GEOLOGIJA 30, 23-29 (1987), Ljubljana Research Project: EVOLUTION of REEFS UDK 562.02.551.761(498)=40 Amhlysiphonella gradinami n. sp. (Porifera) aus der Obertrias (Lac 1-2) des Va§cäu-Plateaus (Rumänien) Amhlysiphonella gradinami n. sp. (Porifera) of Upper Triassic (Lacian 1-2) of the Va§cáu Plateau (Romania) Peter Riedel und Baba Senowbari-Daryan Institut für Paläontologie, Loewenichstr. 28, D-8520 Erlangen, BRD Kurzfassung Bei der Untersuchung des Organismenbestandes obertriadischer Riffschutt- kalke (Dachsteinkalke) der Colenti Decke (Va§cáu Plateaus, Rumänien)am Negaia- Hügel bei Cîmp-Moti wurde ein Exemplar eines thalamiden Schwammes mit einem aus ca. 200 Tubuli bestehenden Spongocoel gefunden. Dieser wird als Amhlysiphonella gradinami n. sp. beschrieben. Abstract While investigating the fossil assemblage of Upper Triassic limestones of the Colenti Nappe (Vaçcàu Plateau, Romania) near Cîmp-Moti, a thalamid sponge characterized by a spongocoel consisting of about 200 tubes was found. The species described as Amblysiphonella gradinarvi n. sp. occurs in Upper Triassic (Lacian 1-2) reef detritus limestones (Dachstein limestones). Einleitung Während einer Exkursion in das westliche Apuseni-Gebirge (Rumänien) unter der Führung von Dr. O. Dragastan und Dr. E. Gradinaru (Universität Bukarest) wurden triadische Karbonate des Vaçcàu-Plateaus besucht (Abb. 1). In der höchsten deckeneinheit dieser Region, der Cole§ti-Decke (Panin et aL, 1982), sind etwa 600m mächtige, vom Kam bis zum Rhät reichende Riffdetrituskalke und Lagunenkalke (Dachsteinkalke) aufgeschlossen. In den loferitische Kalken in höchsten Abschnitt dieser Schichtfolge (Rhät) rissen Spalten auf, die rote und grünliche Mikrite mit Brachiopoden und Belemniten enthalten. Sie belegen ein jurassisches Alter dieser Füllungen (schriftliche Mitteilung von Dr. Dragastan und Dr. Gradinaru). Aus Dachsteinkalken der Coleçti-Deske beschreibt bereits Kutassy, (1928, 1937) Korallen, Schwämmen, Cephalopoden, Gastropoden, Bivalven, Crinoiden, Echi- noiden und einige selten vorkommende Brachiopoden. Diese Fossilliste wurde durch Bleahu et al. (1972) und Planin et al. (1982) erweitert. 24 Peter Riedel & Baba Senowbari-Daryan Abb. 1. Lageskizze (T = Typlokalität) Bei unserer Geländebegehung fand Dr. Gradinaru in ruditischen Riffschuttkal- ken mit fleckenhaften feindetritischen Arealen und Korallenstöcken in situ einen segmentierten Schwamm (Amblysiphonella), mit einem aus ca. 200 Tubuli bestehen- den Spongocoel; durch dieses Merkmal ist dieser Schwamm von allen Amblysipho- nella-Arten unterschieden. Durch Ammoniten {Pararcestes; Bestimmung Dr. L. Kry- styn, Paläontologisches Institut, Univ. Wien) ist ein Alter von Lac 1-2 (Unterstes Nor, Obertrias) gesichert. Paläontologische Beschreibung Stamm Porifera Grant 1872 Klasse Calcispongia? De Blainville 1834 Ordnung »Sphinetozoa« Steinmann 1882 Superfamilie Forata Seilacher 1961 Familie Sebargasiidae Girty 1908 Gattung Amblysiphonella Steinmann 1882 Typische Art: Amblysiphonella barroisi Sieinmann 1882 Amblysiphonella gradinami n. sp. Derivatio nominis: nach Dr. Gradinaru (Univ. Bukarest). Holotypus: Exemplar Taf. 1/1-3. Locus typicus: SE-Fuß des Negaia-Hügels, südösthch von Cîmp-Moti (Abb. 1). Stratum typicum: Dachsteinkalke, Nor, Lac 1-2. Material: 1 körperlich erhaltenes Exemplar, von dem 1 Dünnschliff, 2 Ansch- liffe und 1 Abguß angefertigt wurden. Amblysiphonella gradinarui n. sp. aus der Obertrias 25 Abb. 2. Rekonstruktion von Amblysiphonella gradinarui n. sp. Die perforierten Ringkammem bilden einen zylindrischen Schwammkörper, dessen Spongocoel aus ca. 200 Tuben be- steht (Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden nur 30 Tuben dargestellt!). Die Tuben beginnen an den Apoporen, können jedoch auch durch diese in die Kammern reichen. Der Durchmesser des Schwammes beträgt 2,5 cm 26 Peter Riedel & Baba Senowbari-Daryan Aufbewahrung: Das Belegmaterial ist am Institut für Paläontologie, Univer- sität Erlangen unter den Nummern 25A15/1-5 hinterlegt. Diagnose: Amblysiphonella mit zahlreichen (ca. 200) parallel zur Längsachse verlaufenden Tuben im Spongocoel. Beschreibung: Das Bruchstück des zylindrischen Schwammes ist 5,5cm lang und hat 2,5cm Durchmesser. Die Höhe der perforierten Ringkammern schwankt zwischen 0,2-0,4-0,6cm, ihre Breite zwischen 0,6 und 0,9 cm. Die Wanddicke beträgt sowohl an der Außenseite und als auch zum Spongocoel hin 1,3mm, kann jedoch selten 1,8 mm erreichen. Die Kammerdecken sind in der Regel dünner und werden nur 0,6 mm dick. Im 1,5 cm weiten Spongocoel verlaufen parallel zur Längsachse des Schwammes ca. 200 Tuben, deren Innendurchmesser 0,2-0,25-0,3mm beträgt. Die Tuben haben ihren Ausgangspunkt an den Apoporen und laufen dann zum Osculum, so daß dieses in der Aufsicht wie eine Siebplatte erscheint. Selten reichen die Tuben auch in die Kammern hinein. Abb. 2 zeigt eine Rekonstruktion von Amblysiphonella gradinami n. sp. Bemerkung: Amblysiphonella ist eine der langlebigsten Gattungen unter den thalamiden Schwämmen. Die Gattung tritt möglicherweise bereits im Kambrium auf {1 Amblysiphonella parvula Pickett & Jell 1983) und kommt bis zum Ende der Obertrias weltweit vor. Über 40 Arten dieser Gattung wurden bis jetzt beschrieben (Senowbari-Daryan & di Stefano, 1988), wobei die meisten aus dem Perm bekannt sind. Amblysiphonellen mit mehreren Tubuli kommen auch im Perm des Djebel Tebaga (Tunesien) vor (Material Senowbari-Daryan), jedoch wurde keine Art gefunden, die mehr als ein halbes Dutzend Kanäle besitzt. Die permischen Amblysiphonellen mit Tuben sind außerdem durch andere Merkmale (z. B. verzweigte Poren, Individuen- durchmesser höchstens 1,5 cm) von dieser triadischen Art zu unterscheiden. Amblysiphonella gradinami n. sp. unterscheidet sich von allen anderen Ambly- siphonella-Arien durch den Besitz eines Spongocoels mit zahlreichen Tuben. Die ursprünglich als Amblysiphonella (Tetraproctosia) peruana Rauff aus dem Nor von Nevado de Acrotanbo (Peru) beschriebene Art hat nur vier Tuben im Spongocoel. Dieser Schwamm ist aufgrund der Tubuli im Spongocoel, der morphometrischen Merkmale und dem Vorkommen eines tubulären Skelettes in den Kammern zu Polytholosia complicata Rauff zu stellen (vergleiche S ei la eher, 1961: 759-760) und mit der neuen Amblysiphonella-Art nicht vergleichbar. Dank Diese Arbeit stellt einen Beitrag zu dem vom der Deutschen Forschungsgemein- schaft geförderten Projekt »Evolution von Riffen« (Fl 42/49-2) dar. Wir danken Herrn Prof. Dr. E. Flügel für die Durchsicht des Manuskriptes, den Herren Dr. O. Dragastan und Dr. E. Gradinaru (Univ. Bukarest) für die Führung im Gelände und Herrn Dr. L. Krystyn (Univ. Wien) für Fossilbestimmungen. Amblysiphonella gradinarui n. sp. aus der Obertrias 27 Literatur Bleahu, M., Tomescu, C. & Panin, S. 1972, Contributii la biostratigrafia depozitelor triasice din Platoul Va§cáu. - D. S. Inst. geol. geofiz., 58/3, Bucure§ti. Kutassy, A. 1928, Die Ausbildung der Trias im Moma-Gebirge. - Zentralb. Min., Geol. u. Paläont., 1928, Abt. B. 320-325, Stuttgart. Kutassy, A. 1937, Triadische Faunen aus dem Bihor-Gebirge, L Teil Gastropoden. - Geol. Hung. Ser. paleont., 13, 15-80, Budapest. Panin, S., Bleahu, M., Timescu, C., Miráutá, E. & Çtefànescu, M. 1982,Struc- ture of the Vaçcàu-Plateau. - D. S. Inst. geol. geofiz., 67/5, 109-124, Bucure§ti. Pickett, J. & Jell, P.A. 1983, Middle Cambrian sphinetozoa (Porifera) from New South Wales. - Mem. Ass. Australas. Paleontols, 1, 85-92, Sydney. Seilacher, A. 1961, Die Sphictozoa, eine Gruppe fossiler Kalkschwämme. - Akad. Wiss. Lit., math. - naturwiss. Kl., 1961/10, 721-790, Mainz. Senowbari-Daryan, B. & di Stefano, P. 1988, Amblysiphonella maxima n. sp., a new sponge from Upper Triassic reefs in Sicily. - Boll. Soc. Paleont. Ital., Modena (im Druck). 28 Peter Riedel & Baba Senowbari-Daryan Tafel 1 Amblysiphonella gradinami n. sp. 1 Der polierter Längsschnitt durch die Hälfte des Schwammes zeigt das Spongocoel und die perforierten Kammern. In der linken unteren Bildecke sind die Tuben des Spongocoels angeschnitten. Proben-Nr. 25Al5/2, Maßstab 1cm 2 Gesamtansicht. Im unteren Teil des Bildes sieht man die Kammern und die Apoporen in Steinkemerhaltung. Am rechten Bildrand (=Basis des Schwammes) sind die Tuben des Spongocoels zu erkennen. Proben-Nr. 25A15/1, Maßstab 1cm 3 Die Vergrößerung des Spongocoels zeigt die Tuben in der Aufsicht. Proben-Nr. 25A15/3, Bildhöhe 1cm Amblysiphonella gradinarui n. sp. aus der Obertrias 29