PROGRAMI DES —« a q&&&gb »— KLAGENFURT. Druck v on Johann Leon. I n h a 11. Seite. Die classische Lectiire vom Standpunkte der christlichen Anschauung von Professor Dr. Karlmann Flor (Schluss) ..... 1 Lehrplan im Schuljahre 18 55 / 56 . . . , , . . . . 87 Zuwachs an Lehrmittelu des Gymnasiums ....... 99 Fortsetzung des Auszuges aas deu gesetzliehen, die Gymnasialschiiler betref- fenden Bestimmungen.. 103 Statistik des Gymnasiums . , . . . . , , .104 Die classische Lectiire vora Standpuncte der christlichen Anschammg. Von Professor Dr. Karlmann Flor. (Fortsetzung des V. Programms.) Der Weise forschet nach der Weisheit der Alten. Er merkt sich die Reden beruhmter Manner und dringt zugleich in den Sinn der Sprache und weilet bei den Geheimnissen der Gleichnisse. Er durchvvan- dert die Lander fremder Volker. Denn er will Gutes und Boses unter den Menschen erforschen. Jesus Sirack 39, 1—5. Die griechischen und nicht griecbischen Wahrheitsfreunde, sowobl die keinen geringen Theil der Wahrbeit des Logos, als auch die nur etwas davon erlangten, sollen auftreten. Clemens Alex. Strom. I. 13. Glaube an eine ewige Vorsehung Gottes. § 14 . Das Dogma von der gottliclien Vorsehung wurzelte im Bewusst- sein der Heiden so fest, dass derjenige, der daran zweifelte oder gar nicht glaubte, oder es viillig weglaugnete, geradezu als Gottes- laugner bezeichnet und verabscheut wurde. Denn man glaubte, dass mit diesem Dogma alle Eeligion stehe oder falle. So argu- mentirten die heidnischen Philosophen, unter denen Platon, der solchen Skeptikern und Unglaubigen gegeniiber die gottliche Vorsehung zu beweisen und zu vertheidigen sich alle Miihe gibt, sich so aussert: „Wir nennen alle sterblichen Geschopfe und unter diesen auch den ganzen Himmel ein Eigenthum der Gotter. Wenn sie nun fiir das Grosse sorgen, -vrie sollen sie das Kleinere, das viel leich ter zu bes or ge n ist, vernachlassigen, da doch die Besorgung der Theil e z ur Er hal tu n g des Ganzen noth- wendig ist? Denn die grossen Steine liegen bei einem Bauwerke nicht gut ohne die kleineren. Den Gotter n aber kommt die VI. Programm. 1 2 Einsicht in das Kleinste, die Maoht und der beste Wille zu, weloher frei von aller menscblichen Fahrlassigkeit und Weichlich- keit ist *).“ Die Welt wird durch die gottliehe Vorseliung regiert und die Gotter sorgen fiir die menschlichen Ange- legenheiten nicht blos im Allgemeinen, sondern auch fiir jedes Einzelne 1 2 ). Alle Burger sollen vor Allem iiberzeugt sein, dass es Herren und Lenker aller Dinge gebe, namlich die Gotter, dass dasjenige, was sicli begibt, nach ihrem Eathschluss e und Willen geschieht, dass sie zugleich die grossten Verdienste um das Menschengesclileeht haben, dass sie den Charakter eines Jeden, und was er treibt, was er begehrt, mit welcbem Sinne, mit ivelcher Frommigkeit er den Gottesdienst verriehtet, beobachten, und die Frommen und Gottlosen bestandig im Auge haben oder liber sie Rech- nung halten 3 ). Vor Gott ist Nichts verborgen. Er ist in unserm Innern und in unsern Gedanken 4 ). Gott ist iiber alle Be- griffe erhaben, dem wir durch unser Leben zu seinen Absiehten dienen. Seinen Beifall sollen wir suchen. Es niitzt uns nichts, etwas im Herzen vor ihm zu verschliessen; denn es steht Gott offen s ). Zwischen guten Menschen und Gott besteht Freundschaft unter Vermittlung der Tugend. Freundschaft sage ich? Nein, sogar Verwandt- schaft und Aehnlichkeit, da ja der Gute nur durch die Zeit sich von Gott unterscheidet, sein Schiiler und, Nacheiferer, sein wahrer Spross- ling ist, den jener erhabene Vater, ein ernster Mahner zur Tugend, wie ein strenger Vater etwas harter erzieht. Einen guten Mann erzieht er nicht zartlich, er vers.ucht ihn, er hartet ihn ab und bereitet ihn fiir sich. Die ganze Welt ist der unsterb- licken Gotter Tempe!, und allein ihrer Grosse und Herrlichkeit wiirdig. Der Anfang der Gottesverehrung ist, an die Gotter gauben, dann ihre Majestat anerkennen, und ihre Giite, ohne -vvelche keine Majestat besteht: wissen, dass sie es sind, welche der Welt vorstehen, alles durch ihre Kraft lenken, fiir das menschliche Geschlecht sorgen, zuweilen auch fiir die Einzelnen. Sie geben und haben nichts Boses; iibrigens ziichtigen sie einige, und halten sie in Schranken, und verhiingen Strafo iiber sie, ja bisweilen strafen sie unter dem Sc h ein e einer Wohlthat 6 ).“ Daraus 1) Platon de Iogg. 10, p. 900 ff. — 2) Cicero da divin. 1, 51. — S) Cicero de legg. 2, 1 •— 4) Seneoa ep. 83, •— 5) Seneca bei Lactant. 6, 24.-6) Seneca de providentia. 3 sieht man, dass Seneka manche richtige Ansicht von der gottlichen Vorselmng und von dem Verkaltnisse des Mensclien zu Gott hatte; aber darin fehlte, dass er irrig den guten Menschen nur durch die Zeit von Gott unterschieden sein und die gottliche Vorseliung sich nur zutveilen aucli auf Einzelne erstrecken lasst; vas man wohl beim ersten Anblick als Irrthum erkennen kann. Sehr oft suchten die alten Pbilosoplien die Prage zu erortern, waram in diesem Leben die Tugend oft verkannt und verfolgt seufzen mtisse, wahrend das L as ter und die Ungerechtigkeit triumphire und im Gliicke schwelge? Platon lost die Prage so, dass er erklart, dass das zeitliche Gliiok oft kein -tvahres Gliick, dass die Leiden und Uebel dieser Erde oft ein Gliick, ein Mittel zur Tugend, und zur Priifung sind, und von der gottlichen Vorsehung aus Liebe zur Menschheit verhangt werden. „Allerdings werden Einige durch die Wakrnehmung, dass es schlechten Menschen oft gut ergeke oder doch zu ergehen scheine und dass sie von ihrer Schlechtigkeit oft den grossten Nutzen haben, zum Zweifel an die gottliche Vorsehung verleitet. Indess hat dieVorsehung alles zum Wohle des Ganzen angeordnet, und ein jeder Theil thut und leidet nacli Vermogen das ihm Gebiihrende. Der Theil aber ist wegen des Ganzen, und nicht das Ganze wegen des Theiles thatig. Sonach ware es die Spraehe der Selbstsucht, sich als Einzehvesen im Auge habend die Gotter anzuklagen. Es geschieht aber auch aus Kurzsichtigkeit. Denn es waltet ein gott- liches Geschick, dem Niemand entfliehen kann, er bette sich auch in die Tiefe der Erde oder fliege gen Himmel, ein Gerickt, wor- nach eine jede Seele bei ihren Wanderungen auf die ihrem jedesmaligen Charakter angemessene Stufe gesetzt wird. Auf ihren freien Willen kommt es an, ob sie zum Bessern kinauf, oder zum Schlechtern hinab geriickt werden soli. Die Tugend macht an und fur sich und abgesehen von allen Folgen gliicklich sowokl in diesem Leben, als auch jenseits. Das entgegengesetzte Verhaltniss findet beim Laster statt. Wenn ein Eechtschaffener auch in Armuth, in Krankheiten, oder sonst in ein anscheinendes Uebel fallt, so w i r d ihm solches, sei es bei Lebzeiten oder nach dem Tode, in etwas Gutes enden J ).“ Antisthenes sagt, es sei 1) Platon de Iegg. 10, 903 — 805. — D. vgl. 2. 24, 67. 422. 1, 381, 20, 21. 347. 6, 487. — Kep. 612. 10. — Gorg. 28, 30 — 35. — Odysse 4, 807. 6, 203. — Xenoph. Symp. 4, 47. Simplic. p. 400, l*- 4 in der Natur ein gottliclies Wesen, das den ganzen Inbe- griffder Dinge len k e. Sclion friiher behaupteten Pythagoras, Tbales und Anaiimenos, und spiiter die Stoiker Cleantbes, Chrysippus und Ženo, es werde von Ein e m Gotte allein die Welt regiert. Hermes, wegen soiner Kenntnisse vieler Wissensebaften der Dreimalgrosste genannt, dessen Lehre alter als die aller Philosopben ist, und der bei den Aegyptern gottlich verehrt wurde, preist die Majestat des einzigen Gottes mit dem erliabensten Lobe, und nennt ibn Herrn und Vater ] ). „Alles, was den Recht- scbaffenen begegnet,“ sagt S en ec a, „muss seme Earbe annebmen. Die Bosen schwelgen oft im Gliicke, di e Guten sind oft der Armutk, den Drangsalen preis gegeben; allein die Menschen und die Natur standen im Anfange im seligen Vereine. Der Mensch war ursprunglich gut und die Natur sclion. Der Menscli wurde aus freier Wahl bose, indem er freithatig von der urspriingliclien O r d - nung Gottes abficl. Die Unordnung ist nur eine Wir- kung des bosen Willens des Menschen. Darum sind die Ungliicksfalle und Leiden dieser Welt nur E r z i e k u n g s - mittel in der Hand der Vorsehung. Die Edeln trifft bei ali en Ungliicksfallen kein Uebel. Der Lasterhafte ist im Schoose des Gliickes nocli elend, der Tugendhafte und Weise in M i 11 e der A r m u t h und im G e d r a n g e der T r ii b s a 1 e gross und seli g. Die h obere Weltordnung gibt sich dadurcli kund, dass Gott seine Lieblinge durch Leiden priift, und sich selbe ahnlich zu machen sucht. Geduld im Ungliicke ist Sache des Edlern und Starkern. Widerwartigkeiten sind der Keim der Tugend und ein Zeichen des gottlich en Wohlwollens. Den guten Menschen hat Gott viel grossere, dauer- haftere und eigentlich wahre Giiter vorbehalten. Er erleuchtet sie mit hoherem Lichte, dass sie alle Gliicksgiiter als entbehr- lich ansehen, und sich stark fiihlen, alle Ungliicksfalle in Geduld zu ertragen. Gerade dadurcli erscheint die liebreiche gottliche Vorsehung in ihrer vollen Wiirde, dass sie denen, die die edelsten und besten Menschen werden sollen, durch Triibsal Gelegenlieit gibt, sich stark und gross gesinnt zu beweisen. Kommt das wahre Uebel nur durch die Freiheit der Menschen in die Welt, so ist 1) Cicero da rep. 1, 86 fin. 5 die Klage gegen die gottliche Vorsehung g e w i s s u n g e - reimt ').“ Schon im § 7 horten wir, dass alle alten heidnischen Volker den Ursprung des Bosen sammt den traurigen Folgen desselben aus dem Missbrauche der sittlichen Freiheit, aus dem Abfalle von Gott ableiteten. Der moraliscben Freiheit weicht selbst das Schicksal. Nur der muss als frei gelten, welcher kein Sclave einer Scliandthat, welcber keinen Leidenschafton unterworfen ist 1 2 ). Es ist ein altes Wort der Stoiker, dass nur der Weise frei sei, weil ihm allein zu Tbeil werde, dass er niclits gegen seinen Willen, niclits mit Widerwillen, nichts gezwungen tliue. Wer aber nicht in solcher Verfassung ist, kann niclit frei sein. Daber sind alle Schlechten alle Thoren und alle Leiden- schaftlichen Sclaven. Auch Horaz kennt die aeht sittliche Freiheit, die er so nachdriicklich empfiehlt, wo er vor der Tyrannei der Leiden- schaften warnet. „Ohnmachtig stiirzt das Schicksal auf den Freien liin 3 ).“ Uoberhaupt kennt Horaz nur den Einen Zeus als den Weltordner 4 ). Die Aussendinge beruhren des Menschen Geist keineswegs. Vielmehr bewegt er sich selbst ganz allein; er untenvirft sich alles, was ausser ihm ist und bleibt unbezwingbar, er bildet sich nach eigener Willkuhr. Der gebiethende Theil deines Wesens ist der, welcher sich selbst erweekt, leitet, bildet, wie er ist und sein mil, und jedem Ereignisse nach Willkuhr die Gestalt gibt. Das Vermogen, das angenehmste Leben zu ftihren, hat im Geiste seinen Grund, wenn dieser sich gegen gleiehgiiltige Dinge nur gleichgiiltig verkalt, eingedenk, dass die Dinge unser Urtheil von ihnen nicht bemrken. Das Urtheil tiber die Dinge steht in unserer Freiheit. Dem deukenden Theil des Wesens wird nichts mit Gewalt aufgedrungen, und es gibt keinen Kauber der sittlichen Freiheit. Welche Macht hat der Mensch, nichts zu thun, als was Gott selbst billigen wtirde und Alles aufzunehmen, was ihm Gott zutheilt. Dein Wille ist in allen Dingen von dir selbst abhangig 5 ). Mag das Schicksal noch so grossen Einfluss haben, so ist docli der Geist frei; daher wird die Handlung des Menschen, nicht seine Stellung beurtheilt. De n n vas ist das Schicksal, als vas Gott uber jede n von uns ausgesproehen hat? Da Gott unsere Anlage, unseren Charakter vorher wissen kann, so bestimmt er nach dem 1) Seneca de providentia 4. 6. ep. 119. 77. 113. 123. - vgl. Rom. 8, 28. - 39. — 2) Cie, paradox uit. 4. adHeren. •— 3) Horat. satyr. 2, 7. — 4) Horat. 1, Ode 12. 3. 4. — 5) Marc. Anton, de se ipso 5. 19. 11. 1. 6, 6, 8. 11, 10, 12, 36. 12, 11, 17. 5, 34. 6 Ver die n ste und de n Eigenscliaften auch die Gescbicke eines Jede n. Mit diesen Worten sucht Minucius Felix alle Zweifler an die gottliche Vorsehung zuriickzuweisen *). Das Schicksal, \vovon im Heidentkume so viel die Eede war, und sich vielfacli unriclitige Begriffe bildeten, ist nach Servius der aus- gesprochene Wille des Zeus 1 2 ). Audi nacb dem hi. Augustin bezeiehnet das Schicksal den Willen Gottes und dessen unbezwinglicke Mac lit; er beweist es aus Cleantbe’s Versen in Seneca’s 18. Briefe, wo es lieisst: „Fiihre mich h 6 ch s ter Vater und Bekerrscher des erliabenen Himmels, wokin es dir beliebt; icb zogere nicht, dir zu folgen; icb stehe bier bereit. Solite ich dir niclit gerne, so werde ich dir seufzend folgen. Das Schicksal fiihrt mich, wenn ichwill; es ziebt mich, wenn icb micli weigere 3 ).“ Euri- pides sagt: „Ich fand nicbts starker als die Nothivendigkeit; aber selbst Zeusvollbringt mit ibr, iv as er winkt 4 ).“ Der Wille des Zeus ist die gesetzte Ordnung und Bestimmung. Zeus ist nacb Chrysippus die Notkwendigkeit, welcho ewiges Natur - und Sitteugesetz ist und fiir die zukilnftigen Dinge unvergangliche Wahrbeit enthalt 5 ). Das Schicksal ist die ewige Ordnung der Dinge, eine sich selbst umscliliessende Kette, die alle bis in das Unendlicke aufeinander folgenden Dinge als eben so viele ineinander greifende Ringe in sich fasst 6 ). Diese Idee vom Schicksale bat Homer in der Ilias ’) in einem sckonen Bilde von der goldenen Kette dargestellt. Denn bier ist in der goldenen Kette jenes orientaliscke Bild, nacb welchem alle Dinge in einer goldenen Kette wie in einer goldenen Schnur zusammenhangen, deren Ende der liocliste Gott zusammenhalt, nicht zu verkennen. Homer, der alteste und weiseste unter den Dicbtern, legt mit Recht in den Mund des Zeus diese Worte: Der Menscb, der aus eigener Schuld elend ist, klagt doch immer uns Gotter an, als ob wir die Urbeber seiiies Elendes waren, da docli die Menscben sich durch eigene Vergeliungen, ohne dass das Verhangniss daran Antbeil hat, ikre Leiden zuziehen 8 ). Auf diese Stelle der Odyssee spielt auch Platon an: # Icb glaube, dass die Menscben mit Unrecbt die Gotter bescbuldigen, durch die Behauptung, das Elend kame ihnen durch siezu; im Gegentbeil, sie selber scbaflfen, 1) Minuc.Fel. c. 36, 2. — 2) Servius ad Aen. 12, 808.10, 628. — 3) Augustin. de eiv. D. 5, 1. — 4) Eurip. Alcest. V. 952 - 962. — 5) Cio. de N. D. 1, 15. — 6) Aul. Geli. 6, 2. — 7) Ilias 8. 19 - 25. — 8) Aul. Gel. 6, 2. vgl. Hom. Od. 1, 34. 7 soli ich sagen durch Unverstand oder durch Unvernunft, auch gegen das Gescliick sich Elend '). Die griechische Weltansckauung verwandelte die Sckicksalsgbttinen in Tocliter des Zeus, die dem Apollo selbst als ihrem Chorfiihrer gehorchen, und A trop o s selbst tritt als Verwahrerin unaban- derlielier Scbicksalsbescbltisse mit der Nemesis in Verbindung, und indem sie ihren Fuss auf das Rad derselben aufsetzt, gibt sie sich als die treue V e r w a 11 e r i n e i n e r h o h e r n W e 11 o r d n u n g kund, der zu Folge das Schicksal eines Menschen nicht blos ein Geschenk der Tyche, sondern auch ein Ergebniss des menschlichen C h a - r akt er s ist, wobei nicht bloss das Verdienst des Einzelnen, sondern der Geist, der in ganzen Geschlechtern lebt, in Frage kommt. Ganze Familien treten der Nemesis wie ein einziges Individuum entgegen. W e r derAbhangigkeit vergisst, und die Grenzen der Demuth iib er s c h r ei te t, wird zuerst daran erinnert, dann aber, wenn soleh e Fingerzeige nutzlos bleiben, auch wohl mit tragischem Missgeschicke heimgesucht und erniedrigt. Da die Alten den Begriff vom "VValten der Moiren sehr tiefsinnig und feingegliedert zur Darstellung gebracht liaben, so kommt viel darauf an, ihn nicht bloss im Ganzen richtig zu erfassen, sondern auch im Einzelnen griindlich zu verstehen. In der Pindarischen Darstellung erscheinen die Moiren als freigeborne T 6 c h t e r der T h e m i s, der Gottin des weisen Gesetzes. Die L i e b e aber bildet den unsichtbaren Mittelpunkt, um den die Horen, Moiren, Chariten, Metis, Themis und Euijnome kreisen. Ihr Leben durch und durch sittlich hat einen so gesetzmassigen, keiner Storung zuganglichen Verlauf, dass wir es uns nur durch den Spharentanz vergegemvartigen konnen. So erhalt die Idee des Schicksals erst den wahren Gelialt in der Personlichkeit des Vaters der Gotter und Menschen, dem alle iibrigen Gotter unterworfen sind, die seinen Willen und seine Ausspriiche nur vollziehen. Darum \verden Zeus und die Moiren beisammen erwaknt 2 ). Die irrige Auffassung des Schicksals ist vom satyrischen Lucian mit aller Scharfe des Witzes in seinem iiberwiesenen Zeus, auf den ich nur himveisen wi!l, verspottet. Herodot, der r e 1 i g i o s e Geschicht- sclireiber, sclieute sich nicht die Selbstrechtfertigung des Apollo, dass dem Schicksal auch ein Gott nicht entgehen konne , aufzunehmen , da es dem Ciosus verhiingt war, die Sckuld des Gyges im fiinften Gliede zu 1) Plat. Alcib. II. c. 5, 142 D. — 2) Emil Braun griech. Gotterlehre, § 288. - 381. 8 biissen, weil Crosus den Orakelspruch eigenmachtig und selbstsiiclitig aus- gelegt hat '). Apollo iibernimmt von der Themis das Orakel, damit er der Prophet seincs Vaters Zens, boi dom der Wcltrath ist, werde a ). Darum lieisst Zeus der Fiibrer der M o ir e n, weil er Alles weiss, was sie den Menschen gcben, und was diesen nicbt bestimmt ist s ). Dessbalb sind aucli auf Zeus Haupt die H o r e n und M o i r e n an einer Statue angebracht, weil bekanntlich das Schicksal und die Jalireszeiten vom Zeus angeordnet werden 4 ). Audi Cicero \vill keine zivingende Nothwendigkeit des Schicksals anerkennen und vertheidigt die Willensfreiheitgegen den stoischenSchicksalsglau- ben, indem er die F r e i h e i t unserer Entsohliisse in der Natur unseres Willens fin det 5 ). Den Hauptgrund jedoch fiir die Freiheit findet er in der sittlichen Nothigung dazu, w e i 1 o h ne selbe bei jeder Handlung Lob und Ta d el, Strafe und Belolmung als ungerecht und unverniinftig erschei- n e n wiirden 6 ). Somit kannte die Eeligion der Heiden im Allgemeinen zwischen Schicksal und Freiheit des Willens keine n Gegensatz. Denn der Grund der Gerechtigkeit ist fest, die Waffe reicht ihr das Schicksal als Zeugschmied, und das Schicksal hebt die Schuld der Menschen nicht auf. Was geschieht den Sterblichen o h ne Zeus, was trifft sie oh n e gottlich e Fugung? 1 11 ) Darum ruft der Chor die miichtigen Moiren an, da sie k r a f t des Zeus vollenden, wie es das Recht mit sich bringt 8 ). Denn Zeus ordnet das Schicksal nach ewigem Gesetze 9 ). Was verhangt ist, soli geschelien; des Zeus unendlichem Willen kann Niemand widerstelien. Sei getrost, mein Kind, noch ist im Himmel der grosse Zeus, der Alles sieht und regiert I0 ). Somit ist das Schicksal die vom Zeus festgesetzte, vom Apollo, dem Propheten des Zeus in seinem Orakel verkiindete gottlich e Weltordnung, \velche die gottbegeisterte Pjthia vorherverkiindet. Als oberster Schiedsrichter ergreift daher Zeus in der Schlacht der Achaervor Troja die goldene Waage und legt zivei Todesparzen hinein, die der Achaer und die der Trojan er. Unter Donner und Blitz wird das Sinken der ersten verkundet und die Griechen iverden geschlagen 1 '). Zeus 1) Herodot. 1, 91. — 2) Plutarch de Orač. def. 21. — 3) Paus. Ele 5, 17. — 4) Paus. 1,40. * 5) Cie. de fato c. 5. — G) 1. c. cap. 17 ff.— 7) Aeschyl. Coeph. v. 641, 902. Agamem. 1485. — 8) 1. c. suppl. 676. — 9) 1. c. v. 1051. — 10) Sophocl. Electra v. 173. — 11) II. 8, 69. 9 vertheilt auch das GHick den Menscben, den Guten und Bosen einem jeglicken nach soinem Gefallon. Gotter verhangen dem Menschen den Untergang'). Zwei Fasser stelicn im Hause des Zeus, das eine mit Ileil, das andere mit Wehe gefullt. Dem einen gibt er gemischt aus beiden, dem andern nur Uebel 1 2 ). Besonders aber zeigen die alte n Tragik er sehr anschaulich, wie der freie Mensch in thorichter Verblendung voli Selbstvertrauen und Selbstsucht das Mass und den schmalen Weg der Tugend und Frommigkeit frevelhaft iibersckreitet und dadurch sich selbst sein Verhangniss herausfordert. Einem solchen stolzen Gottesvergessenen, einem solchen siindhaften Uebermutho ziirnen die Gotter; und auf jeder Scbuld lastet der alte Finch, bis sie im dritten und vierten Gliede getilgt ist. So zeigt uns die alte Tragodie die Faden des Weltlaufes und das "VValten der ewigen Vorsehung, so wie die Grosse und Kleinheit des Menschen, seine sittliche Freiheit und Knechtschaft unter der Leiden- schaft, und seine Starke wie seine Sclnvache in grossen Ztigen. Das Uebermass unsers Schmerzes kann in der Tragodie allein versohnt und gemildert werden durch die Ueberzeugung, dass eine sittliche Weltordnung das ausgleichende Verhaltniss z w i s c h e n Schuld und Strafe, zvrischen den Leiden des Unglucklichen und seinen Anspriichen an Gluckseligkeit wieder herstelle. Indem nun durch die tragisclie Poesie das W a 11 e n einer solchen W e 11 - ordnung vrirklich reflectirt wird, darf man mit Recht sagen , dass sie das Mitleid, welches sie errege, eben dadurch, dass sie es errege, auch reinige 3 ). Besonders wirft in den Trauerspielen des riesigen Aeschylos die r a c k e n d e Gottheit allen mensch lic h en Uebermuth in den Staub und richtet und ziichtiget jedes Vergehen mit strengem Eichtmasse und alle S tu c k e d u r c h d r i n g t i n n i g e F r 6 m m i g k e i t u n d E h r f u r c h t vor dem Walteu der Gotter. Bedeutungsvoll ruft Ocean dem Prometheus die Worte ins Herz: „Erkenne deiner Krafte Mass und stimmo dich weislich und besckeiden zu neuen Sitten herab: ein neuer Herrsclier waltet imOlvmp. Dein Loos ist der stolzen Zunge Lohn! Du solist nicht gegen den Stachel lecken, wold erwagcnd, dass Kronion unbeschrankt und strenge herrscht 4 ).“ Prometheus w i r d zuletzt durch den Aus g ang belehrt, wie Alle s vor 1) Odyss. 5, 188. 8, 579. 2) II. 24, 527. — 3) Enk Melpomene S. 97. — 4) Aesehyl. Prometh. vinct. v. 307. 316. - 323. 10 dem allmachtigenZeus sicli demiithigen muss; ja er bekennt offenherzig seme Schuld: Ich fehlte w i s s e n d, w i s s e n d, icli laugne es nicht. Doch wahnte ich nicht, dass mich solclie Strafe martern wiirde '). Wer sein Ungliick selbst d ur c h Ueber- mnth beschleunigt, dem bilft ein Damon zum Verderben. Kein Gottersprucb bleibt halb erfiillt. Darum dulden die Perser fiir ihre Gottlosigk eit, fiir iliren Uebermuth, indem sie in Hellas die Tempel zerstorten, solches Elend. Leichenhaufen werden spraclilos einst den Augen spater Enkel die Lelire geben: Sterblichen ziemenimmer Stolz und Uebermuth. Die Aehre, die aus des Stolzen Blute reift, bringt Jammer, und die Ernte ist thranenvoll. Der stolzen Men- schon Trotz straft Zeus und fordert strenge Bechenschaft 1 2 ). Was soli ich erst vom frommen Sophocles sagen, der die Strafe des iiber- miithigen und oft gottlosen Ajas so furchtbar darstellt? mit seinem Blute wollte der Held zuletzt seine Schuld abvvaschen. „Entweder schones Leben „oder schoner Tod ziemt dem Edeln. Ich gehe zum Bade am Ufer, „von Befleckung mich zu reinigen, und der Gottin (Pallas) schweren „Zorn zu siilinen. Kiinftig will ich mich den Gottern fugen, und iveiser „Massigung mich befleissen 3 ).“ Scheidet aber Ajas mit dem bittersten Holm auf die Tugend und mit dem Hasse gegen seine Gegner, und mordet er sich oline Reue, ohne Siiline, wie einige wollen, so ist die Strafe desto grosser, obwohl wir dann das Schlussurtheil der Tragodie nicht begreifen, dass kein besserer und grosserer Mann, als Ajas war 4 ). Auch in P h i 1 o c t e t weist Neoptolemos auf dieWaltung eines gottlichen Schicksales liin, dessen ausserordentliche Organe Philoctet- und Odysseus seien, um den Triumph der hohern W el tor d nun g zu feiern. Von Heracles endlich bestimmt, un- terwirft sich nach hartem Kampfe mit den bittersten Leiden Philoctet dem gottlichen Willen. Ergreifend lehrt Sophocles auch das Walten der hohern Weltordnung im Konig Oedipus, wann Jocasta, rvelche sophistisch alle Weissagung verspottet, selbst die Aufhellung von der Erfulluug des Orakelspruches zu ihrem grossten Ungliicke erfahrt und sich aus Yerzweiflung erhenkt. Der frtiher auf die Losung des Rathsels der S p h i n x so s t o 1 z e Oedipus blendet sich selbst und tvandert ins Elend und biisst so des Lajos Siinde, indem er sich selbst ein Rathsel blieb bis zum Tode, wodurck er ver- 1) 1. c. v. 508 516 ff. 265 £f. —2) 1. c. Pers. v. 685 ff. vgl. Agamem. v. 767. — 3) Sophocl. Ajax v. 760. 479. 654. 675. — 4) 1. c. 1415. 11 klart wurde. Diese Verklarung stellt Sophocles im Oedipus auf Colonos meisterhaft dar. So wurde der Orakelspruch erfiillt, dass Oedi¬ pus in Colonos nach langer Wanderung die letzte Ruhestatte und Herberg am Sitze der strengen Gotter finden und seine Leiden beenden werde T ). Die Verherrlichung der hohern "VVeltregierung zeigt aucli Aeschylos in den S i e b e n g e g e n T h e b e n, wo der Cbor fast durchgehends die Macbt, Huld und Gnade der Gotter feiert, und um die gottliclie Hilfe fleht, und so hauptsaclilich lelirt, dass die Notb beten lehrt, wie Aeschylos sich abnlich in den Persern ausspricht: ffer vorher a n den Gotter n zweifelte, der fleht nun gebeugt die Er d e und den Hi mm el an ’). In allen tragischen Geschicken bewahrt sicb Zeus und w a 11 e t die g o 11 - licbe Vorsebung s ). Docli die Grosste aller Tragodien ist die Weltgescbicbte, in der sicb ewig neu das Ge- setz der gottlicben Vorsebung offenbart. Der tief religiose Glaube an dieses hohere Walten in der Gescliichte der Menscbbeit bildet in dem Gescbicbtswerke des Herodot den Kern und Mittel- punkt des Ganzen. Die h obere sittliche Or dnu n g er- scheint ib m im Bestreben, das vom Anfang an gesetzte Mass aller Dinge und dere n ewige Ordnung zu er bal ten, als die Gerecbtigkeit, die Alles im Gleicligewicbte er h alt, Jedem das Seine zuweist und Jedem innerhalb der gesetzten Schranken und Gre n zen h a 11; und so wird die Gottheit zur Nemesis, zur Verwalterin der sittlicben Weltordnung, deren Gesetze sie handhabt, den libermiitbigen Frevler, der sich iiber diese Ordnung zu erheben wagt, strafend, und den Schwachen, aber Gerecbten und Massigen scbiitzend. Die ganze Geschichte des Kampfes der H e 11 e n e n mit den Persern erscheint als eine wahre Ofienbarung dieser hohern W e 11- ordnung, die als strafende Nemesis friiher oder spater iiberall eingreift, und den im frechen Uebermutlie und Eigendiinkel sich iiber die irdischen Schranken erhebenden Menschen verfolgt xrnd dann mit einem Scblage zu Boden wirft 4 ). Thucydides, Anaxagora’s Schiller, iiber die Volksreligion sich erhebend, spricht durcb den Mund eines Atheners: 1) Sophocl. Oedip. Colon. v. 85 ff. — 2) Aeschyl. Pers. v. 487 - 499. — 3) Sophocl. Trachin. v. 1278. •— 4) Herodot. 1, 32. 3, 40. 7, 10. 8, 13. vgl. Pauly Realencyclopadie III. B. S 1248. 12 „Man soli nicht so leicht die menschlichen Hilfsmittel fahren lasseu, und wenn man dann im Gedrange sei, zur Wahrsagerei und zu Orakel spruchen u. dgl. seine Zuflucht nehmen. Aucli wir glauben, d as s dio Gun st der Gotter uns nicht ganz verlassen werde; wir sind iiberzeugt, dass, wie Gott bloss nach freiem Ermessen, so dieMensoben iiberall nach einer Nothwen- digkeit entscheiden. So fiirehten wir yon Seiten der Gotter aus gutem Grunde nicht in Nachtheil gesetzt zu werden I ). “ Derselbe ernste Geschichtschreiber erzahlt mit sichtbarer Entriistung, dass zur Zeit der furchtbaren Seuche in Athen die Menschen aus Verzweiflung alles Gbtt- liclie und Menschliche ohne Unterschied gering sclnitzten und alle Greuel ungescheut wagten, indem sie sich einen schnellen Genuss ihrer Giiter verschaffen \vollten. Denn Niemand hatte Lust ftir das Gute und Edle ein Opfer zu bringen. Keine Furcht vor den Gottern gab eine Schranke. In diesem Jammer dachten dio altern Personen der alten Weissagung, dass des dorischen Krieges Gefahrtin die Pest sein werde. Man erinnerte sich auch jener Weissagung, welche denSpartanern im Kriege gottliche Hilfe versprach, die ihnen auch zuTheil g e w or den, da die Pest bei dem Einfalle der Peloponesier ausbrach, aber im Pelopones die Krankheit gar nicht herrschte 2 ). Auch herrscht im Gebete des A r c h i d a m o s an die Gotter und Heroen der Gedanke vor, dass die Hellenen durch gottliche Hilfe den Sieg uber die Perser e r h alten haben; und dass die P1 a- t a e r f u r ihre Bundesbriichigkeit durch gottliche Hilfe bestraft werden sollen 3 ). Jede gottliche Handlung, besonders wenn ruchlose Menschen sich an Heiligthiimer vergriffen, Altaro und Tem pel entweihten, enveckt den Umvillen des Geschichtschreibers; „so weit ging die Grausamkeit,“ sagt er, in dem Aerger iiber die Frevelthaten. Auch beklagte er es, dass die Eidschwure gebrochen \viirden , wenn grossere Macht zu Gebote stiinde 4 ). Wenn unser Kriegs- zug, sagtNicias, irgend einer Gottheit Ungunst erregt hat, so sind wir bereits genug dafilr gezticlitigt; nun diirfen wir mit Grund hoifen, von den Gottern eine mildere Beliandlung zu erhalten, da wir jetzt mehr ihr Mitleid,.als ihre Missgunst verdienen 5 ). Diogenos von Laerte sagt vom kindlich frommen Xenophon: Er war fromm und opferte gern und war ganz das Abbild des Sokrates. Und eben nach lenophon 1) Thucyd. 5, 103 - 106. — 2) 1. c. 2, 52 - 55. vgl. 1 , 118. — 3) 1. o. 2, 74. — 4) 1. c. 3, 81. 82. — 5) 1. o. 7, 77. vgl. 4, 92 fin. 1, 13 fin. 13 liandelte und redete Sokrates in Bezug auf die Gotter so, ude es die Pythia bestimmte. Im Gebete flebte er die Gotter schlecbtweg um Gutes an, umil die Gotter am besten wissen, was in jedem Falle gut sei. Es ware der Gotter unwiirdig, wenn sie an grossen Opfern mebr Woblgefallen liatten, als an kleinen; sonst mtissten ibnen oft die Gaben der Ruchlosen angenehmer sein als die der Tugendhaften. Nur die Gottesfurckt sei der Massstab des gottlichen Woblgefallens. Wo er den Rath der Gotter yor sicli batte, beriicksicktigte er das Menschlicbe nicbt mebr. Griindlich tiberzeugt er die Ereigeister und Religionsspotter vom Dasein Gottes und von der g o 11- lielien Vorsebung 1 ). Die Gotter gaben den Menschen die Gesetze. Denn in der ganzen Welt gilt es ftir das erste Gesetz, dass man die Gotter v e r e h r e. Wer ein von Gott gegebenes Gesetz tibertritt, der muss Strafe leiden, welcber sich ein M en sc h durcbaus nicbt ent- zielien kann ! ). Ftir den Urheber der Gesetzgebung erklart aucb Platon Gott selbst s ). Als Apologet der gottlichen Vorsebung in der Geschicbte tritt aucb D i o n y s von Halicarnas gegen die Frei- geister seiner Zeit auf, die alle Erscbeinungen der Gotter verspotte- ten, als bektimmere sicb keine Gottheit um irgend einen Sterblichen. „Wer aber die Gotter von der Sorgfalt ftir die Menschen nicbt lossagt, sondern wie er dieses aus vielen Geschichten erseben, sie den Guten gewogen und den Bosen abgeneigt glaubt, udrd auch solebe Ofienba- rungen nicht unglaublich finden * 4 ). “ A r r i a n behauptet offen, er babe Alexander den Grossen nicbt ohne gottlichen Antrieb zu sebildern unternommen; er schliesst aus der Grosse des Reicbes und den Thaten Alexanders, dass dieser nicht obne gottlicbe Ftigung geboren sei; dann erudihnt er aucb der gottlichen Hilfe und der Gotterzeichen 5 ). Aucb Diod or us behauptet, Alexanders wunderbar gerettete Soldaten baben den plotzlichen Regen in der wasserlosen Wtiste der gottlichen Vorsehung zugeschrieben; und Homer habe in Aegypten aus der Priesterlehre die Ansicht gescbopft, dass die seligen Gotter in Gestalt wandernder Fremd- linge oft Land er und Stadte durchziehen, um der Sterb- 1) Xenophon Mem. 1. 3 , 2- 5. 4 - 4, 3. 7 — 2) 1. c. 4, 4. —• 3) Plato de legg. 1, 1. vgl. Diodor Sic. 1, 94. Clemeus Alex. Strom. 1. 25. 26. — 4) Dionys Halicarnass 2 , 68. — 5) Arrian expedit. Alex. M. 7 ? 30 fin. 3, 3. 14 lic h en Frevel sowohl als Frommigkeit zu s eh en '). Das Werk des Pausanias (grosstentheils eine Kunstgeschicbte) durchdringt eine Art Mystik, mit der er die alten, wunderbaren Mythen auffasst. Die Kunstwerke deuten einen fiir die Kunst nicht fassbaren gottlicben Inhalt an. „Denn die weisesten der Grieehen trugen nicbt in Worten, sondern in Ratliseln ihre Gedanken yor.“ Darum erbliekt er die gott- liche Vorsebung in der Bestrafung gottloserHandlungen und Frevel gegen heiligeKunstwerke, und tadelt beson- ders die Homer wegen ibrer gottlosen Kunstpliinderung 1 2 ). Beim L i vi us offenbart sich iiberall die liber die Geschichte schwebendeGottbeit. Er bekennt den Freigeistern gegeniiber sich ausdriicklick zur h ob er n und religiosenWeltanschauung. „Ich weiss wobl,“ sagt er, „dass aus derselben Acbtlosigkeit, ivomit man jetzt insgemein annimmt, die Gotter deuteten nichts zum Voraus an, auch keine Schreckzeichen uberbaupt mebr offentlich bericbtet werden. M i c h aber h alt eine gewisse fromme Scheu zuriick, das w a s jene hoebst verstandigen Manner fiir einen Gegenstand der offentlicben Beachtung ansahen, der Aufnahme in meine Jabrbiicber unwertb zu finden.“ Aucb leitet er alles Ungliick des Pyrrhus von dessen Tempelraube her. Daber sagt er: „Durck das Ungliick belelirt, dass es Gotter gebe, stellte Pyrrhus das geraubte Geld zuriick, und doch starb er in Argi eines unruhmlichen Todes.“ Ebenso erzahlt er die Bestrafung des gottlosen Plemius weitlaufig 3 ). Der von den Kirchenlehrern oft gepriesene Sallustius tadelt den irreligiosen Sinn seiner Zeit nachdriicklich. „Kraftiges Mit- „wirken, sagt er, verlangen die Gotter, gedankenloser Tragheit belfen „sie nicht, vielmebr ziirnen sie dariiber. Fest bin icb von der „Wahrheit iiberzeugt, dass iiber alle Sterblicben eine ^gottlicbe Vorsehung walte. Bitte, o Časar, die Gotter, dass „sie alle deine Massregeln dir und dem Staate zum Segen gedeiben „lassen mogen 4 ).“ Dio Cassius erklart, dass er durch gottlicbe Mahnung angetrieben, sein Geschichtswerk gescbrieben babe und erkennt den grossen Umscbwiing im romiscben Reiche durch die Scblacbt bei Pbilippi als ein besonderes Werk der gottlicben Vorsebung, welche das Heil der 1 ) Diodor Sio. 17, 49. 1, 12 fln. vgl. Plutareh. Alex. M.—2) Pauaaniaa 8, 8. 9, 27. 33. 4.— SJLivius 43, 13, 29, 18. — 4) Salust. Catilina 9, 12, 52. Ep. I. ad Caesarem 12, 13 fin. 15 Menschheit beabsichtigte 1 ). Der sehr fromme Valerius M a x i m u s hebt im crsten Bucbe seiner Gescbichte besonders die gottliche Einwirkung auf die menschlichen Angelegen- heiten heraus, und weist naeli, wie die Prommen belohnt und die Gottlosen bestraft wurden 2 ). Justin stellt eben- falls in seiner Geschichte die Bestrafung der Gottlosen als einen Beweis der gdttlicben Vorsehung auf 3 ). Auch Polybius erkennt die Offenbarung einer hohern liber dem menschlichen Treiben walt en d en M a ch t an, die er Tyche nennt, welche ihre Plane durch solche Manner ausfiihrt, die i h r e r G u n s t w ti r d i g s i n d. Darum handelt Scipio Africanus der Aeltere auf gottliche Eingebung. Oefters deutet Polybius auf das Eingreifen dieser hohern Macht in die Gescliichtsereignisse hin 4 ). Cornelius Nepos lasst den edleri T i m o 1 e o n den Gottern herzlichst danken, dass sie ihn zur Wiederherstellung Siziliens als Organ gebraucht haben. Denn nach seiner festen Ueberzeugung ge s ch eh e im menschlichen Leben n i c h t s ohne gottlichen Willen und Einfluss. Daher habe Timoleon seine Hauskapelle der gottlichen Vorsehung sehr heilig g eh alt e n. Die religiose Weltanschauung des Cornelius Tacit us wurde vielfach verkannt. Doch spricht er iiberall den Glauben an die gott¬ liche Vorsehung aus. „Nie h at graue nvoli er e s Elend des „romischen Volkes, nie haben so untriigliche Merkmale „dargethan, dass die Gotter nicht unsere Wohlfahrt ,sondern Eache nehmen wollen.“ Oft ist bei ihm vom Zorn und der Ungunst der Gotter die Eede 5 ). Seit Marius und Sulla laste der Gotter Ungunst auf den frevelhaften Eomern, ivelche nicht nur mit Elend iiberhauft, sondern auch zur Strafe in noch unerklar- liche Laster fielen. Es ist eine erhabene, asthetische Idee, die das unendliche Elend und die r ath selh af t e Ent a r tung einer unmenschlichen Zeit unter einem hohern, uberirdischen G e s i c h t s p u n k t stellt, und die Eomer um so tiefer ergreifen musste, da sie sich fur das von den Gottern begtinstigte Volk zu halten pflegten. Gleicher Zorn der Gotter, gleiche Easerei der Mensehen, 1) Dio Cas. 47, 39. — 2) Valerius M. lib. I. — 3) Justin 1, 9. 2, 9. 10, 12. 8, 1. 9, 6. 20, 5. 24, 8. 30, 2. 36, 2. — 4) Folyb. 4, 2. 8, 4. 15, 20. 10, 5. 48, 9. 1, 55. 70, 80. 2, 35. 0, 56. 16, 12.— 5) 1. c. liist. 1, 3. fln. annal. 14, 5. 16, 13. bist. 4, 78. 16 gleiche Veranlassung zu Freveln trieben die Heere zur Zwietracht an '). Voli Discretion stellt Taci tu s wie zum Troste oft neben die Esrevel Tugendmuster, um nachzuweisen, dass die Gotter eine Art Ausgleichung erscheinen lassen. So stellt er ein Beispiel der wahren Treue der Verratherei gegeniiber mit dem Beisatze: Diess gescbab, weil in Bezug auf gute und bose Thaten eine gerechte Ausgleichung der Gotter statt fin det 2 ). Zosimus leitet den Sturz des romisehen Reiches aus der Vernachlassigung der Religion ab s ). ,W.enn die Gotter sicb nicht um die Menscben kiimmern, w e n n sie in Bezug auf unser Tliun gleichgiiltig sind, wozu unsere Huldi- gungen, unsere Anbethungen und Gebete 4 )?“ Denn die Ausiibung der Religion ist nutzlos und ohne Wirkung, w e n n Gott das Menschengeschlecht vernachlassiget 5 ). Weil Epicur die Gotter weder hilfreich noch gnadig sein lasst, so hat er die Religion mit der Wurzel aus- gerissen, und ist dar um gottlos. Posidonius er ki art also den Epicur mitRecht als ein en Gotteslaugner 6 ). Aristo- p ban e s geisselt jede Opposition gegen das religiiise Volksbewusstsein, am meisten in den „Wolken a , wo er die Freigeister seiner Zeit vor Augen hatte ’). Die Geschichte erzahlt daher, dass Anasagoras, Protagoras, Diagoras und Theodoros u. a. m. wegen irreligioser Ansicbten und Lehren verfolgt und verabscheuet wurden, vvie es auck die beiligen Vater den Heiden selbst vorwarfen, dass sie alle besseren Philosophen, welche den Polytheismus und heidnischen Aberglauben nicht anerkennen wollten, entweder des Landes verwiesen oder todteten 9 ). Die Siindfluth. § 15 . Das auffallendste Ereigniss, das alle Volker als gottliches Straf- gericht anerkannten, wie es so viele Zeugnisse darthun, ist die Siind- 1) Dr. Otto S. 22. Tacitus 6 ersten Bticher zu Scliul- und Privatgebrauch. — 2) Annal. 16, 33. Die gewohnliclie Uebersetzung dieser Stelle widerspricbt der religiosen Weltan- schauung des Tacitus. Scbon Houssaie iibersetzte sie so: Effet notable de la justiee des Dieux, qui dounerent en mene tems un exemple de perfidie et de fidelitb. — 3) Zosim. 4; 47. — 4) Cie. de N. D. 1, 41. — 5) Augustin. de utilit. ored. — 6) Cie. de N. D. ij 41 - 43. •— 7) Aristophan. Nub. v. 251. 394 - 410. 617. 804. *— 8) Diog. La6rt. 1, 3. 9, 50, 52, 53, 56. Plut. Perici. 4, 32. Atbenaus 8,13. Aul. Gel. 5, 3. Sext. Emp. adv. Math. 9. 56, Aristoph. Nub. v, 830, Diodor. Sie. 13» 6. — 9) Clemens. Alex. Cobort. ad Gentes, 17 fluth. S eh on in den Bruchstiicken des Berosus lesen wir, dass Kronos dem Xisutros, dem zehnten Konige in Chaldaa, ankilndete, e in e grosse Fluth rverde das M en schen ge scb1 echt am 15. Tage des 2. Monates w e g e n seiner Bosheit u n d Siinde v e r- tilgen. Er solle also zu s einer Rettung ein S cbiff b anen, in dasselbe seine Familie und seineFreunde n eh m eni zuvor aber eine scbriftHche Nachricht von allen Ereignissen fiir die Nackwe,lt darin niederlegen. Nachdem die Wasserfluth sich verlaufen, liess Xisutros einen Eaben und eine Taube ausfliegen, zuriickgekehrt batten-sie Schlamm an den Fiissen und blieben erst zum dritten Male aus. Xisutros scbloss daraus, dass der Erdboden trocken sei, machte eine Oeffnung zwischen den Brettern des Kastens, und da er merkte, dass sich derselbe auf einen Berg gesetzt hatte, so gin g er mit seinem Weibe, seinen Tochtern und dem Steuermanne aus dem Šchiffe. Nachdem er die Erde angi betet, einen A11 a r aufgerichtet und den Gottern geopfert hatte, versclnvand er '). Apollodorus schrieb 140 v. Chr. von der Siindfluth Folgendes : Deukalion, der Solin des Prometheus und der Pandora hat den Gotterentschluss, die Welt zu verderben, wegen seiner und seiner Frauen Frommi g keit erfahren, und auf den Rath des Prometheus einen Kasten gezimmert, und mit den notliigenLebensbedtirfnissen beladen. Dann sei er mit Pyrrha hineingestiegen. Nun habe Zeus Regen in Menge vom Himmel gegossen und den grdssten Theil von Hellas tih ers c h w e m m t, so dass alleMensehen umkamen, mit Ausnahme \veniger, die auf die nachsten Hoch- gebirge geflohen varen. Deukalion aber trieb in seinem Kasten neun Tage und Nachte hindurch auf diesem Meere umher, landete endličh auf dem Parnass, stieg hier nach dem Aufhoren des Platzregens aus und opferte dem Fluchtbeforderer Zeus 2 ). O vi d erzahlt von derselben Fluth ebenfalls, dass Zeus das frevel- hafte Menschengeschleclit durch die Fluth habe zu vertil- gen beschlossen, indem er einen Platzregen vom Himmel geseudet. Die Regenschauer seien dicht vom Aether gefallen. Offener See sei Alles gewesen, und Alles habe sonder Gestade aufgefluthet. Nur Deukalion und seine Frau Pyrrha haben sich auf den Parnass gerettet. 1) Syncellus, Chronograph. p. 30. 31. Euseb. praep. Ev. i, 9 ? 12. Josepbns Flav, contra Apion, i, pag. 1041, — 2) Apollodor, biblioth, Myth, 1 ? 1 2, VI, Programm, % 19 Feuer und F1 u t h n i c h t u n t e r g e g a n g e n. Wenn er aber behauptet, dass, wenn G o 11 die ErdemitFluthen r e i n i g e n w o 11 e , n u r die Gebirgsbewohner dem Untergange entgehen, so widerlegt ihn Tertullian dadurch, dass er auf die zu seiner Zeit noeli aufgefuadenen zweischaligen und gewundenen S e e m u s c h e 1 n auf de n hochsten Bergen hinweist, wo sie nur als Fremdlinge gleichsam als Beweise dienen, dass a u cii die hochsten Berge unter de n Fluthen waren r ). Plato findet die Sage von der Siindfluth, vodurch die Menschen ver n ic h tet w o r d e n, so dass nur ein geringer Theil des Menschengeschlechtes libri g ge- b 1 i e b e n, sehr glaubwiirdig. Auch O v i d envahnt der Seemuscheln auf d en hochsten G e bi r gen und fern vom Gestade Anker auf denselben 2 ). Apulejus erklart die auf d en Bergen in Mitte Getulien’s aufgefundenen versteinerten Fische fiir Ueberbleibsel der deukalionischen Fluth 3 ). Auch nach Pomponius Mela sollen in Numidien, weit vom Gestade den Felsen eingewachsene Anker gefunden ■vverden 4 ). Arrian sagt: Im Tempel der phasianischen Gottin wurden alteTrtimmer eines inFelsen gleichsam einge\vachsenen Ankers aufbewahrt 5 ). Wie nach Platon die agyptischen Priester die Geschiclite von der Fluth erhalten zu haben vorgeben, weil bei ihnen alles aufgeschrieben und von Alters 'her in den Tempeln aufbewahrt worden se_i, so liat nach Manetho Agathodemon So.hn des zweiten Hermes und Vater des Taut nach der Sundfluth die Biicher zu Heliopolis nach den Inschriften der Denk- saulen, die der erste Hermes in Serias errichtet hatte, ubersetzt und verfertigt 6 ). Nach der Sundfluth . erfand der gottliche Taautos die heiligten Zeichen der Buchstaben, wie Sanchuniaton meldet. Auch ist es zu beachten, dass die Mythologie aller Volker einen Erneuerer des Menschengeschlechtes kennt und ihn gern als, ersten Menschen bezeichnet, um an diesen die Geschichte der Volker anzukniipfen. Auch die Chronologie der Volker stimmt mit der heil. Schrift grosstentheils ube.rein. So setžten die Aegypter die Sundfluth 666 Jahr vor Menes, der 2781 v. Chr. re- gierte; also ereignete sich die Fluth 3147 v. Chr., was mit der 1) Plato Tim. 22. vgl. Justin 2, 1. Tertulian in pall. 2. — 2) Ovld. met. 45, 262. vgl. Pansan. i, 4. 5. •—• 3) Apul. de Magia 41, p. 534. —~ Pomp. M. 1,6. — 5) Arrian. perip. 9. *—- 6) Syncell. p, 40. P. vgl. Jos. Archelog. 2 * 18 Nachdem sich das Meer endlich gelegt, seien die Berggipfel erschicnen. Deu k ali o n babe nun Alles leer und voli Todesstille geseben, und mit perlenden Thranen im Auge zur Pyrrha gesprocben: Auf der ganzen Erde sind ,wir beide allein das Volk, das TJebrige raubte die Meerfiuth, und wir sind nun der Eest des Mensehengeschlecbtes '). Nach Plutarck sandte Deukalion eine Taube aus dem Schiffe, um zu erfakren, ob die Fluth sich gesenkt babe. Nachdem sie endlich nicht mehi- wiedergekelirt war, fubr er mit dem Scbiffe dorthin, wo er ausstieg und das Orakel der Themis fragte, wie er das Menšekengesclilecht wieder h e rs teli e n konnte 2 ). P au sani.a s lasst Kraniche dem Megarus bei der deukalionischen Fluth auf dem Berg Gerania den Weg gewiesen haben, wovon der Berg diesen Namen (Kranicbsberg) erhalten 3 ). Weitlaufig spricbt sich ilber diese Fluth Lucian aus. Das jetzige Menschengeschlecht, sagt er, ist nicht das urspriingliche, da das erste. in den Wellen vollig unter- gegangen. Die ersten Menschen sollen trotzige und gewaltthatige Leute gewesen sein, die sehr grosse Ungerechtigkeiten begangen, weder ihren Eid gehalten, noch Gastfreundschaft geiibt, noch die Ueberwundenen und um Gnade Flehenden geschont liatten. Daher brachen auf einmal ungeheure Gewasser iiberall aus der Erde und gewaltige Regengiisse stibmten von oben berab; kurz alle Menschen gingen unter. Der einzige Deukalion wurde wegen seiner Frommi gkeit in e i n e m sehr grosse n Kasten, wokin er mit Weib und Kindern ging, gerettet; paarweise kamen alle Thiere und er nabm sie alle hinein. Denn Zeus gab ibnen so friedliche Gemiithsart , dass sie tiari n in schonster Ein- tracht lebten. So wufden alle erhalten, so Jange die Fluth dauerte 4 ). Abjdenus, ein Schiiler des Berosus, 268 v. Chr. schreibt die Geschichte Asyriens, wovon wir noch einige Bruchstticke haben. Auch dieser erzahlt die Stindfluth wie sein Lehrer und ertvahnt auch der Aussen- dung der Taube 5 ). Diodor sagt: Einige retteten sich auf die Bergliohen zum Deukalion, der des s h alb der Wi e d er h er s teli er der M e n s c h h e i t g e w e s e n sein soli 6 ). Ein agyptischer Priester erzahlt dem Solon, die A e gy p ter allein seien in den wiederkehrenden Umwalzungen der Erde durch 1) Ovid. Met. 1. v. 290 ff. Vgl. Horat.-1. Od. 2, 8-12. Jnvenal Satyr. 1, y. 80 - 84, Ante de reb. Bithymc. 2. — 2) Platarch de solert, anima]. — S) Pausan. Attie. 1, 40. ~- 4) Lucian de Dea Syra. — 5) Bei Eflseb. praep. Er. 9, 12, 41. Cyrill; adr, JuUan, 1 p. 8. — 6) Diodor, Sie. 2, 28- vgl, Aristot. Meteor 1, 14. 352. A, 20 biblischen Chronologie im Einklange steht *). Nach andern griechischen Erzahlungen hat die Sun d fluth unter dem Urkonige Ogyges da s Men seli engeschlecht vertilgt 1 2 ). Nicolaas Damascenus berichtet, dass auf dem armeni- schen G e b i r g e Bar is v i e 1 e Menschen aus der Fluth gerettet ivorden seien. Einer aber habe mit dem Sehiffe a n der bocb s ten Spitze gelandet, wo noch lange jenes Schiffes Ueberbleibsel sich erhalten haben. Dieser Gerettete diirfte wohl der geivesen sein, dessen Moses, der Gesetzgeber der Juden, ervvahnt 3 ). M o 1 o n erzahlt: „ A m E n d e der E1 u t h kam der Mann, d er sich mit s einer F amili e gerettet hatte, aus Armenien, von den Einwohnern vertrieben, nach Syrien 4 ). Varro nimmt die ogygische Fluth als den altesten Ausgangspunkt ftir die r o mišek e Geschichte 5 ). Die parišehe M ar m o r c h r o n i k spricbt ebenfalls von der deukalionischen Fluth. So grossen Eindruek machte also jene Katastrophe der U-rzeit, dass das Andenken daran, ungeachtet so mannigfaltiger Schicksale der Vhlker und. ihrer so vielfacken spaten Wanderungen sich nicht verwischen, nicht vertilgen liess. Vielmehr stellte sich diese allgemein bezeugte That- s a c h e - a n die Spitze der Geschichte aller Volkerwie e in warnender Genius hi n, indem sie ihre Geschichte an dieses durch T rad iti o n in ihre Lander verpflanztes Ereigniss, welcbes wohl die Farbe der Nationen und der Volker angenommeu bat, anzukniipfen suchten. Das Andenken an die Fluth mag auch in mancher Feierlicb- keit der Alteu, wodurch dem rettenden Zeus Dankopfer dar - g e b r a c h t w u r d e n, erhalten worden sein. Daher soli D e u k a 1 i o n und P y r r h a nach der grossen Fluth in D o d o n a z u r Dankbarkeit fur ihre Eettung dem Zeus einen Tempel erbaut hab en. Daraus erklart sich die bestandige vom do.doni- schen Orakel gestellte Forderung, dem Acheloos zu opfern. Auch soli der aus dem Schiffbruehe auf dem Hintertheile des Schiffes gerettete P er ir o s Zeus dem Retter der Sehiffe, ein Heiligthum errichtet und eine Taube nach der Fluth das Orakel gegriindet haben, wo die Seller als Selier und Priester dem rettenden Gotte dienten 6 ). 1) Seyffartli Berichtigungen der r8m., griech., pers.Sgypt. and hdbr. Gesoh. und Zeitrechn, der Mythologie und alteu Religionsgesch. S. 109 - 7. — 2) Hygin. fab. 153. — S) Bei Josephus Archeolog. Jud. 1, 3. — 4) Bei Euseb. praep. Ev. 9, 19. — 5) Bei Augustin. de civ, P. 18 ? 2 , 3, 4. —- 7) Aristot. meteor, 1, 14- p. 352 B, 21 Glaube an eine mittelbare gbltliche Offenbarung. § 16 . Diese Priester des Zeus schliefen auf der Erde, um propheti- s c h e TrSume von Gott .zu erhalten, ivodurch sich der Glaube an eine gottliche Offenbarung klar ausspricht. Allge- mein herrschte der Glaube, dass der Mensch eine innere, urspriing- liche Empfanglichkeit fiir gottliche s Nakesein und Einwirken besitze, veil der mensch ličil e Geist selbst gottlicher Natur theilhaftig sei, und der Menseh friiher mit Gott im naliern Verkehr gestanden hab e. Das allgemeine Gefuhl des Bediirfnisses. d en W i 11 e n Gottes zu erforschen, muss ein urspriingliches gewesen sein, weil das Be\vusstsein eines solchen unmittelbaren Verkehres des Menschen mit Gott nichtausgelosckt werden konnte. Die lieblichen Nachklange der ursprtinglichen gottlichen Offenbarungen konnten also die Menschen nicht vergessen, selbst als sie in den tiefsten Aber- glauben versunkon waren. Wie der Glaube an den wahren Goti der ursprungliche war und erst in der Eolge, als der Geist sich mehr in die Materie und in die Siinde versenkte, das Bewusstsein Gottes immer mehr getriibt ward, und pantheistische und poljtheistische Lehren auftaucliten, so waren auch die a c h t e n Offenbarungen in der Urzeit der Menschheit bekannt und nur nach und nach trate i die falschen Offenbarungen an die Stelle der wahren. Ueber- haupt ist das H e i de n t h u m selbst nicht s P rimi ti ve s in der G e s c h i c h te d er Menschheit, vielmehr ist der Mensch urspriinglich z ur Wabrheit und Heiligkeit g'e seka ff en, die er beide als ausgezeichnete Gaben aus der Hand des giitigen Schopfers erhalten, aber leider nicht lange besessen, indem er sich der Sinnlichkeit ergab und so voh Gott sich entfernte und immer mehr dem Irrthum und der Siinde anheim fiel. Doch sehen wir in der Geschichte, wie sich das Bedurfniss des Herzens den Gegenstand seines Glaubens und der Ver- ebrung sich stets nahe zu haben auch im entarteten Menschen iiberall regte und geltend zu machen suchte. Denn wo nur religioses Leben sich zeigt, da findet sich auch der Glaube an die spezielle Fiirsorge und Gegen- wart Gottes als Hauptelement. Die Griechen iibertrafen hierin fast alle andern Volker, indem sie die Naturvergotterung vollstandig durchfuhrten, und in allen Elementeu, in der unbelebten und belebten Welt etwas 22 Gottliches erblickten, den Naturkraften Personlichkeit zuerkann- ten und bis zur Vermenschlichung des Gottlichen fortschritten. Da nun die Gotter nicbt n ur ftir die Angelegenbeiten der Menschen und der Volker nach dem allgemeinen Glauben Sorge tragen, sondern auch Niitzliches oder Schadliches durch gewisse Zeicben in der ganzen Na¬ tur, in allen Elementen und durch auffallende Erschei- nungen ih n en voraus zu erkennen geben, so zeigt sich hierin ein mittelbares Offenbaren der Gotter an die Menschen. Dieser Glaube an eine solche mittelbare, ubernatiirliche Offen- barung var nicht blos beim minder gebildeten Volke vorherrschend, sondern fand auch bei den grossten Philosophen und geistreichsten Dichtern und Staats- mannernvolle Anerkennung. Darum schreibt C i c e r o.-: Meines Wissens gibt es kein so hoehgebildetes und aufgekliirtes, so rvie kein so verwildertes und rohesVolk, wo nicht der Glaube herrschend ware: es gebe Andeutungen und Vorzeichen der Zukunft und z u g 1 e i c h Menschen, w e 1 c h e d i e s el b e n zu verstehen und z u erklaren w ii s s t e n ‘). Das Characteristische dieser kiinst- lichen Weisagung ist nach Cicero dieses, dass sie nicht sowohl auf einen gottlichen Antrieb, als viehnehr auf Muthmassungen und Beobach- tungen der von der G o 11 h e i t gegebenen Z e i c h e n b e r u h e > so dass als o der Mensch die g 611 1 i c h e O f f e n b a r u n g nicht innerlich und unvermittelt, sondern mittelst g e w i s s e r Zeichen vernehme, die zu beobachten und zu deuten er zu lem e n hab,e 2 ). Also erhalt der Mensch diese Offenbarung doch oh n e ge w oh ii 1 i eh e Mi tt el von der Gottheit, da der Zeichen- deuter auch in einer Naturerscheinung eine bes on d er e gottliche Offenbarung er b lic k en kann •*). Von den sichtbaren Zeichen kann man die einen siderisc.be, die andern tellurisčhe nennen, sobald sie sich auf die leblose Natur beziehen 4 ). In der Thier- und Menschenwelt heissen diese Arizeichen geradezu Wunder- zeichen oder ausserordentliche und ungewohnliche, weil sich in ihnen etwas Auffallendes zeigt, dass man ein gottliches V or zeichen darin erblicken kann. Dabei musste sich der Mensch mit dem sich offe d b a r en d e n Gott in eine Beziehung setzen und konnte sich besonders mittelst der Priester und Wahrsager 1) Cie. de Divin. 1. i. 51. — 2 ) 1. c. I. 17. 49. n. 11.— 3) Plutarch. Perici. 6,-4) Borat. 1. Od. 2. Cicero de Div. inal. 1. 44. Liv. 5. 55. 23 durch Gebete undSiihnopfer der gottlichen G n adewiedei' versichern '). Die gewbhnlichen Mittel der Suhnung ivaren Gebete, Bittgange, geschlaclitete Opferthiere etc. 2 ). Die Haruspices er- forschten den gottlichen AVillen nacli Regeln und sprachen ihn nach Bedingungen aus, unter denen die Z o i c h e n gegeben sein mussten. Diese durcli Zeichen vermittelte go tt.lic h e Offen- barung findet sicli vorziiglich in allen griechischen und romischen Klassikern als eine Aeusserung der gottlichen V o r - sehung und W i r k s a m k e i t, an die nicht zu glauben als Gott- losigkeit bezeichnet wird. Denn weder die Griechen, noch die Rorner unternahmen etwas Wichtiges im Namen des Staates, im Kriege oder im Frieden, ohne durch Auspicien den gottlichen Willen und Ratli einzuhohlen. Wenn Jemand in Dingen, welcbe menschliche Weisheit iiberstiegen, Berathung suchte, so verwies ihn Socrates selbst auf die W a h r s a g e k u n s t. Wer die Zeichen kenne, durch welche die Gotter sich den Menschen liber ihre Angelegenheiten mittheilen, der werde nie vom Kathe der Gotter verlassen sein 3 ). Besonders zeichnet sich hierin die homerische Zeit aus, in welcher immer Zeus in let z ter In stan z die An zeichen und Offeubarung bei jeder Weissagung gibt 4 ). Homer venvirft keinesivegs diesen Glauben an die mittelbare gottliche Offen- barung, wenn er den Hector, welcher in der Hoffnung auf das Versprechen des Zeus, er werde ihm den Sieg verleihen, sagen lasst: Ich achte die Vogel nicht, noch kummert mich solches, ob sie rechts hinfliegen, oder auch links; wir vertrauen . auf Zens’s, des Hocherhabenen, Katbscbluss, der die S t e r b 1 i c hen ali e u n d die ewigen Gotter beherrschet. Ein W a lir zeichen n ur gilt, das Vaterland zu retten 5 ). Denn liier \yird nur des Polydama’s angstliche Deutung der Zeichen z ur ii ckg ewi e s e n. Ueberhaupt heben auch einzelne Aeusserungen des Zweifels oder Unglaubens den allgemeinen religiosen Glauben noch nicht auf, besonders, wenn siclfs um die Erklarung und Deutung des gottlichen- Willens, der sich durch ein gewohnlich er- 1) Liv. I. 20, 31. Y. 13. IV, 25. X, 31. 22, I, 36. 42, 20. 43, 15. — 2) 1. o. 4, 21, 22. 1, 24, 10. 26, 23. 30, 38. 40, 37. — 3J Xenoph. Mem. 4, 7. Fin. — 4) Ilias 8, v. 250, 5) Ilias 12, v, 237. 24 b e tene s Zeichen kun d gibt, kandelt J ). Daher bittet der Zeichen- deuter den Apollo als den Lehrer der Zeiehendeuter um Aufklarung; und die Kunst der Zeichendeutung selbst wird als eine Gabe des Apollo b e z c i eh n et 1 2 ). Dass man den Glauben an diese mittel- bare Offenbarung von jedem reehtschaffenen Menscken forderte, zeigt Kenophon, der semen Lehrer Socrates gegen den Vorvvurf der Gottlosigkeit auch dadurch vertheidigen zu miissen glaubt, dass er ausdriicklich bemerkt, „sein Lehrer habe sich auch der Wahrsagekunst bedient.“ Allgemein ging ja die Sage, „dass B Socrates bebaupte, die Gottheit gebe ihm Andeutungen, „wodurcb er so wenig Neues aufbrachto, als jeder Andere, der auf B die Wahrsagekunst etwas h alte und dazu Vogel, Stim- „men, Begegnende und Opfer gebrauchte. Auch dieser traut ja, wie er die Kenntniss dessen, was den Kathsuchenden frommt, nicht den Vogeln, noch den Begegnenden zu, sondern leitet die Andeutungen, die sie hieriiber geben, von den G o 11 e r n h e r. Mit Berufung auf solche Andeutungen der Gottheit sprach er vielen seiner Freunde zu, bald etwas zu thun, bald etivas zu lassen.“ „Wo der Erfolg einer Unternehmung sich nicht (durch menschliche B Vernunft allein) voraussehen liess, da verwies er sie a n die Walir- B sagekunst, ob' sie etwas unternelimen sollen oder nicht. Wer „einem Hause oder einem Staate mit Ehren vorstehen wolle, der „bediirfe der Wahrsagekunst, sonst soli man sich bei minder „wichtigen Geschaften an menschliche Einsicht halten; aber „das Wichtigste dabei behalten die Gotter f ti r sich, „und entziehen es dem Blicke des Menschen 3 ). Nur fiihrte Sokrates diese mittelbare Offenbarung lieber unmittelbar auf Gott zuriick, und zahlte die Orakel zu den grossen Wohlthaten, welche die Gotter den Menschen enveisen. Nach seiner Ansicht offenbaren die Gotter ihren K a t h, sobald die menschliche Einsicht nicht m e h r ausreicht, den k ii n f t i g e n giinstigen oder ungiinstigeu Erfolg einer Handlung zu ermessen. 11 So erklarte Sokrates, der die guten Menschen von Gott inspirirt sein liisst, seinen Glauben an eine 1) Ilias 24, v. 310. — 2) II. 1. 72. 87. 385. Odyss. 15. 252. — 3) Xenophon. Mem. 1, ), 2*8. 4, 8, 1. Cie, de dvinat, 1, 54, 25 Unmittelbare Offenbarung. § 17 . Diese verzweigt sich in Offenbarung durch unmittelbaren Umgang mit der Gottheit, durch Inspiration, E.xtase, durch Traume und O ra k el. Nach Cicero ist die unmittel- bare Offenbarung ein Ausstromen des gottlichen Geistes in de n menscliliclien mit mehr oder w e n iger bewusstloser Empfanglichkeit, also eine durch Inspiration mitge - theilteKenntniss, ude sie sich in der E x t a s e, in Traumen oder Visi o n en und in Orakeln dem menscblichen Geiste mittheilt. Alle diese Arten der Offenbarungen haben die gottliche Begeisterung zum gemeinsamen Grun d b egriff. '). Doch kann dieses Vor- bersehungsvermogen, das jedem Menschengeiste g e bund e n inne wobnt, durch aussere Krafte und Bedingungen entbunden werden. Daher der Zustand der Melancholie, das zarte unschuldige Alter oder das Geschlecht eine besondere Befahiguug geben 2 ). Hielier gehort aucb der Glaube, dass sicli diese weissagende Kraft im Augenblieke des Sterbens im Geiste des Menschen entbinde und rege 3 ). Bei Plato spridit S o k r a t e s ebenfalls dem menschlicbeu Geiste der Sterbenden diese weissagende Kraft zu 4 ). Auch in der Kyropaedie aussert Cyrus, dass ihm viele Anzeichen deutlicb das Ende seines Lebens andeuten 5 ). Naeh Pl ut ar c h besitzt der Mcnsch diese \Yeis- sagungsfabigkeit von Natur aus, allein sie wird verfinstert und durcb den Leib verhindert und kann erst dann sich aussern, w e n n die Korperbande sich zu Ibsen begi n ne n und durcb die schwerere Last der hinfalligen Glieder und verwesenden Safte nicht mehr niedergedriickt werden. Nach Diogenes^ Laertius behaupteten auch die Chaldaer, dass sie Weissagungen haben und ihnen die Gotter erscheinen 6 ). Bei allen Volkern gab es gottbegeisterte Seher, deren Amt und Kunst es war, durch unmittelbaren Verkehr mit der Gottheit die dunkle und rathselhafte Sprache der Gotter in Traumen und Orakeln zu er ki žir en ’). Das -- i 1) Cie. de divin. 1, 6, 18. 31. 49. 2, 48. Pro Archia poeta 8. de N. D. 2 6. de divin. 1, 3, 50. — 2) 1. c. de divin. 1, 38. Aristot. problem, sect. 30, po 471. Arethaeus de sans. morb. 2, 1. Tacit. Germ. 8. hist. 4, 61. 65. — 3) Cie. divin. 1, 2. 4, 30, 33. Odys. 13, 153. II. 6, 447. 10, 358. 16, 843. — 4) Plato Apologie 30. — 5) Xenoph. Cyropaed. 8. 7. 21. vgl. Platon. Phaedon 84. E. — 6) Diogenes Laert. 1, 3. •— 7) Herodot. 1, 84. Diog. Laert. 9, 6. 26 innere Selien war Kennzeichen und Folge iibernatiirlieher, gott' licher Offenbarungen. Docb ist dieseS innere Schauen mehr ein vvillenloses, ein e i g e n 11 i c h von Gott veranlasstes, eine vvahre InSpiration ?). Schon , oben § 7 haben wir den unmittelbaren Um ga n g d er Menscben mit den Gottern in dem Drzustande kennen gelernet, wo die .Gotter den Menscben .TJnterr.icht ertheilt haben. Alle Religioneh der Erde stimmen darin tiberein, dass sie eine unmittelbare Offenbarung der Gottkeit anerkennen und alle Volker des Alterthbms le.it eten . i-bre Gesetzgebung von einer Gott- beit ab, und fiihrten sie nicht nur in ihrem Ursprunge, sondern aucb dur eh ikre Beziehiiug auf Gott z uril c k. So lesen wir im Platon: „Wir haben durcb eine alte Tradition von „ e i n e m gl ti oklic h en Leben der d a m a 1 i g e n Menscben „gehort, \vie es Alles im Ueberflusse durch sicb selbst erzeugt, B ;besass.. Als Krono s namlich erkarinte, dass keine menschliche s Natur stark genug sei, um alle menschlichen Angelegenheiten nach j,eigenem Ermessen zu venraTten, obne ubermiithig und j,ungerecht zu werden, so bestellte er zu Konigen und „Obrigkeiten fiir die Staaten nicht Menscben, sondern Wesen von B einem gottlicben und besserem Gescblechte , die D Smo n en 1 2 ). Die „ Gotter , die des zu Muhsaleu geborrien Menschengescblechtes' sieh „erbarmten, verordneten den Menscben als Erholuiig die abvvechselnden * „.Feste zu Ebren der Gotter, damit sie s.icb an-Fešten mit Hulfe „der Gotter hinsichtlich der ihnen gewordenen Erziebung „in den v or i g en Zustand z ur ti c k versetzen konnten. „Die erste Erziehung geschali durcb die Musen und den Apollo ?). Der Glatibe, dass Gesetze und, Staatseinrichtungen unmittelbar von Gottern gegeben vvurden, war bei den Alten so fest und so verbreitet, dass ' vi el e Gesetzgeber aucb Spater davon Gebrauch mackten, in dem . pie entvveder ibre eigene Abstammung von G; o tt, o der ih r en. Unmittelbar en, Ver k eb.r mit einer Gott- heit geltend zu machen suchten. „Denn ein m e n s c bi i c h e r „ Gesetzgeber mockte wohl nicht einmal die Menschen zu belohnen im „Stande sein, vve nn nicht ein Gott die A ni ei tun g dazu 1) Odys. 1, 200. 15, 172. Ovid Fast. 6, 5. Platon Phaedr. 245 A. Menon 99 C. - D. Jon. 534 C. 536 C. - D. 542 A. de legg. 719. C. >— 2) Platon de leg. 4. 713 C. D. E. vgl. Politis. 269 A. 271 C. — 3) 1. e. 2, 653 C. D. 654 B. 27 B gebe. Mann muss iiberzeugt sein, dass Gott, der die Menschen- B natur kennt, auch weiss, dass, wenn er lebrt, sie folgen und „den gegebenen Unferricht lem en wird *). Nach rneiner „Ansicht, sagt Xenophon, haben die Gotter den Menseben diese „ungeschriebenen Gesetze gegeben, welclie aller Orten „gleich gelten. Denn die Menschen'konnten weder alle zusammen- kommen, nocb haben sie einerlei Spracbe. Denn in der ganzen Welt gilt es fiir das erste Gesetz, dass man die Gotter ehre 1 2 ). Danim sagt auch Cicero: „Da die alten Zeiten den „Gottern n ah er s in d, so ist die Beobachtung der vaterlichen B religiosen Gebrauche beinahe nicbts anderes als-die Bewahrung der „Religion, welche die Gotter selbst gelehrt haben 3 ). Platon beginnt sein geistreiches Werk von den Gesetzen mit der frommen bedeutungsVollen Frage: Wird ein Gott oder der Sterb- lichen Einer bei euch (in Kreta) fiir den Urheber der Gesetz- gebung angesehen? Klinias antwortet ihm: B Ein Gott, B ein Gott, um mit dem vollsten Bechte zri sprecheri: „und zwar bei uns ZeuS, bei den Lakedamoniern aber geben sie den „Apollo als Urheber a n. Mi n os erfreute sich namlich des jUmganges mit Zeus, von dem er Recht und Gesetze lernt „und an den er sich wendet. Nach Plato, Ephoros und Aristoteles erhielt Minos vom Zeus, Licurg von Apollo, nach Ghamaleo und Aristoteles Zaleucos der Lokrier von der Minerva die Gesetze. „Die Gesetzgeber der Griechen gaben sich alle Muhe, die B Gesetze, um ihnen grosseres Ansehen und melir Geltung zu verschaffen, „auf Gott zuriickzuftihren, indem sie Moses als ihr Vorbild B missbrau.chten, rveil sie undankbar die Qnelle und das „Urbild von dem, was bei ihnen erzahlt wird, nicht angeben 4 ). In Kreta herrschte Minos, der 9 Jahre mit Zeus, dem Erhabenen, umging 5 ), „Die Gesetze miissen alle Burger annehmen und erklaren, „dass sie gut seien, weil sie von Gottern und iveisen Mannern „stammen 6 ). Wie konnte man die Gotter rviirdiger und ehrerbietiger „verehren, als nach der Art, die sie selbst vorschreiben ’). Der Konig der Geten gab bei seinen Unterthanen vor, er erkalte alle 1) Platon Epinomis 989 D. E. 988 B. — 2) Xenoph. Mem. 4, 4. — 3) Cicero de legg. 2, 11, 27. — 4) Clemens Alex. Strom. 1, 26, 152. fln. vgl. Strom. 2. 5. vgl. Strabo 10. — 5) Odys. 19, 178, 179. vgl. Odysse 6, 12. — 6) Plato de legg. 632 - 634. vgl. Plutarch. Lysander 497. — 7) Xenoph. Mem. 4. 3. 17. 28 Befehle an sie durch Zamolsis '). Radamanthys bebauptete naoh Ephoros, dass er jede Anordnung in Kreta vom Zeus erhalte 1 2 ). Nacb Diodor erhielt Mneves inAegypten, Minos in Kreta, Lycurg zu Sparta, Zatbraustes bei den Arimaspen, Zamolsis bei den Geten und Moses bei den Juden die Gesetze von Gott 3 ). Die Sage, dass Numa Porapilius von der Nympbe Egeria seine Offenbarungen zu gottesdienstlichen Einrichtungen und Anordnungen erlialten babe, beweist nicbt nur den Glauben der Alten an eine unmittelbare Offenbarung, sondern auch, dass Numa’s Gesetzgebung als eine der gottlichen Offenbarung wiirdige bezeiehnet wurde. „Denn die meisten der Gesetze „Numa’s stimmen, sagt Lassaulx, auf eine sehr merkvviirdige Weise „ mit den Mosaischen iiberein 4 ). Tertullian war sogar der Ansicht, der Teufel babe in Numa’s Religionsgesetzen die Strenge des mosaischen Gesetzes nachaffen wollen 5 ). Clemens von Alesandrien und nacb ihm Eusebius, der erstere von Plutarch schopfend, behaupten geradezu, Numa babe seine Satzungen von Moses entlehnt 6 ). Zoroaster volite einige Jahre lang vom Ormuzd auf einem Gebirge Offenbarungen und Belehrungen erhalten haben. Wenn das Alterthum die Konige von Zeus als seine Stellvertreter eingesetzt auerkannte und wenn des Zeus gottliches Seepter bei den Konigen regierte, so wird immer noch melir oder veniger auf den unmittelbaren Verkehr oder auf die Abstammung vom Vater der Menschen und Gotter hingedeutet. Danim sagt Homer: „Vom Zeus sind die Konige. Denn niclits ist hier gottlicher als „die Konige, velchen er sein eigenes Amt uberliess, die „Lenkung der Stadte. In den erbabenen Stadten sitzt Zeus, der „Aufseher der Konige, die das Volk gereeht oder ungerecbt beherrscben.“ Somit erscbeint der Konig als Stellvertreter des die Welt beberrschen- den Zeus ’). Daber die merkvtirdige Lebre des Homer: „Nie frommt „Vielherrschaft im Volke, nur Einer sei Herrscher, sei Konig allein, „dem der Sohn des Kronos den Seepter und die Gesetze „gab, damit er die Obergewalt habe. Denn die Wur'de des „Konigs ist vom Zeus 8 ). Den Konig beschiitzt auch Zeus’s waltende Vorsebung. Konige riihmen sicb vom Zeus entsprossen zu sein und 1) Strabo 7. — 2) Strabo 1. c. — 3) Diodor Sic. 1, 94. — 4) Studien des klassischen Alter- tbums S. 108. vgl. Dionys. Hallicarnass. II. Liv. 1, 19. — 5) Tertull. adv. Haeret 40, 339. — 6) Clemens Alex. Strom. 1, 15, 359. Euseb. praep. 8, 6. — 7) II. 1, 234. 10, 321. — 8) II. 2, 204, 197. 29 heissen wegen der engen Bezieliung zu ihm vodi Zeus entstammt, vom Zeus erzogen und geradezu gottlich '). Ebenso varen die Konige in Aegypten boch angesehen, besonders aber die Priester, die in der nachsten Ge me inschaft und im nachsten Verkebr mit den Got ter n standen. Daber wurden auch die Priester als vorziigliche Giinstlinge der Gotter der unmittelbaren gottlichen Eingebungen gewiirdigt. Daher sagen die Gescbicbtschreiber, dass alle Kiinste und Wissenschaften unmittelbar vonGott eingegeben w or d en waren, wesshalb man die Erfindungen derselben einzelnen Gottbeiten zugeschrieben bat 2 ). Allein auch mit andern Menscben verkehrten die Gotter unmittelbar, besonders mitHelden, ibren Lieblingen. So ruft Apollo von Troj a s Burg aus zwar unsichtbar auf dem Schlachtfelde allen Trojanern Muth zu s ). Athene aber begeistert die Achaer 4 ). Und vieder Apollo tritt dem Patroklos im Kampfe entgegen s ). Nestor sagt: Athene kam zu u n s, mit dem Auftrage uns zu bevaffnen 6 ). Dem A c h i 11 e s erscheint Athene, ganz allein sichtbar und versicbert Sem Diomedes die Erborung seines Gebetes und gibt ihm Anweisung zum Kampfe, bewegt ihn zur Ruckkehr zu den Schiffen, nimmt ihm die Hillle von den Augen, damit er genau unter- scbeide den Gott von den Menscben: „damit, wenn jetz ein Golt „versuchend dir nahet, du ja nicht gegen die (andern) unsterblichen Gotter streitest ’). Uebrigens sind die Gotter leicht zu erkennen, und Achilles und Odjsseus erkannten die Athene sogleicb 8 ). Oft kommt die Gottheit in Menschengestalt. So besuchten Zeus und Hermes den Philemon in einem reichen p b r y g i s c h e n Dorfe bei ihrer Waiiderung die Menschen zu priifen. Da sie nirgends gastfreundliche Aufnabme fanden, so liessen sie sich von dem frommen Ehepaare Philemon und Baucis bevirthen. Als sich der Weinkrug stets vunderbar fiillte, so erkannte Philemon und Baucis, dass Gotter ihr diirftiges Mahi getheilt haben. Zeus gab sich ihnen kund, f ti hrte sie a n einen Hiigel hinauf und zeigte ihnen, wie er die Gastlichkeit be- lohnt, Die ganze Gegend ist in einen vrallenden See venvandelt, aber ihre Hiitte mrd zu einem saulengetragenen goldgedeckten Tempel. 1) II. 20, 213.. Vire. 38- 198' -D 5 ' 4, 338. S, 4G3. 8, 460. 9, 160. 23, 36, 24, 803. — 2) Diodor. Sie. 1, 13. IT. 14, 17. 5. 64. 1, 15. 43. Strabo 17, 774. — 3) II. 4, 507. ~ 4) 20, 48. —• 5) II. 16, 788. — 6) II. It, 714. — 7) II. 1, 197. 18, 166, 24, 170, 5, 123. 127, 10, 108. 23, 190. — 8) II. 13. 72. 1, 199, 2, 182, 30 Die beiden frommen Eheleute werden auf ihre Bitte die Hiither des Tenapels J ). Audi Hygin erzahlt, dass Zeus, Poseidon und Hermes als Gaste z u B y r d e u s , dem Konig in T h r a - zien als Gaste gekoni men seien. Eumaeos sagt bei Homer, dass alle widerrechtlichen Handlungen den Gottern, die nur Frommig- keit eliren, missfallen, und einer der Freier sagt, dass die Gotter in menschlicher Gestalt ofters auf der E rde u m h er wan- deln, um die gerecliten und ungerecbten Handlungen der Menscben zu beobaehten und zu priifen 2 ). Audi ivirken die Gotter auf die Menschen unmittelbar durch Traume ein. So ermahnt Atbene die schlafende Nausicaa in Gestalt der en Jugendgenossin, ilire V orbereitung zur V ermalung zu treffen 3 ). Zeus sendet solche Traume unter mancherlei Gestal- ten, mittelst w e 1 c h e r die Gottlieit mit den Menschen w fi h r e n d i h r e s S c h 1 a f e s in V e r k e h r t r i 11, worauf nur hinzu- weisen ich mich begniigen muss 4 ). Orpkeus nennt diese .Traume Offenbarungen vom lieiligen Willen der ewigen Gotter 5 ). Man untersčheidet auch Traume von symbolischen Cbarakter und besonders im Orient, worauf ich w.ieder ver- weise 6 ). Wahrend das hohere Alterthum in seiner kindlichen Vprstel- lungsweise keinen Anstand nahm, das Prophetische der Traume als ein e unmittelbar e und wirkliche Offenbarung der Gottheit zu glauben, haben zwar die spatern Zeiten im All- gemeinen diesen Glauben festgehalten, wie es C i c e r o in einer eigetien philosophischen Abhandlung von der Divin ati o n oder Wahrsagung berveist. Diesen Glauben theilten die gebildetsten Miin- ner Grl c c h e n 1 a n d' s und Eom’s. . Socrates,, Senophon, Platon, Aristoteles, Simonides, Gracchus und Cicero selbst, kurz fast alle Schulen, wenn man von der Kritik und Skepsis einzelner philosophischer Schulen absieht. Doch musste es beim Zurucktreten des Glauhens an den so unmittelbaren Verkebr der Gotter mit den Menschen erwiinscht sein, wenn man einerseits den Traumen ihren prodigiosen Charakter lassen, andererseits aber auch dem Bedurfniss des nachdenkenden Yer- standes entsprechen konnte. Nach den. S to iker n g ib t e s el n e solclfe unmittelbare Offenbarung an die Menschen ver- J) Ovid Met. 8, 620. — 2) Odys. 14, 83. 17. 48S. — 3) Odys. 6,15. — 4) II. 1, 63. 2, 5.16-3 5. Ody. 4, 795 - 841. 51 7 15 - 40. 19, 585 - 550.— 5) Orph. Hym. ad Oneir. — 6) Herod, i, c, 107 - 109, 6 } 107, Apollod. 3^ 12. Cie. de divin. 1, 20, 23. 31 mog der Eigenschaften der Gotter. Darum sagfc Cicero: „Wenn die Vernunft dieses zugibt, iiberdiess die Ereignisse, die Vol ker , die Natibnen, die Griechen so gut wie die Barbaren, ferner unsere Yorfaliren auf meiner Seite sind, wenn iiberhaupt dieses die Menschen flir wabr gebalten haben, und zwar die grossten Philosoplien und Dicli- ter und veisesten Manner, welche Staaten gegriindet und Stadte erbaut haben, vollen vir daan noch var ten Lis selbst die Thiere r e d e n ? Begniigen vir uns nicht mit dem iiber- emstimmenden Vorgange der' Menschheit ? Ist vohl ein Mensch, dem die Ueberzeugung der ganzen Vorwelt, die dureh die beriihmten Denkmaler bewahrheitet und beglaubigt ist, nichts gelten solite? TVurdest du darum die Thatsacbe iiberhaupt laugnen, wenn ieb sage: Der Magnet sei ein Stein, der Eisen an sich ziehe, und dir den Grand dieser Erscheinung nicht angeben konnte. Endlich gibt der romische P hi los op h selbst der All- gemeinheit dieses Glaubens das schonste Zeugniss, obwohl er ihn als Aberglauben bezeichnen muss. Dieser Aberglaube, sagt er, ist iiber alle Volker verbreitet und hat fast Aller Gemiitber umnebelt und einen offen stehenden Wohnsitz in der mensehlichen Schvliche gefunden '). Ein anderes prophetisebes Institut. der alten Heiden ist das Orakel. Die Orakel galten fiir gottliche Institute, in welche die gottliche und menschliche Thatigkeit im reli- giosen G lauben in Eins zusammenfloss; und da der Priester im Namen der Gottbeit spracb, so galt die Antwort als Ausspruch Gottes so, d a s s d e r Glaube an hohere Mitvirkung stets fest blieb. Man mag daher die Orakel entveder auf den Magnetismus oder Damonismus, oder Betrug und Tauschung zuruckfuhren, so bleibt doch im m er der Glaube an eine unmittel- bare hohere Offenbarung der Kern und die Seele dieser alten religi6sen Institute, die selbst die geistreichsten Dichter und Philosoplien, mit Ausnahme der Peripathetiker, Cjniker und Epiku- reer als gottliche anerkannten. Doch bieten Aristophanes und Lucian allen ihren Witz auf, sie lacherlich zu maehen, und schon Demosthenes sagte, die Pythia philippisiere. „Daraus diirfe man schliessen, dass es auch bei andern delphischen Orakelspriiehen nicht ganz. ohne Betrug abgelaufen sei.“ Auch Cicero spridit von den 1) Cio, a<3 divin, i, 25, 28. 38 - 41. 2, 58 — 71, 72, 32 Orakeln ziemlich ironisch. Kato v on Utica sagte: die O rak el miisse man Weibern, Feigen und Unwissenden iiberlassen '). Nach Eusebius schrieben 600 heidnisclie Schriftsteller ge g en die Or a k el. Cie er o sagt: „Wenn die Abnabme des religiosen „Sinnes so fortgebt, so wird das romisebe Volk bald weder einen „Opferkonig, noch einen Flamen, \veder einen Salier, nocb endiich „die Halfte der iibrigen Priester haben. Statt der frtiliern Frornmig- „keit erblicken wir Eigennutz und Habsucht, wodurch jede Enthei- „ligung gerechtfertiget schien. Man fiirchtete nicht mehr der Gotter „Raclie. Der alte Glaube verlor seine. Kraft, und bei aller aussern „Pracht des Cultus wussten die Zuschauer von einer Andacht und „Anbethung wenig oder gar nichts mehr. Von den Ohren, die einst „ durch beilige Gesange die Seelen zur Andacht geweckt hatten, war „aller Genuss in die Augen gewandert. Die Gotter sanken immer mehr „zum leeren Sehaugeprang herunter 2 ).“ Schrecklich sind die Sittengemalde jener Zeit bei den Dichtern, Philosophen und Geschichtschreibern, besonders im Bezug auf die religiosen Zustande. J liven al, durch den Anblick der durch und durch ver- derbten Welt seiner Zeit mit Gift und Galle getrankt, entladet sieh seines Unmuthes mit bissiger Verachtung der Menschen und selbst der Gotter 3 ). Nicht mit solehem Ingrimme, sondern mit mehr Menipei- schem Humor strafen Lucian und Petronius Arbiter die Verderbtheit ihrer Z e it mit einer solehen Treue, dass ihr Zeugniss mit dem des hi. Paulus in seinen Brie- fen an die Romer und Korinthier und der Bibel iiberhaupt sehr iibereinstimmend befunden wird. Doch unerschiitterlich blieb Das Schuldbewusslseiii der Heiden. § 18. Schon oben im § 7 horten wir die heidnischen Stimmen nicht nur iiher den Ursprung des Bosen, sondern auch iiber die traurigen Folgen desselben, wodurch sich das Schuldbewus’stsein offenbart. Die Mythologie stellt das Schuldbewusstsein beson¬ ders im Stamme Japetos dar, in welchem alle seine Sobne und Nachkommen als zur Qual und Noth geboren erscheinen, indem sich dieSchuld des Vat er s an ihnen racht. Atlas duldet um j) Cie. de divin. 1 , 19. 2 , 43. 57, — 2) Cie. pro domo 14, vgl. Salust. Cat. 11. — 3) Juv, 3at. 13, 194 ’ 198, 6, 59. 33 eigener Frevel oder fremder Schuld Tvillon, wie die Titanen-Sage es voraussetzt. Die Urschuld des Japetos ist mit dem Bussgesehicke des Atlas und Menotios noch _ nicht gesiihnt, > indem der dritte Solin Prometheus ani Kaukasus angešchrniedet solche Qualen dulden muss, die weit liarter sind, als selbst die Verstossung des Menotios in den Tartarus I ). Auch die Mythen des Achilleusund D e in opli o o n stellen durch die Feuerreinigungen die S eh ul d und die Befleckung der Se e le des Mensclien dar. In furchtbaren Bildern aber ersclieint das Scliuldbe\vusstsein in den Erinnyen, den Rachegeistern des Bose n, die aus dem BI ute des m i s s - kandelten Ur a n os zugleich mit den frevelhaftenGigan- ten entsprossen sind, Diese Raelierinnen aller Schuld ahnden durch das bose Gewissen sowohl, als auch durch sonstige Strafmittel jede Siinde diesseits und jenseits 2 ). Sclion ihre Namen bezeichnen ihr inneres Wesen, indem Alecto, die Ni m in er r uh e n de 1 , Megaira, die Drohende und Tisiphone, die Eacherin des Mordes bedeutet. Schauerlich strafen sie oft Frevel mit Frevel, Siinde mit Siinde als Vollstreckerinnen des Schicksals mit Z e us und Moira in Verbindung s ), \vozu sich viele Belege bei Aischylos, Sophocles, und Euripides finden * 4 ). Besonders aber offenbart Nemesis das Schuldbewusstsein bei den Griechen durch die tragf- sche . Muse. In der Mythologie tritt ihr die Tauschung, Apate, gegeniiber, mit ivelcher sie im steten Kampfe liegt; die Zwietracht, Eris, waltet machtig; v o r ihrenTritten bebt die ganzeWelt und e s gelingt ihr auch den G e ist in Ver wir run g zu brin g en. In der Kunstdarstellung ergreift die Nemesis das Schwert, wenn sich die Segle zur Schuld wendet und versenkt sie in Geburt und Tod; sie lasst das Schwert erst sinken, ( wenn die .Schuld gesuhnt und getilgt ist. So kann erst die Seele, wenn sie rein ist, in die Gemeinscliaft der Gotter zuruckgehen 5 ). Empedocles sagt: „Die Seelen der Menschen miissen die Sti-afe des.Abfalles von Gott so lange btissen, bis sie von der Schuld gereinigt in den vorigen seligen Zustand gelangen konnen 6 ).“ Der Pythagoraer P h i 1 o 1 a o s bezeugt, die alten Theologen und Propheten behaupteten, unsere Seelen waren zur Strafe mit diesen sinnlichen Leibern verbunden und. darin gleichsam 1) Hesiod. theog. 745. Hygin. 150. ■— 2) 11. 19, 259. •— 3) II. 19, 87. Odyss. 15, 234. — 4) Aischyl. Eumen. 69. 317. 410. 949. Sophocl. Oedip. Col. 42. — 5) Aemil, Braun griech. Gotterlehre in 2 BUchern § 259 ff, •— 6) Plutarch Isis und Osir. 361, VI, Programm, 3 34 begraben '). Dieselbe Ansicht lesen wir bei Platon, der behauptet: Viele sagen, der Leib sei das Grab der Seele, die fiir dieses Leben gleichsam darin begraben sei, daher werde der Leib mit Recbt das Grab der Seele genannt 1 2 * ). Auf diese Stelle beruft sich Cie m en s Alex. mit der Bemerkung, dass nach Platon und nacli Orpbeus die Seele in dem Leibe ude in einem Kerker um ilire Scbuld zu biissen, eingescblossen sei 8 ). Wirblicb beruft sich auch Platon auf die Orphiker, die den Leib das Gefiingniss der Seele nennen, worin sie fest gehalten werde, bis sie ilire Schuld bezahlt babe 4 ). Nacb Pausanias staud Orpheus desbalb in grossem Ansehen, weil er die geheime Verebrung der Gotter, die Reinigung von der Scbuld, die Heilung von Krankbeiten und die Mittel den Zorn der Gotter zu stili en erfunden babe 5 ). Platon beruft sich ferner auf die Weisen, die dieses gegemviirtige Leben einen ivaliren Tod und den Leib das Grab der Seele nannten 6 ). Aucb ist es o r p h e u i s c h e Vorstellung, dass die Seele tbeils durch Wanderungen als eine gerecbte Strafe fiir die Befleckung durch friihere Fr e vel, tbeils durch gerechten Wandel sich reinigen miisse. Denn nur die Seele musste w a n d e r n , welche im -vermes- senenAbfalle vom e w i g e n Rechte trotzend der Gottheit in Scbuld sich verstrickt bat te. Die VVanderung musste darum, bis die ursprunglicbe Reinheit und der Einklang des Rechtes wieder h er gest el It war, fortgesetzt iverden. Die reuevollen, noch nicht fleckenlosen Seelen steigen in der irdischen Spbare mit der Persephone auf und ab ’). Diese Seelenreinigung wurde synibolisch darges telit in den My st eri en. In diesen kommen Reinigun- gen vor durch Feuer, Wasser und Luft. Das Feuer deutet an, dass das Irdische der Seele ausgebrannt werden miisse, damit sie so gereinigt der Gemeinschaft mit Gott wiirdig werde. Daber sielit man liaufig an den Todten - Urnen, wie der Amor einen Schmetterling als Sinnbild der Seele liber eine b r e n n e n d e Fackel halt 8 ). In allen Religionen ist die Idee der Siinde und der Siiknung, der Heiligkeit und der Unsterblichkeit der Seele ein Gegenstand der allegorisčhen und sjmbolischen Darstellung und besonders in den Mysterien. Die BIysterien von Eleusis wurden schon unter 1) Bei Clera, Alex. Strom. 3, 433. — 2) Plat. Cratyl. 400. — 3) Clemens Alex. Strom. 3, 433. — 4) Plato. Cratyl. 400, — 5) Pausanias 9, 30. •— 6) Plat. Cratyl. 405. A. B Gorg. ~~ 7) Pindar Fragra, 10, 4. Diessen, — 8) Winkelaiann in seiner Allegorie S, 557. 35 Erechtheus II., Konig von Athen, eingefuhrt '). Denn je scharfer das Bewusstsein der ITnsterblichkeit der menschliehen Seele, desto dringender war das Bediirfniss einer Beruhigung iiber das Leben nach dem Tode; je naher das Wesen Gottes als gut, rein und lieilig, das Bose aber als sein Gegensatz erkannt wurde, desto melir wurde auch die Siinde und das Bediirfniss der Siihnung empfimden, Beides aber gewahrten die Mysterien in der Sphare der Religion. Daher war die Reinigung fur die in die Mysterien Einzuweihenden unerlasslich; ja die M y s t e r i e n selbst galten fur eine Reinigung der Seele 2 ). Nach Pausanias braclite Kaukon die Mysterien der grossen Gottinnen von E1 e u s i s nach A n d i a in Messenien, wo sie spater Lycos noch beriihmter maehte. Er ver- rielitete die Reinigung der Einzuweihenden in einem Haine; und spater wurden die Mysterien von zwei Mannern aus den alten Familien der Eumolpiden besorgt, um das štete Andenken des ersten Hierophanten Eumolpos zu erhalten. Nach Ephoros haben die idaischen Dactylen (Priester), welclie am Ida in Phrygien gewesen, mit Minos nach Europa gekommeu, und bei Samothrake sich aufgehalten, Weihen und My Sterle n ge le h rt. Wir haben allen Grund zu glauben, dass sich in die eleusin.ischen Mysterien auch agyptischer Einfluss einschlich, dem die Fabeln von der Einkelir der De meter und von dem Feuerkind Demophoon ikre Entstehung verdankten. Die Versammlung musste in lieiliger S t i m m u n g , mit reinem H e r z e n , mit O p f e r und G e b e t e n die Feier begehen. Jedermann musste rein a n den Han d en und a n der Seele sein. Beim Eintritt in den geweihten Raum der Eleusinien wurde es offentlich bekannt gemacht, dass kein L" n g e v (' i h t e r innerhalb des Heil igthum.s eintreten solle. Der Herold befahl den Gottlosen sich zu entfernen und den Geweihten Verschvviegenheit. Ein besonderer Verbrecher, zurnal auch ein unvor- setzlicher Morder musste sich vorher von der Schuld reinigen 1 a s s e n, d a m i t das H e i 1 i g t h u m n i c h t v e r u n r e i n i g e t w e r d e. Daher vurde ein formliches Siindenbekenntniss den Ein z uwe ih e n de n abgefordert. Morder mussten durch zweimal siebenAVasser ihre Kleider waschen. In Eleusis war es der Fackel- trager, welcher die Entsiihnung vornahm und sich hiezu der 1) Diodor Sic. 1. — 2) Clemens AIex. Strom. 5. 7. 3 * 36 Haute der Thiere bediente, velche dem Zeus, dem Milden, geschlachtet vurden. So hatte Tlieseus zum An de n k en a n seine Entsiihnung vom mehrfachen Todschlage an der Kephisosbriicke einen Al tar de s milden Zeus errichtof. Der Fackeltrager breitete jene Haute unter die Fiisse der zu Siilmenden aus, velche mit dem linken Fusse, darauf standen, um anzudeuten, dass der Siinder ga n z u n d gar auf G o 11 e s Gnade und Barmherzigkeit stehen und fussen solle. Der Weihe- bandlung gingen Staunen und Schrecken erregende Dinge vorher, man horte seltsame Stimmen, die Eingeweihten scblugen die Einzuveihenden bei Nacbt; Einsterniss und Licht wechselten ab, Blitze und Feuer erhellten plotzlich das Dunkel. Durch dergleicben Scbrecknisse glaubte sich der Neuling in den.Zustand eineS.Sterbenden versetzt. In einer unterirdischen Zelle sah man die Fackeln der Erianjen, bevor die Einzuveihenden das helle Liebt erblicken durften. Anstatt des Sehauens der glanzenden Pracht vurde in jener Bussstimmung vielleicht die IVassertaufe an dem Einzuveihenden voll- zogen, venigstens vird in den Eleusinien eines Taufer s ervahnt. In Messenien taufte bei den Mys.teri.en in ernem Haine Lycos, Pandion’s Sohn, die Einzuveihenden, Aucb aus dem Siibnungsgebete, das aus dem Gefiihle derEeue, die Gotter beieidigt zu baben, entspringt, spridi t sich das Schuldbevusstsein des Menschen aus. So sagt Phoenix bei Homer, dass die Gotter, wenn sieh Jemand versiin- diget habe, durch Abbitte und Gebet vieder besanftiget verden konnen. Denn aucb die reuevollen Ab.bitten selen Tochter des Zeus, und ver sie achtet, dem verden sie Erborung ervirken ’). Wie hier Homer nur reuevollen Bitten Erhorung zuer- kennt, so lasst aucb Platon gegen die Gerechtigkeit die Gotter veder durcb Bitten, noch durch Gescbenke von Seite der Buehlosen versobnt verden, indem er sagt, „dass die Gotter von denen, die Un- „recht thun, sich erbitten lassen, indem sie Gescbenke von ihnen „nehmen, darf man keinem zugestehen, sondern man muss moglicbst „auf jede Weise es viederlegen.“ Dass die Gotter sich nicbt der Gerechtigkeit zuvieder erbitten lassen, glaubt Platon binlanglich bevie- Sen zu haben 2 ). Die KeinheiP des "Herzens var zur Erborung des 1) II, 9, 499, — 2) Plato de legg. 10, 12. p. 905, 37 Gebetes durchaus erforderlich. Das Sinnbild dieser Reinheit war daher v or jedem Gebete das Wasclien d er Han d e 1 ). Denn da die sittliche Schuld auf eine sinnliche Weise als ein Flecken der Spele aufgefasst v/urde, so hiillte sich der Begriff der Reue and Besserung in die symbolische Handlung der aussern Reinigung. Daber scheute sich Hector mit ungewasche- n e n Handen dem Z e u s s e i n T r a n k o p f e r zn b r i n g e n 2 ). Auch H e s i o d verbietet ausdriicklicb ein solches Opfer mit ungewa- schenen Handen zu bringen. „Gott -reiniget uns von den . grossten s Sunden und ist unsere Befreiung; den Gottern frieden wir die Tem- „pel ein, dam it k ein Unreiner h in ein ge b e. Treten wir hin- „ein, so besprengen wir uns, um uns zu reinigen, wenn wir „etwa friiber uns mit einer Siinde' befleckt haben 3 ). Nur das Reine n gefallt den Gottern. in r e i n em G e w and e ko m m e t undscbopfet „aus dem Quell mit reinlicber Hand 4 ).“ Die Hand und zu- gleich das Opfertbier wurde mit r e i n e m Wasser g e r e i n i g t, so oft man ein Opfer br a elite 5 ). Der Schuldbegrifl offenbarte sich in dem Bestreben, von der Scbuld sich zu befreien durch die sogenann- ten Lustrationen und Entsttndigun gen, die einen der 'wich- tigsten Theile des lieidniscken Kultus ausmachten. Schon beim Ein- gange in den Tempel besprengte der Priester mit Weihwasser aus dem dabei aufgestellten Gefasse das eintretende Volk, das Avohl auch selbst sich besprengte; oft -vvurde das Weihwasser unter die Menge herumgetragen 6 ). Fa.st bei keiner religioseu Handlung, wie denn auch bei Vermahlungen Fackeln und Weihwasser unentbehr- lich waren, durfte die Reinigung durch Feuer und Wasser als Sy m bol d er S e el en r ei nigun g f eh le n. Besonders bedurfte einer solehen Siihne der schuldige oder unwullkuhrliche Morder, . weil er selbst als Unreiner und auch zugleich als Verunreinigender ange- sehen wurde ’). Auch ein ganzer Staat konnte und musste durch die Reinigung von der Schuld sich befreien. Der beriihmteste Fali dieser Art ist. die nach dem kylonischen Blutbade durch E p imeni de s, den grossen Liebling der Gotter, vollzogene Reinigung Athens 8 )- Auch zu Rom fand eine solehe allgemeine Siihne statt. Denn es 1) II. 9, 171. 16, 230. Odyss. 2, 261. 12, 336. Sophocl. Oedip. Col. 460. Eurip. Alcest. 157. •—2) II. 2. — 3) Hippocr. de morbo sacro vgl. II. 1, 449. Eurip. Electra 791. Bion. 94. — 4) Tibull. 2, Elegie 2, v. 13, 14. — 5) Dionys. Halicarn. 7. — 6) Virgil. Aen. 6, 26. — 7) Herodot 1, 35. — 8) Cie. de legg. II. 11, 82. 38 \uirde nach beendeter Censur ein feierliches Siihnopfer dargebracbt und das ganze Volk von d en Siinden und F eh 1 ern gerei- n i ge t, durch welche es der Gottbeit allmalig missfallig war. Audi dem P a e a n, dem feierlichen Loblied Gottes vnirde eine siibnende Kraft beigemessen *). Am grossartigsten stellt Sophokles die Eeinigung und Aus- brennung alles Irdisehen in der Verbrennung des grossten Helden von Griechenland, namlich des Hercules dar, der durch diese Feuer- reinigung verklart und z um neuen Leben verjungt in d e n 01 j m p emporstieg, nach dem er d i e 1 e t z t e M a k e 1 der Schuld getilgt hatte. Doch nicht blos. die Eeinigung allein offenbart das Bewusstsein der Schuld, sondern auch ganz vorziiglich Die Opferidee. § 19 . Denn, so lange der Mensch in seiner Urreinlieit und unmittel- barem Verkehr mit Gott sich befand, so lange sein Wille in Harmonie mit dem Willen seines Schopfers gestanden, konnte von Opfern nicht die Eede sein. Brst naehdem der Mensch durch seinen Abfall sich von Gott s e i n e m Schopfer und bestenVater ge- trennt und sich mit .einer schweren Schuld belastet hatte, suchte er die un t erbr o ch en e Gemeinschaft mit Gott durch irgend eine Vermittelung w i e d e r herzustellen. Denn diese Trennung von Gott, diese Entfremdung von ihm konnte der Mensch nicht ertragen, vielmehr empfand er stets die unabweisbare Borderung, die verlorene Einheit und Gemeinschaft mit Gott, ohne welche er sich so ganz unglticklich wusste und ftlhlte, ■vvieder zu suchen. Doch als Emporer gegen seinen Schopfer, dem er sein ganzes Sein verdankte, sein ganzes Gliick, seine ganze Wtirde schuldete, hat er sein Leben venvirkt, das er nur als unverdientes Geschenk erhalten hatte. „Wer sich an das Heilige ver- „griff, war in den altesten Zeiten als Morder gehalten, der dem Zorne „der Gotter verfallen. Wenn nun derjenige, der ein Heiligthum „berauhte, oder etwas, was an heiliger Statte hinterlegt war, entwendete, n als Morder behandelt werden solite 2 ),“ um wie viel mehr musste nicht 1) H. I. 473. — 2) Cio. de legg. 2 , 22. 39 ein Geschopf, d as sich gegen Gott de n grossten Wohltha- ter emport hat, sich des Todes schuldig halten? Der ungliickliche, schuldbeladene Mensch vou Furcht und Keue gequalt, wiirde gerne um sich wieder mit seinem besten Vater und Wohlthater zu vereinigen, sein Leben zur Siihne seiner Schuld h i n g e - geben hab en. A d rast.o s der pkrygisclie Fiirstensohn, der erst seinen Bruder erschlagen, und dann den Solin des Konigs Krosu s, der ihn mit der Gastfreundschaft beehrte, getodtet, hielt sich fur den Unseiigsten aller Menschen, ging hin und to d te te si c h-sel b s t auf dem Grabe des vom ihm unfreiwillig getodteten Attys 1). Ebenso vermochte auch der kretische Prinz Althaemenes, der seinen Vater Katreus des Nachts in einem Btirgeraufrubr unwis- send getodtet hatte, die Last des Ungliicks nicht ertragen und gramte sich in einer Einode zu Tode 3 ). Daraus diirfte es erklarlich erscheinen, warum bei allen Volkern, so weit wir ihre Geschichte kennen, sich die Opferungen finden. Das Opfer aber ist die Hingabe einer schuldlosen Sache zur Versohnung der Gottheit und Erweisung der Ehrfurcht und der Dankbarkeit. Wie solite der Mensch auch sich selbst, da er schuldbeladen war, dem beleidigten Gatte hingeben, da der Heiligste nichts Unreines annehrnen kan n. Also konnte der Mensch sich nicht als Mittel zur Besanftigung oder als Ersatz fur die Strafe anbieten; vielmebr ruusste er etwas an sich Schuldloses, das dem g 6111 i c h e n Zorne nicht u n t e r 1 i e g t, sondern was Gott wohlgefallig ist, als Gegenstand seines Opfers wahlen. Diese Opferidee widerspricht allerdings der rationalistischen Ansicht, welche voraussetzt, dass der urspriingliche Zustand des Menschen ein trostloser und fast thierischer gewesen sei. Erst nachdem der Mensch sich aus diesem etwas herausgearbeitet hatte, sei er im Stande gewesen, einen dunklen und noch unvollkommenen Begriff. von einem hohern Wesen zu bilden. „Erst ein Sturm, sagt diese Theorie, der des Halbwi!den kleinc Habseligkeiten zerstort, i,eine Wasserfluth, die ihm aus seinem Qitze vertreibt, die Sonne, die „ihn ervvarmt, der Mond, der ihm auf seinen nachtlichen Jagden lenchtet, „sind Gegenstande seiner Furcht oder wilden Freude, welche schnell »in eine Art von Anbethung iibergehen." Von den anthropomorphistiscben Vorstellungen der roben Volker von ihren Gottheiten soli hochst 1) Herod. 1, 34-45. — 2) Diod. Sic. 5, 59. 40 vrahrscheinlich der ganze Gedanke an Opfer in deu iiltesten Zeiten ausgegangen sein. Um sich die Gotter geneigt zn machen, zu was fiir Mitteln hiitte man sonst seine Zufluclit nehmen sollen , als zu sol- chen, wodurch man auch, die Gunst der Menschen zu gewinnen suchte? „Beim rohen Volke, sagt der Rationalist, wird man die Einbildung sehr „naturlick finden, dass den Gottern das Freude verursacbe, was ihn „selbst ergotzt. Zugleich wird hieraus deutlich, dass urspriinglich der „ganze Opfergebraucb, woran hoffentlicli Niemand zweifeln wird, bei „der Mahlzeit eine Nebensache war. Das Essen sowohl als das Opfern „von Fleisch gehort erst unter die jtingern Erfindungen unkultivirter „Nationen, wovon man noeh keine Špur in ihrem allerfriihesten Zu- „stande antriflt. Der Menseb im Kinderzustande legt den Gottern vor, „was seinen eigenen Unterbalt ausmaebt, also aucli Menscbenfleiscb. „Opfert der Menseb ihnen doeh auch von Heerden, die er seinem Naeh- „bar geraubt bat; ungefahr wie man auch in aufgeklarten Zeiten von „schandlieh emorbenem Gute um Gottes Willen Kloster erricbtet und „Tempel erbaut ').“ Diese rationalistische Entrvickelung der urspriing- lichen Opferidee ividerspricht offenbar der Geschiebte und der Bibel zugleich. Indess berufe ich mick auf die friiber beruhrten Punkte, namlich auf die Anerkennung der Heiden, dass der Menseb in einem urspriinglich reinen Zustand der Unschuld gewesen, dass er sicli durch seinen Abfall von Gott getrenpt und das Bedtirfniss mit Gott sicb wieder zu vereinigen melir oder \veniger stets - geftihlt babe. Wir ivollen also nur nocb die Stimmen der Griecben und Ro¬ mei - iiber die Opferidee, wie wir sie in ihren classischen Sehriften nie- dergelegt finden, vernehmen. Alle Menschen s t e h e n in ve- šeutlicher Lebensgemei.nschaft, und als Glieder eines lebendigen Ganze n fiiblen sie sicb der Gottheit solida- risch verpfli chtet; daher ist es moglich, dass einer fiir den andern sich zum Siibnopfer darbringe, und zwar bat das freiwillige Opfer der Unschuld eine um so grossere Wirksamkeit, je reiner und also den Gottern genehmer hier der steli vertreten de Wille des sich Opfernden ist. „Eine reingesinnte Seele, wenn sie es freiwillig thut, ist wohl im Stande fiir Tausende genug zu thun,“ lasst Sophokles den seiner Ver- klarung entgegen gehenden Dulder Oedipus sagen 1 2 ). In der grie- 1) Fr. A. W6If vermischte Sehriften S. 243^ — - 2) Sopocl. Old. Col, 498. vgl. Libanius 4, 468, 7. 41 chischen MythoIogie ist das alteste Beispiel eines solchen fr o 1 w i 111- gen Vers o hnungs to d es das des Chiron in der Prometheus-Sage. Prometlieus duldete seine Emporung gegen Zeus sehr schmerzhaft durch viele Menschenalter am Kaukasus angefesselt , bis eihst Hera- cles auf seiner Wanderung durch Asien den Adler erschoss und der Halbgott Chiron sich erbot, freiwillig fiir den Prometheus zu sterben T ). Der freiwillige Opfertod des Kodrus fur die Ret- tung seines Volkes ist Jedem bekannt 1 2 * ). Als Menoeceus horte, dass durch des Konigs Sohns Selbstaufopferung den Kadmaern der Sieg versprochen sei, so gab er sich vor den Thoren der Stadt frei- willig in den. Tod s ). Als der Siilmpriester Ep im eni des von Kreta Athen von der kvlonischen Blutschuld reinigen solite, erklarte er, er bediirfe dazu Menschenblut; da erbot sich der athenisehe Jungling Cratin os zum freiwilligen Opfertod, rvomit dann die Siihne vollbracht rvurde 4 ). Wie in Athen des Erechtheus Tochter und C o d r u s freiwillig sich zn Sithnopfern darbrachten, so ging in Rom der Consul P. Decius im lateinischen Krieg freivrillig in den Opfertod, indem. er sich fur seine Legionen weihte 5 ). Statt solcher frehvilliger Opfer wurden spater Grefangene geopfert. Von den etruskischen Tarquiniern wurden im Jahre der Stadt 379 auf einmal 307 gefangene RomCr mit punischer Grausamkeit hingeopfert. Be- drohte . eine grosse oder allgemeine Calamitat die Existenz des romi- schen Staates, so wurden auf Befehl der Schicksalsbucher mensc.h- liche Sulinopfer dargebracht 6 ). Erst im Jahre der Stadt 557 erliess der Senat ein Dekret, worin die Menschenopfer verboten wurden , ). Dessenungeachtet aber lesen wir, dass der Dictator Caesar im Jahre 708 (d. i. 46 v. Chr.) zwei Menschen feierlieh auf dem Marsfelde opfern 8 ), und dass Augustus nach Besiegung des L. An- tonius 400 Senatoren und Ritter 41 v. Chr. auf dem Altar des vergotterten Julius hinschlachten 9 ), und dass Nero durch einen Kometen erschreckt das ihm angedrohte Unheil dadurch von sich ab- zuwenden suchte, dass er als Stellvertreter fiir sich mehrere der 1) Apollodor 2, 5. 4. 11. — 2) Valerius Max. 5, 6. Justin, 2, 3. Patcrculus 1, 2. vgl. So¬ crates bei Stobaeus Floril. 7, 66. — 3) Apollodor. 3, 6. 7. Euripid. Phoen. 913 ff. Hygin. fab. 68. Juvenal 14, 240. — -1) Herodot 5, 71. Thucydid. 1, 126. Maxim. Tyr. 38, 3. Athenaeus 13, 78. — 5) Dionis 8, 9. 10. 6) Plinius 28, 2, 12. Livius 22, 57. — 7) 1. c. 30, 1. 12. — 8) Dion. Cass. 43, 24. — 9) 1. c. 48, 14. Suet. Octav. 15. Seneca de Clem. 1. 11, 42 ersten Manner des Staates hinopfern liess. Ja noch unter Hadrian starb der schone Antinous als freiwilliges Menschenopfer fiir den Kaiser r ). Commodus opferte dem Mitras einen Mensehen, D i din s J u- lianus bei magischen Opfern mebrere Knaben, Caracalla dem Se^ rapis Mensehen und Thiere, Heliogabalus seinem Gotte zahl- reiche Kinder. Noch A ur el i anus, als er zur Abwehr der Mar¬ ko man en die Sibylinisehen Biicher nachschlagen liess, erbot sich zu den erforderlichen Siihnopfern aus jedem Volke Gefangene stel- len zu vcollen 2 ). Boi den heidnisehen Stammen der Šemi ten, ins- besondere im alten Kanaan, bei den Phonizie.rn und Puniern bluteten als Opfer-Siiline vorzugsweise unschuldige Kinder und unter denselhen namentlich die er st- und eingebor- nen Sohne 3 ). Die phonizische Geschichte ist voli derartiger Opfer: bei allen grossen Galamitaten, sei es im Kriege oder bei allgemeiner Durre, Pest oder Hungersnoth, glaubte man den Zorn des strafenden Baal dadurch. zu besanftigen, dass man das liebste Kind, den eingebornen Sohn des Konigs geschmtiekt mit den koniglichen Insignien, zum Zeichen, dašs er dessen Seele vertrete, als Suhnopfer darbraehte 4 ). Um wenigstens den Schein eines freiivilligen Opfers zu retten, erstickte man die Klagetone der Kinder dureh Liebkosungen 5 ). Die vom Agat h o cl e s belagerten Kart bager erbofen ein Opfer von 200 Knaben aus den edelsten P a mili en dem Krono s zur Abwe.br der Feinde; - andere 300 erboten sich freivvillig zu gleicher Opferung 6 ), Gel on bewilligte nach dem Sieg bei Himera den Puniern den Frieden unter der Bedingnng, dass sie fiir den Kro- nos keine Kinder mehr schlachten sollten. Doch dauerten die dffent- 1 i c h e n Kinderopfer bik zum T i berius , wiihrend die h e i m 1 i c li e n noch immer fort bestanden ’). Aučh die Dumatier in Arabien opferten jahrlich einen Knaben, den sre/dan n unter dem Altare be- gruben 8 ). Die Araber opferten regelmassig dem Mars einen Kriegsmann und dem Z en s jeden Donnerstag einen noch saugenden 1) XipbiKnus, p. 356, 21. Spartianus Hadrian 14. Aurel. Victor de Caesar 14. — 2) Flav. Vopisc. v. Aurel. 20. — 3) Euseb. de laud. Const. 13, 4. — 4) Sanchuniaton bei Por- phyr. abst. 2, 56. Euseb. praep. Ev. 1. 10. 44. - 4, 16, 6, 11. Justin 18. 6. 11 Curt. 4. 3. 23.-5) Minuc. Fel. Oetav. 30. 3. Tertull. Apol. — 6) Diodor Sie. 20, 14. Lactant. 1, 21. — 7) Tertull. Apolog. 9. vgl. Porphjr de abst. 2. 27. — 8) Porphyr. 1. c. — ' 43 Knaben ')• Besonders fanden sicb solche Menscbenopfer bei den S cy tli en, Gr e ten und Tli rak e m 2 * ). Audi Tacitus bezeugt uns die bei den Germanen iiblichen Menschenopfer *)'. Bei den Galliern werden ebenfalls dieselben als gebrauchlieh vielfacli bezeugt 4 ). Dass die Britten davon keine Ausnahme machten, bezeugt ebenfalls die Gescliidite 5 ). So war also im religiosen Bemisstsein der alten Volker das Bediirfniss der Ver s o h nun g des siindigen Menscben mit Gott ein a 1 Ig e m e i n e sv Das Mittel aber einer soldien Entsiindigung glaubten Alle in vergossenem Menschenblnte zu finden, und solite es audi nur durcb freiwillige Verwundun- gen z ur S iih n e fliessen. Docb endlich vertauschte man die ur- spriingliche Idee der Hiugabe des Lebens selbst mit dessen Trager, dem vergossenen Thierblute, so dass man das Thierleben statt des edlern Mensehenlebens hingab 6 * ). Schon in den uralten griechischen Sagen offenbart sich der stellvertretende Charaktei' in den Thieropfern. Zu Oreh o m en us in Boo ti en siiknte man den Flucli, der seit langer Zeit auf dem Geschleclite der Atham andiden lastete, dnreh den Opfertod de s er s tg eb o r n e, n Sohnes fiir daš.Volk , ). Als nun A t h a m a s seineu Sohn P h r i x o s am Altare schlachten wollte, sandte ihm seine Mutter einen W i d d e r mit goldenem Vliesse, den ihr H e r m e s geschenkt hatte. Dieser ”VVidder trug den Phrixos sammt seiner Sdnvester Helle durch die Litft iiber Land und Meer, dem sie durcli ihren Sturz den Namen gab. Phrixos opferte in -Kol eh is. dem Zeus den Widder und hing daš goldene Vliess an einer Eiche atif, Velches dann špiiter Jaso n wieder nach Hellas brachte 8 ). Der Opfertod der Ip hi g en i e, der Toeliter des Agam em¬ non, solite den Zorn der Gottin versohnen. Allein die Gottin begniigte sieb mit dem Willen und nimmt die stellvertretende Hiindin als Stihn opfer an; und Artemis entriickte die Ftirstentocliter in einer Wolke nach Tauris, wo sie der Gottin als Priesteriu diente 9 ). 1) Gesenius zum Jesais 2. p. 337. 344 ff. vgl; Herodot, 1. 483. — 2) Herodot 4, 62. 71, 72. 5. 5. Ovid. ex ponto 4. 9, 84. Lucian de sacrif. 13. Clem. Alex. Strom. 4. 8. — 3) Tacitus German. 9, 38. — 4) Caesar de bello Gal. 6. 16. Cie. pro Fontejo 10. Justin 26. 2. Lučan, phars. 1, 444. 3, 399 ff. Pomp. Mel. 3, 2. Diodor Sic. 5, 31. 32. Athenaeus 4, 51. Strabo 4, 4. 5. — 5) Caesar d. bello Gal. 6, 13. Tacit, annal. 14. 30. Agri- cola 11. — 6) Ovid. fast. 6, 161. — 7) Herodot. 7, 197. — 7) Herodot. 7, 197. 8) Apollodor 1, 9. Pausanias 1, 24, 2. 9 - 34,. 4. — 9) Euripid. Iphigenie. Cicero. Tusc. 1, 48, 116, Pausanias 9, 19. 5. Ovid. Met. 12. 28. u In B d o t i e n solite den Mord eines Priesters der Opfertod elnes blii- henden Knaben jahrlich siihnen;, spater aber ward es erlaubt den Knaben dureb eine Ziege zu Ibsen '). Ebenso opferte zu Athen Embaros, als er seine Tochter wie zum Opfer geschmuckt der Artemis darbringen volite, statt i h r e r die im Tempel verborgene ebenso geschmiickte Ziege.A). Als in Lacedamon jahrlich eine Jungfrau aus edlem Geschlechte zur Abwendung der Pest geopfert verden solite und einst das Loos auf die sehone Helena .fiel, velche schon gescbmtickt zum Altar gefuhrt wurde, so raubte ein herabgeflogener Adler des Žeus das, Opferscbvert, trug es zu den Heerden und legte es auf eine junge Kub, und von der Zeit an unterliess man den Opfertod der Jungfrauen - 1 * 3 ). Auch der uralte Braucb in Rom und Athen, dass bei unvor- setzliebem Morde den Verwandten, die ; zur Blutrache verpflichtet va¬ ren, fiir das Il aupt des Morders ein -stellvertreten der Widder gegeben wurde, lasst ftber die ursprungliche Be- d e u t u n g des T h i e r o p f e r s statt der M e n, s c h e n o p f e r n n g k e i n e n Z w e i f e 1; ebenso die bekannte Erzahlung von dem Ursprunge der tarentinischen Spiele, wobei Valesius das Leben seiner beiden todtlich erkrankten Kinder zuerst dureb Hingabe seiner eigenen und seiner Frauen Seeleh loskaufen volite, dann dureb die stellver- tretenden Blutseelen z v c i e r Opferthiere. virklich los g e k auf t bat 4 ). Amosis, Konig in Heliopolis sehaffte die jahrliche Opferung dreier Menscben ab, indem e r statt der drei rvirklichen Menscben ebenso viele Wacbsbilder darzu- bringen befahl 5 ). Hercules lehrte die Menschenopfer durch steli ve rtretende M en s c h en b ild e r ersetzen 6 ), Beirn Peste der Compitali en mirden statt der ur s pr lin g 1 i c h en K in de r- opfer spater Puppen und wollene Knauel aufgehangt und der Consul Brutus verordnete Mohn- und Zvi ebelk opfe statt menscbli- che.r Hanpter zu opfern, um dem Buehstaben des Gesetzes ge- nug zu thun ’). In allen diesen stellvertretenden Suhnopfem zeigt sich als Wesen die Hingabe des "VVillens an Gott. Die- ses Wesen sprechen auch die heidniseken Dichter und Philosophen 1) Pausanias 9, 8, 1. — 2) Paus. bei Eustathius zu II. 2. 732. p. 268, 39 ff. 3) Plutarcli. Mor. p. 314. — 4) Liv. 1. 24. 32. 9. 5. Valer. Max. 2. 4. 5. Zosimus Hist. 2, 1. — 5) Porphyr de abst. 2. 55. — 6) Varro L. L. 7, 44. Ovid Fast. 5, 621. — 7) Ma- crob. Sat. 1, 7. Fest. p. 91, 207. 45 als nothwendiges Bedingniss aus, um die Gnade und Huld der G o 11 e r z u e r h a 11 e n. So trostet Horaz eine arme fromme Land- frau, die keine reichen Opfer bringen konnte, mit den Worten: „Von dir wird kem Opfer vieler Lammer zur Siihne der kleinen Hausgotter erwartet, -vvenn nur scliuldlos die Hand den Alta r b er iih rt h at, wird sie eben so gut mit blossem Opfermehl und Salzkom die Penaten versohnen J ).“ Seneka sagt: „Die Gotter versohnt „Fr o m m i g k e i t und Heiligkeit 1 2 ), und Gott wird nicht „durch das Schlaehten fetter Stiere, nicht d u r c Ji das „Aufhangen von Gold und Silber, nieht durcb reiche „Spenden, sondern durcb fromme und reine Gesinnung „verehrt 3 ).“ Die Verebrung der Gotter bestebt nicbt in den Opfern, ^wenn sie aucb noch so reich sind und von Gold schimmern, sondern „in der frommen und guten Gesinnung der sie Vereh- B renden. Die Bosen werden also der Gottlosigkeit nicht entflieben, „wenn sie gleich die Altare mit vielem Blut iibergiessen 4 ).“ Philemon verwirft die Opfer als unwirksam, veni nicbt Keinheipder Sit- ten dabei ist. „Opfere Gott mehr mit reinem Herzen, a a; Is mit reinem Kleide 5 ).“ Schon Hesiod befieblt reine Opfer mit r e i n e r Gesinnung den Gottern zu bringen und sie nach Vermogen Abends und F r ii h zu versohnen, um ihre Gunst zu erhalten. B Und so oft du von einer Beise heimkehrest, bringe- den ewigen Gottern reine Opfer dar *).A Das Orakel A m on’s in Ly bi en gab einst zu erkennen, dass es nicht sowohl auf die That beim Opfern, als vielmehr auf die Gesinnung ankomme, indem damit die Athener bezeicbnet wurden, welche unter den Grie- chen die meisten und schonsten Opfer brachten, mit TVeibgeschenken die Tempel schmuckten, wie kein anderer und alljahrlich den Gottern kostbare und prachtvolle Festaufztige veranstalteten und darauf mehr Geld verwendeten, als die iibrigen Griechen mit einander , wabrend die Laeedamonier sich viel diirftiger im Gottesdienste er wi e sen. „Die heiligen Worte der Laeedamonier, sagte der Prophet in Libien, gefallen dem Amon besser, als der Griechen Opfer insgesammt Es ware arg, wenu die 1) Horat. III. od. 23. — 2) Bei Lactant. G, 25 vgl. Eurip. Jon. 1315. — 3) Seneca ep. 115. — 4) Seneca de benefie. 16. — 5) Bei Justin M. de monarchia 4. Ebenso Menander bei Clemens Alex, strom. 5. •— 6) Hesiod opra et dies v. 336- 338. fragm, 178. — 7) Plat. Alcib. II, p. 148, E, regi, Plutarcb, Lye. 19, Porphyr, abst, 2, 15, 46 Grotter auf unsere Gaben und Opfer sehen wollten und nicht auf die Seele, ob Jemand fromm und gerecht ist l ). Platon eifert sehr gegen jede Ausartung im Gottesdienst, indem er sagt, dass Markt- ■schreier und Wabrsager vor den Thiiren der Reichen vorgeben, sie hatten eine von den Gottern verliehene Kraft, dureh Opfer und Be- scbworungen eine selbst eigene oder von den Vorfahren angeerbte Schuld zu siibnen, und die Gotter zu versohnen; und dass wegen der olfenen Aussicht auf Reinigungen Manche sich Vergehen zu Schul- den kommen lassen. „Man siindige, sagen diese Entarteten, und „opfere ftir die Siinden. Waren wir . gerecht, so wurden uns zwar H die Gotter nicht strafen, aber wir wtirden auch des Gewinns von „der Ungerechtigkeit entbehren: sind wir dagegen ungerecht, so wer- „den wir gewinnen und dureh Bitten ungeachtet der Uebertretungen „und Siinden die. Gotter doch bewegen uns ungestraft zu lassen 2 ).“ „Doch die Gotter lassen sich dureh Geschenke nimmermelir beste- „chen. Wer behauptet, sie vergeben den Ungerecliten, so oft diese „ibnen dafiir etwas zutbeilen, der vergleicht sie (die Gotter) den Hun- „den, welclien Wolfe etwas von ibrem Raube zukommen lassen, damit Jene beschwichtiget, die Heerde im Stiche lassen 3 ).“ Somit baben die Opfer eine-unmittelbare, und eine stellvertretend suhnende, eine vermittelnde Bedeutung. Wir werden es nun begreifen, dass Origines den steli ver- tretenden Tod Christi dureh jene heidnisehen Vorstel- lungen und Gebrauche erlautern k on n te. Wenn ferner die Opfer die Versohnung und Abwendung dar gottlichen Strafgerichte bewirkteu, so dienten sie auch, die religiose Gemeinschaft des Men sc h e n mit Gott zu vermitteln, insofern die Opfernden einmiithig von demselben Eleisch, von welchem sie die Erstlinge der Gott- beit zu Ehren verbrannten und von demselben Brode, dessen Bestandtheile geopfert wurden, assen, und von demselben Weine tranken, \vovon man den Unsterblichen spendete. So waren also die Opfergaste an dem Gottertische, setzten sich mit den Gottern in Verbindung, und das Opfermahl hiess geradezu ein Gottermabl 4 ). Der vermit¬ telnde Genuss des Op ferfl eis clr es solite die Andachti- gen an die Gottheit inniger anschliessen und ein kraf- 1) 1. c, p, 149. — 2) Plato polit, p. 366. A, — 3) Plato de legg. 10, p, 905 D, 906 C, — 4) Odvss, 3 ? 336. 420, 47 tiges Beforderungsmittel frommer Gesinnungen sein. Ein allgemeines Opferfest solite den Volkern ihre eigene Ver- briiderung i n’s Bewusstsein r u fen, in dem sie d ur ek den religidsen Bund, welcken sie mit der Gottkeit erneuer- ten, sick als Eine Ge m ein d e und gleicli sani als Eine gr oss« k’ a in i i i e. betrachten solit en. Ging ja doch die ur- spriinglicke Religion von Einer Familie aus, ivesshalb man auch bei den Heiden , vorztiglieh bei den G r i e e h e n und Rome r n die Ausiibung der Religion im Familienleben besonders wiirdigen muss. Im Familienleben wurden namentliek bei Geburt, Hochzeit und Tod Opfer gebrackt. Die Kreter betrachteten die menschliche Ehe als ein Abbild der himmlischen zwischen Zen s und H er a und brackten dabei vor allen auek diesen Gottern W eih e - Opfer. *).- In A t h e n brachte der . Brautigam zuerst den drei Urvatern des Le- bens seine Gebete und Opfer fur eine gliickliche Ehe; denn okne Gottes Einfluss gibt es keinen Kindersegen. Ein Opfer wurde in alterer Zeit bei jeder Hochzeit gebrackt, Denn, da man glaubte, dass sckon die Wahl der Eltern durch die Gotter gelenkt werde, dass Zeus und die Gotter es.šeien, die dem,, vvelchem sie wohlwollen, Heil und Gliick zutkeilen bei seiner Geburt und Ver- maklnng, und .somit in letzter Instanz die, Ehen von der gottlichen Vorsekung bestimmt und gleichsam im Himmel geschlossen wiirden ? ), so ist. es begreiflieh,, dass. das Wesentliche der religidsen Feier bei Eingekung der Ehe in den Opfer n, die iiir vorangingen, be- stand 1 * 3 ). Darum sagt Platon, dass man tiber die ganze heilige Eiu- weihung der Ehe, die unter dem Beistande der Gotter als eine heilige eiuzugehen sei, die Ausleger des heiligen Rechtes befragen solle und dass bei den Opfern, die mit der Vermahlung verbunden seien, die Eheleute liber ihre neuen Standespflickteu belehrt wiirden 4 ). Merk- mirdig ist, dass die Hellenen nicht den Tag, an dem die To d ten von der Welt schieden, soudern den, der sie in die Welt brachte, feierten. Die Tage,. an denen man die To d ten opfer verricbtete, waren in der Art gefeiert, dass an dengelben keine Volksversammlung und kein Gericht gehalten wurde. Man kielt den Ver s torb e n en 1) Diodor. Sie. 5, 72 . 73. — 2) II. 22, 477. Aiscliyl. Emnenid 21C. Euripid. bei Stob. Flor. 70. 1» ■— 3) Plutareb, Mor. p. 119 E. Pollus 3, 38. Hesychius 2 ? 1056. — 4) Plato de legg, 6 7 p, 474. 7. ff. 48 am 30. Tage nach ihrem Tode eine Gedachtnissfeier '). Es gab auch ein allgemeines Fest zum Andenken der Verstorbenen j n Athen, vrelches etwa am 3. September gefeiert wurde. Fiir die Kinder aber, weil sie noch unbefleckt von der Gemeinschaft mit den irdiseken Dingen keiner weitern Siihne bedurften, wurden keine Tod- tenopfer Verrichtet 1 2 ). Aus dem Gesagten erhellt, dass die Siihn- opfer das ganze Mensebenleben umfassten und durch- drangen, dass ferner ihr Anfang oder ihre Einfiihrung liber die sogenannten historischen Zeiten hinaufreicht, en d lic h, dass sie iiberall und bei allen Volke r n im Wesentlichen gleičhformig bestanden bab e n. Man wird ebensoivenig ein Volk finden, das den Gottern keine Opfer und keine Gaben dargeboten, als man eines entdeckt hat, das gar keine Gott- heit erkannt hatte. Die Seele aber von diesen Opfern ist das Bevusst- sein der Erlosungsbediirftigkeit und die vorwiegende Deberzeugung, dass d.iese Erlosung von der Schuld nur durch einen Unschuldigen firmoglicht werde. Somit offenbart sicb zugleich in diesen Siilmopfern das allgemeine Gefiihl des Bediirfnisses und der Envariuog eines Erlosers. § 20 . In den alten Mythologien findet sicb die sonderbare Vorstellung von der Hingabe der Gottheit an das Leben der Welt, oder von der Entausserung des hochsten Wesens in die Endlicbkeit der Einzeldinge. Die Idee dieses Opfertodes der Gottheit war auch ein Gegenstand der Darstellung in den Mysterien, welche be- sonders in Aegypten Naehts gefeiert rvurden 3 ). Das erste Lied, das im ganzen Alterthum ertonte, war eine Threnodie um den Hingang des Himmelsgottes. Eine Nation sang den Klagege- sang der andern zu und substituirte i h r e n b e s o n d e r n gott- m e n s c h 1 i c h e n H e 1 d e n 4 ). Darum sagt der philosophische Apo¬ loget Justin M.: Als die bosen Geister die messianischen Propbezeiun gen gebort hatten, so bewirkten s?e, dass man mehrere Sobne des Zeus annahm, in der Meinung, sie konnten 1) Harpocrat u. Suidas vgl. Plutarch. Aristid. 20. Thucyd. 3, 58. ■— 2) Plutarch. Mor. p. 612 A. — 3) Herodot 2, 171. — 4) Dr, Sepp das Heidenthum u. dessen Bedeutung fUr das Christenthum II. Thl. S. 25, 49 die MenscKen dadurch verleiten, alles auf Christus Beziigliche f ur Fabeln und d en Sag e n d er D i eh ter ahnlich zu h al¬ te n. Und dieses verbreiteten sie unter den Griechen und den iibrigen Volkern, wo sie torten, dass die Propheten den festern Grlaub en a n Christus ver klin de ten l ). Solite ab er Jem and von den Heiden die Kreuzigung Christi (gegen seine Gottheit) eimver- fen, so bat auch sie Aehnlich.keit mit den Sohnen des Zeus, w e 1 c h e nach eurer Ansicht den Leiden nieht ent- gangen s in d 2 ). Platon, sagt ('le m e n s von Alexandi;ien, ist fast cin Prophet in Beziehung auf die gottlicbe Heil- anstalt, indem er den Gerechten von den Ruchlosen so dargestel11wer d en lasst: „ Der so gesinnte Gerechte wird gefes- „seit, gegeisselt, gefoltert, ge bi en det und zuletzt, nacli- n dem er allemoglichen Leiden erduldet bat, gekreuziget „werden 3 ).“ Friiher noch sagt Plato: „Der Gerechte muss von „Allem, ausser der Gereehtigkeit entblošst und in einen ganz entge- „gengesetzten Zustand/ als der vorige rvar, versetzt werden. Ohne je „ein Unreeht zu thun, soli er den grossten Schein der Ungerecbtigkeit „haben, damit er ganz bewahrt sei in der Gereehtigkeit, indem er „aucb durck die iible Nachrede und alle Folgen davon nicht bewegt B wird, sondern unverandert harre er aus bis zu dem Tode, indem er „sein ganzes Leben hindurch fiir ungerecbt gehalten wird und docli „gereeht ist, damit er die hochste Stufe der Gereehtigkeit „err ei eh e.’ ! Ein solcher leidender Sohn des Zeus und der, sterb- lichen Konigstochter A1 c m e n e ist H e r a c 1 e s, der nach vielen Kampfen und Leiden, die er zum Wohle der Menschheit bestand, end- lich den R e.pras e n t an t en der leidenden Mensehheit, den gemarterten Prometheus, nach dem Willen seines Vaters Zeus befreite. Der unsterbliche Chiron, Sohn des Kron o s, g e h t f r e i w i 11 i g s t a 11 des Prometheus in den Tod, um ihn zu erlosen, nachdem H e raci e s den Adler, der dem Lei¬ denden bisher immer die Leber ausbackte, erschossen hatte. Darum klingt auch von Anfang der Fesselung des Prometheus an durch Jahrtausende herauf, aus der Mitte der Mensch¬ heit selbst, die Stimme der Hoffnung, dass Erlosung ein st kom men werde. Bemerkensrverth ist der Zug, dass von 1) Justin M. Apolog. ad Caes, Anton. P. 54. — 2) 1. c. 21, 22. •— 3) Clemens Alex. Strom. 5. vgl. Pl,pt, de rep. II. p. 361 - 362. VI, Programm. 4 50 Aegypten h er d as Heil kommen soli. Es klingt dies wie eine Ahnung der Wahrheit, die spater sicli verwirklichte, wenn wir die Parallele boi Matth. 2, 15. vergleichen, wo es in Be- treff des wahren Erlosers heisst: Aus Aegjpten rief ich mei- non Solin. Diese Erlosung kiindete Hermes dem Prometheus mit den Worten an: Hast du ausgeharrt clurch langer Zeiten Nacht, d an n steigst du wieder aus dem Grabe auf zum Licht. — Hoffe niclit zu schauen solclier Leiden Ziel, bevor ein Gott, ein Steli- vertreter deiner Qual e r s c h e i n t, zu w a n d e r n in des Ha- des dunkles Reich fiir dich J ). Nach Hesiod hatte Heracles die Bestimmung, ein Abrvehrer des Pluches Gott er n und Men- schen zu werden i * ). Heraeles wird aucb als Besieger des To- des gefciert, indem er in die Untenvelt steigt, die Al cest is und Theseus nicht nur aus dem Hades befreit 3 ), sondern auch mit dem Tode kampft, den er in der Person des Hades be- z w i n g t, wodurch er die dar in Gefangenen befreit, und selbst den Cerberus gebunden siegreich h e r a u f f ii h r t 4 ). Endlich wird der Held am Berg O e ta durcli den Tod verklart, wo sich die Sonne verfinstert. Nun erhebt er sich, dureh das Eeuer von den irdischen Scblacken befreit, wie ein Adler yom brennenden Holz- stosse zu dem 01ymp empor, wo ihn sein Vater als den verklarten Solin zu s ein er Re elite n aufnimmt 5 ). Da die Dicliter sagen, Hercules, sei stark gewesen, habe den ganzen Erdkreis durchzogen, Jupiter und Alcmene seien seine Eltern gewesen, er sei n a c li s ei- nem Tode in den Himmel gestiegen, verstelie ich darin nicht, dass jene Messianische Prophezeiung: „Er ist stark wie ein Riese seinen Weg zu laufen, K nur vom bosen Damon nachgeahmt worden sei 6 ) ? In den Mysterien finden wir unverkennbare Spuren von der Lehre der Wel t erlosung. „Ein Gotterkind -vvird glanzuinstrahlt „geboren; der Schein eines Sternes kiindigt seine Geburt an. Dieses „Gotterkind wird verfolgt, und zum Manne gereift mit 12' Arbeiten „beladen. Als Hercules vollendet es dieselben und unterliegt dem „Martertod und trinkt den Kelch des Zornes. Man zeigt sein Grab; „docli er ersteht wieder aus demselben, steigt in die Unterwelt, zeigt 1) Aeschyl. 1019 - 1029. — 2) Hesiod šcutum Herc. 29. — 3) Diodor. Sic. 4, 63. •— 4) Euripl- des Alcest. 240. 846. — 5) Pindar. Nem. 1 ; 69. Ovid. met. 9, 262. — 6) Justin, in Trypli. 69. vgl. Psalm. 18, 6. 51 „seine Herrschafifc und fabrt dann gegen Himmel *). Merkvviirdig ist auch der Umstand, dass Heracles den Wogendrachen be- kampfte. dem er in den Rachen sp ran g. Nach drei Tagen aber kam er unverletzt aus dem Bauehe desUngethiims iiervor und befreite die an einem Felsen gekettete und j enem See- ungebeuer preisgegebene Hesione und fuhrte sie mit sich. Dann kam er mit seinen 12 Genossen naeh Kolcbis, to er statt der Men- schenopfer das Widderopfer einftihrte. Da in der Mytkologie so manche Soline des Z e u s und Heroen in diesem Geiste, wie Heracles, auf der Erde unter den Mensehen- kindern auftreten und flir die Menschheit sich opfern und endlich da- fiir in den Himmel erhoben \verden , und mancb’ andere sclione Ziige des Charakters an sich tragen, so rvird es nicht auffallen, dass die Kirchenlehrer mane h en messianischen Zug in einem und and er n der Sohne des Zeus erblicken. Darum sagt Justin der Martyrer: „ Wenn wir sagen, dass der Dogoš der Erst- „geborne des Vaters ist und ubernaturlich aus Gott gezeugt worden „sei, dass er an das Kreuz geschlagen, gestorben, auferstanden und „in den Himmel gefahren sei, so erzahlen wir nichts Neues und „von den Sohnen des Zeus Verschiedenes. Denn ihr wisst, „wie viele. Sobne des Zeus eure geachtetsten Schriftsteller anfuhren. B Ilir wisst, dass Merkur das auslegende Wort, und der „Lehrer aller Kunste, dass Aesculap, nachdem er we- „gen seiner Heilkunst durch den Blitz getodtet w or den „war, in den Himmel erhoben worden sei; dass dieselbe Er- „kebung auch dem Bacchus, der zerrissen, und dem Hercules, „welcher aus Schmerz sich selbst verbrannte, und den Dioscuren, „den Sohnen der Leda, und dem Perseus, dem Sohne der Dan a e „zu Theil wurde, und dass Belle rop h on auf dem Pegasus gen „Himmel gefahren sei. Wenn ich glaube, dass jener gottliche L o go s „auf eine eigene und iibernaturliche Weise aus Gott gezeugt worden „sei, so glaubet, dass dieses dieselbe Bewandtniss babe, wie sie den „Merkur das erklarende Wort von Gott nennen 1 2 ).“ Hermes ist nach der Mytbologie ein soleher Solni des Zeus, gefeiert als M i 111 e r zivi- schen Gott und den Menschen, dereigentliche Engel des Bundes in der mythologischen Welt, der Offenbarer 1) Wagner’s Vorlesungen uber allgemeine Weltgescliichte, — 2) Justin M. Apolog, 21 u. 22. 4 * 52 des gottlichen Willens a n die Menschen, der Urheber der altesten Gesetzbiicher, des Mittels der hohern Belehrung, von den Bootiern als Demiurgos, oder gottlicher Werkmeister verehrt, kurz, er ist der Gott der Offenbarung oder der L o g o s der ganzen Heiden- zeit. Auch befreit er die Todten aus der Schattemvelt und geleitet sie ins bessere Leben. Aesculap, das Feuerkind, wird als Heil- gott der Erloser genannt, ist nacb Pausanias ein Gott aus Gott geboren J ), heilte nicht blos Kranke, sondern enveckte sogar Todte zum Leben uud wird fiir diese Wohlthat yom Hades wegen der Entvolkerung des unterirdisclien Beiclies verklagt und endlich vom Blitze getodtet. Doch wurde er vom Z e u s als S e h 1 a n g o n t r a g e r a n den Hi m m el versetzt und als Wohlthater und Erlo¬ ser der Menschen go t tli eh verehrt. ^Wenn die Heiden den „Aesculap anfiihren, wie er Todte erweckt und andere „Krankheiten lieilt, kann ich dabei nicht behaupten,“ fragt Justin, „der Satan habe die auf Christus beziigliche Weis- „sagung nachgeahmt? Gottrvird selbst kommen und euch „Heil verschaffen. Er wird den Blinden das Ge si elit, den Tanben das Gehor verschaffen etc. 1 2 ).“ „Ist denn unter „der Mythe des Bacchus, den sie vom Zeus und der Semele „entsprossen sein lassen, den sie als Erfinder des Weines anuehmen, „und von dem sie erzahlen, er sei zerrissen worden, gestor „ben, aufgefahren, und bei dessen Mvsterien gegen das Recht und „die Wahrheit Wein gebraucht wird , nicht jene von M.o ses aufge- „zeichnete Prophezeiung Jakob’s durch Verdrehung verborgen a )?“ Dionysos-Zagreus, dessen Leib die Titan e n zerrissen, wurde vom Zeus dadurch verherrlicht, dass er die Titanen mit dem Blitze zersehmetterte, dem Apollo befahl, die zerstreutem Glieder zn einem neuen Leibe zu vereinigen, der zu neuer Herrlichkeit ivieder erstehen solite. Als Herr des ganzen Naturlebens besiegt er den Tod, den die List des Weibes verursachte. Nocli einen Zug liebt Justin von Bacchus heraus. «Als die hosen Geister die „Worte der Propheten horten, dass der Mesias sein Ftillen an den B Weinstock binden und seinen Mautel im BI ute der Trauben „wascheu wird, so nannten sie den Bacchus den Solin des Zeus, „sckrieben ihm die Erfindung des Weinstockes zu, bedienten sicl: 1) Pausanias 7 , 23 , —• 2 ) Apol, 54 fin. Triphon 69, vgl. Jesaias 35, 1-7. —- 3) Justin Tri- pbon 69. 53 bei seineu Mvsterien des Weines, und lehrten, er sei zer- fleischt und in den Himmel aufgenommen vorden '). Er behauptet ferner, dass er dureh die verdrehten und miter die Griechen ausgestreuten Angaben in seiner Kenntniss und in sei- nem Glauben in Bezug auf die hi. Schrift gestarkt \verde 1 2 ). Wenn wir im persischen Mithras Spuren von der Erwartung des Eri o s er s erkennen, so muss man besonders beachten, dass ein Heiliger von einer reinen Jungfrau ge- boren ersclieinen und seine Ankunft durcli einen glan- zenden Štern angekundet und die Verehrer des neuge- bornen Hciligen zu seiner Geburtsstatte leiten wurde. P e r s e u s ; erlosst die Andromeda, die am Seestrande als S i n n b i 1 d der alten Mens chh eit, die den Mach ten des Abgrundes a u s g e s e t z t ist, b i s der Erloser kommt und sie-vom Ba¬ ch en des Me er u n ge thii m s befreit. Er halt das Medusenhaupt dem 'VVellendraclien vor und versteinert ihn s ). „Da aber die Heiden „von Isaias vernommen, der Erloser werde von einer Jungfrau ge- „boren und aus eigner Eraft zum Himmel aufsteigen, so suchten sie „hierbei den Perseus anzuftibren 4 ). a Belle.rophon, der der Ver- sucbung , ivie Jo sef der Aegyptier widerstand 5 ), wurde falsch ange- klagt und verfolgt. Doch er scbivingt sicb mit Hiilfe der Gotter auf den Pegasus und erlegt die Chimare, die Ausgeburt des Drachenfiirsten Typhon und der Ehidna; das Flugelross fahrt auf, seinen Beiter gen Himmel zu tragen; er stiirzt herunter, glaubt den Gottern verhasst zu sein, und stirbt von Leiden nberhauft, die er fiir andere ertragen 6 ). Wie Heracles schon als Kind die Schlangen zu be- kampfen hatfe, so war auch Apollo, Sohn des Zeus, in der Wiege von grossen Gefahren umgeben. Es stellte namlich jener dreikopfige Drache Pytbon dem gottlichen Kinde nacli dem Leben. Schon am 4. Tage nach seiner Geburt erlegte er den Drachen mit den Pfeilen, wofiir er seiner Siihne wegen dem Admet dienen und in den Hades steigen rnusste. Scbuldbeladen und aus dem 01ymp verwiešen stieg der Golt als Hirte in N i e d r i g k e i t h e r a b , um a 1 le Leiden der S t e r b 1 i c h e n 1) Justin. M, Coliort. ad gentes. vgl. Gen. 49. 8. seqq.— 2) 1. c. — 3) vgl. Plinius D, 4. — A) Justin Apolog. 21. — 5) Ilias 6 ; 158. — 6) Dr. Sepp III. 125. 54 zu'ertragen, und als Heiland and Wehrer alleš Uebels dem Umsichgreifen des Todes zu ste u er n. Selber entstihnt und als S i e g e r ii b e r d e n G i f t d r a c h e n , dem er d e n K o p f zertreten, kehrt er mit einer Krone von 12 Edelsteinen geziert in Begleitung der Mu se n zu den H o h e n des 01ympos zuriick, wo er zurRechten des Vate r s sitzt '). Zu Apollo, dem Ketter und Siihner der alten Schuld wendet sich aucb das rbmische Volk mit der Bitte, er mockte die Er e vel ti Ig e n und die verdierite Strafe zur tičk h alte n. „Welchen Gott, „fragt Horaz, soli das Volk gegen den Einsturz des Reiches anke¬ ten? durck welcke Gebete der Chor der keusclien Jungfrauen die „Vesta mit Bitten ermiiden, die nicbt melir auf die Lieder horcht? „Wem wird Zeus das Amt, die Frevel zu stihnen, anvertrauen? „Komm’, wir flehen zu dir, o Seher Apollo 1 2 )! Man kann also mit Dr. Sepp behaupten, jede Nation hat ihren eigenen Heros und Vorkampfer in dem g r o s s e n S t r e i t e, und rvoder Mythenkreis des e i n e n sich sckliesst, offnet sich der des andern. Alle vereint liefern die Ziige des kistori- schen Beprasentanten 3 ). Die Envartung eines Erlosers war zur Zeit, als er nach den Propkezeiungen wirklich geboren wer- den solite, am grossten. Schon Hesiod, der sich iiber das Verderb- niss seiner Zeit beklagt, offnet eine A u s s i c h t auf b e s s e r e Zei- ten: „Zeus tilgt einst auch dieses eiserne Geschlecht vieltonniger Menschen 4 ).“ Man hatte auch ur alt e, durck Tradition erkal- tene Verkeissungen einer neuen, bessern Zeit; besonders war davon in den Biichern der Sibyllen haufig die Bede. Von der Weissagung einer solchen schonern Zeit, wie sie die erytkreische Sibylle bezeichnet, maclite Virgil in seiner 4. E doge einen guten Gebrauch. Selbst Heyne gestekt, dass Virgil die Weis- sagung einer grossen Glilckseligkeit gut zu beniitzen ver stan d. Merkwiirdig ist es, dass diese Eci o ge in griechisehe Verse iibersetzt irnd auf Befehl des Kaisers Constantin bei der Kir- chenversammlung zu Nice a vorgelesen wurde. Dante legte auf dieses virgilische Gedicht ein so grosses Gervicht, dass er davon behauptet, er sei dadurch mit Macht erleucktet wor- 1) 1. c. Kallimacli. hym. in Apoll. 28. 29. Dieser Lyriker gibt interessante Nacliricliten iiber die Religionen der Alten. — 2) Horaz 1, Od. 2. — 3) J. e. S. 88. — 4) Hesiod opp. et. dies ; 1, 112, 225. 55 den, um sich Gott .zu -weihen. . Der Dichtcr Statius, Secun- dianus, Jocatus, Verianus, und der Martjrer Marcellianus sollen durch den Einfluss dieser Ecloge sich zum Christen- thume bekelirt liaben Mit orientalisclien Bildern schildert Virgil die Wiederkehr der Jungfrau Astraea, den Sturz der Scblauge, die nalie Geburt des Sohnes des grossen Zeus, der die Schuld des menschlichen Gescblechtes siihnen und die friedliche Welt in Kraft seines Vaters regieren w tir d e, das Erscheinen und Erheben eines himmlischen Geschleclites, eines uraufanglichen Volkes in der Welt und die allmalige Wie- 'derhers.te.llun.g- eines Reiches der Unschuld und der Selig- keit des goldenen Zeitalters 1 2 ). Diese Erwartung findet man selbst in heidnischen Klassikern als eine allgemeine dargestellt. „Es war in ganzem Orient eine alte und unwandelbare „Meinung, dass es durch die Vorsehung bestimmt sei, dass M damals einige aus Judaa aufstehen und sich der Herr- scliaft bemachtigen wilrden s ).“ Der Matliematiker Nigidius Eigulus rief im Senate bei der Naehricht, dass dem Kaiser Au- gust ein Sohn geboren sei, laut aus: Wohlan, dir ist dann der als Solin geboren, der iiber uns Alle Herr sein wird. Dadureh wurde die ganze Rathsv.ersammlung um somehr venvirrt, da schon seit einigen Monaten ein bestandiges Gerticht ging, die Natur bereite si.ch einen Konig zurWelt zu bringen, der schon von derSibylle vorher verkiindet worden 4 ). Nach Suetonius erwarteten die Druiden ihren grossen Konig der Welt. Eine Prophetin hat schon 200 Jahre vor Galba in Spanien verkiindet, dass der Furst und Herr- scher der Welt aus Spanien hervorgehen werde. Dadureh veranlasst liess sich Galba dort zum Kaiser ausrufen und nannte sich wie August auf den Miinzen: Heil der Welt — Salus generis humani 5 ). Bei der Belagerung von Jerusalem wurden viele Schreckenszeichen am Himmel und auf Erden gegeben. Wenige Juden aber deuteten dieses zum Schlimmen; den meisten ivohnte die Ueberzeugung bei, in den alten Scliriften der Prie- ster stehe, zu derselben Zeit werde geschehen, dass das Morgenland aufbltihen, und von Judaa die Weltherrschaft 1) Dante Pegfeuer 22. Aventin. II. 419. — 2) Virgil eclog. 4. vgl. Jesaias H. — 3) Sueton. Octav. 94. Dio Cass. 45. — 4) Sueton. Vespas. c. 4. — 5) Sueton. Ga!b. 9, 10. 56 ausgehen ver d e. Das .Volk deutete dies erhabene Schicksal auf sich '). Das grosse Siihnopfer, das der Welterloser auf Gol ga tira fiir die gefallene Menscblieit dargebraeht bat, komite nur durcb den Tod de s G o 11 m e n s c h e n , der in den o b e n e r \v a h n t e n M j t b e n v i e k facb vorgebildet war, die Siin den der Welt til g e n. Un- reines konnte selbst nach den Begriften der Heideu nicbt in den Him¬ ni el eingehen 2 ), vie schon die verschiedenen Siihn- und besonders die Todtenopfer dargethan bab e n. Glaubst du wohl, dass Apollo, venn die Seelen der Sterbenden nacb verlassenem Korper \vie Nebel und Eauch vergehen , so v i e 1 e S ii h n o p f e r f ii r die A b g e sc h i e d e n e n a n o r d n e n und solche Ebrenbezeugnn- gen fiir die To d ten fordern viirde? Icb fiir nreinen Theil vverde die Unsterblichkeit der Seele nicbt eher aufgeben, bis ein anderer Heracles den Dreifuss der Pythia geraubt und diess Orakel zerstort liaben vird. Es ist ein und derselbe Grund, vorauf die gottliche Vorsehung und die Fortdauer der men sebi icb e n Seele beruht, und ver die ein e laugiiet, kann die andere nicbt mehi' fest halten 3 ). Diese Opfer konnten also nur stattfinden in der Voraussetzung der Unsterblichkeit der Seele. § 21 . Fiir die Unsterblichkeit der Seele . des Menscben steht als Ge- vahrsmann d as ganze Alterthum, velches, je naher es dem Ursprunge und der gottlichen Abstammung gestanden, desto besser volil auch die Wahrheit gescliaut bat. s So var denn ,jenes Ein e. den alten „Vorvordern eingepflanzt: Es bleibe im To de das Gefiibl, und ,nimmer werde bei dem Scbeide.n von diesei Welt der jMensch bis zum ganzlichen Untergange ver til gt. Dies „ liisst sicb aus den heiligen Verordnungen vegen der Graber erken- „ nen, velche die g r 6 s s t e n G e i s t e r nie mit so vieler Sorgfalt B beobacbtet hatten, vare nicbt tief in ibrer Seele die Ueber- „z eu gun g eingepflanzt ge ves en, d er To d s e i keinUnter- n g a n g, der A11 e s . a u f h ob e und v e r t i 1 g e, s o n d e r n nur ngleichsam eine Wanderung, ein e Verlaugerung des ,Lebens, bei rubmvollen Menschen ein Ptihrer zum 1) Tacitus hist, 5. 13. — 2 ) Plato Phaeed. 11 7 12. — 3) Plutarch. de Sera Num. vind. 17, 57 jjHimmel,. wo jetzt Romuluš mit den Gottern lebt. Da- „rum wird Hercules iiberall fiir einen grossen, machtig naben Gott „gehalten, darum Bacchus, Castor und Pollux und die Ino „als Leucotliea gottlicli verehrt. Beinahe der ganze Himmel „ist mit dem Menschengeschlechte bevolkert '). Fiir dio „Unsterbliehkeit lasst sicli ferner derselbe Grund anfuhren, der fiir „den Glauben an das Dasein Gottes geltend gemacht wird; dass es „namlich kein so rohes Volk gebe, dessen Geist die Vorstellung von „Gott nicbt erfiillte. Selbst das Webklagen und jene Thranen der „Riiknmg haben ihren Ursprung in dem Glauben , unsere Geliebten „ fii h 1 e n sich der Annelimlichkeiten des Lebens beraubt. So denken „wir, weil es uns natiirlicb ist, ohne Schliisse, olme Unter- „i-icli t 2 ).“ Aus dem schveigenden Urtheile der Natur wird es er- kliirlich, dass die vorziiglichsten Geister nach Maximen bandeln, ivelche oline das Vorgefiihl der Unsterblichkeit der Seele in sicli selbst widersprechend varen. Dahin gelioren jene grossen Opfer, rvelche ausgezeichnete Miinner olme Eigennutz der Menschheit bringen. Da- durch bahnte sich Hercules den Weg zum Himmel. Wenn die geist reic h sten und besten Menschen die K raft der Na¬ tur a m g e n a u e s t e n d u r c h s c h a u e n, v e i 1 i h r e Natur s e 1- ber die bes te ist, so ist vahrseheinlich, dass, da immer die freff- lichsten Manner fiir die Naclnvelt am meisten besorgt sind, nach dem Tode ein Zustand folge, w o v o n sie ein Gefiilil haben s ). Schon im orpheisclien Hymnus an Hermes heisst es: „Du veckst aus dem Schlummer die Seelen rvieder, wenn ihnen na- „het die Frist: denn durch des Tartarus Raume Fiihrer der Todten „zu sein, der evig lebenden Seelen, bist du von Perse- ,phone bestellt 4 ). Selbst im Labirynth, das Theseus durclnvan- dert, erkennt man eine Darstellung der Todtenivelt, in deren ver- schlungenen Windungen ein Bild der Wanderungen, welche die Seele durch die Sternenranme gefuhrt von ihrem Genius zu vollziehen hat; in Minotauros aber sieht man den Tod, der das Leben zum Opfer fordert. Die Insel Naxos, wo Theseus die Ariadne verliess, ist urspriinglich die mjthische Licht- und Sterneiiinsel, zu der Theseus wieOdysseus zumMorgeneilande, wo die Chore der Eos sind, zuriickgelangt. Der Ariadne nahet der strahlende Beherrscher der Insel, Dionysos, 1) Cicero Tosc. 1, 12. — 2) 1. c. 13. — 3) vgl. 1. c. 14. — 4) Otph. hym. in Mercnr. 58 erweckt sie z um w onnigen Leben im Lichte uud fiihrt sie als Gbttiu, nachdem er die Vermahlung mit ihr gefeiert, z um H im* m el empor I ). Wie die Krone der erbobenen Ariadne als Denksiiulo der Unsterblichkeit a n d en H im m el versetzt vvurde, trugen die in die M y s t e r i e n Einzuweihenden auf der hoch- sten Stufe ziim Zeichen des freigewordenen, wonnigen Lebens im Lichte, Kranze. Daber sagt auch C i cer o, dass die Mysterien eine bessere Iioffnung auf das Jenseits eroffnen 2 ). Denn es ist anerkannt, dass in den E1 e u s i n i e n die Zustande der menschlichen Seele in den vrichtigsten Momenten dargestellt wurden, wozu gewiss die Scbeidung von dieser irdiscben Sphare und ihr e Kuckkebr in i h r e H e i m a t, in die S t e r n e n w o li n u n g g e- zahlt irerden m us s. Die Seele kreist nach der Vorstellung der Alten im bestandigen Wecbsel durcb das sicbtbare Ali; doeh im Ster- nenraume ist ihre Heimatb , do rt p r a n g t ewig die Krone i h r e s Si ege s 3 ). Nach dem Tode gelit namlich mit den Seelen die Ver- anderung vor, welcke diejenigen erfabren, die in die grossen Myste- rien eingeweiht werden. Das ersto in diesem Leben ist ein rastlo- ses Laufen durch finstere und grauenvolle Pfade und allerlei Schreck- nisse, endlich scbimmert uns plotzlich ein wundervolles Licht entgegen. Wir betreten die anmutbigsten Gefilde, vvo itberall frohlicbe Gesange uud Tanze berrschen, wo Aug’ und Ohr durcb die beiligsten und erbabensten Gegenstande entziickt wird. Dann wandelt der Einge- weibte aller Bande entlediget in voller Freiheit herum, feiert mit Kranzen gesclimiickt die beiligsten Mysterien, geniesst des Umgangs frommer und gerecbter Menscben, und siebt mit Bedauern auf die ungeweihte, u n r e i n e Schaar derjenigen berab, welcbe sich noch hier auf der E rde im Schlamme und Dunkel angstlich berumtreiben 4 ). Auf diese Riickkehr der Seelen aus diesem Leben deuten auch die Dios c u r e n als Sobne der N e m e s i s , welelie ebenfalls in den M y- sterien vorkommt, zumal die Wanderung der Seele eine Strafe ftir eine friihere Sc h u ld und ein Mittel zur Rei- nigung durcb gerechten Lebenswandel ist. Die Wande- X) Orph. hym. in Aphrodit. 22, 23. Odys. 12, 3. 4. — 2) Cie. de legg. II. 13, 36. vgl. Diog. Laert. 6, 33. — 3) Furtwangler die Idee des Todes, S. 340 - 344, — 4) Plutarch. de immort. anirp. 59 rung ist bei den Dioscuren angedeutet durch die Reisehiite und Wanderstabe, ivic aucli Odysseus als Reprasentant des Menschen- geistes auf den Wanderungen an der Grabstelle dargestellt ist '). Audi nach Pindar diirfen die Reuevollen, die noch nicht fleckenlos sind, in der irdischen Sphare, um sich zu reinigen, wandern, bis sie Persephone losspricht 1 2 * ). Diese letzte Wanderung maeben die Seelen mit den Dioscuren in die Lichtsphare als ganz ge- lautert zu den Gottern. Daraus ivird die Hochacbtung, mit wel- cher alle grossen Geister des heidnischen Alterthums von den My- sterien sprecbcn, begreiflicb. Zu diesen grossen Mannern diirfen wir den Socrates, Platon, Aiscliylos, Pindar, Sophocles, Euripi- des, Philolaus von Sizilien, Aristophanes, Isocrates, Cicero und Plutarch rechnen. Cicero beruft sich, vvenn er von der Unsterblichkeit der Seele spricht, auf die genannten Weilien: „Erinnere dich, weil du eingeweiht bist, dessen, was man in den „Mysterien lehrt, dann wirst du erst den ganzen Umfang der Bemer- „kung fassen, dass selbst jene sogenannten Gotter der ersten „Ordnung kier von uns aus in den Himmel kamen s ). In der Mysteriensprache ist nach Plutarch dieses Leben auf der Erde ein geistiger. Tod, aus dem sich die Seele erst wie der Schmetterling von dem Zustande der Raupe und Puppe, um sich wieder zu einem hohern Leben erheben zu konnen, herausarbeiten muss. Darum ist die Geburt des Menschen des Jammers Anfang, der Tod aber die Auflosung und die Befreiung davon. Daher sagt aueh Isocrates: die Menschen haben nur durch die Mysterien ein e Hoffnung einer bessern Zukunft nach dem Tode 4 ). Wenn die Kirchen- lehrer in den Mysterien oder vielmelir in den darin dargestell- ten Wahrheiten und Lehren eine sataniscbe Nachahmung des Wahren und Guten erblickten, so ist damit so viel zugestan- den, dass ohngeachtet aller Ausartung derselben noch im m er etwas Wahres und Gu.tes darin gelelirt worden ist |). Die Beiveise Platon’s ftir die Unsterblichkeit der Seele, wie er sie in Phaedon speculativ aus der Ideenlehre auseinandersetzt, wollen wir nur be- 1) Monument ined. d’ antique fig. par Rochette 1. P. T. 63. — 2) Pindar fr. 10, 4 (Edit. Dissen.) — 3) Cie. Tusc. I. 13, 29-vgl. Callimach. hymn. in Jovem v. 8. S. Croix sur les mysteres du paganisme. Ouwaroffe sur les myst. d’ Eleusis. — 4) Isocrates Pane- gyr. 90. vgl. Aristid. orat. Eleusin. •— 5) St. Augustin. de civit. Dei 2, 26. vgl. Ter- tuli, de praeseript, adY. Haeret. 4. 60 ruhreii. Der erste Beveis bestelit darin, dass nach alt er Lehre d i e S e e 1 e n v o n h i e r in d a s J e n s e i t s u n d v o n d o r t w i e- der liielier wandern. Allein nach der reineren Mysterien- lelire bediirfen v oliko m m en gereinigte Seelen keiner Wanderung m e lir. Der durchaus Schlechte aber, der auf seiner Schuld hartnackig verharrt, wird dieser gnadenvollen Wanderung niclit mehr theilliaftig und bat das Scbicksal des Tantal os und Sisyphos zu leideu, wie Platon selbst eine owige Qual der unverbesserlichen Siinder lehrt. Die Prage, werden die Lebenden aus den Todten ? wird so beantwortet. Das Entgegengesetzte wird aus dem Entgegen- gesetzten durch Uebergange. So miisste aus dem Nichtsein das Sein, aus dem Tode das Wiederlebendigwerden gefolgert iverden. Aus der Praexistenz folgert Platon auch die Postexistenz. Das Hauptmoment dieses Beweises abor ist die Praexistenz in Verbindung mit der Ide en le lire, nach ivelelier alies Lernen eine Erinnerung ist. Platon nimmt an, dass die Seelen der Menschen im Himmel zuerst rein und bei Gott waren, datin aber von ihm abgefallen zur Strafe in dieses Leben gleichsam verbannt ivorden. Sie hatten zwar j en s e i t s die Ideen g e s c h a u t, aber durch das Ein- gelien in den menschlichen Organismus hatten sie selbe vergessen und seien un v er nun f ti g geworden. Doch schuf Gott die Mensclienseelen selbst und befahl den un- tergeordneten Gottheiten die u n s t e r b 1 i c h e S e e 1 e mit dem s t e r b 1 i c h e n L e i b e z u u m h ti 11 e n. Die Seelen aber liaben die Priifung niclit bestanden, also mtissen sie nach Platon selbst, einen grobem Organismus, wie eben der menschliche ist, angezogen haben '). Die niclit bestandene sittliche Priifung war die freie Wahl einer s o 1 c h e n L e b e n s iv e i s e, so dass Gott, der der Seele den freien Willen liess, ausser aller Schuld ist. Nun aber ist der Menscli sich ciner solehen verfehlten Wahl niclit bewusst, also kann auch dieses Leben des Mensahen auf der Erde niclit als Strafe angesehen werden. Ueberhaupt folgt aus der Praexistehz nur eine relative Portdauer, aber nicht absolute Unsterblichkeit. Der Beiveis aus der Idee an sich ist ebenfalls nicht stichhaltig. Die S e 61 e bringt Leben mit sich und kanu nie das Gegentheil des Lebens iverden, d. h. die Seele als Quelle des Lebens kann nie s t e r b e n. Dies 1 ) vgl. Timaeus 41 - 4-1. 61 ist der beriihmte Hauptbeweis, der im Ganzen auf Folgendes hinaus- geht. Die Seele, so lang sie ist, kann nicht sterblich sein, was docli ein Cirkel im Beweise ist. Einen andern Beweis ftihrt Platon aus dem Grundgedanken, dass die Seele das sich selbst Bewe- gende, also eben als das Schdpferische, das an sich Leben bat, nothwendig ohne Anfang und Tod sein miisse, was aber Platon im Timaeus selbst negiert, indem dort G o 11 die S e e- len erschaffen h at. Den moralischen Bevveis aus der Idee der Gcreclitigkeit scheint Platon vorausgesetzt zn h a b e n, da er nur kurz darauf hinweist, dass, wemi der Tod eine Befreiung von Allem ware, er den Sckleehtenden grossten Gewinn braehte, indem sie zugleich von ihrem Kor- per und auch von i lir er S cli 1 e c h t igk ei t befreit w tir d en '). Auch Ci e er o fiilirt den platonischen Beweis wortlich an. Die Urkraft bat keinen Ursprung, denn aus der Urkraft entspringt AUes; sie selbst aber kann aus keinem andern Dinge entstehen; denn was anders woher sein Dasein hatte, das ware nieht mebr Urkraft. Hat sie keinen Anfang, so hort sie aucb nicht auf. Der Beweis aus den iibrigen gcistigen Eigensehaften, die auf einen dem gottlichen Geisteahnlichen, eben darum un sterblich en G e i s t h i n w e i s e n , da solclie Eigensehaften nur von Gott zum Menschen kommen konnen und die Seele geradezu gottlich genannt wird, oder ein Gott, wie E u r i p i d e s zu sagen wagt, wird oft beriihrt. Denn wie jenes himmlische Wesen rein von Erde und Feuchtigkeit ist, so ist auch die menschliche Seele dieser beiden Stofte un t h e i 1 h afti g 2 ). Der Beweis von der Einfachheit der Seele ist hiemit nocli nicht gefiihrt, weil nur zwei Štolfe genannt werden. Doch sucht ihn Cicero so zu fuhren: Da¬ rauf achte ali ein, dass, wie du Gott erkennst, so unbekannt dir auch sein Ort und seine Gestalt ist, ebenso auch dir deine Seele bekannt sein muss, obwohl du vou ihrem Orte und ihrem Aussehen nichts wissen magst. Doch konnen wir nicht zweifeln, dass in d e r s e 1- ben nichts Gemischtes, nichts Z u s a m m e n g e s e t z t e s, nichts Ve r b u n d e n e s, nichts Zusammengefiigtes, nichts Zwiefaltiges ist. Verhalt es sich aber so, so kann sie auch nicht getrennt, nicht getheilt, nicht zerstreut, nieht 1) PlatQ Phaedou. 107. — 2) Oic. Tnsc. i, '26, 27, 62 aufgelosst werden und folglich auch nicht untergehen '). Deu Beweis aus der Gottahnlichkeit fiihrt Cicero so aus : „Der Mensch „ist von Gott mit vorziiglichen Gaben erschaffen worden und unter „so vielen lebenden Wesen und Geschopfen h i e r ist er „allein mit Verstand und Vernunft verselien. Weil nun „die Vernunft sich im Menschen und bei Gott fin det, „so stiftet die Vern un ft die er s t e Gemeinschaft zwischen B Gott und den Menschen. Diese stehen in einer Art „Ver w an d t s chaft mit den Gottern und ihrem Geschlechte, „weil die Menschen von ihnen mit dem gottlichen Ge- ,sehenke der Seelen begabt worden; Gott liat ihnen eine „Seele anerschaffen, um welcher Willen uns ivahrhaft „ e i n e Verwandtschaft mit den himmlischen Nat uren z u- „geschrieben wird, so dass wir von gottlichem Ge- B sclilechte und Sta m m e heissen konnen. Darum kennt „der Mensch Gott und erinnert sich, woher er selbst „entsprossen ist. Auch durch dieTugend ist der Mensch „Gott a h n 1 i c h; und wenn dies ist, Tvelche Verwandt- n schaft kann naher und gewisser sein? daher gab Gott dem „Menschen allein die aufrechte Stellung, damit er den Himmel, „seine vorige Wohnung, woher er abstammt, vor Augen „hatte 1 2 ).“ Fiir die Seele lasst sich ferner keinUrsprung auf Er den nachveisen. Denn es zeigt sich in den Seelen nichts von Mischung und Zusammensetzung, oder was auf eine Entstehung und Bildung aus Erde hinweise; eben so wenig etwas Feuchtes, etwas Hauchbares, etwas Feuriges, denn in diesen Stoffen ist nichts enthalten, woraus eine Kraft des Gedachtnisses, der Vor stellung, des Denkens oder das Vergangene zu be- halten, das Kiinftige vorzuschauen und das Gegenwar- tige aufzufassen sich ergebe. Alles dieses isteinzig etwas Gottliches, dass dem Menschen nur von Gott ge- kommen sein kann 3 ). Durch das Losschalen vom Irdischen sollen wir Gott ahnlich werden; diese Gottahnlichkeit besteht in der Verniinftigkeit, Gerechtigkeit und Heiligkeit 4 ). Jeder von uns ist unsterblich und geht mit dem Namen Seele benannt 1) 1. c. 29. — 2) Cicero de legg. 1 , 7. 22. 23. 8 ; 24. 9. Somn. 5 cip. c. 8. vgl. Seneca de Provicl, c, 1. —• 3) 1.0.27.— 4) Plato Theaet. p. 176 seu 121, vgl, Stob. Floril, III. 387. 63 zu an Jem Got tern liin, n m Rechensehaft zu geben '). Der Menscliengeist stammt a u s dem gottlichen Geiste u n d kann n ur mit Gott verglichen ver d en 2 ). Die himm- 1 i s c h e Seele ist a us ihrem erhabenen Wolmsitze h e r a b- gestossen und gleichsam auf die Er d e gesenkt w o r d e n, an einen Ort, der sich mit ihrem gottlichen und ewigen Wesen nicht v e r t r a g t. Allein dieGotter liaben d e s s h a 1 b die unsterblicben Seelen in m e n sc h 1 i c h e Leiber v e r- pflanzt, dam it es Wesen gebe, welche die Welt b etrach- ten und die Ordnung derselben nachahmen solite n s ). Den Hauptbeveis fiir die Unsterblichkeit der Seele deutet C i cer o nur dadurch an, dass er die Aehnliehkeit mit Gott sehr oft beto n t und hervorhebt, dass vir nicht dur c h den Zufall i n’s Dasein gerufen si n d, sondern von Gott, der fiir das Menschengeschlecht sorgen wollte. Gott konnte aber n i c h t s schaffen und erhalten, vas, ven n es alle Miihsel igkeiten erschopft h a 11 e, dan n in des Todes evig dauerndes Uebel versanke. Vielmehr ist uns ein Hafen bereitet, und ein Zufluchtsort; dies sei unsere Ueberzeu- gung! dass mit ausgespannten Segeln dorthin einzufahren vergonnt vare! Werden vir aber durch entgegengesetzte Winde zuriickgevorfen, so miissen wir doch eben dahin, wenn auch etvas spater, vieder gefiihrt verden 4 ). Oft schon las ich, Aristoteles liabe die Unsterblichkeit der Seele gelaugnet. Bei der Frage aber, in vie- fern die Geschicke der Nachkommen Einfluss auf die Verstorbe- nen hab en, sprickt sich der tiefe Denker dahin aus: „Alles kommt „bei dieser Frage darauf an, in wie fern noch die Verstorbe- „nen an den Dingen dieser Welt Theil nehmen, und ob „das Angenehme oder Widrige, was ihren Freunden begegnet, bis „zu ihnen gelangt und bei ihnen eine Empfindung er- »veckt? Obgleich auch etvas Gutes oder etvas davon Entgegenge- „setztes zu den Verstorbenen gelangt, so ist doch wahr- „scheinlich der Eindruck schvach und gering, sclivach „an sich, oder nur fiir sie; ist dies aber nicht der Fali, so ist „der Eindruck nur so gross und d er ar ti g, dass er die 1) Plato de legg. 12, 959. — 2) Cie, Tttse. 5. — 3) Cie. de senect. 21. — 4) Cie. Tuše. 1, 49 fine. 64 „Todten, wenn sie niclit gliickselig do rt s in d, auch „nicht gliickselig macht; aber audi den d ort Seligen „ilire Seligkeit niclit raubt (wenn sie ein Ungliick ihrer „Freunde hier vernehmeu). Also tragen die gliicklichen Ver- „halt,nisse det Freunde z n r Seligkeit d e r Verstorbenen „ e t w a s bei; eben so die Unfalle zur U n seligkeit dersel- „ L> e n : doc h nar in so \veit und in der Art, dass sie die „Seeligen nicht unselig machen, nocli etwas anders der „Art Schon ofters stiessen wir auf die Ansicht, dass die Seele, so lang sie nocli sinnlich ist und sicli von ihren Flecken nicht genug gereiniget, zur reinen Geistigkeit erschivungen hat, nacli diesem Leben n e u e Korper beivohnen mtisse, worin die eigentliche Seelemvanderung besteht. „Die Aegyptier waren die er- „ s t e n , w e 1 c h e die Meinung ausgesprochen h a b e n, dass „die menschliche Seele unsterblich ist und wenn der „ Korper venvest, immer in ein a n de res eben zum Leben „kommendes Geschiipf h i n ein geli t; sei sie nun jedesmal .,berumge\vandert in allen Land-, Meer- und Himmelsthieren, so gehe „sie wieder in einen zura Leben kommenden Menschenleib ein, und „diese Urawahderimg inaclie sie in 3000 Jahren. Diese Meinung „liaben unter den Hellenen etliclie angenommen, die einen frtiher, „die andern spater 1 2 ).“ Durch das Einbalsamiren der Todten solite die Wanderungszeit abgekurzt werden. Diese Hellenen, ivelche die Lehre von der Seelenvander ung aus Aegypten e n tleh n te n, sind Pherecydes von Syros (um 600 v. Chr.) und Pythagoras von Samos (gest. um 500); auch bei Plato n findet sich diese Vorstel- lung in ziemlich ausfiihrlicher Darstellung 3 ). Auch die Druid e n, die Priester der Kelten, lehrten, dass die Seelen der Verstorbe¬ nen in andere Menschenleiber wandern 4 ). Plato scheint in P’h ra¬ ki en Einige zu kennen, welche die Unsterblichkeit der Seele lehren 5 ). Die Metempsychosis also ist in den heidnischen Religionen nur insofern ein ivichtiges Moment, als sich darin der Glaube an die Un- sterblichkeit der Seele ausspricht. Jedenfalls vviderspriclit aber diese Lehre von der Seelenwaiiderung der christlichen Anscliauung, 1) Aristot. Ethic. I. 11 fla. vgl. I. 10. Pindar. 01. 8, 77. — 2) Herod. % 123. — 3) Plato Phadr. 248. 249. Tim. 42. B. C, Phileb. 66. de legg. 2, 669. vgl. Aristot. de anima 5 ? 84. —- 4) Caesar de B. Gr. 6. 14. -— 5) Clem. Alex. strom, I. 15. 65 indem nach dieser die Zeit der Entwickelung fiirjeden m e n s c h 1 i c h e n 6 e i s t z u m Z w e c k e 's e i n e r s i 11 li o h e n E n t- scheidung d as diessei-tige u n d zwar n ur e in m ali ge Le¬ ben in seinem Kor p er i s t. La etan ti us bezeichnet daher diese A-nsicht als die eines walmsinnigen Menseben, weil sie lacher- licli mul mehr eines Mirne 8 als der Schule wiirdig ist, solite man sie ničli t einmal im Ernst widerlegt haben! Denn wer das thut, scheint zu fiirchteu, es mochte daran jemand glauben ’). Die Kirchenva- t e r berufen sicb haufig auf die c 1 a s s i s c h e n Schriftsteller, wenn sie die Unsterblicbkeit der SeeIe,.oder den Zustand der Seelen jenseits, behandeln. So sagt Justin: „Selbst die »Befragung der Todten, das Eufen der menschlichen »Schatten soli e n eueb d a von iiberzeugen, d as s die See- „len nacb dem Tod e mit Gefiihl begabt sind; biezu kommen „nocb die Menseben, w e 1 c h e von Verstorbenen ergriffen »und gescbleudert word-en sind, die ihr bose und wii- »thend nennet; dann eure Orakel, das des Amphilochos, „das zu Dodona, und das der Pythia und dgl. m., ferner die An- »sichten uud L.ehren der Schriftsteller, des Empedocles, »Py.thag.ora8, Platon u. Socrates. 1 2 ). Dafiir zeugt das Hinabstei- ,, g e n d e s O d y s s e u s um d i e T o d t e n z u s e h e n , w i e aueb die „ Z e u g n i s s e derjenigen, we.lche Aebnliches, wie diese, »gesagt haben; sebenkt uns also wenigstens gleich wie »j e n e n Glauben, da w i r d o c b n i c h t w e n i g e r, s o n d e r n „mehr als sie a n Gott glauben und von der Hoffnung „belebt sind, unsere Leiber nacb dem Tod wieder zu »er h alt e n. Die Hoffnung einer Belohnung der Guten und die Be- »strafung der Bčisen Jenseits lehrten aucb die Pythagoraeer und »Socrates sagt im Phaedon: gute Seelen scheiden von hier mit „guter Hoffnung, die Scblechten haben eine schlechte Aussicht; »Heraklit lehrt: Auf die Todten wartet Jenseits ein Loos, wel- »ches sie nicht erwarten 3 ). Porpbyr aussert sich liber Homer’s An si eliten vom Jenseits so: »Nachdem Homer in dem Hades »Alles mit Giittern angefiillt, und die Reiche in eigene Platze unter- »sebieden, so bestimmte er wieder fiir die nnsterblichen Seelen „drei Platze: einen irdischen auf dieser Erde, wo Thiere und 1) Lactant. 7, 12. — 2) Justin Apolog, 18. — 3) Clemens Alex, 4, 22. VI. Progj.-amm, 5 66 „Menschen leben, einen andern getronnt fiir die Unschuldigen am Ocean, „die elisisGhe Flur, wohin Menelaos aucli o Ime zu sterben g e- „kommen J ). Einen dritten Platz raumt er d en von dem K or p er „befreiten Seelen im Ilades ein, welclie gleich nach ihrem „Tode daliineilen, und zwar alle bis auf die Seelen der Unbegrabenen, „welche in den Hainen uhd auf der Wiese der Persephone um d en „Acheron vvarten miissen. D i e. S c h u 1 d b e 1 a d n e n a b e r m ii s s e n „ebenfalls warten, wenn aueb ihre Leiehen begraben sind, und B durcli das boseGeivissen die gebiihr en d e S t r af e 1 ei d en: „einige glauben, dass sie Steine tragen und von grossen Lasten ge- „ driiekt werden, einige werden von ewigen Hun ge r und „D u r s t gequalt; was sie im Leben am meisten verabsclieuten, „ruussen sie dort leiden.“ Denn diesseits des Flusses sitzt der E i c h t e r M i n o s und b e s t r a f t j e d e n n a c b dem M a s s s t a b des Verbreehens. Merkwiirdig ist, dass auch H er k ul e s als Best r afer im Ha des erscheint, rveil er auch auf der Erde das Unrecht bestraft babe, obwolil Homer davon nichts envalint. Von denjenigen, die jenseits des Flusses sind, bat Tiresias allein das Bervusstsein von menschlichen Angelegenbeiten, \vabrend die andern Schatten nur durch das Trinken des Blutes das- selbe ge\vinnen konnen. Docli kanu aueb Tiresias trotz dieses Be- misstseins den Lebenden, obne Blut getrunken zu haben, niclit weis- sagen i) 2 ). So viel ist gewiss, dass auch nach Homer die Todten im Hades ein Bervusstsein belialten; denn der ganze eilfte Gesang in der Odjssee ist der sprechendste Berveis da- fur. Unabbangig von der Weisheit der Sc h u le war die Unsterbliclikeit der Seele und zwar die p er sonlich e Fort dan er allgemein verbreiteter griechiscber Volks- glaube. Die L e h r e von der Unsterbliclikeit der Seele bat Plato vom P y t h a g o r a s; d i e s e r von den Aegyp- tern er bal ten 3 ). Empedocles behauptet, die Seelen der Weisen werden Gotter 4 ). Nacb der Ansicht des Pausanias kam diese Lehre von den Chaldaern und den Magiern (Brahmanen) der Indier zu den Hellenen 5 ). Nach A i s e h y 1 o s 'že r st ort des Feuers Zabn niclit den Verstand des Gestorbenen 6 ). i) vgl. Odyss. 4. 561, ff. — 2) Porphyr bei Štobaeus Eclog. 1, 52. ■— 3) Clem. Alex. Strom, 6 ? -— 4) 1, c. Strom. 4, 23, — 5) Pausanias, 4, 32. 4, — 6) Aischyl. Clioepli. 360, 67 Der Geist čl er er sc hi a ge n en Klytemnestra erscheint a u f der Biilme; Orestes und Eleetra r u f e n de n Schatten ih res Vate r s Agamemnon s i c h zn er h e b e n und die Dike zur Blutrache a n Kly temne str a zn s en d en , ). In deu Per- sern erscheint der abgesehiedene Geist des D a r i u s mittelst der Besclnvorung auf seinem Grabmal und kiindet die Niederlago der Perser in Bootien voraus 2 ). Bei Euripides sielit der Geist des abgeschiedenen Polydoros die Geschicke der Zulcunft und den nahen Tod seiner Schwester Cassandra voraus. Orpheus erhielt durch den Zauber seiner Tonkunst seine verstorbene Gattin Eurydice aus der Untenvelt zuriick und vcrlor sie meder 3 ). Heracles droht seinem Sohne PIyllos bei Sophocles, wenn er ihn nicht auf dem Oeta verbrenne, werde er ihn auch im Hades mit Zorn und Fluch verfolgen. Der verstorbene Aristomenes ver- half den Thebanern den Sieg bei L e u c t r a , wo er in der Schlacht erschien 4 ). Pindar erscheint ebenfalls nach seinem Tode 5 ). Und was solite es bedeuten, dass die Unbegrabenen nicht eher in Kuhe eingehen konnten, als bis sie ein ehrliches Begrabniss erhalten hatten, was anders als den Zusammenhang des Diesseits mit dem Jenseits ? Von dem Schicksal nach dem Tode liatte man in den altesten Zeiteu last dieselben Vorstellungen, wie in den spatern. Was von der E rde ist, geht zur E rde zuriick, w a s aus dem Aetker entsprungen ist, kommt wieder z um himmlischen Pol. Von wa n ne n Je g lic bes in denLeib gelangte, dah in geht e s z u r ii c k, der Geist z u m A e t h e r, der L e i b zur E r d e 6 ). So lange die Seelen der Menschen von Korpern und ihren Zustanden umgeben sind, haben sie keine unmittelbare Gemeinscliaft mit Gott, wanu sie aber abgeschieden in die unsichtbare, wechsel- lose und r e i n e Wolt iibergegangen sind, so ist ihnen O s i r i s E ii h r e r und K 6 n i g, sie h a n g e n i h m a n und s c h a u- en mit uuersattliclierSehnsucht die S c h 6 n h e i t, die kein Mensch aussprechen kann ’). Die Hauptidee vom Schicksal nach dem Tode, namlich die gottliche Gerechtigkeit und die " 1) 1. c. Eum. 94 ff. Čhoeph. 485 ff. — 2) 1. c. Pers. S78 3) Eurip. Alcest. 369. 449. 629. vgl. Virgil. Georg 4. v. 520. Seueca Herc. Oct. 1555 - 1560. Pausan. Boeot. 9, 39, 3-5. Propert. 2, 13, 5. Ovid. met. 10 u. 11. 1-66. — 4) Paus. 4, 30. — 5) Paus. 9, 32. 2. — 6) Eurip. suppl. 532. frg. 6. — 7) Plutarcli de Išide et Osir. 79. vgl. S. Paul. ad Cor. I. 2, 9. 5 * 68 F ii h r u n g w i r d d u r c li die G o 11 h e i t e n Hades, P e r s e p b o n e, Hermes und die Erynuien a u s g e d r ii c k t. Homer k a n n t e e i n e n Tartaros mit eisernen T bor en und eiserner Schwelle, der unter der Erde und dem Wasser so tief ist, als der Himmel von der Erde entfernt ist, wobin die Titanen verstossen sind J ). Der Styx ergiesst aus einem Eelsen kaltes Wasser 1 2 ). Daraus ergibt sieh, dass bei den alten Aepyptern und bei denGriecben wie bei den Komer n die Idee einer jenseitigen Vergel- tung vorberrschte, welehe durcb ein formliches Gericht Gottes § 22 . sieh offenbarte. Darum sagt auch der Kirchenvater T h e o p b i 1 u s zum Autolykos, der an das Weltgericht niclit glauben wollte: „Die heidnischen Dichter und Philosophen baben gegen ihren Willen, „ d o c h von der W a b r h e i t iiberwiesen, von einem gottli- # chen G e r i c h t e und jenseitigen St ra fen gesproeben, ,und behauptet, dass Gott aucb fiir die V er s torb en e n „sorge. Einige der lieidniscben Scbriftsteller baben in ihrer Begei- „sterung mit den Propbeten Uebereinstimmendes gesproeben sieli und „allen Menschen zum Zeugnisse — liber, das Ge ri elit und alles Ueb- „rige, wovon sie gebandelt s ).“ Nacli dem Apologeteu Justin bat Platon aus Moses und den Propbeten die Lebre von ei- nem j e n s ei tige n Gericbte vernom m en. Wenn Jemand seiner Todesstunde sicb nahe fiiblt, sagt Platon, so ergreift ibn Furcbt aucb liber solehe Dinge, liber welcbe er sicb friiher nie geangstigt batte, und die Erzablung, dass der Ungerecbte in der Unterwelt bestraft werde, und Anderes, v o r ii b e r er b i s h e r gespot- tet bat, qualtjetzt seineSeele mit derAngst, es mochte docli walir s ein Nacli demselben Apologete n sclireibt Platon im zehnten Buclie vom Staate klar uud deutlicb, was er von den Propbeten ii b e r das j e n s e i t i g e G e r i c b t g e b b r t, aber aus Furcbt vor den Griechen so erzahlt, als batte er es niclit aus der heiligen Schrift gen o m me n, sondern von einem nacli zwolf Tagen, nachdem er in der Sclilacbt umgekommen, und als man 1) Ilias 8, 13. 14, 203. 274. 279. — 2) Hesiod. Theog. 774 ff. — 3) Theophil. ad Autolyc. jCI. 38, 8, fin. 37, -— 4) Justin Apolog, 26, 69 die Leiclie verbrennen wollte, wieder auferstandenem Manne (Er) ge- hort, d er unter vielen Verdammten in der Holle den mit grossen Verbrechen belasteten Aridaeos, Tjrannen einer p a m p h i 1 i s c h e n Stadt, mit andern Privatleuten, d er e n Bosheit unheilbar gewesen, gesehen babe '). Bei Clemens Alex. sagt Diphilos: Siindige nicbt, denn jenseits wirst d n zu deinem Richter erhalten den hochsten K 6- nig uiid Schopfer des Weltalls, dessen Namen ich auszuspre- chen zittere; solbst nach dem Urtheil von Griecbenland wird kein Mensch so grosS' sein , dass er dieses Richter s Gerechtigkeit um ge h e, keiner so gering, dass er unbeaehtet bliebe 2 ). Deutlich spricht Platon von einem jenseitigen Gerichte mit den Worten: „ Jeder muss nach dem Tode zu andern Gottern ivandeln, um Reclienschaft abzulegen, welche der Gute nicht fiirchtet, dem Schlechten aber Schrecken einjagt 3 ). Und im Phaedon lasst er einen Dam on, der Jeden im Leben seit seiner Geburt begleitet, denVerstorbenen in das Jenseits zumGerichtefiihren 4 ). Hat jemand liier die Gesetze verletzt, so wird er bei seiner Ankunft im Hades von den dortigen Gesetzen sehr un- freundlicli empfangen 5 ). Dem Gerichte der Gotter ivird Nie- mand, wenn er das Ungliick hatte, schlecht zu werden, entronnen zu sein sich riihmen, da es vor allen andern Gerichten als ein solches eingesetzt \vorden , vor ivelcliem man sich durchaus hiiten miisse. „Vor diesem Gerichte kannst du dieh auch nicht in der Tiefe der „Erde, noch in den Hohen des Himmels verbergen, sondern du wirst „die gebiihrende Strafe erdulden, du magst liier bleiben, oder in „den Hades hiniibergesetzt sein 6 ). Kommen nun die Todten ,vor dem Richter im Hades, und zwar die aus Asien vor Rha- „damanthys, so stellt dieser sie vor sich hin und beschaut eines „jeden Seele, ohne zu wissen, wessen sie ist, sondern oft, »ivenn er den grossen Konig oder andere Konige und Fiirsten vor sich fl hat, findet er nichts Gesundes an der Seele. Soleh’ eine lasterhafte „Seele scliickt er mit Schande gerade ius Gefangniss, daniit sie ihre B Strafe biisse.“ „Aber den Unheilbaren gereicht ihre Strafe nicht mehr ilinen »selbst zum Vortheil, sondern nur andern, welche sehen, \vie diese um 1) 1. c. •— 2) Clemens Alex. Strom. 5, 32. — 3) Plato de legg. 12, 959. BC. — 4) Platon Phaedon 107. — 5) Platon Krito, 54. C. — 6) Plato de legg. 11, 905. I 70 „ihrer Siindon vvillen ewig - die argsten Qualen leiden miissen *).“ Audi eine bildliche Darstellung vom letzten Gerič h te finden wir in Aegypten. Osiris, der Todtenrichter, halt als solcker die Waage mit einem herzformigen Gefasse, weil a u. s dem Herzen d as G ute und Bose h e r v o r q u i 111. Kinoske- phalos richtet die Sc kalen; die Todten iverden g e w o- gen, wahrend im Hintergrunde Typhon den Bachen auf- s-perrt lauernd, die Seele zn verscklingen. Isis bittet mit aufgebobenen Handen fiir die Seele, und Genien knieen vor Gott, der das Gewicht der Erde ausgleicbt, und die stellvertretende Genugthuung darstellt. Homer stellt den Min os mit goldenem Scepter in der Hand dar, bei welchem die Verstorbenen um ihn sitzend und stehend Becht sucben 2 ); auch Aischylos sagt von der Vergeltung und dem Bichteramt des Hades: „Du wirst selien, so der Sterblichen einor gesiindiget bat, an Gott oder an einem Fremdling, oder an den theu- ern Eltern frevelnd, dass eiu Jeder den verdienten Lolin seiner Tkat empfange. De n n der grosse Hades ist Bickter der Sterb- licken unter der Erde, schreibt alles in sein Buck und schaut es mit dem Geiste. Do rt spricht ein and erer Zeus den Todten das Endurtkeil s ).“ Platon untersckeidet, wie vvir oben geseken, bei diesem Gericlite zweierlei Sunder, solchc, w e I c h e n o c h gekeilt werden k on n en, und die unverbes- s e r 1 i c k e n, welche Todtsiinden begangen haben ; die ersten werden mittelst der Pein und des Sehmerzes befreit, die zvveiten aber leiden ewig als ivarnende Beispiele um Andere ab- zusckrecken. Bhadamantkys und Aeacos bezeickuen die See- len, welcke iknen rettbar und \velche unrettbar sckeinen. Man glaubte den Seelen der Verstorbenen durch Opfer hulfreick sein und sich selbst ikrer Obkut empfeklen zu k on n en. Aus den apokryphischen Schriften des Orpkeus und Musaeus unterrieh- tete man sicli von der Eri o s un g und den Beinigungen von Siinden durch Opfer ftir Lebende sovvohl als' fiir Ver- s t o r b e n e. An gevvissen Tagen gedachte man der Seelenfiihrer und opferte iknen. Aus dem bisher Gesagten ergibt sicli offenbar der Glaube der Heiden an eine eigentliche 1) Platon Gorgias 525. — 2) CMyss. 11, 568. ff. — 3) Als'chylos Eum. 265 ff. suppl. 233. 71 H 6 I 1 e. § 23 . Wollten die Kirchenlehrer eine bestimmte christlicke Wahrheit vertheidigen, welche mehr oder weniger rein oder entstellt in den Sekriften der angesekensten Trager der keidniscken Weisbeit vorkom- men, so beriefen sie sicb natiirlieh auf solclie classische Stellen, worin die Heiden die Wahrheit nielit mehr laugnen konnten. Dieses musste um so mehr bei der Vertheidigung der ewigen Hollenstrafen der Fali sein, weil diese der verkommenen Vernunft zu widersprechen scheinen. So schreibt bezuglich dieser schrecklichen Wahrheit Clemens Alex.: Ich bewilndere den ljrischen Dichter Pindar, wenn er liber die ewi- gen Hollenstrafen so deutlich sich ausspricht: „Die Seelen der Gott- losen schwirren von blutigen Schmerzen und Leiden gequjilt am nim- in e r e n t f 1 i e h b a r e n J o c h e der Uebel , ). Der andere Pfad harrt auf die F revi er, die f ti r im m er d ort einges chl o s s en blei- ben. Jeder Frevler wird einst gestraft werden 1 2 ). Die Idee der E w i g k e i t der Hollenstrafen ist in den verschlossenen Thoren der Unterwelt plastisch dargestellt. Virgil beschreibt die Pforten d er s el b en als in diamanten en Pfosten hangend und fest, so d as s n i eh t die K r a f t d e r M a n n e r, j a seli) st nicht die d er h itn ml i s c h en Machte sie zu uberwaltige-n vermogen 3 ). Justin der Apologet meint \vieder, Plato habe dem Moses und den iibrigen Propheten Glauben geschenkt, als er ihre Lehre vom Ge¬ rič h t e und von der H o 11 e e r f a h r e n. Darum fiihrt J u s t i n die oben beriihrte Geschichte vom Her in Platon’s Republik fast wortlioh an und liebt besonders heraus, wie. die Siinder, deren Bos- h e it unheilbar ist, in der Holle ewige Qualen leiden ni ii b s en. Auch Clemens Alex. behauptet, die Strafen nach dem Tode, selbst die Feuerstrafe habe die dichterische Muse und die griecliische Philosophie aus der mosaischen Weis- h e i t e n t w e n d e t. Derin bei Plato qu;ilen f e u r i g e P e i n i g e r den Aridaeos in der Holle. Clemens zieht daraus auch ein Zeugniss fur die Unsterblichkeit der Seele. Denn der Gestrafte habe Gefiihl und lebe. Auch nach Musaeos liegen die Gottlosen im Morast versunken und tragen Was'ser in einem Sieb 1) Clemens Alex. 8trom. 5. Pindar fr. — 2) Diphilos bei Clem. Alex. 5, 14. ~ 3) Virgil Aen. 6, 552. 72 und.giessen es in ein leckes Fass '). Platon glanbt, dass ein Mann aus Sizilien oder Italien der Urheber dieser Fabel sei, das nimmersatte Leben der Mensclien anzudeuten 2 ). An der Seele voli von vielen Ungereclitigkeiten in den Hades kommen, ist unter allen Uebeln das ausserste. Die mittelmiissig ge- lebt haben, sind an einem Teiche beirn Acheron, wo sie Gutes und Boses nach Verdienst empfangen; die groben Verbrecher kom¬ men auf e w i g in den Tartaros. Andere Frevler, die nicht ge- rade Todsiinden begangen liaben, kommen auf ein Jahr in den Tar¬ taros und werden nach dessen Verfluss an den Ivocytos oder Py- riphlegeton geworfen s ). Audi nach dem Stoiker Ženo sind die Wohnungen der Frommen von denen der Gottlosen getrennt: jene sind ruhig und angenehm, diese finster und voli von grausem Moraste 4 ). Wer ungerecht und gottlos gelebt hat, der geht in das Gefiingniss der Strafe und Rache, in den Tartaros 5 ). Das Gorgonen- haupt ist als Sčlireekbild im Erebos 6 * ). Homer stellt uns ein war- nendes Beispiel der Hollenstrafen in der Person des Tityos auf, der seiner ganzen Lange nach auf dem Boden ausgestreckt liegt. Zrvei Geier dringen ihm durch das Darmfell und n a ge n ih m die Leber fiir den Frevel, den er gegen Leto versuchte. Denn um die Leber ist der Sitz der Begierde, sagt Pollux ’). Audi Tanta- los wurde wegen seiner Frevelthat im Hades durch Hunger und Durst gequalt, indem er in einem See bis ans Kinu stand , aber sobald er sich neigte , um zu trinken, floss ihm das Wasser zuriick; neben ihm liesšen Fruchtbaume ihre Friichte fallen, aber sobald er darnach griff, zerstreute sie der Wind in die Wolken 8 ). Das Ver- gehen des Tautalos war nach Pindar, dass er seinen mensch- lichen Giisten Nektar und Ambrosia, die er den Unsterbli- chen entwandte, mittheilte, oder nach E u r i p i d e s, dass er von den Gottern zur Tafel gezogen, eine bose- Zunge hatte 9 ). Der La- pithe Ixion musste seinen Frevel dadurch biissen, dass ihn Z e us in der Unterwelt auf ein Rad gebunden rollen liess. Sissjphos, der die Rathschliisse der Gotter ausgeschivatzt hat, musste daftir im 1) Clem. Al. Strom. I. 21. — 2) Platon Polit. 2, p. 3G3 G. Gorg. p. 493. — 3) Platon Phaedon 62, 113, 115. vgl. Odyss. 10 513. — 4) Bei Lactant. 7, 7. — 5) Platon Gorg. 523. — 6) Homer Odyss 11, 634. — 7) Pollux 2. 227. — 8) Odyss. 11, 582 ff. — 9) Pindar 01. 1, 98. Eurip. Orest. 970. 73 Hades mit Handen und Fiissen sich anstemmend einen grossen Stein auf einen Hiigel wiilzen, von dem er immer wieder hinunterrollte '). Somit siindigt Tityos in der Liebe, Tantal o s bei der Tafel, und Sissyphos will das Unmogliche dureh seine klugen Anstrengungen moglich machen. Der erste muss fiir seine ungeziemende Liebe an der Leber als dem Sitz der Leidenscbaften biissen; der zweite wegen seines Missbrauehes der Gotterspeiso, an dem Magen, und der dritte \yegen seines masslosen Treibens an Handen und Fiissen gecpiiilt werden ! Aucb die romisclie Vorstellung von der Holle ist eine schau- erliche. Schon am Eingange lagern sich die Trauer, Krankheiten und andere schreckliche Gestalten, besonders die Furieh mit ihren Schlangen in den Haaren, die Hydra, die Chimara, die Medusa, die Harpyen, der dreileibige Geryon. Am Eingange hort man Jamrner und ein gewaltiges Geheul der Kinderseelen. Da ist der Richter M i n o s, welcher jedem das Urtheil spricht; dann die Selbstmorder, z. B. die Phadra, die Procris, welche ihr Mann Cephalus unvorsichtig getodtet, dann die Eripliyle, die Verratherin ihres Mannes, die Dido, die sich selbst verbrannte; der gottlose Phlegias, welcher mit lau- ter Stimme die Mahnung ausruft: Lernet gewarnet die Gerech- tigkeit und die Gotter acliten; auch ragt ein eiserner Thurm hoch, und Tisiphone sitzt da mit geschiirztem blutigen Mantel; dort- her tonen Weheklagen wiithender Schlage, schwirrender Klang, Eisen- geklirr und Kettengeschleppe. Auch auf dem Schilde des Aeneas sind ebenfalls die Hollenqualen geschildert, wo Catilina auf dem gefakrlichen Felsen schwebt und vor den Furien zittert 2 )." Horaz spricht vom Richter Aeacus und den abgeschiedenen Wohnungen der Frommen, vom hundertkopfigen Unthier und den Eumeniden mit Schlangen in den Haaren, von den ewigen Qualen des Pr o me¬ tli eus und Tantal us s ). Merkwiirdig ist, dass Platon den Ho¬ mer tadelt, dass er die Holle so scbauerlich darstellt 4 ), indem er selbst sie r.och schauerlicher schildert. Indess gelit aus dem Zu- sammenhange hervor, dass Platon nur die Jugend vor der Furclit des Todes bewahren wollte, weil sie die Holle mit dem Jenseits iiberhaupt um so mebr identificiren kbnnte, als Homer behauptet, dass der Hades sogar den Gottern verhasst sei. Audi 1) Odyss. 11, 634. 1 — 2) Virgil. Aeneis 6. 8, 667. lf. •— 3) Od. II. 13 22 - 40. * 4) Pla¬ ton de rep. 3. 74 Plutarch will von den grobsinnlichen Darstellungen der Hollenstrafen nicbts wissen. Er bezeiclinete es als Aber- glauben , wodurch sich der Mensch beunruhige. Da offnen sich ihm, sagt er, Gott weiss was fiir tiefe Hollenpforten, Feuer- strome und die schroffen Gestade des Styx breiten sicli v o r ihm a u s, es entfaltet sich eine F i n s t e r n i s s voli v o n G e- spenstern und Er sc h e i nun gen, die bald schreckliche Gestalten, bald klagliche S t i m m e n ihm vorfiihrt; es erscheineu Richter und Henker, Schliinde und Abgrunde voli unzahliger Qualen '). Plautus nennt die H o 11 c geradezu das W i r t h s h a u s jeglič h en Ele n d s, und wo man alles Unheil, was man n ur suchen kann, findet 1 2 * ). Es fragt sich, ob der Heide auch wirklich bose Geister (Teufel) in der Holle oder iiberhaupt angenommen habe? Plutarch erklart feierlich im Allgemeinen in seinem Gastmale der Weisen, wo die Frage aufgeworfen wurde, was das Schadlichste sei, mit der kurzen Antwort: »Der Teufel" (Damon), seinen Glauben a n bose Damon en s ). Aristoteles schreibt im I. Bucli von der Philosopliie, dass die Magier alter als die A egyp ter einen guten und einen bose n Damon a n ne h men, den Oromazdes und Ah riman. Eben das sagen auch Hermippus im I. Buch von den Magiern, Eudoius im Period us und The op o m p im VIII. Buch der P h il ip p i c a 4 ). Ferner bat Platon nach Plutarch, ohne sich in Bildern oder Rathseln auszudriicken, sich deutlich dahin erklart, dass die Welt nicht von einer Seeleallein b e- wegt w i r d, sondern wenigstens von zweien; daher die eine davon das Gute, die a n d e r e, w e 1 c h e der Guten entgegengesetzt ist, auch das E n t ge g en g e s e t z t e schaffe. Platon sagt auch richtig: Wenn die Welt unsinnig und ordnungslos geht, so wird sie von der bosen Seele geleitet 5 ). Daher beruft sich Clemens Alex. auf Plato, der den Fiirsten der Dam o n en den bosartigen Geist neune, mit diesen Worten: „Ist es nicht nothwendig, dass durcli eine Seele das Weltall bewegt werde? Gewiss. Durch Eine oder mehrere? Durch mehrere; \venigstens durch zwei, durch eine gute und durch eine bose 6 )!“ Dieser Kirchenlehrer fuhrt aus 1) Plutarch de superst. 4. vgl. Seneca. Hercul. Oeteus 1466 - 1482. — 2) Plautus Trinum. 549. 550. 3) Plutarch sympos. 8. fine. -— 4) Diog. Laert. Prooem. 6. — 5) Platon da legg 10, 897. D. — 6)Clemens Alex. Strom, 5. 14. vgl. Plato de legg. 10, p. 896. E. 75 Platon die Stelle an, dass w i r stets g e g e n das Bose z u kampfen und eine besondere Wacbsamkeit und Bebutb- samkeit dabei nothig haben '). So ist auck nacb Plutarch „ O s i r i s gut, der T y p h o n das Leiden schaftliche, Titani- „sche, Unvernunftige,Ungestume, von demalles S c h a d- „hafte in der Natur herstammt. 8 Schon sein zweiter Name S e b bedeutet berrscbend, iiberwaltigend, das bftere Umkebren und wiederholte Dariiberspringen; sein dritter Name Bebon bedeutet Ein- sperrung, Hinderniss , in so fern T y p h o n s Macht den Dingen in ihrem ordentlicben Gange sicb (aIs Widersacher) entgegen- stelit. Wo Typhon si eh eindrangt, da trauert die Ma- terie, die an und fiir sich des Guten bediirftig, sicb nacli dem Guten, an dem sie Theil z u nehmen sucht, s e h n t 1 2 ). Dem T y p h o n wurden aucli solche Thiere geopfert, d e- ren Natur z um Antheile des b 5 s e n Damongehort, den man dam it besanftigen wollte. Selbst typhonische Menscben, deren Asclie man mit der Wurfschaufel in der Luft zerstreute, wurden hingeschlachtet. Ueberhaupt \vurde dem T y p h o n die bei weitem grosste Anzalil von Thieren geopfert 3 ). Schon die Entstehung des Bosen, von der oben (§ 7) die Rede war, setzt die Existenz eines bosen Geistes voraus, durch den die Yerfiihrung des Menscben zum Bosen b e iv i r k t iv u r d e. Auch Platon spricbt von traurigen Veranderungen, welche die bose Seele in der Welt herbeifiibrte, wesbalb sich Gott von dem unmittelbaren Verkelir mit den Menscben zuriickzog 4 ). P les si n g meint, dass die- ses Sicbzuriickziehen Gottes in der Mythologie folgendermassen alle- g o r i s c h dargestellt ivurde. V e n u s, oder A s t a r t e, wie sie von den Syrern genannt wird 5 ), war die Gemalin des A doni s, den sie innig liebte und zu Biblos in Ph o nizi en lebte; dieser aber wurde auf der Jagd im Gebirge Libanon von eine m Eber ge- t od tet, woruber je ne in die ausserste Betriibniss gerieth 6 ). Die Stadt erscboll von ihrem Wehklagen, das ganze Kbnigreicli trauerte; zum Andenken seines Todes w ur den jahrliche Feste gefeiert ’). Die gleicbe Bedeutung hatte die Trauer um Linos, Mane ros und Osi- 1 ) j. c. — 2) Plutarch de Osir. et Is.- 48, 49. 54, 57. 59. — 3) 1. c. 73. — 4) Platon Polit. 271 - 275. A. — 5) Cie. de nat. D. 3, 23. — 6) Ovid Met. 10, 722 - 727. Macrob Sa- tur. 1, 21. p. 254. — 7) Plesing Memnonium II. B. S. 431 - 444. Plutarch Nic. p. 532. vgl. Arisroph. Lisistr. 390. Ezech. 8, 14. 76 ris, deren Grundziige darin zusammentreffen , dass einst ein giitt- 1 i c k e r J ii n g 1 i n g, der geliebte Solni des H i m m e 1 s, a 11 e r Weislieit k u n d i g in der Jugendbliithe seines Leben s ein Opfer des Todes wurde. Somit beklagten die Volker in letzter Instanz den Fali der Menschlieit in ihrem S tam m va¬ te r, der geta u sekt d ur eh den Trug des bosen G e i s t e s sich nickt geniigen liess, ein Bild Gottes zn sein, s o n- d e r n w i e Gott selbst sein, ihm selbst sich gleichstellen ivollte, w odurch er mit dem Bande, welches ih n mit s e i- nem Schopfer vereinigte zugleich die allgemeine Har- monie der Welt, die ihm, rvie ein grosses Konigreich anvertraut var, zerriss und mit dem Ziviespalte in sich auch den in der Natur, und der Natur mit ikmbewirkte ] ). Clemens Alex. parallelisirt Platons Stelle: „Der Kampf mit dem Bosen in der W e 11 ist o h ne Ende und bedarf ein er e r- staunlichen W a c h s a m k e i t,mit dem Paulinischen Ausspruche: Wir haben nicht blos gegen Fleisck und Blut zu kampfen, sondern gegen die Mšickte und Beherrscher dieser Welt in dieser Finsterniss, gegen die Geister der Bosheit in der Luft 1 2 ). Der Glaube an bose Dam one n var bei den Heiden nicht so vereinzelt, wie man gewohnlich annimmt. Denn wir lesen beim Pl ut ar cli, wie P h i 1 i p p u s a u s Prusa sich auf das Anselien des E m p e d o c 1 e s , Platon, Xenocrates u n d C h r y s i p p o s beruft, w e 1 c h e alle an bose Diimonen geglaubt haben. Beim selben Plutarch erkliirt ein Nichtgrieche den Kampf und die Erlegung der Schlange Pytko in Delphi als einen Vorfall mit den bosen Diimonen. Der S c hi an g en t ii d t e r Apollo habe sich in eine andere Welt begeben und dann erst nach langerer Zeit das Orakel zu Delphi in Besitz genommen. Ebenso verhalte es sich auch mit den Erzahlungen von T y p h o n und den T i t a n e n ; es seien namlich Kampfe der bosen Diimonen unter einander gewesen; wobei die Besiegten die Flucht ergriffen, die Scliuldigen aber von der Gottheit bestraft w or d en, wie Tyophon, der an O si ris und Saturn, der an Uran o s sich vergangen hahen soli 3 ). Wir finden im religiosen Bewusstsein der mythologischen Volker auffallend ahnliche 1) vgl. Lasaulx: Die Linosklage S. 347. — 2) Clemens Al. Strom. 5. vgl. ep. ad Epkes. G, 12. Plato de legg. 10. 906. •— 3) Plutarch de def, orač, 14. 21. vgl. Apocalyps. 12 7 7, 9. 77 K a m p f e der gottliclien H el d en mit der Sc li la n ge oder dem Satan. So besiegt Zeus die schlangenfiissigen Ti¬ ta n e n, Apollo de n P y t h o n, Heracles den Hesperiden- drachen und die n e u nk opf i g e lernaische Schlange, welcher Kopf um Kopt nachwachst, indess den Helden e in fe.indlicher Krebs in die F e r s e kneipt; so wie endlich den ungestiimen Cerberus der 3 oder sogar 30 Haupfer tragt. Ebenso ringt O si¬ ri s mitTyphon und Ho rus todtet die s on Dr a oken go tt oder Baal Zepkon, dessen Name selbst Sclilange bedeutet; Ormuz besiegt den Ahriman, der als Sclilange die Stammaltern verfiihrte, und Feridun stiirzt den Drachenfiirsten Azdehak oder Zohak. In Indien scblagt Wischnu dem Drachen Rahu das Haupt ab, C rise h na aber streitet w i d e r den sc liw arzen Drachen Cesha mit 5 Hauptern, und erlegt die Zeit- und Welt- schlange Calya Naga, indem er ihr schliesslicli den Kopf z e r- tritt. Die T ib etan er stellen D ur g a im Streit mit Mahaasura, dem groš s en bos en Geiste dar. Durga ist die morgenlandische Minerva; denn auch diese Gottin tritt als D r a c h enkam pf eri n mit dem Speere und dem U n g e t h ii m a neben sich auf. Den Dra¬ chen des Ar e s in Cholchis erlegt Jas o n '). Von Platon lia- ben wir schon oben gehort, dass er neben der guten TVeltseele auch eine bose angenommen, und von einern un gottliclien, h o eh st unseligen Vorbilde als Gegensatzedes gottlichen,iiber- aus s eligen Vorbildes spreche. Jenom machen sich die Schlech- ten aus Tborheit und liochsten Unverstand durch ungerechte Handlungen unvermerkt ahnlich, diesem aber uniihnlich. Jene Vorbilder, sagt Kink, enthalten eine merkwiirdige Aehnlichkeit mit der c h r i s 11 i c h e n L e h r e von G o 11 und s e i n e m W i e d e r s a c h e r, dem Teufel! Die S ti n de st raft sich selbst durch Ent- fremdung vom gottliclien Wesen, wodurch der Siinder dem Teufel in die Arme fa 111. Die Verdammniss ist eine Fortsetzung von diesem unseligen Z usta n d in der Ewigkeit 1 2 ). Auch Demosthenes sagt offentlich zn. seinen ver- kommenen Athenern im Einklang mit Platon: Es ist mit eucli in der Thorheit und in der Verkehrtheit des Sinnes so weit gekommen, 1) (Pansanias i. 24 .) Dr. Sepp, I. o. III. TM. S, 7. ff. — 2) Rink: Die Rellgion der Hellenen , II. 2 , Atitb. S, 485 ff. 78 oder worin soli icli sonst sagen? denn oft steigt die Befiirchtung in mir auf, dass irgend ein bdser Da m on eure Sacho dem Verderben zufuhre. Mar c us Brutus, der vielmebr ein Skepti- ker, als ein Leichtglaubiger \var, šali in seinem Zelte Nachts eine gewaltige und furchtbare Gestalt eintreten. Brutus fragte sie: Wer bist du, ein Mensch oder ein Gott ? und warum bist du hierher ge- kommen ? — Das Gespenst antvvortete: Icli bin dein boser Geist; du wirst micli in Pbilippi seben. Brutus entgegnete ibm unerschroc- ken: Dort werde ich dich seben. Er erzahlte diesen Vorfall dem C a s s i u s, der ein Epikureer war und die ganze Erscbeinung als blosse Einbildung erklarte, w a s aber dem Brutus doc h nicht alle Unruhe benommen bat. Indess sah derselbe Brutus in der Ebene von Pbilippi und inmitten des Kampfes Juli us Caesar, den er getodtet, mit verhangtem Ziigel auf sich zureiten. Die Erscbeinung ersclireckte ib n dermassen, dass er sicli end- lich mit seinem Sckiverte durchbohrte '). Cassius sah in Atben einen Mann von ungeheurer Grosse, sehwarzem Aussehen, schmutzigem Barte und berabhangenden Haaren zu sich scbreiten. Auf die Fragc wer er sei? babe er geantwortet: »ein boser Damo n. “ Voli Schrecken uber den Anblick dieses Unholds und semen furchtbaren Namen rief Cassius seine Sclaven lierein — befabl ihnen bei ibm zu bleiben. Allein in kurzer Zeit \vurde er in der Folge durch O c t a- vian kingericktet 2 ). Plautus scbrieb eine Komodie betitelt: Das Gespenst. Der Dichter lasst den vermeintlichen Geist sagen: nach- dem er vor ungefahr 60 Jabren von einem treulosen Gefahrten er- mordet worden, der ihm sein Geld genommen, babe dieser ihn heim- lich in diesem Hause begraben; der Gott der Unterwelt batte ihn wegen seines zu friihen Todes nicht aufnebmen wollen, desbalb miisse er in diesem Hause verbleiben. Die Ileiden, welcbe glaubten, dass bose Geister, Larven und Lamieu genannt, diejenigen be- unrubigten, rvelche in gewissen Hausern und Zimmern wobnten, und bescbworen sie durch Zauberformeln, glaubten sie durcb Bau- cherwerk von Scbwefel und andern tibelriechenden Spezereien, so wie mit gewissen Krautern, welche man mit Meerwasser begoss, zu ver- treiben. Nach Appulejus sind eben jene Larven oder bosen 1) Plutarch. Brut, 3C. — 2) Valer. Mas. I. 7, 7. 79 Geister abgeschiedenc Seelen boser Menschen ’). Die Le- muren sincl etruskische Spuckgeister, und wurden jahrlich durch Opfer und Besclmorungen versolmt. An den tarquinisclien Grabern in Cliiusi fand man auf Wandgemalden schwarze und iveisse mit Hammern geriistete Geister, welche sich den Todten strei- tig maclien. Ein anderes Grab dabei zeigt die Verdammten auf- gehiingt und mit Eeuer und Marterinstrumenten gequalt 1 2 ). The- spesesios erzahlt boi Plutarch, dass er in einer Vision die furcht- barsten Hbllenstrafen geseben : hier wurden die Seelen der Habsiich- tigen von Damonon mit gliibenden Zangen in die entsetzlich siedenden Seen hineingestossen, darauf brennend in den blei- ernen Seo versetzt, um wie Hagelsteine zusammengefroren zuletzt im eisernen Teiclie zermalmet zu werden, und so wurden sie immer von iliren Peinigern zu neuen Qualen fortgescblej^pt 3 ). Nacb Porphyr ergotzen sich die bosen Dam o n en an Blutvergiessen, an schandlichen Beden, verleiten zu Ausschweifungen und iiberreden, dass die Gotter und der hochste Gott selbst daran Vergniigen haben; sie geben sicli falschlich fiir Gotter aus 4 ). Ebenso zieben zivei Geister, wovon der eine iveiss und der andere schwarz ist, in den etrurisclien Begrabnissgrotten von Tarquinii auf den alten Wandgem;ildcn einen Verstorbenen auf dem Wagen 5 ). Aus dem Gesagten erbellt, dass das Heidentbum besonders spater gute und bose Diimonen unterscbiedcn bat 6 ), wie Holle und H i m m e 1. § 23 . Aucb in Beziekung auf den Himmel berufen sicli die heiligen Vater, besonders die Apologeten auf die beidnischen Schrift- steller. So sagt Clemens Alex.: „Icb beivundere den Epicbar- „mos, der so deutlicb den Ausspruch thut: Bist du frommen Sinnes, „so wirst du nach dem Tode nichts Uebles leiden; der Geist bleibt „oben am Himmel; dann den Pindar, der sagt, die Seelen 1) Appulej. de Deo Socrat. p. 337. vgl. Augustin de civ. Dei 9, 11. Lucret. 1, 133-136. — 2) K. O. Muller Handbucli der Archaeologie der Kunst S. 194. — 3) Plutarch. de ser. N. vind. 17, 22. vgl. Jean Paul Neujahrstraum eines Unglucklichen. — 4) Porphyr. de abst. 2. de sacrif. 2. — 5) Bbttiger’s kleine Scbriften arehaol. und antiquar, Inhalts, S. 393. — G) Plutarch. de placit, phil. c. 8. Paus. 6, 6, 23. 9, 8, 4, 80 „der Frommen wohnen im Himmel, indem sie ihren seligen „Gott mit Gesiingen preisen." Nach den Stoikern ist nur der „ Himmel eigentlick der \vakre Staat; die Staaten auf der Erde tragen „nur diesen Namen, okne es zu sein. Von diesem himmlischen „Staate entiverfen die Dichter in iliren Sckriften Bilder. Denn die „hyperboraiscken und arimaspiscken Staaten, wie die ely- „sisclien Felder sind Staaten der Gerechten. Ja wir wissen, „dass dem platonisclien Staate das Original des kimmliscken Staates „zu Grunde liegt Pindar malt auek den Himmel etwas weit- laufiger aus. „Diesen (den Gerechten) sagt er, glanzt nun Helios’s kraftiger Štrakl dort, wenn es kier Nackt ist; die Vorstadt duftet auf purpurrosigem Tkalgrund von Weikrauck und strahlet vom Gold- glanz der Baumfruckte. Viele freuen sich des Saitenspieles; A11 e n bliikt jeglicher Ueberfluss; Woklgeriicke duften immer, wenn sie auf den Altaren der Gotter in lodernden Feuer allerlei Eauckwerk anziinden 2 ).“ Zur Beloknung ausgezeickneter Heroen nach ikrem Tode wird allgemein das Elysium bei den Dichtern bestimmt. Die elysiscken Gefilde sckildert Homer ganz einfack, indem er darauf keinen Sclmee, weder Winter, noch Platzregen herrsclien lasst; son- dern nur lieblicke Zepkire weket der Ocean, die Menscken zu er- quicken. In dieses Elysium, von Hesiod und Spatern die Insel der Seligen genannt, versetzt Zeus auserwahlte Lieblinge und ikm Ver- wandte, um sie dem traurigen Aufentkalte im Hades zu entzieken; denn in dasElysium gelangen sie nickt wie in den Hades als Sckattenbilder, sondern lebend mit ikrem Korper. Hierker kommen Menelaos als Eidam des Zeus, und der Held Ekadamantkys, als Soku desselben Gottes 3 ). Dock wurde der durcli den Feuertod verklarte Herakles in den 01ymp aufgenommen, wo er von den Griechen als Gott ver- ekrt wurde 4 ). Nach Virgil kat das Elysium als der Ort der Freude, iieblick griinende Auen, und ist auch der selige Sitz der Frommen. Freundlicli krilit der Aetlier die Gefilde in Purpurlicht, eine eigene Sonne und eigeue Sterne kennen sie. Einige iiben im Kampf auf blumigen Easen die Glieder, andere fiihren Eeigen und singen Lieder. Der thrazische Priester (Orplieus) spielt auf siebenstimmiger Leier zum Gesang. Andere feiern Gastmale und singen im Chore den 1) Olem. Aleš. Strom. 4, 2S. _ 2) Pindar fr. thren. 31. — 3) Odyss. 4, 563. 11, 42. — 4) Herodot, II, 43. vgl, Aelian. h. a. 17 f 44. 81 freudigen Pacali. Hier sind die Helden, velclie sich fiir’s Vaterland geopfert, hier die Priester, welche unbefleckt ihr Leben vollendet, hier die heiligen Dicbter, die des P h ob us Werthes gesungen , dann die Erfinder, die einst durch Kiinste das Leben verschonert, und ver immer sich durch Verdienste bei Andern Nachruhm erworben, alle tragen veisse Binden um ihre Schlafe '). Der sterbende Socrates freute sich in der Aussicht mit den gefeierten Sangern, dem Orpheus, Musaeos, Hesiod und Homer jenseits umgehen zu konuen 1 2 ). Auch Antigone freute sich auf die WiedervCreinigung mit iliren Eltern und dem Bruder Poljnikes 3 ). Platon bezeichnet den Himmel als eiue reine Behaus.ung fiir fromme Seelen. Diese Woh- nungen der Frommen sind nacli dem Stoiker Zenon ruhig und an- genehm. Nur Gerechte und Fromme gelangen dahin, und geniessen, frei von allen Uebeln, vollkommene Gluckseligkeit 4 ). Eine Seele mit gottliclier Tugend ausgeschmiickt erhalt nach dem Tode einen ausgezeichneten und g a n z s e 1 i g e n Ort und v i r d in einen b e s- sern Platz versetzt. Der vahrhaft Tugendhafte vird nach sei- nem Tode nicht mehr an vielen sinnlichen Wahrnehmungen, wie jetzt, theilnehmen, sondern nur Eines Looses theilhaftig und aus vielen Einer gevorden, sovo hi selig, als auch zugleich sehr weise und g 1 ii c k 1 i c h s e i n, er mag auf festem Lande oder auf den In- seln als Seliger leben 5 ). Die durch Philosophie hinlanglich Ge- reinigten leben jenseits immer o h ne Korper und gelan¬ gen in u n b e s c h r e i b 1 i c h e b e s s e r e, s c h b n e r e W o h n u n g e n, als diese da sind. Darum muss man Alles thun, um in diesem Leben der Tugend und Weisheit theilhaftig zu werden. Denn seli on ist der L oh n und gross die H offn un g 6 ). Auch nach Plautus kommen auf die Inseln der Seligen nur di ej enigen, welclie hier ihr Leben in frommer Zucht gefiihrt. Die Kirchenvater wollten sogar bei den heidniseken Classikern die Idee der Auferstehung finden. So schreibt Teophilos dem Antolycos, der an die Auferstehung nicht glauben volite, weil er nocli ure einen auferstandenen Menschen gesehen habe: „Du glaubst doch, dass Heracles, der sich selbst verbrannte, lebe; dass der mit dem Blitze erschlagenc Aesculap 1) Virgil Aeneis 6, 610 - 670. — 2) Platon, Apolog. 41 ff. Phaedon 68 A. — 3) Sophocl. Antig. 898. — 4) Pindar 01. 2, 138. — 5) Platon Epinom. 992. —-6) Phaedon. 114- 115. vgl. Phaedon 80 E. 82 B. 108 B. 109 O. 110 B. 111. A. B. de rep. 10, 615 A. VI. Programm. 6 82 zum Leben wieder eriveckt worden; aber ivas dir Gott selbst sagt, willst du nicht glauben?“ Auch Justin, der oft angezogene Vertheidi- ger des Ckristenthums, siicht aus Platon ein Zeiigniss fiir den Glauben an die Auferstehung der Todten. Platon scbeint, sagt er, in der Erzahlung vom Pl er, niclit blos die Lehre .vom Gerichte, sondern audi von der Auferstehung aus den Schriften der Propbeten ge- schbpft zu haben. Denn die S e el e mit dem K or p er ricbten lassen, lieisst nichts anderes, als an die Lehre der Auferstehung glauben. Denn wie komite Aridaeos und Andere solche leib- liche Strafen erdulden? Aber weil er in Aegypten der Propbeten Zeugnisse verriahm, und die Lehre von der Auferstehung des Leibes erfulir, lehrt er, dass die Seele mit dem Leibe gerichtet \verde. Aber auch Homer, der in Aegypten dieselbe Lehre vernahm, lasst den Ti tj o s eben solche Qualeu leiden, indem zwei Geier rechts und links sitzend ihm die Leber zerbacken So be- ruft sich auch Clemens Alex. bei der Lehre von der Auferstehung der Todten auf die von Platon erzahlte Geschichte des pamphili- sclien Her i) 2 * ). Uebrigens kommcn bei den Schriftstellem mehrere gefeierte Personen vor, ivelche aus dem Jenseits in das Diesseits iviedergekommen sein sollen, niimlicli Alcestis, Euridice, selbst Pindar soli nach seinem Tode erschienen sein ?), dann Aristo- menes 4 ), beim Aischylos erscheint Dareios, Klytem- nestra 5 ), beim Euripides Polydoros und Achilleus 6 ). Ja die Geister erschienen selbst an Grab er n und wirkten auf die Lebenden ein. Agamemnon klagt iiber die Morder und beunruhigt sie ’). Sie hassen, ziirnen und sind versohnbar s ). Von den Kelten schreibt Lučan: Nimmer versinkt als Schattengebild nach eurer Lehre tief zu des Erebos schiveigendem Sitz einst unsere Seele; sondern der mam ličke Geist dur chlebt dann Glieder in an der n Sp h ar en; der Tod ist n'ur Mitte des Lebens, das ewig fortdauert. Darum strebt ihr muthiger Sinn, und die Brust nimmt freudig den Tod auf. Schmaclivoll ist es zu šchonen ein wi e der a uf bitih en- d e s Leben 9 ). Von den Deutschen schreibt Appian: Ariovist i) Justin Apolog. 27, 28. — 2) Clemens Alex. Sirom. 5. — 3) Pausan. 9, 32, 2. — 4) 1. e. 4, 32. 4. — 5) Aiscliyl. Pers. Eumen. — 6) Eurip. Hec. 31, 37. •— 7) So’ phod. Electr. 403. Platon Pliaed. 114 B. ■— 8) Plutareh de ser. num. vind. 8. Cim. 1, 6. Aischyl. Coepli. 36, 283. Eurip, Orcst. 580. Livius 21, 10. •— 9) Lučan, Pharsal, 1, 449. 83 verachtete, vie alle die Deutschen den Tod in der frohen Hoffnung des Wied erauflebens und Aufersteliens *). Der Glaube au die Auferstehung der Todten, venn gleicli entstellt und missverstan- den oder falscli angewendet, spridit sich in der so weit verbreiteten Ansicht aus, dass die Seelen nach dem Tode sich vieder in mensch- lidie Korper kleiden werden. „Allen Verstorbenensagt Valerius Flaccus, „offnet sidi wieder die Pforte des Hades zur Kiickkehr in ein neues Leben, in welcbes sie eiiie der Parzen begleitet.“ Theo- p o m p, der Zeitgenosse P h i 1 i p p’s von Macedonien, versichert, dass die Menschen nach der Lehre der Magier vom Tode vieder auf- leben und unstcrblich s ein viirden 1 * 3 ). Ar i s t o t el e s bezeugt, dass nach Z or o as ter eine Zeit des ScliicksaFs komme, da die Erde nach vie- len Calamitaten einer einzigen Stadt ahnlich sein wiirde. Die Men¬ schen aber viirden darin zusammenleben, nur Eine Sprache fiihren, keiner Nahrung mehr bediirfen, und keinen Schatten mehr verfen 4 ). Eben vegen des jenseitigen Wiederauflebens waren auch die den Ma- giern geistesvenvandten indischen Gymnosophisten Verachter des To- des s ). Wie nach Ženo das gottliche Princip, das bildende Feuer, aus sich alle Dinge erzeugt, so lost es auch bei der Weltverbrennung alles vieder in sich auf, um die Welt von Neuem hervorzubringen: — Heraklit und Chrysippos lassen alle Dinge sich vieder in das urspriingliche Feuer auflosen, und Gott sie dadurch vieder in seine eigene Weseuheit zuriicknehmen. Wenn er Alles erneuert, und vieder her- stellt, so beginnt abermals eine neue Schopfuug etc. 6 ). Bei S e ne ca sagt Bero s us, eiu chaldaiseher Philosopli, der Weltuntergang verde durch den Lauf der Gestirne bevirkt; er bestimmt der Weltver- brennung und Ueberschvemmung ihre Zeiten; der Weltbrand verdo sich ereignen, venn alle Sterne, die jetzt verschiedene Bahnen van- deln, im Himmelszeichen des Krebses zusammenkommeu und so auf einem und demselben Punkte stehen, dass eine gerade Linie durch die Kreisbahnen Aller gezogen verden konne. Nach S e n e ca liegt der Keim und Grand des Weltunterganges wie der Todeskeim im Men¬ schen, schon in der Welt selbst ’). „ B eim Nalien des jungsten 1) Appian. hist. rom. — 2) Val. Flacc. Argon. 3. — 3) Diog. Liiert. Prooem, 6. Plat. de Is. et Osir. 4) Kroeger Abriss. einer Vgl. Darst. der Indisch-Persiscb. uiid Cliin. Eeiigionssysteme S. 224. Anin. 31 5) Diog. Laert. 1. 0. — 0) Kroger 1. e. — 7) Seaeca N. Q. 3, 29. 6 * 84 Tages wird der Stidpol begraben, was in Lybien sicli ausdehnt und durch die Garamanten zielit, wie der Nordpol, was der trockene Nord- wind bis des Erdballs Achse durchbraust, begraben wird. Titans ge- brochner Strahi wird den verlornen Tag suchen, des Himmels Burg den Ost und West verschlittend einstiirzen. Alle Gotter (Sterne) wer- den ohne Unterschied in des Chaos Nacht und Tod verfallen, und am Ende vernichtet sicli selbst der Tod mit dem Weltenall J ). Die Lehre der Magier iiber die Weltperioden, liber den "VVeltenuntergang durch Feuer, und liber die eiustige "VViederh erstelluug ali er Dinge war im Altertlium eine selir ausgebreitete, da wir sie bei den CJbal- d a e r n, O r p h i k e r n, Etrnskern, P y t h a g o r a e r n, bei H e r a k 1 i t, bei den Stoik er n und andern bald ganz, bald theilvvcise finden. Wenn aber die Stoiker wie die Magier lehrten, dass die Welt e i n s t i m F e n e r untergehen w e r d e, so s t i m m t d i e s e L e h r e ivunderbarer Weise mit der Offenbarung uberein. Mit oder gegen Willen liaben die Ileiden in Bezug auf die Verbren- nung der Welt wie die Propheten g ere det 1 2 ). Daher sagt auch Clemens Alex.: DerEpbesier (Heraklit 500 vor Christus) ivusste diese Wahrlieit nur aus der nichtgriechiscben Philosopbie, dass namlich die Bosen durch das Feuer gereinigt werden, welcbe Beini- gung durch Feuer die Stoiker den "VVeltbrand nennen, durch welche nach ihrer Lehre eine Wiedergeburt stattfinden werde. Pla¬ ton aber lebrt eine oftere derartige Reinigung der Erde durch Feuer oder Wasser folgender Massen: Oefter ward die Menschheit verheert; docli die grossten Verlieerungen iverden durch Feuer und Wasser ge- schelien. — Die grosste Revolution der Erde geschieht dann durch einen grossen Brand s ). Einst wird ein furchtbarer Tag anbreehen, Flamnien wird der gerothete Himmel ausgiessen, die Alles ver- zeliren iverden im Aether und auf der Erde etc. 4 ). Auch der lieidnische Astrolog Firmicus Maternus scbreibt im 4. Jabrhundert nach Cbr.: Durch Feuer und durch Wasser findet die Wieder- bringung der Dinge s taft; auf den Weltbrand folgt die Welttiberschwemmuug, was v T ir mit allen Forschern annehmen. Diese Wiederbringung aller Dinge, die Zurli ckflihrun g der Erde und des M e n s c h e n g e s c h 1 e c h te s z u ihrer ursprlinglichen, 1) Seneea Herc. Oetaeus. 1575 - 1592. — 2) TheopMl. ad Autol. II. 37. 3 ) Clemens AIex. Snom. 0, 1. fine. — 4) Clem. Alex. Sirom. 5. 14. 85 durch den Siindenfall verlornen Herrlichkeit, Wiirde u n d Seligkeit ist in d er Lehre von d er Auferstehung und d er Erneuerung d er Welt n ur insofern richtig, a 1 s d a r i n d e r a 1t p e r s i s c h e I r r t h u m, d a s s s e 1 b s t H d 11 e, Teufel und Verdammniss mit den ewigen Hollenstra- fen aufhoren sollen, und der Pantlieismus ausgoschlos- sen wird. Ebenso mischten sich in diese Lehre manch andere irrige Ansichten ein, z. B. wenn C1 e a n t h sagt, dass alle Seelen nur bis zur Weltver.brennung leben, oder wenn Numenius bei Euse- bius behauptet, die Fortdauer der guten Seelen sei nur bis zur Auf- losung des Weltalls in Feuer anzunehmen. Sonderbar ist die Erschei- nung, dass einzelne philosophische Schulen spater sich bemiihten die eskatologischen Vorstellungen d u reli Umdeutung auf subj ec ti ven Standpunkt zu erheben, und endlich gar zu be- streiten, wie wir bei Dicbtern und Pliilosophen, besondern bei den Epikuraern und Stoikern lesen J ). Audi bei Tacit us scheint dieser Irrthum angedeutet mit den Worten: Wenn fiir die Seelen der Ero m m en irgend eine Stiitte ist; wenn, wie die Weisen lehren, nicht mit dem Leibe zugleich g r o s s e G e i s t e r ausloschen, o so rube sanft, und zieb’ uns die Deinigen von kleinmuthiger Sebnsucbt und unmannlicher Klage ab zur Betracbtung deiner Tugenden, die wir iveder betrauern nocb bejammern diirfen 1 2 ). Ueberliaupt find’ ich es unnotbig, die Schattenseiten des Heidenthums zu sebildern, wozu sich dem christlichen Leser die Gelegenheit von selbst aufdringt, da die erleucbtetsten Heiden oft genug selbe aufdecken und die sittlichen Mangel geisseln. Wenn wir bisber grosstentheils nur auf dem dogma- tischen Gebiethe die Lichtstreifen des diistern Heidenthums obne den Glatiz der Tugenden auf dem Felde der Moral ins Aug’ zu fassen, betracbtet baben, so setzen wir voraus, dass der Freund der classi- seben Lectiire jene wahrbaft grossen und sebonen Charaktere einzelner historischer Personlicbkeiten, welcbe der Wabrheit und Tugend, und dom Wohle des Vaterlandes die grossten Opfer gebracht, ja selbst dafiir ibr Leben liingegeben baben , zum Bohufe der sittlichen Bildung und zur Vergleichung mit den reinern christlichen Motiven ganz be- 1) Eurip. Alcest. 7S7 f. Lnoret. 3. Propert. 3, 5. Ovid. met. 15, 153. Iuvenal. 2, 149 - 152. 13, 51. ff. Petron. Satir. 121. fin. Seneca Troad. 369. Cie. Tusc. I. 31. Platon Phaedon p. 380 F. 388. B. - D. Cie. pro Cluent. 61. Plin. ep. 7, 56. Sext. Emp. Matli. 9, 66.— 2) Tacitus. Agric. 46. vgl. Plutarcli. Rom. 28. 86 sonders benutzen werde; „Ja, wir durfen es kiiha behaupteu, nach gevrissen Gesicbtspunkten bat das Alterthum etwas wahrhaft Grosses an sich. Hier begegnen uns tiefe Denker, dort acht gediegene Clia- raktere, von der stillen Aufopferung bis zum feurigsten Heldenmuthe; wir treffen zumal bei den Romern das Gefiikl der Pflielit und die Acli- tung vor Zucht und guter Sitte. Anerkenne die Tugenden, di e ilire Belobnung bienieden fanden. Sprich mit dem h. Paulus, dass die Plii- losoplien von der Betracbtung der sichtbaren Dinge zu deren unsicbt- barem Schopfer sicli erhobeu, und mit Tertnllian, dass die S e el e der Heiden eine geborne Christin war; und bat man so dem Altertbume gehorige Rechnung getragen, so wird man jenseits desselben in der von Jesns Cliristus neu gescbaffenen Welt immerhin noch einen unermesslichen Unterscbied finden *),“ Gewiss feonnte man nicht nur ftir alle scbdnen Tugenden die berrlichsten Aussprucbe aus den heid- niscben Classikern anfiihren, sondern aucb die glanzendsten Musterbilder reiner Sittlichkeit und der tiicbtigsten Gesinrmngen zum Behufe der cbrist- licben Erziebung sammeln, wenn solcbe nicbt sehon in der Weltge- schicbte dem christlicben Leser sicb von selbst darbiethen wiirden. Ich spreche nur noch die Ueberzeugung aus, dass durch die classiseheii Studien nicbt nur das genauere Vers tandniss der Bibel des alten und neben Buudes grossen Gewinn zielie , sondern aucb durch selbe ein hellerer Einblick in die innere Oekonomie der Offenbarupg gestattet werde. 1) P. C, Daniel S, J, classisclie Studien in der elristl. GeselMi, S, 282 - 283, B' L e h r p I a n. I. CJasse. Classenvorstaiid : Herr Maurus Peringer. 1. Reli g ion: Leliro vom Glauben und von den Gnadenmitteln, nach dem Reg e n s b urg.e r lvatecliismus. Wocheutlieh 2 Stunden. Religionslehrer Othmar Gachoivetz. 2. L a te i n i s c h e S p r a c h e : Die gesammte Formenlehre (mit Ueber- gehung des Unregelmassigen), Memorircn der Vokabeln — nach Diinnebier’s lateinisch-deutscheu im d deutsch-lateinischen Uebungs- boispielen; jede Woche ein Sclmlpensum. Wochentiich 8 Stunden. Prof. Maurus Peringer. 3. Deutsche S p ra eh e: Die Lehre vom zusammengesetžten Satze, von den Interpunctiouen, Flesion der Verben mit der hievon abhangigen Wortbildung — nach R. J. Wurst’s praktischer Sprach- denklehre; jede Woche abwecl"selnd eine orthographische Uebung, oder ein schriftlicher Aufsatz; Lekture aus Mozart’s Lesebuche I. Bd. Wochentlich 4 Stunden. Prof. Maurus Peringer. 1. G e o g r a p h i e und Geschichte: Allgemeine Ueborsicht der Erd- beschreibung mit Ankniipfung der wichtigsten und interessantesten biographischen Schilderungen aus der Geschichte — nach J. Bel- lingeFs Leitfaden der Geographie; Uebungen im Kartenzeichnen. Woclientlich 3 Stunden. Suppl. Othmar Gachoioelz. 88 5. M a t li c m a tik: a) A us d er Arithmetik : Eechnungen mit grossern Zahlen, Eechinings - Abkiirzungen und Proben in den vier Species. Lehre von den gemeinen und Decimal-Briichen — nach M o Č n i k’s Lebrbuch der Arithmetik; b) aus der geometr. Anschauungslehre: Die Begriffe von Linien, "VVinkeln, Parallel - Linien, Constructionen der Dreiecke und Parallelo- gramme — nach den geometrischen Wandtafeln fur Untergymnasieu von Dr. F. K. Hillardt. I. Lieferung. Wochentlich 3 Stunden. Prof. Ambros Pauler. G. Naturgeschichte: Zoologie, im 1. Semester: Siiugetkiere; im 2. Semester: Krustazeen, Insekten etc. — nach A. Pokornjs „Naturgeschichte des Tliierreiches. “ Wochentlicb 2 Stunden. Prof. Meinrad v. Gallenstein , II. Classe. Classenvorstand: Herr Igiiaz KowaId. 1. Eeligion: „Erklarung der Ceremonien und Gebrauche unserer beil. katholischen Kircbe“ (7. Auflage, Eger). Wocbentlich 2 Stunden. Beligionslehrer Othmar Gachoivetz, 2. Lateinische Spraclie: Die Formenlehre mit Hinzufiigung der in der I. Classe iibergegangenen Partien der Fur-, Zahl- und Neben- worter; das Unregelmassige in der Deklination, im Genus und in der Conjugation; die erweiterten svntaktischen Formen, die Lehre vom Acc. c. Inf. und von dem Abl. absol. — nach Dr. Ferd. Schulz’s kleiner lateiniscber Sprachlehre; Lekture aus M. Schin- nagl’s lat. Lesebuche; ivochentlich ein Haus-und ein Schulpensum. Wochentlich 8 Stunden. Prof. Ignaz Koivald. 3. Deutsche Sprache: Lehre von den Satzeverbindungen und Perioden, Flexion des Substantivs und Adjectivs mit dem sich hieran kniipfenden Gebiete der Wortbildung — nach E. J. W u r s t’s Spraclidenklehre; jede Woche eine Haus- und eine Scliulaufgabe zur schriftlichen Bearbeitung; Lekture aus M o z a r t’s Lesebuche II. Band. Wochentlich 4 Stunden. Prof. Ignaz Koivald. 89 4. Geschichte und Geograpliie: Alte Geschichte in Verbindung mit der Geograpliie — nacli Welt,er’s „Weltgescbichte im Aus- zuge;“ Uebungen im Kartenzeichnen. Wochentlich 3 Stunden. Suppl. Othmar Gachowetz. 5. Mathematik: a) Aus der Aritbmetik: Rechnen mit mehrnamigen Zahlen, die Hauptsatze liber Verlialtnisse und Proportionen, die ein- facbe Regel de tri mit Anwendung, die Lehre von den vaterlandischen Mlinz-, Mass- und Gewicht - Bestimmungen, verglichen mit aus- ivartigen — nach Močnik; b) Aus der geometrischen Anschauungslehre: Grossen - Bestim- mung und Berechnung von Parallelogrammen, Dreiecken, Vieleeken, Vervvandiung und Theilung der Piguren nach Dr. E. Hillardt’s geometrischen Wandtafeln II. Lieferung. Wochentlich 3 Stunden. Prof. Ambros Pauler. 6. Naturgeschichte im 1. Semester: Vogel, Ampbibien, Eiscbe, nach A. Pokorny, wie oben; im 2. Semester: Botanik nach Pokorny’s „ Naturgeschichte des Planzenreiches.“ Wocbentlicb 2 Stunden. Prof. Meinrad v. Gallenstein. III. Classe. Classenvorstand: Herr Meinrad v. Gallenstein. 1. Religion: Religionsgeschiclite des alten Bundes — nach Dr. J. S c h n s t e r’s „bibl. Geschichte. “ Wockentlich 2 Stunden. Religionslehrer Othmar Gachoivetz. 2. Lateiniscke Sp rac h e: Casuslehre — nach Dr. Ferdinand Sclmlz’s klciner lateinisclier Sprachlehre; Lekture „Historia antiqua“ von E. Hoffmann, 1, 2, 3, 9, 10 u. 11. Buck; im 1. Semester alle Wochen, im 2. alle 14 Tage ein Schulpensum; jede Woche 1 Hauspensum. Wochentlich 6 Stunden. Prof. Meinrad v. Gallenstein. 3. G r i e c h i s c h e S p r a c h e: Regelmassige Formenlehre bis zu den Verbis mit verstarktem Praesens-Stamme — nach Dr. KuhrieFs Elementargrammatik; als Lesebuch die Grammatik selbst; — im 90 2. Semester alle 14 Tage eiu Hauspeusum, alle 4 Wochen eine Sehul - Composition. Wochentlich 5 Stunden. Prof. Ambros Pauler. 4. Deutsche S p r a c h e: Anwendung der grammatischen und sy ntak tischeu Eegeln iu schriftlichen Aufgabeu, alle 14 Tage eine Haus- und Sclmlaufgabe; Lesebucli von Mozart III. Band. Wochentlich 3 Stunden. Prof. Meinrad v. _ Gallenstein. 5. Ge sebi elit e und Geogr aphie: Die mittlere und neuere Ge- schiclite —- nacli Welter’s „Lehrbuch der IVeltgeschiclite im Aus- zuge,“ mit Hervorhebuug der Hauptereiguisse aus der Geschichte des osterreichischen Staates; die Geographie der betreffendon Liin- der wurde jedesmal vorausgeschickt; Uebungen im Kartenzeichneu. Wochentlich 3 Stunden. Prof. Moriz Rossbacher. 6. Mathematik: a) Aus der Aritbmetik: die 4 Grundrechnungen mit Buchstaben-Grossen, Potenziren ganzer und gebrocbener Zablen, Ausziehen der Quadrat- und Cubikivurzel aus Zalilen; das Wicb- tigste yon den Combinationen — nach Dr. Pr. M,oenik’s Lehr- buch der Algebra; b) Aus der geomtr. Anschauungslehre: Aelmlicbkeit der Drei- ecke, Lebre vom Kreise, dessen Inbalts- und Umfangsberecbnung, Constructionen in tind um denselben —r nach Dr. F. K. Hillardt’s geometr. Waudtafeln III. Lieferung. Wocbentlicli 3 Stunden. Prof. J. Chrysost . Sepper. 7. Naturges chi eh te : Mineralogie — nach S. PellockePs „An- fangsgriinde der Mineralogie fiir Untergymnasien.“ IVocbentlicb 2 Stunden im 1. Semester. Prof. Meinrad v. Gallenstein. 8. Physik: Allgemeine Eigenscbaften der Korper, Aggregations- Zustand, materielle Bescbaffenbeit, Hauptlebren der Cliemie, War- melebre, Verdunstung, — nacli Schabus Naturlehre fiir Unter- realschulen und Untergymnasien. Wocbentlicb 2 Stunden im 2. Semester. Prof. Ambros Pauler. 91 IV. Classe. Classenvorstand: Herr Engelbert Pasi er. 1. R e 1 i g i o n : Religionsgeschichte des neuen Bundes, Apostelgesebichte (nacli Dr. J. Schuster), und kurze Geschickte der Kirclie bis auf unsere Zeit. Wochentlich 2 Stunden. Religionslehrer: Othmar Gachoivetz. 2. Lateinische Sprache: Tempus- und Modus-Lehre nebst den Elementen der Metrik — nach Putsche’s Grammatik; Lekture: die ersten 6 Biicher Caesars de bello gallico, und 4 Briefe Ovid’s ex Ponto; jede Wocbe ein Haus- und ein Schulpensuin. "VVochentlich 6 Stunden. Prof. Engelbert Pasler. 3. G r i e c h i s c h e Sprache: Wiederholuug der regelmassigen Forinen- lelire in Verbindung mit den Unregelmassigkciten beiin Nomen und Verbum; das "VVichtigste der Syntax — nach Dr. Kiihner’s Elementargrammatik; Lesebuch: grieehische Chrestomathie fiir die zwei ersten Jalireskurse im griechischen Sprachunterrichte von Feld- bausch und Stipfle; alle 14 Tage ein Hauspensum, a!le 4 Wochen eine Schul - Composition. kVochentlich 4 Stunden. Prof. Benedikt v. Romani. 4. Deutsche Sprache: Geschaftsaufsatze, prosaische und metrische Ausarbeitungen; alle 14 Tage eine Schul- und eine Hausaufgabe; Lesebuch von Mozart, IV. Band. "VVochentlich 3 Stunden. Prof. Engelbert Pasler. <5. Gescliichte und Geographie: Im 1. Semester Schluss der neueren Geschichte, nach Welter’s s Lehrbuch der "VVeltgescliichte im Auszuge;“ im 2. Semester s osterreichische Vaterlandskunde.“ Uebungen im Karteuzeidmen. "VVochentlich 3 Stunden. Prof. Moriz Rossbacher. 92 6. Mathematik: a) Aus der Aritkmetik: die Lebre von den zusammengesetzten Verhaltnissen und Proportionen, vom Ketten- satze, von der Rees’schen Regel, Theilungs- und Allegations- Recbnung mit praktischen Aufgaben, Gleiclmngen des 1. Grades mit Einer Unbekannten; b) Aus der geometrisclien Anschauungslehre: Lage von Linien und Ebenen, korperliche Ecke, Hauptarten der Kdrper, Aus- messung ihrer Oberflache. und ihres kubiscben Inhaltes, mit Be- ntitzung der vorhandenen Modelle. TVocbentlick 3 Stunden. Prof. J. Chrysost. Sepper. 7. Physik: Gleicbgewicht und Bewegung der festen, tropfbar und ausdehnbar fliissigen Kdrper, Akustik, Optik, Magnetismus und Elektricitat, Ilauptlebren der Astronomie und phjsischen Geograpbie — nacli Schabus Naturlebre fur Unterrealschulen und Unter- gymnasien. Wocbentlicb 3 Stunden, Prof. Ambros Pauler. Y. Classe. Classenvorstand: Herr J. Chrysostoinus Sepper. 1. Religion: AUgemeine Religionslehre mit kurzgefassten Einlei- tungen in die b. Biicher des alten und neuen Bundes — nacli Dr. Martin’s Lelirbuche, 1. Theil 1. Halfte. Wocbentlich 2 Stunden. Suppl. Religionslebrer Benno Scheitz. 2. Lateiniscbe Sp račke: Aus T. Livii ab urbe condita librorum partes selectae, ed. C. J. Grysar I. XXI. und XXII. Buck. Aus P. Ovidii Nasonis carmina selecta ed. C. J. Grysar Meta- morph. lib. I. II. III. VIII. v. 611 — 724, lib. X. v, 1 — 77, lib. XI. v. 1 — 84, v. 410 — 748; grammatisch-stilistiscker Unter- ricbt; jede Woche 1 Haus- und ein Scbulpensum. Wockentlich 6 Stunden. Prof. Engelbert Pasler. • 3. Griecbiseke Sp račk e: Formenlekre nebst den nothwendigsten Erlauterungen liber die Abweichung des epischen Dialekts vom atti- schen; Syntax des einfachen Satzes — nack Dr. K ii k n e r’s 93 Elementargrammatik; Lekture: Xenophon’s Anabasis I. Buch cap. 1. 4. 5. 7. 8., III. Buch cap. 1. 2., IV. Bucli vollstandig; Homer’s Ilias I.; II. 227 — 281; VI. 324 — 477, nach F. Hocheger’s Auszug; alle 4 Wochen ein Hauspensum und eine Schul - Oomposition. Wochentlich 5 Stunden. Prof. Benedikt v. Romani. 4. Deutsche Sprache: Lectiire und Erklarung einer Ausrvalil von Musterstiicken aus der neueren Literatur, aus J. Mozart’s deutschem Lesebuch tur die obere,n Classen der Gymnasien I. Bd.; alle 14 Tage ein Hausaufgabe, alle 4 Wochen eine Schul-Composition. Wochentlich 2 Stunden. Prof. Rudolph Sormann. 0. Geschichte und Geographie: Geschichte der alten Volker mit Aussehluss der romischen Geschichte, nach dem Lehrbucli der Geographie und Geschichte von P ii t z; die Geographie der be- treffenden Liinder wurde jedesmal vorausgeschickt. Wochentlich 3 Stunden. Prof. Maurus Peringer. 6. Mathematik: Die vier Grundrechnungen wissenschaftlich, Briiche, Verhaltnisse, Proportionen; Longi- und Planimetrie — nach Močnik. "VVochentlich 4 Stunden. Prof. J. Chrgsost. Sepper. 7. N a tur geschichte: Im 1. Semester Mineralogie in enger Ver- bindung mit Geognosie, nach Sigmund FellockePs „Anfaugs- grtinde der Mineralogie". Im 2. Semester Botanik in enger Verbindung mit Palaontologie und geographischer Verbreitung der Pflanzen, nach Dr. Georg Bill. VVochentlich 2 Stunden. Direktor Dr. Johann Burger. VI. Classe. Classenvorsfand: Herr Rudolph Sormann. 1. Religion: Die besondere katholische Glaubonslehre, nach Dr. Martin’s Lelirbuche, 2. Theil 1. Hitlfte. VVochentlich 2 Stunden. Suppl. Religionslehrer Benno Seheitz, 94 2. Lateinische Sp rac h e: Wurde gelesen C. Jul. Caesaris Comment.de bello civ. Lib. I.; C. Sallustii bellum Jugurtliirmni; P. Vi rg i 1 i i Aen. Lib. I. und II. und Ecloga I. u. II.; — gram- matisch-stilistischer Unterricht; Siipfle’s „Aufgaben zu lateiniscben Stiliibungen“ als miindliche Uebung zum Uebersetzen aus dem Deutschen ins Latern wochentlich 1 Stunde; alle 14 Tage ein Hauspensum, alle 4 Wochen eine Schul-Composition. Wochentlicb 6 Stunden. Prof. Rudolph Sormann. 3. G r i e c h is c h e Sprache: Syntax des einfachen und zusammen- gesetzten Satzes — nach Dr. K uh n er’s Elementargrammatik; Lektiire: X e n o p li o n’s Cyropaedie I. Buch cap. 1. 2. 5., VI. Bucli cap. 2. 3. 4,, VIL Bucli cap, 1.; Herodot’s VI. Buch cap. 1 - 20, 33 — 50, 94 — 140; Ho m er’s Ilias XXII. und XXIV. Gesang, nach P. Ho ch e gg er’ s Auszug; Pensa und Com- positionen wie in der V. Classe. Wochentlich 5 Stunden. Prof. Benedikt v. Romani. 4. Deutsche Sprache: Lekture aus J. Mozart’s n deutschem Lesebuche fiir die obern Classen der Gymnasien“ I. Band; Ueber- sicht der Geschichte der deutschen National-Litcratur wahrend des Mittelalters und der neuern Zeit bis Herder; alle 14 Tage eine Ilausaufgabe, alle 4 Wochen eine Schul-Composition. Woclientlick 3 Stunden. Suppl, Benno Scheitz. o. Geschichte und Geographie: Die Geschichte der Romer und des Mittelalters bis Heinrick IV. -•— nach P ii t z ; Geographie wie in der V. Classe. Wochentlich 3 Stunden. Prof. Rainer Graf. 6, Mathematik: Algebra, Potenz, Wurzel, Logarithmen, Glei- chungen des 1. Grades mit 1 und mehreren Unbekannten. Re- duction algebraischer Ausdriicke.. Geometrie, Stereometrie und Trigonometrie. Nach Močnik. Wochentlich 3 Stunden. Prof. Carl Robida. 7. Natur geschichte: Zoologie in enger Verbindung mit Palaonto- logie und geographischer Verbreitung der Thiere, nach Dr. L. K. S c h m a r d a. Wochentlich 2 Stunden. Direktor Dr, Johann Burger, 95 Vil. Classe. Classenvorstaud: Herr Rainer Graf'. 1. Religion: Die katliolische Sittenlehre — nach Dr. M ar ti n’s Lehrbuche, 2. Theil 2. Halfte. Wochentlieh 2 Stunden. Suppl. Religionslelirer Benno Scheitz. 2. Lateinisclie Sprache: Wurde gelesen Cicero’s L, II. und III. Rede gegen Catilina, die Rede pro Arckia Poeta und pro lege Ma~ nilia; VirgiPs Aen. III., IV., VI. und XI. Gesang und cine Aus- wald aus Georg. Lib. I. und II. -— nach E. Hoffman n’s Epitome; grammatisch - stilistischer Unterricht; Siipfle’s Aufgaben zu lateinischen Stiliibungen als mundliehe Uebung wie in der VI. Classe; alle 14 Tage ein Hauspensum, alle 4 Wocben eino Sclral-Composition. Wocbentlicb 5 Stunden. Prof. Rudolpk Sormann. 3. Griechische Sprache: Wurde gelesen Demosthenes, die 3 olynthischen Reden; Homer’s Odyss. I., II. und XI. Gesang; X e n o p h o n’ s Memorab. ausgewahlte Stiicke aus dem II. und IV. Bucbe; grammatisch er Unterricht; alle 4 Wochen ein Hauspensum oder eine Schul-Composition. Im 1. Sem. 6, im 2. Sem. 4 Stunden wochentlich. Prof. Dr. Carlmann Flor. 4. Deutsche Sprache: Literaturgeschichte seit Herci er; Lekture aus Mozart’s ,,Lesebuch fur die oboren Classen der Gymnasien“, II. Band; schriftliche Schul- und Haustibungen wie in der VI. Classe. Wochentlich 3 Stunden. Suppl. Benno Scheitz. 5. Geschichte und Geographie: Die weitere Geschichte des Mittelalters und der neuern Zeit bis zum spanischen Erbfolgekrieg — nach Piitz wie oben; Geographie wie in der V. Classe. Wochentlick 3 Stunden. Prof. Rainer G-raf. 6. Mathematik: Algebra. Unbestimmte Gleichungen des 1, Gra- des. Quadratische Gleichungen mit 1 Unbckannten. Progression, Combinations-Lehrc und binomischer Lehrsatz, Elemente der Wahr- 96 scbeinlichkeitsrechnung. Geometri e. Amvendung der Algebra auf die Geometrie. Analytische Geometrie in der Ebene, nebst Kegelschnitten. Nach Močnik. 'VVochentlieh 3 Stunden. Prof. Carl Robida. 7. P h y si k: Allgemeine Eigensehaften der Korper, Unterschiede, Che- mie, Warme, Magnetismus und Elektricitat — nach Baumgart- ner’s „Anfangsgriinde der Naturlehre“. Wochentlicb 3 Stunden. Prof. Carl Robida. 8. Philosophische Propiideutik: Logik — nach Lic h te n- f e 1 s — im 2. Semester. "VVochentlich 2 Stunden. Prof. J. Chrysost. Sepper. VIII. Classe. Classenvorstand: Herr Carl Robida. 1. Religion: Die Kirchengeschiehte — nach Dr. Martin’s Lehr- buch, 1. Theil. 2. Halfte. Wochentlicli 2 Stunden. Suppl. Religionslehrer Benno Scheitz. 2. Lateinische Sprache: Wurde gelesen Tacitus: Historiarum Lib, I. cap. 1 — 50 und Lib. V.; von Horatius Epist. ad Pi- sones, Satir. Lib. I. 1 u. 9 und 48 Oden —- nach C. J. Grysar; gram- inatisch-stilistischer Unterricht; Siipfle’s Aufgaben als miindliche Uebung und Pensa wie in der VI. Classe. Wochentlich 5 Stunden. Prof. Dr. Carlmann Flor. 3. Griechische Sprache: Platon’s Apologie des Socrates, und Criton ed. Ludwig; Sophokles Trachinierinnen; H o m e r’ s Odyss. XII. und XXIII. Gesang; Grammatik und Pensen wie in der VIL Classe. Wochentlich 6 Stunden. Prof. Dr. Carlmann Flor. 97 4. Deutsche Sprache: Lekture von M-usterstiicken vom aestheti- schen Gesichtspunkte aus in Verbiudung mit airalytischer Aesthetik, Alle 14 Tage oder 3 Woclien eiu Aufsatz als hausliehe Arbeit. Wochentlicli 3 Stunden. Prof. Rainer Graf. 5. Geschichte und Geogr aphie:. Im 1. Semester die Zeit von Liuhvig XIV. bis zum 2. Pariser Frieden, nach P ut z wie oben; im 2. Semester Kunde des osterreichischen Kaiserstaates, nach P r a s cli „Handbuch der Statistik der osterreichischen Monarchie*. Wochentlich 3 Stunden. Prof. Rainer Graf. 6. Mathematik: Uebungen in Ltisung inathematischer Probleme; zusammenfassende Wiederholung des mathematischen Unterrichtes. Wochentlicli 1 Stunde, Prof. Carl Robida. 7. P h y s i k: Theorie des Lichtes, Astronomie und Meteorologie — nach B a um g a rt n er’s „Anfangsgriinde der Naturlehre“. Wochentlich 3 Stunden. Prof. Carl Robida. 8. Phil o šop hi sohe Propadeutik: Psychologie und Logik •— nach Lichtenfels. Wochentlich 2 Stunden. Prof. J. Chrysost. Sepper. Sloveiiisclie Sprache. Der Unterricht in der slovenischen Sprache wurde in 4 Abtheilungen, je 2 Stunden wochentlich, ertheilt. I, A b t h e i 1 u n g fur deutsche Anfiinger: Formenlehre und die wichtigsten Eegeln aus der Syntax nach dem Lebrbuche „leichtfassliche slovenische Sprachlehre", 3. Auflage, von A. Janežič; r alle 14 Tage eme schriftliche Aufgabe. II. Abtheilung ftir geiibtere Deutsche: Lekture, Formen- und Satzlehre nach obiger Grammatik; alle 14 Tage eine schriftliche Aufgabe. VI. Programm. 7 98 HI. Abfcheiliing fiir Slovenen des Uuter-Gymnasiums: Formen- und Satzlehre liach „‘;lovenska slovnica in slovst¬ vena zgodovina" von A. Janežič; als Lesebuch ^slovensko berilo za 3. gimnazialni razred" von Bleiweis; alle 14 Tage eine, schriftliche Aufgabe. IV. Abtheilung fiir Slovenen des Ober-Gymnasiums: Slovenische Literaturgeschicbte nach „slovenska slovnica" von A. Janežič; als Lesebucb „slovensko berilo za 6. gimna¬ zialni razred", von Dr. Franc Mikložič; alle 14 Tage eine Schulaufgabe. Suppl. A. Janežič, Freie Lehrgegenstande. li Šobre ib - Unterricht. Wochentlicb 2 Stunden. Prof, Rudolph Sormann. 2. Z ei chnung - Unt er ri c h t. Wochentlich 6 Stunden. Lebrer Franz Hauser. 3. Gesan g - Un t errieht. Wocbentlieh 4 Stunden in zwei Abthei- lungen. Lebrer Ignaz Francisci. 4. Lfalienisehe Sprache. Nach A. J. Edi. v. Fornasari. Wochentlich 3 Stunden-. Lebrer Leopold Collin. T! Zuwachs an Lelirmitteln des Gymnasiums. I. Biicber und Landkarten, der Gy mn as ial - Bibli o tli ek ge- liorig, als: 1. P. Virgilii Maronis Aeneidos epitome. Accedit ex Geor- gius et Bucolicis delectus. Scholarum in usum ed. Em. Hoffmann. Wien, C. Gerold u. Sohn. 1853. 2. Ilistoriae antiquae usque ad Caesaris Augusti obitum libri XII. Locis ex seriptoribus latinis escerptis contexuit et scho- larum in usum edidit Emanuel Hoffmann. Wien, C. Gerold u. Sobn. 1854. 3. Maurus Schinnagl, lateinische Scbulgrammatik fur die II. III. und IV. Classe des Untergymnasiums. Wien, Friedl-. Beek. 1853. 4. Maurus S c h i n n a g l, tkeoretiscb - praktisches lateiniscbes Elementarbuch fiir die I. Gymnasial- Classe. 2. Aufl. Wien, Friedl-. Beek. 1855. 5. Maurus Sc h in nagi, lateiniscbes Lesebucli fur die H. Gym- liasial - Classe. 3. Aufl. Wien, Friedl-. Beek. 1856. 6. P. Ovidii carmina selecta, in usum scholarum ed. C. J. Grysar. Wien , C. Gerold u. Sohn. 1854. 7. C. J. G r y s a r, Handbucb lateinischer Stiliibungen. I. Ab- theilung fiir die untere Stufe des Ober - Gymnasiums. 3. Ausg. Koln, J. G. Sehmitz. 1854. 100 8. Dr. Ford. Schulz, kleine lateinische Sprachlehre fur die untern und mittlern Klassen bearbeitet. 3. Aufl. Paderborn, F. Sehoningh. 1855. 9. Q. Horatii Flacci carmina selecta, ed. C. J. Grysar. Vol. I. Wien, C. Gerold u. Solin. 1854- 10. T. Livii ab nrbe condita librorum partes selectae. Ed. C. J. Grysar. Wien, C. Gerold. u. Sohn. 1854. 11. Plato n’s Apologie des Sokrates und Ivriton. Mit erklaren- den Anmerkungen fiir den Scliulgebraucb von A. L u d w i g. Wien, C. Gerold u. Solin. 1854. 12. Herodoti de bello . persico librorum epitome. In usum sclio- larum ed. Andr. Wilhelm. Wien, C. Gerold u. Solin. 1854. 13. Homeri Iliadis epitome. In usum scbolarum ed. Franc. Hochegger. 2. Aufl. TVien, C. Gerold u. Solin. 1854 14. Dr. Karl S c b e n k 1, griechisches Elementarbuch fiir die III. und IV. Classe der Gymnasien. 2. Aufl. Prag, J. G. Calve, 1854. 15. Dr. Alois Capellmann, griechisches Elementarbuch. Grammatik und Uebungsstticke in 2 Cursen fiir das Unter- gymnasium. I. Cursus. IVien, C. Gerold u. Solin. 1853. 16. J. Mozart, deutsches Lesebucb fiir die oberen Classen der Gymnasien. 2. u. 3. Band. Wien, C. Gerold u. Solin. 1854. 1855. 17. Dr. Fr. Miklošič, slovensko berilo za peti gimnazialni razred. Wien , Schulbiicherverschleiss - Administration. 1853. 18. Dr. Fr. Miklošič, slovensko berilo za šesti gimnazijalni razred. Wien , Schulbiicherverschleiss - Administration. 1854. 19. Dr. J. Bleiweis, slovensko berilo za tretji gimnazijalni razred. Laibach, J. Blaznik. 1854. 20. Dr, J. Bleiiveis, slovensko berilo za četerti gimnazijalni razred. Laibach, J. Blaznik. 1855. 21. Slovensko berilo za drugi gimnazijalni razred. Laibach, J. Blaznik. 1852. 22. Geschichte des osterreicbischen Kaiserstaates. Zrnu Gebrauche an Gymnasicn und Realschulen verfasst von W. IV. T orne k, aus dem Bohmischen iibersetzt von Dr. Wilhelm Kraus. Prag, J. G. Calve. 1853. 23. Dr. Karl v. Sp run er, historisch-geographischer Handatlas. 12. und 13. Lief. 2. Aufl. Gotha, J. Perthes. 1855. 1856. 101 24. F. Schmitt, Statistik des osterreichischen Kaiserstaates. Nacli F. H a i n’ s Handbuck der Statistik ftir den Schulge- braucli bearbeitet. Wien, Tendler u. Comp. 1854. 25. Fr. v. Eougemont, Geographie des Menschen, ethnogra- phisch, statistisch mul historisch. Aus dem Franzosiscken iibersetzt vem Ch. H. Hngendubel. 2 Bde. Bern, Chur и. Leipzig, J. F. J. Dalp. 1839. 26. Karl Eitter, Einleitung zur allgemeinen vergleickenden Geographie, und Abhandlungen zur Begrlindung einer melir wissensckaftlichen Behandlung der Erdkunde. Berlin, G. Keimer 1852. 27. Oesterreicliische Vaterlandskunde. Wien, k. k. Schulbiicher- Verlag. 1854. 28. J. Bellinger, Leitfaden der Geographie. In 2 Kursen fiir k. k. osterreich. Untergymnasien und Unterrealscliulen. 6. Aufl. 2. Abdruck. Wien, C. Gerold u. Solin. 1855. 29. Karl Wlad. Z app, Lehrbuch der Geographie fiir die III. Klasse der Unterrealsclmle. Wien, k. k. Scbulbiiclier- Verlag. 1854. 30. Kleiner Schulatlas zum Elementar-Unterriclit in 7 Karten revidirt und mit Text versehen von Prof. F. Sim ony. Wien, C. Gerold u. Sohn. 1854. 31. Flusskarte von Deutschland und Mittel-Europa von Dr. E. Schanenburg. Auf Leimvand mit Querleisten. Berlin, D, Eeimer. 1855. 32. Alois Pokorny, Naturgeschichte des Tlnerreickeš, fiir die к. k. osterreichischen Untergymnasien und Unterrealscliulen bearbeitet. Wien, k. k. Schulbiicher-Verlag. 1855. 33. Alois P o k o r n y, Naturgeschichte des Pflanzenreicbes, fiir die k. k. osterreichischen Untergymnasien und Unterrealschu- len bearbeitet. Wien, k. k. Schulbiicher-Verlag. 1853. 34. Sigm. Fellocker, Anfangsgriinde der Mineralogie, bear¬ beitet fi'r Untergymnasien und Unterrealscliulen. Wien, C. Gerold u. Sohn. 1855. 35. L u d v. K. Schmarda, Grundzuge der Zoologie. Zum Gebrauche au den k. k. Obergymnasien. Mit Abbildungen. Wieu, C. Gerold u. Sohn. 1853. 36. Dr. J. Georg Bill, Grundriss der Botanik fiir Sckulen. Mit zahlreichen Abbildungen. Wien, C. Gerold u. Sohn. 1854. 102 37. Josepb Stocker, mineralogisclie Ansehauungslehre fur die k. k osterreichischen Untergymnasien. Innsbruck, Wagner. 1854. 38. Dr. Andreas Baumgartner, Anfangsgriinde der Natur- lehre. 6. Aufl. Mit 138 in den Text eingedruckten Holz- schnitten. Wien, J. G. Heubner. 1855. 39. Jakob Schabus, leichtfassliehe Anfangsgriinde der Na- turlehre. Zum Gebrauche an Unterrealschulen und Unter- gymnasien. 3. Aufl. Wien, C. Gerold u. Sobn. 1856. 40. Dr. J. Schuster, biblische Geschiclite des alten und neuen Testaments im Auszuge fur katholische Volksschulen. Mit einer Karte von Palastina und Aegypten. Freiburg im Breisgau, Herder. 41. Dr. Konrad Martin, Lekrbuck der katholischen Keligion fur hohere Lehranstalten, zunachst fur die obern Klassen der Gymnasien. 7. Aufl. 2 Tkle. Mainz, F. Kirchbeim. 1854. 42. Zeitscbrift fur die osterreichischen Gymnasien. VII. Jahr- gang 1856. Wien, C. Gerold u. Solm. 1856. 43. Dr. Hermann Meynert, die Jetztzeit. Immerwahrendes Conversations - Lexikon der Gegemvart. Jabrgang 1855. 1. u. 2. Bd. Wien, A. Scbrveiger. 1855. 44. Ausweise iiber den Handel von Oesterreicb im Jabre 1852. Zusammengestellt von der Direktion der administrativen Sta¬ tistik im k. k. Ministerium fiir Handel, Gewerbe und offent- licbe Bauten. 13. Jabrgang. Wien, k. k. Hof- und Staats- druckerei. 1855. 45. Franz E. v. Hauser und Franz Fotterle, geologische Uebersicbt der Bergbaue der osterreichischen Monarchie. Mit einem Vorworte von Wilb. Ha i din g er. Wien, k. k. Hof- und Staatsdruckerei. 46. Jahrbuch der k. k. geologiscben Eeichsanstalt. 1855. VI. Jahrgang. Nr, 1. 2. 3. Wien, k. k. Hof-und Staatsdruckerei. 47. Die essbaren und giftigen Pilze in ihren wichtigsten Formen. Nacli der Natur gezeiclmet, lithographirt und in Farben gedruckt von Ant, H ar t ing er. Zur Forderung des Schul- unterrichtes berausgegeben von M. A. Becker kais. Schul- ratb. 6 Bliitter. Anmerkung. Nr. 1 — 42 wurden aus den Anfnahmstaxen beigeschafft , Nr. 43 — 47 von} h. Unterrichts - Ministerium eingesendet. 103 II. Das p h y s i k a 1 i s c h e Kabinet wurde vermebrt durch 1 Fechner’s Elektroskop, 1 Differential-Tbermometer nach Leslie, 2 Grove’scbe Elemente, 2 Stroboskopiscbe Scbeiben, 1 Flaschchen mit durchbohrtem Stopsel, 2 Bunsen’sche Elemente. III. Das n a tur h is to ris c h e Kabinet wurde vermebrt durch 75 Arten Lepidoptern, 39 Arten Ameisen und 94 Arten Diptern —-- Gescbenk des zoologisch-botanischen Vereins zu Wien. Fortsetzung des Auszuges aus den gesetzlichen, die Gjiimasialschiiler betreffenden Bestiminungen. (Sielie III. IV. und V. Programm.) Del - h. TJnterrichts-Ministerial-Erlass vom 7. Marž 1856 Z. 1954 verordnet, dass Schtiler, dene n im zrveiten Semester der aehten Klasse ein Zeugniss der zweiten Klagse ertlieilt vm.de, in der Regel nickt vor Ablauf eines weitern Schuljabres, und nur in Ausnahmsfallen, wenn zureichende Bestimmungsgriinde hiezu vorhanden sind, nach Ablauf des naclisten Semesters zur Ab- legung der Maturitats-Priifung zugelassen werden. Statistik des Gviimasiums. 105 Anmerkungen zur Statistik des|Gyranasiums. 1. Das Benedictiner - Stift zu St. Paul in Karaten liat die Ver- pflichtung, die Lehrer des Gymnasiums zu steli en und zu erlialten; n ur der Direktor erhalt die Besoldung und die Nebenlehrer fur Zeicbnen-, Gesang- und Sehreib-Unterricht Kemunerationen aus dem Studienfonde; der prov. Lebrer der italieniscben und franzosisehen Sprache wird aus den karnt. standischen Fonden bczahlt. — Alle iibrigen auflaufenden Kosten fur das Gymnasialgebiiude treffen den Studienfond, woraus auch das physikalische Cabinet mit jahrl. 100 fl., das naturhistorische Cabinet mit jahrl. 50 fl., und die k. k. Lyceal-Bibliothek mit jahrl. 300 fl. dotirt ist. 2. Der Lehrkorper gehort dem Benedictiner-Orden des Stiftes St. Paul an, mit Ausnahme des Direktors, des Supplenten der slovenischen Sprache und der Nebenlehrer fur Zeicbnen- und Gesang-Unterrieht, fiir italienische und franzosische Sprache, welche weltlich sind. 3. Die in beiden Semestern eingehobenen Schulgelder betragen 990 fl. C. M. 4. Die eingegangenen Aufnahmstaxen betragen 104 fl. C. M. 5. Die Lehrmittel bestehen: m a) aus der k. k. Lyceal - Bibliothek mit einem eigenen weltlichen Bibliotliekar, enthaltend beilaufig 27000 Bande; b) aus einem physikalischen Cabinete mit den nothigsten Apparaten ; c) aus einem naturhistorischen Cabinete, dessen Mineralien-Sammlung geniigend, die zoologische und botanische Sammlung hingegen noch unvollstandig sind; d) aus einer besondern Gymnasial-Bibliothek, welche aus den Schen- kungen und Aufnahms-Taxen nach und nach gebildet wird; e) aus einer Sammlung von Zeichnungs-Vorlagen. 6. Zur Maturitats-Priifung haben sich 13 Schiiler gemeldet. 7. Nebengegenstande des Unterrichtes: a) italienische Sprache ■—• 3 Schiiler; b) Zeicbnen — 29 Schiiler; e) Gesang — 37 Schiiler; d) Kalligraphie und Orthographie —r 50 Schiiler. KLAGENFURT. Druck von Johann Leon. 1856 .