Narodna in univerzitetna knjižnica v Ljubljani O a Der sem Entstehen und B e stan d. K K --f- EVCVEA J. \ iJfSLIOTHKK \^4 iRAt*, Historische Skizze von v,eniec/>' čzod/n. ILMIBA(Dm a©(B©o ftcdruckt bei Josef Blasnik. Oc ' S-'" ***■ & ■ - 3 — „Le plus profond respect poui; les droits reconnus. u Napoleon III« • le 1. Janvier 1860. Is liat demVerfasser der, ebeii in Pariš erschie- nenen Schrift: ,,l)er Papst und der Kongress w gefallen, den Kirchenstaat gleichsam mit einem, theils in Weihwasser, theils in atzende Lauge ge- tauchten Waschschwamme ohne Umstande von der geographischen Tafel zu wischen, und gleichwie vielseitig dafiir gehalten wird, dass ihin sein staats- kluger Kaiser und Herr dabei die Hand gefuhrt habe, so muthet der halb verlarvte Verfasser dem in Aussicht gestellten Pariser Congresse zu, dass dieser die, in der BrOchure ,,der Papst und der Congress“ ausgesprochenen Ideen adoptiren und c — 4 — darnach das Schicksal des Kirchenstaates und des Papstes bestimmen werde, denn ,,der Pariser Con¬ gress — sagt er — hat alle Macht, das zu an- dern, was der Wiener Congress geschaffen hat. Das 1815 in Wien versammelte Europa — falirt der Verfasser fort — gab dieRomagna dem Papste. Das 1860 in Pariš versammelte Europa kann dar- iiber anders entscheiden u . Der Verfasser jener Schrift ist diesfalls mit seinen historischen Begriffen offenbar im Irrthume, da nicht vorausgesetzt werden darf, dass er absicht- licli Irrthum verbreiten wollte, um die geschichtsun- kundigen, frommen, katholischen Massen auf ein grosses, sie erschiitterndes, welthistorischesEreig- niss vorzubereiten. Eine kurze Aufklarung durfte daher fur diejenigen, welche in der Geschichte minder bewandert sind, diesfalls am Platze sein. Der Wiener Congress gab dem h. Vater wie andern Regenten nicht mehr, ja noch weniger, als er vor der ersten, franzosischen Revolution besass, und was ihm diese und die nachgefolgten franzo- sischen Kriege genommen hatten. Die Papste be- sassen schon in den altesten Zeiten als Bischofe von Rom ansehnliche, von frommen Christen ihnen — 5 — gespendete Giiter, von denen sie zur Deckung ihrer datnaligeii Bediirfnisse die Einkiinfte bezogen; es waren zunachst Giiter und Hauser in Rom, dann die Schenkungen Constantin des Grossen, wel- cher dem Papste Silvester I. das Gebiet von Rom und das umliegende Latium verlieh. Der Arm der Bischofe von Rom reichte jedoch damals eben nur liber ihr geistliches Gebiet; als aber nach der Theilung des rdmischen Reiches in das morgen- und abendlandische, Mittel-Italien mit Rom durch die West- und Ostgothen, Heruler, Longobarden und durcli die Exarchen oder Statthalter der abendlan- dischen Kaiser, in einem Zeitraume von 200 Jahren immer tiefer und tiefer sank und verwiistet wurde, da berief Papst Zaharias im Jahre 752, um der politischen Verwirrung und dem Wechsel der Re- gierungen in Italien ein Ende zu machen, den Franken-Kcinig Pipin, welcher 754 und 755 die Longobarden besiegte und dem Papste nicht nur seine bedrohten Giiter erhielt, sondern auch jene Besitzungen iiberliess, welche die Longobarden dem Exarchate, nahmlich dem mittleren Theile Italiens, als einer, durcli einen Exarchen verwal- teten Provinz des morgenlandischen Kaiserthums, entrissen hatten. Karl der Grosse bestatigte und vermehrte 774 die Schenkung seines Vaters an — 6 — den Papst, und wurde von Leo III. als rdmischer Kaiser gekront. Ueber jene Schenkung an die romische Kirche liegen Diplome von Ludwig dem Frommen, Otto I. und Heinrich II. vor, deren Beweiseskraft der papstliche geheime Kammerer Marino Marini (Rom 1822) dargethan hat. Italien hatte nunmehr wieder einen Kaiser und Herrn, welcher im Vereine mit dem Papste das Nationalgefuhl an der Hand der Religion zu heben bemuht war, und es war der Einfluss der, aus dem italienischen Volke hervorgegangenen Papste auf das Volk, nach einer rechtslosen Vergangenheit, ausserst erfolgreich und wohlthatig. Dies fand da- mals die wohlverdiente Anerkennung von Seite der weltlichen Beherrscher, welche das Ansehen und die Besitzungen des Papstes vermehrten. So erhielt der Papst Gelasius II. 1115 durch den Ausspruch Kaiser Heinrichs IV. die, von der kin- derlosen Markgrafin Mathilde von Toscana der romischen Kirche unter Gregor VII. zugedachte reiche Schenkung, das sogenannte Patrimonium St. Petri (das Erbtheil des h. Petrus), besteliend in Toscana, Mantua, Parma, Reggio, Piacenzza, Ferrara, Modena, einem Theile von Urbino, dem Herzogthume Spoletro und Verona, also mehr, als ■v — V; — 7 — was das heutige Patrimonium Petri ausmacht, von Viterbo bis Orvieto und einen Theil der Mark An¬ cona noch dazu. Bereits 1198 Hess sich der Papst Innocenz III. von Rom, den Marken und den Erbgutern des h. Petrus, als souvraner Landesherr huldigen, und von da an war der Kirchenstaat als ein Fiirsten- thum selbststandig, als solches allgemein anerkannt und von aller fremden Herrschaft und Gewalt ganz- licli befreit. Die Erwerbungen der Papste riahmen noch ferner zu. So uberliess Kaiser Heinrich lil. im Jahre 1050 dem Papste Leo IX. das Herzogthum Benevent im Neapolitanischen. Papst Clemens VI. brachte die Grafschaften Venaissin und Avignon von Johanna Kdnigin von Neapel und zwar Avignon um 80.000 Floren kauflicli an den papstlichen Stulil, und hatten die Papste dort von 1300 bis 1377 ihre Residenz, wahrend welcher Zeit in Rom die Gesetzlosigkeit und Venvirrung den hochsten Grad erreicht hatten. Papst Julius erwarb 1513 den Staat von Bologna und 1532 Ancona; die Vene- zianer aber traten Ravenna an den Kirchenstaat ab. Ferrara, welches Rom an Este zu Lehen V; 8 gegeben hatte, wurde vom Papste Clemens III. im Jahre 1598 nach dem Tode Alphons II. wieder eingezogen, und auf ewig dem rdmischen Stulile einverleibt, und 1631 fiel das Herzogthum Urbino, nach Absterben der dortigen Herzoge, durch Erb- schaft an die Kirche vou Rom. Das Herzogthum Castro kam 1649 zum Kirchenstaate, und obschon Konig Ludwig XIV. von Frankreich 1664 im Ver- trage von Piša den Papst AIexander VII. dabin bewog, die Einverleibung des Herzogthums Castro in die papstliche Kammer aufzugeben, und wie- wohl Ludwig dieses Herzogthum mit Parma ver- einigt wissen wollte, der Infant Don Carlos als Herzog von Parma auch wirklich einen Anspruch darauf stellte, so blieb das Herzogthum Castro gleiclrvvohl, und zwar in Eolge des Eriedens- schlusses von 1738 beim Kirchenstaate. Der Kirchenstaat hatte auf diese rechtmassige Weise einen bedeutenden Umfang und Landerbesitz erlangt gehabt, als die franzosische Revolution ausbrach, und zuerst die Grafschaft Avignon, welche sich 1791 nach mehreren stiirmischen Auf- tritten dem Aufstande anschloss, verloren ging. Auf gleiche Weise fiel auch die Grafschaft Venaissin vom Papste ab, und sah sich Pius VI. genothigt, — 9 — im Frieden von Tolentino vom 19. Februar 1797 Avignon und Venaissin an Frankreich, Bologna, Ferrara und die Romagna aber an die, vom Kaiser Napoleon I. am 20. Mai 1796 proklamirte cisal- pinische Republik formlich abzutreten. Der am 26. December 1797 ausgebrochene Aufstand der Rdmer gegen die Franzosen hatte zur Folge, dass Rom am 10. Februar 1798 von die— sen mit Waffengewalt ejngenommen und sofort der Kirchenstaat als eine romische Republik erklart und angesehen wurde. Zwar nalim Pius VII. im Jahre 1800unter dem Schutze der osterreichischen Waf- fen von Rom wieder Besitz, durch das Concordat aber, welches der Papst 1801 mit dem ersten Consul der franzdsischen Republik schloss, biisste Rom abermals an seiner weltlichen Hoheit ein, und am 3. April 1808 wurden die Provinzen An¬ cona, Urbino, Macerata und Camerino dem Kb- nigreiche Italien einverleibt, wornach dem Papste nur noch der Theil des Kirchenstaates jenseits der Appeninen verblieb; mit dem Dekrete vom 17. Mai 1809 aber wurde ihm alle weltliche Herrscbaft ge- nommen, indem die, ihm noch iibrig gebliebenen Provinzen zu Frankreich gezogen wurden, und dem h. Vater, dem Oberhaupte der Kirche von ein 2 S9C - 10 — P a ar Hund ert Millionen Seelen, gleichsam als einem Staats-Pensionair eine Alimentazion angewie- sen ward. Kaiser Napoleon I. verlieh seinem Sohne zum Wiegengeschenke den Titel Kdnig von Rom. Der heilige Vater kehrte am 24. Mai 1814, in Folge der Siege der Alliirten, im Geleite der englischen und dsterreichischen Waffeu nach Rom zuriick, und bestieg wieder den altesten Thron der Cbristenheit. Der Wiener Congress von 1815 aber stellte im CIII. Artikel wortlich fest: „Les Marches, avec Camerino et leurs de- pendances, ainsi que le Duche de Benevent et la Principaute de Ponte-Corvo, sont rendus au St. Siege. Le St. Siege rentrera en possession des Le- gations de Ravenne, de Bologne et de Ferrare a 1’ exception de la partie du Ferrarois situee sur la rive gauclie du Po a . Die Besitzungen des h. Stuhles in Frankreich, die Grafschaften Avignon und Venaissin wurden dem nach an denselben ebenfalls nicht wieder zuriick gegeben, wesshalb Pius VII. am 14. Juni 1815 — Il¬ iri Ansehung aller, friiher zum Kirchenstaate geho- rigen Gebiete einen Protest einlegte, jedoch ver- gebens; wohl aber verbiirgte der Allianztraktat der vier Hauptmachte vom 20. November 1815, mit welchem sie sich zur gemeinschaftlichen Aufrecht- haltung der neuen politischen Staatenordnung ver- banden, auch den Fortbestand des Kirchenstaates. Ob die ideen derSchrift: „Der Papst und der Congress“ den katholischen und zumal den nicbt katholischen Reprasentanten am Pariser Congresse in politisclier und diplomatischer Linie Momente dar- bieten konnten, um das Schauspiel des ersten Dece- niums dieses Jahrhunderts mit dem Papste zu er- neuern, bleibe daliingestellt; die Absicht der gegen- wartigen Zeilen aber geht wie gesagt, eigentlich nur dahin, den in der Geschichte minder Bewanderten zu zeigen, dass der Wiener Congress von 1815 dem Papste, nur zum Theil dasjenige wieder als rechtmassigen Besitz zuerkannte, was vor dem zum Kirchenstaate gehtirt hatte, und worauf der Papst als souverainer Furst ein wohlerworbenes, und durch Jahrhunderte anerkanntes, historisclies Recht hat. Als Commentar der Geschichte des Kirchen- 12 — staates moge zum Schlusse eine Stelle aus einem, vor mehr denn 30 Jahren erschienenen Werke hier Platz finden, welche Iautet: „Der Menschen und Volker Dasein hat einen doppelten Zweck. Sie sind fur Humanitat und Religion, dass heisst, fur die E rde und den Himmel geschaffen. Aber gewiss ist nichts vernunftgemasser, als dass, wenn zwischen dem Irdischen und Verganglichen, und dem Ueber- irdischen und Ewigen eine Collission entsteht, das Erstere demLetzteren zumOpfer gebracht werde- Tief musste demnach Italien in seiner politischen Bedeutsamkeit sinken, es musste die Grosse und Macht, wozu die Natur, schon durch dessen Be- grenzung, es bestimmt zu haben scheint, zum Opfer bringen, damit ein hoherer Zweck erreicht werde und Roms geistige Herrschaft sich desto sicherer iiber den christlichen Erdkreis verbreite. Aber diese geistige Herrschaft vertragt sich eben so wenig mit irdischer Abhangigkeit, als mit politischer Grosse. Die zeitliche Macht eines Kaliphen durfte das Oberhaupt der Kirche nicht erhalten; aber durchaus nothwendig war es, dass der Stuhl des h. Petrus selbststandig und unab- hangig ward, damit Der, den Gott darauf beruft, auch \virklich seiner Bestiinmung gemass der ge- meinschaftliche Vater und Lehrer der Volker und ihrer Beberrscher sein kanu. Alle mit gleicher Liebe umfassend, jedoch jedem fremd und keinem venvandt; der Diener Aller, aber keinem unter- than, und den Blick stets mehr zu dem Ueber- irdischen als auf das Irdische geheftet: wie sehr inusste der Papst schon durch diese, in ihrer Art einzige, mehr himmlische als irdische Stellung das Zutrauen aller Volker und ihrer Monarchen ge- winnen? Nur unter einem, von allen Abhangig- keits - Verhaltnissen vollig entfesselten Oberhaupte, konnte die Kirche der Welt werden, was sie ihr ward. u *) Geschichte der Religion Jesu Christi. Von Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg, fortgesetzt von Friedrich Kerz. 19. Band. Mainz 1828. NARODNA IN UNIVERZITETNA KNJIŽNICA v