeutet, in mancher Beziehung mit dem Karpathen-systcmc verwandt ist; und so enge ist der Marchdnrchbruch bei Napajedcl, dass diese Stelle wirklich eher als gewaltsame Trennuug einer früher bestandenen Verbindung der beiden Gebirge, denn als natürliche Bodensenke angesehen werden muss. Wir bcfiudm nns, wenn wir die March überschreiten, auf den Höhen des Marsgebirges, welches ein Verbindungsglied zwischen den Karpathen nnd dem böhmisch-mährischcu Hochplateau, mit dem es durch einen niederen Rücken zwischen Wischau nnd Rausnitz zusammenhängt, bildet. Der waldreiche Nucken des Marsgebirges, der, von Nordwesteu steil ansteigend, sich gegen das Flussthal der Schwarzawa ziemlich sauft abdacht und nach Süden zur Thaya hin in niedere wellige Hügel auflöst, weist schon durch feinen Namen weit zurück in die heidnische Vorzeit der slavischen Anwohner unseres Landes, denn seine dichten, undurchdriuglichen Wälder mögen vor allem als das geheiligte Revier gegolten haben, in welchem die Iagdgöttin MorLena mit ihren Dienerinnen am edlen Weidwerk sich cr-lnstigtc. Auf der Höhe des Modla- oder Götzeuberges bei Buchlau soll ihr Tempel gestanden haben und ihm gegenüber am Schlossbergc erhob sich inmitten wildreicher Forste, wie die Sage erzählt, ein Iagdschloss der groß-mährischen Könige, in der That ein Pnnkt, wie er passender für das glänzende Iagdgefolge eines Fürsten nicht gedacht werden kann. 13A ,Tns I^a^^gübirsse und diü PblaM'l' Ner^ü. Wir befinden uns hicr zugleich auf dcm schönsten Punkte des Mars-gebirgcs, wo von der höchsten Zinne des Bnchlaner Schlossberges der ostwärts gewendete Blick die höchsten Gipfel der weißen Karpathen streift, während von Süden her die in blanem Dnfte schimmernden österreichischen nnd steierischen Gebirge hcrübergrüßcu und gegen Westen das Angc weit über die Hochflächen der mährischen Terrassenlandschaften streicht. Tief unten am Südfußc des Schlossbcrges liegt Welchrad, jetzt ein wenig bedeutender Markt, wo einst die ans dem fernen Osten gekommenen Glaubcnsbotcn das Kreuz gepredigt und die Königsbnrg der großmährischcn Fürsten sich inmitten der volkreichen Hauptstadt erhoben hat. Die Schatten der Vergangenheit senken sich anf den Betrachter herab und Bilder längst entschwundener Pracht aus Mährens Vorzeit ziehen in eiligem Flnge an dem sinnenden Blicke vorbei. Das großartige, noch bewohnte, in Gestalt eines Kreisabschnittes terrassenförmig angelegte, stark ummauerte uud bastionicrtc Schloss Buchlau, welches sich uördlich von dem Orte Buchlowitz erhebt, ist aber auch an und für sich reich an denkwürdigen historischen Erinnerungen. Sein Name erinnert gleichfalls an die Iagdgöttiu, der diefc Gegend geheiligt war, denn das slavische Vuchlow ist aus den Worten: „Gott" nnd „Jagd" zusammengesetzt. 3angc nachdem der Glanz der großmährischcn Könige schon verblichen war, besaßen noch die Vnrggrafen des Jagdschlosses nnd später die Bnrg-hcrren selbst den Borsitz bei dcm Iagdgerichte (loved«: pi-ävs,), welches sogar bis zum Jahre 1748 auf Schlofs Buchlau tagte, und ganz nach der Art der mährischen <^uda, des Voltsgerichtes, aus dcm Vorsitzenden, dem Starost, und 11 Lowccu oder Geschwornen bestand. Anfangs hatte es nur über Forst-, Wein- nnd Jagdfrevel zn urtheilen, später aber wurde jeder Übel-thttter, der im Banne der Bnrg ein Verbrechen begangen hatte, vor dieses Gericht gezogen, welches die gefällten Vlutnrtheile im Schlosse selbst vollziehen ließ. Vou dcm Wartthurm des Schlosses gelangt man dnrch einen Gang, der obenan Gewölbe und Zimmer enthält, über eine duukle, schmale Treppe an dem ehemaligen Gerichtszimmer vorbei in die finsteren Gefängnisse im inneren Hofranmc der Bnrg, wo die Vernrthcilten auf die Vollziehung der Todesstrafe harren mussten. Der Wartthurm heißt vou dcm letzten dort ciu-gckcrkerteu Verbrecher „Anelka". Auf der Schlosstcrrasse staud der Nicht-block, an dem der Ungarisch Hradischer Scharfrichter feines grausigen Amtes waltcu musste, uachdem die zum Todc Bestimmten noch cincn Becher Wein als letzten Labetrnnt empfangen hatten. Noch ist der mächtige Steintisch wohl erhalten, an dem, einer anderen Sitte znfolge, die Verurtheiltcn ihr letztes Hcnkermahl hielten. Noch steht auch hicr cine wunderlich gestaltete Linde, die mit der Krone abwärts in den Boden gepflanzt ist und die belaubten, Schloss Vuchlau. 189 horizontal gestreckten Wurzeln in die Lüfte hebt. Wahrscheinlich aber ist sie eine jener Frauciscauerlinden, wie sie in den Ordeusgärtcn zuweilen gepflanzt zu werden pflegten, um ein breites Laubdach zu erhaltcu; doch die Sage des Volkes schreibt ihr eiu dreihundertjähriges Alter zu uud lässt sie durch ein Gottesgericht entstanden sein. Wolf, der Knappe des grausamen Schlosshcrrn Heinrich von Zastnzl, soll nämlich einst eines schweren Frevels angeklagt und anf den Nichtplatz von Vnchlan geschleppt worden sein. Hoch nnd theuer beschwor der Knappe seine Unschnld uud als letzte Gnade erbat er sich von den Richtern, seine Echuldlosigkeit dnrch ein Gottesurtheil darMhuu. Es ward ihm gewährt; da riss er eiu zartes Liudenbäumchcn ans dem Vodeu und pflanzte es mit der Krone nach abwärts in die Erde. „So wahr dies Stämmchen fortwachsen möge, so wahr sei er unschuldig," rief er aus. Der Vollzug der Strafe wurde aufgeschoben. Der Baum grünte uud gedieh, und Wolf war frei. Der grausame Burgherr aber ward nicht lange darnach an der Schwefelquelle „Smradiatka" (Lcopoldsbad bei Vuchlowitz) todt aufgefunden: von dem Waffenträger mit dem eigenen Degen durchbohrt. Alle Schrecken der Vergangenheit sind jetzt vou der ehemaligen Richtstätte auf der Schlosstcrrassc zu Buchlau gewichen nnd wohlig und behaglich ist es dem Wanderer, wcuu er, an dem mächtigen steiucruen Tische sitzend, beschattet von dem breiten Astgeflcchtc der seltsam gestalteten Linde, heiteren Angcs die Reize der Umgebung überschaut und ans einem der seltsam verschnörkelten Hnmpen, wie sie im Schlosse zn finden, den Labetrunk schlürft. Von diefer historisch denkwürdigen Terrasse gelangt man in die eigentliche Hcrrenburg, welche ans einem dreistöckigen und zwei zweistöckigen Flügeln besteht; der Eiugaug führt durch einen großen Thurm, der die Inschrift trägt: IVl'ti^Innll tnri-i« !!N,N,>11 Dl'mml (der festeste Thnrm ist der Name Gottes). In dem nördlichen Flügel des Schlossgebäudcs, welcher der älteste Theil der Vnrg zn sein scheint nnd durch seine schmalen und winkeligen Formen den mittelalterlichen Vanstil verräth, befindet sich der schöne Rittersaal und der geräumige Bankettsaal. Eine stattliche Collection von Trinkgcfäßen, mächtigen nnd mit beiden Häuden kaum fassbarcn Hörnern, Bechern aus Holz, Glas uud Edelmetall, gibt Zcuguis uou dcu Leistungen der ritterlichen Zecher, die bei dem edlen Rebensäfte hier oft getafelt haben mochten. Unter den mitunter fchr wertvollen und kostbarcu Trinkgefäßcn ist durch knnstreiche Arbeit uud frommen Spruch der sogcuanute Npostelkrng ausgezeichnet. Er ist ans Thon und mit den Bildern der zwölf Apostel geschmückt und führt die Inschrift: „Wer aus mir trinkt zn i>'ber Seit, den segne die heilige Dreifaltigkeit! 1^51." Auch eine Saiumlnug vou altcrthümlichen Kleidnngsstücken, Schnhen nnd sonstigen Toilettestücken der Nitterdamen, sowie eiu Waffenfaal, der Morgen- 140 Taö MarSgebinie und die Polaucr Verge. stcrue, Streitäxte, hussitische Dreschflegel und auch deu Degcu, mit dem Heinrich Zasti-izl erstochen wurde, enthält, werden dem Besucher gezeigt. Wir vcrlasseu dieses Gemach voll starreuder Waffeu und der Geist milden Friedens umweht nns, wenn wir das Studierzimmer und die Bibliothek des edlen Grafen Leopold von Verchtold, des einstigen Besitzers von Buchlau, betreten. Tief ergreift uns die Bedeutung des Dichterwortcs, dass die Stätte, die ein edler Mensch betreten, für alle Zeiten geweiht sei. Hier lebte der als tiefer Denker und edler Menschenfreund gefeierte Graf seinen Büchern und Studien, nachdem er fast die halbe Welt durchzogen hatte, um Menschen-elend aufzusuchen und zu liudern. Er durchreiste dreizehn Jahre Europa, vier Jahre Asicu und Afrika und verbreitete überall unentgeltlich feine auf Menschenrettnng nnd Beseitigung des socialen Elends abzielenden Schriften; in Smyrna besuchte er selbst die Hospitäler, in denen die Pestkranken lagen, nm den Charakter dicfer furchtbaren Krankheit kennen zu lernen und die Mittel dagegen zn erproben. Als die Bewohner des Riescngebirgcs bei der großen Theuerung im Jahre 1805 unsägliche Noth litten, bereiste er selbst die meisten Städte der Monarchie nnd brachte eine Summe von fast 65.000 Gulden für die bejammernswerten Unglücklichen zusammen. Er starb in seinem Schlosse Bnchlau im Jahre 1809, nachdem sein uneigcunützig edles Wirkeu ihm den Beinamen „Mährens Howard" verschafft hatte. In der alterthümlichen St. Barbarakavclle auf dem Gipfel des Modla-bcrges befindet sich vor dem Hochaltare die Gruft, in welcher der hochherzige Menschenfreund und reichgebildcte Philosoph bestattet liegt. Die Altäre der Kapelle sind ganz aus schwarzem Holze, was einen düster-uuheimlichen Eindruck hervorbringt, doch ein mildes Licht scheint noch der Gruft des Grafen Berchtold zu entströmen und mit feinem Glänze den finsterm Naum zn verklären. Manche interessante Sammlungen enthalten noch die Näume des Buchlauer Schlosses, so eine Collection der in Mähren vorkommenden Gesteinsarten, sowie der Flora des Landes; nicht unerwähnt wollen wir auch lassen, dass ein düster dccoriertes Gemach an der Nordseite des Schlosses den ominösen Namen „Spukzimmer" führt und der gern gemiedene Schauplatz schon so mancher gcspensterhaften Ereignisse gewefen fein foll. Was endlich die Geschichte der Burg betrifft, so war sie anfänglich Kroneigenthum, später sind die Herreu von Petcrswald und die Grafeu Berchtold am läugsteu im Besitze der Burg gewesen. Das äußere Burgthor trägt die Wappen der Familien Petcrswald und Colonna mit der Jahreszahl 1691 zum Schmuck, währeud ein anderes Thor mit den Wappenschildern der Häuser Peterswald uud Serenyi und der Jahreszahl 1665 geziert ist. Nicht so sehr wegen der historischen Erinnerungen, an denen Buchlau nicht gerade reich ist, als wegen seiner schönen Lage lohnt sich ein Ausflug Die Polancr Verge, Tie Maydenburc,. 141 von der Nordbahnstation Ungarisch-Hradisch in diesen Theil des Marsgebirges reichlich. Dort, wo das Marsgebirge gegen die Thalfurche der Thaya in unbedeutende Hügel sich auflöst, erhebt sich an dem Ufer des Flnsses, von seinem Silberbande umschlungen, in dem südlichsten Theile des Bandes noch ein isolierter Höheuzug, der wegen, der malerischen Schönheit seiner Contouren und der lohnenden Fernsicht, die man von seinem Kamme genießt, unter die landschaftlich reizendsten Punkte Mährens gezählt werden muss. Es sind dies die Polaner Berge; eigentlich sind es drei von Nord nach Süd fast Parallel streichende Kämme, von denen der westlichste zugleich der höchste und imposanteste ist und vou dem an seinem Fuße gelegenen Dorfe Polau vorzugsweise den Namen des Polancr Berges führt. Anf seinem Gipfel ragcn die von schaurigen Sagen umkluugenen Nuiuen der Maydcnburg empor; in diesem Zuge erhebt sich anch der Turold, der durch schwer zngäugliche Höhlen und bedeutende Erdfälle, von denen einige selbst in jüngster Zeit eingetreten sind, ausgezeichnet ist. Oft wird hier, wie auf dem Neichenauer Berge, ein Vranfen unterirdischer Gewässer gehört, das von bedeutenden Schwankungen des Bodens begleitet ist. Der mittlere Kamm führt den Namen des Nikolsbnrger Berglandes und erreicht feine höchste Erhebung in dem Sebastiansberge bei der Stadt Nikolsbnrg; am niedrigsten sind die Kuppen des östlichen Parallelrttckens. Zu dem Polaner Gebirge rechnet man anch gewöhnlich das Bergland von Dannowitz, obwohl dasselbe durch ciue tiefe Vodeneinfenknng von den Polancr Bergen geschieden ist. Nicht nur dieses Hügelland ist mit Weingärten bedeckt, sondern anch um die Gehänge der Polauer Berge schlingt sich ein Kranz von Nebengewinden. Insbesondere in der Umgebung der Dörfer Wisternitz, Polau und Klentnitz befinden sich reiche Ncbengelände, die den als vorzüglich bekannten Polauer Wein liefern. Überhaupt ist die Natnr dieser Landschaft schmuckrcich nnd gesegnet. Wenn man von der flachen Ebene des Eisgruber Tcichrcvicrs die Höhe des eigentlichen Polauer Berges hinanstcigt, so erblickt das Auge weit und breit die herrlichsten und anmnthigstcn Gefilde. An heiteren Tagen sieht man die Thürme und die Häusermenge von Brunn, sowie auch der Blick nach Süden bis zn jenen Bergen vorzudringen vermag, hinter denen der Donau-strom seine majestätischen Wogen rollt. Nach Norden uud uach Süden dehnen sich unabsehbare Fruchtfeldcr aus, und fast scheint es, als sei der füufknppige Wall der Polaucr Berge nur deshalb mitten in die Ebene hineingestellt, um als Wächter nnd Hüter der reichgesegnctcn Gefilde zu dienen. Was die Maydenbnrg anbelangt, die den Gipfel des Berges krönt, so setzt die Sage ihre Gründung noch in die Zeit der Markomannen; in der ältesten Zeit soll hier ein Tempel der heidnischen Schönhcitsgöttin gestanden seiit, der dann später in eine imposante Zwingfeste umgewandelt wurde. 142 Das MarsssMvssl' und die Polcmcr Verge, Von den jungfräulichen Pricsterinnen, die dcu Dienst der Göttin besorgten, soll der Name des Berges herrühren. Frühe schon wurde seilte beherrschende Lage gewürdigt und die Burg als wichtige Grcnzfestung betrachtet. Nach den ältesten Nrkunden war die Maydenbnrg bereits zn Ende des 12. Jahrhunderts ein Eigenthum der Könige von Böhmen und wurde durch eigene Castcllane verwaltet. Vergeblich war des Herzogs Friedrich des Streitbaren Bemühen, in seinem Kampfe mit dem Böhmcntönig Wenzel die unbezwing-lichc Feste in seine Gewalt zu bekommen: auch als er den Maydenbnrger Vogt in Haft genommen, konnte er dessen Treue nicht brechen und selbst durch die grausamste Folter die ilbergabe des Schlosses nicht ertrotzen. Im Jahre 1384 wurde Hartnit von Liechtenstein, Herr auf Nikolsburg, mit der Maydenburg belehnt und seit dieser Zeit blieb das Schloss immer mit der Stadt Nitolsburg vereinigt. Durch Kauf gieng dann die Bnrg in den Besitz des Tnrkenqnälers, des ungarischen Grafen Ladislans von Keretftnyi über. Nach dem dreißigjährigen Kriege, iu welchem sie durch die Schweden-bclagcrnng nngcmein viel zn leiden hatte, verfiel die fortan unbewohnte Bnrg, so dass gegenwärtig nur die Ruinen ihrer einst allen Stürmen spottenden, nngemein festen Mauern in die Lüfte emporragen. Drei seltsam geformte Felsspitzcn, die fast menschlichen Gestalten gleichen könnten, und denen eine vierte kleinere Felszackc sich anschmiegt, gaben die Veranlassnng zu einer merkwürdigen Sage, die im Munde des Volkes fortlebt. Einst soll uämlich eine Mungolenprinzcssin, von zwei Zofen begleitet, durch Europa gereist und auch nach Mähreu gekommen fein. Ein finsterer, habgieriger Burgherr hanste damals auf Schloss Maydcuburg, welcher der rcichgcschmücktcu orientalischen Prinzessin nnd ihren Begleiterinnen zwar Nachtherberge gewährte, doch, voll lüsterner Gier nach den kostbaren Schätzen, die sie mit sich führten, fie uoch iu derselben Nacht ermordete und die deichen in den Schlossgrabcn warf; auch das Hündchen, das die Frauen begleitete, erlitt gleichen Tod. Znr ewigen Erinnerung an diese fluchwürdige That erstarrten die Leichen alsbald zu Stein und drohend erhoben sich die vier felsgewordeneu Gestalten vor den Fenstern des Schlossherrn, dessen Sinne grausiger Wahusinn umfieng. Noch jetzt machen diese phantastischen Fclsenzacken, wenn das fahle Licht des Mondes sie gcspenfterhaft belenchtet, den Eindruck unheimlichen Grancns. Das Volk aber, welches für alle erschütternden, weltbewegenden Ereignisse nahe liegende menschliche Veziehuugen aufsncht, erzählte weiter, dass der Mongolen-Khan nicht lange nachher von der Ermordung seiner Tochter Knnde erhalten habe. Nacheschnaubend sei er mit zahllosen Horden aufgebrochen und sengend und verwüstend haben sich die wilden Sühne des Ostens über die blühenden Fluren des Mährerlandes ergossen^). ') Sa erzählt die Künigmhofer Legende. Ruine Nosonstt'I», Nikolsbuvss. 143 Die Maydenburg ist nicht auf dem Gipfel des gleichbenannten Berges erbaut; cm bequemer, von dichtem Laubgcbüsche eiugefaföter Weg führt aufwärts zur höchsten Spitze desselben, von dem cuts man jene herrliche Nnndschan genießen kann, die wir bereits oben gewürdigt haben. In gutem Zustande ist auch der Fahrweg, der von der Ruine abwärts ins Dorf Klentnitz leitet, an dessen nördlicher Seite auf schroffer Felsenhöhc die Trümmer einer anderen Burg emporragen. Es ist die Rnine Nofenstein oder Waiscnstein, deren Lage allerdings weit weniger malerisch als die der Maydenburg ist, die aber doch durch die fast gänzliche Unzngänglichkcit des mächtigen Felsens, auf dem sie thront, das Staunen des Tonristen hervorruft; denn nnr an der Südseite, wo der Fels mit dem Gebirge zusammenhängt, war die Noscn- steiner Feste zugänglich, an den anderen Seiten verwehrten die fast senkrecht emporstrebenden Steinwändc jede Annäherung. Die zwei castellartigen Wart-thnrmc standen selbst wieder auf zwei durch eine tiefe Kluft vou einander getrennten Fclszackeu, die einstens durch eine kühne Bogenbrücke mit einander verbunden gewesen sein sollen. Gegenwärtig liegt alles in Schntt und Trümmern und nur einzelne, dem Nuinengerölle cntragcndc Mauern geben Zeugnis von der einstigen Wehrhaftigkeit des Nosensteins, der einige Zeit denselben Dynasten gehörte, die auch die Maydcnbnrg befaßcn. Der schwedische Kriegsobcrst Mortaigne hat die Bnrg im Jahre 1>17, im Alter von A4 Iahreu. Nicht nur die Mitwelt hat ihm reiche Ehren gezollt, auch die Nachwelt hat das Bild dieses unablässig im Dienste der Menschheit wirkenden großm Mannes mit dein Kranze unvergänglicher Erinnerung geschmückt. 14. Schlcls^ und Warlt GiFgruli. (Allgemeiner Eindruck. — Die Gegend sonst und jetzt.— Besichtigung des Schlosses. — T?r Part nnd seine Wunder. — Rückblick nnd Schlnsswort.) Von den waldreichen Kuppen des Marsgebirgcs sind wir in die Thaya-Ebene hcrabgestiegcn, nm die anmnthigen Höhen der Polaner Verge zu erklimmen und noch einmal von einem prachtvoll gelegenen Hochpuntte einen großen Theil des mährischen Landes zu überschauen. Eine einförmige, fast trostlose Ebene ist es nnu, dnrch die ostwärts von Nikolsbnrg die Thaya ihre trägen Wogen wälzt. Allein was hat menschliche Kunst nnd der rastlose Fleiß der Menschenhand ans dieser reizlosen Flussniedernng, deren Eintönigkeit nnr hie nnd da einige halbversmnpfte Teiche unterbrachen, geschaffen! Mit dem Schmucke entzückender Natnrschunheiten hat sie dieselbe ausgestattet und blendende Werke der Knust mit dem Nahmen holder Natnrpracht umkränzt. Und so möge die Schilderung dieser Stätte den Schluss uuseres Baudcs bilden, iudem Natur und Knust sich säst au keiuem anderen Orte Mährens so iunig durchdriugen und so harnionisch ergänzen, als wie in jenem weitläufigen und ausgedehnten Gebiete, das zur fürstlich Liechtcnsteiu'schen Herrschaft Eisgrnb gehört. Und wie wir Natur nud Kuust auf unseren Wanderungen durch das mährische Land gleichmäßig aufgesucht uud unserer Betrachtung unterzogen haben, so möge noch einmal, wcuu wir die auserlesenen Reize, die Park und Schloss von Eisgrnb uns darbieten, bewundern, die prangende Schönheit der Naturgebilde uud die Fülle seltener Kunstgenüsse in harmonisch geeintem Totalcindructe auf uns einwirken. Um fo schwieriger war es, diese herrlichen Anlagen uud alle diese Gebilde voll bewunderungswürdiger Pracht, an dcreu Hcrvorbringung die schöpferische Kraft dcr Natnr und der Genius der Kunst gleicherweise gearbeitet haben, an dieser Stätte hervorzuzaubern, als die Natnr ursprünglich der ordnenden Menschenhand hier gar nicht entgegen kam. Träge schlichen die trüben Wellen des Thayaflusscs durch eine alles Schmuckes entbehrende, sumpf- und fchilfreiche Ebene; einsame Anen, oft 5chlosö Eisgvub. 147 überschwemmt »on dem Schlammwasser des Flusses, lagen zwischen dem Röhricht des Schilfes; nur scheues Gevögel borg sich zuweilen in dcn hohen Halmen. Auf Dämmen giengru die Verbindungswege, die den spärlichen Verkehr zwischen dem Flecken Eisgrnb und der niederösterreichischen Grenze vermittelten. Und jetzt ist wie auf den Wink eines Zaubcrstabcs ans der öden Sumpflandschaft ein Gewirre entzückender Landschaftsbilder geworden. Wie in einem jener phantastischen Märchen Ariostos erhebt sich inmitten jener Herrlichkeit ein Fecnschloss, über welches die Kunst feinsiuuigster Ornamentik einen wahrhaft poetischen Zauber gebreitet hat. Bcfiudet man sich anf dem Marktplätze von Eisgrub, so steht vor unseren überraschten Blicken dieses bei all seiner Großartigkeit fast luftia schöne Gebilde architektonischer Knnst. Das Schloss ist nach dem Vorbilde von Windsor-Castlc in jenem Stile erbaut, den die Engländer so bezeichnend tloriä 8t^!6 nennen. Wenn man bedenkt, dass es sich hiebet nicht um ciuen völligen Nenban gehandelt hat, sondern dass schon bestehende Gebäude in gänzlich auderem Stile restauriert und auch die Ortspfarrkirche in den Umkreis der Banlichkeiten anfgenommen werden mnsstcn, so wird man die Schwierigkeiten ermessen, dir der geniale Banknnstler zu überwiuden hatte. Insoferu ist freilich dieser Umstand dem Ncugebäude zu statten gekommen, als er jeden Pedantismus allzugroßcr Regelmäßigkeit von vornherein ausschloss und jenen reizenden Schein bizarrer Unordnnng erzeugte, der freilich die verborgene künstlerische Einheit niemals ganz vermissen lassen darf; niemals entbehrt die pittoreske Unsymmctrie, der wir in der Anlage des Ganzen zuweilen begegnen, künstlerischer Amnuth. (Sich anch das Bild S. 23.) 10» Schloss Els^rnl». 148 Tchlois und Park Eiernd. So besteht nun das gegenwärtige Schlossgcbäude aus zwei Tractcn, deren einer mit der Hanptfroute dem Blumengarten zugekehrt ist, während die zwei Seitenflügel gegen den Park vorspringen; der entgegengesetzte Tract ist dem Markte Eisgrub zugewendet. Mit dem weit vorspringenden Flügelgebändc ans der linken Seite correspoudicrt au der ent-gcgeugcsrtztcu Seite die in geschmackvoller Gothik restaurierte Ortskirchc, deren Thürme im Schmucke zierlich durchbrochener Fialen über das hohe Schlossdach emporragen. Prächtig ist dic Ornamentik der vorderen, dem Parke zugewendeten Hauptfroutc. Lauschige Erker mit Bogen, Säulchcn und Sta-tuctteu unterbrechen die größereu Wandflächeu und, eiuem üppigen Blumen-gewindc von Stein gleich, fchliugt sich der reichste Sculpturcuschmuck um Gesimse, Balustraden uud Gallerien, die au Dach uud Feilster hiulanfcn. Zwei mit Zinnen Ucrsehcue Thiirme, von deren ciuem die fürstlich siechten-stein'schc Flagge zu den Wipfelu des Parkes niedcrweht, überragen stolz das imposaute Gebäude. Treten wir au der nach Eisgrnb blickenden Fronte ans dem Schlosse heraus, so gelangen wir, an dem linken Flügel vorüber, zn dem sogcuanntcn „Herrcnstöckcl", welches den Hauptbau mit den ausgedehnten Stall' uud Wirtschaftsgebäuden verbindet; liuts kommen wir an der mit bewunoeruugs-würder Feiuheit des Meißels gearbeiteten offenen Verauda vorbei in die an der Ostfcite gelegene weltberühmte Orangerie, die ihre ans Glas- und Eisen gcbante mächtige Halle weit in den Ziergarten hiueinstrcckt. Hier berauscht der Duft von taufenden der seltcnsteu Blumen und Früchte, meist Kindern der Tropenzonc, die Sinne des ^ustuiaudelndcn, uud bei dein Dickicht hoher Palmen verweilend, fühlt man des Dichterwortes Wahrheit, dass man nicht ungestraft uuter Palmen wandle, deuu der duftschwcrc Athem der exotischen Blumen senkt entnervende Mattigkeit in unsere Glieder und erst der frische Lufthauch löst das drückende Band, das sich nm unsere Sinne zu schlingen beginnt. Ans dem Blnmcnsaale treten wir in das im Erdgeschosse des Gebäudes gelegene Gesellschafts-Appartemcut. Der Saal hat ciue krcisruude Farm mit einer Kuppcldeckc, die von acht freisteheudeu Säulen getragen wird; eine Glaswand spiegelt die reiche Flora des Blmnensaalcs wider. Noch bezaubernder ist die Wirkung, welche der, eine Waud des mit geschmackvollstem Lurus ausgestattetcu Reuuioufaales ausfüllende, Spiegel hervorbringt, welcher deu Park mit fciucn blitzenden Wasserspiegeln und dem märcheubaften orientalischen Thurm zurückstrahlt. Mau glaubt ein Bild aus Tauseno und einer Nacht aus der Spiegelfläche hervortreten zu scheu. Von dem Bibliothckssaale führt in die oberen Gemächer eine Wendeltreppe, deren filigrauartige Holzschnitzerei außerordentlich kunstvoll ist; noch kunstreicher ist die aus Eichenholz gebaute, freifchwebcude Haupttreppe, deren mit reichem Holzschnitzwerk versehenes Geländer mit den Ahnenbildern des fürstlichen Hauses und mit Schloss und Pavt Cisgrol,. 149 passenden Armaturen geschmückt ist; das Getäfel dieser Stiege ist ein Meisterwerk der Holzarbcit. Eben solchen verschwenderischen dccorativeu Schmuck enthält der große Familieusaal mit dem von Amcrliug's Meisterhand gemalten Bilde des regierenden Fürsten. Eine geradezu sinnverwirrende Fülle elegantester Luzusgcgcnstände birgt das Damen-Appartement; heiterer Glanz berückt hier überall das Auge nnd es ist, als müsste aus duftiger Wolke eine Fcenprinzessin zu uns nicdcrschwebcn, als Beherrscherin dieser holden kleinen Welt, Ebcuso prächtig ist der Mnsiksaal, der mit sechs freistehenden Pfeilern geziert ist nud in den durchbrochenen Nischen die Statuen der Mnscn enthält; er empfängt sein Licht durch eine Glastafcl an der flachen Decke und hat drei hohe Glasthüren, welche in die Orangeric hinausführen. Im Speiscsaal sind besonders die prächtigen Häugcleuchter, sowie die ampcl-tragenden reizenden Figuren iu dm vier Nischen seheuswert. Vom Blumen-saale gelaugt man anf die Gallerie eines der geschmackvollsten nnd zierlichsten Hanstheater, während eine andere Thür in das anstoßende Orau-gorichaus führt, das an Größe seines Gleichen sncht. Mit Beginn der Hcrbstsaison werden die Oraugcubäumc, wohl 900 au der Zahl, hier untergebracht und bildcu nuu vom Blumcusaal bis zum sogenauutcli Mufcn-tcmpcl ciue fortlaufende Allee. Der Musentempcl ist ein viereckiges Bauwerk, desscu offeuer Vordcrraum, zu dem von allen Scitcu Stnfru hiuau-führen, auf Säuleu ncht uud in dcu rcichansgefchmückten Saal des Hauptgebäudes führt. Sowohl der äußere als anch d.cr innere Fronton des offenen Tempels sind mit den kunstreichsten Marmor-Basreliefs, mythologische Scenen vorstellend, geschmückt. Die Gelasse des zwcitru Stockwerkes sind dem Familieukrrise gewidmet nnd tragen daher an Stelle verschwenderischen Glanzes den (lharaktrr geschmackvoll solider Einfachheit an sich. Dieses Schloss nnn bildet gewissermaßen nur den Borhof zn feilem weltberühmten Parke, der an Stelle des öden Ufcrgeländes am Thayaflussc mit wahrhaft fürstlichem Kosteuaufwandc ins Leben gcrnfcn worden ist. Schon Fürst Karl Eusrbins legte in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts den Grund zu diesen au Ausdchuung und Schönheit unvergleichlichen Parkanlagen, doch erst durch den knustsiuuigen Fürsten Johann sind sie das geworden, was sie gegenwärtig sind. Welche ungeheuren Anstrengungen nothwendig waren, nm die durch dcu Anstritt der Thaya cutstaudcueu Pfützeu uud Sümpfe zn beseitigen und das gegenwärtige Wasserbecken, welches eiue halbe Stunde lang und eine Viertelstunde breit ist, anzulegen, beweist wohl am besten der Umstand, dass dnrch volle sechs Jahre hindnrch (1>><»5 bis 1811) alljährlich MIO—700 Menschen mit dieser Arbeit beschäftigt waren. So cutstaudeu jene vier großen Teiche, welche die Grenze Mährens gegen Niederösterreich bildeten uud deren gesammtc Wasserfläche mit den sie Verbindenden Flüsscu uud kleineren Bächen ein Drittel des gauzcn Parkes 150 Schloss »!,d Pnrk (5iözr»b, ausmachte, dcr sich über ciuc Fläche von üb« 250 ü^"n ausdehnt.') 150 Brücken uud Stege der verschiedensten Art stellten die Verbindung zwischen dem Fcstlande und den einzelnen Inseln her, von denen sechs größere nnd zehn kleinere den Wasserspiegel anmuthig unterbrachen. Dcr Thayasluss selbst musste sich ein ncnes Vett snchen und in mannigfachen Windungen durchströmt er nun den Park, bald in stiller Waldeinsamkeit zum unbewegten, klaren See sich erweiternd, bald in rauschenden Cascaden über Fclsengcklippc herabstürzend, dann wieder in munterem Laufe über blumige Auen hüpfend, oder in die schaurige Nacht düsterer Grotten sich verlierend. Dnrch ein großartiges Maschincnwerk kann das Wasser selbst in die entferntesten nnd höchstgelegencu Theile des Parkes befördert werden. Von dem Blumengarten, in dem unmittelbar nntcr den Mancrn des Schlosses die seltensten, im Farbcnbogen der Iris schimmernden Blüten ihre Kelche entfalten, dehnt sich dcr Park selbst mit dem daran stoßenden, in einen Thiergarten verwandelten Deimwaldc (oder Tcimerwaloe) bis weit über die Marken Niedcröstcrreichs nnd bis nahe gegen Lundenburg aus. Sinnverwirrend ist die Fülle dcr Pflanzenwelt, die hier znr Entfaltung kommt. Silbcrrindigc Platanen, ernste Weymouthskiefern, der schlankstämmige Tnlpcnbanm, die dornenlosc Gleditschie, hochstrebcnoe Pappeln, amerikanische Linden, der träumerische Lebensbaum nnd neben dem prächtigen Goldregen der hellblütige Cratägus — uud wie sie alle heißen mögen, die Millionen von Bäumen und Sträuchern, welche vier Welttheile hierher gesteuert haben, drängen sich hier in sinnbetäubendcr Mannigfaltigkeit durcheinander. Den Mittelpunkt des Parkes bildet der heitere Sonnentcmpcl, der die Aufschrift trägt: lioi-mn I'rnswewri, ^ntium O)n8t!i'vnwi-l (dem Schöpfer der Dinge, dem Erhalter der Wesen), Dcr ringsum freie, auf acht dorischen Säulen ruhende Tempel ist anf einem Punkte erbaut, wo acht Prächtige Pappelalleen znsammcnlaufen, und von wo man einen wahrhaft einzigen Ausblick auf die unübersehbaren Parkanlagen genießt. Noch großartiger, weil nach allen Seiten ausgedehnter, ist die Rundschau, welche die sänlengeschmückte Laterne des sogenannten orientalischen Thnrms gewährt. Es ist dies ein schlankes Minaret, welches sich über einer viel-kuppeligeu Moschee erhebt, deren acht Säle mit köstlichen Ottomanen, orientalischen Prnnkwaffen und Nossschweifcn reich verziert sind. Der ganz aus Quadersteinen aufgeführte, mit Koransprüchen und Arabesken bunt bemalte, bis zur zweiten Gallerie achteckige, dann aber ruude Thurm, dessen hohle Stcinknppel ein großer vergoldeter Knanf mit einem gleichfalls vergoldeten Halbmond fchmückt, erhebt sich 68 <» hoch in die Lüfte; eine frcischwcbcnde Spiraltreppe, von 302 Stnfen führt hinanf bis in die zierliche Laterne, von der aus man eben jene aller Vcfchreibung spottende Fernsicht ge- >) In neuester Zeit sind die Teiche schon thcilwcisc aufgelassen wurden. Vi^ Wmidl^ dl'S I'lirtt^. 151 meßt, welche nicht bloß die weite Ebene zu unseren Füßen umfasst, auf der das grüne Blättergewoge des Partes sich entfaltet, sondern auch bis an die Grenze Ungarns reicht und anch Nicderösterreichs Flnren streift. Drei größere mährische Ortschaften: Lundcnburg, Eisgrub, Nikolsbnrg und das schon in Österreich gelegene Feldsberg liegen an den Grenzen der kmnn übersehbaren Knnsianlagcn. An einer der südlichsten Stellen derselben erhebt sich das sogenannte Grenzmal, dnrch dessen Mitte gcnan die Grenze zwischen Mähren und Österreich läuft. Dieses originelle Arcaden-Gebäude, welches wohl kaum seines gleichen hat, mnsstc anf Piloten und Nostcn erbaut werden, ehe die sumpfige Heide, die früher hier bestand, in den reizendsten Fleck Erde umgewandelt war. Bon dem schönen kuppclgeschmücktcn Altan schweift das Auge über die weite Wasserfläche hin, von der ein fadenähnlicher Wasserstreifrn ins Gebäude geleitet wnrde, und fo, mitten dnrch dasselbe fließend, die Landesgrenzc andeutet. Ebenso originell ist die von prachtvollen Banmgrnppeu umgebene chinesische Notnnde, deren Inneres mit echt chinesifchcn Tapeten von bemalter Seide ausgelegt ist, die ciust ein ähnliches Gebäude im Parke zn Versailles geziert und zur Zeit der Revolution daraus geplündert worden waren. Fernere Sehenswürdigkeiten sind an der südlichen Seite des Bischof-wartertcichcs das sogenannte Fischerhaus, dessen Inneres mit Einbleuten der Fischerei, nnter anderen anch mit zwei riesigen, echten Walsischrippen, ausgeschmückt ist, dann der Nenhof, ein architektonisch geschmackvoll stilisierter Meicrhof, in welchem die stattlichsten Schweizerkühc an einer Krippe ans rothem Marmor stehen. Ostlich davon, am sogenannten Mühlteichc, erhebt sich der Apollotempel, eine säulengelragene offene Halle, die mit einer Halbknppcl geschlossen ist, anf deren oberstem Plateau sich eine Anssichts-gallcrie befindet. Die schönen Figuren und Basreliefs, nuter deuen in der Mitteluische Apollo mit oem Sonnenwagen besonders hervorzuheben ist, sind von Kliebcr kunstreich ausgeführt, während das Ganze Architekt Koru-henscl, dem so viele Vanten der Eisgruber Anlagen ihren Ursprung verdanken, vollendet hat. Diesem luftigen Van cutspricht an der Westfeitc der „Eircns der drei Grazien", ein halbkreisförmiger Säulcnportieus nach ionischer Ordnung, dessen zehn Nischen lebensgroße Statuen aus Stein, die Künste und Wissenschaften darstellend, enthalteu, währcud im Mittelpunkte des halbrunden Vorplatzes auf erhabenem Postamente die Grnppe der drei Grazien steht, ein Meisterwerk der Bildhauerkunst. Der Hügel, den dieser reizende Vau krönt, ist in eine Blnmeuterrassc umgewandelt und gewährt reizende Durchblicke in einzelne Partien des Partes, Dort, wo derselbe sich schon in den großen Thiergarten verliert, steht die Hansenburg, die im Jahre 1.^07 nach Art einer Ritterburg des 152 Echlosli und Part Cisgrub. 14. Jahrhunderts auf einer Thaya-Insel erbaut worden ist, uud sowohl im Äußeren alc' auch iu dm Inncnränmcn vollkom>nen charattertreu ausgestattet ist. Ehrwürdige Eichen, mehrere Jahrhunderte alt, uud herrliche Waldwiesen umgeben dieselbe, in deren Nähe sich oft, ans den wohlbekannten Ruf eines Waldhorns, Nudel von Dam- uud Edelwild uud leichtfüßige scheue Nehe sammeln, und sich sogar zuweilen bis in den einsamen, gras-überwachsenen Burghof verirren, wo sie dann gefüttert werden. Bei der an zwei Seiten von der Thaya mnflossenen Hauseuburg be-fiudeu wir uus eigentlich schon nahe der österreichischen Grenze und bereits im Revier des eigentlichen Wildparks, der sich südwärts bis gegen Feldsberg und Reinthal erstreckt und östlich mit den Lundenbnrger Waldungen zusammenhängt. Das sogenannte Colounaden-Gebäude, auf der „Ncisteu", eiucr freieu Anhöhe nahe bei Feldsbcrg, dann das Denkmal der Diana in Gestalt eines römischen Triumphbogeus und die von mächtigen nraltcn Laubkroueu nmranschtc Hubertus-Kapelle befinden sich bereits ans österreichischem Boden. Das erstgenannte Gebände, eine ans vicrundzwanzig Prächtigen korinthischen Sänlcn ruhende Gallcric, beherrscht drei Länder unserer Monarchie. Das Dianen Denkmal, anch das ,,lienä«^'voutj" gcuaunt, ist ein mit den kunstvollsten Basreliefs geschmückter, vollkommen stilgerecht aufgeführter ^.r«u8 tl'iuinpktili«, der zum Preise der keuschen Iagdgöttin in ihrem Reviere sich erhebt, wie die Inschriften an seinen beiden Fronten besagen, deren eine lantet: „Has tibi, blanda soror Phoebi, sacravimus aedes: Intactus semper crescat tibi Incus honori." „Dics Dcntinal sei Dir geheiligt, o (slänzende Schiocster des Phölms, llncntweiht wlill)se nnd grüne stets der Hain zu Deiner Ehre!" An der Südfrontc stehen mit großen goldenen Buchstaben die Worte: „Dianae venatrici eiusque cultoribus." „Dianen, der Iägerin uud ihren Verehrern." Wenn wir nuu siunend noch eiuige Zeit au der lauschigeu Waldkapelle, die das Steinbild des heiligen Hnbertus, des Echutzpatrous aller Jägersleute ziert, verweilen und zurückdenken au die Wunder und Herrlichkeiten, die Eisgrubs Schloss uud Park iu solcher Fülle vor unseren Blicken entfaltet hat, so wird uns wirklich die Lösung der Frage schwer, ob die zeugende Urkraft der Natur, ob der orduende Mmschengeist mehr Bewunderung verdiene. Freuen wir uus, dass selteue Liberalität der fttrstlicheu Besitzer hier, cm dieser eiust so verödeteu Stätte des mährischeu Landes, beide zusammenwirken uud in schönem Einklang so Herrliches vollbringen ließ. RücMick. 153 So haben wir denn in einzelnen Bildern, die wir an nnscren Blicken vorüberziehen ließen, die landschaftlichen Schönheiten der Markgrafschaft, allerdings nnr im Fluge rascher Wandernng, kennen gelernt; wir haben den Sagen der Vorzeit gelauscht und den Denkwürdigkeiten der Geschichte nachgespürt. Von den Hochgipfeln seiner Gebirge haben wir so manches Gemälde eigenartiger Naturschönheitcu bewundert, in den Nuincu verfallener Schlösser haben sich uor nnscren geistigen Augen Bilder einer glanzvollen und reichbcwegten Vergangenheit entrollt und in den Städten, in denen geschäftige Betriebsamkeit waltet, haben wir im Sausen und Hämmern der Maschinen den Pnlsschlag der rastlos schaffenden Gegenwart Pochen gehört. Die verschiedenen Bewohner des Bandes, den Sohn der üppigen Thal-flnr, wie denjenigen, der die kärgliche Verghalde seine Heimat nennt, haben wir in ihren Sitten nnd Bräuchen, in Tracht uud Lebensweise kcunen gelernt. Das Geschichtsbild hat uns gezeigt, wie all diese verschieden gearteten Volksstämmc im Laufe der Zeiten dnrch die gleiche Liebe zum gemeinsamen Vaterlande nnd znm Herrscherhause der Habsbnrger, deren Scepter so segensreich über der Markgrafschaft gewaltet, in geeinter Kraft dem Wohle und der Größe ihres engeren Hcimatslandes leben, fo dass Mähren, was Blüte der Industrie uud Pflege des Bodens betrifft, einen hohen Nang uutcr den Krouländcru unserer Monarchie einnimmt. Wohl können wir also, da wir nun zum Schlüsse unserer Schildcrnngen gelangt sind, mit vollem Herzen in die Worte eines vaterländischen Sängers einstimmen: O Vaterland, o Vaterland, So reich an Treu uud Ehren! Des Glückes Hort, der Zukauft Pfand, O schönes Land Kon Mährcli! Ncr zählt sich nicht mit stolzer Lust Zu dnnes Volles Reihen? Wer wird sich nicht aus voller Brust Der süßen Heimat weihen?! Register. Ans dni mit * bezeichneten Seitenzahlen befindet sich die beMliche Illustration, Adninöthal 4?. ?lltbriu!N .!5. Allstadt89, Alttitsch einer Vurc, 13. 107, 108. Andoltll 138. Andreasbera, 11N. Annaberg!14, Apella, Sage vom Zwerge 101. Arnold Von Hochwald 112. Austerlitz 18. 5,1. Nvarcn 8. Babl, Hora 1IZ. Badeorte 35. Värinuttergralicn 31. Barn 99. Beöwa (FlnfS) 22. — (Thal) 117. Begrenzung L, BeMslala (Höhle) 7, 42, Berchtold, Leopold Graf von i><0. Bergbau 26, Bergstadt 99. Neuullerling 27. Bicla 50. Vila Hora 108. BisMtz a, H, 1!iU. Vlanzto 4l. > Vodenftlastit 3«. Vöhmisch-mährischer Ho'- hen;uss 20. < Vojer?. Boleslaw I. il. — II. il, Vordbach 89. ! Vonwoy, Hrvzoss von Böhmen 10, 80. Vüötowift (Stadt und Nurg> 43». ! Boslllwihe (Geschlecht) 14.j Vrmdltz 59. Äretiölaw 13. Vriinn 29, Vrnnndlheide 94, Nrnno von Olmütz 1,?, 80, 112, Vrüsa» 51, Vuchclödorf!>3. Vnchlau (Schloss) 138, Vuchlowitz 138. VusllU ??*. Gaftistraii 67. öci« 2N. öeladna N4. öernowiy 37, Cesawa 24, Cimburq (Adelsgeschlecht) 14, 107. Comenius, Iah. Amos 15, 1.'!5>^, !ütibor von TowaiwnMy 78. Cyrill. Konstantin 2, 7, ! 10, il", «o. Lannowitz III, Deimwald 150, Deuts ch-Illbnil 106. Dianatemftel 153. Dietrichstcin, Franz von, Cardinal K>, 123, i^>, Diwisch Prolop 59^. Dürres Thal 44. Oitienschiitz 52. Eichhorn 38. Eisssrub 18*, 146, 147». Eisenbahnlinien 38, Erzberss «9. Lrzherzoss Franz Karl 13. Eulcnbcra, (Markt) :'». Euleiilinrg, die L9^, 1N0, (ivagrottc 43. F-ava, Fcletheus 8. Felicienthal L2, Ferdinand I. 15«, 16. Flächeninhalt 30. Frain 3«, «0, 61". Frantstaot iio. Frnu; Josef I. 19, 21». Frauzcnöberg, Vrünncr 18. Freiberss 111. Fridusch von Lina« 180, Friedland a. d. Ostrawitza L«, 114. Fricdrichsdorf 28, Friesawathal 8?. ^röllersdorf 84. Fuhrmllnnsstem l.a. Fulnel 135, Gaya 83. Webn-ssler 102. (beschichte Mährens 'roß Meseritsch l!4. ie Mährens 5. Lan^abach 24. Lauoon.Feldmllischall UN. Mautner, Ct,nstopy Aluis 17. Leipnit 121, Leiterberss 95. Lc^itz 2L. Lublna 24, 110, Ludwia, der Deutsche N. Luhatschowitz 25, 1.",2. Lundcnbuvg 12, 28, 82, Luxemburger 14. Mährisch KromllU 52. Mnhrisch-Ostrau 2«, ,15, Mährisch-3tothwllsser 87. MäI,risch-Trül!lu>5I»,i<>2, Manial, Professor 127, 12». Marliod 7^. March (ssluss) 22. ! — (Thal) 87. ^ Malena (Gottheit) 126,^ 137. !Maria Theresia 18, 7^*. H^artoüianncu 7. Markomanncntriea, 8, Mavlomannenlagrr 58. ! Mursssedn'ge 22, 1Z7, Maydcnburss 141. Mazocha 44, 45*. Mcrtha (Thal) 37. Methodios g, ii». Miloölawa 9. Mistet ill, N5*. Modlaberg 137. Moimir 8, 7«. Mongolen 12, 108, 130, 142. Müsslitz 17. ! !Mundart der Sudctcnbe^ wohner 105. siamc des Landes ?. Naftajedel 137. Ncndorf 26. Nenhäuscl 60. Ncnftreran 84. Neustadt 103. Neutitschein 108, Nikolölüirg I4il*, 144, Niwnitz i:ö4. Now>,hrad 48. Obrowitz Z?. ,Och°; 7. 48. ^Oder (Fluss) 24. Obcrgrund lO6. Ödes Thal 44. Odra« ioa. Olinütz 12, 13, 00, 70". Olsa 24. Olsawa 24. Oftpa 24, Oslawan lFluss) 2«. — (Ort) 37, O ester lein 64. Ostrawiza (Fluss) 24. — (Ort) Il4. Ostrot» 43. Passelen 125, Pawlowölh Stanislaus, Bischof 112, !Pellico. Tiluio Graf 3l, iPernstein (Schloss) 39". ^Pernsteine 14, 40. ^Peterödorf 91. PetersN'in 95>. Picarditen 77, i !Plrnitz U4, ". s Pohl, Anton 74. ! — Hans 75. Polau !4l. Polauer Verge 22, 141. Polten 121. Pöltcnbülg 54. Popftitz 53. Postl-Tcalsfield 57», 58, PrcmM Ottokar II. 13*. 80. Pi'emhslidcn 11, I zPrerau 16, 28, 76, 136, IProßmtz?7. ^Pinlauer Wasserfall 100. Pmitwathal 44. Quaden 7, Quarllöcher 87. iNabenstein 56. Nndho^t 110, 125. Naigern 42. Nastislaw 9. Ratizluwitz 2. Swatopluk 10, 8l. Teiche 24. Teplitz 25, 118, Tesö (Fluss) 2«. — (Thal) N0. TlMa (Flnss) 24. l Thll>!athal, dlls , Wisternitz 141, 'Witlowitz 116. 117». Wladislaw, Wartgraf 12. 'Wranau 43. Wrbntek 28. Nysola (Verg) 22. ž.evotin, Karl von 16,17» Xerotin (0'eschlcchy 107. ^i«la 14. Znaim 12, 28, 52, 55*. Zöptau 28, !<7, Zornstein 62. Zuberstein 40, Zuckerhandel 56, Zwittau 5i. Zwittnwa (Fluss.) 34. Zwittawa (Thal) 42 k, l. ;Vfb!ichd^!!cklrc! Cai^l Fiummc in Wicü. Verlag von Aarl Graeser in tvien. Die Wnder Oesterreich - Ungarns in Wort und Bild. Herausgegeben vow Prof. Dr. Fr. Umlauft. 15 Bände zn 8—12 Druckbogen 8", in illustnrtem Umschlag nud elegantester Ausstattung Zeder Wand mit 4ft—5V Hriginal-Zssustrationen und einem Hitewill». Preis pro Band elegant cartonnirt fl. 1 bis fl. 1.30. Jeder Band ist einzeln lauflich. 1. Band. Das Erzherzogtum Oesterreich unter der Guns. Von Prof. Dr. Fr. Umlauft in Wien. 2. Band. Das Erzherzogtum Oesterreich ob der Guns. Von Dr. Ferdinand Grasfaner. 3. Band. Die gefürstete Grafschaft Tirol und Vorarlberg. Von Dr. I. M. Iüttner in Wien. 4. Band. Das Herzogtum Steiermark. Von Prof. Karl Janker in Graz. 5. Band. Das Herzogtum Salzburg. Von Prof. Ednard Richter in Salzburg. 6. Band. Das Herzogtum Kärnten. Von Prof. Dr. Otto Steinwendcr in Wien. 7. Band. Das Königreich Böhmen. Von Prof. Dr. Victor Lang Hans in Wien. 8. Band. Die Markgrafschaft Mähren. Von Prof. Dr. Leo Smollc in Brunn. 9. Band. Das Herzogtum Schlesien. Bon Prof. Dr. Gottlieb Kürschner in Trapftau. 10. Band. Das Königreich Galizien und Lodomerien und das Herzogtum Bukowina. Von Prof. Inlius Iandaurek in Wien. 11. Band. Das Herzogtum Krain, das Küstenland und das Königreich Dal- matien. Von Prof. Dr. Franz Swida in Trieft. 12. Band. Das Königreich Ungarn. Von Prof. Dr. I. H. Schwicker in Budapest. 13. Band. (Das GroMrstentum) Siebenbürgen. Von Prof. Dr. Karl Reissenberger in Graz. 14. Band. Die vereinigten Königreiche Kroatien und Slavonien. ^ Bosnien und die Herzegowina. Van Georg u. Gynrkotiics. 15. Band. Geschichte der österreichisch-ungarischen Monarchie. Von Prof. Karl Listl in Wien. Die einzelnen Bände erfchcinen in kurzen Z wisch enräumcn. Wien, 1880. ^l Graeser, Verlagsbuchhändler in Wien. Programm. weiter und größer die Gesichtskreise werden, welche Dank den bcwnndcrns-^M^' werten Verkehrsmitteln unserer Zeit die allgemeine Aufmerksamkeit und das ^^^" Interesse aller Gebildeten anziehen, — je weiter sich die Grenzen des geographischen Wissens ausdehnen, umsomchr scheint es ein Bedürfnis, ja eine unabweisbare Pflicht zu sein, das heranwachsende Geschlecht mit dem beschränkteren Gebiete des Vaterlandes und mit der engeren Heimat, mit deren Schönheiten, Reichtümern und Eigentümlichkeiten nnd mit deren ruhmvoller Geschichte näher bekannt zu machen, — denn in der eingehenden Kenntnis unseres Heimatslandes und in der Würdigung der Verdienste seiner hervorragenden Männer liegt die Pflanzstätte der Liebe zum Gesnmmtvatcrlande. Der österreichischen Jugend, dem österreichischen Volke diese Kenntnisse zu vermitteln, ist das Ziel des vorliegenden Unternehmens. — Wo aber gestaltet sich diese Aufgabe interessanter und lohnender, als in unserem schönen Vaterlande Oesterreich, in dessen Gauen die erhabensten und merkwürdigsten Gebiete und Erscheinungen unseres ganzen Continents sich gleichsam spiegeln! Die Oliven- und Orangcnhaine des Südens, die Schnee- und Glctschcrfclder eines polaren Klimas, die anmutigen gesegneten Gefilde des mittleren Europa, die schwermütige Poesie der Steppen des Ostens, — all dies finden wir auf dem Boden unserer Monarchie vereinigt! In 14 separaten Bünden sollen nun „Die Länder Oesterreich-Ungarns" geschildert werden nach ihrer Lage, Vodcnplastik, Bewässerung, ihrem landschaftlichen Charakter, nach ihren Producten und Bewohnern, dabei soll aber Geschichte und Sage in entsprechender Weise mit einstießen und nament« lich auch jener hervorragenden Männer gedacht werden, die ihrer engeren Heimat oder dem ganzen großen Vaterlande zu Nutz und Frommen gewirkt haben und der Mit- und Nachwelt als nachcifcruswerte Vorbilder dienen tonnen! Nicht der trockene Ton der Beschreibung, nicht die weniger anziehende Form streng systematischer Anordnung des Stoffes soll dabei angewandt, das Interesse des Lesers soll vielmehr dnrch eine lebendige und frische Schilderung und durch wolthucude Abwechselung rege erhalten wcrdeu. — Deshalb soll derselbe in Streif-zügcn bald auf der Eisenbahn, bald ans einem Flusse, dann auf der Landstraße oder dem Touristensteige dnrch das betreffende Land geführt werden, um hier in einer Stadt, in einem Industrie-Orte, dort auf einer sagenbcrühmten Burg oder auf einer schlachtcngcwcihtcn Ebene, auf einem weitschaueudcu Hochgipfel etwas läuger zu verweilen. — Eineu willkommenen Abschluss findet die Neihe dieser Schilderungen der einzelnen Lander dann in einem Schlussbande, welcher die gan;e „Geschichte Oesterreich-Ungarns" in ähnlicher fesselnder Weise behandeln wird. — Eine Anzahl bewährter Fachmänner hat sich der Anfgabe uuterzogen, die einzelnen Länder Oesterreich-Ungarns würdig, warm und treu zu schildern. Jeder von ihnen hat sich jenes Land gewählt, das er — zumeist als sein Hcimatsland — gründlichst kennt und so bietet seine Persönlichkeit schon die gewünschte Garantie für das Gelingen seiner Arbeit. Damit aber dem ganzen Unternehmen der Charakter des Einheitlichen nicht fehle, hat der Verleger in dem auf dem Gebiete der österreichischen Vaterlandskunde bereits vortheilhaft bekannten Professor Dr. Friedrich Umlauft wol die geeignetste Persönlichkeit gewonnen, welcher die nötige Uebcreinstimmnng der einzelnen Bände in Vczug auf Form und Anordnung herzustellen sich bemüht hat. Auf die Illustrationen der einzelnen Bände hat der Verleger, wie dies die bcigegebencn Proben beweisen, die größtmögliche Sorgfalt verwendet und es foll das Wert bezüglich der änßeren Ausstattung und des Preises der einzelnen Bände den weitgehendsten Anforderungen gerecht werden. So fei denn das vorstehende Unternehmen, welches nach mehr als zweijährigen Vorbcreitnngeu seine Laufbahn beginnt, der österreichischen Iugeud und den Völkern Oesterreichs angelegentlichst empfohlen! Möge es beitragen znr Förderung und Kräftigung der Liebe zu unserem gemeinsamen, fchöncn Vaterlande Oesterreich, das an Ol)ren und an Siegen reich! Wien, 1880. c^arl Graeser, V er l a g s b u ch h ä n d l er I. Walftschgllsse «. £>erlag von Carl (ßtaefer in Wkn. Wanderungen durch die österreichisch-ungarische Monarchie. LMslMliche OlMnKwtiildei in ihrer WglllWchen und MhichtlicheliNedriünng. Herausgegeben uon Dr. Friedrich Umlauft. 32 Vogen. gr. 8,, mit 55 Original - Illustrationen in Holzschnitt. -- Preis complet broschirt 5 fl. in eleg. keinwanddecke geb. 6 fl. (Auch in Iss Lieferungen k 30 kr. zu beziehen.) Mrtyeile der Hiesse. „Die Presse" vom 8. October 1878 (Nr. 276, Beilage, Dienstag): „...Professor Umlauft beschränkt sich in diesen seinen „Wanderungen" nicht blos auf diese oder jene Provinz, sondern umfaßt das ganze Gebiet und alle die wichtigen Seiten nud charakteristischen Momente dieses Gebietes. Landschaft nnd Bewohner, Natur und Kunst, Sage und Geschichte finden in entsprechender Weise eingehende Berücksichtigung, und wie es von der bewährten Feder des Verfassers nicht anders zn erwarten, treten alle diese Bilder in der anziehendsten Form vor den Augen des Lesers auf. Dutzende von vortrefflichen Illustrationen vollendet in Zeichnung und Ausstattung, beleben nnd charakterisiren den Text. ..." „Organ der Militär - wissenschaftlichen Vereine" 1879. „Unter den guten und zugleich schönen Werten, die der letzte Weihnachts-Büchertisch gebracht hatte, fällt das des Prof. »i-. Friedrich Umlauft: „Wanderungen dnrch die österreichisch-ungarische Monarchie", dnrch seine eigenthümliche Anlage, durch' seinen realen und ethischen Werth anf. Aehn-lich jener Arbeit des Professors Wilhelm Pütz: „Vergleichende Erd< und Völkerkunde in ab-gernndetcn Gemälden" bietet auch diese, in systematisch geordneten Enizetnschildcnmgen, eine Blnmcnlese des Sehenswnrdigsten, nnd zwar hier speciell aus Oesterreich-Ungarn. Während man aber im ersteren Werte auf jeder Seite einem anderen Styl begegnet, weil der Verfasser Vieles ungeändert, oder höchstens gekürzt, ans anderen in das feine hinüber nahm. findet man im vorliegenden überall dieselbe ordnende Hand, denselben Styl, denselben Geist, dieselbe Liebe zum Gegenstande. Empfiehlt dieses Werk sich deshalb schon, weil es auf Ver-anlassnng des k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht entstand, so wird es um so werthvoller, weil Umlauft die Redaction übernommen. -^ Es foll belehren, erheitern und auf das patriotische Gefühl stärkend einwirken. Es entspricht den gesteckte« Zielen vollkommen. .. ." „Zeitschrift für Realschnlwcsen": „...Wenn die Klarheit und Correcthett des Styles, die Anschaulichkeit der Darstellung und das lehrreiche und bildende Element diese „Landschaftsbilder" zn einem die Ziele desMttelschnl-Unterrichtes fördernden Lesebuche stempeln und es für die hänsliche Lecture der Schüler empfehlen, bieten sie andererseits dem Lehrer der Geschichte nud Geographie einen mannigfachen Stoff zur Belebung des trockenen Lehrstoffes, dem Lehrer der deutschen Sprache Themen znr Auffrischung des schon etwas verblaßten Materiales schildernder und beschreibender Gattung, der Schule überhaupt keine künstlich erzeugte, sondern spontan wirtende Anregung mid Nähruug des vaterländischen Sinnes dnrch die unwillkürlich sich ergebende Freude an den schönen und großartigen Scenen der Heimat. — Typisch und materiell schön ausgestattet, wird Umlauft's Werk bald in der Schule und im Publicum ein oft und gern benutztes Lesebuch werden." Aehnliche empfehlende Urtheile brachten nahezu 70 Zeitschriften des In- und Auslandes. ^ «, «linlly in Wien.