evangelischen Kirche in Lira in wührcnd dcs srchirtziiten Inhrliundcrts. Seiner Hochwürden Wem Gsitfwö AmH, K. k. evanget. Dber-Kirchenrathe, Superintendenten und Pfarrer in Wim, Ritter des k. preuß. rothen Adter-Brdens u. f n>., zur lMlundMLiyjUHriNtn Kirr Kims Mchirtlichrn Amtes am 30. Januar 1863 gewidmet von der evangelischen Gemeinde in Laidach. mr- . - n, riilri? Luer Kochwürden! «Indem Ihnen zu diesem festlichen Tage die gehorsamst Unterzeichneten im Namen der von ihnen vertretenen Gemeinde die aufrichtigsten und ergebensten Wünsche aussprechcn, bringen sie Ihnen zugleich hiermit zum Denkmal einer so seltenen Feier dieses Zeichen ihrer Verehrung und Anhänglichkeit dar. Die nach¬ folgenden Blätter enthalten die Lebensbilder feuer Männer, welche im sechzehnten Jahrhundert an der Spitze der evangelischen Kirche in Kram standen und durch ihr Kämpfen und Dulden für die¬ selbe den Nachkommen ein erhebendes Beispiel und einen ruhm¬ vollen Namen hinterlassen haben. Wenn es uns gestattet ist an diese Bilder aus einer untergegangenen Zeit die Geschichte der unsrigcn wieder anzuknüpsen, so erscheinen Euer Hochwürden in unserm Jahrhunderte zuerst durch die Anordnung des Monarchen und dann neuerdings durch die beispiellos einmüthige Wahl der Glieder dieser Diärese als feuer Männer erster, nicht unwürdiger Nachfolger. Denn wie verschieden auch der Charakter unserer Tage von fenem dos Reformntionszeitalters sein mag, so haben doch Euer Hochwürden gemäß den gegenwärtigen Verhältnissen in nicht weniger segcnsvoller Weise für die Wicdcraufrichtung der evangelischen Kirche in Krain gewirkt. Das wollen die Lebenden hiermit auch der dankbaren Erinnerung nachkommender Geschlechter überliefern. Der Gnade Gottes befehlen wir Euer Hochwürden und uns, unsere Gemeinde und die gaiye evangelische Kirche. Laibach, im Januar 1863. M- -Llze, Pfarrer. Kranz Lder. Wicolo Karl- William Mollne. MeMNder Schneider. Ludwig Wahl. Lrnst Wernicke. Vorwort. Uicht eine ausführliche und vollständige Geschichte der evan¬ gelischen Superintendenten in Kram während des sechzehnten Jahr¬ hunderts — denn das wäre zugleich fast eine vollständige Ge¬ schichte der evangelischen Kirche in diesem Lande überhaupt — son¬ dern möglichst vollständige Lebensbilder derselben zu geben, ist die Absicht dieser Schrift. Wie schwierig diese Aufgabe ist, weiß Niemand besser als der Verfasser selbst, der sich nun seit mehr als zehn Jahren mit der Erforschung dieses bisher so unbekannten Theiles der evangelischen Kirchengeschichte beschäftigt hat. Was die wenigen Vorgänger auf diesem Gebiete: Valvasor iu seiner Ehre des Herzogthums Kram, Waldau in seiner Geschichte der Protestanten in Oesterreich, Steiermark, Kärnthen und Kram, Schnurrer in seinem slavischen Bücherdruck in Würtemberg, Dobrowskh im Slavin, Sill em in seinem Primus Trüber, geboten haben, wurde zwar treulich benützt, aber ein einziger ver¬ gleichender Blick genügt um zu zeigen, wie wenig sich aus ihnen benützen ließ. Immer bleiben noch die meist aus Acten geschöpften Berichte Valvasor's und Schnurrer's das Beßte, was bis jetzt hierüber gedruckt ist. Daran reihen sich noch einige Ver¬ öffentlichungen in den Mittheilungen des historischen Ver¬ eins für Krain und im Notizenblatte der kais. Aka¬ demie der Wissenschaften in Wien, so wie Einzelnes aus Radi cs' Herbart von Auersperg, Hurter's Ferdinand II-, Sixt's Vergerius und Strauß' Frischlin. Aber auch hier ist vieles so unrichtig, einseitig und unzuverlässig, daß der Geschichts- VIII forscher sich meist auf die eigene Durchforschung der Dokumente angewiesen sieht. Auf dieser beruht auch weitaus das Meiste der nachfolgenden Arbeit, und insbesondere muß darauf aufmerksam gemacht werden, daß, wo diese Darstellung von Valvasor, Schnurrer und Radies (der Uebrigen nicht zu gedenken) ab¬ weicht, dieß stets auf genauester Benützung der vorfindlichen und zugänglichen Urkunden beruht. Wenn die festliche Veranlassung die Erscheinung dieses Vor¬ läufers eines größern Werkes erklärt, so möge das spärliche Maß der Zeit, welche bei angestrengtester praktischer Amtsthätigkeit fast nur von den Stunden der Ruhe hiefür erübrigt werden konnte, die geringe Vollkommenheit dieser Arbeit entschuldigen. Th. Elze. 1. Primus Trüber. °Wie durch alle Gauen des deutschen Reiches und weit über dessen Grenzen hinaus, war der Nachhall der durch Luther und Zwingli begonnenen Kirchenreformation frühzeitig schon auch nach Krain gedrungen. Bereits 1527 fand sich ein Kreis evan¬ gelisch gesinnter Männer geistlichen und weltlichen Standes in Laibach, welche sich um MathiasKlombner, einen angesehenen Mann und später (4. Juli 1580) Landschrannenschreiber (d. i. Hofrechtssecretär) in Krain, schaarten. König Ferdinand ließ deßhalb auch hier seine durch mittelalterliche Strenge berühmten Ofener Generalien (vom 20. August 1527) publiciren, jedoch mit nicht besserem Erfolge als in den andern österreichischen Erbländern. Visitations-Commissionen, landesfürstliche und bischöfliche Edicte gegen die Ketzer und den Verkauf lutherischer Bücher beweisen, daß die evangelische Gesinnung in den beiden nächstfolgenden Jahren immer mehr sich ausbreitete. Da begann im Jahre 1530 ein junger krainischer Priester¬ in Unterkrain und Untersteier öffentlich gegen Mißbräuche in der katholischen Kirche zu predigen. Primus Trüber, so hieß derselbe, war (vermuthlich am 8. Juni) 1508 zu Rashiza bei Auersperg in Krain geboren, ein Unterthan und Erbhold des alt¬ berühmten Geschlechts der Freiherren, später Grafen und Fürsten von Auersperg. Noch ziemlich jung, war er, um sich höhere Bildung zu erwerben, nach Salzburg und Wien gegangen und hatte dort die Schulen besucht, obschon er so arm war, daß er sich (wie Luther) vielfach sein Brot ersingen und erbetteln mußte. Seine Mittellosigkeit war wol Ursache, daß er nicht auf der Uni¬ versität studiren und somit sich auch keine Kenntniß der griechischen und hebräischen Sprache erwerben konnte. Bereits 15'27 kehrte er daher in seine Heimath zurück und begab sich nach Triest zum Bischof Peter Bonomo, welcher ihn als „Discantisten" in seine Cantorei aufnahm und ihm von da an ein väterlicher Gönner und Freund wurde. Hier vollendete Trüber seine geistliche Aus- 1 2 bildung, wurde dann durch den Einfluß seines Beschützers Kaplan bei St. Maximilian zu Cilli (1530), wo die Kaplanei 1532 abbrannte, und erhielt später die sehr vernachlässigte Pfarrei znLack bei Ratschach und die zu Tüffer. Nun begab es sich damals, daß in jener Umgegend einige übel berüchtigte Weiber auftrateu, Erscheinungen der Jungsrau Maria, des heiligen Rochus und an¬ derer Heiligen vorgaben, und verlangten, daß zu Ehren derselben bald hier, bald dort in Unterkrain und Untersteier Kirchen gebaut werden sollten, wenn man nicht Pest, Hagel, Hungersuoth und andere Landplagen fürchten wolle. Das einfältige Volk opferte nicht nur reichlich jenen Heiligen, sondern erbaute ihnen auch nut großen Kosten au den bezeichneten Stellen Kirchen, wozu die Mönche eben nicht scheel sahen. Gegen dieses Unwesen erhob sich Trüber, obwol anfänglich noch treu an der katholischen Kirche und an der Messe festhaltend, und begann in seinen Predigten das Volk zur rechten Buße und zur Erkenutniß des alleinigen Heilandes Jesu Christi mit deutlichen Zeugnissen der heiligen Schrift nnd nach Anleitung des christlichen Katechismus hiuzuweifcn. Einige andere Geistliche schlossen sich ihm zwar an, allein um so mehr wurden die Mönche, besonders die Barfüßer, seine Feinde. Ain 17. Juli 1530 erließ der Landeshauptmann in Kram, Ritter Hans Kazianer, einen strengen Befehl, daß einige der luthe¬ rischen Secte Angehörige, „welche neben andern ketzerischen Ar¬ tikeln wider das hochwürdige Sacrament unseres Seligmachers nnv wider die hochgelobte Königin Jungfrau Maria in Winkeln heimlich predigen", gefänglich eingezogen werden sollten. Truber's Name war dabei zwar nicht genannt, vermuthlich aber gemeint. Dock- War Trüber damals noch kein fertiger evangelischer Prediger. Er war ja nicht durch das Studium reformatorischer Schriften, sondern durch seinen eigenen ernst christlichen Sinn auf die refor¬ matorische Bahn getrieben, wie Luther selbst beim Unfug des Ablaßhandels. Wol mögen die Erfahrungen zu Salzburg und Wien, wo Paul Speratus 1522 öffentlich in evangelischer Weise, besonders gegen das Cölibat der Geistlichen, gepredigt und Caspar- Tauber zu Wien 1524 das evangelische Bekennt niß mit dem Tode besiegelt hatte, manches Samenkorn in des Jünglings Brust ge- streuet haben. Doch mußte er erst in sich selbst allmählich eine Re¬ formation durchmachen, wozu ihm später wol auch die Schriften der deutschen Reformatoren mithalfen. 3 So ist es denn erklärlich, daß Trüber trotz des erwähnten Befehls im Dome der Hauptstadt des Landes, zu Laibach selbst, wohin ihn vielleicht gerade der Ruf seiner Predigten geführt hatte, im folgenden Jahre (1531) predigte. Da er hier jedoch gegen die Ehelosigkeit der Geistlichen und die Austheilung des Abend¬ mahls unter Einer Gestalt öffentlich anftrat, und über diese bei¬ den, damals fast die ganze christliche Welt bewegenden Fragen sich in evangelischer Weise anssprach, so wurde ihm vom Laibacher Bischöfe Christoph Freiherrn von Räuber (1497—1536), welcher sich damals als königlicher Statthalter in Oesterreich zu Wien aufhielt, untersagt, ferner im Dome zu predigen. Doch durste er unter der Begünstigung der Stände des Landes und der Bürgerschaft der Stadt in der unter dem Patronat der letzten: stehenden städtischen Spitalskirche der heiligen Elisabeth seine mit großer Begierde gehörten Predigten fortsetzen. Hier wirkte Trüber bis 1540 ungestört nnd mit großem Segen zur Ausbreitung nnd Befestigung des evangelischen Bekenntnisses. Der größte Theil des Adels und fast die gesammte Bürgerschaft der Stadt schlossen sich demselben an. Um den schon genannten Landschrannenschreiber Math. Klombner schaarten sich nicht nur hervorragende Welt¬ liche , wie 8 e o n h a r d B n d i n a, der gelehrte Schulmann, Georg S a e rter, 1533 und 1541 Stadtrichter zu Laibach, H a n s K i s el, Sohn des Stadtrichters und Bürgermeisters Veit Kisel, und später (1567—68) selbst Laudesverweser, kaiserlicher Rath, inneröster¬ reichischer Hofkammerpräsident, Kriegszahlmeister an der kroatischen und Meergrenze u. s. w., Martin Pregl, später Stadtrichter (1559 — 60) und Bürgermeister (1563) von Laibach, Ulrich Ko bürg er, später (1570—80) Landschrannenschreiber, Lukas Zweckel, ein Kaufmann und Truber's Schwager, Andr. Fore sto, Ad. Concili, Christ. Prunner und Andere, sondern auch Geistliche, wie die drei Domherren Or. Leonhard Mert- litz, schon 1520 Domherr, 1534 Dompropst nnd Archidiakonus von Radmannsdorf (Oberkrain), Georg Dragolitz, Gencral- vicar, und Paulus Wiener, schon 1520 Domherr, General- vicar und bischöflicher Rath, Mitglied des geistlichen Standes im Landtage und dessen engern Ausschusses, Verordneter (1540 n. fg. I.), 1546 königlicher Commissär beim Landtage u. s. w. Der letztere predigte nicht nur neben Trüber in der Elisabeth- kirche seit 1536 evangelisch, sondern hatte sich auch verheiratet. I * 4 Um dieß gehörig zu würdigen, muß man sich vergegenwärtigen, wie groß die Verbreitung evangelischer Ideen und Gesinnungen selbst unter der höhern katholischen Geistlichkeit dieser Gegenden war. Nicht allein billigten der erwähnte Bischof Räuber von Laibach und sein Nachfolger Franz Kazianer (1536 bis 1544), ein Bruder des früher genannten Landeshauptmanns von Krain, sowie BischofP e terBo no mo von Triest (1501—46) in ihrem Gewissen den Genuß des Abendmahls unter beiderlei Gestalt, obschon sie denselben öffentlich nicht gestatteten, sondern P. P. Verger, Bischof von Capo d'Jstria, gewesener päpstlicher Nuntius und Legat, und sein Bruder Joh. Bapt. Verger, Bischof von Pola , traten 1545 auch förmlich zur evangelischen Kirche über, während Bonomo's Nachfolger Franz II. Rizzano, Bi- schof von Triest (seit 1547), bereits 1548 wegen Theilnahme an der Reformation sogar abgesetzt und vertrieben wurde. In Folge eines durch den Landeshauptmann NikvlausJu- rit s chitsch erwirkten königlichen Erlasses mußte sichTrub e r 1540 zwar auf einige Zeit von Laibach auf die ihm verliehene Pfarrei Lack zurückziehen, wurde jedoch 1542 vom Bischof Kazianer zum Domherrn ernannt und blieb nun wieder andauernd in Laibach. Selbst der Nachfolger des Bischofs Kazianer, Bischof Ur¬ ban Textor (1544—58), der mit Ignaz von Loyola und dessen Begleiter Claudius Jajus in vertrauter Verbindung und Brief¬ wechsel stand, übertrug im Beginne seiner bischöflichen Verwaltung die deutschen und windischen Predigten im Dome zu Laibach den beiden Domherren Trüber und Wiener, und verlieh (1546) Trubern die Pfarrei zu St. Bartholomäenfeld in Unter- krain, welches noch heute im Munde des Volkes bisweilen „luts- i-anskn vu8" (d. i. lutherisches Dorf) genannt wird. Als er jedoch in Erfahrung gebracht hatte, daß diese beiden Männer insgeheim das Abendmahl unter beider Gestalt austheilten, und Paul Wiener nach dem Tode seiner ersten Gattin sich zum zweiten Male ver¬ heiratet hatte, benützte er die Gelegenheit nach Beendigung des schmalkaldischen Krieges, als König Ferdinand von Wien zum Reichstage nach Augsburg abgereist war (August 1547), um die Häupter des evangelischen Bekenntnisses in Krain: Mertlitz, Dragolitz, Klombner, Pregl, Concili und Wiener, ge¬ fänglich einzuziehen. Auch Trubern sollte dieses Loos treffen. Da er aber gerade in seiner Pfarrei St. Bartholomäenfeld 5 abwesend war und von seinen Freunden rechtzeitig von der dro¬ henden Gefahr benachrichtigt wurde, so entzog er sich ans ihren Rath derselben und begab sich an „sichere Orte." Sein Haus in Laibach jedoch wurde mit Gewalt erbrochen, seine darin befind¬ liche Büchersammlung weggenommen und verbrannt, und er selbst mit der Excommunication belegt. Vermuthlich begab sich Trüber in dieser Zeit nach Triest, wo er (unter dem evangelisch ge¬ sinnten Bischof Franz II. Rizzano) eine Zeit lang windischer Prediger war. Im folgenden Jahre (1548) kehrte er zwar auf die in Folge demüthiger Bitten der Stände vom König Fer¬ dinand ertheilte Erlaubniß nach Laibach zurück, verließ aber, wahrscheinlich weil er das mit jener Erlaubniß verknüpfte Verbot zu predigen nicht zu halten vermochte, noch im selben Jahre mit einigen Gesinnungsgenossen Laibach und Kram gänzlich und ging nach Oberdeutschland. In Nürnberg fand Trüber freundliche Aufnahme bei VeitDietrich, auf dessen Empfehlung er alsbald (1548) Früh¬ prediger in Rotenburg an der Tauber wurde. Hier ver¬ heiratete er sich zum ersten Male. Auch in der Ferne konnte er des Vaterlandes und seiner Landsleute nicht vergessen und, um wenigstens etwas Gutes für dieselben zu wirken, versuchte er hier zuerst seine Landessprache, das Krainische (Windische), in Schrift darznstellen. Nach manchen Bemühungen gelang ihm dieß endlich. Jedoch machte ihm die durch das Interim hervorgerufene strenge Aufsicht auf die Druckereien neue Schwierigkeiten bei Veröffent¬ lichung seiner ersten Arbeiten. Nach vergeblichen Versuchen in Nürnberg und Schwäbisch Hall, wo man aus Besorgniß den Druck in der unbekannten Sprache verweigerte, gelang es ihm endlich 1550 zu Tübingen das erste Buch in krainischer Sprache, einen Katechismus in 8°, unter einem erdichteten Namen drucken zu lassen, desgleichen zwei Abecedarien (Fibeln), eines in deutscher, das andere in lateinischer Schrift, von denen das eine auch eine Nebersetzung des kleinen Brenzischen Katechismus darbot, und noch einen Katechismus vsloveimleim jesikn in 16", welcher Lu¬ thers kleinen Katechismus vermehrt aus Melanchthon, Ur¬ ban Rhegius und dem großen Br en zischen Katechismus enthielt. Obwol seine Freunde in Laibach, mit denen er fortwäh¬ rend in Briefwechsel stand, eine krainische Postille von ihm be¬ gehrten, hielt er doch für jetzt mit weitern Arbeiten dieser Art 6 inne. Dazu mochte vielleicht anch seine Uebersiedlung nach Kempten, wo er (1552) Pfarrer geworden war, beitragen. Erst ans Veranlassung P. P. Verger's wandte er sich wieder dieser Thätigkeit zu und begann seine Uebersetznng des Neuen Testa¬ ments; i555 erschien das erste Evangelium (zu Tübingen), 1557 der erste halbe Theil des Neuen Testaments (Tübingen, 4°, ent¬ haltend die Evangelien und die Apostelgeschichte), Anfangs 1560 ebenfalls zu Tübingen der andere halbe Theil des Neuen Testa¬ ments (enthaltend den Brief an die Römer), mit einer Widmung an König Maximilian vom I. Januar I5'i0. Allein es erhoben sich neue Schwierigkeiten und Hindernisse für dieses Unternehmen, indem der Verfasser theils aus Verger's Veranlassung schwär¬ merischer und zwinglischer Ansichten beschuldigt, theils von Or. Paul Scalichius, welchem König Maximilian diese Bücher zur Durchsicht übergeben hatte, in der Sprache und Orthographie derselben getadelt wurde. Trüber überwand jedoch alle diese Schwierigkeiten; der Druck in Tübingen wurde ihm vom Herzog Christoph von Würtemberg wieder gestattet und er konnte sogar noch weiter gehende Plane ihrer Verwirklichung entgegen¬ führen. Stephan Consul, ein ans Kram um des evangelischen Bekenntnisses willen vertriebener Priester, welcher damals in Re¬ gensburg lebte und sich und seine Familie durch Schulhalten er¬ nährte, hatte nämlich ohne Trnber's Vorwissen begonnen dessen krainische Uebersetznng in die kroatische (serbische) Sprache mit glagolitischer Schrift zu übertragen und war (im Sommer 1559) mit der Handschrift nach Möttling in Unterkrain gereist, um sie von Sprachkundigen prüfen zu lassem Da deren Urtheil durchaus lobend ausgefallen war, wandte er sich nach seiner Rückkehr an Trüber und den Freiherrn Hans Ungnad von Sonegg, mit welchem Trüber jetzt (August 1560) in nähere Verbindung und Rechnung trat. Dieser höchst angesehene und einflußreiche Mann (geb. 1493, gest. 1564), welcher in seinen frnhern Jahren den Kampf gegen die Türken zu seiner Lebensaufgabe gemacht, hatte seine Stellung als Landeshauptmann von Steiermark nicder- gelegt, um ungestört seiner evangelischen Ueberzengnng leben zu können. Nach einigem Aufenthalte zu Wittenberg kehrte er zwar nach Steiermark zurück, verließ jedoch unter Anfgebung aller seiner Ehreustellen seine Heimat gänzlich, weil König Ferdinand (1557) den dortigen Ständen befahl, entweder bei der Religion 7 des Landesfürsten zu verbleiben, oder ihre Güter zu verkanfen und das Land zu verlassen. Er begab sich nnn nach Würtemberg und nahm seinen Aufenthalt in Urach, wo er seine letzten Lebens- fahre insbesondere der Errichtnng und Erhaltung einer Anstalt zur Uebersetzung und zum Druck der Bibel in kroatischer Sprache wid¬ mete, bei welcher fortan Primus Trüber der Leiter, Stephan Consul und An ton Dalmata die vorzüglichsten Mitarbeiter- Würden, und auch Andere, wie Georg Zwetzitsch und Georg Juritschitsch, zeitweise beschäftigt waren. Während Trüber selbst in der Fremde so nach Kräften für das Wohl seiner Landsleute zu wirken bemüht war, hatten inzwischen die Zustände in seiner Heimat keine erfreulichere Wen¬ dung genommen. Zwar hatten sich die Anhänger des evangelischen Bekenntnisses nicht vermindert, aber es fehlte doch an öffentlichen evangelischen Predigern. König Ferdinand hatte wol auf drin¬ gendes Bitten der Stände sim Januar 1556) das strenge 'Ge¬ neralverbot der Communion unter beiderlei Gestalt in den öster¬ reichischen Erblanden zurückgenommen und somit diese indirect ge¬ stattet, jedoch wollten die Geistlichen dieselbe auch den Todtkranken nicht reichen. Alle Klagen der krainischen Landstände beim Landes¬ fürsten über die Lebensweise der katholischen Geistlichen und den Mangel an bessern Predigern, alle Befehle des Königs, gute Pre¬ diger (und nicht bloß windische für das gemeine Volk) besonders in Laibach anzustellen, blieben fruchtlos. Durch das ganze Jahr, selbst an den hohen Festen, war in Laibach keine Predigt zu hören, und wenn dieß ja einmal der Fall war, so geschah es „von jungen und frechen Leuten", welche sich nicht entblödeten unter Anderm auszusprechen, daß diejenigen, welche das Abend¬ mahl unter beiderlei Gestalt begehrten, unter dem Galgen begraben werden sollten, worüber sich die Landstände, jedoch vergeblich, beim Könige beschwerten. Diese Umstände bewogen endlich die krainische Landschaft zu dem Entschluß, sich auf ihre Unkosten einen eigenen Landschafts¬ prediger anznstellen nnd zu erhalten. Natürlich waren alsbald Aller Gedanken auf Trüber gerichtet, welcher denn auch von den im Landesausschusse versammelten Herren und Landleuten (am 10. Juni 1560) auf diese Stelle nach Laibach zurückberufeu wurde, mit dem Versprechen, ihm einen gleichen oder höher» Ge¬ halt zu geben, als er damals in Kempten hatte, denselben ihm 8 auch dann weiterzuzahleu, wenn er etwa auf Betreiben der Wider¬ sacher seine Stelle und Kram wieder verlassen müßte, und ihn unter allen Umständen nach ihres Leibes, Verstandes und Guts Vermögen nicht zu verlassen. Gleichzeitig wandte man sich an Bürgermeister und Rath der Stadt Kempten mit der Bitte um frenudliche Entlassung Trubers. Diese riethen ihrerseits Trü¬ be rn, sich vor Annahme dieses Berufes darüber erst mit verstän¬ digen und frommen Leuten zu berathen. Trüber, welcher bei sich selbst alsbald entschlossen gewesen war diesen Beruf anzuneh¬ men, auch wenn er des andern Tages nach seiner Ankunft in Lai¬ bach „gehenkt oder verbrannt werden sollte", gab doch dem ver¬ nünftigen Rathe der Herren von Kempten nach, und unternahm zu dem Ende eine Reise nach Würtemberg. Die Rathschläge der Geistlichen von Ulm und Memmingen, Grenzens und der geistlichen Räche zu Stuttgart, der Prediger und Professoren zu Tübingen und des hier lebenden Vergerius lauteten ver¬ schieden. Noch von Stuttgart ans richtete Trüber in dieser An¬ gelegenheit Schreiben an den Herzog Christoph von Würtemberg (13. Juli) und auf dessen Rath an König Maximilian (15. Jnliu Nach seiner Rückkehr erklärten die Herren von Kempten in einem Schreiben an die krainischen Stände (23. Juli) sich bereit, Tru- bern zu entlassen, falls er die Berufung annehme. Trüber selbst schrieb an den ständischen Ausschuß in Kraiu (25. Juli), daß die Herren sich die Sache noch einmal überlegen möchten, dann möchten sie um ihn schicken, zu welcher Zeit es ihnen ge¬ legen wäre, man werde ihn jederzeit willig finden der krainischen Kirche zu dienen. Auch erneuerte er nochmals sein früheres Schrei¬ ben an König Maximilian (27. Juli). Inzwischen ließ er das begonnene Unternehmen mit dem kroatischen Drucke nicht ruhen, sondern traf mit Stephan Consul die Verabredung, gleich nach den nächsten Weihnachtsfeiertagen die erste Probe mit demselben in Tübingen zu machen. Mitten unter diesen Sorgen und Ar¬ beiten empfing er aber am 2. December ein Schreiben des stän¬ dischen Ausschusses in Kram (vom 1. Oktober), worin derselbe nach Erwägung aller Bedenken die geschehene Berufung und die gemachten Versprechungen wiederholte, während ein anderes Schrei¬ ben aus Laibach (vom selben Tage) den Herren von Kempten für ihre freundliche Bereitwilligkeit dankte. Trüber sagte daher seine Stelle in Kempten bis Ende Januar nächsten Jahres ans und eilte nach Neujahr 1561 nach Tübingen, um dort den Druck seiner krainischen Uebersetzung der zwei Briefe an die Korinther und des Briefes an die Galater in Gang zu bringen, und mit Stephan Consul den Druck in glagolitischer Schrift mit einer kroatischen Uebersetzung des Ka¬ techismus zu erproben. Als er aber am 9. Januar in Tübingen ankam, traf er Consul schwer krank, so daß er, überhäuft von den auf ihn zusammenstürmenden Anforderungen, fast rathlos da¬ stand. Er begann den krainischen Druck der genannten Briefe, und erwog mit seinen Freunden, besonders auch mit Herrn Un- gnad, welcher von Urach herübergekommcn war, was zu thun sei. Auf deren Rath schrieb er an die Herren und Landleute in Kram (26. Januar), sie möchten doch um Gottes und der Wohl¬ fahrt der kroatischen Kirche willen bei der gegenwärtigen Arbeits¬ unfähigkeit Consuls ehestens ein oder zwei Kroaten nach Tü¬ bingen schicken; er wolle dieselben in Kempten erwarten und von da nach Tübingen begleiten, und sobald sie nur den Katechismus gedruckt, wolle er sich unverzüglich nach Laibach verfügen. Darauf¬ hin wurde von Kram Herr Anton ins Dalmata hinausgeschickt, welchen Trüber acht Tage in Kempten beherbergte und dann nach Tübingen zu Consul abfertigte, während er selbst in Kemp¬ ten einen nochmaligen Bescheid der Stände erwarten wollte. Statt dessen kam ein dringender Brief aus Urach von Herrn Ungnad, welcher ihn eiligst nach Tübingen berief, weil bei dem kroatischen Drucke in der Vorrede etwas gefehlt sei, worüber Vergerius viel Lärm erhoben. Ohne lange zu zögern fuhr deßhalb Trüber mit Weib und Kind, mit Hab und Gut nach Urach zu Herrn Ungnad, und von da (19. März) nach Tübingen, um hier den schließlichen Bescheid der krainischen Landschaft abzuwarten. In dieser Zeit ließ ihm der Herzog von Würtemberg durch Herrn Ungnad eine Stelle und entsprechenden Gehalt anbieten, allein er wollte, wie er seinen Freunden nach Laibach schreibt (Urach, 19. März), „der Landschaft Diener bleiben". Zugleich bat er in diesem Briefe ihm einen tüchtigen Bosniaken oder Uskoken zuzu¬ schicken, da er besorge mit Consul und Dalmata wegen ihrer unzureichenden Kenntnisse nicht durchkommen zu können, und mel¬ dete ihnen, daß man jetzt Luther's Katechismus und die Predigt cis voonbnlo st slkisnoia 6äsi (kroatisch) drucke, daß die (kroa¬ tische) Uebersetzung des Matthäus von Dalmata nicht corrigirt, 10 sondern ganz neu gemacht werde, und daß die Handschrift von Consul's Uebersetzung der Postille bei Salzburg verloren ge¬ gangen sei; zugleich drang er in sie, ihm doch einen endlichen Be¬ scheid von der Landschaft zu verschaffen, berichtete die Absendung der letztgedruckten kraiuischen Episteln (Korinther und Galater), nnd ermahnte sie dahin zu wirken, „daß die Bauern ihre Kinder windisch lesen lehren." Da Trüber hierauf Antwort oder den von ihm so sehnlich, jedoch ohne Grund erwarteten Bescheid nicht so bald erhielt, nnd dadurch die Entscheidung seines Schicksals sich immer mehr hin- anszog, nahm er im April 1561 vom Herzog von Würtemberg die Stelle als Pfarrer in Urach an, nm nicht sein eigenes ge¬ ringes Vermögen ganz verzehren zu müssen. Der ständische Ausschuß iu Krain hingegen, nachdem er län¬ gere Zeit vergeblich ans Truber's Ankunft gewartet hatte, sandte seinen verpflichteten und vertrauten Diener Elias Stotzinger zu ihm mit einem Schreiben (vom 28. April 1561), worin sie ihn aufforderten, sich schnellstens reisefertig zu machen und niit jenem nach Laibach zu kommen, und sich daran nichts anderes als Gottes Gewalt verhindern zu lassen; sie versprachen ihm behilflich sein zu wollen, daß er nach seiner Ankunft bei ihnen sich nm geeignete Personen in Kroatien und Dalmatien umsehen und die tauglich befundenen zum Werk des Druckes hinausbeforderu könne, ja daß er selbst, wenn er nur erst seinen Beruf in diesem Lande begon¬ nen habe, unverhindert sein solle, hernach wiederum auf einige Zeit hinaus zu reisen und dem erwähnten Werke beizuwohnen. Gleichzeitig schrieb der Ausschuß über diese Angelegenheiten an Herrn Ungnad. Demzufolge verließ Trüber im Juni 1561 sein Pfarramt zu Urach und seine Stellung bei Herrn Ungnad (bei dem er zu¬ gleich Hauscaplau gewesen zu sein scheint) und eilte unter Zurück¬ lassung seiner Familie nnd Habe mitStotzinger nach Laibach, wo er bereits vom 29. Juni 1561 an in der Spitalskirche wieder öffentlich in deutscher und windischer Sprache predigte. Hiermit begann nun seine zweite Wirksamkeit in Krain. War die frühere die eines Kirchen-Reformators gewesen, so war diese zweite die eines Kirchen-Jnstaurators (so nennen ihn die Stände in einem spätem Schreiben selbst» und Superintendenten. Kaum hatte Trüber am 29. Juni 1561 zum ersten Male n wieder in Laibach gepredigt, so wurde dieß unverzüglich dem auf seiner Residenz Ob er bürg in Steier weilenden Laibacher Bi¬ schöfe Peter von Seebach (1559—70) berichtet. Dieser sendete sofort (3. Juli, erhalten 4. Jnli 1561) durch den Gesellpriester Felician Türk zn St. Peter in Laibach ein Schreiben an Trüber, worin er sich bei diesem erkundigte, ob er auf Geleit in's Land gekommen, ob auf besondere Berufung der Obrigkeit, oder aus eigenem Antriebe sich der Kirche zu unterwerfen; was sein Vornehmen und Vorhaben sei, da doch jeden Feiertag im Hospital, im deutschen Haus und im Dom zu Laibach sowol deutsch als windisch gepredigt werde, und er (der Bischof) hierüber um nichts ersucht worden sei; solches möge selber ihm berichten, damit er danach seinem Amte und dem kaiserlichen Auftrage gemäß handle. Trüber erwiderte dem Bischöfe (8. Juli) hierauf: er sei von der Landschaft hieher berufen das Wort Gottes zu predigen; daher sei es sein höchstes Vorhaben die Ehre Gottes zu fördern, die Buße und den rechten lebendigen Glauben an den Herrn Christum zu verkündigen, und sich in allen Dingen der alten wahren christlichen Kirche und der angsburgischen Consession gemäß zu halten; auch wolle er, wie bisher in den 31 Jahren seines Predigtamts, alle verführerische neue Lehre, alle Serien, Rotten und Schwärmereien, die dein lautern Worte Gottes zuwider, gänzlich vermeiden; er empfiehlt sich ihm unterthänig als „in allen göttlichen und billigen Dingen ganz gehorsamer Pr. Tr., der krain. Landschaft berufener Prediger." Die Verordneten richteten gleichfalls noch eine ausführ¬ liche Zuschrift au deu Bischof (vom 10. Juli, abgesendet 13. Juli), worin sie demselben die Gründe und den Zweck der Berufung Tru- b e r's darlegten und erklärten, daß von diesem, einem alten, ziemlich „erlebten" Manne, alle christliche Gebühr und Bescheidenheit werde beobachtet werden, denn sie begehrten hierin nichts anders, als Verbesserung des Lebens, Abstehung von Sünden und die Ehre Gottes. Ohne Zeitverlust ging nun Trüber an die Organisirnng der evangelischen Kirche in Krain, welche eigentlich erst von jetzt an als solche zu bestehen begann. Natürlich galt es vor allen Dingen für die vorhandenen Bekenner der evangelischen Lehre brauchbare Seelsorger zu gewinnen und aufzustellen. Der Prediger Caspar Nokavez, welcher 1548 mit Trubern das Land verlassen hatte, predigte schon 1559 wieder in Krainburg; vertrieben, aber von 12 der Bürgerschaft zu Krainburg dahin zurückberufen, predigte er wieder dort seit März 1561. Einige andere Prediger, welche mei¬ stens früher katholische Priester gewesen waren, wurden angestellt, so Hans Tulschak (vulAo: Scherer)uud Georg Juritschitsch (mit dem Spottnamen Tur KodUa, d. i. Stutenjörg, belegt) zu Laibach, oder für die evangelische Kirche gewonnen, wie Georg Matschek in Unterkrain (Ratschach), Christoph Fa¬ schang in Oberkrain (Beides) und Gregor Stradiot auf dem Karst. Zehn Wochen brachte Trüber mit derartiger organisato¬ rischer Arbeit zu, predigte dabei in windischer und deutscher Sprache in Laibach und an anderen Orten in Krain, und theilte das Abendmahl unter beiderlei Gestalt aus, so daß sich alle Stände, „fürnemlich aber das äevotus kosmiusus sexus," dessen hoch erfreuten, Gott von Herzen mit nassen Augen lobten und dankten, daß sie solches erlebt, gehört und genossen. Dabei vergaß Trüber nicht, sich wegen der Richtigkeit und Verständlichkeit des glagoliti¬ schen, so wie des inzwischen auch schon begonnenen cyrillischen Druckes genau zu erkundigen. Die Landschaft selbst hatte auf sein Ansuchen deßhalb eigene Boten sowol zu den Druckern in Vene¬ dig (welche bisher allein in glagolitischer Schrift gedruckt hatten), als auch nach St. Veit am Flaum (d. i. Fiume), nach Zeug, nach Möttling und an andere Orte gesendet, auch einige sach¬ verständige Männer zur persönlichen Besprechung mit Trüber nach Laibach kommen lassen. Dieser seinerseits wendete sich mit einem Gesuch uni materielle Unterstützung dieses Unternehmens auch an die Landschaft in Steier, gewann für dasselbe zwei usko- kische Priester, Matth. Popovichy, einen Servier, und Hans Maleschevaz, einen Bosnier, und zog mit diesen, sobald das Hofteiding im August beendigt war, wieder nach Tübingen, indem er Tnlschak und Juritschitsch zur einstweiligen Besor¬ gung des geistlichen Amtes in Laibach zurückließ. Mit den beiden Uskoken, zwei Boten, vier Pferden und einem Esel, welcher die uskokischen Bücher und ein junges Türk¬ lein tragen mußte, reiste Trüber in zwanzig Tagen von Laibach durch Tirol über Kempten und Memmingen nach Urach, wobei er unterwegs Gelegenheit fand, den Popovichy als tüchtigen — Trinker kennen zu lernen. Ueber dieß Alles hatte mittlerweile der Bischof an den König Ferdinand berichtet, sonst aber im Allgemeinen der Sache ihren 13 Gang gelassen, wol in der Hoffnung, sie werde von selbst ein Ende nehmen. König Ferdi nand's noch vor Truber's Abreise ein¬ getroffener Befehl an den Bischof (vom 7. August 1561), Truber'n zu befragen, ob er sich zur Lehre der augsburgischen Confession be¬ kenne, in welchem Falle er ihm das Predigen nicht gestatten dürfe, hatte zur Folge, daß der Bischof den Landeshauptmann Jakob von Lamberg bat, Truber'n das Predigen zu verbieten. Nachdem dieß geschehen, stellten die Verordneten im Namen der Landschaft ihren Prediger dem Bischöfe vor, erwiesen die Grundlosigkeit der gegen ihn vorgebrachten Anklagen und ließen Truber'n sich selbst mit einigen Worten rechtfertigen, worauf der Bischof ihm wiederum zu predigen erlaubte, „doch daß er bescheidenlich predige." Dagegen erwirkte der Bischof einen kaiserlichen Befehl (September 1561) zur Vertreibung des Predigers Rokavez aus Krainburg. Die Zustände des katholischen Clerus in Krain wurden jedoch um nichts besser, und neuerdings gab ein junges unzüchtiges Weib vor, daß ihr die Jungfrau Maria erschienen sei und verlange, daß man ihr eine neue Kirche auf einem Hügel bei Oberburg (der Re¬ sidenz des Laibacher Bischofs in Untersteier) baue, was die Dom- und andern Geistlichen in Laibach nachdrücklich unterstützten, so daß etliche tausend Menschen dahin wallfahrteten und viel Geld, Vieh und Kleider daselbst opferten. Dagegen erregte es bei den¬ selben großen Anstoß, daß die beiden evangelischen Prediger Tnl- schak und Juritschitsch sich in den Stand der Ehe begaben, sich gegenseitig trauten, und dann mit ihren Frauen öffentlich sich zeigten und zur Kirche gingen. So verging der Winter 1561—62. Trüber hatte unterdessen wenig gute Tage in Urach gehabt. Nicht nur hatte er von seinem alten körperlichen Uebel, dem Rothlauf, viel zu leiden, sondern überladen mit Arbeit und Sorge erfuhr er noch obendrein manche Unannehmlichkeit. Zunächst hatten die Leistungen der beiden usko- kischen Priester, deren Lebensweise — sie aßen nur Fische, kein Fleisch — schon längst lästig geworden war, den gehegten Erwar¬ tungen doch nicht ganz entsprochen, so daß sie im Frühjahr 1562 mit Georg Zwetzitsch, der auch bei der kroatischen Uebersetzuug mit beschäftigt gewesen war und die Briefe Pauli übersetzt hatte, nach Hause geschickt wurden. Nun aber erhob sich noch außerdem zwischen Trüber und seinen Freunden in Urach ein schweres und zu bittern Aeußerungen führendes Mißverständniß wegen des Reise- 14 gelbes der beiden Uskoken. Dazu wurde er durch die kraiuischen Abgesandten nach Prag zur Rückkehr nach Laibach gemahnt (An¬ fangs Februar 1562), welche Mahnung durch ein Schreiben der Verordneten (vom 14. März, erhalten 3. April) wiederholt wurde. Trüber entschuldigte sich auf beide Schreiben mit seiner Krank¬ heit und seiner vielen Arbeit beim Druck, kam zugleich (am 3. April 1562) beim Herzog von Würtemberg um seine Enllassung vom Pfarramte in Urach ein, und versprach in seiner Antwort an die Abgesandten (vom 10. Februar, erhalten 1. März) nach Ostern, in der an die Verordneten (vom 11. April, erhalten 3. Mai) zn Pfingsten nach Laibach abzureisen. Zugleich ricth er den Abgesand¬ ten, beim Kaiser um das Barfüßerkloster in Laibach zu einem Spitale anzuhalten, weil kein Mönch mehr darin sei, und ersuchte die Verordneten, ihm bis Pfingsten seinen Vetter Lukas Zweckel hinauszusenden, damit ihm dieser bei Uebersiedlung seiner Familie und Habe behilflich sei. Die Verordneten gewährten ihm diese Bitte und veranlaßten Lukas Zweckel mit einem Briefe von ihnen (vom 7. Mai) zn Trüber zu reisen und ihm bei seiner Rückkehr und Uebersiedlung zu helfen. So kehrte denn dieser (im Juni 1562) nach Laibach zurück und brachte auch seine Familie und seine Habe mit sich. In Laibach erwarteten Trnber'n keine bessern Tage, als er in Urach gehabt, von denen er nach Prag schrieb: „er feire wahrlich nicht, sammle kein Geld, habe nicht gute, ruhige, noch gesunde Tage, das wisse der liebe Gott". Zunächst dauerten die Zerwürfnisse mit seinen Uracher Freunden noch fort, und wurden sogar noch dadurch vermehrt, daß er, in seiner Besorgniß um das Gelingen der kroatischen Bücher jedem einzelnen Urtheile zu viel Gewicht beilegend, durch den Ausspruch eines Mönches Johan¬ nes aus Neustadtl („i^ovornaisto") sich verleiten ließ, über die Fehlerhaftigkeit der bisher erschienenen Werke ein allzu schnelles und strenges Wort nach Urach zu schreiben. Der durch diese Ver¬ anlassung und die früheren Mißverständnisse herbeigeführte Brief¬ wechsel, die daraus entstandene Gemüthsaufregung und Erbitterung, so wie das hinzutretende Mißtrauen fanden nur allmählich ein Ende, indem die Verordneten mit der sie stets auszeichnenden ruhigen Besonnenheit die bestehenden Zerwürfnisse allseitig ausglichen und die Streitenden versöhnten. Noch war dieß nicht ganz zu Stande gebracht, als sich be- IS reits ein neuer und bedenklicherer Sturm gegen Trüber und die evangelische Kirche in Kram erhob. Kaum war jener nämlich in's Land zurückgekehrt, so ergingen auch schon vom Bischof und Ka¬ pitel zn Laibach die stärksten Beschwerden gegen ihn und seine Freunde an den Kaiser, welcher in Folge derselben von Podiebrad den 30. Juli 1562 („präsentiert am 12. Augusti von ainem fuß- poten gar spat") in drei Befehlen, erstens dem Landeshauptmann, Landesverweser und Vicedom, den Primus Trüber, Hans Scherer (Tulschak), Cobila Jurj (Juritschitsch), Jurj Mat¬ sch ek, Caspar Rokav ez zu Krainburg, N. (Gregor) Stra- diot und Matthes Klombner gefänglich einzuzichen, daun den Verordneten der Landschaft, der Ausführung jenes Befehls nicht hinderlich zu sein, und endlich dem Bürgermeister und Rath der Stadt Laibach, Trub er'n und seine zwei Mitprediger alsbald aus dem Spital zu schaffen und darin Niemand ohne des Bischofs Bewilligung predigen zu lassen befahl. Da der Bischof die früher ertheilte Erlaubniß zu predigen Truber'n niemals entzogen, noch sonst bei der Landschaft über denselben sich beschwert hatte, so war man über diese Befehle, deren Urheber inan leicht errieth, nicht wenig erstaunt. Der große ständische Ausschuß versammelte sich und richtete (den 21. August 1562) eine ausführliche Schutzschrift an den Kaiser, worin zunächst der Gebrauch von Spottnamen („Scherer", „Jur Kobila"; — übrigens war Jnritschitsch schon seit Anfang Juli nach Urach zum kroatischen Druck abgegaugcn) ernstlich zurückgewicsen, sodann die ganze Geschichte der Berufung Trubers nochmals ausführlich berichtet, und schließlich um Ein¬ stellung der ergangenen Befehle, besonders um Rücknahme der Ent¬ ziehung der Spitalkirche gebeten wurde. Gleichzeitig (21. August) wandte sich der Ausschuß an König Maximilian mit der Bitte um seine Vermittlung in dieser Angelegenheit. In Folge hiervon erließ Kaiser Ferdinand von Frankfurt am Main den 1. No¬ vember 1562 (erhalten 30. November) zwei Befehle, erstens an Bischof Peter, mit dem Auftrage, Truber'n ordentlich zu ver¬ hören und dann darüber Bericht einzusenden, dann an die Ver¬ ordneten, daß sie Truber'n unverzüglich vor den Bischof stellen, um Rechenschaft seiner Lehre zu geben, da ihm (dem Kaiser) die Sache ganz anders berichtet worden sei, als sie melden, wie sie aus beiliegender Abschrift vernehmen würden. Diese Abschrift ent¬ hielt übrigens die eigenthümlichsten Anklagen wider Trüber, 16 Tulschak und Juritschitsch, z. B. daß Jener die Apostaten copulire, die Taufe sine Lou8oeratu aczuu et 1iczuoribu8 admini- strire, die Verstorbenen ohne alle Ceremonien, Lichter, Vexillo, Exequiis und Vigilie conducire u. s. w. Noch am selben 30. November trug der Bischof im Namen des Landesfürsten Truber'n auf, am zweiten Adventssonntage im bischöflichen Palaste vor ihm zum Examen zu erscheinen, auf welches Schreiben Trüber am folgenden Tage (1. December) antwortete, daß er den Befehl genau vollziehen werde. Am zweiten Adventssonntage, den 6. December 1562, ver- sammelte sich im bischöflichen Palaste eine kleine, aber angesehene Versammlung, außer der katholischen Geistlichkeit der Landesver¬ weser Jobst von Gallenberg, die Verordneten, etliche Herren und Landleute des Fürstenthums Kram und der Stadtmagistrat von Laibach. In deren Gegenwart wurden Truber'n vom Bischof selbst folgende Fragen vorgelesen und ihm auferlegt, darauf mit Ja oder Nein zu antworten: I. Ob er glaubt, daß die christliche Kirche oder Versammlung, welcher der römische Bischof, der heilige Vater Papst, ein oberster Vicarius Christi auf dem Erdreich ist, die rechte, wahre, christliche Kirche sei, oder aber die der Luther und seine Nachkommen und Anhänger angehetzt und gelehrt haben, und noch anzeigen und lehren? 2. Ob er die sieben Sacramente, das ist die Taufe, Firmung, das hochwürdige Sacrament des Al¬ tars, Buße, die heilige Oelung, die Priesterschaft und die Ehe glaubt, predigt und hält? 3. Ob er glaubt, daß unter der Gestalt des gesegneten Oblats der wahre Leib und Blut Christi sei? 4. Ob er glaubt, daß die guten Werke eines Christenmenschen noth- wendig seien zu dem ewigen Leben, oder aber, daß wir allein in dem Verdienst Jesu Christi schon selig werden? 5. Ob er glaubt, daß man durch die Fürbitte der Jungfrau Maria, der Mutter Got¬ tes, und lieben Heiligen Gott anrufen soll, wie die christliche Kirche in der Litanei im Gebrauch hat? 6. Ob er glaubt, daß ein Purgatorium sei, und nutz sei denen, die ohne Todsünde aus dieser Welt geschieden, doch nicht recht rein und gebüßt, und ob das Gebet und andere gute Werke, als Almosen für sie gegeben, ihnen in der Vorhölle oder Purgatorio nutz seien? 7. Ob er glaubt, daß die Kirchengebräuche und Ceremonien, die man in der heiligen christlichen Kirche zu thun pflegt, welche die Menschen zu einer Andacht, Barmherzigkeit und Betrachtung des Leidens Christi 17 reizen und bewegen thun, zu halten seien oder nicht? 8. Ob er glaubt, daß die Messe, die bisher in der heiligen Kirche gehalten ist worden, ein Opfer sei für Lebendige und Todte? ob er die Messe hält, und das Meßgewand braucht, und Canonom majorem und minorem hält? 9. Ob er glaubt, daß unter der Gestalt des Oblats, wenn die Worte Christi darüber gesprochen werden, und von den Menschen nicht genossen wird auf eine Zeit, ob der wahre Leib und Blut Christi in der Gestalt des Oblats, als am Gotts¬ leichnamstag sich zu thun die christliche Kirche gepflegt, wahrlich da sei, oder nicht? Und ob man die Gestalt des Oblats in der Monstranze ehren und anbeten soll? 10. Ob die Vigilie, Gebet und Gesang für die Todten, auch Almosen zu geben, den Abge¬ storbenen helfen oder nicht? ll. Ob die Gestorbenen ohne alle Ceremonien, ohne brennende Kerzen, Kreuz und Vigilie begraben sollen werden? 12. Ob das Gelübde der Keuschheit zu halten sei oder nicht? — Zu fragen, ob er tauft, und wie er tauft, und ob er's mit Wissen des Ordinarius thut. 13. Ob er das gesegnete Wasser der Taufe zu der Taufe braucht? 14. Ob er die Chrisem der heiligen Oelung zu der Taufe und zu den Kranken braucht? 15. Ob er das Zeichen des heiligen Kreuzes den Kindern an „das" Stirn und Brust in der Taufe thut? 16. Ob er die Ce- remonie mit dem Speichel „die" Kinder die Naslöcher und Ohren bestreicht? (siv!) 17. Ob er das Weiße Tüchel über das Kind thut, sprechend: vestern eunlliäum? 18. Ob er laut des Exor- cismi, der in der heiligen christlichen Kirche gebraucht, die Kinder tauft, oder sich eines andern gebraucht? 19. Ob er der Augsbur- gerischen Confessio« sei? 20. Ob am Freitag und Sambstag Fleisch zu essen über das Gebot der heiligen christlichen Kirche Sünde sei? 21. Ob die Priester schuldig seien Inhalts der hei¬ ligen christlichen Kirchengebote die sieben Tagzeiten, Metten, Prim, Terz, Sext, Non, Vesper rc. zu singen und zu beten? Das Verhör über diese Fragen, welche mit Ausnahme der vierten und neunzehnten sich nur um Nebensachen und Ceremonien drehen, wurde am 6. December abgebrochen und erst am 20. De¬ cember beendigt, worüber dann der Bischof alsbald an den Kaiser berichtete. Da aber andererseits der Bischof Peter von See¬ bach 1563 selber wegen verschiedener Fehler beim Kaiser verklagt nnd von diesem einer strengen Untersuchung unterworfen wurde, in welcher das Domcapitel zu seiner Entschuldigung an den Kaiser 2 18 berichtete, so scheint es, daß dieser beide Untersuchungen fallen ge¬ lassen habe, zumal der ständische Ausschuß nochmals eine Recht- fertiguugs- und Bittschrift für Trüber an den Kaiser gerichtet und den kaiserlichen Vice-Großkanzler Dr. Siegmund Selb (am 27. December 1562) um seine Fürsprache und Verwendung beim Kaiser gebeten hatte. So konnte sich denn Truber's Thätigkeit wieder ungestört auf die Sorge für die iuncrn Angelegenheiten der evangelischen Gemeinschaft wenden. Das Nächste, was er mit den Verordneten in's Auge faßte, war das Schulwesen, da sie dessen hohen Werth für ihre Kirche vollkommen erkannten. So wurde denn zunächst 1563 eine landschaftliche, sogenannte lateinische Schule (Gymna¬ sium) von ihnen errichtet und unter des bisherigen „lateinischen Schulmeisters" Leonhard Budina Leitung gestellt, in dessen Hause sie auch untergebracht wurde. Sodann beschloß man im Landtage (August 1563) in Gemeinschaft mit der Stadt Laibach die städtische Spitalkirche zu erweitern, da sie die Menge der Zu¬ hörer nicht mehr zu fassen vermochte. Zugleich sorgte man auf Truber's Antrag für eine Vermehrung der Geistlichen in Laibach, da Trüber und Tulschak (Scherer) der Fülle von Arbeiten um so weniger gewachsen waren, als der Erstere durch sein vorgerücktes Alter und besorgnißerregende Körperschwäche vielfach au der Aus¬ übung seines Amtes verhindert war. Man berief daher (2. August 1563) Sebastian Krel (s. nachh.) an des beim Druck in Urach abwesenden Georg Juritschilsch Stelle zu seinem Gehilfen mit der Verpflichtung, nach Umständen auch den Budina in der Land¬ schaftsschule zu unterstützen. Nächstdem gab Trüber, in richtiger Würdigung der hohen Bedeutung des evangelischen Kirchengesan- ges, dem krainischen Volk einen Schatz religiöser Lieder, welche er theils selbst dichtete, theils aus dem Deutschen übersetzte. Hauptsächlich aber arbeitete Trüber in diesem Jahre(1563) an der Abfassung einer windischen Kirchenordnung, welche er aus der würtembergischen und uürubergischen zusammenstcllte und wel¬ cher er nach Vorgang der mecklenburgischen ein Corpus der ganzen christlichen Lehre aus Melanchthou's Lxamsn UmoIoZieum bei¬ fügte. Dieses Werk, dessen Handschrift Trüber stückweise nach Würtemberg zum Druck sendete, mag auch der Umstand mit her¬ vorgerufen haben, daß die Protestanten in Kram durch die oben erwähnte Klagschrift beim Kaiser der Mißachtung der Sacramente, 19 und durch mündliche Verleumdung bei der Regierung in Wien gar so „wilder seltsamer Ordnung bei der Taufe, daß man die Kinder allein in den Wasserfluß Laibach uetze uud eintauche, uud als¬ dann dieselben wieder davon lasse", beschuldigt worden waren. Außerdem machten ja auch die Nothwendigkeit einer festen, gemein¬ samen kirchlichen Ordnung für die immer mehr im Lande zuneh¬ menden evangelischen Gemeinden und das Bedürfniß einer solchen Kirchenordnnng in der Landessprache die Bearbeitung und Ein¬ führung derselben unerläßlich. Viele Amtsreisen und schwere Handlungen unterbrachen Trubern bei dieser Arbeit, allein der Druck derselben sollte noch größere und ernstere Unterbrechungen erleiden. Zunächst erhielt (im September 1563) der Landeshauptmann in Kram Jacob von Lamberg einen besondern kaiserlichen Be¬ fehl Trubern zu verhaften, jedoch der Landesverweser Jobst von Gallenberg wies diesen an, wenn er von dem Landeshaupt¬ mann vorgefordert werde, zu antworten, es sei ihm von den Ver¬ ordneten und dem Ausschüsse befohlen worden sich nicht in das Schloß zn begeben; man werde ihn dann schon zu schützen und zu vertreten wissen. So blieb der kaiserliche Befehl unausgeführt, doch verließ Trüber für einige Zeit Kram und begab sich in die Graf¬ schaft Görz, wo er zu Rnbia (in der Nähe von Triest) öffentlich als Prediger wirkte. So viel Gefahr ihm hierbei von seinen Feinden drohete, so viel Schwierigkeiten bereiteten ihm mittlerweile seine Freunde. Trü¬ ber hatte nämlich im October 1563 in einem freundschaftlichen Briefe an Herrn Nicolaus von G raveneck, herzogl. würtem- berg. Obervogt zu Urach, unter Anderem Folgendes geäußert: „Von der Uneinigkeit zwischen den hochgelehrten Theologen von wegen des Nachtmahls, und daß sich das Volk durch die gottseligen Pre¬ digten wenig bessere, ist zn erbarmen, und ich höre nicht gern. In unsrer Kirche, die die evangelische Lehre angenommen, ist noch (Gott Lob!) von keiner Secte noch Zwiespalt zn hören. Wir leh¬ ren und glauben einhelliglich den Worten Christi beim Abendmahl, daß wir allda den wahren Leib und das wahre Blut Christi des Herrn im Geist und im Glau¬ ben empsahen und uns wahrhaftig des Leibs und Bluts Christi, das ist seines Verdiensts, theilhaftig machen, nach dem Wort Pauli 1. Cor. 10." Kaum hatte der zelotische 2 20 Orthodoxist vr. Jacob Andrea, Kanzler der Universität Tübin¬ gen, hiervon durch iVI. Christoph Binder, Pfarrer und General- Superintendenten zu Nürtingen, Kenntniß erhalten, so Hatteer nichts eiliger zu thun, als dieß (18. November 1563) an den Herzog Christoph von Würtemberg zu berichten, mit der Insinuation, daß die bei Herrn Ungnad eben im Druck befindliche Kirchenordnung Truber's zuvor durchgesehen werden sollte, ob derselben etwa der¬ gleichen Worte „eingeleibt", damit nichts gedruckt werde, was der fürstlichen Confessio» nnd Kirchenordnung zuwider sei. Hierauf be¬ fahl Herzog Christoph (Stuttgart, 19. November 1563) Herrn Ungnad den Druck der Kirchenordnung einstweilen einzustellen und dieselbe von Consul nnd Dalmata genau durchsehen zu lassen. Herr Ungnad berichtete dieß auf Anordnung des Herzogs an Herrn Jobst von Gall en berg, Landesverweser in Kram, nnd an Trüber (Urach, 21. December 1563), welche beide ihrer¬ seits den Verdacht des Zwinglianismus entschieden abwiesen (28. Jänner 1564). Doch schrieb der Herzog abermals an Trüber (29. Februar 1564), daß seine (oben erwähnten) Worte, „wiewol sie an ihnen selbst recht und christlich, doch zu dieser Zeit so general, daß auch die Zwinglischen und Calvinischen ihre Mei¬ nung darunter wägen und damit verkaufen können", auch wollten sie, „eine neue Auslegung der Worte des Abendmahls einführen, nämlich da Christus sagt, das ist mein Leib, das sollt als viel sein, das ist meines Leibs Verdienst", daher sollte er in seinen Reden und Schreiben solche amiiÜAcm et tlexilocpua vooabula nicht ge¬ brauchen. Zwar wurde dieser Handel nach längerem Briefwechsel beigelegt, indem auch Andreä (Tübingen, 6. Juni 1564) an den Landesverweser und die Verordneten und an Trüber entschuldi¬ gend und versöhnend schrieb, wobei er jedoch nicht unterließ dem Letztem zu bemerken, daß, „da er dieses sein Bekenntniß dem Bul¬ linger gen Zürch zugeschickt, der auch dasselbige unterschrieben und in aller Welt gerühmt haben würde, daß er (Trüber) Zwing- lisch und gar nicht Augsburgischer Confession wäre." Allein es er¬ hob sich inzwischen eine neue Wolke. Der Herzog von Würtem¬ berg verbot nach vollendeter Durchsicht der Kirchenordnung aus Besorgniß nicht nur den Druck der mehrfachen „Vermahnungen und Vorreden bei dem Artikel des heil. Nachtmahls", weil diesel¬ ben nicht in die Kirchenordnung, sondern auf die Kanzel gehörten (worin er allerdings Recht hatte), sondern er verwarf auch gänzlich 21 die von Trüber verfaßte Vorrede zum ganzen Buche und trug Andrea (welcher augenscheinlich dahinter steckte) die Abfassung einer neuen auf. Das machte nun natürlich neue Schwierigkeiten und Schreibereien. Der Landesverweser und die Verordneten in Kram lehnten 03. August l564) Andreä's Vorrede ab und baten diesen dagegen behilflich zu sein, daß die krainische Kirchenordnnng mit der von Trüber verfaßten Vorrede möglichst bald im Druck beendet werde. Während dieser durch Andrea über die echt evangelischen, und als solche im Schreiben des Herzogs selbst anerkannten Worte des milden, mehr melanchthonisch und unionistisch gesinnten Trü¬ ber angeregten Händel hatten die Gegner der evangelischen Kirche in Kram nicht geruht. Sie hatten vielmehr die Abfassung der frag¬ lichen Kirchenordnung in Erfahrung gebracht und dem Landesfür¬ sten angezeigt, welchem die beabsichtigte Einführung einer neuen Kirchenordnung nach damaligen Begriffen sehr leicht als ein Ein¬ griff in sein Oberhoheitsrecht dargestellt werden konnte. Erzherzog Karl, welcher noch vor dem Tode seines Vaters Kaiser Ferdi¬ nands (25. Juli 1564) die Regierung der österreichischen Erblande angetreten und bereits am 28. April 1564 persönlich die Huldi¬ gung in Laibach eingenommen hatte, verbot (Wien, 9. September 1564) den Verordneten in Kram, indem er sie zugleich an die von seinem Vater getroffenen Vorkehrungen in Religionssachen und insbesondere an die schon pnblicirte Erlaubniß der Communion unter beider Gestalt erinnerte, die erwähnte Kirchenordnung heim¬ lich oder öffentlich drucken oder publiciren zu lassen. Grauenvoll wüthete eben in Laibach die Pest, während in Unterkrain die Türken hausten; das ganze Land befand sich in der übelsten Lage. Alle Gottesdienste und Predigten in der Stadt hat¬ ten aufgehört, ein großer Theil der Bewohner hatte sich ans der¬ selben geflüchtet. Die Regierungsbehörden befanden sich zu Lack in Oberkrain, dort auch die Verordneten der Landschaft. Trüber, welcher zu dieser Zeit wieder in Laibach lebte, war mit inner» Kirchenangelegenheiten sehr beschäftigt. Georg Juritschitsch, welcher nach seiner Rückkehr von Urach Prediger in Stein ge¬ worden, war eben durch einen wiederholten landesfürstlichen Be¬ fehl an den Vicedom mit Wegschaffnng bedroht. Sebastian Krel hingegen, welcher bisher Truber's Gehilfe ^Diakonus) in Laibach gewesen, war von den Verordneten nach Lack berufen 22 worden. Dazu war der Laudesverwcser Jobst v. Gallenberg, einer der Hauptbeschützer der Protestanten, gerade in Wien abwe¬ send, und unter den Verordneten zeigte sich über das Verbot der Kirchenordnung zum Theil Zaghaftigkeit und religiöse Gleichgiltig¬ keit. Da galt es denn, daß Trüber mit aller Macht seines Wor¬ tes auftrat. In einem schriftlichen „Bedenken und Rathschlagen" gibt er ihnen Anleitung, wie sie in dieser Angelegenheit lauter und wahrhaftig dem Landesfürsten berichten sollen, und schließt dieselbe folgendermaßen: „In Summa, Ihr meine Herren, wollet Ihr be¬ ständige und nicht mamelukische Christen, Ehr- nnd Geizhals sein, diesem Land gottselig vorstehen, nnd dem Teufel nicht zu Theil werden, so müßt Ihr jetzund im Anfang in dieser neuen Regie¬ rung von Neuem gründlich, lauter, mit offenem Maul Euren Glauben mit Gefahr alles Eures Guts, Leibs und Lebens, Weib und Kinder, schriftlich, mündlich und offenlich bekennen u. s. w. — Denn in der Wahrheit, Ihr Herren, werdet Ihr jetzund kleingläu¬ big, verzagt, wollt heucheln, so hat der Teufel schon in die unsere Kirche ein Loch gemacht und obsieget, unserer Kirche schwache Glieder hoch betrübt und geärgert. Darum seid in dem redlich, wacker und unverdrossen zu schreiben." Die Verordneten schrieben demnach (20. November 1564) dem Erzherzoge, daß ihnen allerdings Primus Trüber, der Land¬ schaft Predicant, vor einiger Zeit die von ihm unternommene Ab¬ fassung und Verdolmetschung einer Kirchenordnnng aus der wür- tembergischen und nürnbergischeu gemäß der (ihnen gestatteten) augsburgischen Confession angezeigt habe, was sie, in Bedacht, daß alle guten Bücher denjenigen, welche blos die windische Sprache verstehen, ohne windische Verdolmetschung nichts nützen, guter Mei¬ nung haben geschehen lassen, wie es ja Niemand verwehrt sei gute Bücher in allen Sprachen zu lesen und aus denselben ins Win¬ dische zn übersetzen; sie hätten nie beabsichtigt diese Kirchenordnung andern Kirchen „aufzusailen", wie es auch nicht in ihrer Macht stehe; nnd damit er sehe, daß sie nichts wider die augsburgische Confession gestattet hätten, möge er diese Kirchenordnung durch fromme und verständige Personen prüfen lassen. Darauf erwiderte oer Erzherzog (Wien, 15. December 1564), die sich darbietende Veranlassung zur Vertreibung Truber's gern ergreifend: es habe ihnen durchaus nicht gebührt durch die Druckgestattung einer, wie immer beschaffenen Kirchenordnung in seine Hoheitsrechte einzugrei- 23 fen; nach den Reichsconstitutionen stehe nur dem Landesfürsten das Recht zu, der Religion halber Ordnung zu geben, und werde er sich darin nicht vorgreifen lassen; ihre eigenwillige Anmaßung ge¬ reiche ihm daher zu großem Mißfallen und er behalte sich die Strafe gegen die vor, welche die Publicirung dieser Kirchenordnung verursacht; alle gedruckten Exemplare derselben seien an den Lan¬ deshauptmann Jacob von Lamberg abzuliefern, Trubern aber sollten sie binnen zwei Monaten aus allen seinen Fürstenthümern ziehen lassen und über diese Frist nicht aufhalten. Diesen Befehl des Erzherzogs legten die Verordneten im nächsten, wegen oer Pest erst auf den Februar 1565 nach Laibach berufenen Hofteiding vor, von wo dann die versammelten Herren und Landleute (8. Februar 1565) abermals zur Entschuldigung der Kirchenorduuug und Truber's berichteten, daß erst dieser Tage zwei „Fasset" mit gedruckten Büchern, darunter auch etliche Exem¬ plare der Kirchenordnung sein sollen, angekommen seien, welche sie uneröffuet dem Landeshauptmann zustellen lassen; keiner von ihnen habe bisher ein gedrucktes Exemplar derselben mit Augen gesehen, geschweige daß sie dieselbe publicirt hätten; auch sein Vater, der Kaiser, habe ihren Predicanten Trüber, nachdem derselbe vom Bischöfe examinirt worden sei, „mit Gnaden bleiben lassen"; der¬ selbe, den sie nicht ans Fürwitz, sondern aus Noth und Mangel an tauglichen Geistlichen berufen, habe sich allerwegen beschei¬ den und christlich gehalten; zu besserer Darstellung und Entschuldi¬ gung hätten sie Gesandte an den Erzherzog erkiest, welche jedoch zum Theil von verschiedenen wichtigen, bisher verschobenen Ge¬ schäften in und außer Landes noch in Anspruch genommen seien; der Erzherzog wolle daher diese in Gnaden erwarten, inzwischen aber verordnen, daß mit dem ergangenen Befehle stillgehalten und Trubern bis letzten Mai Luft gelassen, derselbe auch zu ausführ¬ licher Verantwortung eiuvernommen werde. Hierauf antwortete der Erzherzog (Wien, 22. Februar 1565, erhalten 3. März 1565), daß er es aus guten Gründen bei seiner anbefohlenen Ausschaffung Truber's, von dem sie ja auch ge¬ wußt, daß er in weiland seines Vaters sonderer Ungnade gewesen, bewenden lasse; betreffs ihrer Religionsbeschwerden bemerke er, daß es bereits durch seines Vaters Bemühungen dahin gekommen, daß man die Communion unter beider Gestalt in seinen Fürstenthü¬ mern mit Ordnung und in Einigkeit der christlichen apostolischen 24 Kirche reiche, und es also nicht nöthig sei dafür einen Predicanten von auswärts zu berufen; und da er spüre, daß der große Man¬ gel an tauglicher Priesterschaft hauptsächlich daher fließe, daß man ihnen bisher die Ehe verweigert, so sei er mit seinem Bruder, dem Kaiser (Maximilian II.), in starker „Jebung" ihnen solche Ehe mit ordentlicher Zulassung zu erlangen; die beschlossene Abfertigung von Gesandten vermerke er zum Beßten, halte aber für unnöthig solche Kosten deßwegen aufzuwenden, da er ohnedieß ihnen in allen Gnaden geneigt sei und von seiner frühern und jetzigen Resolution nicht Weichen könne. Inzwischen hatte der ständische Ausschuß aus seiner Bütte Herrn Hans Joseph Freiherrn zu Egkh und Hungers¬ pach, Verordneten, Herrn Dietrich Freiherrn zu Auers¬ perg, Erbkämmerer in Krain und der windischen Mark, Verord¬ neten und Einnehmer, Pankraz Sauer zum Kosiackh, Ma¬ ximilian von Lamberg zum Rotenpühel, Leonhard Kreen, Rathsbürger zu Laibach, und Andreas Petschacher, Rathsbürger zu Stein, zu Gesandten an Erzherzog Karl und Kaiser Maximilian II. erwählt und ihnen ein Bittschreiben an den Letztem nm seine Jntercession bei seinem Brnder Erzherzog Karl (vom 26. Februar 1565» und eine Instruction ihrer Wer¬ bung und Verrichtung bei diesem (vom selben Tage) ausgefertigt. Natürlich hofften sie durch eine ausführliche und getreue Darstel¬ lung der früheren Ereignisse die Erlaubniß zu erlangen, daß Trü¬ ber im Laude bleiben dürfe, „welche aber", steht auf der Instruc¬ tion bemerkt, „nicht erhalten werden mögen. Gott anheimgestellt." Am 24. April 1565 überreichten die Gesandten der drei Stände von Herren, Ritter und Adel, auch Städten und Märkten in Krain dem Erzherzog Karl zu Wien (nach abschlägigem Bescheide auf ihr erstes Ansuchen) ein Bericht- und Gesuchschreiben, worin sie nach Anführung alles Vorangegangenen dem Erzherzog ihre erste Bitte seit seinem Regierungsantritt au's Herz legten, daß er den alten, „erlebten", schwachen Mann (Trüber) nicht urplötzlich, un¬ verhört und nnverantwortet aus dem Land weise; denn nicht er, sondern wenn überhaupt, so habe die Landschaft gefehlt; es seien vielmehr nur lasterhafte, neidige Personen, die die Priesterehe ver¬ achten, aber ihre mit ihren Concubinen erzeugten Kinder sogar zu ihrem eigenen, geistlichen Stand befördern, deren größere Zahl aber dem Hanse Oesterreich nicht viel Treue oder Gutes, sondern 25 alle Arglist und Untreue erwiesen habe, welche schon dem Bischof Urban zu seiner Verfolgung behilflich gewesen, dann bei weiland Kaiser Ferdinand und ohne Zweifel auch bei dem päpstlichen Legaten und dem Venedigischen Patriarchen zu Aquileja so viel angehalten, erdichtet und angebracht, daß es kein Wunder wäre, wenn der Landesfürst noch unruhiger gemacht und (nach jener Ge¬ fallen) zur Ungnade gegen seine getreuen Landschaften bewogen worden wäre. Des Erzherzogs Antwort lautete dahin, daß er seine frühere Resolution nicht ändern wolle, und so baten die Gesandten wenig¬ stens um Erhörung ihrer letzten und geringsten Bitte, nämlich daß Trubern, der alt und schwach, auch mit Weib und Kindern beladen sei, und sich seit fünf Jahren mit häuslicher Wohnung zu Laibach eingerichtet habe, wenigstens bis Ende des laufenden Jah¬ res Frist zum Abzüge gegeben werde, damit er sich inzwischen um eine andere Stellung umsehen und mit Weib und Kindern, Hab und „Gütl" ohne Schaden abziehen möge. Aber auch dieß wurde nicht bewilligt, sondern des Erzherzogs dritter und letzter Bescheid (Wien, 8. Mai 1565) lautete dahin, daß früher die im Hofteiding Versammelten um Verlängerung von zwei Monaten, also bis letzten Mai, gebeten, daß sie (die Ge¬ sandten) jetzt wieder bis Ende Jahres ansuchen, und daß daher hiermit noch zwei Monate, also bis Ende Juli, Trubern im Lande zu bleiben gestattet werde, doch daß derselbe inzwischen sich des Predigens, Lärmens und Prakticirens gänzlich enthalte. Von dieser Entscheidung setzte der Erzherzog den Landeshauptmann in Krain alsbald (Wien, 9. Mai 1565) in Kenntniß. Dagegen baten die Verordneten den Erzherzog (5. Juni 1565) es nicht ungnädig auszunehmen, wenn Trüber bis zum nächsten, auf den 18. Juni verschobenen Hofteiding bescheiden nach dem Text der gewöhnlichen Evangelien predige, da sie (die Verordneten) vor Zusammentritt der Stände hierin keine Gewalt hätten. Lan¬ deshauptmann (Jacob von Lambergi, Landesverweser (Jobst von Gallenberg) und Vicedomamts-Verwalter (Casp. Mauritsch) befür¬ worteten dieß beim Erzherzog (5. Juni 1565), welchem sie melden, daß sie Trubern die landesfürstliche Entscheidung am 31. Mai mitgetheilt haben. So hatte denn Truber's Wirksamkeit in Krain für immer ein Ende. In der anberaumten Frist bereitete er sich zum Abzüge. 26 In seinem am alten Markt gelegenen Hause ließ er seine nicht unbeträchtliche Büchersammlung zurück, welche er später (19. März 1569) der Landschaft zum Gebrauch für Kirche und Schule zum Geschenk machte, wogegen ihm die Landschaft (7. August 1569) einen Schuldschein über 200 fl. zurückgab. Dadurch erwarb sich Trüber noch das Verdienst den Grund zur ersten öffentlichen Bibliothek in Krain gelegt zu haben, welche die Landschaft spä¬ terhin durch Ankauf anderer Sammlungen nicht unbedeutend ver¬ mehrte. Trüber selbst, welcher fortwährend mit seinen Bekannten in Würtemberg in brieflicher und wissenschaftlicher Verbindung geblie¬ ben war und sich an der Thätigkeit der dortigen Druckereien in krainischer und kroatischer Sprache unausgesetzt betheiligt hatte, be¬ gab sich jetzt mit seiner Familie wieder dorthin. Zwar war der alte Herr Ungnad seither (27. December 1564) gestorben, doch war die Uebersetzungs- und Druckanstalt zn Urach noch in Thä¬ tigkeit. Auch war der Herzog von Würtemberg Trubern noch in alter Weise gewogen. Er verlieh ihm daher zunächst (1565) die eben erledigte Pfarrstelle zu Laufen am Neckar. Hier schrieb Trüber (Jänner 1566) die Vorrede zu seinem damals in Tübin¬ gen erscheinenden Psalter. Bald darauf wurde er, um für die Herausgabe »indischer Bücher der Druckerei näher zu sein, von hier nach Derendingen bei Tübingen versetzt, indem der hier befindliche junge Pfarrer Wilhelm Holder dafür nach Lau¬ fen kam. Noch einmal besuchte Trüber 1567 seine ihm so theure Heimat. Plötzlich erschien er (I. Juni 1567> mit einem Empfeh¬ lungsschreiben des Herzogs von Würtemberg in Laibach, als gerade der Landeshauptmann Herbard von Auersperg, der Landes¬ verweser Hans Kisl zum Kaltenbrunn und andere landschaft¬ liche Gesandte sich zu Wien am Hofe des Erzherzogs Karl be¬ fanden und dort noch einen Versuch um Wiederzulassung Tru- ber's in Krain machten. Da nun seine unerwartete Ankunft der Landschaft leicht den Schein eigenmächtiger Rückberufung zuziehen konnte und ihr auch in der That längere unangenehme Verhand¬ lungen mit dem Erzherzoge bereitete, so verrichtete Trüber auf das Schnellste seine Geschäfte. Er war nämlich von Freunden in Würtemberg nm genaue Erkundigung über den Alkoran ersucht worden, und besprach sich deßhalb mit dem von Herbart von 27 Auersperg bei Novi (1566) gefangenen und auf dem Schloß zu Laibach gefangen gehaltenen Usraim Beg, Pascha von Bos¬ nien, und mit einem türkischen Priester zu Reifnitz, während er andere gefangene Türken zu Tschernembl durch einen Amtsbruder ausforschen ließ, hielt auch noch im Hause Sebastian Krel's zu Laibach eine Synode ab, und ritt dann auf seinem Esel eiligst wieder weg. Von da an sah er sein Vaterland nicht wieder, aber fort und fort sorgte und wirkte er, auch unter der allmählich sich einstellenden Gebrechlichkeit des höhern Alters, für das Wohl des¬ selben. So arbeitete er unausgesetzt an der Uebersetzung evangeli¬ scher Bücher in's Krainische. Er vollendete (1572) die Uebersetzung des neuen Testaments, dessen letzter Theil (Tübingen) 1577 in 4" erschien; gern hätte er dasselbe noch einmal in Folio mit Erklä¬ rungen herausgegeben, allein er konnte wegen der Türkenkriege von den „Landschaften" keine Beiträge zu den beträchtlichen Kosten er¬ halten; doch gab er es 1582 noch einmal in 8° heraus. Außerdem übersetzte er Anderes, z. B. die Concordienformel, und in seinen letzten Lebensjahren Luther's Postille. Dabei stand er mit den Stän¬ den Krams fortdauernd in lebhaftem Briefwechsel über die Ange¬ legenheiten der evangelischen Kirche in diesem Lande, für deren Wohl er theils durch Zusendung tüchtiger Geistlicher, wie Christoph Spindler's 1569 (s. spät.), Georg Dalmatin's 1572 (den er als seinen besten Nachfolger im Uebersetzungsfache empfahl, welcher Empfehlung derselbe durch seine windische Bibelübersetzung, Wit¬ tenberg 1584, Fol., glänzend entsprach) und seines eigenen Sohnes Felician Trüber 1580 (s. spät.), theils durch Unterstützung und väterliche Fürsorge für die jungen krainischen und andere Studen¬ ten und Stipendiaten in Tübingen sorgte. Sein letztes Schreiben an die krainischen Stände (vom I. 1586) war von seiner eigenen Hand also unterzeichnet: „Primus Trüber, gewesener, ordentlich berufener, präsentirter und confir- mirter Domherr zu Laibach, Pfarrer zu Lack bei Ratschach, zu Tüffer, und in St. Bartholomäenfeld, Caplan bei St. Maximilian zu Cilli, windischer Prediger zu Triest, und nach der ersten Verfol¬ gung Prediger zu Rotenburg an der Tauber, Pfarrer zu Kemp¬ ten und Urach, nachmals Prediger der Ehrsamen Löbl. Landschaft in Krain, und in der Grafschaft Görz zu Rubia; und nach der andern Verfolgung Pfarrer zu Laufen und jetzund zu Derendingen bei Tübingen." 28 So war ihm das Greisenalter, wie ein ruhiger, milder Abend nach einem stürmischen Gewittertage, erschienen. Ehrwürdig war es den vielerprobten Greis mit der hohen, festen Stirn, den spärlichen Locken um's Haupt, den klaren, klugen Augen, der edel¬ geformten, schönen Nase, dem langen, vollen, Weißen Barte in seinem eigenen Hause zu Derendingen inmitten der Seinigen und umge¬ ben von ihrer sorgenden Liebe zu sehen. Geliebt und geehrt von Allen, die ihn kannten, war er nicht nnr ein treuer Familienvater und milder Wohlthäter der Armen, sondern auch ein gesuchter Rathgeber und väterlicher Freund, besonders der studirenden Ju¬ gend, ein thätiger Beschützer und Helfer derer, welche gleich ihm um ihres evangelischen Glaubens willen die Heimat hatten ver¬ lassen müssen. Zur Unterstützung armer Studenten und Flüchtlinge verwendete er hauptsächlich den Jahresgehalt von 200 Thalern, wel¬ chen die krainischen Stände ihm bis an sein Ende auszahlen lie¬ ßen. Da seine Körperkräfte immer mehr schwanden, verordnete ihm der Herzog von Würtemberg zwei Diakonen aus dem fürstlichen Stifte zu Tübingen. Aber seines Geistes Kraft war noch ungebro¬ chen und rastlos thätig. Als achtundsiebzigjähriger Greis dictirte er noch auf seinem letzten Krankenlager einem Schreiber das letzte Stück seiner krainischen Uebersetzung von Luther's Postille, welche Arbeit er drei Tage vor seinem Tode beschloß. Am Tage vor seinem Abscheiden erließ er allen Armen, an welche seine Er¬ ben hätten Anspruch machen können, ihre Schulden. Dann ver¬ harrte er bis zum letzten Augenblicke in Gebet und Anhörung vor¬ gelesener Stellen aus der heiligen Schrift, und als ein anwesender Prediger auf sein letztes Seufzen zu Gott Amen gesagt, ist er still und sanft in dem Herrn entschlafen, am 29. Juni 1586. vr. Jakob Andrea hielt ihm die Leichenpredigt über 2. Tim. 4, 5—8 (gedruckt Tübingen 1586) und Professor Martin Cru- sius von Tübingen schrieb ihm folgende Grabschrift, welche noch heute auf seinem Gedenkbilde in der Kirche zu Derendingen zu lesen ist: „Vir tumulo 1lO6 8LN6tU8 äs 81ava 68t A6llt6 86pultu8, Drimu8, HUI Odri8ti praeeo 6äeii8 erat. Imbuit die primu8 vera pietate Dabaeum, Dxpul8U8 Domini nomine multa tulit. RotenburAL dabuit tiäum luderana mini8trum, Oampiäoni äoeuit voee 8onante Deum. ^Vuraeum eapit dine in ^VurtemberZiäe terra, 2» Usnkugus lloetorem, post OereuüinZn p>c> iVlsIantllone (iiiae niruirum, «znus in nsuin tsrtiae et czuurtus elassis sollolurum Dneutns ^irtenrberAensis eoilsotae snnt), Oieeronis epistviae kuiniliares, lerentins, VirZilius (oder iooi eonnnnnes ex Oviäio oder andern Dichtern), ^ritlnnstioa, Musiea, kibelluii Araeeo-iatini LvunAsliornin cioininioalinnr, k^ovurn Tasta- inenturn Araeoo-Iatinnin, tubuiue Araeeue k^sankiri, Orusii vel 8oiiolae ^rAent. I. part., Oasipockii lexieon lutino-Aerinani- eniD, Ouispinns, Nisoiins schon den Umfang ihrer Leistungen ziemlich bezeichnen; Auswendiglernen der Grammatik, Lectüre des Cicero, mit Analyse nach den Regeln der Etymologie und Syntax, lateinische Phrasen und Redeweisen, Arithmetik (mit den Fähigen: der dritten Klasse zusammen), Musik, die Regeln der Syntax und der Prosodie, Lectüre des Tereuz oder des Virgil (oder statt dessen zur Uebung der Regeln der Prosodie von Stücken aus dem Ovid oder einem andern Dichter) mit Auswendiglernen bildeten die Hauptgegenstände derselben. Mittwochs und Samstags wurden den größeren Knaben die griechischen Sonn- und Festtags-Evan¬ gelien mit lateinischer Uebersetzung vorgelesen, die Knaben dabei zur griechischen Grammatik angeleitet und dadurch zum Studium der griechischen Sprache vorbereitet. Während dieser Stunde wurde den Schülern der dritten Klasse das lateinische Evangelium deutsch exponirt. An eben diesen Tagen wurden zur Stylübung theils ausgegebene, theils selbst ausgearbeitete deutsche Aufsätze in's La¬ teinische übersetzt. Diejenigen, welche die lateinische Grammatik und die griechische Etymologie vollkommen inne hatten und sonst fähig waren, sollten auch die Regeln der Dialektik und Rhetorik lernen, und deshalb auch Einiges aus Jsokrates und Demosthenes lesen, desgleichen eine Einleitung in die natürliche und Moral¬ philosophie, in das Compeudium der Theologie und in die Geo- 39 graphie erhalten, außerdem noch aus der Mathematik eine Ueber- sicht der Lehre vom Kreise, damit sie ihre Zeit gut anwenden und zur Universität desto geschickter werden. Uebrigens durften die Schüler dieser Klasse in der Schule nicht deutsch reden und mu߬ ten, wenn sie sich etwa lateinisch nicht auszudrücken wußten, erst um die Erlaubniß bitten deutsch zu sprechen. — Jährlich wurden in Gegenwart der Schulinspectoren, zu Georgi und Michaelis, zwei Schulprüfungen abgehalten, bei welchen zugleich die Ver¬ setzungen in die höheren Klassen stattfanden. — Wenn außer dem Sonntage kein Festtag in der Woche vorfiel, so durften die Knaben Mittwoch Nachmittags zu Hause oder außerhalb der Stadt in Ge¬ genwart eines Lehrers sich an einem anständigen Spiel erlustigen. — An Sonn- und Festtagen wurde Morgens vor der Predigt der Katechismus in slavischer, deutscher und lateinischer Sprache her¬ gesagt, auch das betreffende Evangelium von den Größern (dritte und vierte Klasse) in lateinischer, von den Kleinern (zweite und erste « Klasse) in deutscher Sprache gelesen und erklärt. — Zum Anfang und zum Schluß der Schulstunden wurde gemeinschaftlich gesungen und gebetet, Morgens: Veni areator Spiritus mit der Collecte, Mittags: Veni sanote Spiritus mit der Collecte, darauf ein Psalm und der ganze Brenzische Katechismus, wechselsweise lateinisch, deutsch oder slavisch; darauf begab sich Jeder in seine Klasse uud an seinen Platz; die Lehrer verlasen das Schülerver- zeichniß, und notirten und bestraften die Zuspätkommenden oder ganz Ausbleibenden („einanontes"); znm Schluß Aufsagen latei¬ nischer und deutscher Bibelsprüche, oder eines Theiles der Haus¬ tafel, und Gesang des: 8srva Deus. — In Beziehung auf gute Sitten und Anstand war den Schülern auf der Straße ein an¬ ständiger Gang (weder zu langsam, noch zu schnell) und ein höf¬ liches Grüßen („apsrirs oaput") anständiger Männer und Frauen, in der Schule Stillsitzen am Platz, welcher nur mit Erlaubniß des Lehrers verlassen werden durfte, beim Gebet innige Andacht und Händefalten, beim Gesang Aufmerksamkeit, Wohlanständigkeit, Mun¬ terkeit und Lernbegierde vorgeschrieben; vor dem Weggehen aus der Schule hatte Jeder seine Sachen ordentlich zusammenzupacken und an den dazu bestimmten Ort zu legen. Zu Hause sollen die Knaben des Morgens gleich nach dem Gebet den Eltern guten Morgen wünschen, dann sich ankleiden, die Haare ordnen, die Hände (weiter nichts!) waschen und stracks zur Schule gehen; aus 40 dieser nach Hause zurückgekehrt sollen sie, falls ihnen die Eltern nicht etwas auftrügen, jede von nothwendigen häuslichen Geschäften freie Zeit zu Wiederholen und Schreiben verwenden; wenn es ihnen befohlen werde, sollen sie den Tisch decken (mit Tischtuch, Tellern, Löffeln, Bechern und andern Tischgeräthen), zu Tisch lateinisch, deutsch oder windisch beten, dann auf Geheiß der Eltern ihren Platz einnehmen, oder, wenn sie bei Tisch bedienen müßten, in geziemender und gerader Haltung ohne Wegzulaufen dabeistehen und wohl Achtung geben, ob etwas fehle, etwas darzureichen, her¬ beizubringen oder wegzutragen sei; wenn sie selbst mitessen, sollen sie nach genommener Mahlzeit zuerst aufstehen, ihren Teller sammt Löffel und Messer (Gabeln waren in Kram damals also noch nicht in Gebrauch) nehmen und an den dafür bestimmten Ort stellen, zum Schluß der Mahlzeit sollen sie wie vor Tisch beten, auch, wenn es verlangt wird, singen, doch nicht zu laut, damit die Verdauung nicht gestört werde („ns stomaobus, <^ui vibam samxtum oon- ooHnit, nimm illu NAitatious npsrtns biatusc^us ooimootionsm iinpsäiut, oersbruirnzuo vruäis ackliuv vaporibus immockivo inotu so evooatis obnnlnIcN, czaoä ollioit etirun msrnorin6 et niiis inAsnii viribus"). Auf die Straße sollen die Knaben nur auf Befehl der Eltern oder des Lehrers gehen, dann stets anstän¬ dig; wenn sie Wege geschickt werden, sollen sie die Aufträge sorg¬ fältig ausführen und etwa erhaltene Antwort richtig nach Haus bringen. Wenn ihnen die Eltern einmal ein anständiges Spiel erlauben sollten, so sollen sie dabei kein Geschrei machen, damit nicht Fremde über die der Wissenschaft Beflissenen sich aufhalten und der Lehrer sie strenge bestrafen müsse. Für die Kirche sollen sie zum Gottesdienst ihre deutschen und windischen Gesangbücher bei sich haben, daraus vor und nach der Predigt mitsingen, wäh¬ rend dieser aber nicht zerstreut sein, noch Possen treiben, sondern mit aller Aufmerksamkeit zuhören, damit sie zu Hause und in der Schule von dem Gehörten, wenn man sie frage, Bericht geben können. Beim Gebet sollen sie andächtig mitbeten, bei der Li¬ tanei bis zu Ende knieend mit gefalteten Händen und mit andäch¬ tiger Miene und Körperhaltung dem Vorsänger antworten; nach beendigtem Gottesdienste sollen sie je zwei und zwei sich wieder in die Schule begeben und von dort nur nach abgehaltener Ausfrage und dazu erhaltener Erlaubniß des Lehrers nach Hause gehen. Bei stattfindenden Beerdigungen sollen die Knaben anständig je 41 zwei und zwei mit einander gehen, aus ihren Gesangbüchern die Begräbnißlieder singen, daran denken, daß alle einmal („sewsl"!) sterben müssen, und auch die Leichenpredigt aufmerksam anhöreu. — Auch solle an Mittwochen und Samstagen, damit der Kirchen¬ gesang desto lieblicher werde, nach beendigter Schule der Cantor (damals Werner Feurer, Schulmeister an der deutschen Stadt¬ schule) mit seinen gesangkundigen Schülern in die lateinische Land¬ schaftsschule zu kommen und dort die Lieder für den Gottesdienst des folgenden Tages mit allen Knaben zusammen einzuüben ge¬ halten sein. — Endlich solle in der Schule eine Tafel an der Wand aufgehängt werden, welche die Gebote der Frömmigkeit und des Anstandes kurz enthalte, damit die Knaben durch deren Anblick stets an ihre Pflicht erinnert würden; auch werde es nicht unnütz sein, wenn ihnen der Lehrer bisweilen dieselben erkläre, und sie von ihnen auswendig lernen lasse; auch solle in jeder Klasse ein Lec- tionsplau für die ganze Woche und das Verzeichniß der vorge¬ schriebenen Schulbücher aufgehängt sein. — Außer diesen mehr bemerkenswerthen Bestimmungen enthält Spindler's Schulord¬ nung auch noch eine besondere, mehrfach revidirte Instruction für die Collaboratoren. Während nämlich der Schulrector zugleich Lehrer der vierten Klasse war, hatte der Collaborator in der dritten Klasse seinerseits die Verpflichtung, dem Rector bei seinem Kna¬ benpensionat als Gehilfe beizustehen, wofür er bei demselben Kost und Quartier und 50 fl. Gehalt erhielt; die beiden andern Col¬ laboratoren erhielten dagegen jeder 70 fl. rh. jährlich. Diese Stel¬ lung zum Rector gab zu häufigen Mißverhältnissen Anlaß, welche man durch mancherlei Anordnungen zu beseitigen suchte. Stets aber wurden oie Collaboratoren verpflichtet ein Beispiel guten Le¬ benswandels zu geben, öffentliche Weiuhäuser und schlechte Gesell¬ schaften zu vermeiden, sich nüchtern, bescheiden und würdevoll zu verhalten, zu rechter Zeit sich zu den Schulstunden einzufinden, beim Gebet sich andächtig zu benehmen, beim Unterricht nicht ihrem Kopfe, sondern der Schulordnung genau zu folgen, die Jugend human zu behandeln und so deren Liebe, wie die der Eltern sich zu erwerben, wodurch ihr schweres Amt ihnen leicht gemacht werde; insbesondere sollten sie die Verschiedenheit des Charakters und der Anlagen ihrer Schüler wol berücksichtigen, beim Strafen lieber zu wenig thun (weil die Charaktere verschieden seien, die Mittelstraße hierin zu halten schwer sei, und im Uebermaß leicht gefehlt werde), 42 und die Schulstunden nie, außer mit Erlaubniß des Rectors ver¬ säumen, auch in denselben vorkommenden Falls Gespräche nicht in der Klasse führen; sie sollten sich nicht schämen die Schüler in die Kirche oder zu Beerdigungen hin und zurückzubegleiten; sie sollten jeder in seiner Klasse Merker haben (Oorioua, nt appsllant), welche die slavisch Redenden und die Ungezogenen aufzumerken und zur gebührenden Bestrafung anzuzeigen hätten; bei dem Unterricht und den Uebungen in der Musik sollten sie dem Rector gehörig beistehen, dem sie überhaupt, so wie den Schulinspectoren die schul¬ dige Ehrerbietung und Gehorsam zu leisten stets eingedenk sein sollten; diesen hätten sie auch gegründete Beschwerden bescheiden vorzubringen, und nur, wenn von ihnen keine Abhilfe erfolge, sich an die Stände zu wenden; schließlich sollten sie nicht mitten im Schuljahre und plötzlich, sondern nur nach längerer Kündigung und unter Stellung eines tauglichen Vertreters ihre Stelle verlassen. Diese Schulordnung zeigt deutlich, von welchen Uebelständen das damalige krainische Schulwesen zu leiden hatte. Auffallend ist bei der Vernachlässigung der Geographie und der Mathematik und bei der gänzlichen Außerachtlassung der Geschichte und der deut¬ schen Sprache die hohe Stellung, welche der Musik angewiesen war. Spindler ward bei Beförderung dieser Kunst wesentlich vom Rector Adam Bohoritsch unterstützt, welcher selbst ein gro¬ ßer Musikfreund war und eine ansehnliche Sammlung (2000 Stück meist gedruckter, theils auch geschriebener Gesänge zu 8, 7, 6, 5, 4 und 3 Stimmen, lateinische, deutsche, italienische, französische und krainische, so von den berühmtesten alten und neuen Meistern in der Musik lieblich und künstlich gesetzt, welche theils in der Kirche, theils bei andern herrlichen Freuden und Versammlungen und das auf allerlei Instrument recht und lustig zu gebrauchen) besaß und später der Landschaft schenkte. So kam es, daß damals Laibach viele andere Städte in der Pflege der Musik übertraf, und mit den bedeutendsten wetteiferte. Wie in den meisten Gegenden Deutsch¬ lands bald nach der Reformation war natürlich auch hier die Kirchen¬ musik vorherrschend. Ein Cantor und ein Succentor waren ange¬ stellt, eine Orgel fehlte in der Elisabethkirche nicht, Figural- und Choralmusik wurden gepflegt und Stadtzinkenisten („Thürmer," — ein Meister mit vier Gehilfen) von der Landschaft unterhalten. Doch hatte Spindler nicht lauter so liebliche Geschäfte wie 43 die Beförderung der Musik. Da gab es bald Prediger und Pre¬ digtamtsbewerber über ihre Rechtgläubigkeit uud ihre Kenntnisse zu prüfen, wie z. B. den von der Regierung der Sectirerei beschul¬ digten Prediger Hans Gotschewertschitsch von Ratschach (1572) und einen aus Kroatien berufenen Hilfsprediger für Gre¬ gor Blahovitsch in Mötling (1576), bald wurde er von armen Schülern und Studierenden, z. B. Dan. Th land er u. v. A., wegen Empfehlung zu einer Unterstützung oder einem Stipendium in Anspruch genommen; fortwährend hatte er Berichte über innere Kirchen- und Schulangelegenheiten, wie Stellenbesetzungen, Ge¬ haltsbestimmungen, Zulagen und Geschenke zu erstatten, Ausflüge zu Amtsfunctionen zu machen, zu predigen, die Schule zu beauf¬ sichtigen u. s. w. Im Jahre 1575 (25. September) hielt er die Leichenrede bei der Beisetzung der Leiche des berühmten, bei Bu- daschki (22. September 1575) gefallenen Landeshauptmanns in Kram, Herbart's von Auersperg, welche in Druck erschien. (Laibach, 1575, 4°.) Aber unter allen Arbeiten und Mühen war und blieb die Sorge für Verbesserung des Schulwesens sein Hauptaugenmerk. Nicht nur besserte er fortwährend an der von ihm entworfenen Schulordnung, sondern er ruhete auch nicht, bis die Stände auf sein Betreiben eine gründliche Reform der Landschaftsschule Vor¬ nahmen, wozu noch andere kirchliche Ereignisse mitwirkten. Hatte man früher in Kram das Verlangen gefühlt, die ein¬ zelnen evangelischen Gemeinden durch Trüber zu einer Landes¬ kirche sammeln und ordnen zu lassen, so hatte sich nun hier, wie in Kärnten und Steiermark, das dringende Bedürfniß heransgestellt, die evangelischen Kirchen dieser drei in so vielfacher Beziehung mit einander stehenden Länder möglichst gleichförmig zu gestalten. Demgemäß hatten die auf dem vereinigten Landtage zu Bruck an der Mur versammelten weltlichen Stände der drei Länder, welche sämmtlich der evangelischen Kirche angehörten, (am 22. Februar 1578) eine Kirchen- und Schulconvention geschlossen, nachdem ihnen vom Erzherzog Karl durch die sogenannte Religions-Pacification auf Grund des Grazer Vergleichs von 1572 die Freiheit der Aus¬ übung des evangelischen Glaubensbekenntnisses ertheilt wordeu war. Die Ausführung dieser Vergleichung in Kirchen- und Schulsachen verzögerte sich in Krain, dessen Geistliche bei der betreffenden 44 Besprechung nicht anwesend gewesen waren, bis ins folgende Jahr (1579). Inzwischen hatte Georg Dalmatin, damals Prediger in Laibach, feine krainische Uebersetzung der ganzen Bibel vollen¬ det und betrieb unter Spind ler's wirksamem Fürwort deren Druck¬ legung. Dieser selbst hatte schon früher für eine neue Ausgabe des windischen Gesangbuchs (Laibach 1570, 12°) gesorgt und drängte jetzt zur Ausführung der Brücker Vergleichung. Zu genauerer Durchführung derselben schlug er der Landschaft vor Gesandte zu vollständiger Besprechung und Erkundigung der hieher gehörigen Fragen in die beiden Nachbarländer zu senden. Die Landschaft nahm diesen Vorschlag an und beauftragte Spind le r'n ein Me¬ morial zur Instruction derselben zu verfassen. Dieser Entwurf gewährt einen interessanten Einblick in Spind ler's damalige Thätigkeit und die brennenden Fragen der evangelischen Kirche in Kram zu dieser Zeit. Er erinnert zunächst an den Brücker Beschluß, alle evangelischen Prediger und Schullehrer der drei Länder in deren Hauptstädte ein¬ zuberufen und sie vom Ministerium derselben über ihre Rechtgläubigkeit prüfen und durch Revers auf die aufgestellte „norma vsritatis" verpflichten zu lassen; solches sei auch in Steier¬ mark und Kärnten bereits geschehen, und nur in Kram noch rück¬ ständig; daher sollten die Gesandten, bevor man es ins Werk richte, sich genau danach erkundigen, welchergestalt man es dort vorgenom¬ men habe. Ferner sei eine eingehende Besprechung mit den dortigen Theologen über die Kirchenagenda und Ceremonien, insbe¬ sondere über die Taufe, den Katechismus und die Hausta¬ fel, die Beichte und Privatabsolution und über das Abend¬ mahl für die beiden reformirten Kirchen Krams, die windische und die deutsche, nothwendig, welche sich bisher der Würtembergischen Kirchenordnung bedient hätten. Weiter müsse über die Anstellung des Ministern, über die Schulordnung, die Instruction des Schulrectors und der Collaboratoren, sowie der Schnl- inspectoren, über die Kirchenvisitationen, ihre Zeit und Zahl, über die Synoden, Con si stori en oder Zusammenkünfte der Prediger, über die Kirchenzucht und Excommunication, über die Bettelordnung und die Erhaltung der Haus¬ armen und dürftigen Leute, über das Collegium der Stipen¬ diaten, über die Unterstützung armer Schüler, über die Instruction der Eleemosynarier, insbesondere über die Er- 45 richtung eines „Kirchenraths" (aus was für Personen der¬ selbe bestehen solle) und andere gute Ordnungen und Einrichtungen Rücksprache genommen und verhandelt werden, um möglichste Gleichförmigkeit zu erzielen. Schließlich wäre bei dieser Gelegen¬ heit die bereits schriftlich angesuchte Hilfe und Unterstützung der Nachbarländer zum Druck der windischen Bibelübersetzung zu betreiben. — Man sieht, der junge Superintendent war bereits zum vollkommenen Kirchen-Organisator gereift. Die Landschaft entwarf nach diesem Memorial eine Instruc¬ tion und schickte Spindler'n selbst mit dem Stadtschreiber Melchior Pantaleon als Gesandte nach Steiermark und Kärn¬ ten, um so mehr, als Kram damals bei den Nachbarn im Rufe stand, daß es sich gern von ihnen absondere, welcher Ruf durch noch längere Verzögerung der Ausführung der in Bruck gefaßten Beschlüsse neue Nahrung erhalten haben würde. Die erste Frucht dieser Reise Spindler's (1579) war die Anbahnung weiterer Verhandlungen wegen des windischen Bibel¬ drucks, welche durch vielfache Correspondenzen, und eine Sendung Georg Dalmatin's nach Steter und Kärnten endlich dahin ge¬ diehen, daß vom 28. August bis 22. October 1581 eine Conferenz von Theologen und Philologen zur Revision der Uebersetzung in Laibach tagte, welcher auch Spindler beiwohnte, so viel ihm die Geschäfte seines Amtes erlaubten. Weiter wurde dadurch zu einem endlichen Versuche, die Landschaftsschule auf eine höhere Stufe zu heben, der Grund gelegt; zwar mußte Spindler des¬ wegen noch manchmal an die Stände schreiben und mahnen, aber die Sache kam denn doch endlich einmal in Gang. Drei Umstände waren es besonders, welche Spindler als nothwendig zum Ge¬ lingen derselben betrachtete und den Ständen empfahl, nämlich: die Aufstellung tüchtiger und nicht machtloser Schulinspectoren (Geistliche und Weltliche unter einem Verordneten als „Präsiden¬ ten"), ferner die Pensionirung des alten, „baufällig" werdenden Bohoritsch und Anstellung eines neuen, tüchtigen Schulrectors und endlich die Unterstützung armer Schüler durch regelmäßige Liebesgaben und Errichtung von Stipendien. Die letzte Frage war in mancher Beziehung die wichtigste, weil die Söhne wohlhabender Familien sich nicht der Theologie, sondern lieber einem einträg¬ lichem Studium zuwandten, die ärmern Knaben dagegen in Noth- lagen sich leicht der andern Kirche in die Arme warfen, welche 46 über größere Geldmittel gebot, weßhalb zu besorgen stand, da die altern Prediger dahinstarben (in den letzten zehn bis zwölf Jahren allein zwölf windische Prediger) und kein genügender Nachwuchs vorhanden war, daß künftig an tauglichen Kirchen- und Schnldie- nern in windischer Sprache ein fühlbarer und nachtheiliger Man¬ gel entstehen werde. Zur Beseitigung dieses Uebelstandes errichtete die Landschaft später (I. Juli 1582) drei Stipendien von je 50 fl. jährlich für Studirende in Tübingen, Heidelberg oder Straßburg. Bezüglich des ersten Punktes, der Schulinspectoren, geschah vor der Hand nichts; es blieb vielmehr bei der hergebrachten Einrich¬ tung, daß die Prediger in Laibach einstweilen im Auftrag der Landschaft als Schulinspectoren weiter fungirten, ein Uebelstand, dessen Folgen sich bald fühlbar machten. In Berücksichtigung des zweiten Umstandes schritt die Landschaft gemäß Spindler's An¬ trag zur Pensionirung des Rectors Bohoritsch (welcher zum Schulinspector ernannt wurde) und weiterhin, wohl auch nicht ohne wesentliche Theilnahme Spindler's, zur Berufung des vr. Niko¬ demus Frischlin zum Schulrector. Frischlin kam nach Lai¬ bach und stieg zunächst bei seinem Landsmann Spindler ab; hätte dieser jenen vorher genau gekannt, so würde er seiner Beru¬ fung gewiß entgegengetreten sein, denn er war ein zu einsichtsvoller Mann, um nicht zu sehen, daß Frischlin's genialisches Wesen und dichterische Ungebundenheit ihn bei all seinen hohen Vorzügen für die Leitung einer Schule so untauglich machten, als Andere ihre Altersschwäche oder ihre trockene Schulmeister-Pedanterie. Frischlin entwarf eine neue Schulordnung, und trat nach derselben sein Schulamt am l. August 1582 an. In einer sangui¬ nischen Eröffnungsrede verhieß er von derselben glänzende Früchte, insbesondere daß jeder Schüler nach einjährigem Besuch seiner Classe für die nächsthöhere reif werden sollte. Dieses Versprechen ging natürlich nicht in Erfüllung, weßhalb Frischlin am 21. Au¬ gust 1583 ein neues Schulproject (vom 20. August) vorlegte. Da¬ bei empfahl er die Anstellung von Schulinspectoren und erbat sich die Erlaubniß zu einer Reise nach Venedig, um dort seine neuen Schulbücher: Grammatik, (Dato, Lleinentnlo und Nomencüa- turn (in sechs Sprachen) drucken zu lassen. Natürlich holten die Verordneten hierüber das Gutachten Spindler's und der übrigen Laibacher Prediger (H. Schweiger's, Fel. Truber's, Joh. Tul- schak's; Gg. Dalmatin war damals abwesend) als der bestehenden 47 Schulinspectoren ein, welche gerade Frischlin bisher nicht als solche hatte anerkennen wollen. Diese erklärten sein Project bei aller Anerkennung der guten Absicht für unausführbar, „denn ein Gesatz sich nit so leicht ins Werk bringen läßt, als leicht es ge¬ dacht, gemacht, geredt und geschrieben wird." Sie wollten von Herzen zufrieden sein und Gott danken, wenn ein Knabe in an¬ derthalb bis zwei Jahren seine Classe absolvire, und es sei un¬ möglich, alles das in einer Stunde gehörig und mit Nutzen zu verrichten, was Frischlin projectire; z. B. solle der Untermei¬ ster (Collaborator) in der untersten Classe, darin die allerjüngsten Knaben von sechs bis acht Jahren (deren über 50 seien) in vier Decurien abgetheilt sich befinden, in der ersten Stunde das Mor¬ gengebet mit zwei Decurien verrichten, dann den Katechismus von denen, die ihn können, sowol in windischer als in deutscher Sprache ganz, von den klebrigen aber bloß das Stück, welches ihnen Tags zuvor aufgegeben worden sei, nacheinander hersagen lassen; darauf sollen die obersten die pnrackiAmata äeolinatiouuir» et vonjuAa- tionuin recitiren und die ieZontes ihre Lection lesen und aufsagen — und das alles in Einer Stunde. Mit der Aufstellung von Schulinspectoren bis zur Errichtung eines Kirchenrathes erklärten sie sich ganz einverstanden, da sie selbst, die bisher provisorisch fungirenden, zwar von den Verordneten, aber nicht von Frisch¬ lin anerkannt würden, wie er Einem von ihnen selbst gesagt, da dieser ihn ermahnt, nicht so viel Ferien nach seinem Gutdünken zu machen. Von den Schulbüchern des Herrn Rectors dürften der Oato uovus, das Llerusntals und die l^onaenolatnr in sechs Sprachen recht nützlich sein, wenn sie nur möchten gedruckt werden, doch nach vorhergegangener Durchsicht und Censur; be¬ züglich der in Gebrauch stehenden Grammatik sei allerdings nicht wenig darin auszumustern und zu verbessern, und diejenigen Stücke, welche sie von der Frischlin's gelesen, enthielten viel Gutes uud Neues, doch könnte ohne Einverständniß der beiden andern Länder, mit denen man sich erst in Folge der Brücker Besprechung über die Straßburgische Grammatik verglichen, diese neue Grammatik, auch wenn dieselbe gedruckt werde, nicht eingeführt werden, um so weniger, als der Herr Rector manchmal von seinem Weggang rede und dann für die hiesigen Schüler, falls sie auf eine andere Schule kommen (wie schon dies Jahr mehrfach geschehen) oder ein 48 neuer Rector hieher komme, dem die Grammatik nicht gefalle, daraus nur „Confusion" entstehe. Daß durch dergleichen praktische Ansichten Spindl er's und seiner Amtsgenossen manche Plane Frischlin's durchkreuzt und manche Unannehmlichkeiten zwischen jenen und diesem hervorgerufen wurden, läßt sich leicht denken. So verließ denn Frisch lin im nächsten Jahre (1584) seine Stelle in Laibach wieder. Mittler» weile war auch unter Spin dl er's regster Theilnahme durch die Absendung Georg Dalmatin's und AdamBohoritsch's nach Wittenberg dort der Druck der vollständigen krainischen Bibel¬ übersetzung des Ersteren zu Stande gekommen. Unter allen diesen wichtigen äußern Ereignissen war Spind¬ ler fort und fort in der Erfüllung seiner Amtspflichten als Pre¬ diger und Seelsorger unermüdet thätig geblieben. Aber auch in dieser Wirksamkeit hatte er mancherlei Schwierigkeit zu bestehen. So wurden ihm einst (am 27. Januar 1586), als er von einer in Stein (bei Laibach) vollzogenen Function Heimritt, von Mer¬ cina, dem katholischen Pfarrer daselbst, auf der Straße die ge¬ meinsten Schimpf- und Drohworte nachgeschrien : „Du loser Schelm und Bösewicht, was hast du da herinnen zu thun; kommst du mir mehr da herein, so will ich dich mit Prügeln hinausschmieren, du loser Schelm und Bösewicht." Da sich Spindler ohne ein Wort zu sagen, hierauf ein wenig umschauete, rief sogar einer von Mercina's Gesellpriestern den Nachbarn aus windisch zu: „8 Icuminoua podite Za, s kunainom sto. !" (d. h. „steiniget ihn, steiniget ihn!") In der Ausübung seiner Amtspflichten war Spindler übrigens musterhaft pünktlich und bis in's Kleinste sorgfältig. So führte er z. B. durch viele Jahre die genaueste Rechnung über die Einnahmen und Ausgaben des Armenschülergeldes, welche er dann jährlich den Ständen vorlegte. Aber es konnte auch nicht aus¬ bleiben, daß eine so vielfache und angestrengte Thätigkeit seine Kräfte schon früh aufzehrte und seine Gesundheit untergrub. Er begann zu kränkeln und wurde (im Jahre 1589) sogar ernstlich krank. Die Landschaft verehrte ihm desbalb zur Unterstützung und Pflege ein Geschenk von 500 fl. (10. November 1589). Er machte zu seiner Erholung eine Reise nach Oesterreich, wo sein Bruder LI. Thomas Spindler 1581 — 83 Oberprediger zu Linz gewesen und dort gestorben war. Auch in den letzten Monaten 49 1590 war der Leidende wieder schwer erkrankt und scheint sich nicht wieder erholt zu haben. Er starb gegen Ende des Jahres 1591, kaum 45 Jahre alt. Spindler scheint zum zweiten Male mit einer Verwandten Primus Truber's verheiratet gewesen zu sein, denn dessen Sohn Primus Trüber der Jüngere, Pfarrer in Kilchberg bei Tübingen, nennt ihn in Briefen seinen „Schwager." Auch hatte er außer den Kindern aus seiner ersten Ehe (Susanna, Christoph und Sophia) noch einen Sohn Namens Thomas, ge¬ boren 1577, welcher bereits 1590 in Tübingen die Schule besuchte und auf Verwendung der krainischen Stände (vom 7. April 1592) nach seines Vaters Tode in das dortige Stipendium ausgenommen wurde. Doch ward er (laut Berichts des Rectors der Universität an die krainischen Stände vom 7. März 1596) wegen Unfleißes und Lieder¬ lichkeit aus demselben wieder entlassen; später kehrte er nach Kram zurück, von wo er 1601 durch die Gegenreformation wieder vertrieben wurde. Er kam dann in die Herrschaft Limpurg, ward dort zu¬ erst Pfarrer in Mittelfischbach und 1609 in Sontheim, und starb im October 1634, während der damaligen Kriegsflucht, zu Schwäbisch-Hall, im 57. Jahre seines Alters. 4 4. Bartholomäus Simplicins. Nach Christoph Spindlers Tode beriefen die kraini- schen Stände (zu Neujahr 1592) den Feldprediger der Ritterschaft und des Kriegsregiments zu Karlstadt, Bartholomäus Simpli cius, zur Abhaltung von Probepredigten nach Laibach. In Karlstadt standen nämlich Ritter und Adel aus Kärn¬ ten und Kram unter Herrn Andreas von Auersperg zu Schönberg, Oberstem in „Crabatten", zur Vertheidiguug des gemeinsamen Vaterlandes gegen den Erbfeind. Da dieselben sich fast alle zur evangelischen Kirche bekannten, und im Angesichte täg¬ licher Lebensgefahr den Trost des Evangeliums nicht entbehren wollten, so hatten sie nicht nur einige evangelische Feldprediger und einen Schullehrer in Dienst, sondern sie gingen auch, besonders auf des Obersten Betreiben, seit 1591 damit um sich eine eigene Kirche und einen Friedhof zu verschaffen, wozu sie außer ihrer und ihrer ganzen Gemeinde freiwilligen Beisteuer auch Liebesgaben von den Landschaften und Privaten in Kärnten und Kram sammelten. Die Gehalte der Kirchen- und Schuldiener in der Grenze wurden übrigens ohnehin von der krainischen Landschaft im Kriegsetat der Grenze mit ausgezahlt. So war denn S i m p li c ius in Krain nicht unbekannt, und da seine Probepredigten gut gefallen hatten, wurde er (am 9. Ja¬ nuar 1592) vom Ausschüsse als erster deutscher Prediger in Laibach mit einem Gehalte von 250 fl. angestellt und ihm ein Beitrag von 150 fl. zu seinen Uebersiedlungskosten dargereicht. Mit einem Schreiben der Verordneten (vom 10. Januar 1592), worin dieselben dem Herrn Andreas von Auersperg für seine freundliche Bereitwilligkeit, ihnen seinen Feldprediger zu über¬ lassen, dankten, und diesen entschuldigten, daß er durch ihre Schuld seinen Urlaub etwas überschritten habe, kehrte S implicius noch einmal nach Karlstadt zurück, um dort seinen Dienst völlig 51 aufzugeben und seine Übersiedelung nach Laibach zu bewerk¬ stelligen. Nachdem dieß geschehen, wirkte er in seiner neuen Stellung als deutscher Pastor neben Felician Trüber, welcher seit dem Tode Dalmatin's (1589) und Spindlers (1591) der älteste des Laibacher Ministeriums und Pastor der windischen Kirche war. „Pastor" (minmter) bezeichnete nämlich damals in Kram (wie in Steier und Kärnten) den Oberprediger (oder Super¬ intendenten) der Kirche, während sonst die Geistlichen nur „Predi- canten" (6ool6sia8ts8) genannt wurden. Erst im März 1594 wurde übrigens Simplicius auch im Gehalt (300 st.) Tru- ber'n gleichgestellt, nachdem er wenigstens um Ersatz des Haus¬ zinses gebeten hatte. Aber schon im Jahre 1593 war der neue Pastor schwer und gefährlich erkrankt, wobei ihn die Landschaft mit einer Unter¬ stützung von 30 st. bedachte. Doch genas er wieder und wid¬ mete sich auf's Neue seinen Amtsgeschäften, besonders der Abfas¬ sung von Berichten in Kirchen- und Schulsachen. Namentlich be¬ fürwortete er Fel. Trnber's Antrag an die Stände, die von seinem Vater, dem alten Prim. Trüber, handschriftlich hinter¬ lassene krainische Uebersetzung von Luther's Postille drucken zu lassen. Allein im folgenden Jahre (1594) verfiel Simplicius, dessen Gesundheit tief erschüttert war, abermals in eine neue Krankheit, welche er nicht mehr überstehen sollte. Trotz der sorg¬ samen Pflege seiner Gattin verschied er im Herbst 1594. Seine hinterlassene schöne Büchersammlung, von welcher sein Amtsgenosse Markus Kumprecht, Prediger iu Laibach, den Katalog angefertigt hatte und die von einem Sachverständigen auf 121 fl. 19 kr. geschätzt worden war, übernahm die Landschaft für diesen Preis von der Witwe, um dadurch ihre Bibliothek zu gemeinem Nutzen der hiesigen Kirche und Schule zu ver¬ mehren. 5. HI. Felician Trüber. Der alte Primus Trüber hatte zwei Söhne, Primus und Felician; jener war in Rotenburg an der Tauber, dieser in Kempten geboren. Beide widmeten sich dem geistlichen Stande und erhielten ihre Ausbildung dazu im fürstlichen Sti¬ pendium zu Tübingen. Der ältere von beiden, Primus, ward nachher Pfarrer zu Kilchberg bei Tübingen, wo er 159l starb. LI. Felician Trüber, der jüngere Sohn des krainischen Reformators, wurde im Herbst 1580 von I)r. Andreä und seinem Vater mit der Concordienformel nach Krain geschickt, um dort die Unterschrift zu erwirken. Bei dieser Gelegenheit hielt er zwei Probepredigten (13. und 16. Okt.) in der Spitalkirche, und wurde darauf von den krainischen Ständen als Prediger nach Laibach be¬ rufen. Als solcher predigte er zunächst in deutscher, später (1585, aber dann noch nicht fertig) auch in krainischer Sprache. Des¬ gleichen nahm er in Folge seiner Stellung nicht nur (1581) an der Conferenz der Theologen und Philologen zur Revision der Dalmatin'schen Bibelübersetzung Theil, sondern unterzeichnete auch eine große Anzahl von Berichten und Gutachten des Ministeriums mit, z. B. den Antrag auf Schulreform (1581), das Gutachten über Frisch lins zweiten Schulplan (1583), die Referate über die Stipendiaten: Dan. Xhlander und Greg. Prosser u. s. w. Im Jahre 1585 (August) erhielt er drei Monate Urlaub, seinen alten Vater in Derendingen zu besuchen. Stach dem Tode des letzter» (1586) machte er (1587) abermals eine Reise nach Würtemberg, vermuthlich in Familienangelegenheiten, wobei er jedoch auch für die Landschaft verschiedene Geschäfte bezüglich meh¬ rerer Stipendiaten besorgte und den jungen Dan. Xplan der mit sich nach Krain zurückbrachte. Nach Dalmatin'sTode erhielt er als der nächst Spindler älteste im Ministerium die erledigte Besoldung von 300 fl. (22. Januar 1590), erkrankte jedoch in Folge des angestrengten Dienstes nicht unbedeutend (im Mai 1590) und von Neuem im Winter (November und December 1590), so »3 daß bei dem gleichzeitigen Siechthum Spindler's der Prediger Bartholom. Knaffel von Eck bei Krainburg, namentlich zu Weihnachten 1590, in Laibach aushelfen mußte. Als im folgenden Jahre (1591) Feli cian's Bruder Primus in Kilchberg gestorben war, begab sich jener mit einem Empfehlungsschreiben der Ver¬ ordneten (vom 20. August 1591) an Herzog Ludwig von Wür- temberg zur Regelung der Erbschaftsangelegenheiten abermals dort¬ hin. Von da zurückgekehrt trat er mit dem deutschen PastorS im- plicius zugleich als windischer Pastor an die Spitze der evange¬ lischen Kirche in Krain. Vermuthlich war Felician Trüber nach seines Bruders Tode durch Erbschaft in den Besitz von seines Vaters handschrift¬ licher Uebersetzung der Postille Luther's gelangt, und beantragte nun bei den krainischen Ständen die Drucklegung derselben (1594), wobei ihn des Simplicius Befürwortung nachdrücklich unter¬ stützte. Obwol Felician Trüber nach dessen Tode allein die Stelle eines Pastors oder Superintendenten bekleidete und daher seine Stelle nur schwer verlassen konnte, gedieh sein Plan doch zur Ausführung. Sobald er von den zahlreichen Geschäften seines Amtes und der Sorge für die Schule, wo die alten Uebelstände (Mißverhältnisse zwischen dem Rector, LI. JakobPräntel, und den Collaboratoren, u. dgl.) wieder stark hervorgetreten waren, nur einigermaßen abkommen konnte, reiste er mit Bewilligung des Land¬ tags (vom 11. März 1595) und einer Empfehlung der Stände an den Herzog von Würtemberg (vom 6. Juni 1595) nach Tübingen ab. Dort ließ er zunächst die lutherische Postille (700 Exemplare Folio) und eine neue Auflage des Gesangbuches (300 Exemplare Duodez), so wie auch noch eine neue Ausgabe von Dalmatin's Gebetbüchlein (300 Exemplare Duodez) in krainischer Sprache drucken, welche Bücher sodann durch Vermittlung des als Chro¬ nisten berühmten LI. H ieronhmus Megiser, Rectors der evan¬ gelischen Landschaftsschule in Klagenfurt, nach Krain befördert wur¬ den. War Pastor Fel. Trüber hierbei auch nicht weiter selbst literarisch thätig, als daß er deutsche Vorreden zu den genannten Werken schrieb, so erwarb er sich doch durch deren Herausgabe nicht geringe Verdienste nm die evangelische Kirche in Krain und die krainische Literatur. Von dieser Arbeit in der Ferne heimgekehrt, begründete LI. Fel. Trüber seinen eigenen Hausstand, indem er sich im August 54 1596 vermählte. Bei seiner Trauung hatten die Stadtmusikanten, alter Gewohnheit gemäß, seinen Hochzeitzug, an welchem viele vor¬ nehme Standespersonen Theil nahmen, freiwillig mit Musik zur Kirche begleitet. Nun war gerade damals ein landesfürstliches Verbot von dergleichen öffentlichem Festlärmen ergangen, jedoch fast noch Niemandem bekannt geworden. Vor und nach Truber's Hochzeit wurde auch von andern vornehmen „politischen" Personen solche öffentliche Musikbegleitung gebraucht; dieß geschah selbst von vornehmen Geistlichen der römischen Kirche zu Mannsburg, Lack und an andern Orten in Kram nicht allein mit derlei Musik, sondern mit noch viel Aergerlicherem, mit Geigen, Singen, Jubi- liren, Juchzen, auch Springen und Tanzen, und nicht bloß bei Tag, sondern selbst die Nacht hindurch. Doch wurden gerade nur Trüber und sein Amtsgenosse, der Prediger iLl. Georg Cle¬ ment (der eben damals auch seine Hochzeit in gleicher Weise gefeiert hatte) deßhalb beim Landesfürsten, Erzherzog Ferdi¬ nand, angezeigt. Dieser befahl darauf (Gräz, den 14. October 1596) dem Landesverwalter in Kram, Herrn Nikla sBo nh omo von Wolfspühel und Mannsb urg, diese beiden evangelischen Prediger, besonders Truber'n, als Uebertreter seines Mandats, wegen dieses „Skandals" in eine starke Geldstrafe zu nehmen. Trüber wandte sich deshalb mit der Bitte, sich seiner hierin an¬ zunehmen, an die Stände, da er vor Gott bezeugen könne, von solchem Verbote nichts gewußt zu haben, die Musikanten nach wie vor seiner Hochzeit hin und wieder bei allen hochzeitlichen Freuden gebraucht würden, dieselben sich ihm auch ungebeten angetragen hätten, woraus erhelle, daß auch sie von dem landesfürstlichen Ver¬ bote nichts gewußt, wie denn auch keine der anwesenden Standes- personen es ihm widerrathen habe. Die Stände verwendeten sich hierauf für Trub er'n, welchem (wenn nicht schon seinem Vater) die Landmannschaft in Kram ver¬ liehen worden war, beim Landesverwalter. In einem ernsten, zuvor vom Grafen Achaz von Thurn in Kreuz (Erbmarschall der fürsttichen Grafschaft Görz), dem alten Beschützer der Trub er¬ sehen Familie, dnrchgesehenen Schreiben (6.—12. December 1596) entschuldigten sie ihren Pastor auf's Beste; zugleich aber bemerkten sie, daß eine solche landesfürstliche Bestrafung eines der Ihrigen wider ihre Landesfreiheiten laufe, da die Landschaft allein über ihre Leute Recht zu sprechen habe und selbst bußfällig Geworde- 55 nen ihre Strafe aus Gnaden mildern könne. Welchen Erfolg diese Jntercession der Stände hatte, ist nicht bekannt, allein kom¬ mende größere Ereignisse warfen in diesen kleinern ihre Schatten voraus. Unter mancherlei zeitraubenden und anstrengenden Geschäften, wie Bemühungen um Neubesetzung der Rectorstelle an der Land¬ schaftsschule, kirchlichen Gutachten, Besorgung und Verrechnung der durch ihn zum Druck besorgten Bücher und eigentlichen Amtsge¬ schäften seiner Predigerstelle, verfloß Fel. Truber'n dieses und das folgende Jahr (1597). Im Beginne des neuen Jahres (13. Februar 1598) kaufte er sich ein eigenes Haus in Laibach von Greg. Wiegand, am Platz, zwischen gemeiner Stadt Zeughaus und Albr. Glim's Häusern an der Ringmauer beim Laibachfluß gelegen. Dieser Umstand schon beweist, wie wenig mau damals noch in Krain ahnte, welch schweres Schicksal der evangelischen Kirche dieses Landes bevorstand. Da erging am 8. August 1598 ein landesfürstlicher Verhafts- befehl gegen Fel. Trüber und seine Amtsgenossen in Laibach, Georg Clement und Mark. Kumprecht. Im September kamen auch aus Steiermark die traurigsten Nachrichten über die Maßregeln, welche Erzherzog Ferdinand gegen die Prote¬ stanten in Graz und die Freiheiten des Landes in's Werk setzte. Am 13. September 1598 hatte nämlich derselbe den steirischen Ständen befohlen, binnen 14 Tagen alle evangelischen Prediger abzuschaffen und alle evangelischen Gottesdienste und Schulen ein- znstellen. Schnell folgte Schlag auf Schlag, wie in Steiermark, so in Krain. Kurz vor dem 26. Oktober 1598 erließ Erzherzog Ferdinand (später als Kaiser: Ferdinand II.) Befehle an den Landeshauptmann und den Vicedom, an die Verordneten und an die evangelischen Prediger in Laibach, worin derselbe den letztern, so wie den evangelischen Lehrern bei Lebensstrafe gebot, am Tage der Kundmachung vor Sonnenuntergang Laibach, und binnen drei Tagen alle Länder des Erzherzogs zu verlassen. Am 26. Oktober 1598 setzte der Erzherzog den (1597) erwählten Bischof und Dom¬ dechanten von Laibach Thomas Kreen(Sohn des evangelischen Rathsherrn und gewesenen Bürgermeisters von Laibach Leonhard Kreen) mit dem Auftrage in Kenntniß, die Ausführung dieses Be¬ fehls zu überwachen und Acht zu geben, daß sich nicht wieder lutherische Prediger und Lehrer einschleichen. Der Befehl wurde 5fi am 30. Oktober 1598 in Laibach publicirt, und Thom. Kreen konnte, als er am 5. November 1598 des Erzherzogs Schreiben (vom 26. Oktober) an der Savefurt (bei Tschernutsch?) erhielt, mit Recht eigenhändig darauf bemerken: „ootiäuo xost rem xer- aotam" ; hatte er doch bereits am 2. und 3. November sich in Procession in die Elisabethkirche begeben, die dort vorfindlichen evangelischen Bücher zerrissen und Messe daselbst gelesen. Unter solchen Umständen hatte natürlich auch Pastor Fel. Trüber die Stadt Laibach verlassen müssen, doch hielt er sich noch längere Zeit im Lande auf und lebte 1599 „zu Enk, bei Herbart von Lambs" (zu Egk bei Herbart von Lamberg?). Zu diesen und ferneren höchst betrübenden Befehlen des Erzherzogs kamen zugleich noch andere Plagen, um die Leiden des Landes voll zu machen. Türkenschaaren streiften (1598) durch Kram, selbst bis vor „Klein-Laibach", wobei unter Anderen ein Herr von Lam¬ berg gefangen weggeführt ward. Auch die Pest, von einem Stu¬ denten aus Kärnten nach Laibach eingeschleppt, begann wieder ver¬ heerend aufzutreten, so daß (1599) die Aemter, die Gerichte und die „ordentliche Post" nach Stein verlegt werden mußten. All¬ gemeine Trauer und Noth herrschte im Lande. Unter so schweren Verhältnissen hielten die evangelischen Landstände (im Januar 1600) eine Zusammenkunft in Laibach. Von hier aus fertigten sie noch¬ mals einen eigenen Courier mit einem Bittschreiben an den Erz¬ herzog ab, damit dieser ihre Prediger weiter ruhig im Lande ver¬ bleiben lasse, oder (falls dies nicht zu erlangen) ihnen wenigstens einen geraumen Termin zum Abzug aus dem Lande bewillige und die Confiscirung ihrer Behausungen in Laibach einstelle, weil sie nichts verschuldet. Da sie aber selbst besorgten, der Landesfürst werde nur das letzte gestatten, so gaben sie dieß (Laibach, 13. Ja¬ nuar 1600) dem Pastor Fel. Trüber und den Predigern Ll. Georg Clement und M. Hans Snoilschek mit dem Rathe bekannt, sich auf den Abzug zu rüsten, va die Stände ihnen im Lande sodann keine sichere Herberge mehr zu „erhandeln" wüßten. Inzwischen wurde der evangelische Prediger zu Seifen - berg, Christ. Slivetz, ein 70jähriger Greis (im Januar 1600) durch den Vicedomischen Landrichter mit Gewalt aufgehoben und gebunden auf das Schloß zu Laibach in's Gefängniß gebracht. Die Prediger Georg Clement und Dan.Xylander entgingen dem gleichen Schicksale nur dadurch, daß die Verordneten deren Be- 57 schützer, Herrn Lorenz Paradeiser und Herrn Georg Andreas Ka- zianer, heimlich („cito oitissilns") warnen ließen. Fel. Trüber und H. Snoilschek aber hatten sich nach Reutenberg begeben, wo sie für den Augenblick noch unter dem Schutze der Lamberger in Sicherheit waren. Von Reutenberg aus antwortete Fel. Trüber den Verordneten auf ihr Schreiben (vom I3.Jan. 1600) am 14. Februar 1600: „er habe, da wenig Hoffnung sei im Lande bleiben zu können, alsbald nach Empfang ihres Briefes beschlossen sich mit den Seinigen nach Tübingen zu begeben, von wo man ihn 1580 berufen, wiewol es ihn wegen seiner kleinen Kinderlein und seiner Leibesschwachheit hart ankomme, eine so weite Reise in so tiefem Schnee, Kälte und hartem Winter zu verrichten. Nun sei ihnen unverborgen, daß man, wenn es dahin komme, daß man Hab und Gut, und was man lang härtiglich erspart, verlassen und in freinde Orte ziehen müsse, der Hilfe frommer, gutherziger Christen bedürfe. Er zweifele auch nicht, daß sie ihrer gegen alte, wohl¬ verdiente Kirchendiener stets bewiesenen Güte und Mildigkeit gemäß jetzt auch ihn bei seiner Verfolgung und Abschied neben einem Viatioulli und jährlichem Gnadengeld auch mit einem Testimonium über seine Lehre, Leben und Wandel an Herzog Friedrich von Würtemberg und an die löbliche Universität zu Tübingen bedenken würden, in Betracht, daß er nun viele Jahre in beiden Sprachen treue Dienste geleistet, und daß er seine besten Jahre bei ihrer Kirche zugebracht, so daß er sich hinfür (sonderlich wegen seines langwierigen Katharrs, der ihn unnachlässig molestire) nicht mehr so wie bisher zu dienen getraue. Seine theils erkauf¬ ten, theils bei seiner Ankunft in Laibach von der Landschaft (weil sie seinem seligen Vater gehört) erhaltenen, theils von derselben an baaren Geldes Statt angenommenen Bücher (nämlich für etwa 200 fl. Exemplare der windischen Bibel, Postille, Gesang- und Gebetbücher) lasse er ihnen im Landhause in vier Fässer einge¬ schlagen, weil sie in diesen kummervollen und gefährlichen Zeiten manchem armen, bedrängten, verfolgten und angefochtenen Herzen dienlich und tröstlich sein könnten, während es ihm unmöglich sei, sie auf einem so weiten Wege mit sich zu führen. Dafür möchten sie ihm, wie sie Andern gethan, nach ihrem Wohlgefallen eine kleine Hilfe zu Erkaufnng anderer nützlicher Bücher widerfahren lassen. Schließlich, weil er ihnen, als seinen gnädigen gebietenden lieben Herren, Schäflein und Zuhörern, gegenwärtig nicht valedi- 5 58 ciren könne, wolle er's hiermit schriftlich gethan haben, unterthä- nigst bittend, ob er wol sich nicht bewußt, daß er Jemand, hohen oder nieder« Standes, mit seinem Lehren, Thun, Leben und Wandel, die Zeit er bei ihnen gedient, offendirt, geärgert oder beleidigt hätte, jedoch, wo solches ohne sein Wissen geschehen wäre, weil er auch ein Mensch und so wol als Andere straucheln, fehlen und sündigen könne, aus christlicher Liebe ihm solches vergeben zu wollen. Er bitte Gott, daß er ihnen und den Ihrigen langwie¬ rige Gesundheit, glückliche Regierung und starken Sieg wider den Erbfeind, den Türken, verleihen, sie, ihre geliebten Kinder und Nachkommen vor der Finsterniß bewahren und bei der einmal erkannten Wahrheit des heiligen, alleinseligmachenden Evangelij erhalten und ihnen endlich ans Gnaden die Krone der Ehre und die ewige Seligkeit geben wolle!" Die Verordneten übersandten Fel. Truber'n hierauf (25. Fe¬ bruar 1600) einen Jahresgehalt als Abfertigungssumme, ein Testi¬ monium und ein an alle evangelische Fürsten lautendes Empfehlungs¬ schreiben, und versicherten ihn, wie herzbetrüblich ihnen sein Abschied sei, und wie sie ihn auch gern im Land erhalten möchten; da es aber trotz alles Flehens nicht sein könne, so müssen sie es sammt ihm dem allweisen Gott befehlen; eine besondere Empfehlung an den Herzog von Würtemberg halten sie bei der ertheilten allgemeinen für über¬ flüssig, würden ihm dieselbe jedoch, falls er sie nochmals begehre, unweigerlich ausstellen; auch hätten sie ihm gern, so lange er ohne Dienst sei, ein jährliches Gnadengeld ausgesetzt, weil es aber künftig aus der Landeskasse nicht mehr angehe, er auch hoffentlich nicht lange dienstlos bleiben werde, so möge er sich mit demUebersandten begnügen; seine Bücher wollten sie um den gebührlichen Werth annehmen und ihm oder den Seinigen die Bezahlung erfolgen lassen. — In der That übernahm die Landschaft seine Bücher um den Schätzungspreis von 170 fl. 52 kr., wovon 8 fl. Steuer auf's Rathhaus entrichtet werden mußten, und stellten ihm dafür einen Schuldbrief über 162 fl. 52 kr. aus. Desgleichen übernahmen sie mittelst Schuldbriefes an ihn sein Haus in Laibach (worüber sie später noch manche Verhandlungen mit dem Landesfürsten hatten). Fell Trüber schrieb hierauf nochmals an die Verordneten (Reutenberg, 9. März 1600) und bat sie um eine besondere Empfehlung an den Herzog von Würtemberg, welchem bei dieser 39 Gelegenheit für die vielen der kraiuischen Kirche erwiesenen Wohl- thaten zu danken ihm passenv erscheine; daß er um ein jährliches Gnadengeld gebeten, möchten sie ihm zu gut halten; er habe es gethan, weil ihre Vorfahren früher allen verdienten Lehrern es gegeben; auch habe er für den Druck der Hündischen Postille keine „Verehrung" begehrt, noch nach Herrn Spindlers Ableben um dessen Provision gebeten (wie er wol Fug gehabt), sondern sich mit dem ihm ertheilten salaric» begnügen lassen, »erhoffend, man werde ihn deß in seinem Alter bei Leibesschwachheit urw Unver¬ mögen genießen lassen; da das aber nicht sein könne, man ihm auch sein Haus und seine Bücher für baares Geld abgenommen habe, so sei er damit zufrieden und bedanke sich dafür. Demgemäß ertheilten ihm die Verordneten (30. März 1600) noch eine besondere Empfehlung an den Herzog von Würtemberg, wie sie denn ihn und andere Prediger bereits früher (15. März 1600) auch an den Herrn Einnehmer in Kärnten Wolf Meyer wegen etwaiger Geld- und Wechselangelegenheiten empfohlen hatten. Einige Schriftsteller erzählen, daß N. Fel. Trüber, N. Georg Clement, LL. HansSnoilschek und iLl. Nikol. Wu- ritsch, als die letzten in Kram noch gefundenen evangelischen Pre¬ diger, aufs Schloß zu Laibach gefangen gesetzt worden seien, eine Nachricht, deren Wahrheit für jetzt dahin gestellt bleiben muß. Gewiß ist, daß Fel. Trüber mit seiner Familie nach Würtemberg aus¬ wanderte, wo er Pfarrer zu Grünthal wurde. In seiner Ge¬ schichte spiegelt sich das Schicksal aller übrigen evangelischen Pre¬ diger in Kram zur damaligen Zeit ab. So endete unter Fe lici an Trüber (1598) die evangelische Kirche in Kram, die unter seinem Vater Primus Truber(1561) ihren Anfang genommen hatte. Aber so wie es schon lange vor der Gründung der evangelischen Kirche in diesem Lande Pro¬ testanten gegeben hatte, so gab es hier noch lange nach der Zer¬ störung derselben Anhänger des evangelischen Glaubensbekenntnisses. Man darf durchaus nicht meinen, daß durch die gewaltsame Gegen¬ reformation des Jahres 1601, bei welcher der Bischof Thomas Kreen, der Landeshauptmann Georg Freiherr von Lenko- witsch, der Landesvicedom Joseph Rabatt« Freiherr von Dörnberg und Herr Philipp Kohenzl Freiherr von Prossek und Luegk als landesfürstliche Commissäre fungirten, das ganze Land alsbald wieder katholisch geworden sei. Es läßt sich dieß auch schon aus des Bischofs Kreen Bericht au Papst Paul V. (vom 22. Juli 1616?) schließen, worin er meldet, daß vor 1599 von den Bewohnern der Stadt Laibach sich kaum noch der zwanzigste Theil, und auch dieser nur aus der niedersten Bolksklasse, zum katholischen Glauben bekannt habe. In der That war die sogenannte Religions- Reformations-Commission in den Jahren 1614— 18 unausgesetzt thätig, um endlich mit aller Strenge die Protestanten zu unter¬ drücken, was auch bei Manchem (wie Bischof Stob aus von Lavant schreibt) aus Furcht vor der Strafe gelang. Vom Adel hatte Bischof Kreen bis 1626 trotz aller Bemühungen nur erst 12 Personen für die katholische Kirche wiedergewinnen können; va erfolgte (Wien, 1. August 1628) der kaiserliche Befehl, daß alle „unkatholische Herren und Landleute, auch andere Adels-, Manns¬ und Weibspersonen" sich binnen einem Jahr außer Landes begeben sollten. Dennoch war die Religions-Reformations-Commission noch im Mai 1642 beschäftigt, evangelische Edelfrauen und Fräulein, wie Frl. Kathar. Raumbschüssel, zwei Frl. Hasiber, Frl. Felicitas Apfalker, Fr. Amalie Pelzhofer, geb. Raumbschüssel, Witwe, Fr. Anna Maria Konischer, geb. Wernek, Witwe, Fr. Katharina Barb o, geb. Gall, Witwe, und ihre Frl. Töchter, Fr. Katharina Schweiger, Frl. Justina Schwab, Frl. Lucretia Raumbschüssel vorzuladen, sie zu bekehren oder zu verbannen. — Gegenwärtig zeugen nur noch spärliche Denkmale in Kram von dem Dasein und der Blüthe der evangelischen Kirche in diesem Lande während des sechzehnten Jahrhunderts.