Erhalten ara 1993-07-12 ACTA HISTRIAE II. DK: 904(436.5)"07' ZU FUNDEN DES 8. JARHUNDERTS AUS KÄRNTEN ErikSZAMEiT dr., Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität zu Wien, 1190 Wien, Franz Klein Gasse 1, A RIASSUNTO (Sui ritrovamenfi dell'VIII secólo in Corintia) L 'autore trat ta i ritrovamenti archeohgici piú o meno recentifatti in Carinzia e risalenti aU'VIII secolo. Tra i reperti venuti alia luce, che tra quelli del primo medioevo scoperti in . Carinzia sono da considerarsi importan, ci son a delle guarnizioni di cintura di origine avara e artni occidentali, ovvero una bardatura cavalleresca. í resti di due cinture di época tardo-avara sono statt ritrovati riel cimitero di. Baardorf Baiersdorfi'St, Dornt. Accanto sono stati scoperti pure un sperone di Schletta fattura intarsiato d'argento, una larga scure ed un pettine a tre ¡amelle. Parti di una cintura simile seno síate scoperte in una tomba distruUa di St. PeteriGrafenstein. Una tomba contenente una cintura, speroni ed una lunga spada es tata scoperta a GrabelsdorfiSt. Katizian. II qtiadro dell'influenza cultúrale tardo-avara in Carinzia é compietato da un paio di orecchini d'oro, rinvenuti in una tomba femminile a ViUaco/Judendorf e da Un corredo di bronzo rinvenuto aKanzianiberg, che probabilmentefaceva parte di una bardatura da cavallo di fattura avara e che piñ tardi é stata dorata. Daü'área franco-bavareseprovengono tra l 'altro la spada del tipo altjuhrden, di origine basso-caroiingia, rinvenuta a TauchendarflGramilach, la lunga spada di Grabelsdorf, la staffa di Urlaken, come pitre gli speroni di BaiersdorfiGrabelsdorf e due staffe scoperte casualmente a Hemmaberg. Questa bardatura cavalleresca e complétala da un frammento di staffa di stile tardo-avaro rinvenuto a Lamprechtskogel, Tutti questi reperti, chepossiamo interpretare come gli status symbol della classe sociale ullora alpotere, dimostrano la cominuitá del!'influenza svolta daiFránchiedagUAvarisui ceti dirigenti della Carantania, un 'influenza che si ríscontra dail "mizio alia fine del secolo VIII. L 'autore sostiene che i ritrovamenti sono un'importante testitnonianza della vita política edeconomica dellapopolazione della Carantania di quelperiodo epone in rilievo l'analoga mescolanza di elementi ornamentan franchi e avari nei costumi femminiii deli'epoca nell'area austríaco-danubiana. 79 ACTA MSTKIAE II. Erik SZAMEÍT: ZU FUNDEN DES 8. JARIIUNDERTS AUS KÄRNTEN, 79-92 Seit langem ist die Wissenschaft bemüht, den ostalpinen Fundstoff des frühen Mittelalters genauer zu bestimmen und zu gliedern. Vor allem in den grundlegenden Fragen der Chronologie und der ethnischen Zuweisung der Funde zeigen sich auffallende Auffassungsunterschiede zwischen der deutschsprachigen und der slawischen Forschung. Vergleicht man die etwa zur gleichen Zeit und auf breiter Materialbasis erarbeiteten Ergebnisse von P. Korošec1 und J. Giesler2 zu dieser Problematik so werden diese Meinungsverschiedenheiten besonders deutlich. Beide Forscher kommen zu einer Dreigliederung der frühmittelalterlichen archäologischen Hinterlassenschaft. Korošec erkennt im Material drei unterschiedliche slawische Kulturgruppen, die jeweils in eine ältere und eine jüngere Phase geteilt werden. Chronologisch stehen sie in der Zeitspanne zwischen dem 7. und dem 10. Jh. Giesler hingegen teilt das Material ohne ethnische Beurteilung in drei chronologische Horizonte, die er in die Zeit zwischen "um 800" und der 1. Hälfte des 11. Jhs. stellt. Ohne die kulturhistorischen Überlegungen beider Autoren bewerten zu wollen, ist Verf. nun der Meinung, daß Korošec das ostalpine Fundmaterial zu früh, Giesler hingegen zu spät ansetzt3. Im folgenden werden eine Reihe alter und neuer Funde aus Kärnten herangezogen, die geeignet erscheinen, einen eigenständigen archäologischen Fundhorizont des 8. Jhs. in diesem Bundesland zu charakterisieren. Unter diesen Funden befinden sich u.a. awarische Gürtelbeschläge sowie aus dem fränkischen Reich importierte Waffen und Reitzubehör, also Gegenstände, die alle als chronologisch empfindlich gelten können. DIE FUNDE: A. Awarische Bronzen4 1.) BaardorfiGem. Hörzendorf!St.Veita.d. Glan,5 Baiersdorf!St. Donatbzw. Bereits vor 1910 (möglicherweise 1906) wurde beim Bahnbau (bzw. beim Eröffnen einer Schottergnibe) im Bereich von Baiersdorf bei St. Veit a.d. Glan ein Hügel abgegraben, auf dem sich einige frühmittelalterliche Gräber befunden hatten. Diese wurden im Zuge der Arbeiten ohne Dokumentation zerstört, jedoch gelangten eine Reihe von 1 P. Korošec, Zgodnjesrednjeveška arheološka slika karantanskih Slovanov. Dela Opera 22/1, 1979. 2 J. Giesler, Zur Archäologie des Ostaipenraumes vom 8. - 11. Jahrhundert. Arch. Korrespondenzblatt 10,1980,85fi 3 E. Szameit, Anmerkungen zur Chronologie des 8,- ^Jahrhunderts im Oslalpenraum. Zalai Muzeum 3,1991,73 ff. 4 Zur Beurteilung der awarischen Bronzen siehe auch: K. Szameit, Das frühmittelalterliche Grab von Grabelsdorf bei St Kanzian am Klopeinersee, Kärnten. Mit einem Beitrag von P. Stadler. Arch. Austriaca 77,1993. 5 H. Dolenz, Funde aus Kärnten aus dem 7. -11. Jh. Carinthia 1 ISO, 1960,733ff. 80 ACTA HI STRIAE H. Erik SZAMEIT: ZU FUNDEN DES 8. JARHUNDERT5 AUS KÄRNTEN, 79-92 aufgesammelten Gegenständen aus zwei beigaben - führenden Gräbern, über die Hände eines Antiquars, an das Museum in Villach. Unter den erworbenen Gegenständen befinden sich u.a. 11 Stück awarischer Bronzen (zwei fotografisch dokumentierte Riemenschlaufen fehlen). Die Objekte wurden i960 erstmalig veröffentlicht und beurteilt6. Wie die sorgfältige Begutachtung der Originale nun ergabb, handelt es sich dabei einwandfrei um die Reste von zwei verschiedenen awarischen Gürtelgarnituren, die sich typologisch wie chronologisch unterscheiden lassen. Folgen wir der von F. Daim7 und o P. Stadler erarbeiteten Dreiteilung der spätawarischen Bronzen in die Phasen Spätawa-risch I - III (SpA I - III), so können wir einen Teil der Beschläge der Phase SpA I (T. 1/1 - 3), den anderen der entwickelten Phase SpA II zuordnen (T. 1/4 -11). Der Beginn der gegossenen awarischen Beschläge wird chronologisch unterschiedlich angesetztd, wobei die Mehrzahl der Datierungsvorschläge zwischen 670/6809 und 710/7301G liegt. Letztere Zahl scheint etwas zu hochgegriffen und resultiert aus Überlegungen, wonach der zwischen der Früh- und der Spätawarenzeit liegende mittelawarische Horizont auf gut zwei Generationen Dauer auszudehnen ist. in diesem Fall muß man davon ausgehen, daß es bereits in der Stufe Mittelawarisch II zu einer Ablöse der Blechz\errate durch gegossene Beschläge gekommen ist. Es ist daher anzunehmen, daß es im ausgehenden 7. Jh. bzw. in der Zeit "um 700" ein nebeneinander bzw. Kombinationen von Blechbeschlägen und gegossenen Gürtelzierrat gegeben hat. Gleich wclchem Zeilrahmen man den Vorzug gibt, zeigt es sich, daß in Baiersdorf ein durch die awarischen Gürtelzierrate ausgezeichneter Gürtelträger etwa innerhalb des 1. und ein weiterer innerhalb des 2. Drittels des 8. Jhs. bestattet worden ist. Unterstrichen wird die Zeitstellung der awarischen Beschläge durch die Beifunde: einem einfachen tauschierten Eisensporn spätme-rowingischen Charakters, mit kurzem Stachel (T. 1/14), einer Breitaxt westlicher (me-rowingischer) Form (T. 1/13) und den Resten eines grünpatinierten Dreilagenkammes (T. 1/12). Eine von K. Dinklage angeregte Sondierungsgrabung fand in der Zeit vom 2. - 5.8. 1943 in Baiersdorf/St.Donat statt. Hier wurden auf einem langgezogenen Hachen Hügel immer wieder Skeletteile ausgeackert. Inden Suchschnitten fanden sich neben rezenten Tierknochen letztlich die Reste einer stark beschädigten etwa W - O orientierten Körperbestattung ohne Beigaben. Die vorliegenden Akten und Notizen aus dem österreichischen Bundcsdenkmalamt und dem Landesmuseum in Klagenfurt lassen es 6 H. Mitscha-Märheim, Bemerkungen zum frühmittelalterlicher. Fundmaterial aus Kärnten. Carinthia 1150,1960,751. 7 F. Daim, Das awarische Gräberfeld von Löbersdorf, NÖ. Studien zur Archäologie der Awaren 3/1,1987,28ff. 8 P. Stadler, Die Sereation awarischer Gürtelgarnituren. Masch. Diss, Wien, 1985. 9 N. Fettich, A. Marosi, Trouvailles avares deDunapentele. Arch. Hung. XVIH, 1936, 98 f. 10 F. Daim, Anm. 6,159. 81 ACTA HISTRIAE II. Erik SZAMEIT: ZU FUNDEN DES 8.3ARHUNDERTS AUS KÄRNTEN, 79-92 zumindest möglich erscheinen, daß im Bereich von Baierdorf/St,Donat und Baardorf zwei nahegelegene Gräberfelder vorliegen. 2.) St. PeterlGrafenstein11 Aus einem zerstörten Grabe bei St. Peter bei Klagenfurt stammen die Reste einer spätawarischen Gürtelgarnitur, die aus einer rankenverzierten Hauptriemenzunge und drei derartigen Nebenriemenzungen besteht (Taf. 2/1 - 4). Nach den Vorstellungen von F. Daim und P. Stadler gehört sie der Phase SpA II an. Diese Garnitur kann etwa in die Mitte des 8. Jhs. datiert werden. Sie entspricht formen- und entwicklungsmäßig fast völlig der Gürtelgarnitur aus Krungl in der Steiermark, die ja bereits in den 70-ger des 19. Jhs. genieinsam mit einem nicht mehr vorhandenen karolingischen Eisenschwert aufgefunden wurde12. Auch wenn das Krungler Schwert nie genauer bestimmt werden konnte, so dürfte es der Beschreibung und den Maß en nach13 möglicherweise der Spatlia von Hohenberg entsprochen haben, die ihrerseits als frühkarolingi.sches Prunkschwert vom Typus Mannheim anzusprechen ist14. Schwerter vom Typus Mannheim werden vornehmlich in die Mitte bzw. 2. Hälfte des 8. Jh. s datiert15. 3.) Grabelsdorf bei St. Kanziatt am Klopeinersee Diese awarische Gürtelgarnitur wurde 1965 im Zuge einer Grabung von F.X, Kohla entdeckt16. Nach der Fundskizze in Kohlas Tagebuch lag sie bei einer Körperbestattung in gestreckter Rückenlage. Neben der Gürtelgarnitur ist auch ein Langsax, zwei Messer, ein verzierter Knochenbehälter und ein Eisensporn vorhanden. Dieses Grab war als Nachbestattung in Randlage in einer urgeschichtlichen Hügelschüttung eingebracht. Der Hügel enthielt angeblich neben einer hall stattzeitlichen weiblichen Brandbestattung mit Bronzenadel und drei Gefäß en auch ein Lanzenpaar einer wohl gleichzeitigen männlichen Bestattung. Der Gürtel von Gräbelsdorf besteht aus gegossenen Beschlägen und ausgeschnittenen Blechen. Die groß e gegossene Hauptriemenzunge aus Bronze (T. 2/5) ist mit einem beweglichen Blechscharnier versehen, die Gürtelschnalle mit Blechbesch'lag (T. 2/6) und mehrere der versilberten oder verzinnten Gürtelbleche (T. 2/7 und 8) zeigen noch Spuren von Lederresten des Gürtels. Aus Bronze gegossen sind auch die atypischen Nebenriemenzungen mit Perlrand (T, 2/10 -13) und eine rankenverzierte Nebenriemenzunge (T. 2 /9). Nach Meinung P. Stadlers können derartig gemischte Gürteibeschläge 11 Dolenz, Anm. 4. 12 O. Fischbach, Ujabb leletekHohenbergrol es Krunalbol. Arch. Erl. 17,1897,133ff. 13 E. Diez, Die Funde von Krungl und Hohenberg. Jahrbuch d. k.k. Zentralkomm. NF 4, 1906, 201ff. 14 E. Szameit, Kaiolingische Waffeniurtde aus Österreich. Teil I: Die Schwerter. Arch. Austriaca 70,1986,3S5ff. 15 W. Menghin, Neue Inschriftenschwerter aus Süddeutschland und die Chronologie karolingischer Spathen auf dem Kontinent. Erlanger Forschungen, Reihe A 26,1980,227ff. 16 F.X. Kohla, Fundber. aus Österreich 9,1966,24. 82 ACTA HISTRIAE II. Erik SZAMEIT: ZV FUNDEN DES S JARHUNDERTS AUS KÄRNTEN, 79-92 als charakteristisch für die Übergangszeit von Blech zu Guß, also die spätere Mittela-warenzeit bzw. die Anfangsphase der Spätawarenzeit angesehen werden17. Der beigelegte Langsax (ohne Abb.) ist das erste in Österreich aufgefundene Exemplar mit damaszierter Klinge. Da derartige Saxe im 1.18. Jh. in einigen Stückzahlen vor allem im norddeutschen Raum auftreten18, könnte hier ein Import aus dem Niederrheingebiet bzw. dem sächsischen Stammesterritorium vorliegen. Der eiserne Stacbelspom (nicht abgebildet) mit kurzem Stachel, entspricht in seiner Dimensionierung und Machart dem Sporn von Baardorf/ßaiersdorf. Die Fundkombination spricht für eine Datierung in die Zeit "um 700" bzw. in das 1. Drittel des 8 Jh. s. 4.) Kanztaniberg19 Im Museum Villach liegt unter dem Fundort Kanzianiberg ein aus Bronze gegossener, vergoldeter Beschlag in Durchbruchstechnik vor, der mit einem Lebensbaum/kelch - Motiv geschmückt ist, von dem zwei Vögel (Pfaue ?) picken (T. 3/1). Von der Form entspricht der Beschlag den ab der Phase SpA II weit verbreiteten, zweiteilig gearbeiteten spätawarischen wappenförmigcn Hauptriemenbeschlägen. Er ist jedoch einteilig ynd erinnert dahes an einteilige Pferdegesdirr beschläge, wie sie aus dem slowakischen Fundort Blainica/St. Martin bekanntgeworden sind. Eine Datierung in das spätere 8. Jh. scheint daher am wahrscheinlichsten. B. Waffen: 20 Hier ist vor allem das Schwert aus Tauchendorf/Giamilach (T. 4/1,1A) anzuführen'" . Es wurde bereits 1907 ausgeackert und dürfte damit aus einem vom Pflug zerstörten Körpergrab stammen. Die leichte, schlanke Klinge ist noch in bester meiowinge-rzeitH-cher Tradition gefertigt, sie besteht aus einem damasziertcn Klingenkern mit beidseitiger dünne* Rosettenfunierdamast tauflage. Das Griffstück mit der Parierplatte, Knaufund Knaufquerstück scheinen jüngere Ergänzungen an einer älteren, im Bereich des Griffangelansatzes abgebrochenen und reparierten Klinge zu sein. Im Röntgenbild ist zu sehen, daß die aus zwei Stäben zusammengesetzte (neue) Griffangel nicht homogen mit dem Klingenkern verbunden ist, sondern nachträglich lückenhaft angeschweißt wurde. Dies deutet m. E. auf einen Bruch der Griffangel mit anschließender Raparatur hin. Möglicherweise folgte der Reparatur der Klinge auch ein Tausch der nicht mehr zeitgemäßen älteren Gefäßteila. Diese neuen, im Stil der 2. Hälfte des 8. Jh. s gehaltenen Teile waren 17 P. Stadler, Ausgewählte awarische Bronzegüsse als Parallelen zu Gürtelbeschlägen von Vrap und Erseke. In: Joachim Werner, Der Schatzfund von Vrap in Albanien, Studien zur Archäologie der Awaren 2,1989,105f. 18 H. Westphal, Untersuchungen an Saxfcîingen des sächsischen Stammesgebietes -Schmiedetechnik, Typologie, Dekoration. Studien zur Sachsenforschung 7,1991,271 ff. 19 Dolenz, Anm. 4. 20 Mitt. d. k.k. Zentralkommission, NF 7,1908,114. 84 ACTA BISTRIAE U. Erik SZAMEiT: ZU FUNDEN DES 8. JARHUNDERTS AUS KÄRNTEN, 79-92 T. 2; 1-4 St. Peter bei Grafenstein; 5-13 Grabclsdorf bei St. Kanzian am JKlopcinersee. 85 ACTA HISTJRIAIi II. •*-—.................-......................... ................... ~ ..........- Btik SZAMEJT: ZU FUNDEN DES S. JARHUNDERTS AUS KÄRNTEN, 79-92 aber mit dem Griffstüch nicht stimmig. Sowohl beim Knauf und Knaufquerstuck wurde der feste Sitz auf der Griffangel nur mühsam, durch das Hinpassen von eisernen Steckkeilen erreicht. Knaufund Parierstange wirken im Verhältnis zur schlanken Klinge 21 etwas unproportioniert . Beide entsprechen der Form der frühkarolingischen Schwerter vom Typ Altjührden, die für die Mitte bis 2, Hälfte des 8. Jhs. charakteristisch sind22. Zweifellos handelt es sich sowohl bei der Klinge als auch bei den Gefäßteilen um entweder von den Langobarden oder aus dem fränkischen Reich importierte Teile. Die Datierung wird nicht allein durch einige Dutzend Fimdkomplexe und Grabfunde aus Nordeutschland bestätigt23, sondern auch durch einige vemandte Schwerter aus österreichischen Fundorten. Ich verweise auf die Waffen aus Sierninghofen, St. Georgen a.d. Gusen und Hainbuch, die durch Beifunde wie Sporen, Lanzen, Saxe und awarischen Ringschmuck in 2. Hälfte des 8. Jh. s datiert werden können24. C. Reitzubehör: Unter den Funden des 8. Jh. s befinden sich in Kärnten Teile von Reitzubehör, die z.T. schon seit langem bekannt sind und jetzt durch Neufunde ergänzt werden. 1.) Urlaken. Als Altfund ist der Steigbügel aus Urlaken (T. 3/2) seit langem in der Literatur 25 ■ geläufig . Er ist aus einem kräftigen dachförmigen Eisenstab gefertigt und von langdreieckigen Aufbau mit doppelt abgedrehter Öse. Die Auß enflächen sind durchgehend bichrom tauschiert, wobei dreibahnige Felder mit strichföTmiger Messingtauschierung mit gleichartigen silbertauschieten alternieren. Typologisch steht er den Steigbügeln vom Typ Immenstedt nahe. Wieder sind es vor allem Grabfunde aus dem nord- und nordwestdeutschen Raum, die uns als Zeitstellung dieser Steigbügel vor allem in das 8. je Jh. nahelegen . Dennoch möchte ich auch auf einen weiteren österreichischen Fundort, St. Johann bei Ternitz in Niederösterreich, verweisen, der ein ähnliches, aber typologisch - 97 etwas älteres und unverziertes Steigbügelpaar dieses Typs erbracht hat . Die Zeitstellung wird hier durch Beifunde einer im Tassüokelchstü verzierten Riemenzunge und gegossener awarischer Riemenbeschläge bestätigt. 21 Szameit, Anm. 13,387 und 392f. 22 Menghin, Ar. in. 14. 23 A. Geibig, Beiträge zur morphologischen Entwicklung des Schwertes im Mittelalter. Ofia-Bücher71,1991. 24 Szameit, Anm. 3. 25 K. Dinklage, Frühdeutsche Volkskultur in Kärnten und seinen Marken, 1943, Tat. 10. 25 F. Stein, Adelsgräber des 8. Jahrhunderts in Deutschland. GDV, Serie A 9,1967.85. 27 W. Haider, Fundber. aus Ös fcerreich 29,1990,250f. 86 ACTA HI STRIAE H. T. 3:1 Kanzianiberg bei Villach (M = 1:1); 2 Vrlakea (M- 1:2) 87 ACTA HISTRIAE II. ErikSZAMEIT: ZU FUNDEN DES 8. JARHUNDERTS AUS KÄRNTEN. 79-92 2.) Hemmaberg Bei den Ausgrabungen Franz Glasers auf dem Hemmaberg kamen in jüngster Zeit auch wichtige fnihkarolingerzeitliche Neufunde in sehr gutem Erhaltungszustand zu Tage, die noch unpubliziertsind. Besonders hervorzuheben ist ein gleicharmiger Sporn mit kreuzförmig angeordneten plastischen Tierkopfendeu (T. 4/4). In die zwei jeweils quer zum Schenkelende stehenden, gut ausgeprägten Tierköpfe sind je ein kurzer Nietstift eingelassen, die über einen an der Schenkelinnenseite als Gcgenlager angebrachten Blechstreifen wurden Sporenriemen fixiert. Dieser überaus seltene Sporentyp, den wir nach seinen äuß eren Merkmalen allgemein der 2. Hälfte des 8. Jh. s zuschreiben können, hat nun je ein interessantes Gegenstück aus slawischen Gräbern des Gräberfeldes von Auhof/Perg, OÖ. und Hainbuch, NÖ. Im noch unpublizierten Grab 28 des frühkarolingischen Gräberfeldes von Hainbuch an der Enns, fand sich die gut ausgestattete Bestattung eines lokalen Edlen, der u.a. mit einer Späths vom Typus Altjührden, einer Flügeilanze und Sporen ausgestattet war~s. Die äukerst schlecht erhaltenen Sporn bilden kein gleichartiges Faarm sondern gehören zwei unterschiedlichen Typen an. Der eine, ist ein sehr zartes, fast filigranes Gegenstück zum Sporn vom Hemmaberg. Auch er endet kreuzförmig in kleinen Tierköpfen, in denen kupfer- bzw. messingunterlegte Niefstifte stecken, die den Sporenriemcn hielten. Das Grab 28 von Hainbuch wird vom Verf. in das 3. Viertel des 8. Jh. s datiert. An das Ende des 8. Jh. s ist ein zweiter Sporn vom Hemmaberg zu sezten, der rechteckig profilierte Endplatten mit quer eingesetzten Nietstiften und innenliegender Gegenplatte aufweist (T. 4/3). Er kann als Prototyp für spätere, in verschiedenen Variationen ausgeführte Sporen aus mährischen Fundstätten gelten. 3. Lamprechtskogel Zuletzt möchte ich noch auf ein in späiawarischer Tradition gefertigtes eisernes Steigbügelfragment vom Lamprechtskogel verweisen (T. 4/2), Die längs zum Trittsteg verlaufende enge Öse mit seitlichen, nach unten zusammlaufenden Verstärkungsleisten entspricht völlig den awarischen Gepflogenheiten. Der Bügel ist auß en gerippt profiliert. Ähnliche Steigbügel fanden sich im von A. Pleterski veröffentlichten Hortfund von Scbenjc'"9 und im noch spätawarisch geprägten vorgroß mährischen Milieu Mährens30. A. Pleterski nimmt daher für die beiden Sebenjer Steigbügel mährische Herkunft an. Der Neufund vom Lamprechtskogel verdichtet nun die Fundsituation im Süden. Direkte Kontakte zwischen den Mährern und den Karantanen sind am Ende des 8./Anfang 9 Jh. weder archäologisch noch historisch nachweisbar. Wie in Mähren selbst, kann daher 28 E. Szarodt, Fundber. aus Österreich 30,1991,322f, 29 A. Pleterski, Sebenjski zaklad (Der Hortfund von Sebenje). Arheološki Vestnik 38,1987,237ff (294ff). 30 Ž. Mechurova, Die Steigbügel und andere Sa ttelbestand teile aus dem Frühmittelalter. Časopis Moravske ho Muzea 68,1983,61ff. (264). 88 ACTA HISTRIAE II. Erik SZAMEIT: ZU FUNDEN DES 8. J AR HUNDERTS AUS KÄRNTEN, 79-92 eine Herstellung dieser Bügel durch lokale, noch awarisch geschulte Kräfte aus dem Drau/Save-Raum in dieser Zeit nicht ausgeschlossen werden. Eine Besonderheit des zerbrochenen Lamprechtskogler Steigbügel ist eine bemerkenswerte Reperatursteile am seitlichen Bügelann. Hier ist der Bügel alta gebrochen und notdürftig mit Kupferlot gekittet. Wie das Fragment zeigt, dürfte diese Reparatur den geforderten Belastungen nicht standgehalten haben, was letzlichzum Verlust des Bügels führte. I). Baudenkmäler: Obwohl nicht in die Kategorie der Kleinfunde gehörend, soll an dieser Stelle der Grabungsbefund von F. Glaser auf dem Molzbichel nicht unerwähnt bleiben31. Immerhin konnte mit der Anlage auf dem Molzbichel erstmalig ein frülikarolingischer Kirchen-baa mit angeschlossenem Kloster innerhalb Karantaniens festgestellt werden, der mit groß er Wahrscheinlichkeit auf die salzburgische Mission des 8. Jh. s zurückzuführen ist. Mit diesem Bau ist der Forschung ein weiterer Schlüssel zur Datierung und historischer Abklärung ähnlicher Anlagen bzw. von Anlagenresten in Kärnten und der Steiermark gegeben. Zu r Deutung der Funde des 8. Jh. saus Kärnten: Das dem 8. Jh. zurechenbare Fundspektrum Kärntens setzt sich im wesentlichen aus zwei Komponenten - einer awarischen und einer bairisch-fränkischen-zusammen. Es besteht vorläufig praktisch ausnahmslos aus Gegenständen des gehobenen Bedarfs. Sowohl die aus Gräbern stammenden, als auch die Streufunde lassen sich als Ausrüstung und Standeszeichen einer lokalen Oberschichte interpretieren. Das Formengut zeigt eine kontinuierliche Entwicklung, die das gesamte 8. Jh. durchläuft. Ein Charakteristikum ist die Kombination von östlichem (awarischen) Gürtelschmuck und westlichem (bairisch-fränkischen) Waffen bzw. Reitzubehör in reichen Männergräbern, wahrend die überwiegende Mehrzahl aller sonstiger Bestattungen entweder beigabenarm (z.B. nur Messer und Gürtelschnalle) bzw. überhaupt beigabenlos sind. Hierin scheint sich das angeführte Fundgut Kärntens grundsätzlich von der Fundsituation südlich der Karawanken zu unterscheiden, wo derartige Kombinationen, vielleicht mit Ausnahme der Funde aus dem Raum Bled/Veldes, bisher fehlen. Daß diese Erscheinung aber nicht iokal auf Kirnten begrenzt ist, zeigen die gleichartigen Funde aus Krungl und Hohenberg in der Steiermark"5" und aus Kirchdorf-Micheidorf im oberösterreich ischen Kremstal , Im 31 F. Glaser, Fundberichte aus Österreich 24/25,1985/86, 329, und Fö 26,1987,257. 32 Fischbach, Anm. 11. 33 G. Kaschnitz, M. Abrami«?, Funde aus der VöSkerwanderungszeit bei Kirchdorf-Micheidorf, OÖ. Jahrbuch f. Altertumskunde 3,1907,, 214ff. 89 ACTA HISTRIAE II. Erik SZAMEIT: ZU FUNDEN DES S JARHUNDERTS AUS KÄRNTEN, 79-92 Gegensatz zur Situation in der Steiermark, in Oberösterreich und im westlichen Niederösterreich fehlen in Kärnten bisher die Frauenbestattungen, die sich an diesen Körpergräberhorizont des 8. Jhs. anschließ en lassen. Einzig ein Frauengrab mit im spätawa-rischen Stil ausgeführten Goldohrringen aus Villach/Judendorf scheint geeignet, sich in diesen Horizont einzufügen34. Verf. deutet die Kärntner Funde dahingehend, daß sich mit der Vollendung der Ethnogenese der Karantanen (mit der nach Meinung von Historikern etwa um 700 gerechnet werden kann35) eine Öffnung der lokalen Oberschichte nach auß en erfolgte. Dieser slawisch dominierte aber polyethnisch strukturierte Stammesverband vollzog eine Anpassung an die Sitten und Gebräuche der beiden groß en Nachbarn, der Franken und der Awaren. Damit verbunden war auch die Annahme des fremden Kulturgutes. Die Öffnung der nun bodenständig gewordenen karanlarischen Bevölkerung nach beiden Seiten hin ist ganz einfach durch ihre vorgegebene Brücken- bzw. Mittleistellung im österreichischen Alpen/Donauraum zu verstehen. Der a warische Einfluß auf die-Karantanen ist nach den zeitgenössischen Schriftquellen von ihrem Eindringen in den Ostalpenraum bis in die Tage des Fürsten Boruths, also bis in die 40- er Jahre des 8. erwiesen36. Wie nun die Waffen und Sporen ausBaardorf/Baiersdorf und Grabelsdorf zeigen, macht sich spätestens "um 700" auch der bairisch-fränkische Einfluß bei den Karantanen bemerkbar. Danach muß en wir mit einem stetigen Eindringen bairisch-fränkischer Kulturelemente, verbunden mit politischem und religiösen Druck rechnen, was nicht zuletzt zur Rechristianisierung des Raumes führte. Die Überlegenheit der fränkischen Waffen und Kriegstechnik (schwergerüstete Truppenteile) scheint sich in der raschen Annahme spezifischer Ausrüstungsgegenstände wie der Spathen, Saxe, Sporen und Steigbügel durch die karantanische Oberschichte widerzuspiegeln. Dennoch muß auch der awarische Gürtel als Würdezeichen der Edlen noch eine gewisse Zeit eine Rolle gespielt haben, was wieder auf die lange Verbundenheit der karantanischen Oberschichte mit den Awaren hindeutet. Spätestens nach dem Zusammmenbruch der (heidnischen?) gegen die bairische Vorherrschaft gerichteten Aufstände von 769 - 772 unter der Herrschaft Tassilos III,, dem eine feste Bindung Karantaniens an das bairische Stammesherzogtum folgte, wird der awarische KuKureinfluß zu einem weitgehenden Ende gekommen sein. Die Vermenguag von westlichen und östlichen Tracht- und Schmuckelementen läßt sich in dieser Zeit auch in der gehobeneren weiblichen Trachtaussiattung bei den Slawen im ober- und niederösterreichischen Alpenvorland und Donautal zu nachweisen. Im Unterschied zu den Karantanen trägt die lokale männliche Oberschichte hier zwar ebenfalls westliche Waffen und Reiterausriistung, aber keinen awarischen Gürtel- 34 H. Dolenz, Die Gräberfelder von fudendorf bei Villach. Neues aus Alt-Viliach 6, 1969, 7ff, bes. 14. 35 H. Wolfram, Die Geburt Mitteleuropas. 1987,341ff. 36 Ii Wolfram, Conversio Bagoariorum et Carantanorum. 1979,43. 90 ACTA Ml STRIAE 11. Erik SZAMEIT: ZU FUNDEN DES 8. JARHUNDERTS AUS KÄRNTEN, 79-92 91 ACTA HISTRIAE II. Erik vSZAMEIT: ZU FUNDEN DES 8.JARHUNDERTS AUS KÄRNTEN, 79-92 schmuck. Die Verwendung westlicher wie awarischer Importe scheint also insgesamt eine 'Besonderheit der zwischen dem fränkischen und dem awariscben Kulturkreis angesiedelten slawischen Völker nördlich der Karawanken gewesen zu sein. Die Bedingungen für eine eigenständige Ethnogenese slawischer Gruppen im Alpenvorland und im Donautal dürften aber schwieriger als für die inneralpinen Siedler gewesen sein. Grundsätzlich müß en wir im Donautai/Alpenvorland mit einer anderen Siedlungsstruktur rechnen. Hier fehlte wahrscheinlich eine massivere restromanische Bevölkerungsschichte, wie wir sie zumindest für Teile der Ostalpentäier voraussetzen müß en, dafür waren mit Sicherheit mehr germanische Voikssplitter vorhanden und zusätzlich war dieses Gebiet zwischen den Baiern und Awaren umstritten. Daher war es den Siedlern iiiernicht möglich vordem Anschluß dieses Gebietes an das fränkische Reich eine eigene Stammesbildung zu vollenden. Westliche Importe sind vor allem im östlichen Oberösterreich und im westlichen Niederösterreich stark dominierend. In der dem 8. Jh. zuzurechnenden Fruhphase der Körpergräbcrfelder in der Steiermark (Krungl, Hohenberg, Proleb u.a.), in Oberösterreich (Kremsdorf-Micheldorf, Bad Goisern, Sierninghofen, Steyr/Hausleiten, Dietach-dorf/Kerschberg, Auhof, Gusen u.a.) und in Niederösterreich (Hainbuch/Dorf a.d.Enns, MühÜng, Wimm, Amstetten, Pottenbrunn, Sieghartskirchen, Fitten) sind in der Frauentracht jeweils Importe aus dem Westen wie aus dem Osten vorhanden, wobei sich auch liier beobachten läßt, daß diese Inventare auf überdurchschnittlich ausgestattete Gräber beschränkt bleiben. Diese Tatsache zeigt deutlich, aus welchen Richtungen die kulturellen Impulse in den Ostalpenraum gedrungen sind. Ein kulturell eigenständiges lokales Fundgut kann hier mit Ausnahme von Gegenständen des täglichen Bedarfs (Messer, Keramik, einfachen Schmucktypen) im 8. Jh. nicht festgestellt werden. Noch ungeklärt ist die Stellung, die das bodenständige romanisierie Substrat im Donautal bei der Vermittlung des spätantiken Erbes an die Neuankömmlinge gespielt hat. Eine Belebung spätantiker Traditionen innerhalb slawischer Gemeinschofien im österreichischen Ostalpenraum vor dem 9. Jh. zeigt sich vorerst nur in einzelnen Bestattungen, wie z.B. im mit einer eisernen RingFibel in Trachtlage ausgestattete Grab 162 aus Gusen37. 37 V. Tovornik, Die frühmittelalterlichen Gräberfelder von Gusen und Auhof bei Perg in Oberösterreich. Teil I, Arch.Austriaca 69,1985,165ff, bes. 242. Siehe dazu auch: E. Szameit, Zu frühmittelalterlichen Funden aus Gusen und Langenstein, Oberösterreich. Mit Exkursen zur Datierung des slawischen Gräberfeldes von Gusen und zur frühmittelalterlichen Graphitton-keramik. Arch. Austriaca 76,1992,185, bes. 192., Ana. 41. 92