M. 16. Laibach tzen 23^ April 1864. 8. Jahrgang. (Beilage zur „Laibacher Zeitung.") Die „Blätter aus Krain" erscheinen jeden Samstag, und ist der Pränumcrationöprcis ganzjährig 2 fl. üstcrr. Währung. Mira ln a r. !. Dari steigt's empor ans blauen Mecrcöftuthcn! Tin steingeworden Märchen. — Darf man's wagen Sich ihm zn uah'n? Wird man nicht fortgetragen Auf Fittigen von Abcndsonncnglnthcu? Sind nicht, die je in jenen Grotten rnhtcn, In jenen Lauben, unter Noscnhagcn, sind nun, uicht alle — wenn's erlaubt zu frag?« — Im Banne von geheimen Zanbcrrnthcn? Und in den stolzen Sälen, in den Hallen, 'Darf dort ein Menschenkind sich blicken lassen? Gibt es nicht Geister dort, dem Meer entstiegen, Dic es mit unsichtbare:: Händen fassen Und vom Balkon, um dcu die Möven ftiegcn, Hinunter sttir;cu, wo dic Wogen wallen? !l. Ein süßes Wähnen wohnt iu diesen Räumen, Daß ich es kaum mit meine» Siuucu fasse. Frcuidländisch dnftct es von der Terrasse, Und iropisch sänselt'S in des Haincö Bänmcn. Hier läßt sich's selig rnhcn. selig tränmcn! Hell schimmert dort der Seestadt Häuscrmassc; Doch lieber noch dcu Blick ich schweifen lassc Zur Adria und ihren Küstcusäumen. Da liegt'S, das stolze Meer, zu mciucu Fußend Der cw'gcn Schönheit Heimat, die crkor'nc. Dcnu was uns ward erzählt iu alten Sagen Hier, dünkt mich, hab' sich'ö wieder zugetragen, Und Audyomcuc, die schanmgcbor'ne, Enlstieg der blauen Flut, dic Welt zu grüßen. III. Gibt es denn noch eiu brcuncudcr Verlangen, Ms, was an Reizen Meer und Himmel bieten, Genießen hier beseligt uud in Frieden, Ui'.d sich zu frcncn au der Erde Prangen? Ist es cii: Mccreözaubcr, daß ein Bangen Den Schlummer scheuchet von den Augculieden, Die Sehnsucht weckt nach Kroucn und Gebieten, Wir cs vor Zeiten auch Colomb crgaugcu? Ein Seemann, den ich unten traf am Straudc — Wo auf dem KicS dic klciucu Kränsclwcllcn Lichischimmerud und mit hellem Klang zerschellen — Uud der das Meer uud seiuc Tücken kauntc, Behauptet' so. Wie wär's auch sonst geschehen, Daß jetzt verlassen Schloß und Gärten stehen? Eitt Aprilscherz. (T ch l u ß.) Dcm Lederhäudler stieg das Geblüt ms Gesicht, daß ihm die Adern auf der Stirne zum Zerspringen anschwollen; er iWte sich durch Fidclius Weigerung verletzt; er glaubte, dieser ! wolle nun mit einem Male abbrechen, da er Lohmaun's Geld ! nicht mehr brauche, uud seine Etimme zitterte in gewaltiger ! Aufregung, als er entgegnete: ! „Ich wollte, Sie wären arm, so würden Sie die auf- i richtige Zuneigung eines braven Mädchens nicht täuschen, wie ! Sie es jetzt hinterlistig zu thun versuchen." ! „Aber, Herr Lohmann, was sprechen Sie da, Sie ver- ! gesscu sich ja ganz —" ! „Ja, ja, ich habe mich in der That ganz vergessen," z versetzte dieser, tief Athem holend und wie sich plötzlich besin-! nend, „ja, ja, es ist recht gut, wenn man klug ist, was ^ braucht denn die Welt Alles zu wissen, aber wir," setzte er > begütigend hinzu, „die iu verwandtschaftliche Verhältnisse mit ^ einander treten sollen —" ! „Letzteres will ich ja von Heizen gern," versicherte Fidc- ! lius, „nur kaun ich dieß bloß mit meinem blanken Gehalte ! thun, auf etwas Anderes dürfen Sie uicht rechnen, Herr z Lobmann." i, „Ncchuc auch nicht darauf, mein Bester-. allein Sie wer- ! den doch begreifen, daß ich Ihren Scrupelu zu Liebe meine, ! Tochter nicht enterben kann? Sie bekommt vorläufig das drei-^ stockige Haus am Hauptplatze: sie wird es Ihnen zu Liebe doch j nickt wegschenken sollen?" l „Ich erlailbe mir nur das Einzige nochmals zu bemerken," ! antwortete Iidelius ruhig, „daß ich gegen diefes Alles bloß ! meinen Gehalt pr. 500 fl. einsetzen kann." ! Der AKe lachte, daß die Fensterscheiben zitterten -, er schüt- ! teltc Fidclius die Hand und versetzte unter fortwährendem Lachen: ! „Ein kluger Schwiegersohn ist mir lieber, als einer, der ! mit naiver Prahlerei den Schmarotzern dic vollen Hände ent-^ gegenträgt —" ! „Aber ich kann Sie versichern," begann wieder Fidelius mit ehrlichem Eifer, „daß Sie bei mir auf nichts weiter rechne» ! können —" ! Lohmann lachte noch stärker. „Rosa, Mutter! kommt doch herein!" rief er ins Neben-- Zimmer, und als diese seinem Rufe Folge geleistet hatten, fragte !er ernst und fest: „Herr Fidelius, haben Sic ernstliche Absichten auf meiue Tochter?" „Gott weiß es!" sprach dieser mit Ausdruck. „Und Du Rosa? Willst Tu Dich diesem Manne für Dein ganzes Leben anvertrauen?" „Ich will es," hauchte diese schüchtern. „Nun denn, so sprecht; wann soll die Hochzeit sein?" «2 Rosa siel bald dem Vater, bald der Mutter cutzückt um! den Hals, Fidelius aber war so bestürzt, daß er es nicht ^ wagte, von diesem Rechte Gebrauch zu machen, er stotterte bloß verlegen die Worte heraus: „Aber so schnell, es gibt ja viel vorzubereiten —" „Ei was!" fiel Lohmann lustig ein, „die Ausstattung ! bat das Mädchen, eine schöne Wohnung im ersten Stocke gleich- ^ falls — oder wollen Sie des eisernen Kastens wegen lieber Parterre wohnen?" ! Fidelius hatte nicht verstanden, was Lohmann mit der letzteren Bemerkung wollte. „Nun," fuhr dieser eifrig fort, „Ihr könnt ja im ersten Stocke wohnen, und für das Werthheim'sche Möbelstück werden wir zu ebener Erde ein Locale ausmittcln." „Ah! Sie meinen die Cassatruhe, die geht in wenigen Wochen auf's Land." Lohmann lachte wieder, daß er sich den Bauch halten mußte. „Senden Sie den Kasten meinetwegen nach Australien, nur lassen Sie das zurück, was drinnen ist." „Aber, bei Gott! er ist ganz leer, Sie können sich überzeugen." ! „Gescheidt ist schön, und darum sind Sie in meinen Augen der schönste Mann, so wie in Nosa'Z Augen, und nun kommen Sie, daß wir die Möbel aussuchen." Fidelius war thatsächlich berauscht, ihm schwindelte: bald glaubte er zu träumen, bald vermeinte er, die Feenmärchen seiner Kindheit würden nun zur Wahrheit, und in seinen» seligen Taumel ließ er sich vom Lohmann fortführen, nachdem er beim Abschiede zum ersten Male gewagt hatte, seiner Braut die Hand zu drücken. Als er so mit seinem zukünftigen Schwiegerpapa Arm in Arm durch die Straße ging, kamen ihnen Fink und Richter entgegen, die im Vorbeigehen lustig die Hüte schwenkten und ihrem Freunde ein helles Glückauf zuriefen. Am folgenden Tags mußte der Notar ins Haus, um den Ehecontract zu verfassen, in welchem den jungen Cheleutcn das von Lohmann bezeichnete Haus als unumschränktes Eigenthum übergeben wurde. Der reiche Lederhändler räumte alle Hindernisse bei Seite, welche die Hochzeit verzögern konnten, die gleich nach den Oster-feiertagen stattfinden sollte, und allen seinen Bekannten theilte er das bevorstehende Familien-Ereigniß mit. Um der Sache mehr Lustre zu geben, wurde die Verlobung feiner Tochter als ein besonderes Fest gefeiert, zu welchem Lohmann eine große Anzahl Gäste geladen hatte. Die Unterhaltung war eben im besten Gange, als Lohmann, der einer Verrichtung wegen den Sveiscsaal verließ, vor der Thüre von Nichters Vater, welchen er sehr genau kannte^ da er mit ihm schon viele Geschäfte gemacht hatte, angeredet wurde. „Ei, Freund Richter," begann der heiter gestimmte Hausvater , das ist schön, daß sie gerade heute kommen, Sie müssen mit uns ein Glas VerlobungZwcin trinken." Richter dankte für die Einladung und bat nur, Fidelinö auf einen Augenblick herauszurufen. „Der darf heute nicht vom Tische, kommen Sie darum immerhin herein." „Es ist ein ganz kleines, obgleich für mich dringendes Geschäft," verfehle Richter: „wenn Sie vielleicht so gütig sein wollten, ihm etliche Worte deßhalb zu sagen —>" „Mit Vergnügen, sprechen Sie, da Sie schon durchaus nicht hineingehen wollen." „Ich komme, die Werthheim'sche Easse zu holen, die Herr Fidelius in seinem Zimmer stehen hat." „Die Werthheim'sche Cassc? Gehört die Ihnen?" „Zu dienen. Mein Sohn kaufte sie für mich, und da er sie nicht gleich abschicken konnte, so ersuchte er seinen guten Freund, sie inzwischen hier einstellen zu dürfen." Mit dieser Auskunft schien dem betroffenen Festgeber plötzlich ein Licht aufzugehen: obgleich ihn diese Nachricht ganz unerwartet traf, so faßte er sich doch, so gut es ging, um sich von seiner unangenehmen Ueberraschung nichts merken zu lassen, und sagte bloß: „Gedulden Sie sich ein wenig, Fidelius wird gleich bier sein." Unwillkührlich siel ihm der erste April ein, an welchem Tage er den Ehecontract abgeschlossen hatte, und er mußte sich bekennen, daß er selbst willig die Hand geboten hatte, um diesen Tag für sich zu einem ominösen zu machen: er sah zu-gleich ein, daß, wenn er nun den gethanen Schritt bereuen woNte, er der Welt bekennen müsse, daß er mystisicirt worden sei, und Letzteres hielt er nicht für recht thunlich. Es vor der Welt zu verbergen, war in feinen Augen mehr werth, als wenn er die so feierlich angekündigte Verbindung hätte rück-gängig gemacht. Die allgemeine Achtung durfte nicht auf's Spiel gesetzt werden. Er suchte daher seine gute Laune wieder nach Möglichkeit zusammen zu raffen, und sagte mit ziemlicher Ruhe, jedoch nur so laut, daß Iidclius es hören konnte: „Der Kaufmann Richter ist hier, um seine Easse abzuholen." Aus dem unbefangenen Wesen des so Angeredeten überzeugte sich Lohmann deutlich, daß Fidelius an dem Complote nicht bctheiligt gewesen: er erinnerte sich zugleich an dessen wieder-i holte Versicherung, daß er außer seinem Gehalte kein anderweitiges Einkommen besitze und darum auch kein Ehebündnis; schließen könne, und Lohmann mußte darum abermals die meiste ! Schuld, daß er getäuscht worden, auf sich felbst zurückwälzen, j Es gelang ihm auch ganz glücklich, den Unbefangenen ! vor der Welt zu spielen, so daß selbst die beiden Spaßvögel > es unterließen, die Sache weiter zu ihren Witzen auszubeuten: ! nach der Hochzeit aber ließ Vater Lohmann selbst eine Werth-! heim'sche Easse in die Wohnung der jungen Ehelcute stellen, ^ indem er seinem Schwiegersöhne die Nechnnngsführung über sein ! gcfammtes Vermögen übertrug, und in ihm einen redlichen und ! ordnungsliebenden Verwalter desselben fand, sowie auch Fide-! lius in seinem häuslichen Leben sich als zärtlicher Gatte zeigt, ! der seine Rosa nach Kräften glücklich zu mcichcn sich bemüht. ^ F. Rd. Eine De/teigung des Nanos. Wer von Adelsberg aus nach Süden seinen Blick schweifen läßt, gewahrt in der Entfernung von 2 Stunden eine Gebirgsmasse, die zwar isolirt da stehend, keineswegs in eine einzige Spitze ausläuft, noch auch durch Thäler oder nur Einschnitte unterbrochen wird, sondern einen von Osten nach Westen sich ziehenden, etwas gebogenen Kamm bildet, dessen Rand fast immer horizontal läuft und nur einzelnen, ganz unbedeutenden Erhöhungen oder Ausbuchtungen zur Basis dient. Es ist dieß, wie wohl Jedermann bekannt sein wird, der Nanos: den Bewohnern der dortigen Gegend ist er ein untrüglicher Wetterprophet, und wenn die hohe Stirne des Riesen mit Wol-ten umgeben ist, so sucht Alles eine Zufluchtsstätte zu erreichen, denn ein Sturm ist dann gewiß im Anzüge. So war es auch am 28. März d. I., als ich die einsame Straße von Adelsberg gegen Präwald zog; der Regen goß in Strömen herab und ein Wind, dessen Gewalt nur jener begreifen kann, der sie selbst erfahren, vereitelte jeden Versuch, sich vor demselben zu schützen. Er jagte regenschwangere Wolken in rasender Eile über den Nanos hinweg, so daß dieser bald meinen Blicken ganz entzogen wurde, bald wieder im schönsten Sonnenlichte strahlte, wenn nämlich dieses auf Augenblicke die Wolkenmasse durchbrach. Gegen Mittag indessen klärte sich das Wetter auf und obwohl der Wind keincsweg nachließ, so war die Reise — Dank eben dem Winde, der die Straße trocknete — doch bedeutend angenehmer, da die Kleider einerseits durch die Sonne, andererseits durch den Wind überraschend schnell getrocknet wurden. So mochte ich etwa anderthalb Stunden wacker gegangen sein, als ich plötzlich auf einen einstigen Collegen stieß, der mir den abenteuerlichen Vorschlag machte, den Nanos zu ersteigen, worüber ich anfangs lachte und an seinem Verstande zweifelte. Allein bald fand ich an der kühnen Idee Gefallen; denn ich muß gestehen, daß eben das Absonderliche derselben meinen Iugendmuth anstachelte, indem wir doch sicher die einzigen Waren, die in dieser Jahreszeit und bei solchem Wetter ein derlei Wagniß unternahmen, das eines spleensüchtigen Engländers würdig war. Demnach wurde beschlossen, noch an diesem Tage das Vorhaben auszuführen. In Präwald angekommen, erkundigten wir uns bei den staunenden Einwohnern um den Weg — ein Führer war nur gegen sehr gute Bezahlung aufzutreiben — und begannen nach einigen eingenommenen Erfrischungen wohlgemut!) den steilen Pfad hinanzu-stcigen. Am Fuße des Berges ziehen sich fruchtbare Triften, durch lebendige, wie zufällig gewachsene Zäune von einander getrennt und durch einzelne Aecker unterbrochen, hin, deren Grün dem umher schweifenden Ange einen wohlthuenden Anblick gewährt. Oben sind sie eingesäumt von Laubwäldern, deren Bäume jedoch meistens ein sehr verkümmertes Aussehen haben und nie zu einer solchen Höhe gelangen, wie z. V.-in Oberkrain. Jetzt sauste der Wind durch deren nackte Wipfel mit einem schrecklichen Getöse, und es kostete uns die größte Mühe, uns aufrecht zu erhalten: trotzdem drangen wir milchig vorwärts, denn bis jetzt gab es noch keine Hindernisse des Terrains zu bekämpfen und das überall herumwuchernde Gesträuch bot im Nothfälle einen willkommenen Anhaltspunlt. Je höher wir indeß kamen, desto größer wurde^auch die Heftigkeit des Windes, so, daß wir uns bald gcnöthigct sahen, die Hüte mittelst Bänder am Kopfe zu befestigen, da sie uns sonst entrissen worden wären; ebenso mußten wir den bisherigen Weg verlassen und uns auf die dcm Winde weniger ausgesetzte südliche Seite wenden, wo zwar kein Steig zwischen dcn Felsen sich befand, unser jugendlicher Uebermuth aber doch sich Bahn zu brechen hoffte. Wer kennt indeß nicht die Beschwerden und Gefahren eines derartigen Vordringens? Bald bildete ein riesiger Fels eine unübersteigliche Wand, die sich nur mühsam umgehen ließ, bald glitten unsere Füße auf dem langen, trockenen Grase aus und nur ein zwischen den Felsen hervorragender Zweig rettete uns vor dem tödtlichen Sturze. Das Gefährlichste jedoch waren jene Rinnen, in denen Steingcrölle aufgehäuft lag; denn sobald unser Fuß dasselbe berührte, gab die lockere Unterlage nach und wir glitten wohl 3 bis 4 Klafter nach abwärts, bis es uns zufällig gelang, ein Gesträuch als Rettungsanker zu erfassen. Daß dadurch unsere Kleider hart mitgenommen wurden, brauche ich nicht erst zu erwähnen; nebenbei herrschte noch eine empfindliche Kälte; die dann und wann aus den Wollen hervorbrechenden Sonnenstrahlen gaben fast gar keine Wärme. Gewiß hätten uns diese Hindernisse zur Umkehr bewogen, allein wir hatten schon mehr als zwei Drittheile des Weges zurückgelegt, das Ziel war also nicht mehr ferne; wer sollte da umkehren? — Nun verschwand auch das bisher zwar nur kümmerlich sein Dasein zwischen Felsen fristende Gesträuch, und nacktes Ge-stein erschien blosgelegt; auf der nördlichen Seite zieht sich fast überall die grüne Grasdecke bis an den Scheitel hinauf, allein hier wird sie von den Strahlen der Sonne im Sommer ver-sengt, da ohnehin schon alles Erdreich vom Winde weggefegt worden ist. Hier wird die Steigung des Berges immer sanfter, wir konnten schneller und leichter vordringen und um halb drei Uhr erreichten wir die Höhe oberhalb Präwald. Endlich! — Wer beschreibt unser Entzücken als Plötzlich, wie um unsern Muth zu belohnen, die Sonne freundlich aus den Wolken hervorblickte und uns die Gegend wolkenfrei sehen ließ! Zwar mußten wir vor dem Winde, der den Rand furchtbar bestrich und Alles wegblies, eilends in einen schützenden Felsenwinkel flüchten, allein wir übersahen doch die Gegend auf der Nord-und Ostseite. Da lag tief unter unsern Füßen knapp am Berge Präwald mit seinen festen, von der Sonne geschwärzten Häusern und seinem spitzigen Thurme, dessen Glocken eben die Gläubigen zum Nachmittagsgottesdienste riefen. Die Straße gegen Adelsberg hinauf gewahrten wir viele freundliche Dörfer und das ganze Thal zeigte unzählige kleine Seen, durch die starken Regengüße und den geschmolzenen Schnee gebildet. Mitten hindurch wälzte die mächtig angeschwollene Poik ihre dunklen Fluten der Adelsberger Grotte zu. Tief im Winkel unter einen: Felsen suchte sich die alte Veste Luegg zu verbergen, doch vergeblich, dem mächtigen Riesen Nanos bleibt nichts verborgen, er übersieht Alles. Am äußersten Rande endlich erhob sich Adelsbcrg mit seiner alten Ruine und dcm Bahnhof, aus dem eben der Nachmittags-Train fuhr. Wie verschwindend klein erschienen die Waggon's! Mit welcher Langsamkeit glitten sie am Rande der Hügelkette hin! Weiter gegen Norden dehnte sich der Birnbaumerwald aus und grenzte mit seinen meistens noch mit Schnee ^bedeckten Höhen den Horizont ab. Im Osten ragte aus der Masse der ihn umgebenden Gebirge der riesige Schneeberg empor, dessen Spitze jedoch in Wolken getaucht war; gleich ihm deckte die meisten seiner Nachbarn, wenigstens an den meisten Stellen, wo die Vora keine so große Macht hat, die weiße Winterdecke. Im Süden zeigte sich hinter den weißen, steinigen Gebirgen das adriatische Meer und die Küsten Italiens; in der Ferne erschien sogar die Seestadt Venedig, doch nur momentan, wenn nämlich der Wind die darüber hinziehenden Wolken zerstreute ; solche Augenblicke waren leider selten. Gegen Westen sah man Wippach, sowie die Gebirge des Görzer Gebietes. Welche prächtige Aussicht muß man genießen, wenn die Luft ruhig, der Himmel heiter ist, und die ganze Gegend im hellen Sonnenscheine erglänzt! ' ^ Uns blieb leider dieser Genuß vorenthalten, und wir ^ mußten uns mit dem begnügen, was unter solchen Umständen noch viel genannt werden konnte. ! Eine Stunde verfloß uns unter derartigen Betrachtungen, die wir in dem oben erwähnten Fclscnwinkel anstellten, bläuliche Rauchwolken unserer Euba's in die Luft blasend und da- ^ bei der liebenswürdigen Gcberin derselben in AdelZbcrg aeden- -kcnd, als plötzlich ein schrecklicher Windstoß den ganzen Berg in Wolken einhüllte, wodurch die ganze Umgegend in ein Nebel- ^ meer verwandelt wurde. Es begann zu regnen, aber der ! Regen löste sich durch den Wind in einen nassen Staub auf, der Alles durchdrang und den Augen ungcmein wehe that. Dieses, so wie die bereits vorgerückte Tageszeit zwang uns, an den Rückweg zu denken. Mit der Beschreibung der Hindernisse , Mühseligkeiten und Gefahren desselben will ich die freund- ! lichen Leser nicht ermüden, und erwähne deßhalb nur. daß sie ! viel bedeutender waren, als die des Hinaufklimmens. Als ^ wir Prüwald endlich erreicht und auch eine Herberge gefunden ! hatten, konnten wir an unsere Erholung denken. Aber wie ^ sahen unsere Kleider aus! Ich glaube, sie trugen einen Abdruck aller der Schichten mit sich, die wir passirt hatten. Und zudem wurden wir wegen unserer Vergparthie von den Leuten ausgelacht. ÄÜlod Al«80VZ. Ueber Sinnestäuschung. Die SinneZnerven sind die Vermittler zwischen der Außenwelt und uns. Durch dieselben werden die Eindrücke, die wir durch die außer uns liegenden Gegenstände empfangen, unserem Gehirn, dem Mittelpunkte des Nervensystems und dcm Sitze des bewußten Empfindens, mitgetheilt. Jeder Nerv hat, wie man in der Sprache der Physiologie sagt, seine bestimmte Energie, d. h. jeder Nerv ist uur für eine gewisse Art von Empfindungen befähigt, und nicht für alle. Der Sehnerv kann nur sehen, d. h. er kann keine anderen Eindrücke aufnehmen und fortlciten, als Lichterscheinungen. Jede Neizuug dieses Nerues, komme sie woher sie wolle, geschehe sie auf welche Weife sie wolle, ruft in unserem Bewußtsein die Empfindung von Licht hervor. Daher haben wir bei einem Schlage auf das Auge eine LWempfindung, wir sehen Funken, weil durch den Druck auf das Auge der Sehnerv gereizt wird. Diese Lichterscheinung existirt also nur in unserem Bewußtsein, uicht in der Wirklichkeit, kann daher auch von Niemand anders empfunden werden, als von uns selber. Wird der Sehnerv durchschnitten, wie dieß bei der Ausschälung des Augapfels aus der Augenhohle wegen einer Geschwulst oder wegen irgend einer andcrcu Krankheit geschieht, so sieht in demselben Augenblicke, wo der Nerv durchschnitten wird, der Operirte eine helle Licht-erschcinung, ein Fcuermcer, dcm dann die ewige Nacht der Blindheit folgt. Wie der Sehnerv uur sieht, so verhält es sich analog mit dem Gehörnerven; jede Neizung desselben ruft einen Schall oder eine Tonempsindung hervor. So ist das sogenannte Klingen der Ohren nichts, als eine subjective Erscheinung des Gehörnerven. In derselben Weise verhalten sich die übrigen Sinnesncrven. — Ebenso wie die gedachten Nerven von Außen her Ein-drücke aufnehmen und zum Bewußtsein bringen, ebenso rcagiren sie auch, wenn sie durch irgend eine krankhafte Mifchung des Blutes, durch irgend welche Störungen im Centrum des Nervensystems , dem Gehirn, so zu sagen, von Innen gereizt werden. Auch dann vermag jeder Nerv nur in seiner bestimmten Weiss zu empfinden: es sieht der Sehnerv, der Gehörnerv hört, wir empfinden die Dinge scheinbar außer uns, außerhalb unseres Körpers. Bei heftigem Blutandrang (Congestionen) zum Kopfe sehen wir Funken, Flammen, feurige Kreise, bei lebhafter Phantasie auch wohl Gestalten, Blumen u. s. f. Ja fcbr viele Menschen brauchen nur die Augen zu schließen, um diese Erscheinungen sogleich zu sehen. Die Phantasie ist es dann, die diese Nerven zur Thätigkeit anregt. — Wenn wir gesund sind, alle Theile unseres Körpers sich in vollkommenster Harmonie befinden, und auch die Schwingen unseres Geistes nicht gelähmt sind, so wissen wir, daß alle diese (subjcctiueu) Nervcn-empfindungen uicht durch wirkliche Gegenstände hervorgerufen werden, sondern nur Erzeugnisse unserer gereizten Nerven sind. Befindet sich aber unser Körper in Unordnung, liegen wir im Fieber, dann vermögen wir uicht zu erkennen, daß Alles, was wir sinnlich wahrzunehmen glauben, nur Ehimaire ist: — uein, wir halten Alles für wirklich, die Drohg-staltcn schrecken uns, wir suchen uns ihnen zu entziehen, die Angst, die wild und leidenschaftlich erregte Phantasie verleiht uns ungewöhnliche Kräfte; wir entwinden uns den Händen unserer Wärter und entfliehen aus dem Bette. Ebenso in den Träumen. Im Schlafe, wo der Verstand, der Regulator der Phantasie, ruht, jagt diese auf flüchtigen Traumrossen daher. Wir schön Gc-! stalten, hören sie sprechen, nehmen ihre Handlungen wahr — oft ganz sonderbare, unerwartete Diuge! Erwachen wir, so hört der Spuck auf. Alle die fchöncu Decorationeu, die fchöncn Landfchaften, die blumigen Auen verschwinden, es verfließen die Gegenstände und Personen, die uns eben noch so lebhaft ! beschäftigten, und kalt steht die nackte Wirklichkeit vor uns. Es waren nichts als Täuschungen der Sinne, Hallucinationen! Aber es gibt auch Träume, die nie erlöschen, nie Zu Eude ; gehen. Ewig bleiben dann die Sinnestäuschungen und die durch l sie angeregte Phantasie Herrin unseres Denkens und Handelns. ! Dieß ist der Fall bci den Geisteskranken! Sie halten dis ! Hallucinationen für etwas Wirkliches und erwachen nie aus ! ihren Träumen. Was die perverse Thätigkeit ihrer Sinnes-! nerven ihnen zeigt, das halten sie für etwas außer ihnen Lic-! gendes, also wirtlich Vorhandenes! So sehen die Irrsinnigen z bei der Form des Wahnsinnes, den man den Teufelswahn nennt, die Gestalt des Teufels, die sie genau beschreiben; sie hören sein höllisches Gelächter, sie riechen den Schwefelgeruchs ! der ihn begleitet. Und sie sehen, hören und riechen das Alles^ ^ und doch sind es nur Hallucinationen der Seh-, Hör- und Riechnerven : sie haben die sinnliche Wahrnehmung, und doch ist nichts in der Wirklichkeit vorhanden. Ich berufe mich hier noch auf ein, allen Aerzten wohl--! bekanntes Factum. , Wird Jemandem irgend einer Krankheit wegen ein Glied, z. V. der Oberarm,, abgenommen, so fühlt der Oftcrirte, nachdem der Stumpf längst verheilt ist, oft Schmerz in der Hand, also in einem Theile, den er garnicht ^ mehr besitzt! Scheint das nicht sonderbar? Bei der Amputation des Armes sind die Nerven durchschnitten, die zur Hand gehen und die Wahrnehmungen des Gefühles derselben zum ! Bewußtsein der Seele gebracht haben. Werden die Nerven-! stumpfe nun gczerrt, gereizt, wie dieß in den Narben häufig der Fall ist, fo leiten sie zum Centralbureau deZ NervcusystemZ, dasjenige, was sie vermöge ihrer speciellen Bestimmung zu leiten im Stande sind — die Gefühle und Wahrnehmungen der Hand, wie wenn die Hand noch da wärc. Die Amputittcn beschreiben diese Wahrnehmungen ganz genau, und es ist nicht ihr geringstes Leid, sich stets an einen ! Theil ihres Körpers erinnert zu sehen, den sie so schmerzlich ! entbehren müssen. Auch das ist eine Sinnestäuschung! Verantwortlicher Redacteur I. v. Kleinmayr. — Druck und Verlag von Ign. v. Kleinmayv l5 F. Bstmberg in Laibach.