Folium officiale dioecesis Lavantinae. Cerkveni zaukaznik za Lavantinsko škofijo. Kirchliches Verordnungsblatt sur die Lavanter Diözese. Inhalt. IO. Fastenhirtenschreiben für das Jahr VJ18 liber die Würde nnd de» Wert des Menschen. — 11. Berbot des Zweikampfes in der Armee. — 12. Kohlenverteiinn^ an Arnie. » 10. Fastenhirtenfchreiben für das Jahr 1918 über die Würde und den Wert des Menschen. durch Gottes Gnade, und Barmherzigkeit Fürstbischof von Lavant, entbietet ben hochwürdigen Seelsorgern und allen (Schriftgläubigen seiner Diözese Gruß, Segen und alles Gute im Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit! Faciamus hominem ad imaginem et similitudinem nostram ! (Gen. 1, 26). In Gott geliebte Gläubige! sehnlichst wünschte ich es, daß ich Euch als Ostergruß den glücklichen Abschluß eines allgemeinen, gedeihlichen und gesegneten Völkerfriedens werde kundtun können. Gar gerne hätte ich allenthalben in der altehrwürdigen Diözese die Osterfahne als Friedensfahne hissen lassen. Aber wir stehen noch immer itn Zeichen des gräßlichen Weltkrieges, und die kommenden Ostern scheinen die vierten Kriegsostern werden zu wollen. Nur von Osten Her dämmert die Morgenröte der ausgehenden Friedenssonne. Im Westen und Süden ist der Kimmel noch gewaltig umwölkt. Ja, im abgelaufenen Jahre 1917 sind sogar einige neue Kriegserklärungen (die jüngste am 16. Dezember seitens der kubanischen Republik) an unser liebes Österreich erfolgt. Doch mich dünkt es, daß wir am Wege zum vielersehnten, uns schon in erreichbarer Nähe winkenden Frieden sind. Unter des allgütigen Gottes Beistand gehen wir glücklicheren, besseren Zeiten entgegen. Zur Vorbereitung einer heilvollen Zukunft in Zeit und Ewigkeit will ich anstatt der schwierigen Friedensfrage mit Euch eine andere hochwichtige Frage in meinem diesjährigen Send-und Lehrschreiben erörtern, die alte aber immer neue Frage nämlich nach dem Woher und W o-hin, nach der WiirDe und dem Werte des Menschen. Zn den schweren Zeiten des Weltkrieges, da Taufende und Kunderttausende von Menschenleben sich verbluten, da Millionen und Milliarden von irdischen Gütern und Schätzen zu Schutt und Staub werden, in diesen Zeiten wechselvoller Vergänglichkeit und Wandelbarkeit der Dinge bleibt die große Wahrheit von der hehren Bestimmung und Berufung des Menschen, seinem Leibe und seiner Seele nach, für Ungezählte eine reichliche Quelle des Lichtes und Trostes, des Keiles und Mutes. Je größer die Mühen und Sorgen, die Trüb- und Drangsale des äußeren Lebens sind, desto heilsamer ist es, Ruhe und Frieden in dem hocherhabenen End-Ziele und Zwecke des Menschenlebens zu suchen. Mitten im Kriegsgetümmel stärkt und stählt den katholischen Christen der unentwegte Blick auf sein Wesen, sein Kiersein und sein Dortsein. Unseren braven Soldaten gibt Kraft und Mut in den vielen Gefahren die sichere Koffnung aus das ewig glückselige Leben. Der bloße Gedanke des Patriotismus bietet dem Krieger kaum hinreichenden Trost und Starkmut. Gerade in stürmischen, wehvollen Zeiten nahmen WeUweise ihre Zuflucht zur Betrachtung ewiger, tröstlicher Wahrheiten und schöpften daraus Beruhigung, Stärkung und Kräftigung. Der geistreichste der Kirchenväter, S t. Augustinus, verfaßte im Kriege, der damals in allen Provinzen des römischen Reiches tobte und wütete, seine tiefgründigen Schriften über die Geistigkeit, Unsterblichkeit und Erhabenheit der Seele und über ihr Verhältnis zu Gott.1 Ich hoffe fest zu Gott, daß auch meinen lieben Diözesanen aus dem heurigen Fastenhirtenschreiben Trost und Labung, Kraft und Stärke und Ausdauer in Ertragung der mannigfachen Leiden und Lasten reichlich zu-fließen werden. Aus der richtigen Beantwortung der inhaltsschweren Frage „Wer bist du, o Mensch?" wird sich von sebst die Erkenntnis ergeben, wie hehr und erhaben, wie teuer und kostbar ein Menschenleben ist. Der größte Reichtum eines Staates sind die Menschen. Und nun, wie viele edle Männer und brave Jünglinge hat der Krieg hinweggerafft, ihnen ein vorzeitliches, jähes Ende bereitet! Ja, einen ungeheuren Schaden hat der blutige Völkerkrieg der Menschheit in den Schreckensjahren 1914 bis 1918 bereitet und zu-gefügt. Wir trauern darob; doch unsere Trauer soll nicht z u m T o d e, s o n d e r n z u m L e b e n sein. (II. Cor. 7, 10). 1 De immortalitate animae. — De quantitate animae. Vergl. Dr. Marlin Grabmann, Die Grundgedanken des Hl. Augustinus über Seele und Gott. In ihrer Gegenwarlsbedentung bargesfeilt. Köln, 1916. . Rach der rechten Beurteilung und richtigen Lösung der schwerwiegenden Lebensfrage wird sich unser künftiges Walten und Wirken, unser ganzes Verhalten im persönlichen, häuslichen und bürgerlichen Leben gestalten und richten müssen. Klar und deutlich wird sich daraus für uns alle die heilige Pflicht ergeben, fürderhin für Leib und Seele so zu sorgen, daß die Ehre Gottes und unser Keil gefördert werden. Denn der Kerr hat uns zu seiner Ehre und so auch zu unserer Glückseligkeit geschaffen, gebildet und gemacht. (Is. 43, 7). Alle Feinde der Seele und des Leibes werden wir beharrlich bekriegen und überwinden müssen, um zum ewigen Frieden im himmlischen Vaterlande zu gelangen. Vor dem Eingehen in die Klarlegung der bedeutungs- und entscheidungsvollen Frage nach unserem Ursprünge, nach unserem diesseitigen und jenseitigen Ziele hitten wir in tiefer Demut den Keiligen Geist um die Gaben der Weisheit und des Verstandes, des Rates, der Wissenschaft und Frömmigkeit. Unsere Arbeit diene zu größerer Ehre Gottes und zu größerem Menschenwohle! 0 König der Völker und ihrErsehnter und Eckstein, der sie eint und hält, komm und rette den Menschen, den du aus Erde gebildet! Teuerste in Christus dem Kerrn! latius meinen Reisen durch Österreich und Deutsch-land, Schweiz, Italien und Frankreich besuchte ich in großen Städten, wie in Wien und Pest, in Köln, Florenz und Rom, in Neapel, Mailand und Paris gar gerne die Bildergalerien oder Sammlungen der Kunstwerke von gefeierten Meistern der Maler- und Bildhauerei. Kam ich in eine solche sehenswürdige Schatzkammer, wußte ich alsbald, wo sich das allerkostbarste Werk befindet. Denn alldort war stets die größte Menschenmenge versammelt. Wenn ich mich zu ihr gesellte, vernahm ich sogleich den Lobpreis und den hohen Wert des betreffenden Kunstwerkes. 0 Erhabenheit und Schönheit des Bildes, hieß es bei einem Gemälde Raffaels, des Königs der Maler; dieses einzigartige Kunstgemälde ist nicht zu bezahlen, weil sein Schöpfer der unsterbliche Santi. 3m Pariser Louvre-Museum, das ich im Jahre 1910 besucht hatte, staute sich die Menschenmenge vor dem Hauptwerke von Leonardo da Vinci, vor dem Portrait der lächelnden Mona Lisa, aus dem eine unnachahmliche seelische Bewegung spricht. Nicht um ein Königreich, hies; es, wäre das außerordentliche Bild zu haben. Von diesem geschichtlich bedeutsamen Gemälde soll noch später die Rede wiederkehren. Mit tiefem Nachsinnen über das Gesehene und Gehörte verließ ich jederzeit derlei Sammlungen von Gemälden und Skulpturen und stellte mir, ungewollt gewollt, die Frage: Wenn ein totes Menschenbild von einem berühmten Meister so herrlich erscheint und so wertvoll ist, was ist es dann mit einem lebenden, vom Meister der Meister geformten Menschenbilde? Der Mensch, die Krone und der König der Schöpfung, ist ein Bild und wer ist dessen Bildner? Das Buch der Bücher erzählt uns untrüglich die Entstehung dieses Wunderwerkes. Die klassische Stelle lautet : „Und Gott sprach : Lasset uns d e n Men-f che ir mache n nach unserem Bilde und Gleichnisse! Und Gott schuf den Menschen nach setti ein Bilde; nad) d e mBilde Gottes schuf er ihn, als Mann und Weib erschuf er sie. . . Und der Kerr bildete den Menschen aus Lehm der Erde und hauchte in sein Angesicht den Odem des Lebens; und der Mensch ward ein lebendes Wesen." (Gen. 1, 26. 27; 2, 7). Dies ist die wunderbare Schöpfungsgeschichte des Menschen, der als letztes und höchstes Geschöpf auf Erden durch einen eigenen Schöpfungsakt ins Dasein gerufen ward. Faciamus hominem ad imaginem et similitudinem nostram ! Lasset uns den Meti' s d) en machen, so beriet sich gleichsam der dreieinige Gott, nach unserem Bilde und Gleichnisse! Et creavit Deus hominem ad imaginem suam; ad imaginem Dei creavit illum. Und Gott schuf denMenschen nach seinem Bilde; nach dem Bilde Gottes schuf er ihn. Der Mensch ist also ein Bild von unbeschreiblicher Würde und untnebbareni Werte, weil er vom ewigen Werkmeister geschaffen, gebildet und gemacht ward. Der ganze Mensch, bestehend aus Leib und Seele, ist ein Bildnis Gotles. Freilich, der Leib ist es nur im gewissen Sinne, sofern er nämlich das Werkzeug und gleichsam der Spiegel des Geisteslebens ist. Da Gott ein Geist ist, so kann nur ein immaterieller, stoffloser Menschengeist im eigentlichen Sinne Gottes Ebenbild tragen. Die Hl. Väter lehren, daß nicht nur die Seele, sondern auch der Leib des Menschen gewissermaßen an der Gottesebenbildlichkeit teilnimmt. Mitunter wird das Schriftwort ad imaginem so ausgelegt, daß der Leib ein Bild Gottes ist, während in der Seele die s i m i 1 i-tudo, die Ähnlichkeit mit Gott erstrahlt. Öfters heißt es, die Seele sei im eigentlichen Sinne das Abbild Gottes, der Leib sei zwar nid)t selbst ein Abbild seines Schöpfers, wohl aber sei er der Seele angepaßt, deren Ebenbildlichkeit auch auf ihn überstrahlt. Zumeist wird imago, das Bild von dem natürlichen, göttlichen Ebenbilde der Seele, von ihrer Geistigkeit und Unsterblichkeit, erklärt; similitudo, die Ähnlichkeit aber von dem übernatürlichen Abbilde, von ihrer Heiligkeit und Gerechtigkeit vor dem Sündensalle und nach demselben von der durd) die heiligma-d)ende Gnade bewirkten Rechtfertigung und Kei-ligung verstanden. Ans dem Gesagten folgt, daß der Mensch seinen Körper und vorzüglid) seine Seele hoch zu werten und heilig zu halten hat, auf daß er mit beiden seine ewige Bestimmung, das ewige Leben im himmlischen Paradies erreiche. König David betrachtete bewundernd Kimmel und Erde; und er fand auf der Erde als das Schönste und Kerr-lichste den Menschen, weshalb er tiefergriffen ausrief : „Was ist doch der Mensch, daß du, o Gott, seiner gedenkest! Gloria et honore, mit Ehre und Ruhm hast du ihn gekrönt und ihn gesetzt über das Werk deiner Künde." (Fs. 8, 5. 7). Meine Lieben! Betrachten wir nun zu unserem Keile und Frieden vorab die Größe des menschlichen Leibes hier auf Erden, um so bann seinen Glanz im Kimmel desto besser würdigen zu können! Er ist edler und vortrefflicher als alle anderen körperlichen Dinge. Er ist ein Wunderwerk des dreifältigen Gottes. Wie alle erschaffenen Wesen, so muß auch der menschliche Körper zumKimmel hinauf rufen: Du hast mich erschaffen! Wer hätte auch sonst dieses bewundernswerte Kunstwerk ins Leben rufen können? 1. Des Allmächtigen Vaterhand hat den Leib des Menschen gebildet. Von den übrigen Geschöpfen sagt David: Gott sprach und sie sind geworden; er befahl, und sie wurden geschaffen. (Ps. 148, 5). Vom menschlichen Leibe aber spricht der Psalmist: Deine Kände haben mich gemacht und bereitet. (Ps. 118, 73). Zutreffend bemerkt der Hl. Kirchenvater und Bischof Ambrosius: „Die Tiere haben deine Kände nicht gemacht, o Gott! Du hast nur gesagt, die Gewässer sollen kriechende Tiere Hervorbringen, die eine lebendige Seele haben, und die Erde brachte viersüßige und kriechende Tiere hervor. Mich aber hast du selbst gemacht; mich hast du mit eigenen Känden gebildet." Der zarte Ausdruck Gottes Kände deutet auf seine Allmacht und Weisheit, Güte und Liebe, die er zur Bildung des menschlichen Leibes besonders verwandte. Wahrlich! Des Menschen Leib ist in seiner Gestalt und Einrichtung ein wunderbarer Bau. Er vereinigt alle Künste in sich und bringt sie trefflich zum Ausdruck. Das Antlitz des Menschen 1 ist der Spiegel seiner Seele, an dem sich seine Gedankenwelt zu erkennen gibt. Sein Auge ist das Fenster, woraus die Seele schaut mrd ihre Stimmung, wie Freude und Schmerz, Liebe, Milde und Ernst kund gibt. In dem Auge, dem Könige unter den Sinnen, spiegelt sich die ganze sichtbare Welt ab; es ist die Kleinwelt oder der Mikrokosmus vor der großen Welt dem Makrokosmus. Durch das Auge erhalten wir erst die Vorstellungen, gewinnen wir die Bilder von den sichtbaren Dingen. Gar künstlich gebaut ist das 1 Walter Rothes, Die Schönheit des menschlichen Antlitzes in der christlichen Kunst. Köln, 1914. Ohr, ohne das unser Leben wie ein stilles Grab wäre. Das Ohr vernimmt die Sprache, diese Sendbotin des Geistes, hört den Gesang und die Musik. Welch köstliche Gaben des Schöpfers sind der Geschmack, der Geruch und das Gefühl, ohne welche Sinne das Menschenleben schwer, äußerst schwer zu ertragen wäre! Und um nur einen inneren Vorzug des menschlichen Leibes anzuführen, wie bewunderungswürdig ist das Kerz eingerichtet! Es ist der Sammelplatz des gesamten Blutes, das unaufhörlich aus demselben durch die Adern in den ganzen Körper strömt und wieder dahin zurück-flutel. — Und alle Sinne, diese Werkzeuge der vernünftigen Seele, sind in schönster Karmonie, und alle Glieder, obschon so viele, dienen in Ordnung einander, nützen und schmücken einander. In Würdigung der Menschengestalt schreibt St. A u gustinus: „Der Mensch ist nicht so erschaffen wie die anderen vernunftlosen Tiere, erdwärts gekehrt, sondern er ist mit zum Kimmel erhobenem Leibe geschaffen, und das mahnt ihn, nach den Dingen zu trachten, die höher sind." 1 Entzückt von der Koheit des von Gott aus Erdenstaub geformten Leibes rief der honigfließende Kirchenlehrer St. Bernardu5 aus: „Schau den Kirlen, erhobenen Kauptes steht er da, während seine Kerbe gebückt zur Erde schaut!" 1 De civitate Dei lib. 22. c. 24. — Die wunderbare Bildung des menschlichen Leibes erweist allein schon das Dasein eines höchst weisen Wesens. Als K lau dius Galenus, nächst Kippokrates der bedeutendste Arzt des Altertums, nach einer Meinung um 163 nach Christus Lehrer der Medizin in Rom und Leibarzt des Prinzen Commodus, ein Buch über den menschlichen Körper schrieb, soll er ausgerufen haben: 0 Du, der du uns gebildet hast! Indem ich den menschlichen Körper beschreibe, glaube ich eine Kymne zu deinem Ruhme zu singen. Ich ehre dich mehr, wenn ich die Schönheit deiner Werke aufdecke, als wenn ich die Tempel vom kostbaren Weihrauch duften lasse. (De usu part. Lib. 3. c. 10. Scripta minora, herausgegeben in 3 Bänden von Marquardt, Müller und Kelmreich 1884 bis 1893. — Johann Balenati Iirsik, Populäre Dogmatik oder Glaubenslehre der katholischen Kirche. Wien, 1865. S. 135 f. — Dr. I. Klug, Apologetische Abhandlungen. Paderborn, 1911. I. Abhandlung. S. 49 f. 2. Die Würde und der Wert des menschli-chen Leibes werden erhöht und gesteigert durch den singulären Zweck, warum er erschaffen war-' den ist. Er ist bestimmt zum Wohnsitze und Werkzeuge der geistigen, unsterblichen Seele. Die Seele muß im Leibe wohnen, insolange sie aus Erden weilt. In ihrer Tätigkeit ist sie mannigfach abhängig von ihm. Der Leib führt ihr durch seine Sinne Eindrücke zu, durch die sie Vorstellungen gewinnt, welche sie dann zu Gedanken und Begriffen, zu Urteilen und Schlüssen verarbeitet und mittels derer sie auf den Willen bestimmend einwirkt. Das Seelenleben erreicht seine Entwicklung und Vollendung mit der Vervollkommnung der körperlichen Organe. Blüte und Niedergang des geistigen Lebens hängen mit der Verfassung des Leibes zumeist zusammen. Mens sana in corpore sano, gesunder Geist in gesundem Körper. Diesen uralten Spruch erhärtet die Erfahrung. Sogar dauernde seelische Veranlagungen haben ihre Wurzeln in den leiblichen Beschaffenheiten. Leib und Seele sind eben nicht lose, mechanisch nebeneinander gestellt, sondern sie sind organisch ineinander vereinigt. Die zwei Bestandteile bilden ein einheitliches, persönliches Wesen, den M e n-f che it. Staub und Geist, Sichtbares und Unsichtbares, Vergängliches und Unvergängliches, Sterbliches und Unsterbliches sind hier zu einer wundervollen Einheit verbunden. „Erkenne, o Mensch, mahnt der große Klaravallenser St. Ber nardus, erkenne den Ruhm, den du als Mensch hast! Du hast, wie so viele andere Dinge aus der Welt, einen Leib. Du hast aber auch noch etwas Erhabeneres, und kein anderes Geschöpf kann den Vergleich mit dir aushatten. Denn in dir sind das Fleisch und die Seele miteinander vereinbart und verbunden." So ist denn überaus hoch und hehr die Stellung des menschlichen Leibes in der Schöpfung. Seiner Erschaffung, Beschaffung und Bestimmung nach ist er ein Wunderwerk des allmächtigen Vaters, Schöpfers Kimmels und der Erde. 3. Zum ganz besonderen Adel erhob den menschlichen Leib die zweite göttliche Person. Als nach dem verhängnisvollen Sündenfalle die Fülle der Zeit der Erlösung des Menschen kam, sandle Gott seinen Sohn, gebildet aus einem Weibe. (Gal. 4, 4). Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewöhn f, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit als des Eingeborenen v o m V a t e r, voll d e r G n a d e u n d Wahrheit. (Ioan. 1, 14). Als der ewige Sohn Gottes vom Himmel auf die Erde niederstieg, wählte er einen menschlichen Leib als Hülle seiner Gottheit und trug diesen Umwurf um seine göttliche Natur nicht nur 33 Jahre lang auf Erden, sondern bleibt mit ihm in alle Ewigkeit untrennbar verbunden. Welche Auszeichnung und Bevorzugung für den menschlichen Leib, daß ihn Jesus Christus selbst angenommen hat und daß er so zur Gottesgestalt unseres Herrn und Heilandes gehört! Höher konnte die menschliche Natur nicht erhoben werden, als wohin sie der Gottmensch erhoben, der seine göttliche und seine menschliche Natur in der einen göttlichen Person hypostatisch, aufs innigste vereinigte. Und wie der heiß und lang ersehnte Erlöser bei seinem Eintritt in die Welt sprach: Opfer und Gaben hast du nicht gewollt, einen Leib aber hast du mir bereitet (Hebr. 10, 5), so diente er auf Erden mit seinem Leibe dem himmlischen Vater für die ewig beseligende Rettung des Mensche'' 3esus lebte und arbeitete im Stillen ducP 30 Jahre und zog dann drei Jahre lang von Landschaft zu Landschaft in Palästina umher, lehrte, betete, fastete und wirkte Wunder zugunsten des Leibes. Er gab den Tauben das Gehör, den Blinden das Gesicht, den * Stummen die Sprache, den Lahmen das Gehen, den Toten das Leben. Er übte leibliche und geistliche Werke der Barmherzigkeit. Den Kleinen legte er seine Hände auf, umarmte und segnete sie. Um den menschlichen Leib zu nähren, wirkte er sein erstes Wunder zu Kana in Galiläa und die zwei geheimnisvollen Wunder der Brotvermehrung in der Wüste. Noch mehr! Beim ewig denkwürdigen letzten Abendmahle gab er seinen geheiligten Leib hin zur geistigen Speise der Apostel und aller Erlösten. Um den menschlichen Leib von ewigem Tode, von der Kölle, zu befreien, vergoß er an seinem Leibe blutigen Schweiß, ließ sich fesseln, geißeln, mit Dornen krönen, kreuzigen und am Kreuze sein göttliches Kerz durchbohren. Wir sind geheiligt durch die Darbringung des Leibes J e s u Ehr i fti ein fü r al le in a l. (Hebr. 10, 10). Und wie Jesus mit Leib und Seele von den Toten auferstanden ist, so wird auch der Menschenleib am jüngsten Tage auserstehen unb sich mit seiner Seele wieder vereinigen. Ich glaube an die Auferstehung des Fleisches und an das ewige Leben, lauten die zwei letzten Glaubensartikel des apostolischen Glaubensbekenntnisses. Der menschliche Leib ist aus Erden etwas Großes und noch etwas viel Größeres wird er im Kimme! sein wegen der E i g e n s ch a f-ten, die er dort haben, und wegen der Freuden, die er dort genießen wird. Die Gerechten werden leuchten wie die Sonne im Reiche ihres Vate r s. (Matth. 13, 43). Ihre Leiber werden leidlos sein. „Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer noch Klage noch Schmerz wird mehr sein." (Apoc. 21, 4). Der Leib wird an den Wonnen der Seele teilnehmen. Der Hl. Kirchenlehrer A n s e l m u s schildert dies begeistert also: „Die Augen, die Ohren, die Rase, die Kände, die Kehle, das Kerz, die Lunge, die Beine, das Mark und alle Glieder werden eine so wunderbare Freude und Süßigkeit empfinden, daß in der Tat der ganze Mensch von einem Strome der Wonne Gotles getränkt und * von der Fülle seines Kaufes wird trunken gemacht werden." Kein Wunder! Denn die Auserwählten werden dem Bilde des Sohnes Gottes gleichförmig werden (Rom. 8, 29); sie werden dem verklärten Leibe des Kerrn im Kimme! gleichgestaltet sein und mit ihm ewig selig leben. 4. Teuerste! Run kennet ihr die vom himmlischen Vater und von seinem eingeborenen Sohne dem menschlichen Leibe erwiesenen vielen und großen Auszeichnungen. Wo aber die erste und die zweite göttliche Person, da ist in ihrem Bunde auch die dritte. Wie äußert sich nun die Wirksamkeit des Keiligen Geistes in Ansehung des menschlichen Leibes? Infolge der Erbsünde ist der Leib gar geschwächt und streitet wider die Seele. Der Leib hindert mannigfach die Seele, dem Kerrn zu dienen. Der beste Kriegsmann Christi, der auch stets mit einem Schwerte abgebildet wird, St. Paulus, kannte aus Erfahrung den heftigen Widerkamps zwischen dem Gesetze in seinen Gliedern und dem Gesetze seiner Vernunft und brach in die wehmütige Klage aus: 1 n t e 1 i x homo ego, ich unglücklicher ‘Mensch! Wer wird mich befreien von dem Leibe dieses Todes? Aber der gotterleuchtete Apostel gab darauf auch die rechte Antwort: Gratia Dei, die Gnade Gottes durch Jesus Christus, unseren Kerrn. (Rom. 7. 24. 25). Doch wer spendet uns die von Christus erworbene göttliche Gnade? Der ß eilige Ge ist. Er ist es, der uns die heiligmachende Gnade mitteilt, und daran hat seinen entsprechenden Anteil auch unser Leib. Dies erhellt klar aus den tiefsinnigen Worten des Hl. Paulus: „Wisset ihr nicht, daß eure Glieder ein Tempel des Keiligen Geistes sind, der in euch ist, den ihr von Gott habet, und daß ihr nicht euer eigen seid? Denn um hohen Preis seid ihr erkauft worden. Verherrlichet und traget Gott in eurem Leibe!" (1. Cor. 6, 19. 20). 0, wie groß ist doch die Würde des menschlichen Leibes! Der Keilige Geist wohnt in der Seele durch die heiligmachende Gnade, heiligt aber auch den Leib und weiht ihn zu seinem Tempel, damit er ein würdiges Werkzeug der geistigen Seele sei. Unser Leib ist also, wenn wir im Stande der heiligmachenden Gnade sind, eine lebendige Kirche, ein lebendiges Kaus und Keim des Keiligen Geistes. Die heiligende und lebenspendende Kraft der kirchlichen Sakramente kommt der Seele vermittelst des Leibes zu, wodurch aber dieser selbst ge- weiht uitö geheiligt wird. Das Wasser der Taufe rinnt über den Leib des Täuflings; und mit der Seele soll auch der Leib geheiligt werden. Bei der Firmung wird die Stirn mit dem geweihten Chrisam bekreuzt, und damit werden Seele und Leib vom Zeitigen Geiste gestärkt. Beim allerheiligsten Altarssakram e n t e wird der Leib des Lerrn auf die Zunge gelegt, und der eucharistische Leiland vereinigt sich mit unserem Leibe und unserer Seele. Beim Bus; sa Kramente suhlt das Lerz Reue, beichtet der Mund, vernimmt das Ohr die priesterliche Lossprechung, und das Gewissen wird beruhigt und die Seele enlsündigt. Beim Empfange der P r i e st e r w e i h e und des E h e s a k r a in e n t es wird auch das leibliche Leben mit der Gnade Gottes übergossen, geweiht und geadelt. Zn der heiligen Olung werden die einzelnen Sinne gesalbt, und der Kranke erhält die seelische und öfter auch die leibliche Gesundheit, wenn es für sein Seelenheil ersprießlich ist. Dermaßen beeinflußt der L e ili g e G e i ft den menschlichen Leib, heiligt ihn, wohnt in ihm, erhöht unendlich seinen Wert und seine Würde. Und sohin ist unser Leib ein wundervolles Werk des dreieinigen Gottes. Mit Fug und Recht fordert der Hl. Völkerapostel von uns, daß wir in unserem Körper Gott verherrlichen und tragen sollen. Glorificate et portate Deum in corpore vestro! (1. Cor. 6, 20). 5. Zit Anbetracht der dargelegten Würde und Wertschätzung des menschlichen Leibes, was Wunder, frage ich dich, christkatholisches Volk, daß unsere heilige Mutter Kirche immerdar den Menschenleib in Ehren hielt und hält und ihm solche selbst dann erweist, wenn ihn die Seele verläßt und er allein aus Erden bleibt. Zn den ersten christlichen Jahrhunderten durften nur geweihte Personen, Kleriker, die Toten bestatten. Mit aller Ehrfurcht wurden die entseelten Leiber dem Grabe, keineswegs dem Feuer, übergeben. Bischöfe und Priester zelebrierten in den Katakomben oder unterirdischen Begräbnisstätten die heiligen Messen über den Leibern der glorreichen Märtyrer. Später wurden- die Gebeine der Hl. Blutzeugen in konsekrierten Kirchen beigesetzt. Zm Mittelaller wurden die Friedhöfe rings um Kirchen angelegt, weshalb man sie Kirchhöfe zu nennen pflegte. Die Leiber der Leiligen hüllte die Kirche in gold- und edelsteinstrotzende Gewänder uni) verwahrte sie in kostbaren Särgen. Solche Achtung bezeigt die Kirche noch heutzutage den Reliquien der Leiligen. Der katholische Priester darf die heilige Messe nur über den Überbleibseln der Hl. Märtyrer feiern. Rette Friedhöfe werden von Bischöfen unter großartigen, Geist und Gemüt mächtig ergreifenden Zeremonien feierlichst geweiht. Zudem wird noch jedes einzelne Grab eigens vom Priester gesegnet. Die Gräber und Grüfte der Abgeschiedenen sind uns katholischen Christen gar lieb und teuer. Wir schmücken diese ehrwürdigen Ruhestätten und erhalten sie in gutem Zustand'. Sie bergen ja Leiber, die mit ewig lebenden Seelen verbunden waren und nach der Auferstehung des Fleisches wieder mit ihnen vereinigt werden. Im vorigen Kriegsjahre habe ich Euch, liebe Lavantiner, mit einem warmherzigen Lirtenschreiben väterlich eingeladen, für die Ausstattung und Erhaltung der dicht gereihten Kriegergräber nach Kräften bei-zusteuern. Und ihr habet weit über fünfzehntausend Kronen für die würdige Instandhaltung der k. und k. Militärfriedhöfe, wie ein solcher in unserem Bistum zu Sterni hat bei Pettau besteht ', geopfert und habet so die sterblichen Leiber der unsterblichen Sotdatenhelden geehrt. Meine Teuersten! Aus allem Vorgebrachten müssen wir heilsame Lebenslehren folgern. Wie Gott und seine heilige Kirche den menschlichen Leib auszeichnen, so muß auch der einzelne Mensch dieses sein Leiligtutn in Ehren 1 Dr. Michael Napotnik, Ansprache anläßlich der kirchlichen Einweihung der neuen Mariahitf-Kapelle auf dem k. und k. Kriegerfriedhofe in Sternthal der Pfarre St. Martin in Kaidin bei Pettau gehalten am Feste des Hl. Erzengels Raphael, Mittwoch den 24. Oktober des vierten Völkerkriegsjahres 1917. (Kirchliches Verordnungsblatt für die Lavanter Diözese vom 7. Jänner 1918. Rum. I. Abs. 1. S. 1—8). — Idem, Gedenket der verewigten Kelden und vergesset sie nicht! Marburg, 1918. Seiten 46. halten, es hochfchätzen und treu schützen. Groß, übergroß ist der Wert des Leibeslebens. Es darf nicht gewissenlos gefährdet oder gar durch Mord, Selbstmord, Zweikampf und durch das verabscheuungswürdige Verbrechen gegen das keimende Leben vernichtet werden. Das fünfte Gebot Gottes verbietet dies auf das strengste. Ja, wenn die Ehe nicht heilig gehalten wird, können die größten Siege ein Volk nicht am Leben erhalten. Die Ehe ist deshalb mit allem Nachdruck gegen die Pflichtvergessenheit der Frauen und gegen die Verderbtheit der Männer zu schützen. Der menschliche Leib muß würdig und weise gepflegt werden. Seine Pflege darf keineswegs die höheren, die geistigen und retigiössitttichen Güter beeinträchtigen. Nach dem Kriege, an der Schwelle einer neuen Zeit, wird unsere große Aufgabe, unsere Fürsorge und Vorsorge darin bestehen müssen, mitzuarbeiten an der Kettung der Leiber und an der Keiligung der Seelen, an der christlichen Erziehung der dem langwierigen Kriege zufolge arg verwahrlosten Jugend, an dem sittlichen Wiederaufbau der wüst gewordenen Welt. Ein ganzer Mensch, diese Synthese vott Leib und Seele, sorgt für beide Teile heilsam und rettet sie für den Kimmei. Der Leib muß vornehmlich vor Müßigsein, vor Weichlichkeit und Unzucht bewahrt werden. Der göttliche Keiland ist uns mich in der Körperpflege der allerbeste Lehrmeister. Jesus C h r i st u s verrichtete Jahrzehnte mit seinen Känden rauhe Zim-mermannsarbeil und leistete während seiner dreijährigen öffentlichen Tätigkeit unermeßlich große Leibes- und Geistesarbeit. Wohl würdig und geboten ist es, mit dein Hl. Ignatius von Loyola zu stehen : Corpus Christi salva me ! Leib Christi segne auch unseren Leib, der zur Arbeit und Mühe, ad laborem, geboren ist, wie der Vogel zum Fluge. (lob 5, 7). Der Müßiggang lehrt viel Böses. Arbeit beugt den auf-rührischen Knecht nieder, tauten zwei Le-bensregeln des weisen Siraziden. (Eccli. 33, 27. 29). Die vom christlichen Sittengesetze geleitete Körperpflege achtet ftetsfort auf Atiftändig- li eit, Ehrbarkeit, Schamhaftigkeit. Sie meidet Eitelkeit, verpönt alles Anstößige und Ungebührliche, flieht alles Ärgernis Gebende. Die heiligen Väter eifern gegen die Unsitte der ungeordneten Körperpflege mit Kinweis auf die von Gott erfolgte Bildung des menschlichen Leibes. Sie tadeln z. B. die Verunstaltung des menschlichen Antlitzes durch Schminke wie durch ungehörige Kaartrachten. Ein jeder Versuch, Gottes Werk zu verbessern, ist eine Beleidigung Gottes. Der feurige MärtyrerbiscHof von Karthago, St. Cyprian, schreibt in seinem Buche über die Jungfrauen: „Gott spricht: Lasset uns den Menschen machen nach unserem Bilde und Gleichnisse, und da wagt es jemand zu ändern und zu verbessern, was Gott gemacht? Das Werk eines Malers zu übermalen, ist eine Beleidigung des Meisters." Anderswo ruft der afrikanische Hl. Lehrer der puhsüchtigen Frau und Jungfrau zu: „Non metuis, fürchtest du nicht, es könnte am Tage der Auferstehung dein Schöpfer dich nicht wieder erkennen, und wenn du zum Empfang der verheißenen Belohnung erscheinst, dich abweisen und ausschließen und dir mit der Strenge des Richters zurufen: Das ist nicht mein Werk, das ist nicht unser Ebenbild! Opus hoc meum non est, nec imago haec nostra est.“ 1 Weiter müssen wir unseren Körper vor Verweichlichung hüten und bewahren. Weichlichkeit entkräftet den Leib und schürt die Leidenschaft. Abhärtung dagegen stählt ihn, Abtötung und Setbstentäußerung bändigen, zähmen ihn. Über die Notwendigkeit und den Nutzen der äußeren und inneren Selbstverleugnung schrieb ich Euch am Feste der Bekehrung des Hl. Paulus 1891 einen ausführlichen, recht gerne gehörten und gelesenen Kirtenbrief? Treten wir auch hierin in die Fußftapsen des gottmenschlichen Kei-landes! Kaum geboren, ward er auf rauhes Krippenstroh im kalten Winter gebettet. Als Knabe 1 Uc habitu virginum. Cap. 15. et 17. (S. Thasci Caecili Cypriani opera omnia. Ex recensione G. Har-telii. Vindobonae, 1868. Part. I. S. 198 und 199). 2 Dr. Michael Napotilih, Send- und Lehrschreiden. Marburg, 1911. Mini. VI. S. 73 bis 91. machte er beschwerliche Reisen von Nazareth nach Jerusalem und wieder zurück. Vierzig Tage und Nächte fastete und hungerte er in schauerlicher Wüste. Als Lehrer bereiste er unter Entbehrungen aller Art Judäa und Galiläa, Samaria und Pe-räa und die Gegend von Sidon und Tyrus. Er hatte nicht, wohin er sein todmüdes Haupt hätte legen können. Jesus weinte und erschauderte am Leibe und im Geiste. Nach der Tagesarbeit saß er matt und müde am Jakobsbrunnen, ruhte auf Harker Ruderbank, kniete auf steinigem Boden. Und zuletzt gab er seinen Leib hin zur Fesselung und Geißelung, zur peinvollsten Dornenkrönung und Kreuzigung. Corpus Christi salva nos ! Leib Christi segne unseren Leib, auf daß er für seinen Herrn und Schöpfer jedes Opfer willig bringt, so wie es der aufopferungsvolle Hl. P a u-lus wünscht und anbefiehlt: „Ich beschwöre euch, Brüder, um der Barmherzigkeit Gottes willen, daß ihr eure Leiber als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer darstellet! Sowie wir an einem Leibe viele Glieder haben, alle Glieder aber nicht dieselbe Verrichtung haben, so sind wir die vielen ein Leib in Christus, die einzelnen aber einer des anderen Glieder." (Rom. 12, 1. 4. 5). Ferner müssen wir unseren Leib vor sittlicher Entartung, vor U n z u cH l bewahren. Ein verheerendes Grundübel der Jetztzeit ist die Sünde gegen das sechste und neunte Gebot Gottes. Es ist die Unlauterkeit, die Begierlichkeit des Fleisches, die Unkeuschheit. Jünglingschast und Mün-nerstolz, Frauenwürde und Mädchenehre werden in den Schlamin getreten. Die diesem verderblichen Laster verfallen, sind sich selbst und den Mitmenschen eine furchtbare Plage. Bei Bekämpfung dieses entsetzlichen Jeitübels müssen alle mit Beflissenheit durch natürliche und übernatürliche Keilmittel Mitwirken. Derlei Gefallene müssen vernünftig beschäftigt und sittlich gehoben werden. Ihr Geist und ihre Phantasie müssen von sinnlichen Bildern abgewendet und auf etwas Höhe-res, Reineres, Keuscheres gelenkt werden. Sie müssen vor Verführung gewarnt und bewacht werden. — Die übernatürliche Macht und Kraft der heiligen Religion rettet auch derlei Verirrte und Unglückliche. Wunderbar sind die Wirkungen des Gebetes, des Meßopfers, der erschütternden Verkündung des göttlichen Wortes und insbesondere des Sakramentenempfanges. Die Unzucht verunstaltet den menschlichen Leib; die Unschuld verklärt ihn. Christus, der Erlöser und Retter des sündigen Menschengeschlechtes, von einer Jungfrau jungfräulich empfangen und geboren, trug seinen leidbaren Leib unbefleckt durchs Leben und konnte seine Todfeinde fragen: Wer von euch kann mich einer Sünde beschuldigen? O Leib Christi, segne auch unseren Leib, daß er sittlich rein und untadelig vor seinem Schöpfer sei! Die Christi s i n d, d i e s e kreuzigen i h r F l e i s ch z u s a m t den Leidenschaften und Begierlichkeiten. (Gal. 5, 24). „Brüder, das ist der Wille Gottes, eure Heiligung, daß ihr euch der Unzucht enthaltet, daß ein jeder von euch wisse, seinen Leib in Heiligkeit und Ehre zu b e s i tz e n, n i ch t i n s i n n l i ch e n Leidenschaften, wie die Heiden, welche Gott nicht kennen. Denn Gott hat uns nicht berufen zur Unlauterkeit, sondern zur Heiligung." (I. Thess. 4, 3 ff). Geliebteste! Wenn wir uns bemühen, daß das Leben Jesu an unserem sterblichen Fleische, an unserem irdischen Leibe offenbar wird, ut vita lesu manifestetur in carne nostra mortali, in corporibus nostris (II. Cor. 4, 10. 11), dann und nur dann wird unser Leib seine von Gott gewollte Bestimmung erreichen, wenn er auch zum Erdstaube zurückkehrt, aus dem er genommen ward, an welche zeitliche Auflösung uns die Einäscherung am Aschermittwoch heilsam erinnert. Gott wird uns mit Jesus auferwecken, damit wir die Herrlichkeit mit Jesus in Besitz nehmen; denn da wir seine Glieder sind, müssen wir bei dem Haupte sein. Teuerste in Christus dem Herrn! Otto III. (983—1002) besuchte auf fei-Romreise im Albanergebirge das Kloster, in welchem der Hl. Nilus lebte. Der Monarch Halle mit dem demütigen Mönche ein Gespräch, das auf ihn solchen Eindruck machte, daß er beim Abschiede zu Nilus sprach: Ehrwürdiger Vater, verlangt von mir, wie von einem Sohne, was euch beliebt, und ich werde es euch, falls es in meinen Kräften sieht, mit Freuden gewähren! 3a, Kaiser, du vermagst es. erwiderte mit gefalteten Künden der Ordensmann: Mein Sohn, rette deine Seele! Nur dies und nichts anderes verlange ich von dir. — Der Kerrscher ward durch diese schlichten Worte aufs tiefste bewegt. Er kniete nieder und bat den Zeitigen um den Segen, auf daß er seine Seele rette. Otto III. war damals erst zwanzig Jahre all. Dieses Vorkommnis übte aus den jugendlichen Fürsten den größten Eindruck durch sein ganzes Leben. Und der Kaiser war eifrigst besorgt, sein Seelenheil zu sichern. Er lebte fromm und trug unter seinem kaiserlichen Purpur ein härenes Bußgewand. Otto starb jung an Jahren, aber alt an Lebensernst, da er das eine Notwendige, die Rettung seiner Seele, für den wichtigsten Zweck seines Lebens hielt. Und so kommen wir zur erfreulichen Betrachtung der Würde und des Wertes, der Koheil und Kerrlichkeit des zweiten Bestandteiles des Menschen» seiner n n sl e r b l i ch e n Seele. Die vernünftige Menschenseele ist das eigentliche, ist das wahre und rechte Ebenbild Gottes. Sie wurde auch eigens von Gott erschaffen und dem aus Erdenlehm gebildeten Leibe eingehaucht. Formavit Dominus Deus hominem de limo terrae et inspiravit in faciem eius spiraculum vitae, et factus est homo in animam viventem. Gott der Kerr bildete den Menschen aus der Erde und hauchte in sein Antlitz den O d e m b e s £ e b c n s, und der Mensch ward ein lebendes Wesen. (Gen. 2, 7). Die menschliche Seele kam also unmittelbar von Gott. Sie belebt den Leib, ist seine Wesensform. Die Seele ist ein Kauch, ein Geist, also einfach, unteilbar, deshalb unverwüstlich, unsterblich. Sie hat eine unvergleichlich höhere Würde und einen viel höheren Werl als der Körper. 1. Die menschliche Seele ist die imago et similitudo Dei, die Gottes-Ebenbildlichkeit und Ähnlichkeit. Sie ist das Vorzüglichste an dem Menschen. Der Leib ist seiner Natur nach als Materie oder Stofs verweslich, sterblich. Der Tod, eine Folge der Sünde, zerstört ihn; er zerfällt und wird Staub. Im Menschen muß aber noch etwas vom Leibe ganz Verschiedenes sein, so daß er aus zwei wesenhaft von einander verschiedenen Teilen besteht. Dies erkennen wir sehr gut aus gewissen Wirkungen, die dem bloßen stofflichen Leibe nicht zugemutet und zugeschrieben werden können. Der Leib schasst nicht Gedanken, so verschieden von dem allen, was um uns vorgeht. Der materielle Leib kann uns abwesende Dinge, die wir früher gesehen und gehört haben, nicht ins Gedächtnis zurückführen. Der Stoff unterscheidet nicht zwischen gut und böse, zwischen recht und unrecht, zwischen nützlich und schädlich. Er kann nicht Grund mit Folge und Ursache mit Wirkung vereinigen. Die innere Stimme, die den Menschen tobt, wenn er Gutes getan, und ihn tadelt, wenn er Schlechtes vollbracht, kann nicht vom Leibe herrühren. Es muß also im Menschen etwas vom Leibe wesentlich Verschiedenes da sein, das alles dieses eigentlich wirkt, das durch die Augen sieht, durch die Ohren hört, das mit Verstand und Gedächtnis, mit freiem Witten und Gewissen begabt ist. Und dieses geheimnisvolle Wesen ist die Seele, die Gott nach seinem Bildnisse und Gleichnisse erschuf und dem aus Erde geformten Leibe ein-hauchte. Dieses Gleichnis oder diese Ähnlichkeit besteht zumal darin, daß die menschliche Seele unsterblich ist, daß sie berufen ist, Gott den Kernt zu erkennen, zu lieben, ihm zu dienen und mit ihm die ewige Glückseligkeit zu genießen. Die mit geistigen Kräften und Fähigkeiten versehene Seele lebt mit Bewußtsein unaufhörlich fort. Diese Gaben sind mit ihrem Wesen so eng verbunden, daß sie dieselben nicht abgeben kann. Die Seele muß, wenn auch der Körper stirbt, fortleben, ewig fortbestehen. Dies verlangt neben ihrer Geistigkeit auch noch die Gerechtigkeit Gottes» der Gutes nicht unbelohnl und Böses nicht ungestraft lassen kann. Nun geschieht es aber in diesem Leben mitunter, das; der Gerechte nicht seinen Lohn und der Sünder nicht seine Strafe findet. Der Tugendhafte wird hinieden oft bedrängt und bedrückt, und der Lasterhafte schwelgt im Glücke und Wohlsein. Es muß darum ein anderes Leben geben, wo die Tugend den bestverdienten Lohn, das Laster die gerechte Strafe erhält. Dies sind einige Vernunftgründe, die die persönliche Fortdauer oder die Unsterblichkeit der menschlichen Seele beweisen. Jrrtumslos beweist sie das göttliche Schriftwort. Im -Buche der Weisheit steht geschrieben und läßt sich daraus nicht auslöschen: Gott hat den Menschen unsterblich erschaffen und ihn na ch sein e m Bilde li ni) seiner Ähnlichkeit gemacht. (Sap. 2, 23). Und der alttestamentliche Prediger lehrt: Der Staub kehrt zurErdewieder, von der er genommen war, und der Geist kehrt zu Gott zurück. (Eccl. 12, 7). Noch bedeutend klarer beweist die Unsterblichkeit der Menschenseele Jesus Christus mit den denkwürdigen Worten: „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, aber die Seele nicht töten können; sondern fürchtet vielmehr denjenigen, der Leib und Seele zugleich ins Verderben der Kölle stürzen kann!" (Matth. 10, 28). Und sein ganzes großartiges Erlösungswerk begründet unwiderleglich diese Wahrheit. Denn, wäre wohl Jesus ans die Erde gekommen, hätte er daselbst gelebt und gelitten, wäre er gestorben und glorreich von den Toten auferstanden, wenn die Seele wie der Leib sterblich wäre? 2. Die Menschenseele ist gottähnlich, weil sie nie vergeht, wie Gott nicht aushört; weil sie ein Geist ist, wie Gott der reinste Geist ist. Wir sehen sie nicht, aber wir erkennen sie durch ihr Wirken auf den Körper. Sie ist gottähnlich, weil sie, obwohl nur eine, doch drei Kauptkräfte besitzt. Sie hat Vernunft, womit sie körperliche und übersinnliche Dinge erkennt, beurteilt, einteilt. Sie hat Gedächtnis, mit dem sie sich die vergangenen Dinge vergegenwärtigt und die erkannten abermals vorstellt. Sie hat freien Willen und wählt oder wählt nicht, was sie erkannt hat. Sie kann sich gegen jeden äußeren und inneren Zwang so entscheiden, daß sie kein Engel und kein Mensch zu etwas drängen kann, was sie nicht will. Nur ihrem Schöpfer ist sie untertan, daß sie das Leben oder den Tod wählen muß. Unsere Seele ist gottähnlich, weil sie vollendet glücklich gar nichts machen kann, als nur Gott, der sich selbst vollkommen genügt. Sie ist gottähnlich, weil sie über die sichtbaren und körperlichen Geschöpfe zuhöchst gesetzt, wie Gott der höchste Kerr aller Schöpfung ist. „Gott segnete die ersten Menschen und sprach: Erfüllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische des Meeres und über die Vögel des Kimmels und über alle Tiere, die sich auf der Erde regen!" (Gen. 1, 28). 3. Die menschliche Seele schuf des himmlischen Vaters Allmacht und Güte in Keiligkeit und Gerechtigkeit, so daß sie zum ewig glücklichen Leben ausgerüstet war. Ihr zur Erhöhung war ursprünglich auch der Leib unsterblich, obwohl seiner Natur nach als aus löslichen Teilen bestehend sterblich, wie die Seele ihrer Natur nach als einfach unsterblich ist. Das erste Menschenpaar war also höchst glücklich auf Erden und hätte dieses Glück nach vollendetem irdischen Leben im Kimmel fortgenossen. Doch die Todsünde zerstörte dieses unbeschreibliche Glück. Der menschliche Leib verlor die Unsterblichkeit, die Seele aber die übernatürliche Heiligkeit und Gerechtigkeit und verfiel dem ewigen Unheil. Da erbarmte sich der allgütige Gott des ganzen Menschen; er erlöste seinen Leib und seine Seele. Und diese Erlösung erhöht unmeßbar den Wert und die Würde der menschlichen Seele. Denn was gab der Vater, der im Himmel ist, für die Errettung des Menschen? Den prachtvoll gestirnten Himmel, die wunderschöne Erde, einen Engel, vielleicht den höchsten und herrlichsten? Nein, dies war alles zugering und zuwenig. Der himmlische Vater sandte seinen ewigen Sohn von seiner Rechten auf die Erde, um den Menschen von Sünde und Satan zu erlösen. Diese Erniedrigung des göttlichen Herrn und Heilandes steigert die Hoheit der menschlichen Seele. Und ihren Preis erhöht der Gedanke an das Leben, Leiden und Sterben des gottmenschlichen Erlösers. Frage dich, o christliche Seele, warum war Jesus in ärmlichem Stalle geboren, warum arbeitete er in der Werkstätte und war Menschen untertan? Warum litt er Not, vergoß Tränen, erschauderte in seiner Seele? Warum ließ er sich verfolgen und verunglimpfen, gefangen nehmen und verspotten, geißeln und blutig krönen? Warum trug er das schwere Kreuz und ließ sich zwischen zwei Verbrechern an dasselbe annageln? Wegen deiner, o christliche Seele! Bedenke, wie wert- und würdevoll du bist! Wisset, ruft der erste Apostelfürst den Gläubigen zu, daß ihr nicht mit vergänglichen Dingen, Gold oder Silber, erlöst seid von eurem eitlen Wandel, der sich von den Vätern auf euch vererbt hat, sondern init dem Kostbaren Blute Christi, als eines u n b e f l e ck t e n it ttb makellosen Lammes. (I. Petr. 1, 18. 19). Und noch im selben Umlaufschreiben bemerkt der Hl. Petrus: C h r i st u s t r u g u n s e r e S ü n d e n an seinem Leibe an dasHolz, damit wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben, durch dessen Wunden ihr geheilt worden seid. (I. Petr. 2, 24). Und der zweite Apostelfürst fragte die schwelgerischen Korinther: Wisset ihr nicht, daß ihr nicht euer eigen seid? Denn um hohen Preis seid ihr erkauft worden. (I. Cor. 6, 19. 20). Fürwahr! Der Wert einer Sache wird nach dem angebotenen Kaufpreise bemessen. Der Erlös für unsere Seele ist nun das kostbare Blut Jesu Christi. Wir müssen also unsere Seele schätzen, wie das kostbarste Blut des göttlichen Erlösers. Uber den unermeßlichen Wert des heiligsten Blutes Christi habe ich Euch am 11. Februar des unsäglich blutigen Kriegsjahres 1916 ein besonderes Hirtenschreiben zukommen lassen. Leset es und leset es wieder, und überdenket dessen lehrreichen Inhalt.1 Die Verehrung und Anbetung 1 Kirchliches Verordnungsblatt für die Lavanter Diözese vom 12. Februar 1916. Num. II. Abs. 21. S. 17—32. des kostbarsten Blutes Christi wird Euch vom Sündigen abhalten. Habet Erbarmen mit des Menschensohnes Blute, wenn Ihr mit Euch selbst nicht Mitleid haben wollet! Eure Seele kostete Jesus den letzten Blutstropfen. 4. Gott Vater erschuf die unsterbliche Menschenseele, Gott Sohn erlöste sie vom ewigen Verderben und Gott Heiliger Geist rechtfertigt und heiligt sie. In den heiligen Sakramenten der Taufe und der Buße erteilt er ihr die heiligmachende Gnade, in den übrigen fünf Sakramenten vermehrt er ordentlicher Weise ihre Heiligkeit und Gerechtigkeit, erhöht ihre Kindschaft, Freundschaft und Erbschaft Gottes. Durch die heiligmachende Gnade wohnt der Heilige Geist in der Seele, beglückt und beseligt sie. In diesem Sinne schreibt der hl. Apostel Paulus an die Korinther : „W i s s e t ihr nicht, d a sz ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wenn aber jemand den Tempel Gottes verletzt, den wird Gott verderben; denn der Tempel Gottes ist heilig, das seid ihr. (I. Cor. 3, 16. 17). Meine Lieben! Aus dem oben Dargelegten erhellt klar die erhabene Würde und der unberechenbare Wert unserer Seele. Nun leuchtet uns ein, warum die hl. Apostel, die hl. Märtyrer und Bekenner, die kühnen Glaubensboten, die weisen Ordensgründer alles hinopferten, um Seelen zu retten. Es gibt ja auf Erden nichts Kostbareres, als die gotlerschaffene, gotterlöste und goltgehei-ligle unsterbliche Menschenseele. Wird sie gewonnen. ist alles gewonnen für alle Ewigkeit. Geht sie verloren, geht alles verloren für immer und ewig. Denn der Mensch hat nichts, um diesen Verlust durch ein gleichwertiges Gut zu ersetzen, zu begleichen. Der Mensch könnte ja Reichtümer auf Reichtümer häufen und an seiner Seele Einbuße leiden, wenn er damit seine Seele beim ewigen Richter auslösen könnte. Aber einen solchen Erlös, einen solchen Eintausch und Erkauf-preis gibt es nicht. Ewig bleibt wahr Christi Wort: „Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewänne, aber an seiner Seele Schaden litte? Oder was wird derMensch geben als Entgelts ürseineSeele? Quam dabit homo commutationem pro anima sua?“ (Matth. 16, 26). Was werden also Eltern und Vormünder, Lehrer und Erzieher, Meister, Vorgesetzte, Bischöfe und Priester als Entgelt für ihre eigenen und der Ihrigen Seelen geben, im Falle sie durch ihre Schuld Schaden litten? Deshalb sei unser aller Leitspruch: Da mihi animas, caetera tolle ! Gib mir die Seelen, das Übrige nimm! (Gen. 14, 21). Diesem Wahlspruche blieb treu bis in den Tod der größte Apostel von Indien, der Hl. Franziskus Xaverius, dessen letztes Wort lautete: Kerr, gib mir Seelen! Ja, die höchste Ausgabe der Aufgaben ist, Seelen zu retten. Ein seeleneisriger Iesuiten-Missionär erlitt aus seiner Seefahrt nach Japan Schisfbruch. Er hülle aber mittels eines erreichten Balkens sein Leben retten können. Doch er überließ das Ret-tungsbrelt einem Ungetansten unter dem Gelöbnisse, daß er sich im Falle seiner Rettung werde taufen lassen. Der Missionär sank in die Meeres-tiese. Was bewog den Glaubenshelden zu diesem größten Opfer? Ruhmsucht? Rein, für die ganze Welt hätte er dies nicht getan! Es war nur die Rettung einer unsterblichen Seele. Der Gerettete ließ sich auch taufen mit der Erklärung, daß eine Religion, die solche Opfer für die Seelen bringt, die wahre, die ewig beseligende sein müsse. — Am 4. Juli 1898 fünf Uhr früh stieß ein englischer Dampfer an den französischen Bourgogne, so daß dieser schnell zu sinken begann. Ein furchtbarer Schrecken bemächtigte sich der Reisenden. Alle wollten sich retten und stießen einander von der Rettungsbrücke. Männer rannten wie toll umher, stießen Kinder und Frauen beiseite, um sich selbst zu retten. Rur drei katholische Priester, es waren Dominikaner, die von Amerika nach Lyon zum Provinzialkapitel reisten, dachten nicht an sich, sondern widmeten ihre Liebe dem ewigen Leben der dem zeitlichen Tode geweihten Schiffsgenossen. Sie spendeten nach allen Seiten Absolution und übten unverdrossen Seelsorge im Angesichte ihres unvermeidlichen Todes. Auf. der mit ihren sechshundert Opfern sinkenden Bourgogne beteten sie laut den Psalm De profundis, bis ihre tröstlichen Stimmen in den Meeresfluten verstummten. Am 14. April 1912 ereilte das größte Weltschiff Titanic eine entsetzliche Katastrophe. Es stieß an Eisberge und begann allmählich zu sinken. Zwei katholische Priester, einer aus Bayern, waren wieder die Kelden, die sogleich zur Kand waren, um den Unglücklichen nach Kräften zu helfen. Als die Gefahr näher kam und die Aufregung gewaltig stieg, verlangten alle mit größter Inbrunst nach dem Beistände der Priester, und die zwei geistlichen Väter waren ganz in Anspruch genommen. In ruhiger Selbstbeherrschung trösteten sie die Passagiere und sprachen die Katholiken von ihren Sünden los, die um sie herum knieten oder von Ferne nach ihnen um Kilfe riefen. Als das letzte Rettungsboot herabgelassen war und sich von der Titanic entfernt hatte, sahen seine Insassen ganz deutlich, wie die beiden Seelsorger den Rosenkranz vorbeteten, und hörten, wie eine große Zahl der Reisenden hingebend antworteten. Als das Riesenschiff zu sinken begann, waren alle in die Knie gesunken. Dann erloschen die Lichter, so daß man in den letzten Augenblicken nichts mehr sehen konnte; aber man hörte weder Iammerrufe noch Schreckensgeschrei. Rur die friedlichen Stimmen des Gebetes klangen herüber, als das Schiff in Wellen verschwand. Alle Geretteten, etwa 40 an Zahl, erklärten einstimmig, niemals würde ihrem Gedächtnisse entschwinden die ergreifende Schlußszene, als die unrettbar Verlorenen zu Gott emporflehten, während dessen Stellvertreter mit segnend erhobenen Künden ihnen Gnade und Verzeihung spendeten. Wer dieses Bild gesehen hatte, sprach davon mit ehrsi'trd)tiger Schauer, und manche konnten noä) in der Erinnerung daran ihre Tränen nicht zurückhalten. Woher schöpften die zwei katholischen Priester ihren bewunderungswürdigen Keroismus? Aus ihrer tiefen Überzeugung von der ganzen Größe und von dem ewigen Werte der Menschenseelen. 5. Liebenswerteste! Ich weiß Euch noch etwas von der ungeheueren Bedeutung Eurer See- len zu erzählen. Nicht wahr? Was selten oder gar einzig ist, das ist teuer und wertvoll. Gold ist kostbarer als Silber wegen seiner größeren Seltenheit. Silber ist teurer als andere edle Metalle, die häufiger Vorkommen. Der Diamant iibertrifft alle Edelsteine an Wert, weil er sich so selten zeigt. — Warum gefiel Gott das Opfer Abrahams so sehr? Weil der Patriarch seinen einzigen Sohn Isaak zu opfern bereit war. Als der Prophet Nathan dem Könige David erzählte, wie ein Reicher seinem armen Nachbar das einzige Schäflein geraubt hatte, ergrimmte David im heftigen Zorne über den Mann und sprach zu Nathan: „So wahr der Kerr lebt, der Mann, der dies getan hat, filius mortis est, ist ein Kirrd desTodes!" Freilich wußte David nicht, daß er selbst eine solche Untat seinem Feldherrn Urias gegenüber beging. Doch das gestrenge Urteil erklärt sich aus dem einzigen Schäflein, das dem Nachbar so wertvoll gewesen sein mußte. (11. Regg. 12, 1 ff). — Warum erbarmte sich Jesus ungesäumt der Mutter-Witwe von Naim? Weil man ihren einzigen Sohn zu Grabe trug. Mein christlicher Diözesan! Auch du hast nur eine Seele und nur einmal allein, solange du nämlich auf Erden lebst. Jetzt gehört sie dir noch ganz an; nach dem Tode wird sie Gott im Kimmel oder dem Satan in der Kölle gehören. 0, so mancher katholischer Christ lebt, als hätte er mehrere Seelen. „Beachte doch", schreibt der Hl. Johannes der Goldmund, „Gotl gab dir zwei Augen, daß du sehest, zwei Ohren, daß du hörest, zwei Kände, daß du greifest, zwei Füße, daß du wandelst. Wenn eines von diesen Schaden leidet, kannst du noch das zweite gebrauchen. Aber er gab dir eine einzige Seele; wenn du diese verlierst, womit wirst du leben?" Ja, für die verlorene Seele kann der Mensch nichts ebenbürtiges bieten. König Ludwig XI. von Frankreich stellte an Papst Benedikt XI. ein Verlangen, das ihm der Keilige Vater nicht mit ruhigem Gewissen erfüllen konnte. Der Papst sprach deshalb zum königlichen Gesandten: „Sag dem Könige, ich liebe ihn so sehr, daß ich eine Seele, wenn ich zwei Seelen hätte, gern für ihn aufopfern würde. Da ich aber nur eine einzige besitze, kann ich sie nicht dem ewigen Verderben preisgeben." Wohl goldene Antwort! Der mächtige Monarch ließ auch von seinein Begehren ab und war ernster und gottesfürchtiger geworden. — So oft der vielgerühmte Hl. Franziskus Ta verius einen Jüngling in der Beicht von den Sünden losgesprochen hatte, erhob er sich und rief unter Tränen: Jüngling, sündige nicht! Du hast eine so kostbare Seele! Wohl weise Mahnung für alle, die da leben, als hätten sie hundert oder fünfzig oder zwanzig oder wenigstens zwei Seelen und nicht bloß eine einzige und noch diese nur einmal. Wie, wenn einem Wanderer im Walde Räuber begegneten und ihm die Mordwaffe an die Brust legten mit dem Rufe: Geld oder das Leben! Nehmet da das Geld und lasset mir das Leben, riefe der Überfallene den Unholden zu. Er hätte gut gehandelt! Denn Geld kann noch immer erworben werden, aber nicht das Leben. Das niedere Gut ist dem höheren nachzusetzen. Dies sollte rücksichtlich der Seele ausnahmslos gelten. Gib deine Seele, ruft der Versucher, oder erstatte zurück das unrecht erworbene Gut! Gib deine Seele, oder löse das sündhafte Verhältnis! Gib deine Seele, oder beichte die heimliche Sünde! Gib die Seele, oder laß ab von der sündhaften Gewohnheit! Das eine oder das andere wähle! Kandelt nun der Sünder, wie der Reisige im Walde? Nein, die Seele gebe ich nicht hin, ich habe nur eine. Nehmet lieber alles andere! Doch so klug und gut handeln die Gewohnheitssünder nicht. Geld und Gut, Bekanntschaften und üble Neigungen lasse ich nicht. Nehmet meine Seele, wenn es nicht anders geht! So töricht handelt der Christ» der wissentlich und freiwillig die Gebote Gottes und der Kirche Übertritt. Er verrät und verwirft seine einzige, höchst wert- und würdevolle, von Gott für den ewig schönen Kimme! erschaffene Seele. Als der Hl. Alphons Maria Ligu ori am Sterbebette lag und schon Abschied nahm von seinen Ordensbrüdern, kam eilig sein Neffe zu ihm und bat den sterbenden Bischof: Vater, segne mich und sage mir, was ich tun solle! Der Heilige erhob seine Rechte und segnete den Bittenden mit dem inhaltsvollen Zurufe: Sorge für deine einzige Seele! Hierauf verschied der gefeierte Morattehrer, und der Gesegnete befolgte treu das gewichtige Wort bis zum seligen Tode. In Gott geliebte Gläubige! er bist du, o Mensch? Diese für Zeit und Ewigkeit entscheidende Frage kann nun jeder aus Euch richtig beantworten. Ich bin ein Ebenbild Gottes, berufen für ein ewig glückseliges Leben. Gott meinen Herrn und Schöpfer muh ich erkennen, verehren, lieben, ihm gehorchen und dienen. Die Engel, denen ich meinem Geiste nach gleiche, soll ich ehren, lieben, anrufen und ihnen der sittlichen Schönheit nach ähnlich werden. Die Men-s ch e n, mit denen ich von eine m Elternpaare abstamme und ihnen der Natur und dem Endziele nach gleiche, soll ich als Brüder und Schwestern behandeln, sie wegen Gott, unseres gemeinsamen Schöpfers, Erlösers und Heiligmachers, lieben, achten und ihr diesseitiges und jenseitiges Heil befördern. Und die Naturwesen, denen ich dem Leibe nach ähnele, soll ich auf die rechte Weise als Mittel zur Erreichung meiner von Gott gewotlten Bestimmung gebrauchen; jeden Mißbrauch derselben soll ich vermeiden. Ihr sottet also Gott geben, was Gottes ist. Merkwürdig! Ihr kennet genau das tiefsinnige Evangelium von den scheinheiligen Pharisäern, die an Christus die verfängliche Frage stellten: Meister, sag uns, ist es wohl ertaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen oder nicht? Jesus verlangte eine Münze und wies die Heuchler hin auf das darauf eingeprägte Bild mit der Gegenfrage: Wessen ist das Bild? Des Kaisers, erwiderten die Versucher. S o gebet denn, antwortete Chri-stus, dem Kaiser, was des Kaisers ist; aber auch Gott, was Gottes ist ! Ewig denkwürdige Antwort! Im ersten Teile derselben hatte der göttliche Lehrmeister ein Bild vor Augen, das Bild des römischen Kaisers. Also mußte er auch im zweiten Teile auf ein Bild gemünzt haben. Der göttliche Heiland dachte bei den Worten Gebet Gott, was Gottes ist, wohl an das Bildnis des Kaisers der Kaiser, an das B i l d G o 11 e s im Menschen. Die menschlichen Seelen sind Gottesbilder und sind sonach Gott zu geben. Als Abbild Gottes müssen wir uns nach dem Urbilde richten. Gott muß unser Vorbild sein, nach ihm müssen wir uns bilden. Wir müssen durch unser Leben ein treues Nachbild werden. Seid vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist, mahnt uns der gottmenschliche Welterlöser. Gott ist nun heilig, er liebt das Gute und verabscheut das Böse. Nach dieser Heiligkeit müssen auch wir streben. Gott ist gerecht, also müssen auch wir unsere Pflichten gegen ihn, gegen uns selbst und gegen unseren Nächsten erfüllen. Er ist g ü t i g u n d bar m-herzig, also müssen auch wir Barmherzigkeit üben, zumal jetzt in der schrecklichen Kriegszeit. Der Mensch, eine Synthese von Geist und Körper, muß Seele und Leib so pflegen, daß er das göttliche Bild darftettt, veranschaulicht, verwirklicht. Er muß die körperlichen und seelischen Kräfte harmonisch entwickeln und vervollkommnen, sie in Eintracht betätigen. Da die Seele weit wichtiger und vornehmer als der Körper ist, muß vorerst sie mit alter Sorgfalt gebildet, veredelt, vervollkommnet werden. Aber manche Christen tragen alle mögliche Sorge für den Leib, und nach der Seele fragen sie nicht, kümmern sich nicht um sie. Dem Satan wollen sie durch Sünde ihr Gottesbild zum Opfer bringen und es nicht Gott wieder gebe n. In der Nacht vom 22. auf den 23. Juli 1901 ward das weltbekannte Rosenkranzbild des gerühmten Künstlers Giambattista Salvi (1605—1685), gewöhnlich nach seinem Geburtsorte Sassoferrato genannt, aus der Dominikanerkirche Santa Sabina auf dem Aventini-scheu Hügel zu Rom durch Frevlerhand entwendet. Darob entstand eine unbeschreibliche Aufregung und Trauer unter den Katholiken Roms. Jede erdenkliche Mühe wurde angewendet, um dcis gelungene Altargemälde, wovon sich ein Nachbild seit 4. August 1904 auch aus dem Seikenaltar der glorwürdigen Rosenkranzkönigin in der Mar-burger Domkirche befindet, aus den Künden der Diebe zu retten. Atu 9. November 1902 wurde es unter außerordentlichen Feierlichkeiten wieder auf seinen allen Platz gestellt zur namenlosen Freude aller Marienverehrer der Stadt Rom.1 Die tiefe Trauer um den Verlust und die hohe Freude ob der Wiedergewinnung des hochgeschätzten Bildes sind gerechtfertigt. Es ist ja ein heiliges Bild. Aber warum ist man nicht mehr besorgt um ein unvergleichlich heiligeres Bild, um das Bild und Gleichnis Gottes im Menschen, um die unsterbliche Seele? Im Jahre 1911 wurde das schon eingangs erwähnte Ölgemälde, Mona Lisa auch Gioconda genannt, aus dem Pariser Museum entwendet. Ein gewaltiger Lärm ging durch die Welt. Es gab ein Rennen, Suchen und Forschen; es ward ein Zahlen und Versprechen inszeniert, als ob es den größten Schah der Welt gelte. Nichts blieb unversucht, um dieses künstliche Bild auf Leinwand wieder zu finden. 0 liebe Christen! Wenn man doch einen solchen Eifer für verlorene Gottesbilder, für entweihte, irregegangene Menschenseelen aufwenden möchte! Diese müssen unversehrt erhallen oder, wenn sie entstellt worden sind, wieder hergestellt werden, koste es, was es wolle. Es muß Gott gegeben werden, was Gottes ist. Darauf müssen die lieben Eltern ihre Sorgfalt richten, daß sie das Gottesbild in ihren Kindern unbefleckt bewahren oder, wenn es bemakelt wird, wieder zu Glanz und Schönheit bringen. Freilich, durch die Abwesenheit zahlreicher Väter und berufsmäßiger Bildner der Jugend ruht auf den Schultern der Mütter die große Verantwortlichkeit für die Kinder. Sie sollen aber vor allem ihre Kinder an das Gehorchen gewöhnen. Ein Kind, das pünktlichen Gehorsam gelernt hat, ist bereits halb erzogen. Was ihm noch fehlt, das wirkt das gute Vorbild der Mutter schon von selbst an ' Dr. Michael Napotnik, Send- und Lehrschreiben. Marburg, 1911. S. 788 ff. ihm. Die Jugend mit ihrem zarten, noch reisenden Körper muß vor schädlichen Getränken, vor Tabakrauchen, vor Unsittlichkeit beschützt werden. Die Jugendlichen müssen zu körperlich leistungsfähigen, geistig tüchtigen, religiös-sittlich denkenden Mitgliedern der Kirche und des Staates herangebildet werden. Zum Schlüsse „lasset uns alle insgesamt das Endergebnis alles Gesagten hören: Fürchte Gott und halte seine Gebote! Denn dies ist der ganzeMensch. Hoc est enim omnis homo“. (Ecclc. 12, 13). Da nach diesem Ausspruche des alttestamentlichen Predigers das Gott fürchten und seine Gebote halten den Menschen hier vollkommen macht und dort selig, so seid, liebe Diözesanen, ganze Katholiken und haltet in Furcht Gottes seine und der Kirche Gebote! Beobachtet in dieser geheiligten Zeit das milde Fastengebot und das so leichte vierte Kirchengebot! Die Fastenzeit ist -eine'Zeit des Friedensanbotes, das uns derKerr dringender als je macht. Sehet, jetzt ist die gnadenreiche Zeit; sehet, jetzt ist der Tag des Keiles! (II. Cor. 6, 2). Beichtet alle in dieser Keilszeit nach dem Beispiele des verlorenen Sohnes, der den Vorsatz gefaßt aber auch den Nachsatz gehalten hat: „Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater ich habe mich versündigt wider den Kimmel und vor dir!" (Luc. 15, 18). Durch die heilige Buße wird die tragsähige Brücke zum Kimmel geschlagen. Der Bußfertige gewinnt den Kerzensfrieden, dessen größte Feindin die Sünde ist, und zieht den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen i st in wahrerGerechtigkeitund Keiligkeit. (Ephes. 4, 24). Empfanget alle die heilige Osterkommunion, den Leib des Kerrn, das beste Kriegsbrot, das im Lebenskämpfe zum ewigen Leben nährt und stärkt. Bei der Austeilung der heiligen Kommion spricht der Priester : Der Leib unseres Kerrn Jesus Christus bewahre deine Seele zum ewigen Leben! So rette denn, christlicher Diözesan, Leib und Seele! Dieses mein Mahnwort sei dir stets auf der Zunge, schwebe dir immer vor Augen, klinge dir in den Ohren bis zum letzten Atemholen ! Kommt nun die Zeit der Trennung von Leib und Seele, der Tod, dann brauchst du keine Furcht und keine Angst zu haben. Die Seelen der Gerechten sind in der Kand Gottes iinö nicht berührt sie des Todes Pein. (Sap. 3, 1). llbrig e n s, Brüder, freuet euch, werdet vollkommen, tröstet einander, seid gleichgesinnt, haltet Frieden, und der Gott des Friedens und der Liebe wird mit euch sein. Die Gnade unseres ßerrtt Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Keiligen Geistes sei mit euch allen! Amen. (II. Cor. 13, 11. 13). 1918. Marburg, am Oktavfeste der Hl. Dreikönige, den 13. Jänner des fünften Welkkriegsjahres t Michael, Fürstbischof. Anmerkung. Dieses Faftenhirlenschreibeii soll am 1. 2. und 3. Foslensonntage den Gläubigen von den Kanzeln herab verlesen werden. 11. Verbot des Zweikampfes in der Armee. Aie hochwürdigsteu Herren Bischöfe Österreichs haben in ihren gemeinsamen Konferenzen die mit dein christlichen Gesetze nicht im Einklang stehende Sitte des Zweikampfes häufig zum Gegenstand ihrer Beratungen gemacht. Im Jahre 1890 richteten sie im Bewußtsein ihrer ober-hirtlichen Pflicbt ein Schreiben an Seine Heiligkeit Papst Leo XIII., in welchem sie über die Häufigkeit der Zweikämpfe berichteten und unter großem Schmerze ausführten, daß diese bedauerlichen Kämpfe gleich einem durch die Gewohnheit begründeten Rechte auch in katholisch sich nennenden Kreisen herrschen; sie baten den Heiligen Vater, daß er durch sein oberstes Ansehen einem so verderblichen Irrtum ent-gegentrete. Papst Leo XIII. seligen Angedenkens hat als oberster Hirt und Lehrer die österreichischen hochwürdigsten Herren Bischöfe in seinem apostolischen Schreiben Pu8torulis officii vom 12. September 1891 eindringlich ermahnt, die auf den Zweikampf bezugnehmenden Lehren der heiligen katholischen Kirche den Gläubigen unablässig einzuschürfen, damit sie sich eines so widersinnigen und ganz ungeeigneten Mittels, wie es der Zweikampf ist, niemals bedienen, um sich die entsprechende Genugtuung zu verschaffen. Die hochwürdigsten Oberhirte» Österreichs machten daher in der Eingabe an das k. k. Gesamt-Ministerium vom 14. November 1891 auch die hohe Negierung auf das Verderbliche des Duells aufmerksam. Nicht genug! Die auf der Herbst-Konferenz des Jahres 1900 versammelten österreichischen hochwürdigsten Kirchenfürsten erließen einen bedeutsamen Aufruf,1 in dem sie die Gläubigen väterlich ermahnen, daß sie die den Zweikampf unbedingt verbietenden und im Gewissen strenge verbindlichen Bestimmungen des göttliche», kirchlichen und staatlichen Gesetzes treu beobachten. In Kirche und Schule, in Familie und Gemeinde möge gegen die Unsitte und das Verbrechen des Zweikampfes mit allem Eifer gewirkt werden; es möge die Erziehung auf christlicher Grundlage zu wahren Begriffen der Ehre, zu männlicher Selbstverleugnung und unerschütterlicher Pflichttreue leiten und führen. Das Werk dieser und aller anderen diesbezüglichen Bemühungen sehen die hochwürdigsten Herren Bischöfe Österreichs nunmehr herrlich gekrönt durch den von Seiner k. und k. Apostolischen Majestät Kaiser Karl I. am erste n Allerhöchsten Kaiser-Namenstage den 4. November 1917 aller-gnädigst erlassenen Armee- und Flottenbefehl mit nachstehendem Wortlaut: „Aus längst vergangenen Zeiten hat Meine bewaffnete Macht de» Zweikampf übernommen und ihn als eine traditionelle Einrichtung beibehalten. Das Festhalten an alten Überlieferungen kann aber nicht dazu führen, daß wider bessere Überzeugung, wider göttliches Gebot und wider das Gesetz die Austragung von Ehrenkrän-knngen auch fernerhin der Geschicklichkeit im Waffengebrauch überantwortet und dadurch dem blinden Zufall überlassen wird. 1 Protokoll der Bischöflichen Versammlung in Wien vom 12. bis zum 20. November 1901. Samt Beilagen. Brünn, 1902. (XIX. S. 44 - 46). gu einer Zeit, in ber jedes Einzelnen Leben dem Vaterlande, der Allgemeinheit gewidmet sein muß, dürfen Ehren -kränkungen nicht mehr im Kampfe mit den Waffen ausgetragen werden. Wer fein Leben im Zweikampf auf das Spiel fetzt, handelt nicht allein gegen das Gebot und Gesetz, er handelt auch gegen fein Vaterland, das auf die nngefchwächte Kraft jedes Mannes jetzt zur Verteidigung feiner Grenzen, dann zum Wiederaufbau und zum Fortschritte zählt. Im Felde, am 4. November 1917. Karl Das allbewährte Pflichtgefühl und das sichere Urteil der militärischen Ehrenräte geben Ü)Zir eine Bürgschaft dafür, daß sich ihrem Ausfpruche jeder wahrhaft ritterlich denkende Mann freiwillig unterwirft und daß durch ihre Entscheidung Ehrenangelegenheiten in Hinkunft auch ohne Zweikampf nach Ehre und Gewissen ausgetragen werden können. Ich verbiete daher allen Angehörigen Meiner bewaffneten Macht den Zweikampf und jedwede Teilnahme an einem Zweikampfe. m. p." 12. Kohlenverteilung an Arme. Im Hirtenschreiben vom 15. Mürz 1917 Nr. III hat Seine Exzellenz der Hochwürdigste Herr Fürstbischof Dr. Michael Napotnik in der Diözese Lavant eine allgemeine Le-bensmittelfamnilung für die Bedürftigsten unter den Notleidenden angeordnet. Die opferfreudigen Diözesanen haben ihr erbarmnngsvolles Herz geoffenbart und im richtigen Verhältnis zu ihren V«rmögensnmständen und zur Beschaffenheit ihres Grundbodens von ihrem noch irgendwie entbehrlichen Vorrat an Lebensmitteln einen reichlichen Teil den Hunger leidenden Mitbrüdern und Mitfchwestern abgetreten. Von den gesammelten Lebensmitteln erhielten 24 steirische Jndnstriewerke und Bergbaubetriebe einen der Arbeiterzahl entsprechenden Anteil und Über 700 Marbnrger arme Familien wurden am Karfreitag, den 6. April 191.7, mit einer alle Beteilten zufriedenstellenden Ostergabe beschert. Der Rest der eingelangten Nahrungsmittel wurde noch in zwei Partien, am 4. Mai und am 22. Inni 1917, im Beisein des Hochwürdigsten Oberhirten unter 150 beziehungs- weise 100 bedürftige Personen ober Familien aufgeteilt. Im Zusammenhänge mit der Lebensmittelsammlung wurden nach Überwindung unsäglicher Schwierigkeiten endlich drei Waggons Kohle erworben. Die unentgeltliche Abgabe dieser im Bischöflichen Hofe aufgeschichteten Kohle an Arme aller drei Pfarren Marburgs fand am 3. 4. und 5. Jänner 1918 statt. Über 500 arme Familien wurden mit einem Quantum von 50—60 kg beteilt. A in Samstag den 5. Jänner 1918 war bei der Schluß» Verteilung der Kohle auch der Hochwürdigste Oberhirt, obwohl recht leidend, anwesend. Die Beteilten dankten Seiner Exzellenz gerührten Herzens, daß er ihnen in harter rauher Winterszeit die eisige Kälte durch Verabreichung von Kohle erheblich lindern half. Gott lohne nuferem väterlich guten Hochwürdigste» Herrn Fürstbischöfe die mühevolle Veranstaltung und schwierige Durchführung der Lebensmittelsammlung durch Verleihung kräftiger andauernder Gesundheit! F. B. Lavanter Ordinariat zn Marbnrg, am 25. Jänner 1918. f Fürstbischof. St. Cyrillu-.vttchdruckerti, Marburg.